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Wenn es draußen kalt ist, geht es im Blackwell Palace umso heißer zu: Das atemberaubende Finale der Frozen-Hearts-Reihe
Mit teilweise besonderer Gestaltung des Schriftbilds.
»Wenn ihr nach einer faszinierenden Story und einem unwiderstehlichen Setting sucht, müsst ihr unbedingt ›Blackwell Palace‹ lesen!« ANNA TODD
Blair liebt die Welt der Reichen und Schönen. Als Angestellte im Casino des glamourösen Blackwell Palace weiß sie über jedes Gerücht und jeden Skandal der High Society Bescheid. Sie würde alles dafür geben, selbst zu den elitären Kreisen zu gehören, statt ihnen am Roulettetisch die Spielgewinne auszuzahlen. Als eine Datingshow ins Leben gerufen wird, bei der zehn junge Frauen um einen geheimnisvollen reichen Erben kämpfen, erliegt sie der Versuchung und meldet sich an. Doch als sie erfährt, dass ausgerechnet einer der beiden attraktiven Blackwell-Brüder der Kandidat ist, bereut sie ihre impulsive Entscheidung – denn sie hat längst erkannt, dass er mit seinem Charme und Witz die Dunkelheit in seiner Seele zu verbergen versucht. Blair hat keine andere Wahl, als ihm vor den Kameras näherzukommen und abzuwägen: Soll sie alles auf eine Karte setzen, um ihren Traum zu verwirklichen – oder ihr Herz schützen, bevor es vielleicht zu spät ist?
Frozen-Hearts-Reihe im Überblick:
1. Blackwell Palace. Risking it all
2. Blackwell Palace. Risking it all
3. Blackwell Palace. Feeling it all
Und danach? Lust auf noch mehr Sehnsucht, Prickeln und zauberhafte Winteratmosphäre von Bestsellerautorin Ayla Dade? Dann wird es Zeit für die Winter-Dreams-Reihe:
1. Like Snow We Fall
2. Like Fire We Burn
3. Like Ice We Break
4. Like Shadows We Hide
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 821
Ayla Dade nutzt am liebsten jede freie Minute zum Schreiben. Die Seiten ihrer New-Adult-Romane füllt die beliebte Buchbloggerin mit großen Gefühlen an zauberhaften Schauplätzen. Ihre Winter-Dreams-Reihe war ein überwältigender Erfolg: Die Bände standen wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste und haben für immer einen Platz in den Herzen ihrer Leser*innen. In ihrer neuen Frozen-Hearts-Reihe macht sie einen luxuriösen Hotelpalast im verschneiten St. Moritz zum Zentrum von Glamour, Intrigen und einem Feuerwerk an Emotionen.
Begeisterte Stimmen über Ayla Dades Romane:
»Wenn ihr nach einer faszinierenden Geschichte und einem unwiderstehlichen Setting sucht, müsst ihr Blackwell Palace lesen!« Anna Todd
»Zum Wegträumen schön!« Lilly Lucas über Like Snow We Fall
Außerdem von Ayla Dade lieferbar:
Die Winter-Dreams-Reihe:
1. Like Snow We Fall
2. Like Fire We Burn
3. Like Ice We Break
4. Like Shadows We Hide
Die Frozen-Hearts-Reihe:
Blackwell Palace. Risking it all
Blackwell Palace. Wanting it all
Blackwell Palace. Feeling it all
www.penguin-verlag.de
Ayla Dade
Roman
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in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.
Das Zitat stammt aus: Paul Maar: Eine Woche voller Samstage, Oetinger Verlag 1973.
Lektorat: Steffi Korda, Hamburg
Illustrationen: Christin Neumann
Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Coverabbildung: Collage unter Verwendung von Motiven von shutterstock.com
Abbildungen: Adobe Stock: Notizzettel (VRD, GrafKoks)
Gesamtherstellung: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-641-31272-5V003
www.penguin-verlag.de
Hotel – Cassidy, R. Kelly
Mercy (Acoustic) – Shwan Mendes
Something Just Like This (Acoustic) – Missy & Blonde, Julia Ross
Wake Me Up (Acoustic) – Aloe Blacc
What About Us (Acoustic) – Thomas Daniel
Naked (Acoustic) – James Arthur
Love Story – Taylor Swift
Let Me Love You – DJ Snake, Justin Bieber
Boyfriend – Justin Bieber
So Sick (Acoustic) – Ne-Yo
What Do You Mean (Acoustic) – Justin Bieber
I Want It That Way – Landon Austin & Julia Sheer
See You Again – Wiz Khalifa, Charlie Puth
Lay Low – Tiësto
Hold Of Me – Dean Lewis
Replay – Iyaz
So High – Wiz Khalifa, Ghost Loft
Do Wah Diddy – Manfred Mann
Love The Way You Lie – Rihanna, Eminem
FourFiveSeconds – Rihanna, Kanye West, Paul McCartney
Highway To Hell – AC/DC
Tokyo Drift – Teriyaki Boyz
Another Love – Tom Odell
Sweet Dreams – We Rabbitz, Moon Roses
Not About Angels – Birdy
Smells Like Teen Spirit – We Rabbitz
Jealous – Labrinth
I Hate U, I Love U (Acoustic) – We Rabbitz, Chelsea Collins
Liebe Leser*innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb findet sich am Ende eine Triggerwarnung. Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch. Darüber hinaus weist der Roman auf manchen Seiten typographische Besonderheiten auf, die von der Autorin beabsichtigt sind und den Emotionen mehr Nachdruck verleihen sollen. Wir wünschen allen das bestmögliche Leseerlebnis.
Ayla Dade und der Penguin Verlag
Für dich, Mama
I am because you are
Jedes Wort dank dir
Jedes Wort für dich
no rain,
no flowers
»Fünfzehn Sekunden?«
»Hm, nein, nie im Leben.« Lisbeth sitzt mir gegenüber, wackelt mit dem Fuß und knabbert an einer Sesamstange, die Happy im Saftladen neuerdings verkauft. »BeautyBex hat denselben Sound benutzt und bei ihr waren es, warte …« Sie schnappt sich ihr Handy, öffnet TikTok und sucht das Video. »Dreißig Sekunden.«
»Okay.« Ich stelle die Länge ein und positioniere mich vor dem Stativ. Wir sind im alten VIP-Raum des Blackwell-Palace-Casinos, für das ich glücklicherweise den Schlüssel habe, weil ich hier arbeite. Obwohl er momentan wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist, kriecht eine Aura von Glamour und Eleganz durch jede Ritze des Raums. Der dunkelrote Teppich ist mit goldenen Ranken verziert und erstreckt sich majestätisch über den ganzen Boden. Die Wände sind cremefarben und besitzen den noblen Stil des restlichen Palasts. Die perfekte Kulisse für meine TikTok-Videos. »Aber sag mir dieses Mal Bescheid, wenn Anneli durch das Türfenster guckt.«
»Ich hab das Schnaufhorn doch auch erst im Video bemerkt!«
Anneli, private Haushälterin des Westflügels und Tante von Edward Blackwell, hat einige seltsame Angewohnheiten. Dazu zählt, unaufhörlich zu schnauben, aus Angst, in ihrer Nase könnten sich Polypen bilden.
»Was macht sie eigentlich im Casino?« Nachdenklich sehe ich zur Uhr. Annelis Housekeeping-Schicht müsste längst zu Ende sein – wie auch Lisbeths. »Ich wusste nicht, dass Anneli zockt.«
»Keine Ahnung. Ich weiß vieles nicht über diese Frau.« Sie verzieht das Gesicht. »Und ich glaube, ich will auch gar nicht tiefer in ihr Polypenleben einsteigen. Neuerdings ist sie der Meinung, ihre Polypen würden Angst vor ihren Schnaubern haben.«
»Hätte ich auch. Schlaue Dinger. Bleibt fern, ihr schleimigen Klümpchen, bevor der Wirbelsturm euch mitreißt!«
»Neulich im Pausenraum hat sie es gesagt.«
»Dass der Wirbelsturm sie mitreißt?« Ich schiebe das Stativ herum, um das beste Licht zu finden.
»Nein, sie hat auf die Zeitschriften auf dem Tisch … du weißt schon.«
»Weiß ich nicht.«
»Na ja, die lagen offen, und sie hat …«
»Wieso ruckelst du so mit dem Kopf?«
»Damit ich es nicht aussprechen muss und meine Gestik für sich spricht.«
»Deine Gestik sagt mir, ein Kerl konnte sich bei einem Dr.-Sommer-Artikel in einer alten Bravo nicht zurückhalten.«
»Igitt!« Lis steht auf und tritt zur Seite, um den Platz vor dem Fenster frei zu machen, dann verzieht sie das Gesicht. »Nein. Sie hat die Zeitschrift getroffen. Mit ihrem Popel.«
»Boah, Lis!«
»Du bist schuld.« Ungerührt zuckt sie die Achseln. »Du wolltest meine Gestik ja nicht lesen.«
»Irgendwann wird sie zur lokalen Legende der Apotheke, mit eigenem Regal samt Polypen-Schnaub-Werkzeug.«
Kichernd setzt Lis sich auf den alten Blackjack-Tisch. »Frau jagt Polypen mit spektakulärem Schnauben davon.«
»Ihr Slogan: HATSCHI, Polypen, macht besser, dass ihr Land gewinnt!« Ich übe den TikTok-Tanz vor der Kamera, um sicherzugehen, dass ich jeden Schritt kann. »Und mein Testimonial: Seitdem ich Annelis Schnaubspektakel erlebt habe, bin ich polypenfrei!«
»Okay, hör auf, ich kann nicht mehr!« Lis wischt sich Lachtränen aus den Augen. »Ich kriege ein schlechtes Gewissen.«
»Aber sie lacht doch selbst darüber. Mit uns zusammen.«
»Ja, stimmt.«
»Okay, ich glaube, ich kann den Tanz.« Ich stelle den Timer ein, gehe in Position und warte, bis der Swiftie-Cruel-Summer-Sound losgeht. Dann tanze ich, das Seifenstück der Kooperation in der Hand, und ende damit, dass ich das Ding in die Kamera halte, ehe ich zu Lisbeth blicke. »Gut so?«
»Perfekt.« Sie hüpft vom Blackjack-Tisch, um sich das Video mit mir anzusehen. Während der Clip läuft, muss ich mir angestrengt das Lachen verkneifen. Es ist eine Seife. Ein rundes, klumpiges Stück, das einem durch die Finger glibbert, sobald es in Berührung mit Wasser kommt. Aber ich widme diesem Zeug, das nach Rose riechen sollte, stattdessen jedoch einer chemisch gereinigten Toilettenschüssel gleichkommt, einen Hip-Hop-Dance der Extraklasse – inklusive laszivem Blick, mit dem ich auf sugardaddy.com sicher mehr Kohle einstreichen würde, aber auch widerliche alte Säcke, die mich gern in Hexenuniform in ihrem Bett hätten, um mit mir ein perverses Slytherin-Gryffindor-Rollenspiel zu starten.
»Yep«, sagt Lis. »Geht klar. Suarez’ Family kann zufrieden sein.«
»Die werden das eh nie sehen.« Suarez ist der Sohn eines international berühmten Fußballspielers, der gemeinsam mit seiner Frau eine Firma für Bioseife führt. Witzigerweise die, die ich gerade beworben habe. Manchmal begegne ich ihm im Hotel – er ist ein Freund der Blackwells –, aber wir reden nie.
Ich schiebe das Stativ zusammen und lege es zu meinen Sachen. Die Liveband im Casino spielt angenehme Jazzklänge, die bis in den Pausenraum dringen. »Nur die Marketingabteilung.«
»Egal. Hauptsache, es bringt dir was. Lieb von Finn, dass er dir das möglich gemacht hat.« Sie wirft mir einen unauffälligen Seitenblick zu, während sie sich ihren Rucksack aufsetzt. »Wie läuft’s eigentlich zwischen euch?«
Finn ist der Sohn eines ranghohen deutschen Politikers, Bruder des bekannten Models Lena Gerbensteyn und war eventuell mein Freund. Vielleicht. Das weiß niemand. Nicht einmal er selbst.
»Von meiner Seite aus läuft gar nichts mehr«, sage ich. »Das habe ich ihm klargemacht, nachdem er erst Edward und dann Paola so widerlich behandelt hat.«
Der Gedanke an Paola versetzt mir einen schlimmen Stich, weil ich sie genauso widerlich behandelt habe. Seit Silvester vor zwei Wochen haben wir nicht mehr gesprochen, und dafür bin ich der Grund. Oder besser gesagt das TikTok-Video, das ich mit Edwards Handy von ihr und ihm hochgeladen habe, als sie in Dankenhaal rumgemacht haben.
Ich bin froh, dass Lis noch mit mir redet, mir durch unsere Freundschaft einen Vertrauensvorschuss gewährt, obwohl auch sie nicht weiß, warum ich es getan habe. Niemand weiß das. Würde ich es jemandem verraten, wäre das mein gesellschaftlicher Tod.
Und vielleicht nicht nur das.
Das Casino ist überfüllt. Wahrscheinlich denken die Leute, mit einem neuen Jahr käme auch neues Glück. Was für eine missglückte Hoffnung. Spoiler Alert: Hinter jeder Ecke wartet Scheiße, die kein Feuerwerk der Welt explodieren lassen kann. Sie ist da, ihr tretet rein, müsst sie loswerden, fertig. Es ist immer dasselbe Spiel, und es stinkt, verdammt, es stinkt.
Ich richte die goldene Fliege, schließe den oberen Knopf des schwarzen Blackwell-Palace-Casinoblazers und werfe im Vorbeigehen einen letzten prüfenden Blick in die opulenten gold gerahmten Spiegel, die sich über die cremefarbenen Wände ziehen und den Raum damit nicht nur optisch vergrößern, sondern auch das Glitzern der Kristalllüster und das Funkeln der Kristallprismen auf die Gesichter aller Anwesenden verteilen. Wie ein goldenes Meer in den Augen der Reichen, damit sie aussehen wie Heilige, während sie leben wie Sünder.
Mein herzförmiges Gesicht ist perfekt geschminkt. Highlighter, Rouge, Lipgloss und Mascara auf den gelifteten Wimpern. In meinen Ohren stecken funkelnde Diamanten, die ich für zwei Dollar bei Ali Express gekauft habe. Außer meiner juckenden Haut, die mit Pusteln gegen das Billomaterial protestiert, checkt das keiner.
Ich nähere mich der luxuriösen Theke, die aussieht wie ein Glitzermeer, weil die vielen Gläser auch hier das Licht reflektieren. Mein Kollege Giuliano hebt den Kopf. Als er mich entdeckt, sacken seine Schultern erleichtert hinab. »Gott sei Dank bist du da.« Wie ich war er früher im Service und ist seit Neujahr im Casino eingeteilt. Aber im Gegensatz zu mir steht er hinter der Theke. Ich bin Dealerin. »Kannst du mir schnell sagen, was ich machen soll, wenn ich der Meinung bin, jemand sollte keinen Drink mehr bekommen?«
»Das weißt du doch«, sage ich. »Wie im Service auch: verneinen.«
Er verzieht das Gesicht. »Und wenn der Person das Hotel gehört und sie darauf besteht, weil sie meint, sie könne dir sonst kündigen?«
In mir brandet Zorn auf. »Du meinst Edward?« Es kann nur Edward sein. Charles würde sich niemals im Casino betrinken. Erst recht nicht jetzt, wo Paola mit ihrem Bruder in seine Suite eingezogen ist. Mit plötzlich rasendem Herzen sehe ich mich in dem großen Saal um, lasse den Blick über die Köpfe an den Spielautomaten und Tischen wandern. »Wo ist er?«
»Da hinten.« Giuliano nickt in die hintere Ecke zum Blackjack-Tisch. Da sitzt der jüngste Blackwell-Erbe in einem dunklen Long-Tee-Shirt, schwarzen Docs und einer rückwärts aufgesetzten Cap auf dem weißblonden Haar und schiebt einen großen Haufen Jetons über den Tisch. Neben ihm hockt Laxon Caville, Sohn der Geschäftsführer von Spiderflix, einer weltweit erfolgreichen Streamingplattform.
Ich stöhne. »Das ist meiner.«
Giuliano zapft ein Bier. »Was?«
»Mein Tisch.« Entnervt verdrehe ich die Augen. »Ich löse den Dealer gleich ab.«
»Oh.« Giuliano schiebt das Bier beiseite und wischt übergelaufene Tropfen mit einem Stück Papier sauber. »Vielleicht könntest du ihm sagen, dass er …«
»Auf keinen Fall«, protestiere ich. »Es ist ein offenes Geheimnis, dass wir uns hassen, Giuliano.«
hassen oder so was in der art da waren gefühle in irgendeinem winkel meines körpers den ich noch nie entdeckt habe mit schatten aber kerzen und flügelschlägen und ich dachte es wären schmetterlinge aber dann hat er mir den krieg angesagt ist in mein schattenreich marschiert hat alle lichter zerschlagen und plötzlich waren die schmetterlinge ratten und jetzt ist das reich in mir düster und alle kerzen sind kaputt und wir hassen uns
»Ja, ich weiß. Verdammt.« Giu nimmt sich den Lappen, wischt abwesend über die Theke und starrt dabei in Edwards Richtung. »Bei mir dreht er bestimmt durch. Aber wenn du ihn ein bisschen mit deinen großen braunen Katzenaugen anklimperst …?«
Meine großen Katzenaugen. Das ist das Einzige, was die Leute sehen. Auf TikTok lese ich es andauernd.
OMG Blair, deine Augen, WTF
Wenn ich diese Augen hätte, wäre mein Leben gerettet
Die benutzt bestimmt einen Filter, so groß sind die never in echt
Voll nice und soooo eine schöne Farbe, echt wie ein kleines Kätzchen!
Die hatte locker ne OP, Fox Eyes, traurig wenn man so was macht, echt
Größter Wunsch: die bläst mir einen und guckt mich so an, slayyyyyy
niemand sieht die übergeschminkten ringe die meine augen einfassen niemand weiß was für eine dunkelheit in ihren tiefen herrscht niemand erkennt wie ich mir tag für tag eine maske überschminke um die hässlichkeit meiner vergangenheit zu verdecken denn die wahrheit in diesem spiel ist
keiner
weiß
wer
zur
hölle
ich
bin
nicht
einmal
ich
selbst
Schnaubend wende ich mich ab, starre das Marmormuster in der Theke nieder. »Das Einzige, das der sich denkt, wenn er mir in die Augen sieht, ist, wie er sie mir besonders schmerzhaft aus dem Kopf reißen kann.«
Giuliano seufzt. »Wenn er nicht so heiß wäre, würde ich ihn jetzt eiskalt aus dem Casino schmeißen.«
Ich werfe ihm einen Seitenblick zu. »Stress mit Kokos-Kora?«
»Scheiße, ja.« Er schnaubt. »Sie akzeptiert nicht, dass ich auch auf Typen stehe, und hat Schluss gemacht.«
»Ich hatte eh kein gutes Gefühl bei euch beiden.« Kokos-Kora ist ein exzentrisches High-Society-Girl, das irgendwie zu der ganzen Lena-Max-Charles-Ed-Etc.-Clique dazugehört und irgendwie auch nicht. Ihre Eltern sind sehr bekannte Anwälte für Sexualdelikte und haben einen Haufen Asche, die Kora liebend gern für abgefahrene Showeinlagen auf Partys ausgibt. Einmal hat sie einen auf Miley Cyrus gemacht und sich mit einer nachgestellten Abrissbirne von der Galerie geschwungen. Ich bin mir nicht sicher, ob die ganzen High-So-Kids sie mögen oder Angst vor ihr haben. Zu mir war sie immer cool, aber … keine Ahnung. Sagen wir mal, ich habe Ehrfurcht vor ihr. »Diese Frau ist mit ihren Kokosschalen auf der Silvesterparty erschienen und hat sich für die Fotos eine Arielleflosse über die Beine gezogen. Und Gerüchten zufolge soll sie in diesem Aufzug Max während der Party einen geblasen haben.«
»Das glaubst du doch wohl selbst nicht.« Giuliano unterbricht sich, um einen Gast zu bedienen, und kommt zurück. »Er würde Lena niemals betrügen. Die beiden sind schon so lange zusammen. Und es gibt keinerlei Beweise.«
Nein, dafür nicht.
»Wenn du meinst.«
»Ja.« Er lächelt. »Glaub nicht immer alles, was die Leute erzählen, Blair.«
Oh, tue ich nicht, Giuliano. Ganz und gar nicht. Ich glaube nur das, was ich mit Gewissheit weiß.
Mein Leben fühlt sich an wie ein beschissenes Rockkonzert, auf dem die Verstärker durchdrehen und die Zuschauer beschließen, von jetzt auf gleich das Genre zu wechseln und mit Holikreide um sich zu werfen.
alles ist laut und bunt weil ich in farben ertrinke damit ich nicht an meiner eigenen seele ersticke
Die Jazzband im Hintergrund dröhnt in meinem Schädel nach, Laxons Stimme klingt wie ein Presslufthammer und die Jetons, der Blackjack-Tisch, die Karten … all die grellen Farben verwischen vor meinen Augen.
»Vielleicht solltest du lieber schlafen gehen.« Ich höre den vorsichtigen Ton in Laxons Stimme heraus. Er besitzt etwas, das ich nicht habe: Feingefühl. »Morgen ist ihre Beerdigung und …«
»Ist mir egal.« Die Worte kommen mir nur mühevoll über die Lippen. Es klingt wie ein Krächzen, weil mein Brustkorb von einem Drahtseil zerquetscht wird. »Ich werde nicht hingehen.«
»Was?« Laxon wartet die nächste Karte ab, überlegt kurz und schiebt die Karten schließlich in die Mitte, weil er aussteigt. »Ed«, raunt er. »Tu das nicht. Das wirst du bereuen, Mann.«
»Sicher.« Ich setze ein abfälliges Grinsen auf. »So wie April es bereut hat, mir nichts von meinem Kind zu erzählen.«
»Edward.« Mein alkoholisierter Schädel hämmert. »Das kannst du nicht …«
»Ich will nichts mehr davon hören.« Plötzlich vibriert mein iPhone. Ich ziehe es aus der Tasche, werfe einen Blick aufs Display und verdrehe die Augen. Eine E-Mail von meiner Managerin.
… von Spiderflix erfahren, dass die Kandidatinnen für A Royal Romance feststehen. Ich weiß, du wolltest an der Entscheidung beteiligt sein, aber in dem Format geht es ja vor allem darum, die Frauen vorher nicht sehen zu dürfen. Das Aussehen sollte nicht im Vordergrund stehen. Der Sender hat darauf geachtet, eine wilde Mischung an Eigenschaften auszuwählen, damit …
Weiter lese ich nicht. Das kann ich mir jetzt nicht geben. In letzter Zeit hat es gut funktioniert, auszublenden, dass diese Show tatsächlich existiert. Ich weigere mich, auch nur eine Sekunde anzunehmen, dass ich in einer Woche eine verkackte High-Society-Version des Bachelors drehen soll, um am Ende dieser Show mein Leben mit einer Frau zu teilen.
Wieso, um alles in der Welt, habe ich dieser Sache bloß zugestimmt?!
weil du deine ex abfucken wolltest als sie verschwunden war und du dachtest sie würde dir nur wieder eins reinwürgen wollen aber dann kam das leben um die ecke tada mit einer axt rammt es mir in den schädel und sagt überraschung april ist tot und du machst jetzt den bachelor
Mit angespanntem Kiefer stecke ich das Handy weg. »Bin gleich wieder da.«
»Aber das Spiel, es …«
»Bin raus.« Ich schiebe meine Karten beiseite, nehme meinen Gewinn und gehe zur Toilette. Der Boden ist in einem komplexen Mosaik aus Marmorfliesen gestaltet, die kunstvoll miteinander verschlungen sind und ein geometrisches Muster ergeben. In diesem Hotel besteht alles aus Luxus. Sogar das Klo erstrahlt in goldenen Tönen. Deckenhohe Spiegel, eingefasst in goldenen Barockrahmen, schleudern mir etliche Klone der Leute entgegen, die hier mit ihrer Pisse Kreise in die Schüssel malen. Der Ort, an dem die Leute kacken gehen, könnte locker mit einer Privatbank mithalten.
»Hey, Bro.« Neben mir pinkelt Misha ins Pissoir. »Alles klar?«
Ich entgegne nichts.
»Du siehst fertig aus«, fügt er hinzu.
Fast hätte ich gelacht.
Fast.
»Müde«, sage ich, schüttle meinen Schwanz ab und gehe zum Waschbecken. »Das Unternehmen macht Stress.«
»Verstehe.« Misha wäscht sich neben mir die Hände, ehe er ein kleines Tütchen aus seiner Hosentasche zieht. Das Pulver sieht aus wie gemahlene Kreide. »Willst du?«
Ich bin am tiefsten Punkt angekommen, denn ich spüre, wie mein Herz vor Freude in Flammen aufgeht. Mit einem warmen Gefühl der Vorfreude reiße ich ihm das Kokain förmlich aus der Hand. »Danke.«
»Kein Ding, Mann.« Misha klopft mir auf die Schulter. »Bin beim Roulette, falls du noch was brauchst.«
Ich nicke, bevor ich in der Kabine verschwinde. Ich ziehe das Pulver durch die Nase und genieße das Kribbeln, das mich dabei durchfährt. Dann verlasse ich die Toilette wesentlich klarer, als ich sie betreten habe.
Entschlossen steuere ich unseren Blackjack-Tisch an, gerade als die hübsche Servicekraft mich erreicht.
Sie lächelt. »Martini, Signore?«
»Ja. Danke, Zoe.«
»Natürlich.« Sie klimpert mit ihren aufgeklebten Wimpern. »Ich weiß doch, was Sie mögen.«
Bevor ich antworten kann, höre ich ein Schnauben neben mir. »Du hast echt keine Ahnung, was Grenzen sind, Blackwell.«
Die Stimme wirkt wie ein Kübel Eiswasser, der über mir ausgegossen wird. Langsam, als hätte der Tod mich geschnappt, drehe ich den Kopf. Und da steht sie, als wäre nie etwas gewesen. Sie steht da, an meinem Blackjack-Tisch, als könnte sie das einfach machen.
Blair Wagner.
»Was willst du hier?« Breitbeinig setze ich mich auf den Hocker, nippe am Martini und sehe ihr über den Rand des Glases angriffslustig in die Augen. »Kann dein gebrochenes Herzchen immer noch nicht akzeptieren, dass ich dich nicht will?«
»In welcher Traumwelt lebst du?« Sie funkelt mich an. »Ich würde dich nicht mal mit den Zehen anfassen!«
»Ach, du stehst auf Füße?« Gehässig grinse ich sie an. »Ausnahmsweise, weil du es bist, werde ich das morgen in meinem TikTok erwähnen.« Ich nehme noch einen Schluck, rühre mit dem Schirmchen in der klaren Flüssigkeit herum. »Und dich verlinken. Da kommen sicher einige Interessierte, die dich von mir ablenken können.«
»Halt die Fresse«, zischt sie.
»Das würde ich an deiner Stelle besser nicht zu mir sagen.« Ich hebe den Blick. Lässig hebe ich eine Braue. »In meinem Hotel. In meinem Casino, in dem du nichts zu suchen hast.«
»Ich arbeite hier!«
Das ist mir neu. Und entfacht eine neue Welle der Wut, weil sie mir den einzigen Rückzugsort nimmt, an dem ich abschalten kann.
»Gut zu wissen«, sage ich langsam. Mit den Fingern trommle ich auf meinen Oberschenkel – direkt neben meinem Schritt. Mir entgeht nicht, wie sie immer wieder dort hinsieht. Genauso wenig wie die Röte, die ihre Wangen hinaufkriecht. »Dann tust du das bald nicht mehr.«
Sie schnaubt. »Fahr zur Hölle, Arschloch!«
»Verzeih, dich enttäuschen zu müssen, Prinzessin«, ich richte mich auf, ziehe einen Bündel Tausender aus der Hosentasche und schiebe ihn ihr grinsend über den Tisch, »aber da bin ich längst.«
Der Kerl sitzt auf diesem Hocker vor mir und denkt, er wäre der Geilste mit seiner Moncler-Cap und den muskulösen Armen, die aus den langen Ärmeln des Long-Tees rausschauen.
Ja, ich habe einen Fehler gemacht, als ich das Video von ihm und Paola in Dankenhaal exposed habe.
Ja, ich habe einen Fehler gemacht, als ich ihm nicht sagen konnte, weshalb ich es getan habe.
Und ja, ich verstehe, dass er wütend auf mich ist. Hätte er es dabei belassen, würde ich vermutlich jeden Tag auf Knien bei ihm angekrochen kommen und ihm beteuern, wie leid es mir tut.
Aber Edward hat sich das Video von @didntyouhearthat schicken lassen, auf dem ich zu sehen bin, wie ich ihn und Paola in Dankenhaal filme, es repostet und der ganzen Welt gesagt, ich wäre ein kranker Fan, den er nicht mehr loswird. Und nicht nur das … er hat die Edward-vs.-Blair-Challenge ins Leben gerufen, die aus Clips besteht, wer gegen wen gewinnt. Laut der Kommentare der User steht es 1:1, weil ich ihn mit Paola exposed habe und er mich anschließend in der Luft zerrissen hat.
Meine Kommentare quellen über vor Hassnachrichten.
»Dann hoffe ich für dich, dass du dort bleibst«, antworte ich ihm. »Und dich die Höllenhunde fressen.«
»Die Höllenhunde.« Sein Mundwinkel zuckt. »Wenn’s nur das ist.«
»Leute«, unterbricht Laxon unser Gespräch. »Was ist, können wir spielen?«
»Liebend gern.« Ich funkele Edward immer noch an, während ich ihm die Jetons seines Einsatzes beinahe aggressiv über den Tisch schiebe. Bei Laxon gehe ich professioneller vor. »Euer Einsatz?«
Edward schiebt Jetons im Wert von fünftausend Franken über den mit feinen Intarsien verzierten grünen Samt auf das BP-Logo. Laxon geht mit, und ich teile ihnen jeweils eine Karte aus.
so viel geld das sie hier wegwerfen so viel geld das ich gebrauchen könnte um zu leben um zu überleben um zu wissen was mein leben
ist
war
wird
»Wie wär’s, Prinzessin …« Edward spielt mit seinem Martinischirmchen, das er sich durch die Lippen gleiten lässt. »Lust auf eine Challenge?«
»Bedaure.« Ich lege meine erste Karte, die Dealer’s Up Card. »Aber das Einzige, das ich in Verbindung mit dir bringe, wenn du über ›Lust‹ sprichst, ist, dich verschwinden zu lassen.«
»Du stehst also auf Machtspielchen?« Er hebt die Braue. »Interessant. Wie wäre es mit unseren Kerkern? Du könntest ewig dort schmoren und niemand würde dich je finden.« Etwas blitzt in seinen Augen. »Was für eine herrliche Vorstellung.«
von jetzt auf gleich bricht der boden unter meinen füßen ein freier fall in weite tiefe von der ich dachte sie überwunden zu haben in meinem kaleidoskop der möglichkeiten und regenbögen aus farben die ich niemals niemals niemals sehen durfte aber nur einmal edward nur einmal worte aus dem mund eines blackwells und das kaleidoskop geht zu boden und das glas bricht und die scherben treffen diesen tanz meiner
träume
Meine Hand, die gerade eine neue Karte zücken wollte, rutscht ab und stößt gegen Laxons Glas. Der Champagner ergießt sich auf seine Beine. Wütend springt er auf, zischt irgendetwas, aber es kommt nicht bei mir an.
nur entferntes rauschen über meinen ohren und ein tinnitus und ein schwindelerregender sturm der versucht mich mitzureißen
Verzweifelt versuche ich, mich am Blackjack-Tisch festzukrallen. Der Samt reibt über meine Fingerkuppen, der prächtige Spieltisch aus Mahagoni ist glatt, beides gibt mir ein Gefühl der Realität und erinnert mich daran, wo ich mich befinde.
komm zurück blair komm zurück zurück zurück
Schaukelnd, als würde ich mich auf einem brüchigen Segelschiff mitten im Ozean befinden, normalisiert sich mein Sichtfeld. Ein kalter Schweißfilm hat sich auf meiner Haut gebildet, in meinem Nacken stellen sich die feinen Härchen auf. Ich fühle mich, als wäre ich gerade oben ohne in einen Schneesturm gerannt.
»Verzeihung.« Meine Stimme klingt monoton, und es kostet mich alle Mühe, Laxon zu fokussieren. Giuliano ist bei ihm und drückt ihm mehrere Tücher in die Hand. »Das war … Ich wollte nicht …«
»Schon okay«, murmelt Laxon, aber ich kann hören, dass er angepisst ist. Und auch Giuliano wirft mir einen mahnenden Blick zu, der in etwa so was wie bist du durchgeknallt? sagt.
Und er hat recht. Als Dealerin im Casino vom Blackwell Palace sollte so etwas nicht passieren. Niemals. Hier arbeiten die renommiertesten, erfahrensten und professionellsten Menschen der Branche, während ich mich benehme wie eine Achtzehnjährige an ihrem ersten Tag in einer heruntergekommenen Assiviertel-Spielo.
»Wir sollten …« Meine Finger zittern, als ich nach einer nächsten Karte greife und angestrengt versuche, Edwards Blick zu meiden. Bleib professionell, Blair. Dieser Job hier ist lebenswichtig für dich. »Lasst uns weiterspielen.«
»Mir kam gerade eine bessere Idee.« Edwards Stimme klingt merkwürdig. Nicht mehr angriffslustig wie eben, sondern dunkler. Als würde hinter den Worten etwas stecken, das er zu verbergen versucht. Als würde ihm tatsächlich leidtun, was er gesagt hat. Aber das ist lachhaft. Ich spreche von Edward Blackwell. Diesem Mann tut niemals irgendetwas leid.
Er tut, was er will, wann er will, und wie er es will, und dazu steht er.
Edward betrachtet seine neue Karte und hebt einen Mundwinkel. Eine Acht, ein Ass. Neunzehn Punkte. Sein nächster Spielzug entscheidet über Verlust oder Gewinn.
»Wenn ich verliere, lasse ich dich in Ruhe. Ab dann wirst du Luft für mich sein, und ich werde nie wieder auch nur deinen Namen in den Mund nehmen.« Er spielt mit einem blauen Jeton, dreht ihn wie einen Kreisel auf dem Tisch, ohne den Blick von mir abzuwenden. »Wenn du verlierst, musst du mit mir klettern.«
Kurz glaube ich, mich verhört zu haben. »Klettern?«
»Klettern. Das kannst du doch so gut, nicht wahr?« Sein Grinsen wird breiter. »Ein Spiel. Wir gegeneinander, an der Außenfassade des Hotels, wer zuerst die Terrasse über dem Poolhouse erreicht.«
Abschätzig sehe ich ihn an. »Und dann?«
Sein Mundwinkel hebt sich. »Wer langsamer ist, muss springen.«
»Klar.« Mit einem trockenen Lachen verdrehe ich die Augen. »Gott, bist du ein Dreckskerl.«
»Nicht auf den Boden«, stellt er klar. »Sondern in den Pool. Der ist an der Stelle fünf Meter tief. Da kann nichts passieren.« Ich zögere. »Was denn, traust du dich nicht?« Sein Blick wird gehässiger. Er beugt sich vor, raunt: »Bist du in Wahrheit ein kleiner Feigling, Wagner?«
Ich hasse es, dass er meinen Nachnamen akzentfrei ausspricht. Ich hasse es, dass er so perfekt ist, obwohl ich ihn mit jeder Faser meines Körpers verachte. Dieser Mistkerl hätte es verdient, auszusehen wie Gollum.
»Einfach nur klettern und springen?«, wiederhole ich.
Er nickt.
»Und wenn ich gewinne, lässt du mich in Ruhe?«
»Korrekt.«
Im Augenwinkel erkenne ich, wie Laxon unserem Gespräch interessiert folgt. Ich versuche, etwas in Edwards eisblauen Augen zu erkennen, einen Hinterhalt oder irgendetwas, das mir verrät, dass ich diesen Deal nicht eingehen sollte, aber er begegnet meinem Blick todernst.
»Ich kann hier nicht weg«, sage ich. »Ich bin für diesen Tisch zuständig.«
»Die Besucher werden ein paar Minuten ohne Blackjack auskommen.«
Ich runzle die Stirn. »Das bedeutet Gewinneinbußen für das Hotel.«
»Für mein Hotel. Und die verkraften wir.«
»Wenn dein Vater das wüsste, wäre er –«
»Mein Vater ist jetzt kein Thema.«
»Aber –«
»Ja oder nein, Blair?«
Ich zögere. Die Aussicht darauf, mich nicht mehr mit ihm herumschlagen zu müssen, ist verlockend. Meine Karte ist eine Dame. Zehn Punkte. Ich bräuchte mindestens eine Neun, um ihn zu schlagen. Klingt machbar. Und sollte ich verlieren, ist es nur ein Sprung, oder? Wenn ich richtig schätze, befindet sich die Terrasse keine vier Meter über dem Pool. Ich bin schon von höheren Brettern ins Wasser gesprungen. Was soll also schiefgehen?
»Okay«, sage ich. »Deal.«
Sein Grinsen wirkt dämonisch. Dieser düstere, hochattraktive Todesengel spielt mit mir, und ich lasse es zu.
Ich wende den Blick nicht von ihm ab, während meine Finger die nächste Karte ziehen. Höher als Edward, bete ich. Höher als Achtzehn, nicht über einundzwanzig. Bitte, bitte, bitte …
Ich lege die Karte und senke den Blick aufs Blatt.
Eine Zwei. In mir pulsiert das Blut schneller durch meine Venen. Ich vergöttere das Gefühl, zu gewinnen. Ganz besonders dann, wenn es meine Feinde sind, gegen die ich spiele.
Und, bei Gott, ich verachte alles an Blair.
Ihren feurigen Blick, als könnte das etwas in mir anrichten.
Ihr herzförmiges Gesicht.
Diese großen Katzenaugen, von denen meine Jungs immer labern, sie wären so mega schön, Alter, wenn sie besoffen sind.
Die vollen Lippen, über die nichts als Schwachsinn kommt, wenn sie den Mund aufmacht.
Wäre ich Julius Caesar, würde Blair Brutus sein. Nur mit dem Unterschied, dass ich nicht so dumm wäre und mich von ihr killen lassen würde. Aber der Hass ist derselbe. Sie hat mein Vertrauen missbraucht und mich verarscht. Meine Schwäche ausgenutzt, um mich zu hintergehen.
ich will dass sie sich entschuldigt dass sie wieder vor mir lacht damit hinter meiner brust alles warm wird weil dieses gefühl wie sonnenuntergänge in den bergen war zarte seide auf meiner erhitzten haut nach zu viel zorn weil der vulkan nicht aufhören konnte aus satten feldern verdorrte ebenen zu machen
Ich will diese Frau brennen sehen.
Lässig lehne ich mich zurück, nehme meine Cap vom Kopf und drehe sie zwischen den Fingern. »Schachmatt, Prinzessin.«
Blair gibt sich größte Mühe, keine Reaktion zu zeigen. Sie sieht mich nur mit der üblichen Abscheu an und tut unbeeindruckt. Aber mir entgeht nicht, wie ein Zittern durch ihren Körper fährt, wie sie Kiefer und Schultern anspannt und die Ader an ihrem Hals in einem rasenden Tempo pocht.
»Falls euch entgangen sein sollte, dass hier auch noch jemand sitzt, der Blackjack spielt«, Laxon tippt auf sein Kartenblatt, »Dame und König. Zwanzig Punkte. Ich habe gewonnen.«
Ganz langsam wendet Blair den Kopf in seine Richtung. Sie blinzelt, als hätte sie Laxon vergessen. Als hätte sie vergessen, dass es hier eigentlich um ein Kartenspiel geht, bei dem Menschen tagtäglich ihr Vermögen verzocken.
»Glückwunsch.« Sie räuspert sich. »Willst du weiterspielen?«
Er schüttelt den Kopf, wobei sein Blick an der blonden Lockenmähne einer Frau hängen bleibt, die sich in dieser Sekunde an den Pokertisch setzt. Bei näherem Hinsehen erkenne ich, dass es Emma ist. Angestellte des Hotels und Paolas beste Freundin. Sie spielt mit Lis. »Auszahlen, bitte.«
»Natürlich.« Blair überreicht ihm seinen Gewinn, wobei sie es vermeidet, mich anzusehen. In ihren Wangen hat sich eine gewisse Röte gesammelt.
»Man könnte meinen, ich würde leer ausgehen.« Ich setze die Cap rückwärts wieder auf und genieße die Anspannung in Blairs Gesicht. Sie hat Angst vor mir. Gut so, Miststück. Fürchte mich. Ich bin dein schlimmster Albtraum. Warnend beuge ich mich vor. »Aber wenn du gegen mich verlierst, ist das wie ein Rausch. Viel besser als Geld.« Meine Augen weiten sich vor Vergnügen. »Sogar besser als Sex.«
Ihr Kopf fährt zu mir herum. Mir entgeht nicht, wie sie die Hand auf dem grünen Samt zu einer Faust ballt. »Du bist krank, Edward!«
»Nenn es, wie du willst.« Grinsend lehne ich mich wieder zurück, kippe den letzten Schluck Martini und schiebe mir die Kirsche zwischen die Lippen. »Ich werde dich vernichten.«
»Das werden wir sehen«, zischt sie.
»Mutig.« Meine Lippen kräuseln sich. »Wir treffen uns in fünf Minuten an der Außenfassade vom Poolhouse.«
Kurz wankt die Entschlossenheit in ihren Zügen.
»Was?« Ich gebe ein freudloses Lachen von mir. »Hast du gedacht, ich würde dich liebevoll an die Hand nehmen und gemeinsam mit dir dorthin spazieren?«
Sie schnaubt. »Du kannst mich mal.«
»Nein, danke.« Abfällig verziehe ich den Mund, während ich mich vom Stuhl erhebe und das Martiniglas achtlos auf den Tisch stelle. »Da wäre sogar Kokos-Kora ein verlockenderer Gedanke. Sie steht wenigstens zu den Dingen, die sie abzieht.«
»Ich stehe auch dazu«, sagt sie.
»Ach ja? Dann bin ich gespannt.« Angriffslustig neige ich den Kopf, gehe auf sie zu, bis uns weniger als ein halber Meter trennt. Sie duftet nach Chanel Nº 5. »Warum hast du das getan, Prinzessin?« Das letzte Wort spucke ich ihr förmlich vor die Füße. »Wieso verrätst du deine Freundin und den einzigen Typen dieses Hotels, der in dir kein Sexobjekt gesehen hat?«
Sie schnappt nach Luft. Urplötzlich hebt sie die Arme und will gegen meine Brust stoßen, aber ich schnappe mir ihre Handgelenke. Ich drücke fest zu, ehe ich sie grob an mich ziehe und ihr ins Ohr raune: »Einen Scheiß stehst du dazu. Und jetzt leb mit den Konsequenzen, den kaputtesten Blackwell unserer Dynastie als Feind zu haben, Signorina Wagner.«
Das Poolhouse befindet sich draußen auf dem Hof, also über Dankenhaal im Keller. Eisige Luft legt sich auf meine Haut, als ich durch die Hintertür des Casinos nach draußen trete und die Stufen zum Hof hinaufgehe. Die laute Jazzmusik klingt nach. Fröstelnd schlinge ich die Arme um meinen Körper und setze mich in Bewegung. In der Ferne erstreckt sich die schimmernde Schönheit der majestätischen Alpen. Die Berge sind von einem zarten Schleier umhüllt, und die Spitzen der schneebedeckten Gipfel glitzern im Mondlicht wie Diamanten, während der schwarze Nachthimmel von funkelnden Sternen übersät ist.
Ich sehe den Pool in der Ferne. Die Sterne spiegeln sich in dem ruhig daliegenden Wasser, und von irgendwo dringt Musik und Stimmengewirr herüber. Ich kann nicht ausmachen, woher es kommt. Im Blackwell Palace finden das ganze Jahr über täglich Veranstaltungen in allen möglichen Eventräumen statt. Dieser Palast schläft nie. Es ist das New York der Hotels.
Unter meinen Fake-Loafers knirscht der Schnee. Mein Atem wird zu kleinen Wölkchen, die in der Luft schweben und sich dann auflösen. Mit jedem Schritt, den ich gehe, wird die Jazzmusik ersetzt von der winterlichen Stille der verschneiten Landschaft, bevor sie überlagert wird von anderen Klängen.
Als ich das Poolhouse fast erreicht habe, entdecke ich eine breite Silhouette im Schatten. Edward lehnt an der Wand, seinen Dior-Sneaker gegen die Fassade gelehnt, den Blick in die Sterne gerichtet. Sein Profil wird von den Bodenleuchten angestrahlt, und irgendetwas an ihm, irgendetwas an dieser rauen Schönheit zwingt mich dazu, stehen zu bleiben und den Atem anzuhalten.
Es ist, als würde ich einem Löwen begegnen. So majestätisch und nachdenklich aus der Ferne, ja, friedlich fast, aber kommst du ihm zu nahe, zerfleischt er dich unbarmherzig und eiskalt, bis er spürt, wie dein Herz zwischen seinen Zähnen vergeht.
Der Gedanke lässt mich schaudern. Und Edward, das Raubtier, das er eben ist, bemerkt die Bewegung sofort. Sein Kopf wirbelt herum, und als er mich in den Blick nimmt, bin ich wie erstarrt.
ich bin ein zartes reh auf dem offenen feld
kurz bevor es niedergemetzelt wird
»Wird auch Zeit.« Er stößt sich von der Wand ab und kommt auf mich zu. »Ich dachte schon, du würdest kneifen.«
»Ich stehe zu meinem Wort.« Außerdem würde ich mir die Blöße nicht geben, mich von Edward als Feigling betiteln zu lassen. Mein Blick gleitet an ihm vorbei zu der Fassade. Das Poolhouse ist Teil der alten Gemäuer, erbaut aus Ziegelsteinen, die hin und wieder kantig herausragen. Bei dem ursprünglichen Gebäude soll es sich um eine Burg gehandelt haben. Touristen lieben das historische Flair, und es gibt etliche Pinterest-Aesthetics vom Blackwell Palace. Jetzt gerade denke ich nur, wie dankbar ich den alten Landlords bin, weil mir diese Fassade mehr als gelegen kommt. So habe ich Klettern gelernt. An wahllosen Steinen in etlichen Formen. Vor meinem inneren Auge erscheint ein verschwommenes Bild, das mir den Hals zuschnürt.
ätzende säure sickert an den wänden meiner kehle entlang und droht mich zu verschlingen ich keuche blinzle versuche diese bilder zu vertreiben dieses widerliche grau grau grau eine herde aus elefantenhufe die mich zertrampeln mich töten verbluten lassen
tag für
tag für
tag
»Was?«, fragt Edward. »Angst?«
So sehr ich seine Stimme verachte, so sehr bin ich dankbar, sie gerade zu hören. Denn sie reißt mich aus meinen Gedanken, zerrt mich zurück ins Hier und Jetzt. Blinzelnd sehe ich in seine Richtung, bis seine breite Statur Farbe und Form annimmt.
vor der vergangenheit ja
vor der zukunft ja
vor der vergangenheit die meine zukunft wird ja
vor dir
ja
»Nein.« Ich mustere die Fassade, scanne jeden einzelnen Vorsprung, den ich mir zunutze machen kann, und blicke bis zur Terrasse des ersten Stockwerks hinauf. »Bereit?«
»Was heißt es schon, in diesem Leben bereit zu sein?« Er dreht mir den Rücken zu, geht vor der Fassade in Position. »Wir denken, wir wären es, bis die nächste Sekunde den vorherigen Moment ablöst und das Spiel neue Abgründe auftut.« Ich stelle mich neben ihn. Er riecht nach Lavendel und Rauch, zwei so gegensätzliche Düfte, dass ich mich frage, was hinter den Eiszapfen in seinen Augen steckt. Ein anderer Edward? Der, den ich im Theatersaal kennengelernt habe? Der, der die Finger über die Tasten gleiten ließ, sanfte Töne, die ihm über die sündhaft schönen Lippen kamen, eine melodische Bitte um Vergebung und Verständnis?
irgendwo tief in ihm versteckt er eine verletzliche seite hinter einem gewaltigen panzer aus stahl und für den bruchteil einer sekunde durfte ich einen blick dahinter werfen auf ausgerottete ebenen die er verzweifelt versuchte zum blühen zu bringen obwohl nichts als asche und tod zu sehen war
Aber jetzt ist diese Wand verschlossen. Ich muss ihm nur einmal in die Augen sehen und weiß, dass er jeden offenen Winkel zubetoniert hat.
»Welches Spiel?«, frage ich.
»Das Spiel des Lebens, Prinzessin.« Dieser Spitzname hat nichts Schönes an sich, denn Edward spricht ihn wie eine Beleidigung aus. Als würde er jede Silbe auskotzen. »Es ist dreckig, gewaltsam und brutal, und wir alle sind nichts weiter als Figuren, die über das Spielfeld geschoben werden, während eine höhere Macht uns auf die Probe stellt.« Starr sieht er zur Terrasse hinauf. In seinen Pupillen spiegeln sich die Sterne. »Ohne Rücksicht auf Verluste.«
Hinter meiner Brust stolpert mein Herz, weil er … o Gott, er hat so recht. Ich fühle jedes Wort von ihm. Aber alles in mir schreit danach, mich gegen Edward aufzulehnen, die Schlacht zu dominieren und ihn zu stürzen. Ich will mich ihm nicht verbunden fühlen. Ich will nicht, dass mein Herz sich von dem, was er von sich gibt, verstanden fühlt.
Was passiert in einem Kampf, wenn man anfängt, mit dem Feind zu sympathisieren? Man beginnt, wegzusehen. Ein fataler Fehler. Denn die Klinge wird kommen. Irgendwann wird sie kommen, und dann ist es zu spät.
»Wenn wir die Figuren in einem Spiel sind«, entgegne ich langsam, den Blick immer noch zur Terrasse gerichtet, »bist du mein Feind.«
»Ich bin nicht nur dein Feind, Prinzessin.« Im Augenwinkel erkenne ich, wie sich sein Mundwinkel hebt. »Ich bin der Endgegner, gegen den du nicht gewinnen kannst.«
»Dem Endgegner bin ich längst begegnet«, murmle ich, die Stimme so leise, dass ich nicht einmal weiß, ob er mich hören kann, »und das warst nicht du.«
Dann greife ich nach den ersten Ziegeln und ziehe mich an der Fassade hoch. Der Frost, der seit Wochen von den Bergen durch die Stadt zieht, hat sich an den Steinen festgesetzt. Innerhalb von Sekunden sind meine Finger eiskalt. Aber ich denke gar nicht daran, aufzugeben. Das hier sind nur ein paar Meter. Es ist leicht. Etwas, das ich schon Tausende Male gemacht habe. Nichts anderes als Fahrradfahren. Ich verlagere die Kraft in meine Beine und stoße mich von Kante zu Kante ab, klettere wie ein Gecko in dunkler Nacht an der Fassade hinauf.
Aber Edward ist größer, mit viel längeren Beinen. Und, verdammt, der Typ kann klettern!
Mit seiner rückwärts aufgesetzten Moncler, das Gesicht gelangweilt, als wäre das hier eine Vorlesung über Landschaftsgärtnerei, hangelt er sich von Ziegel zu Ziegel. Mein Vorsprung lag im Überraschungsmoment, ohne Startschuss loszuklettern, aber er hat längst zu mir aufgeschlossen. Wir sind fast gleichauf, mein Kopf befindet sich auf Höhe seiner Brust. Mein Puls hämmert in rasender Geschwindigkeit. Nicht vor Anstrengung, sondern weil mich das Adrenalin des Moments überrennt.
Das hier ist ein exklusives Level im Spiel des Lebens, ein Bonusding, nach dem man irgendetwas gewinnt, eine neue Superkraft oder einen exklusiven Stern, der einen an anderer Stelle weiterbringt, und ich bin entschlossen, es zu gewinnen.
Meine Arme brennen, mein Blut ist eiskalt und lässt meine Finger steif werden, aber ich klettere weiter, zwinge meine Beine zu funktionieren, für mich zu arbeiten. Komm schon, weiter, los jetzt!
Ich hole ihn ein. Im Augenwinkel erkenne ich, wie Edwards Gesichtszüge härter werden. Er spannt den Kiefer an, erhöht das Tempo. Aber ich auch. Wir sind wie zwei Eichhörnchen auf der Jagd nach dem letzten Zapfen vor dem Winterschlaf. Ich hangele mich hinauf, taste nach den Steinen, die immer unregelmäßiger und kleiner werden, werde angetrieben von dem schnellen Pumpen in meinen Ohren, strecke den Fuß nach dem nächsten Ziegel aus, aber er ist winzig, eine schmale Eckkante, und plötzlich …
Ich rutsche ab. Ein Ächzen entfährt mir, und es gelingt mir, mich mit den Händen und dem anderen Bein zu halten. Aber ich verliere mindestens fünf Sekunden. Wertvolle Zeit, die in diesem Spiel entscheidend ist. Als ich wieder Fuß fasse und weiter klettere, ist Edward mir einen ganzen Meter voraus. Seine Finger erreichen das schwarze Eisengeländer der Terrasse. Er zieht sich daran hoch, und plötzlich weiß ich, dass ich verloren habe.
verloren verloren verloren gegen
edward blackwell
Das Gefühl ist niederschmetternd. Eine heftige Enttäuschung, die alles in mir zu Boden ringt.
Edward schwingt sich auf den Vorsprung vor das Geländer, lässt die Beine baumeln und grinst auf mich hinab. Ich greife nach dem letzten Stein vor der Terrasse. Meine Muskeln brennen, als würden sie mich bersten lassen wollen. Mit letzter, zittriger Kraft wollen meine Schenkel und Arme mich hochziehen, aber meine Finger sind zu steif. Die Erkenntnis dauert nur den Bruchteil einer Sekunde: Das war’s.
Der Schock gleitet durch mich hindurch. Meine Lippen öffnen sich zu einem stummen Schrei, und die plötzliche Leere unter meinen Füßen fühlt sich an wie ein Schürhaken, der mir den Magen entreißt. Das ist mein Ende.
besiegt von edward blackwell in einer schlacht die von anfang an aussichtslos war und ich
falle
Raue Finger schließen sich um mein Handgelenk. Meine Augen weiten sich. Unter mir herrscht die gähnende Leere von über vier Metern. Der Boden könnte mein Tod sein.
Langsam lege ich den Kopf in den Nacken. Edward hält mich mit nur einer Hand. Die Finger der anderen umklammern die Eisenstrebe des Geländers, die Knöchel weiß vor Anstrengung, der Bizeps unter seinem Long Tee fest angespannt, genauso wie die Linien seines Kiefers. In seinen Augen tanzt ein Feuer, das ich noch nicht in ihnen gesehen habe.
als wäre der löwe plötzlich wütend auf sich selbst weil er mitleid mit dem reh hat
Wir sehen uns an. Zwei Sekunden, in denen der Hass zwischen uns ruht. Das Spiel wurde auf Stopp gestellt.
… bis die nächste Sekunde den vorherigen Moment ablöst und das Spiel neue Abgründe auftut.
Ein Ruck geht durch seinen Körper. Im ersten Moment denke ich, das hier wird eine abgefuckte Version von König der Löwen, er ist Scar, ich bin Mufasa, alles in mir erwartet meinen Lang-lebe-der-König-Abgang, aber plötzlich zieht er meinen Körper hoch. Nur ein paar Zentimeter, aber die reichen, damit ich nach dem Geländer greifen und meine Knie auf den Vorsprung schieben kann.
»O Gott.« Ich schließe die Augen, lehne meine schweißnasse Stirn an das eiskalte Eisen. Schwindel überkommt mich, und alles in mir zittert. »Fuck, fuck, fuck.«
Ich höre, wie Edward wortlos über das Geländer klettert. Seine Diors landen dumpf auf dem Beton. Ich zwinge mich, die Augen zu öffnen und es ihm gleichzutun.
»Was habe ich gesagt?« Edward steht da, den Kopf geneigt, während das Glitzern der Sterne sein bittersüßes Grinsen betont. »Gegen mich kannst du nicht gewinnen.«
Ich schnaube. Der kurze Moment, den ich eben zwischen uns zu spüren glaubte, hat sich in Luft aufgelöst. »Das war Glück.«
»Ja, sicher.« Er lacht trocken auf. »Ich hoffe, du kannst schwimmen, Prinzessin. Ein zweites Mal werde ich dich nicht retten.«
Zornig funkle ich ihn an, ehe ich einen Blick über das Geländer werfe. Der Pool befindet sich direkt unter der Terrasse. Ich habe oft genug bei Events hinter der Theke gestanden, um zu wissen, dass dieser Sprung harmlos ist. Die Leute hüpfen ständig von der Terrasse ins Wasser, wenn sie betrunken sind. Sie nutzen sie wie einen Springturm.
»Na los«, sagt Edward. »Oder traust du dich nicht?«
Andere wären vermutlich cleverer als ich. Sie würden Edward einen Vogel zeigen, auf das, was er sagt, scheißen und verschwinden. Aber Edward und ich, wir ergeben keine gute Kombi. Wir sind uns zu ähnlich. Beide zu lebensmüde, um das Leben zu spüren. Beide zu süchtig nach Adrenalin, um zu wissen, dass es noch etwas gibt, das uns in diesen Rausch versetzt, dieses Gefühl, Euphorie zu empfinden. Und wir sind beide zu ehrgeizig, zu competitive, als dass einer von uns auf die Knie fallen und die weiße Fahne schwenken könnte.
Edward und ich, wir bekämpfen uns auf grünen Feldern, und wenn wir fertig miteinander sind, wird nichts mehr übrig sein. Zerstörte Ebenen aus Schutt und Asche.
»Du denkst, niemand könnte es mit dir aufnehmen, Blackwell.« Ich lege meinen Blazer ab, knöpfe meine Bluse auf. Überraschung blitzt in seinen Zügen auf. Mir ist egal, was er von mir denkt. Wenn ich hiernach zurück zur Arbeit gehen will, brauche ich trockene Kleidung. »Aber dann kennst du mich noch nicht.« Ich streife mir den Rock über die Beine, schlüpfe aus Schuhen und Perlonstrumpfhose, bis ich in schwarzer Spitzenunterwäsche vor ihm stehe. Sein Blick wandert an mir hinab, und etwas in dem Blau seiner Iriden beginnt zu leuchten, bis er mir wieder in die Augen sieht, die Gesichtszüge fest angespannt. Ich sammle die Kleidungsstücke auf und nähere mich ihm, bis uns nur ein halber Meter trennt. Zwischen uns glüht eine magnetische Aura, und beinahe ist mir, als hätte Edward die Hand gehoben, um mich zu berühren. Doch schon in der nächsten Sekunde streift sie seine Hose, und ich bin mir sicher, es mir nur eingebildet zu haben. »Und ich kann es kaum erwarten, die Reue in deinen Augen zu sehen, wenn du dir wünschst, dich nie mit mir angelegt zu haben.«
Ein leises Lachen. »Träum weiter, Prinzessin.«
»Oh, das ist kein Traum«, raune ich. »Die Dame wird den König auf seinem Schlachtfeld stürzen, und das, mein Lieber«, ich recke das Kinn, sehe ihm tief in die Augen, »ist die pure, bittere Realität in diesem perfiden Spiel.«
Bevor er etwas entgegnen kann, gehe ich zum Geländer, werfe meine Kleidung neben den Pool und klettere über die Eisenstreben. Hinter meiner Brust pumpt mein Herz in enormer Geschwindigkeit.
Keine Angst, Blair. Das haben die anderen tausendmal gemacht. Dir kann nichts passieren. Du hast schon wesentlich schlimmere Dinge erlebt.
Ich halte die Luft an, stoße mich ab und springe
drei sekunden freier fall
keine finger die mich halten
ein angelhaken der an meinem magen reißt
Dann empfängt mich warmes Wasser, das meine eiskalte Haut wieder zum Leben erweckt. Noch während ich mich unter der Oberfläche befinde, wallt Euphorie in mir auf.
Ich hab’s geschafft! Ich habe nicht gekniffen und mich bewiesen. Ihm gezeigt, dass ich keine Angst vor ihm habe. Dass ich ihm die verdammte Stirn bieten kann und er in mir eine würdige Gegnerin sehen sollte.
Aber als ich auftauche, erstirbt das Hochgefühl sofort. Und jetzt weiß ich auch, woher die entfernte Musik und das Stimmengewirr rührte. Die Front vom Poolhouse, ein Juwel aus Glas und Stein, strahlt mit seinen goldenen Lichtern wie Fackeln in der eisigen Winternacht. Und überall sind Leute.
Hier findet ein Event statt. Die Panoramafenster sind geöffnet, und im Inneren befinden sich bestimmt fünfzig Menschen, die mich alle anstarren wie eine außerirdische Erscheinung.
Unter ihnen Jake Blackwell.
Von jüngeren Personen werden Handys gezückt, Fotos und Videos gemacht von der halb nackten Angestellten, die gerade vom Himmel in den Pool gefallen ist und jetzt wie ein hässliches Karpador im Wasser plantscht.
Langsam, als wüsste ich, dass über mir der Tod wartet, lege ich den Kopf in den Nacken. Der Schock der Erkenntnis hat meine Lippen geteilt.
Edward hat sich locker über das Geländer gelehnt, ein siegessicheres Grinsen auf dem Gesicht, in der Hand sein iPhone, das er auf mich gerichtet hält.
Er wusste es, denke ich.
Dieses Arschloch wusste, was mich erwarten würde.
Ich habe mich geirrt. Es war nicht Scar, der mich in den Abgrund stürzen wollte.
Der König der Löwen höchstpersönlich hat mich den Hyänen zum Fraß vorgeworfen.
»Edward, hörst du mich?« Ein Klopfen an der Tür. »Mir ist klar, dass du da drin bist, Zwerg.«
Zwerg. Anneli nutzt noch immer den Spitznamen, den sie mir gegeben hat, als ich fünf war. Inzwischen bin ich zwei Köpfe größer als meine Tante, aber das interessiert sie nicht. Sie fühlt sich ohnehin wie eine Giraffe mit ihrem Ich-recke-den-Hals-und-sehe-alles-was-in-diesem-Hotel-vor-sich-geht-Modus.
»Und willst du auch wissen, warum ich das weiß?« Ich liege auf dem Sofa, starre die Decke an und rege mich nicht. »Weil ich seit fünf Stunden vor deiner Tür hocke und mein Durchfallgefühl ignoriere, um zu warten, dass du da rauskommst.«
Das tut sie wirklich. Ich habe gehört, wie sie vor Stunden zum ersten Mal angeklopft hat. Seitdem lausche ich ihren Worten, ohne etwas zu entgegnen. Es hat etwas Beruhigendes an sich, das Schnauben dazwischen ist wie eine Meditation.
»Also, wenn dich später ein sonderbarer Geruch erreichen sollte, einzuordnen in die Kategorie mittelstark bis ungesund, weil ich gestern zwei superfettige Burger hatte, ist das nicht meine Schuld, verstanden?« Belustigung regt sich in meiner Brust, räkelt sich wie ein kleines Monster, das am ganzen Körper verklebt ist und nun versucht, sich zu befreien. »Ich kann auch singen, wenn dir das lieber ist.« Meine Tante räuspert sich, ehe ihre schiefe Stimme zu mir hereindringt. »O Edward, mein Zweeeerg, jetzt bin ich am Weeeerk, dich mitzunehmen von hieeer, obwohl das nicht ist mein Bieeer.«
Meine Mundwinkel heben sich einen winzigen Millimeter.
»O Edward, mein Zweeeerg, lass mich dich bringen zum Beeeerg, ich weiß, es wird haaaart, aber vielleicht auch ein Neustaaaart.«
Das Minilächeln erlischt. Ich schlucke. Meine Finger krallen sich in das Long Tee, das ich seit gestern Abend nicht gewechselt habe.
»Okay, letzte Strophe, bevor ich diese Tür eintrete«, sagt Anneli. »Und du weißt, dass ich das kann. Ich trage Schuhe mit Stahlkappen, die sogar Mega Man stolz machen würden. Ich weiß, er ist dein Lieblingsheld. Du hast etliche Versionen dieses Eierkopfroboters in deiner pubertären Kassettenwand. Also los. Mimimi-Mimi.« Sie räuspert sich. »Sorry, bin nicht richtig eingesungen, aber klinge trotzdem gut, finde ich.«
Zum ersten Mal seit Stunden rolle ich mich auf die Seite. Ein zerfranster Winnie Puuh liegt da und starrt mich aus zerkratzten Augen heraus an. Meine Mutter hat ihn mir als Baby geschenkt. Ich kralle meine Finger in seinen rauen Stoff, als würde ich ihn erwürgen, fest, fester, bis meine Finger schmerzen. Als ich loslasse, lebt er immer noch.
Anneli fängt an zu singen. »O Edward, mein Zweeeerg, du weißt, mein Schuhweeeerk, wird eintreten, diese Tüüür, dann verlange ich von dir eine Mautgebüüüühr, weil ich hocke in diesem Stockweeeeerk seit fünf Üüüüühr, und vielleicht noch Schmerzensgeeeeeld, weil wenn ich die Tür eingetreten haaaabe, wie ein verwirrter Raaaabe, bin ich nur noch eeeeeeein«, sie holt tief Luft, wird lauter, »traurigeeeeeeer«, sie brüllt, holt noch mal Luft für den finalen Schlag, der beinahe die Wände erzittern und ihre Stimme brechen lässt, »Fleischbeeeeeeeeeerg!«
Anneli hält inne. Wartet. Aber ich rege mich nicht. Ich bin zu sehr damit beschäftigt, Winnie Puuh zu töten. Er hat kein Recht darauf, unbesiegbar zu sein, wenn ich innerlich krepiere.
»Gut, jetzt kommt mein Abgang. Das mit der Tür war nur ein Erpressungsversuch. Aber ganz offensichtlich habe ich vergessen, dass du ein Blackwell und damit immun gegen jegliche Form von Hinterhalt bist.« Anneli schnaubt. Entweder wegen ihrer Verschwindet-aus-meinem-Körper-ihr-widerlichen-Polypen-Zwänge oder weil sie einsehen muss, verloren zu haben. Ich höre, wie sie sich aufrappelt, dann aber zögert. Als sie wieder spricht, klingt ihre Stimme wärmer. Sanfter. »Ich bin sicher, sie hätte gewollt, dass du dich verabschiedest, Zwerg.«
Ein weiteres Zögern, dann geht sie. Ich kralle meine Finger erneut in Winnies Stoff, presse meine Stirn gegen seine und lasse zu, dass seine Nase in mein Auge sticht. Ich will nicht weinen. Alles, bloß nicht weinen. Nicht um eine Frau, die mich zwei Jahre meines Lebens manipuliert, hintergangen, verarscht und psychisch missbraucht hat. Meine Tränen würden bedeuten, dass ihr Tod nichts geändert hat. Dass ich immer noch in ihren Klauen gefangen bin, meine Gefühle nichts weiter als ein Spielball in ihren Händen. Fest presse ich die Zähne zusammen, spüre die Anspannung in meinem Kiefer, als würde er jede Sekunde brechen und zu Staub zerfallen. Ich schließe die Augen, konzentriere mich auf meine Atmung und lausche dem Ticken der Uhrzeiger. Mit jedem Tick, Tack kommt ein neuer Gedanke.
Das, was April und ich hatten, war keine Liebe. Es war eine krankhafte Abhängigkeit, sie eine Schlange, die ihre Zähne immer wieder in mich gegraben und ihr Gift verteilt hat. Erfolgreich.
Warum sollte ich mich von ihr verabschieden?
weil sie auch erinnerungen in mir gemalt hat die sich nicht radieren lassen farben in mein herz gesprüht die sich nicht übermalen lassen zwischen all dieser toxischen scheiße die wir waren in dieser ganzen geschichte die als kristallglas begonnen hat bevor es am boden zersprungen ist gab es auch glitzernde scherben an denen sich niemand schneiden konnte
Langsam richte ich mich auf. Es kommt mir vor, als hätte ich drei Tage durchgesoffen. Meine Glieder sind schwer. Wie nach einem Extremlauf durch die Berge, obwohl ich mich seit gestern Abend auf diesem Sofa nicht mehr gerührt habe.
Die letzte Bewegung waren meine Finger, die das Video von Blair auf meinem TikTok-Account gepostet haben. Caption: 2:1, Prinzessin. Danach hat mein Handy ununterbrochen geleuchtet, bis ich es ausgeschaltet habe.
Mein Blick huscht zur Uhr. Kurz nach neun. Die Trauerfeier hat begonnen. Ich stehe auf. Wanke ins marmorne Badezimmer, in dem alles glänzt, als wären es die Schlafgemächer eines Königs. Als ich aufsehe, begegne ich meinem Spiegelbild.
Tiefe Ringe schwärzen die helle Haut unter meinen Augen. Meine Lippen sind blutrot, weil ich seit Stunden darauf herumkaue, und in meinen Augen erkenne ich blaues Gewässer, das vom Teufel beherrscht wird. Den Devil’s Pool. Der tiefste Abgrund Sambias.
ich ertrinke in meinen augen weil hinter ihnen das ende lauert
Ich ziehe mich aus, gehe unter die Dusche und lasse eiskaltes Wasser über meinen Körper laufen. Ich lehne den Kopf zurück und genieße, wie die Temperatur meine Haut schockt. Sie bringt das Blut in mir in Wallung und reinigt es von Aprils Gift, das noch immer in meinen adern pumpt
Als ich die Dusche verlasse, fühle ich mich lebendiger. Ich streife mir ein Shirt mit gesticktem New-York-Yankees-Logo auf der Brust über, ziehe mir eine Cargohose und Tommy-Hilfiger-Boots an und setze mir meine Moncler falsch herum auf den Kopf.
Ich greife nach meinem Autoschlüssel und verlasse die Suite.
Die Räder meiner schwarzen Mercedes-G-Klasse bringen mich mühelos durch das verschneite Gebirge. Dieser Wagen ist wie ein Panzer, der alles niederwalzen könnte.
alles außer meine gedanken die sich in albträume verwandeln sobald ich die augen schließe
Ich erkenne sie in der Ferne. Die Menge an Menschen, in schwarze Kleidung gehüllt, mitten auf dem verschneiten Berghang, die Köpfe gesenkt. Ein innerer Hagelschauer erfasst mich, als ich den eleganten Sarg vor ihnen entdecke. Blank poliert, weiß. Die obere Klappe ist geöffnet.
Übelkeit überkommt mich. Ich würge den Motor ab, drücke mich in den Sitz und umklammere das Lenkrad so fest, als würde ich es entzweibrechen wollen. So sitze ich einige Sekunden, starre durch die Heckscheibe und versuche angestrengt, nicht zu kotzen. Immer wieder muss ich den Brechreiz herunterschlucken, und hinter meiner Brust rast mein Herz wie auf Speed. Schweiß bildet sich in meinen Handflächen. Zittrig atme ich aus, zähle bis fünf, dann bis zehn.
»Du kannst das«, murmle ich. »Du kannst das hier, fuck!«
Langsam, ganz langsam, wende ich den Kopf. Es ist so schwer. Wie zwei gleiche Magnetpole, die einander abstoßen. Denn das waren wir. April und ich waren uns so ähnlich. Und selbst jetzt noch, während sie leblos in diesem Sarg liegt, pulsiert ihre Aura über die Ebenen, arbeiten die Magnetpole unserer Seelen gegeneinander. Sie ist tot, denke ich. Aber ihre Seele ist noch hier. Überall. Aprils Aura nimmt die ganzen Berge ein, selbst dann noch, wenn sie längst nicht mehr da ist.
Mein Blick wandert über die Köpfe der Personen. Da sind Suarez, Laxon, Max, Finn, Misha, Lena, Xenia. Ein paar ihrer alten Freundinnen, mit denen ich weniger zu tun hatte. Kokos-Koras Eltern, die Flinschs. Leopold. Auch mein Bruder. Er sitzt neben unserem Vater in der zweiten Reihe. Seine Schultern sind angespannt, sein Blick ist gesenkt.
Und dann sehe ich sie. Aprils Mutter Kingsley. Mit geradem Rücken sitzt sie da, das Kinn gereckt, als wäre das hier nichts weiter als eines ihrer verfickten Businessmeetings, wegen denen sie ihre Tochter so gut wie nie gesehen hat.
Sie so gut wie gar nicht kannte.
Hin und wieder tupft sie sich mit einem obligatorischen Taschentuch über die Augenwinkel. Am liebsten würde ich es ihr aus der Hand schlagen und sie anbrüllen, hier, vor allen Leuten, im Namen Aprils, dass sie eine verdammte Heuchlerin ist.
Ihre Stimme klingt durch mein Gedächtnis, leise, zerbrechlich, in diesen seltenen Momenten, in denen April sich mir geöffnet hat.
Meine Mutter hasst mich. Sie sagt es mir, wenn sie mich sieht.
Bestimmt nicht, Babe.
Doch. Ich bin ihr größter Fehler.
Du könntest niemals der Fehler für irgendjemanden sein.
Für sie bin ich das. Weil ich ihr die Freiheit genommen hätte, meinte sie. Obwohl sie doch nie da ist, oder?
Stimmt.
Was nehme ich ihr schon weg, wenn sie mich hier im Hotel platziert wie eine Spielfigur, die sie besuchen kommt, wann immer ihr wieder einfällt, dass sie eine Tochter hat, Ed?
Nichts, Babe.
Wenigstens habe ich dich. Versprich mir, mich nie zu verlassen, okay?
Niemals.
Und wir werden immer ehrlich miteinander sein, ja?
Immer.
Tja, April. Im Gegensatz zu dir habe ich meine Versprechen gehalten. Was für eine dreckige Ironie, dass sie sich verzweifelt nach den Dingen gesehnt hat, zu denen sie selbst nicht in der Lage war. Ich öffne die Autotür einen Spaltbreit, um zu hören, was der Trauredner über April erzählt.
»… war eine starke, bewundernswerte, liebevolle Frau, die immer das Beste für ihre Mitmenschen wollte.« Seine Worte sind wie ein heftiger Schlag ins Gesicht. Über wen redet der? Sicher nicht über meine narzisstische Ex-Freundin. »Der Welt wurde eine herzensgute Tochter, loyale Freundin und ein lebenslustiger Diamant genommen, und ihr Lachen wird auf ewig in unseren Herzen strahlen.« Fast hätte ich laut aufgelacht. Herzensgut? Wenn sie denen drohte, die nicht machten, was sie sagte, sie mit einem Besen in den Arsch zu ficken? April erfüllte es mit Glück, andere niederzuwalzen. Je schlimmer, desto besser. Sie hatte jemanden zum Weinen gebracht? Bringet den Champagner, öffnet Instagram, prost ihr Säcke! Sie hatte jemanden bloßgestellt? Cheers, thanks to my ego, das sich nun so viel besser anfühlt! Nicht wahr, Ape?