BLUTVOLK - SAMMELBAND 1 - Adrian Doyle - E-Book

BLUTVOLK - SAMMELBAND 1 E-Book

Adrian Doyle

0,0
6,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Sie ist halb Mensch, halb Vampirin. Lilith Eden vereint beide Welten in sich: Gut und Böse, Ordnung und Chaos. Das Schicksal will es, dass sie von den Menschen gefürchtet und von den Vampiren verachtet und gejagt wird. Doch die Tage des Blutvolks, wie man es kannte, und seiner heimlichen Herrschaft sind gezählt. Die Urvampire werden von der Gottesseuche dahingerafft. Zum ersten Mal seit Jahrtausenden scheint es, als könnten die Menschen selbstbestimmt leben. Allerdings ist der Frieden trügerisch: Hinter den Kulissen hat der Kampf um das dunkle Erbe, der Streit um den Blutthron längst begonnen... BLUTVOLK – die packende Vampir-Horror-Serie von Adrian Doyle und Timothy Stahl! Dieser Sammelband enthält die ersten vier Romane dieser Serie: DER DURST NACH BLUT, DIE NEUE RASSE, DIE AUSERWÄHLTE und DER PFAD DER WÖLFIN.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



 

 

 

 

ADRIAN DOYLE

&

TIMOTHY STAHL

 

 

BLUTVOLK, Sammelband 1

 

 

 

Vier Horror-Romane in einem Band

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Die Autoren 

1. DER DURST NACH BLUT 

2. DIE NEUE RASSE 

3. DIE AUSERWÄHLTE 

4. DER PFAD DER WÖLFIN 

Glossar 

 

Impressum

 

Copyright © 2023 by Adrian Doyle/Timothy Stahl/Apex-Verlag.

Lektorat: Dr. Birgit Rehberg

Cover: Copyright © by Christian Dörge.

 

Verlag:

Apex-Verlag

Winthirstraße 11

80639 München

www.apex-verlag.de

[email protected]

 

Das Buch

 

Sie ist halb Mensch, halb Vampirin. Lilith Eden vereint beide Welten in sich: Gut und Böse, Ordnung und Chaos. Das Schicksal will es, dass sie von den Menschen gefürchtet und von den Vampiren verachtet und gejagt wird.

Doch die Tage des Blutvolks, wie man es kannte, und seiner heimlichen Herrschaft sind gezählt. Die Urvampire werden von der Gottesseuche dahingerafft. Zum ersten Mal seit Jahrtausenden scheint es, als könnten die Menschen selbstbestimmt leben.

Allerdings ist der Frieden trügerisch: Hinter den Kulissen hat der Kampf um das dunkle Erbe, der Streit um den Blutthron längst begonnen...

 

BLUTVOLK – die packende Vampir-Horror-Serie von Adrian Doyle und Timothy Stahl! Dieser Sammelband enthält die ersten vier Romane dieser Serie: Der Durst nach Blut, Die neue Rasse, Die Auserwählte und Der Pfad der Wölfin.

Die Autoren

 

 

Manfred Weinland, Jahrgang 1960.

Adrian Doyle ist das Pseudonym des deutschen Schriftstellers, Übersetzers und Lektors Manfred Weinland.

Weinland veröffentlichte seit 1977 rund 300 Titel in den Genres Horror, Science Fiction, Fantasy, Krimi und anderen. Seine diesbezügliche Laufbahn begann er bereits im Alter von 14 Jahren mit Veröffentlichungen in diversen Fanzines. Seine erste semi-professionelle Veröffentlichung war eine SF-Story in der von Perry-Rhodan-Autor William Voltz herausgegebenen Anthologie Das zweite Ich.

Über die Roman-Agentur Grasmück fing er Ende der 1970er Jahre an, bei verschiedenen Heftroman-Reihen und -Serien der Verlage Zauberkreis, Bastei und Pabel-Moewig mitzuwirken. Neben Romanen für Perry-Rhodan-Taschenbuch und Jerry Cotton schrieb er u. a. für Gespenster-Krimi, Damona King, Vampir-Horror-Roman, Dämonen-Land, Dino-Land, Mitternachts-Roman, Irrlicht, Professor Zamorra, Maddrax, Mission Mars und 2012.

Für den Bastei-Verlag hat er außerdem zwei umfangreiche Serien entwickelt, diese als Exposé-Autor betreut und über weite Strecken auch allein verfasst: Bad Earth und Vampira.

Weinland arbeitet außerdem als Übersetzer und Lektor, u. a. für diverse deutschsprachige Romane zu Star Wars sowie für Roman-Adaptionen von Computerspielen.

Aktuell schreibt er – neben Maddrax – auch an der bei Bastei-Lübbe erscheinenden Serie Professor Zamorra mit.

 

 

 

Timothy Stahl, Jahrgang 1964.

Timothy Stahl ist ein deutschsprachiger Schriftsteller und Übersetzer. Geboren in den USA, wuchs er in Deutschland auf, wo er hauptberuflich als Redakteur für Tageszeitungen sowie als Chefredakteur eines Wochenmagazins und einer Szene-Zeitschrift für junge Leser tätig war.

In den 1980ern erfolgten seine ersten Veröffentlichungen im semi-professionellen Bereich, thematisch alle im fantastischen Genre angesiedelt, das es ihm bis heute sehr angetan hat. 1990 erschien seine erste professionelle – sprich: bezahlte - Arbeit in der Reihe Gaslicht. Es folgten in den weiteren Jahren viele Romane für Heftserien und -reihen, darunter Jerry Cotton, Trucker-King, Mitternachts-Roman, Perry Rhodan, Maddrax, Horror-Factory, Jack Slade, Cotton Reloaded, Professor Zamorra, John Sinclair u. a.

Besonders gern blickt er zurück auf die Mitarbeit an der legendären Serie Vampira, die später im Hardcover-Format unter dem Titel Das Volk der Nacht fortgesetzt wurde, und seine eigene sechsbändige Mystery-Serie Wölfe, mit der er 2003 zu den Gewinnern im crossmedialen Autorenwettbewerb des Bastei-Verlags gehörte.

In die Vereinigten Staaten kehrte er 1999 zurück, seitdem ist das Schreiben von Spannungsromanen sein Hauptberuf; außerdem ist er in vielen Bereichen ein gefragter Übersetzer. Mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen lebt er in Las Vegas, Nevada.

  1. DER DURST NACH BLUT

 

 

Prolog

 

 

Siehe, dies ist die Geschichte zweier Völker, geschaffen zum Anbeginn der Zeit.

Das Menschengeschlecht, das hervorging aus den Kindern, die Adam mit Eva zeugte, machte sich die Erde untertan. Als ein von Gott verstoßenes Volk, denn die Sünden ihrer Eltern verwehrten ihnen auf ewig das Paradies.

Eva war jedoch nicht Adams erste Frau. Vor ihr ward ihm Lilith zur Seite gestellt; Lilith, die in Gottes Augen versagte, weil das Dunkle sich ihrer Seele bemächtigt hatte. Aus dem Garten Eden verbannt, sann Lilith auf Rache. Und in Gestalt einer Schlange verführte sie Eva zum Sündenfall.

Gottes Zorn war furchtbar und seine Strafe ewiges Leben. In einen finsteren Kerker verbannt musste Lilith den Lauf der Welt schauen; tot am Leibe, aber lebendigen Geistes. Doch der Hass und die Gier nach Rache verliehen ihr die Kraft, ihren Geist aus den Fesseln zu lösen und einzugreifen in die diesseitige Welt. So konnte sie ihre Brut schützen und leiten.

Das Vampirgeschlecht ging hervor aus den Nachkommen, die Adam mit Lilith zeugte, und es beherrschte die Nacht. Ein von Gott vergessenes Volk, denn Lilith hatte es verstanden, die Geburt ihrer Kinder vor dem Herrn zu verbergen. Unfähig, sich selbst zu mehren, waren sie auf einen Kelch in Form einer Lilie angewiesen, den Lilith mit der Macht ihrer Gedanken schuf. Mit Vampirblut gefüllt einem Menschenspross an die Lippen geführt, wurde dieser zu ihresgleichen.

Doch mit den Jahrtausenden der Gefangenschaft überkam Lilith die Reue, und sie begann sich zu besinnen, wie sie sich mit Gott versöhnen möge. So reifte in ihr ein Plan. Ein Balg wurde geboren, ein Kind eines Menschen und einer Vampirin, eine Sendbotin beider Welten. Selbst ihr Name war Symbol dafür: Lilith Eden.

Mit dem Lilienkelch kehrte sie zum Anfang der Zeit zurück und befreite die Urmutter aller Vampire aus deren Kerker, auf dass sie sich mit dem Herrn versöhne.

Doch ein Sohn der Ur-Lilith, Landru mit Namen, der lange Zeit der Hüter des Kelches war, folgte dem Balg. Landru mordete seine Mutter, noch bevor sie ihr Vorhaben erfüllen konnte, und floh mit Schrecken zurück durch den Korridor der Zeiten, als Gottes Zorn wahrhaftig wurde.

So sah er nicht, wie das erlöschende Bewusstsein der Ur-Lilith in Lilith Eden fuhr und diese ihren Platz einnahm, um Fürsprache in Gottes Haus zu halten.

Wie sein Urteil ausfiel und welche Folgen es für Mensch und Vampir haben wird, das vermag nicht einmal die Ewige Chronik zu sagen, denn SEINE Sphäre ist heilig und fällt der dunklen Geschichtsschreibung nicht zu. Zu vermerken bleibt nur, dass sowohl Landru als auch Lilith Eden zurückkehrten in die Welt der Menschen.

Ob Liliths Bitte erhört wurde und wie sich das Schicksal der Vampire auf Erden gestaltet, das mag die Zukunft weisen...

 

Aus der »Ewigen Chronik«

 

 

Zwischen Bagdad und Kairo

Nacht umfing das Flugzeug. Der volle Mond verwandelte die Wolken darunter in ein Silbermeer, auf dem die Maschine eher zu schwimmen denn zu fliegen schien.

Landru sah durch das Kabinenfenster hinaus und merkte kaum, wie seine Gedanken sich in jenem unwirklichen Ozean verloren.

In all den Jahrhunderten hatte er so gut wie nie geträumt. Lediglich wenn wahrhaft große Dinge ihn bewegten, kam Landru selbst in Phasen der Entspannung nicht davon los.

Große Dinge, wie sie jetzt geschehen waren – und noch geschehen würden.

Es war so phantastisch, so wunderbar und herrlich...

... und doch erfüllte ihn dies alles mit unerklärlicher Sorge, mehr noch mit nie gekannter Furcht.

In ihm kämpften Euphorie und Angst wie zwei wilde Tiere um die Vorherrschaft, und der Sog ihrer Gewalten ließ Landrus Denken abschweifen.

In die jüngste Vergangenheit, die doch so unvorstellbar weit entfernt lag.

Zum Anfang der Zeit...

An jenen Ort, zu dem er Lilith Eden gefolgt war, um einen Plan zu verhindern, den er nie ganz enträtselt hatte. Dort, wo er so vieles erfahren hatte, was er auch jetzt noch nicht wirklich verstand. Über sich, sein Volk, seine Herkunft – und seine Zukunft?

Landru versank tiefer in Träumen, fiebrig auf der Suche nach Wissen, das zweifelsfrei da war und sich doch seinem Zugriff und vor allem dem Begreifen entzog.

Er fand Bilder, die ihm so klar und deutlich vor dem geistigen Auge standen, als würden sie jetzt geschehen, obwohl sie Äonen zurücklagen. Er sah und verstand sie, doch die Auswirkung all dessen drang ihm nicht zu Bewusstsein.

Landru sah...

... ein Weib von überirdischer Schönheit, das ihm nahestand wie kein anderes Wesen – und das er getötet hatte. Blitz und Donner. Das Wüten archaischer Kraft hatte ihn fortgetrieben. Die Entladung einer Macht, wie sie nur einen... Muttermörder treffen mochte.

Landru sah...

... den Korridor durch die Zeit, durch den er auf seinem Rückweg in die Gegenwart wie von fremder Kraft getragen worden war, als wollte etwas nicht, dass Hindernisse ihn aufhielten.

Landru sah...

... den Lilienkelch, der ihm am Ende des Weges förmlich in Hände gefallen war, ohne dass er nach der langen Jagd noch darum kämpfen musste.

So einfach... viel zu einfach! 

Es war – nicht richtig. Die Macht, deren Präsenz er dort am Anbeginn aller Zeit gespürt hatte – wie konnte sie ihm solcherart den Weg bereiten, ihm Mittel und Kraft geben zu tun, was doch wider ihre Schöpfung war?

Vielleicht, so träumte Landru, war das Interesse jener Kraft an dem, was sie geschaffen hatten, nicht annähernd mehr so groß, wie es allweil gepredigt wurde und geschrieben stand. Vielleicht war sie zu oft enttäuscht worden, um ihr Werk noch unter besonderen Schutz zu stellen, um ihm Orientierung zu geben in einer Zeit und einer Welt, die lange schon nach anderen Regeln lebte und gedieh. Eine Welt, die...

... gottlos war?

Landru erwachte.

Doch das klebrige Gespinst, in dem seine Gedanken sich verstrickt hatten, nahm er mit herüber. Noch immer stritten sich die Empfindungen in ihm, taumelte sein Bewusstsein zwischen Zweifel und Gewissheit. Noch immer wusste er nicht, ob er recht tat im Sinne seines Volkes – oder in dem einer ganz anderen Macht.

Wie von selbst beugte sich der Vampir vor und langte in den Beutel, der zu seinen Füßen lag. Darin, eingebettet in uralte Erde, ertastete er den Kelch. Als würde er ihm entgegengereckt, schlossen sich Landrus Finger um das kalte Gefäß. Und als er es herausnahm, erlosch der Widerstreit in seinem Innern.

Alle Unsicherheit verließ seinen Körper und schien in die Kelchöffnung zu strömen, wo sie zu Nichts gerann.

Landru hob den Lilienkelch an und betrachtete ihn mit einem Gefühl, das tausendfach erhabener war als jenes, das er sich ausgemalt hatte für den Fall, dass er den Gral der Alten Rasse dereinst wieder in seinen Besitz nehmen würde.

Für jeden Außenstehenden musste der Kelch nichts anderes als ein zwar eigenwilliges, aber nichtsdestotrotz eher unscheinbares Gefäß sein. Sein Aussehen ließ nicht erahnen, welche Macht ihm innewohnte oder welchem Zweck er diente.

Landru drehte den Kelch, der in seiner Form einer Lilienblüte nachempfunden war und aus dunklem, rauem Material bestand, in den Händen. Sein Blick verlor sich darin. Er wartete, dass der Kelch ihm Eindrücke ihres gemeinsamen früheren Wirkens heraufbeschwor; dass ihm das Purpurlicht ein Zeichen gab.

Vergebens.

Nur Schwärze füllte den Kelch.

Leer und tot...

Vielleicht musste die Kelchmagie erst geweckt werden nach all der Zeit. Das Blut eines Vampirs musste hineinfließen, damit Leben daraus entströmen könnte.

Nicht mehr lange, und es würde soweit sein.

Landru sah zum Fenster hinaus, als hielte er schon Ausschau nach dem Widerschein der Lichterglocke über Kairo.

Kairo...

Nicht ohne Eigennutz hatte Landru diese Stadt gewählt, um den Kelch nach fast dreihundert Jahren von neuem einzusetzen, um selbst wieder Reisender in Sachen Leben und Tod zu werden.

Denn dort, in der Millionenmetropole, hatte er vor Wochen jemanden in der Obhut der Sippe zurückgelassen, nach dem er sich sehnte mit jedem Schlag seines schwarzen Herzens.

Ein Wesen, so zart und schön, dass sie nur für ein Leben an seiner Seite bestimmt sein konnte. An der Seite des nicht nur ältesten, sondern auch wieder mächtigsten Vampirs.

»Mr. Landers?«

Die Stimme weckte ihn aus süß schmerzender Sehnsucht. Doch die Wirklichkeit war nicht minder verlockend.

Ohne sich umzudrehen, betrachtete er im Fensterglas das einsame Spiegelbild der aparten Stewardess, die sich zu ihm her beugte. Besondere Aufmerksamkeit widmete 'Hector Landers' – so der Name, unter dem er reiste – jedoch dem appetitanregenden Pulsieren am Hals der Schönen...

»Wir werden in einer halben Stunde in Kairo landen. Wünschen Sie etwas zu trinken?« fragte das uniformierte Mädchen.

Landru wandte sich mit abgründigem Lächeln um.

»Trinken? Warum eigentlich nicht? Kommen Sie mit.«

Er erhob sich und ging durch den kaum besetzten First-Class-Bereich des Flugzeugs auf die Toiletten zu.

Die Stewardess vergaß, sich über ihre plötzliche Willenlosigkeit zu wundern.

Und ging mit einem Lächeln in den lustvollen Tod.

 

 

Nackt, die samtene Haut hellbraun wie Milchkaffee, stand sie vor Landru, der sie um Haupteslänge überragte. In ihrem Blick las er flammendes Verlangen, das er kaum schüren musste. Sie war seinem morbiden Charme, seiner dunklen Männlichkeit fast aus freien Stücken erlegen.

Schweigend schälte sie auch ihn aus seinen Kleidern, und der Ausdruck ihrer Augen schlug um in etwas, das nur Bewunderung sein konnte, als sie seines steilaufragenden Gliedes gewahr wurde. Andächtig kniete sie nieder und berührte es wie eine seltene Kostbarkeit. So vorsichtig, als fürchtete sie, die Pracht zerstören zu können. Erst als ein tiefes Grollen sich aus Landrus Kehle löste, griff das Mädchen beherzter zu, spielte auf dem mächtigen Schaft wie auf einem Instrument nach einer nur von Lust dirigierten Melodie.

Dann, als der Vampir das beginnende Brodeln in seinen Lenden spürte, packte er sie, zog sie hoch und drehte sie um. Mit der Hand drückte er gegen den Rücken der Stewardess, ließ sie sich vorbeugen, sodass sich ihr Schoß öffnete wie der Blütenkelch einer exotischen Blume.

Landru genoss noch für Sekunden das erwartende, fordernde Beben, und als seine Beherrschung brüchig zu werden begann, drang er in sie.

Kleine spitze Schreie wehten aus ihrem Mund, die sie immer wieder zu ersticken trachtete, indem sie die Lippen zwischen die perlweißen Zähne zog. Und doch brachen sich die stöhnenden Rufe, die Landrus Lust mehr und mehr entflammten, immer wieder Bahn. Mit einem winzigen Teil seiner Aufmerksamkeit wob der Vampir einen Schild, der keinen Laut aus dem Raum hinausdringen ließ.

Sein Blick ging hin zu dem Spiegel, vor dem sie es trieben, und ein abseitiges Lächeln wischte über Landrus Gesicht. Das Bild dort war von bekannter Absonderlichkeit. Nur sie allein war darin zu sehen, wie sie sich auf ihre Arme gestützt wand und erzitterte, immer heftiger regelrecht durchgerüttelt wurde – als würde sie von einem Unsichtbaren gepfählt!

Und dann war es Landru, der einen rauen Schrei ausstieß und sich aufbäumte. Doch noch bevor er sich vollends in sie ergossen hatte, zog er das Mädchen in die Höhe und zu sich heran, quälte sich selbst noch eine kleine Ewigkeit lang, bis die Glut in seinem Blick, mit dem er das Tosen in ihrer Schlagader beobachtete, seine Augen zu verbrennen schien –

– und dann, endlich, biss er zu.

Zum ersten Mal seit 269 Jahren.

 

 

Nadelfein pulste ein dunkler Strahl aus einer der punktgroßen Wunden und spritzte gegen die Wand, wo er die zartrosa Maserung edlen Marmors rubinrot überzog. Dann fingen saugende Lippen auch diese entfliehende Blutfontäne ein, senkten sich zur Gänze über die beiden Male, so fest, als wollten sie mit der samtenen Haut des straffen Halses verwachsen.

Landru erinnerte sich nicht, dass ihm solche Verschwendung früher einmal passiert wäre.

Früher...

Mochten 269 Jahre für einen seiner Art auch wenig mehr als einen Tag der Ewigkeit bedeuten, so schienen sie doch lange genug, um ihn vergessen zu lassen, wie man den Blutkuss gab.

Allein das feuchte Knirschen, mit dem seine dolchspitzen Augzähne die Schlagader geöffnet hatten und sich tiefer in das heiße Fleisch senkten, entfachten in jedem Winkel seines vieltausend Jahre alten Körpers finstere Gelüste. Als hätte Landru sie nie darin verborgen, vergraben, zugeschüttet mit Vergessen.

Nahezu drei Jahrhunderte hatte Landru sich solche Lust versagt, nachdem er Schuld auf sich geladen und einen Frevel begangen hatte, der den Untergang der Alten Rasse bedeuten konnte. Im Jahre 1727 war der Vampir vom Kelchhüter zum Kelchjäger geworden, und er hatte ein Gelübde abgelegt, den Blutkuss nicht eher wieder anzuwenden, bis seine Verfehlung bereinigt war.

Natürlich hatte auch Landru die Zeiten nicht ohne das einzige Elixier seines Volkes überdauern können; doch die Art, wie er es zu sich nahm, entbehrte jeglichen Genusses, war bloßer Überlebenszweck: Kraft seines Geistes hatte er die Pulsadern seiner Opfer aufgebrochen und das ausströmende Blut in eine Nachbildung des Lilienkelchs fließen lassen, um es schließlich daraus zu trinken.

Doch das war nun vorbei!

Die Jagd war endlich von Erfolg gekrönt; das Unheiligtum der Alten Rasse befand sich wieder in Landrus Besitz, auf dass er seinem Volk zu neuer Blüte, zu neuem Blute verhalf. Auf dass er wie einst von Sippe zu Sippe über die Erde zog, um aus dem Lilienkelch wahren vampirischen Nachwuchs erstehen zu lassen, der die mürbe gewordene Macht neu festigte, ehe sie wirklich brechen konnte.

Bald!

Obwohl in Landru der Wunsch wie die Feuer brannte, den Kelch endlich wieder zu benutzen, so loderte doch auch eine andere verzehrende Glut: Jahrhundertelang verleugnete Begierde hatte sich mit der Urgewalt eines Vulkanausbruchs Bahn gebrochen...

Wohl hätte Landru sich für seinen ersten Adertrunk nach 269 Jahren eine würdigeres Szenario gewünscht als dieses, doch heiligte in diesem Fall selbst für ihn der Zweck die Mittel.

Geisterhaftes Stöhnen wehte durch den Raum. Es war den bebenden Lippen der Schönen in seinen Armen entflohen und kündete noch jetzt, da das letzte bisschen Leben aus ihr wich, von der Wollust, die Landru zuvor in ihr entfacht hatte, um ihr Blut in schmackhafte Wallung zu versetzen.

Schlürfend sog der Vampir noch den geringsten Tropfen aus ihrem fast trockenen Aderwerk, ehe er den wunderschönen Körper sinken ließ. Fast behutsam bettete er die kaum 25jährige auf ihre achtlos zu Boden geworfene Stewardessen-Uniform. Und noch jetzt meinte Landru, einen Abglanz jenes Feuers in ihrem sterbenden Blick zu sehen, das sie zuvor gemeinsam mit Leidenschaft geschürt hatten.

Dann erlosch der Glanz, und ihre Augen wurden trübe. Ein letzter Seufzer wehte über ihre blutleeren Lippen.

Landru wusste, dass es einige Minuten dauern würde, bis sich ihr Leben neu entfachte – ein zweites, untotes Leben, einem Alptraum gleich.

Da ihm der prüfende Blick in den Spiegel naturgemäß verwehrt blieb, sah Landru an sich hinab, nachdem er in seine Kleider geschlüpft war, um deren korrekten Sitz zu prüfen. Die Hände im Nacken, zog er den kleinen Pferdeschwanz, zu dem er das dunkle, an den Schläfen graumelierte Haar zusammengefasst trug, zurecht.

Als er sich wieder zu der Stewardess hinabbeugte, flackerten ihre Augenlider – um sich im nächsten Augenblick unnatürlich weit zu öffnen.

In ihren Pupillen war kein Leben mehr. Trotzdem sah sie ihn an, erkannte ihn als ihren Herrn und senkte demutsvoll den Blick.

Landru legte die Finger seiner Rechten unter ihr Kinn und zwang ihren Kopf nach oben.

»Du hast mir Freude bereitet«, sagte er und registrierte, dass ihr Mund sich zu einem bizarren Lächeln verzog, weil spitze Eckzähne aus den Mundwinkeln drängten. »Darum schenke ich dir dieses Leben«, fuhr er fort. »Verhalte dich normal und unauffällig, bis ich das Flugzeug verlassen habe. Danach tu, was dir beliebt.«

Landru erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung, doch die Dienerkreatur, die er mit seinem Keim geschaffen hatte, wollte ihn noch nicht gehen lassen und umklammerte sein Bein.

»Bleib bei mir, Herr«, hauchte sie. »Ich will dir auf ewig dienen.«

Auf ewig! Landru lächelte spöttisch. Was wusste eine Kreatur von Ewigkeit? Bald schon würde die Sonne ihrem Körper unsagbare Schmerzen zufügen, und der Durst nach Blut würde immer stärker in ihren Eingeweiden wühlen.

Anders als die Alte Rasse, die sich auch bei Tage fast unbeeinträchtigt bewegen konnte, waren diese Geschöpfe unvollkommen und schwach, beherrschten nicht einmal die Magie der Metamorphose.

Er hätte die junge Frau getötet, wenn ihn nicht die Vorsicht geleitet hätte. Gewiss hatte die Stewardess vor der Landung Aufgaben zu verrichten; es würde auffallen, wenn sie fehlte. Und wenn man ihren leblosen Körper hier fand, würde man den Mörder natürlich unter den Passagieren suchen. Nicht, dass Landru die behördliche Obrigkeit oder anderes fürchtete, aber es hätte ihn Zeit gekostet.

Er löste ihre Hände von seinem Bein und drückte sie sanft zurück. »Ich habe keine Verwendung mehr für dich. Handle, wie dir geheißen.«

Enttäuschung huschte über das Gesicht der Schönen, doch sie gab so schnell nicht auf. Mit kokettem Augenaufschlag beugte sie sich zurück, spreizte die Schenkel und strich aufreizend über ihre Scham.

»Ich kann noch so viel für dich tun«, gurrte sie.

Landru antwortete nichts darauf. Er verließ den Waschraum, ohne sein Opfer noch eines weiteren Blickes zu würdigen.

Obwohl er sich berauscht und gekräftigt fühlte wie seit Ewigkeiten nicht mehr, ließ Landru auch jetzt die Vorsicht nicht außer Acht. Fast beiläufig raubte er in der Nähe befindlichen Leuten die Erinnerung daran, dass sie ihn aus der Toilette hatten kommen sehen. Nur im Augenblick des Geschehens musterten sie den hochgewachsenen Mann mit der kreuzförmigen Narbe auf der rechten Wange angstvoll, dann kam etwas wie eine finstere und doch unsichtbare Wolke über sie, die ihre Gedanken des Moments gierig fraß.

Nun, da er den Brand in sich fürs erste gelöscht hatte, drängte es Landru zu anderen, höheren Taten.

Zur Schaffung neuen, vampirischen Lebens.

Doch nicht einmal Landru ahnte, wie dringend Hüter und Kelch in Kairo, wohin ihn sein erster Weg nach dem Rückgewinn des Unheiligtums führen würde, tatsächlich gebraucht wurden.

Er wusste nicht, wie es in dieser Stadt zuging –

– seit der Tod nach ihren geheimen Herrschern gegriffen hatte. 

 

 

Sydney, Australien

Die Finsternis lauerte nicht nur draußen, hinter den Scheiben des Taxis – sie schwang auch immer noch in dem attraktiven weiblichen Fahrgast nach wie eine eisige Melodie. Wie ein Ton, der die Frau mit der wildzerzausten Mähne, den jadegrünen Augen und den vollen, verführerisch geschwungenen Lippen aus grauer Vorzeit herüber in die Gegenwart verfolgt hatte...

Die Bemerkungen, die der Taxifahrer, ein dunkelhäutiger Maori, den es offenbar von Neuseeland hierher verschlagen hatte, über das regnerische Wetter machte, ließ sie unerwidert. Sie war nicht in der Stimmung für small talk, und die Strecke vom Flughafen Kingsford Smith in die Stadt war der Heimkehrenden immer noch so vertraut, als hätte sie diesen Weg das letztemal erst gestern genommen.

In Wahrheit war es schon ein ganzes Jahr her...

... nicht gerechnet all die Jahrtausende, die sie mit Hilfe eines magischen Tunnels, dessen Zugang sich bei den Ruinen von Uruk befand, zurückgelegt hatte...

Der Tunnel existierte nicht mehr. Doch die Antworten, die sie dort in der Vergangenheit erhalten hatte, waren wichtig gewesen, um endlich Klarheit über sich selbst zu gewinnen.

Noch wichtiger aber war das, was dort geschehen war – und an das sich Lilith nur noch verschwommen erinnerte. Es war, als hätte sich nicht nur der Zeitkorridor hinter ihr verflüchtigt, sondern mit ihm auch die Informationen, die in ihrem Gehirn gespeichert gewesen waren.

Was war wirklich passiert, nachdem die Urmutter der Vampire Lilith enthüllt hatte, wie es zur Entstehung eines zweiten, dunklen Volkes neben den gottgewollten Menschen gekommen war? Was war geschehen, nachdem sie das Bewusstsein der Ur-Lilith in sich aufgenommen und die Begegnung mit Gott gesucht hatte, um ihn um Vergebung zu bitten?

Es war zu einer Begegnung gekommen.

Aber hatte Gott die ausgestreckte Hand von Adams erster Frau wirklich angenommen?

Lilith erinnerte sich nur noch daran, Gottes Haus – jene gleißende Energiesäule im Garten Eden – wieder verlassen zu haben. Und dass das Bewusstsein der reuigen Sünderin nicht mehr in ihr gewesen war.

Aber während des stundenlangen Aufenthalts in der Sphäre war ihr das zurückgegeben worden, was die Urmutter der Vampire ihr zuvor geraubt hatte, um den eigenen, aus der äonenlangen Gefangenschaft befreiten Körper zu stärken: ihre Jugend und Vitalität.

Als Hundertjährige hatte Lilith die Feuersäule betreten...

... und als biologisch nur etwa ein Viertel so alte Frau wieder verlassen dürfen!

Deshalb vermutete sie, dass die in der Säule wohnende Schöpfungsmacht Gnade hatte walten lassen. Dass Gott seine verstoßene Tochter wieder in sich aufgenommen und ihr verziehen hatte.

Aber was hieß das konkret für die Welt der Gegenwart, in die Lilith zurückgekehrt war?

Das Anliegen der Ur-Lilith war es gewesen, der Herrschaft ihrer geheimen Brut auf Erden ein Ende zu bereiten. Zwanzig Kinder hatte sie in das sumerische Uruk geboren, die als Hohe Wesen, als allseits verehrte Götter, viele hundert Jahre auf die Geschicke der Menschen Einfluss genommen hatten. Die sich von ihnen genährt und das Böse verbreitet hatten, das schon ihre Mutter in sich trug...

Das Hämmern ihres Herzens, das zwar langsamer als ein normales Herz schlug, aber sich immerhin regte, und ihr lautes Atemgeräusch schreckte Lilith aus der Versunkenheit ihrer Gedanken auf.

Sie bemerkte den Blick des Fahrers im Rückspiegel und fragte sich, was er sich einbildete zu sehen.

Was immer es sein mochte, es entsprach nicht dem real darin wiedergegebenen Bild. Dem Bild einer Frau, von der nur die Kleidung klar erkennbar war. Alles, was unverhüllter Körper, nackte Haut oder Haar war, wurde von dem Spiegel als unheimlich schemenhaftes Zerrbild angezeigt, das Lilith mehr noch als ihr Herzschlag daran erinnerte, wer – oder was – sie selbst war.

Kein Mensch wie der Maori jedenfalls, der sie chauffierte.

Das war sie nur zur Hälfte.

Die andere, kompromisslose Seite ihres Wesens war ihren Feinden verwandt.

Den Vampiren.

Liliths Mutter Creanna war im Jahr 1727 in Llandrinwyth, Wales, einer speziellen Kelchtaufe unterworfen worden, die sie befähigte, 169 Jahre später die Verbindung mit einem Sterblichen einzugehen und ein Kind zu zeugen, das den Kampf gegen sein eigenes Stiefvolk aufnehmen konnte.

Die ersten 98 Jahre ihres Lebens hatte Lilith träumend in einem magisch gesicherten Haus Sydneys verbracht, ehe sie – zwei Jahre früher als geplant – erwacht und in die feindselige Welt hinaus geflohen war.

Das Schicksal hatte es gewollt, dass sie auf den Tag genau zu ihrem hundertsten Geburtstag (der nicht ihrem augenscheinlichen Alter entsprach) ihrer Bestimmung doch noch gerecht geworden war...

Und jetzt kehrte sie dorthin zurück, wo alles begonnen hatte.

In die Stadt, in der sie sich zum ersten Mal ihrer Andersartigkeit bewusst geworden war. Und in der sie sich die Antwort auf die dringlichste aller Fragen erhoffte:

Gab es ihre Feinde noch, jene gnadenlosen Bestien, die sich in den Schaltzentren der Macht eingenistet hatten und dort ihre Fäden zogen...

... oder waren sie in einem Akt göttlicher Gewalt vom Antlitz der Welt gewaschen worden?

Hier in Sydney gab es einen Ort, der Aufschluss darüber geben würde.

Gewissheit.

Und der hypnotisierte Fahrer des Taxis fuhr Lilith Eden ohne jeden Umweg genau darauf zu...

 

 

Das Ziel des gelben Cabbys, ein Industriegebiet im Westen Sydneys, lag etwa sechs Meilen vom Vorort Maroubra entfernt und war über einen Expressway-Anschluss leicht zu erreichen. Aus der Vogelperspektive betrachtet besaß der Firmenkomplex, in dessen Nähe der Wagen hielt, die Form eines Kreuzes – und das war skurril genug, wenn man bedachte, dass Salem Enterprises von den Sydney-Vampiren zum Unterschlupf gewählt worden war.

Das Gelände, in dessen unterirdischen Gefilden sich die Sippe eingenistet hatte, war mit hohen Zäunen und allerhand High-Tech gesichert. Bei Liliths letztem Besuch hatte ein aus Menschen bestehender Wachdienst diese Einrichtungen bedient. Menschen, die ebenso unter Hypnose gestanden hatten wie die Wissenschaftler, die für das Unternehmen arbeiteten.

Herak, das Sippenoberhaupt, hatte in Salem Enterprises die weltweite Creme de la creme der auf Biogenetik spezialisierten Forscher kaserniert. Dass dies gegen den Willen der Betroffenen geschehen war, blieb der Öffentlichkeit verborgen.

Auch das Endziel der hier betriebenen Forschungen war nicht dazu bestimmt, publik gemacht zu werden.

Die Vampire ließen in eigener Sache forschen.

In ureigener Sache.

Heraks Traum war es, seiner Rasse, die bereits bedrohlich dezimiert war und unter degenerativen Erscheinungen litt, eine neue Chance zu geben. Ihr auch ohne Lilienkelch zu neuem, vollwertigen Nachwuchs zu verhelfen und so die bröckelnde Weltherrschaft zu festigen.

Der Lilienkelch galt bereits seit 269 Jahren als verschollen – ebenso lange wie der Hüter, der mit diesem Gral von Sippe zu Sippe, von Land zu Land gereist war, um die Taufe der gestohlenen Menschenkinder durchzuführen. Das Ritual, mit dem sich die Vampire seit Jahrtausenden vermehrt hatten. Seit...

Lilith kannte ihre Ursprünge inzwischen besser als die Vampire selbst, die bis auf wenige Ausnahmen allesamt Kelchkinder waren.

Nur die ehemaligen Hüter waren direkte Nachkommen jener Urmutter, und ob Landru, der letzte Reisende in Sachen Tod und Leben, noch existierte, war ebenso ungewiss wie das Schicksal der Kelchvampire...

»Danke«, sagte Lilith, als sie das Taxi verließ. Sie bezahlte den Maori mit etwas, was ihm ein bisschen Geld nie hätte geben können: Sie schenkte ihm die Illusion von Glück, die ihn noch viele Stunden durch diese Nacht hindurch begleiten würde.

Damit war er reicher als sie selbst...

Lilith wartete, bis das Taxi wieder angefahren war und sich durch die menschenleere Straße entfernte.

Vereinzelt brannten ein paar Laternen.

Die Fenster des flachen Firmengebäudes waren ausnahmslos dunkel. Aber das besagte nicht viel.

Nicht nur die Seelen, auch die Augen ihrer Feinde waren für die Finsternis geschaffen.

Lilith versuchte ihre Instinkte vorauszuschicken, hinter die Zäune und Mauern des Geländes zu entsenden und die Vampire, falls sie noch dort hausten, zu erspüren...

Es gelang ihr nicht, Witterung aufzunehmen.

Leichter Regen nässte ihre Kleidung, derer sie sich jetzt entledigte.

Kleidung...

Noch vor wenigen Tagen hatte sie keine Kleidung benötigt. Bei ihrem Erwachen nach 98 Jahren Schlaf hatte sie von ihrer Mutter Creanna ein lebendiges Kleid geerbt, einen Symbionten mit gestaltwandlerischen Fähigkeiten, der auf und von ihr gelebt hatte. Sie schauderte, als sie daran dachte, was sie da wirklich zwei Jahre lang auf dem Körper getragen hatte: die Haut der Ur-Lilith.

Solange sie mit dem Mimikrystoff in Symbiose gelebt hatte, war es ihr stets wie ein Fluch erschienen, seiner Willkür ausgeliefert zu sein. Nun, da sie ihn verloren hatte, vermisste sie manche seiner Eigenschaften, denn er hatte sie – auch in der Verwandlung – überall hin begleitet.

Nackt wie sie einst geboren worden war, stand sie noch sekundenlang im Regen und lauschte dem Gefühl, das die Wassertropfen und Rinnsale auf ihrer Haut verursachten.

Es war ein Hoffnung weckendes Gefühl von Sein.

Dann löste sie den Impuls aus, der sie zu dem geflügelten Tier werden ließ, dessen ledrigen Schwingen mühelos den hohen Zaun überwanden.

Entschlossen näherte sie sich der Wirkungsstätte ihrer Feinde.

Wenn Gott eingeschritten war, wenn er überhaupt irgendetwas in Gang gesetzt und verändert hatte, dann musste es hier Niederschlag gefunden haben.

Hier, wo ununterbrochen Verbrechen wider die Menschlichkeit begangen wurden...

 

 

Herak hatte moderne Wissenschaft und Forschung mit Magie verknüpfen wollen, um eine neue Generation von Vampiren heranzuzüchten. In der Genschmiede Salem Enterprises waren Wesen herangereift, die mit der Alten Rasse kaum mehr etwas gemein hatten.

Außer dem Durst nach Blut...

Das war die Situation gewesen, bevor Lilith ihre Bestimmung gefunden hatte.

Gefunden – und erfüllt?

Sie wusste, dass sie von der Antwort nur noch einen Flügelschlag entfernt war.

Lilith wählte den Weg, den sie auch damals genommen hatte.

Sanft setzte sie auf dem kiesgefüllten Flachdach auf und verwandelte sich noch während der Landung in ihre menschliche Gestalt zurück. Unwillkürlich duckte sie sich, weil ihre Silhouette sich gegen den Mond abzeichnete wie ein Scherenschnitt.

Doch es schien, als wäre jegliche Vorsicht unbegründet.

Sie lauschte, mit angespannten Sinnen, und erspürte – nichts.

Drei Schritte entfernt befand sich ein gewölbtes Oberlicht. Lilith schlich darauf zu, löste die Verriegelung und spähte in den kahlen Gang darunter.

Leer. Keine Menschenseele, und auch keiner der Nicht-Menschen...

Lilith forcierte ihre Anstrengungen. Bemühte Sinne, die kein Mensch besaß. Lauschte mit dem, was von ihrer Mutter in ihr war. Das sie die Nähe von Vampiren fühlen ließ.

Sie vernahm nichts.

Und doch... war etwas anders als zuvor. Als würden ihre vampirischen Sinne nicht einfach nur ins Leere tasten, sondern... gar nicht vorhanden sein!

»Du bist ein bisschen angespannt, das ist alles«, bezwang Lilith ihre Zweifel und ließ sich katzengewandt durch die Öffnung hinab in den Gang.

Von ihrem letzten Besuch her wusste Lilith, wo in etwa die Laboratorien untergebracht waren, in denen die Neue Rasse herangezüchtet wurde. Ebenso erinnerte sie sich noch an die Videokameras, die jeden Teil des Komplexes überwachten. Sie war nicht sicher, ob die Kameras sie 'sehen' konnten oder ob ihr vampirisches Erbe sie davor schützte. Genauso wenig wie sie wusste, ob am anderen Ende überhaupt noch jemand saß, der die Monitore überwachte. Trotzdem versuchte sie den Erfassungsbereichen so gut es ging auszuweichen, während sie durch Korridore und über Treppen schlich.

Sie begegnete niemand.

Was war mit den Menschen und Vampiren geschehen?

Eine Tür.

Und dahinter –

– Geräusche?

Laute, wie Lilith sie nie zuvor gehört hatte. Es gab nichts in ihrer Vorstellung, was sie hätte verursachen können.

Das Elektronikschloss der Tür lief offensichtlich Amok. Über das Display huschten sinnlose Zeichenketten, in rasender Geschwindigkeit.

Ohne auf ein Ergebnis zu hoffen, drückte Lilith eher beiläufig gegen die Tür, zuckte zurück, als sie aufglitt –

– und schrie auf, als sie sah, was sich dahinter befand!

 

 

In der Luft hing ein Geruch von vielen kleinen, allmählich wieder verloschenen Bränden, und kalter Rauch hatte sich wie eine Patina über das Doktor-Frankenstein-Szenario gelegt.

Manche der gläsernen Wannen, in denen Klone von quecksilbriger Nährlösung umspült worden waren, schienen noch unbeschädigt, wenn auch ohne den beunruhigenden Inhalt, den Lilith erwartet hatte. Andere lagen geborsten am Boden, und die Flüssigkeit, die die Züchtungen zu rasendem Wachstum hatte anstacheln sollen, war zum Brutherd von Bakterienstämmen und Schimmelpilzen verkommen. Diese geronnenen Lachen glommen phosphoreszierend in der Dunkelheit, und die Krusten, die sich auf den Sockeln zerstörter Behälter gebildet hatten, erinnerten an bizarre Korallengebilde, die ein unterseeisches Riff ummantelten.

Jenseits der Türschwelle gab es kaum etwas, das funktionierte. Nicht nur die elektronische Sperre, auch beinahe alles andere war zerschlagen, verbogen, unbrauchbar gemacht worden.

Von wem?

Lilith fand es heraus. Der Urheber dieser Verwüstungsorgie war offensichtlich aus jenem geborstenen Tank entwichen, in dem unterhalb der Bruchkante noch der Rest des Nährbreies schwappte. Der Schwall der Flüssigkeit, der aus dem Loch herausgestürzt war, hatte sich wie im Fluss verfestigt und ging nun über in den Unterleib eines... Dings.

Einer lebenden Kreatur – wenn man dies Leben nennen mochte.

Sie kroch in unmöglichen Verrenkungen über den Boden und stieß Laute aus, die kein wirklich lebendes Wesen hervorgebracht hätte!

Gelenklose Arme mit unfertigen, fingerlosen Händen tasteten blindlings umher, auf der Suche nach Dingen, die sie nie greifen konnten. Der Kopf glich einem grau-schleimigen Ei, das Gesicht war eine bloße Fläche, in der eine riesige Öffnung dort klaffte, wo eigentlich auch Platz für Augen und Nase sein sollte. Und aus dem Rachen, nicht aus dem Kiefer, ragten gut fingerlange Hauer, so lang, dass das gewaltige Maul sich nie schließen konnte...

Lilith sprengte den eisigen Kokon aus Schrecken, der sie sekundenlang lähmte, und wich zurück.

Genau in dem Moment ging eine quellende Bewegung durch den Brei im Tank, und das Monstrum schnellte wie von einer Feder getrieben auf sie zu!

Lilith floh auf die nächstgelegene Tür zu und riss sie auf.

Sie rechnete mit allem. Und fühlte, wie ihre Gedanken zu einem Klumpen gerannen, ähnlich jenem, der sich hinter ihr wimmernd, drohend und bemitleidenswert abstoßend auf sie zu quälte.

Denn was ihre Augen in dem neu geöffneten Raum fanden, stellte auch dies in den Schatten.

In anderer Weise.

Aber nicht minder grauenerregend...

 

 

Auch dieser Raum war als Labor genutzt worden.

Und er ähnelte sogar im Grad der Verwüstung jenem, den Lilith zuerst betreten hatte.

Soweit sie das erkennen konnte.

Denn der größte Teil der Einrichtung und der Wände verschwand hinter einem Gespinst schwarzer, wie versteinert wirkender... Fäden. Die Verästelungen sprachen aller Geometrie Hohn, und der bloße Versuch, ihrem Verlauf mit Blicken zu folgen, bereitete Lilith körperliche Schmerzen, ließ sie schwindeln.

Die Stränge unterschiedlichster Stärke verliefen von oben nach unten, von einer Seite zur anderen und in schier unmögliche Richtungen. Sie verzweigten sich, liefen wieder ineinander, hatten ins Nichts stoßende Ausläufer gebildet, die sich doch nicht in Leere verloren...

Lilith schloss die Augen und mühte sich, die Übelkeit niederzukämpfen, die wie eine glühende Faust in ihr hochstieß und in ihrem Hinterkopf explodierte.

Als der Schmerz verebbte, sah sie von neuem hin und versuchte, dem Muster, das eine wahnsinnige Spinne gewoben haben musste, keinen Blick zu widmen. Es gelang ihr leidlich, doch immerhin gut genug, dass sie das Zentrum des bizarren 'Netzes' ausmachen konnte.

Der Körper dort erinnerte an einen schwarzverkohlten, seiner Identität beraubten Kinderleichnam. Oder an die verheerten Überreste eines geschrumpften Erwachsenen, dem Grausiges widerfahren war. Dessen Gewebe und Skelett so viel Flüssigkeit und Substanz verloren hatten, dass am Ende nur diese makabre, menschenähnliche Ikone geblieben war, von der sich kaum noch mit Bestimmtheit sagen ließ, ob sie überhaupt einmal gelebt hatte.

Sie war mit männlichen Attributen ausgestattet und hätte auch dem Schaffen eines Künstlers entsprungen sein können, der sich dem morbiden Charme des Abseitigen verschrieben hatte. Durch die haarlose Glätte wirkte das Material androgyn. Künstlich...

Im ersten Moment schloss Lilith nicht aus, es mit einem weiteren entarteten, hier gestorbenen Homunkulus zu tun zu haben. Doch dann...

Wieder begann sich die Wirklichkeit vor ihr zu verbiegen, als ihre Blicke ameisengleich über die Stränge zu klettern begannen – der eines jeden Auges unter Schmerzen in eine andere Richtung...

Lilith kniff die Lider zusammen, und trotzdem dauerte es noch Sekunden, bis sie das 'Netz' nicht mehr sah...

Doch ihr blieb kaum Gelegenheit, sich über das Phänomen zu wundern. Etwas anderes drängte sich in ihre Gedanken.

Etwas... Vertrautes!

Etwas, das sie ihr Leben lang (ihr wirkliches, erst seit zwei Jahren währendes Leben) begleitet hatte!

Auf Schritt und Tritt...

Das Gefühl blieb, auch als sie erneut abgelenkt wurde.

»So! Der Wechselbalg ist also zurückgekehrt!«

Die Stimme ließ alle Verwirrung von Lilith abfallen und badete sie gleichsam in eisigem Schrecken. Denn nichts hatte sie vorgewarnt – als wären ihre Sinne tatsächlich erloschen.

Nun war es zu spät, vor der Vampirmeute zu entkommen, die sich aus ihren Verstecken löste und sich ihr näherte!

Ihre letzten Gedanken, bevor der ungleiche Kampf auf Leben und Tod entbrannte, war: Nichts hat sich geändert! Gar nichts! Es gibt sie immer noch! Es war alles umsonst... 

 

 

Kairo, Ägypten

Der Kanonendonner, der von der Zitadelle aus das Ende des Ramadan-Tages verkündet hatte, war bei Sonnenuntergang kaum verhallt, als sich die Prägung der immerwährenden Betriebsamkeit in den Gassen und Straßen Al-Qahiras beinahe schlagartig änderte.

Lust am Genuss kehrte wieder ein, allerorten begann das große Essen. Die Dämmerung schien getränkt mit Stimmen, Musik und tausend Gerüchen, die sich zu etwas mengten, für das der Begriff Lebensfreude geschaffen schien.

Keiner der Feiernden ahnte, dass der Tod zwischen ihnen wandelte. Und niemand würde ihn erkannt haben, hätte er davon gewusst.

Allenfalls sandte man ihm vereinzelt verwunderte, doch freundliche Blicke nach, weil er in dem Anzug, den zweifelsfrei ein Schneider maßgefertigt hatte, fehl am Platze wirkte zwischen den bestenfalls traditionell, in der Hauptsache jedoch ärmlich gekleideten Menschen.

Doch wer ihn auch ansah, hatte die Erinnerung daran im nächsten Augenblick auch schon wieder verloren.

Boram hüllte sich in eine Aura des Vergessens.

Vorsicht war oberstes Gebot in einer Zeit wie dieser.

In einer Stadt wie dieser für einen seiner Art...

»Ha.« Boram lachte freudlos.

»Unsere Art...«, murmelte er.

Wie entbehrten solche Worte doch plötzlich jeglichen Sinns. Es gab kaum noch ein Wir und Unser.

Eine eigentümliche Mischung aus Melancholie und Trauer glänzte in seinen nachtfarbenen Augen, als er die Blicke über die feiernden Menschen ringsum schweifen ließ, die um reichlich gedeckte Tische und Tücher saßen und einzig der buchstäblichen Fleischeslust frönten.

Ein entbehrungsreiches Seufzen quälte sich aus Borams Kehle und wehte als Hauch, der manchen frösteln ließ, durch die Gasse und über die Köpfe der zahllosen Menschen hinweg.

Für ihn selbst war die Tafel nicht minder reich gedeckt. Und doch musste er sich, so sehr ihm auch danach verlangte, versagen, nach dunkler Herzenslust zuzugreifen. Wie Trommeln, die direkt in seinem Kopf geschlagen wurden, dröhnte das Pulsieren des Blutes aller Lebenden um ihn herum und ließ jede Faser seines Körpers im gleichen Nichtrhythmus vibrieren, dass es schmerzte.

Und mit jedem einzelnen dumpfen Wumm streckten sich eiskalte Finger ein kleines bisschen mehr nach seinem Verstand aus, um daran zu zupfen und zu zerren – um ihn quälend langsam in winzig kleine Stückchen zu zerreißen...

Wenn er nicht endlich –

- seine Zähne in ihre schwellenden Adern schlug –

- wenn er nicht endlich –

- VON HIER FORTKAM!

Für Sekunden schloss Boram die Augen, ließ alle Kraft in sich fließen und wirken und sperrte sich gegen sämtliche Eindrücke von außen. Dann, ehe die Selbstbeherrschung von neuem bröckeln und brechen konnte, eilte er davon, durch weniger belebte Gassen der 'Mutter aller Städte' zu, gemartert nur noch von seinen eigenen Gedanken.

Boram versuchte allen Pessimismus abzustreifen. Zweifel und Selbstzerfleischung halfen ihm nicht weiter. Sie verschlimmerten nur, was schon übel genug war. Der Vampir suchte Zuversicht in der Finsternis, die ihn umhüllte, und genoss die Ruhe, die Balsam war für seine provozierten Sinne.

Selbst in einer vor Leben fast berstenden Stadt wie Kairo gab es Bereiche, die kaum eines Menschen Fuß je betrat. Weil jene, die sich darin verbargen, es nicht zuließen. Als hätten sie einen unsichtbaren Wall darum errichtet, der jeden Lebenden zur Umkehr zwang.

Ein schattenhaftes Lächeln wischte über Borams Züge.

So musste es bleiben, wenn sie nicht auch noch den allerletzten Rest ihrer einstigen Macht einbüßen wollten. Und in solcher Umgebung mochte die alte Kraft sich regenerieren, auf dass sie wieder nutzbar wurde und ihrer Sippe zu neuer Stärke verhalf...

Unvermittelt verharrte Boram. Seine Nasenflügel blähten sich unmerklich. Einem Tier gleich nahm er Witterung auf.

Er roch – Blut!

Viel Blut!

Kaltes, altes Blut...

Der Vampir empfand wie ein Mensch, dem vor dem Gestank eines Schlachthofs ekelte. Das widerwärtige Aroma beleidigte seinen sensiblen Geruchssinn und schürte im gleichen Maße seinen Zorn.

Knurrend stürmte Boram los, dem einzigen halbwegs bewohnbar aussehenden Gebäude inmitten dieser vom Leben lange verlassenen Zone zu. Ruß- und altersgeschwärzte Mauern, die selbst für seine Augen fast mit der Nacht verschmolzen, nahmen ihn auf. Keuchend vor Wut eilte Boram durch Flure und Räume, über steinerne Stiegen hinab in die ewig finsteren Gewölbe ihres Zufluchtsortes –

- um mit einem schmerzerfüllten Aufschrei stehenzubleiben, als wäre er vor eine von den lichten Mächten geschaffene Mauer geprallt.

Er hatte geahnt, welch ein Szenario ihn erwarten würde, doch das tatsächliche Ausmaß übertraf alle Befürchtungen.

Der vorhin noch gezogene Vergleich mit einem Schlachthof war nicht zu weit hergeholt.

Ein Dutzend toter Körper zählte Boram schon auf den ersten Blick, jeder einzelne von Bissen zerklüftet, als wäre eine Horde ausgehungerter Raubtiere darüber hergefallen.

Doch keine Horde hatte dieses Massaker angerichtet. Eine einzige 'Bestie' trug die Schuld daran.

Ein einziger blutiger Narr!

Das Schmatzen und Schlürfen, das unter der pfeilergestützten Rundbogendecke hing, verklang. Ein weiterer Leichnam fiel mit dumpfem Laut zu Boden. Eine in triefende Lumpen gehüllte Gestalt erhob sich, wandte ihr blutverschmiertes Gesicht Boram zu und musterte ihn aus Augen, in denen neben ekstatischem Rausch noch etwas anderes glänzte.

Etwas, das Boram vor Zorn und Sorge zugleich aufstöhnen ließ.

Irrsinn...

»Du kommst zu spät, Bruder«, grinste der andere. »Ich habe schon allein ge-«

Boram war mit drei Schritten bei ihm, packte ihn am feuchten Gewand, hob ihn mühelos in die Luft und schüttelte ihn durch.

»Bahid, du wahnsinniger Idiot! Was hast du angerichtet? Du wirst unseren Untergang noch vollkommen machen!«

Bahid blies seinem Bruder bluttrunkenen Atem ins Gesicht.

»Idiot? Du bist der Idiot von uns beiden. Akzeptiere endlich die Wahrheit, Boram. Wir sind längst untergegangen. Wir sind die letzten unserer Art. Warum sollten wir unser elendes Leben nicht bis zur Neige auskosten? Möchtest du ewig leben – in Einsamkeit? Ich nicht!«

Das närrische Funkeln in Bahids Augen, die wie Sterne in seiner blutigen Maske glänzten, widerte Boram an. Er stieß den Bruder von sich. Bahid stolperte über einen sich wieder regenden Leichnam und stürzte.

Boram ging daran zu tun, was getan werden musste

 

 

Dreizehn Hälse hatte Boram schon gebrochen, und nun drehte er das letzte Gesicht nach hinten, ließ den Leichnam mit einem Aufstöhnen zu Boden sinken.

Die Gefahr, dass bald schon eine Heerschar nutzloser Dienerkreaturen Kairo bevölkern und Aufmerksamkeit erregen würde, war fürs erste gebannt.

Doch diese Gefahr stellte noch die geringste dar.

Bahid selbst war die größte Bedrohung. Sein depressiver Leichtsinn, seine Todessehnsucht...

Vielleicht, so ging es Boram durch den Sinn, sollte er den Kodex, nach dem kein Vampir einen anderen töten durfte, brechen und Bahid seinen sehnlichsten Wunsch erfüllen...

Möchtest du ewig leben – in Einsamkeit? fielen ihm Bahids Worte von vorhin ein. Und die Antwort darauf, die er ihm nicht gegeben hatte: Nein, das wollte er nicht. Auch dann nicht, wenn ein im Wahnsinn versumpfender Bruder seine einzige Gesellschaft war: Bahid, der mit stumpfsinnigem Grinsen sein Tun verfolgt und sich nur durch rülpsende Laute bemerkbar gemacht hatte wie ein volltrunkener Mensch.

Nach einem letzten Blick auf die vierzehn Toten, an deren Blut Bahid sich regelrecht berauscht hatte, drehte Boram sich ihm zu, die Wut angestrengt aus seinen Zügen verbannend und etwas wie Milde und Nachsicht hineinzwingend.

»Wo hast du diese Leute aufgelesen?« wollte er wissen.

Bahids Grinsen verzerrte sich noch eine Spur in die Breite. Er zuckte die Schultern.

»Irgendwo. Sie feierten.«

»Sie feierten?« wiederholte Boram argwöhnisch. Noch einmal wandte er sich den Leichen zu. Erst jetzt betrachtete er sie eingehender. Vorhin, als er ihnen reihum das Genick gebrochen hatte, war er wie ein Automat vorgegangen, ohne wirklich zu sehen, was er tat. Nun jedoch fiel ihm die festliche Kleidung der Toten auf, auch wenn sie jetzt, blutgetränkt und zerrissen, kaum mehr nobel war.

Und als er den Blick von einem Leichnam zum anderen wandern ließ, erkannte Boram außerdem, welcher Art die Feier gewesen war, die Bahid mit dem Tod beehrt hatte.

Das junge Mädchen dort, dessen Schönheit sich selbst unter der blutigen Hülle noch erahnen ließ, war am feierlichsten von allen gewandet.

Wie es einer Braut an ihrem größten Tag geziemte...

»Du hast... diese Menschen von einer Hochzeit fortgelockt?« fuhr er Bahid an.

»Scheint so.«

»Das darf nicht wahr sein, du Narr!«

Borams Hieb streckte Bahid nieder und trieb ihn noch bis zur jenseitigen Wand.

Er wusste, wie hierzulande eine Heirat begangen wurde. Nicht selten mit Hunderten von Gästen! Und Bahid hatte vierzehn davon in seinen Bann gezogen und entführt. Wenigstens ein paar der anderen Feiernden mussten darauf aufmerksam geworden sein.

Und es war keineswegs so, dass in Kairo niemand an die Existenz von Vampiren glaubte. Wer diese Wahrheit zu akzeptieren bereit war, der wusste auch um die Möglichkeiten, wie man ihnen den Garaus machen konnte...

»Man wird deine Fährte finden und ihr bis hierher folgen!« prophezeite Boram dem am Boden Liegenden, dessen Wunde im Mundwinkel sich eben wieder schloss.

»Und wenn schon«, zischte Bahid.

»Man wird uns finden und... wir werden gegen die Übermacht womöglich keine Chance haben!«

»Wahr gesprochen, Blutsauger!«

Boram benötigte zwei, drei Sekunden, um zu realisieren, dass nicht Bahid seine Worte erwidert hatte. Und als er das sich noch weiter vertiefende Grinsen des Bruders sah, ahnte er, welches Bild sich ihm bieten würde, noch bevor er sich umwandte.

Als er es dann endlich tat, fuhr ihm der Anblick dennoch wie ein glühender Dorn ins kalte Herz.

Genau dorthin, wo Boram schon jetzt die harte Spitze eines der Holzpflöcke zu spüren glaubte, die ihm gleich im Dutzend entgegen gereckt wurden...

O ja, die Menschen, die da zur Tür in das leichenübersäte Kellergewölbe hereinquollen, wussten in der Tat, wie man Vampire zu bekämpfen hatte.

Und allein ihr Auftreten ließ keinen Zweifel daran, dass sie eisern entschlossen waren, es zu tun!

 

 

Sydney

Sie waren zu dritt. Und sie veranstalteten einen Radau, einen Höllenlärm wie eine ganze Meute!

Lilith blickte ihnen entgegen, ohne sich erklären zu können, warum ihre Instinkte ihr keine Warnung zugeschrien hatten. Warum ihre Witterung tot blieb – auch jetzt noch, da die Bestien bereits unübersehbar und unüberhörbar auf sie zuglitten...

Gelegenheit, ausgiebig darüber nachzudenken, erhielt sie zunächst nicht.

Sie war nackt – doch diese Nacktheit und die Erotik ihres blassen Körpers weckten bei ihren Feinden kein Begehren. Der Wunsch – oder die Lust – zu töten stand ganz im Vordergrund der rubinrot glimmenden Augen. Die Blicke besaßen eine solche Intensität, dass es aussah, als schürte jemand ein Fegefeuer in den Köpfen der Untoten.

»Wechselbalg!« klang es erneut auf. »Hurenkind!«

Heiser.

Bösartig.

Wahnsinnig vor Rachedurst, als gäben sie ihr die Schuld an der Zerstörungsorgie, die hier geschehen war.

Der erste Vampir erreichte Lilith, als sie gerade den halluzinogenen Rausch der Metamorphose ausgelöst hatte; jene Tötungsekstase, die ihr Gehirn nicht nur mit einer absurden Mixtur aus Adrenalin und Endorphinen überschwemmte, sondern auch ihren Körper für den schrecklichen Kampf stählte, vor dem es kein Entrinnen gab.

Für Bitterkeit war kein Platz.

Die Umwandlung ihres Körpers war abgeschlossen; er bot sich nun ähnlich martialisch dar wie der ihrer Gegner: Die Anmut war aus ihren Zügen gewichen, war ersetzt worden von einem Ausdruck, der jeden Menschen vor Entsetzen hätte versteinern lassen. Zwei elfenbeinfarbene Zähne drängten weit aus ihrem Mund und schoben sich weit über die Unterlippe. Leicht gebogen, besaßen sie feine Kanäle, durch die Lilith Blut zu saugen vermochte...

Menschenblut.

Aber dies waren nicht bloße Werkzeuge zur Nahrungsbeschaffung – es waren auch gefährliche Waffen! Wie ihre Hände, die sich zu Klauen mit rasiermesserscharfen Fingernägeln verformt hatten.

Ähnlich bewehrt war der Feind, der mit einem heiseren Schrei auf ihr landete und sie nun mit sich zu Boden riss...

Ein verbissenes Ringen begann.

Lilith spürte, wie sich die Nägel des Vampirs in ihre Schulterblätter bohrten und dort zerrten, als versuchten sie ganze Fleischstücke herauszutrennen.

Der Schmerz drang ihr kaum ins Bewusstsein. Nur die Notwendigkeit, zu reagieren, bevor...

Fäulnisgeruch wehte ihr aus dem Rachen des männlichen Vampirs entgegen, dessen Absicht klar war: Er wollte ihr mit seinen Zähnen die Halsschlagader durchtrennen, wollte sie töten!

Sie konnte gar nicht anders. In diesem Zustand blieb ihr nichts anderes übrig, als ihre eigenen mörderischen Klauen in den Nacken dieses blutsüchtigen, rachelüsternen Killers zu graben, sein Fleisch zu durchbohren und die knöchernen Wirbel seines Halses zu umfassen, um den hin und her zuckenden Kopf, das speicheltriefende Maul von ihrer Kehle fernzuhalten.

Um zu verhindern, dass er ihr Wunden zufügte, die kein noch so phantastisches Regenerationsvermögen mehr zu heilen vermochte.

Dumpfes Röcheln trug einen neuen, süßlich-widerwärtigen Schwall an ihre Geruchssinne. Schmerz war auch ihrem Gegner fremd. Auch er hatte sich in einen Wahn gesteigert, der ihn zu einem vernichtenden Monster hatte mutieren lassen.

Das einzige, was er nicht zu ignorieren imstande war, waren Verletzungen, die sein schwarzes Blut so schnell aus der schwammigen Hülle strömen ließen, dass die Wunde sich zu spät wieder schloss.

Mit einem jähen, tollwütigen Streich schnappte Lilith nach seinem Hals – und bohrte ihre Zähne in das taustraff gespannte, tote Fleisch.

Der Vampir schrie wütend auf. Und mit seinem Schrei quoll es rhythmisch aus ihm hervor. Schwarzes Blut, das wie das geronnene, fassbar gewordene Böse schillerte, besudelte ihn selbst und auch seine Gegnerin.

Fast hätte Lilith im Kampf innegehalten, als ein irritierendes Gefühl sie überkam..

Wann immer sie früher mit Vampirblut in Kontakt geraten war, hatte ihr davor geekelt.

Hier war es... anders!

Es machte sie betroffen, erkennen zu müssen, wie sehr dieser zähe, dunkle Strom sie anzog. Wie laut und begierig ihr Innerstes danach schrie und lechzte...!

In diesem Augenblick wurde der über ihr liegende Vampir, der in unkontrollierte Zuckungen verfallen war, weggezerrt.

Andere Fratzen tauchten über ihr auf. Grimassen blinden Hasses.

Sie gehörten den beiden noch unversehrten Vampiren, einem grauhaarigen und einem hellblonden, und es machte Lilith rasend, dass man sie um das betrügen wollte, was ihr schon fast sicher gewesen war. Dessen Duft sie wie eine kostbare Stimulans gelockt und die Begierde in ihr entfacht hatte.

Blut.

Schwarzes, von Kelchmagie durchdrungenes Blut, nicht das reine Blut der Menschen...

Unwillkürlich schüttelte sie sich. Bei dem Gedanken, eines Menschen Blut zu trinken, überzog eine Gänsehaut ihren kompletten Körper.

Sie versuchte die Überlegung zu verdrängen, sich auf den Kampf zu konzentrieren, doch einmal in Gang gesetzt, ließ sich das Gedankenkarussell nicht mehr aufhalten.

Der Erkenntnis, nun unbändigen Hunger auf schwarzes Blut zu verspüren, folgte ein Gedankenschluss, den sie bisher erfolgreich verdrängt hatte.

Es gab sie immer noch! Die Vampire existierten weiter!

Alles war beim alten.

Sie hatte ihr Leben dutzendfach aufs Spiel gesetzt und Freundegeopfert... für nichts!

Diese Einsicht raubte Lilith fast jede Motivation, sich zu verteidigen. Wozu sollte sie auch?

Sie war auf der Flucht, seit sie vor zwei Jahren aus ihrem Schlaf erwacht war. Zwei lange Jahre ohne Ruhe, ohne Sicherheit. Und nun würde die Jagd auf sie eine neue Qualität annehmen, noch unbarmherziger, noch gnadenloser geführt werden!

Und es gab keine Zufluchten mehr.

Keine Freunde...

Es schien ihre Gegner zu verwirren, dass sie mit hängenden Schultern dastand wie eine Delinquentin. Eine Verurteilte, die darauf wartete, zum Schafott geführt zu werden – und die sich in ihr Schicksal ergeben hatte...

 

 

Kairo, unweit des Nilufers

»Das Licht wird dich beschützen.«

Aus einem Leinensäckchen gab die junge Frau mit dem von schwerer körperlicher Arbeit gezeichneten Gesicht etwas in die Ölschale, in der eine Kerze schwamm. Es waren gebräuchliche Küchenkräuter, die sie darin verstreute, doch ihr kleiner Sohn glaubte, dass ihnen große Macht innewohnte.

Weil seine Mutter es ihm gesagt hatte.

Es war eine beinahe schon hinterhältige List, die sie da anwandte. Doch sie zeigte Wirkung. Seit jener Nacht, da sie den kleinen Nehru mit diesem 'magischen Ritual' zu Bett brachte, schlief der Fünfjährige endlich, ohne von fürchterlichen Alpträumen geplagt zu werden.

Nehru lächelte seine Mama glücklich an, und seine großen braunen Augen glänzten im Widerschein der Kerzenflamme, als wollten sie gierig jedes Quäntchen davon einfangen, um es für die Nacht zu bewahren.

»Nun schlaf schön, mein Kleiner«, sagte sie und strich ihrem Sohn noch einmal durch den schwarzen Lockenschopf.

Als nähme sie Abschied...

Sie fuhr erschrocken zusammen.

Was war das für ein Gedanke? Wo kam er her?

Doch er verging.

Dennoch warf sie an der Tür noch einen Blick zurück; einen Blick, der ihren Sohn nur streifte und auf der Kerze verweilte. Als wünschte sie sich, es würden dem Licht tatsächlich schützende Kräfte innewohnen...

Sie schloss die Tür so wie Nehru die Augen, auf die Wahrheit in den Worten seiner Mutter vertrauend.

Wie er es in den Nächten vorher hatte tun können.

Doch nicht heute Nacht.

Nach einer Weile schlug Nehru die Augen auf, als der Schlaf nicht wie sonst gekommen war. Oder war er etwa gekommen und hatte ihn einmal mehr hinausgespien in jenes Reich, in dem finstere Dämonen lebten und nur darauf warteten, dass Bruder Schlaf ihnen neue Opfer zuführte?

Nehru sah sich um.

Er befand sich nach wie vor in der kleinen Kammer, in der kaum Platz war für sein Bettchen und die doch groß genug war, um dunklen Schatten Raum zu geben – genug Raum sogar, dass sich hinter den Schatten noch etwas verbergen konnte...

Hilfesuchend sah Nehru zu der Kerze, deren Licht ihm jetzt auf einmal schwächer schien als zuvor. Als würden die Schatten von ihrem Schein zehren. Stets dort, wo Licht und Dunkelheit eins wurden, entdeckte Nehru wogende Bewegung, die näher kam – und erstarb, wenn er allzu lange hinschaute.

Und doch konnte er sich nicht täuschen.

Das Licht der duftenden Kerze reichte jetzt kaum noch von der Schale bis an sein Kissen heran. Schwärze verschlang das Licht, und Schwärze würde auch ihn fressen.

Gleich.

Jetzt!

Mit einem winzigen Schrei rettete sich Nehru ins Wachsein.

Oder nicht?

Das Zimmer war nicht wie sonst, wenn er nach einem Traum die Augen öffnete.

Es war – nicht leer.

Er war – nicht allein.

Der Fremde schien Nehru so groß, als würde er die Kammer zum Bersten ausfüllen. Obwohl der Dunkelgekleidete doch nur dastand, nichts tat, ihn nur ansah.

Anstarrte.

Kühle Nachtluft drang durch das offenstehende Fenster, doch nicht nur der Zug ließ Nehru frösteln.

»Du bist für Großes ausersehen, mein Kleiner«, sagte der Mann mit der seltsam geformten Narbe im Gesicht.

»Wer...?« brachte Nehru hervor, doch seine Worte verwehten ungehört.

»Komm mit mir.«

»Nein«, sagte Nehru und ließ sich von dem Fremden doch bereitwillig in die Arme schließen.

Als der Junge wenig später die verzweifelten Rufe seiner Mutter hörte, schwebte er längst schon im Schatten mächtiger Schwingen durch die Nacht.

Seine eigenen Schreie erstickten hinter angstversiegelten Lippen.

 

 

Die Arme ausgebreitet wie einst der Gekreuzigte trat Bahid dem Mob entgegen und bot ihm die Brust offen dar.

»Was ist?« fragte er. »Tut, weswegen ihr gekommen seid.«

»Es gibt euch tatsächlich«, murmelte einer der Männer. »Die Brut der Nacht.«

»Brut der Nacht!« rief Bahid leutselig. »Wir sind auch am Tage unter euch, ihr Narren.«

»Beni!«

Der Schrei zitterte durch den Keller, als einer der Männer vorstürzte und neben einer der Leichen in die Knie ging. Neben jener, die Boram vorhin als Braut erkannt hatte. Und es war nicht schwer zu erraten, dass der Mann, der da ihren baumelnden Kopf in die Hände nahm, ihr Zukünftiger gewesen wäre.

Doch er hielt sich nicht lange mit Trauerklagen auf. Dafür mochte später Zeit sein. Jetzt war die Zeit für Sühne und Vergeltung!

Wie ein Kastenteufel sprang der junge Mann auf und kam mit glühendem Blick und verzerrtem Gesicht auf die Vampire zu.

»Ihr habt mein Leben zerstört«, fuhr er auf.

Bahid zuckte lächelnd die Schultern und wies in die Runde.

»Ich habe eine Menge Leben zerstört.«

Boram riss ihn zurück. »Schweig endlich, du Wahnsinniger.« Und an den jungen Bräutigam gewandt, der den Pflock stoßbereit in zitternden Händen hielt, sagte er: »Sieh mich an.«

Die Befehlsgewalt seiner Worte zermalmte den Willen des Menschen. Widerstrebend hob er den Blick und verlor sich in Borams Augen.

»Leg den Pflock weg.«

Auch das tat der Hypnotisierte.

Doch dann wendete sich das Blatt. Ein vielkehliger Schrei brandete durch den Raum.

Boram drehte sich um, doch es war ihm unmöglich, jeden einzelnen in seinen Bann zu schlagen. Nicht jetzt, da Angst und Wut sich in diesen Menschen zu einer explosiven Mixtur vermengte, die sie vorwärtstrieb.

Zudem kostete ihn Bahid wertvolle Konzentration, denn der lebensmüde Bruder goss mit seinem irren Lachen weiteres Öl ins Feuer des Zorns der Meute.

Wie ein Mann kam gut die Hälfte der Schar über Boram, schlug und trat nach ihm, bis sie ihn zu Boden gerungen hatten. Aus den Augenwinkeln bekam er mit, dass der Rest mit Bahid leichteres Spiel hatte. Er gab sich wehrlos in ihre Hände.

Boram nicht.

Selbst am Boden liegend, von einem Dutzend Hände niedergehalten, versuchte er noch fremden Willen zu brechen, als er mit körperlicher Kraft nichts mehr ausrichtete.

---ENDE DER LESEPROBE---