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Nostradamus ist Hals über Kopf von Château Montagne geflohen. Zu eindringlich waren die Erlebnisse, die ihn dort heimsuchten. Doch was war die Ursache dafür? War es tatsächlich der Kompass, den er von seinem Lehrer und Mentor erhielt? Oder weist der nur auf das Böse hin, das dort immer noch lauert ...?
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Seitenzahl: 136
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Impressum
Das glimmende Reich
Leserseite
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BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Jean Michel de Lima / Rainer Kalwitz
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-3621-4
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Das glimmende Reich
von Adrian Doyle
Mondbleiche Krieger galoppierten auf knöchernen Sturmrössern durch die Nacht. Von Fleisch und Blut befreit schwenkten sie Schwerter von solch feuriger Röte, als hätte ein Schmied sie gerade erst aus der Esse gezogen.
Besançon selbst besaß kein Pferd. Barfüßig und in die linnene Kluft der Sklaven gehüllt, war er aus der Schwarzen Feste geflohen und hetzte seither durch die sternenlose Finsternis, nur von dem Gedanken beseelt, dem schrecklichen Schinder zu entkommen. Davor hatte er ungezählte Monde in den engen Stollen geschuftet, dem Tode näher als dem Leben.
Mit nichts als Grauen dachte er an die Zeit und seinen Peiniger zurück, diesen Abschaum der Hölle …
Leonardo de Montagne.
Schwärzer noch als die umgebende Nacht erhoben sich in der Ferne die Zinnen des Gemäuers, in dem Besançon sein Sklavendasein gefristet hatte. Die wuchtige Feste erweckte den Eindruck, als würde sie selbst das für menschliche Augen nicht mehr sichtbare Licht an sich ziehen, jenen vagen Schimmer, den etwa Wölfe nutzten, um zur tiefsten Nacht nach Beute zu jagen.
Der Gedanke an die grauen Räuber beunruhigte Besançon angesichts der um so viel greifbareren Gefahr, die sich an seine Fersen geheftet hatte, nicht. Mit nackten, blutenden Füßen floh er durch das Gestrüpp, das ufernah den Fluss säumte. Unter anderen Umständen hätte er den Sprung ins kalte Nass als probates Mittel betrachtet, den Häschern zu entkommen. Zumal die Strömung der Loire mancherorts ihre Tücken haben mochte, jedoch nicht in dem Bereich, wo er sich befand. Er war in einem der Weiler unweit von hier aufgewachsen und kannte sich dementsprechend aus. Das Schwimmen hatte ihm sein gutherziger Vater – Gott hab ihn selig – beigebracht, weil er nicht wollte, dass sein Sohn zu den Unglücklichen gehörte, die der Fluss mit trauriger Regelmäßigkeit verschlang.
Dennoch war der Sprung, über den er nachdachte, keine Option für Besançon; nicht mit dem, was er bei sich trug und was fast so viel wog wie ein kleiner Amboss. Seine Beweglichkeit wurde davon in einer Weise eingeschränkt, dass ihm schon das Gehen schwerfiel. An Rennen war kaum zu denken. Aber den Ballast von sich zu werfen, war ihm nicht möglich, weil … weil …
Ihm krampfte es das Herz zusammen, als würden sich knöcherne Hände darum legen und in regelmäßigen Abständen zudrücken. Ihn schauderte, weil er selbst nicht sagen konnte, was über ihn gekommen war und ihn dazu getrieben hatte, die Flucht mit einer Last wie dieser anzutreten. Er hätte es sich wahrlich leichter machen können, sehr viel leichter. Was seine Chancen gewiss erheblich erhöht hätte. Aber da war diese Stimme im Kopf, die begonnen hatte, sich in seine Gedanken zu mischen, als wären sie Teil davon. Dabei spürte Besançon mit jeder Faser seines Seins, dass sie nicht wirklich zu ihm gehörte. Etwas Fremdes war in ihn gedrungen und ließ ihn Dinge tun, die mit dem gesunden Menschenverstand kaum mehr vereinbar waren – falls er den je besessen hatte.
Zitternd presste er den harten, schweren, in ein schmutziges Tuch eingeschlagenen Gegenstand gegen seine Brust.
An den Mann, der er vor seiner Gefangennahme gewesen war, erinnerte er sich zwar verschwommen, aber in der Weise, als würde er nicht auf sich, sondern einen anderen zurückblicken. Den jungen, stolzen, kraftstrotzenden Besançon, dem die jungen Dinger Avancen gemacht hatten, gab es nicht mehr. Nicht den Besançon, der das Leben in vollen Zügen genossen und keine Gedanken ans Morgen verschwendet hatte … Bis zu dem Tag jedenfalls, als die Skelettreiter das Dörfchen gestürmt und sämtliche Männer, auch die alten und kranken, zusammengetrieben hatten. Wer sich wehrte – wie sein armer Vater –, dem war der Kopf abgeschlagen worden.
Besançon hatte erfahren müssen, wie weit Maulheldentum und wahre Tapferkeit auseinander lagen. Jammernd hatte er sich vor den Reitern in den Staub geworfen und darum gebettelt, sein Leben zu verschonen.
Heute, im Rückblick, war er sich gar nicht mehr sicher, ob nicht diejenigen, die während des Überfalls gestorben waren, das bessere Los gezogen hatten. Nicht nur er hatte das erfahren müssen, sondern noch viele andere, Männer, Frauen und Kinder. Der Schinder erbarmte sich niemandes.
Was genau er mit all den Stollen und Schächten anstellte, die er in den Berg unter und hinter seiner Festung treiben ließ, hatte weder Besançon noch ein anderer Sklave je in Erfahrung gebracht. Jeden Tag starben Unglückliche in den Adern des Berges – aber es verging auch kein Tag, da nicht Ersatz für die qualvoll Krepierten herangeschafft wurde. Der Quell, aus dem der Tyrann schöpfte, schien niemals zu versiegen. Doch war Besançon überzeugt, dass der Radius, in dem die Skelettkrieger nach Nachschub suchten, immer mehr erweitert werden musste. Längst waren die Siedlungen um Leonardos Burg ausgeblutet, wohin man schaute, lagen Äcker und Wiesen brach. Der Herr der Schwarzen Feste war eine Krankheit, die sich seit Langem wie ein Geschwür ausbreitete und gegen die kein Kraut gewachsen schien. Kein irdisches Heer konnte es mit den Skelettkriegern aufnehmen. Leonardo musste einen Pakt mit keinem Geringeren als dem Höllenfürst selbst geschlossen haben, anders waren die den Gräbern entstiegenen Gerippe, die er sich hörig gemacht hatte, nicht zu erklären.
Besançon kauerte hinter dem Stamm einer dicken, alten Eiche, an der die Winde ebenso rüttelten wie an allem anderen, was ihnen ausgesetzt war, seit …
Seit die Knöchernen aufgetaucht sind.
Besançon hätte schwören können, dass sie den Sturm, der begonnen hatte, an den Bäumen und Sträuchern zu zerren, erst mitgebracht hatten. Davor hatte nicht mehr als ein laues Lüftchen geweht. Davor hatten am Firmament auch noch unzählige Himmelslichter geblinkt, die aber hinter einem bleiernen Mahlstrom verschwunden waren, der sich immer tiefer dem Boden entgegen zu neigen schien.
Dass die Deckung, hinter die er sich verkrochen hatte, ihn nicht retten würde, ahnte der entflohene Sklave. Nein: Er wusste es. Vom Sturm getragen, waren Leonardos bleiche Paladine so sicher der eigentlich fast unsichtbaren Spur von Besançons Fußstapfen gefolgt, als hätte er eine Feuerschneise hinter sich hergezogen. Dabei hatte er extra darauf verzichtet, ausgetretenen Pfaden zu folgen und hatte sich stattdessen durch Dickicht und Unterholz geschlagen, Wege genommen, die für Reiter nicht oder nur schwer zu benutzen waren, wollten sie nicht riskieren, ihre Pferde zu verlieren.
Doch hier ritt Tod auf Tod – das Leben, das die monströse Verbindung aus Skelett und Skelett erfüllte, war so wider die Natur, so unwahr und verdorben, dass es nichts und niemanden mehr fürchten musste.
Obwohl die Skelette keine Lungen und keine Kehle mehr besaßen, glaubte Besançon immer wieder ein wildes Wiehern zu hören, das wie ein Echo dessen klang, was die Kreaturen, die der Sturm herbeitrug, einst erfüllt und ausgemacht hatte.
Davon war nichts geblieben als blanker Terror, den sie selbst – oder nur – in diesem Zustand zu verbreiten vermochten. In das Wiehern mischten sich die gutturalen Schreie derer, die ihre Schwerter immer wieder durch die Lüfte fahren ließen, als gelte es, unsichtbare Hindernisse zu durchtrennen.
Oder, dachte Besançon, halb ohnmächtig vor Angst, das ist der Trick, mit dem sie den Sturm entfesseln. Wobei Trick das falsche Wort war. Mit Jahrmarktsgaukeleien hatte das, was hier geschah, nicht das Mindeste zu tun.
Die heranpreschenden Reiter stoppten jäh vor Besançons Versteck, das der Bezeichnung keine Ehre machte.
Sie wussten, wo ich bin. Sie wussten es vielleicht schon, noch bevor sie die Feste verließen.
Noch so ein eigentlich absurder Gedanke, von dem der Sklave nicht hätte sagen können, worauf er sich berief, auf welch vermeintliches Wissen. Obwohl: Während seiner Knechtschaft hatte er so viel gesehen und erlebt, das allem widersprach, was sein Vater und seine Mutter ihm als Gesetzmäßigkeiten der Natur – des Natürlichen – beigebracht hatten, dass die Leichtigkeit, mit der die untoten Reiter ihn eingeholt hatten, auch nur eine neue Teufelei – Hexerei – waren, mit der Besançon sich konfrontiert sah. In ihm verlangte längst nichts mehr nach ausschweifender Erklärung. Er sah und akzeptierte beinahe alles. Nur das Schicksal hinzunehmen, das ihm blühte, fiel ihm schwer. Er hatte doch gar nicht fliehen und den Zorn des Tyrannen entfachen wollen! Er wusste doch selbst nicht, wie dieser verzweifelte Wunsch in ihm dermaßen Überhand hatte gewinnen können, dass er sich zu einer solchen Tat, die nach Sühne schrie, hatte hinreißen lassen können!
Mit schnaubenden Nüstern, die das Auge nicht bestätigen konnte, kamen die Pferde näher, zog sich die Schlinge um Besançon immer enger zusammen. Noch immer kauerte er, dicht an den Stamm gepresst und den Oberkörper über das schwere Ding gekrümmt, das er aus der Stollenwand geschlagen und auf die Flucht mitgenommen hatte.
Was für ein törichter Narr ich war …
Einer der von der Schwertglut erhellten Krieger sprang unversehens von seinem Ross und landete nur zwei Schritte von Besançon entfernt. Der Boden bebte unter einem Gewicht, das dem bloßen Anschein widersprach; demnach hätte der Skelettkrieger mehr als eine Wagenladung Getreide wiegen müssen. Und jetzt löste sich auch noch ein heiseres Fauchen aus seinem Totenschädel, ebenso absurd wie das Wiehern und Schnauben der Pferde.
»Wie konntest du dich erdreisten …?!«
Besançon war nicht sicher, ob er die Worte wirklich hörte, oder ob seine überreizten Sinne sie ihm vorgaukelten.
Der Knöcherne stampfte auf ihn zu, und im selben Moment schien der Sturm den Atem anzuhalten. Es wurde so still, als fröre alle Unbill, die der gemarterten Natur widerfuhr, ein – aber nur, um den Krieger, der sich vor Besançon aufbaute, noch furchteinflößender erscheinen zu lassen.
Als er dann auch noch in unmissverständlicher Weise mit seiner Klinge ausholte, um ihn, den entflohenen Sklaven, zu köpfen, schloss Besançon endgültig mit seinem Leben ab.
Sein letzter Gedanke galt seinen Nächsten, die schon vor ihm gegangen waren: seinem Vater, seiner Mutter. Dann zwang ein innerer Impuls ihn, sich aufzurichten, um nicht wie etwas zu sterben, das so erbärmlich war, dass es das Leben ohnehin nicht verdiente.
Aber noch bevor er richtig stand und sich um Haltung bemühen konnte, sauste die schartige Klinge bereits auf ihn nieder.
Wwwwssscchh!
***
Was ging nur vor sich? Was geschah da mit ihm – und seiner Umgebung?
Besançon wartete auf den Schockmoment, in dem die Verbindung zwischen Kopf und Rumpf durchtrennt und eine Blutfontäne hervorschießen würde, wie er es schon hatte mit ansehen müssen, wenn andere Unglückliche in der Schwarzen Feste selbst für geringfügig anmutende Vergehen bestraft worden waren. Nur war hier und jetzt er an der Reihe … und verstand nicht, was seine Sinne ihm vermittelten. Seine Augen ebenso wie die Haut, auf die der kalt glühende Stahl der Klinge gerade in Halshöhe traf – mit einer Wucht, die allein schon hätte reichen müssen, ihm den Kopf von den Schultern zu schmettern. Stattdessen …
… schien etwas diese Wucht aufzufangen, abzufedern, ihr jegliche Kraft und Gewalt zu rauben. Und als wäre das nicht schon Wunder genug: Sie schien sogar zurückzuschlagen.
Einen Moment zuvor war Besançon das bestürzende Gefühl überkommen, den Brocken, den er an sich presste – immer noch an sich presste, als wollte er ihn nicht einmal im Antlitz des unausweichlichen Todes loslassen –, zu verlieren. In einer Weise verlieren, die er in Worten nicht auszudrücken vermochte. Aber der Klumpen düster glitzernden Erzes schien ihn nicht verlieren zu wollen. Das, was in ihm pochte und Besançon erst zu dessen aberwitzigem Handeln verleitet und angestachelt hatte. Das ferne Stimmchen, das Befehle und Sehnsüchte in sein Denken streute wie Köder, nach denen er schnappen musste, die ihm gar keine andere Wahl ließen, als einen nach dem anderen aufzupicken und die dunkle Saat aufgehen zu lassen, die ihnen innewohnte.
Gleichwohl war das nicht der Grund, weshalb er den Schwertstreich überstand. Weshalb die Klinge des Skelettkriegers nicht kurzen Prozess mit ihm machte, wie mit all den Namenlosen vor ihm.
Da war etwas … Seltsames. Eine Art Halskrause, gegen die das Schwert prallte, sodass ihr Träger nicht den geringsten Schaden erlitt. Sie schien alle tödliche Energie zu schlucken, zu absorbieren und darüber hinaus noch eigenes Ungemach abzugeben und dem entgegenzuschleudern, dem Mitleid so fremd war wie der Nacht das warme Licht der Sonne.
Besançon widerstand dem Impuls, die Augen zu schließen, und so sah er in verstörender Klarheit und Schärfe, was dem untoten Krieger widerfuhr. Dessen Klinge schien an der für ihn undurchdringlichen Panzerung, die sich wie aus dem Nichts heraus um Besançons verletzlichste Stelle gelegt hatte, haften zu bleiben. Vielleicht hielt aber auch nur die Zeit den Atem an, sodass es den Anschein hatte, als hinge der Stahl daran fest. Dem jedoch widersprach das sichtbare Bemühen des Skelettkriegers, seine Waffe wieder an sich zu bringen, um zum nächsten Streich ausholen zu können. Er zerrte daran, als hätte er die Klinge so tief in einem Holzstamm versenkt, dass er sie nicht mehr frei bekam.
Besançon hatte keine Ahnung, ob ein knöchernes Gespenst wie dieses zu Empfindungen fähig war, die der Verzweiflung eines Menschen auch nur nahekamen. Aber genau das strahlte sein verhinderter Henker aus – bevor ihn etwas traf, das sich über die eigene Klinge in das fraß, was von seinem sterblichen Körper noch geblieben war und was der mit den Mächten der Finsternis paktierende Leonardo de Montagne in eine Illusion von Leben verwandelt hatte.
Vor Besançons Augen zerfiel der Skelettkrieger zu Staub, als wäre er zwischen zwei unsichtbare Mühlräder geraten, unter denen er blitzschnell zerrieben wurde.
Für die verbliebenen Reiter war die Vernichtung das Signal, ihre Skelettrösser auf den gestellten Flüchtling zuzutreiben, mit den eigenen Klingen auszuholen und das zu vollenden, was der Verschwundene begonnen hatte.
Besançon taumelte, lange bevor das erste Schwert ihn traf. Er verlor das Bewusstsein, weil … weil etwas Starkes, Unduldsames es beiseiteschob wie ein lästiges Balg.
Als er wieder zu sich kam, graute am Horizont bereits ein neuer Morgen. Er befand sich immer noch neben der mächtigen Eiche, hinter der er vergeblich Schutz gesucht hatte. Von den Häschern, die der Herr der Schwarzen Feste auf seine Fährte gesetzt hatte, war weit und breit nichts mehr zu sehen. Besançon fragte sich unwillkürlich, ob er deren Auftauchen und alles, was damit zusammenhing, am Ende nur geträumt hatte – wie ein Fieberkranker, den die verrücktesten Bilder beschlichen. Weder die Reiter noch ihre Rösser waren zu sehen, nur … auffällige Haufen, die wie aschegrauer Staub am Boden verteilt waren. Die Zahl der Ablagerungen entsprach genau der, die die Krieger samt ihrer Pferde ergeben hätten.
Besançon glaubte nicht an einen Zufall – andererseits wusste er nicht, was er überhaupt noch glauben konnte. Was geschehen war, trotzte jedem Erklärungsversuch.
Der Klumpen!
Heiß durchfuhr ihn die Erkenntnis, dass das Tuch, um das sich seine Finger krallten, das Tuch, in dem er Erzbrocken eingewickelt gewesen war, leer und sein Inhalt verschwunden war.
Dem Schreck folgte Erleichterung, weil er sich erlöst fühlte von einer Bürde, die er auf Dauer nicht hätte tragen – ertragen – können.
Aber wie sehr er sich täuschte!
Meine Hände.
Er blickte an sich herab und verstand nicht, warum seine Haut sich schwarz gefärbt hatte. Ein Schwarz, in dem es abseitig glitzerte und pochte wie zuletzt in dem düsteren Stollen, in dem Besançon geschuftet hatte – und wo er von dem berührt worden war, was er seither in sich trug wie eine zweite verfluchte Seele …
… die nun auch noch begonnen hatte, sichtbar zu werden.
***
GegenwartParis
»Die Leute müssen hier weg! Sofort! Onyx, sprich mit ihnen, kümmere dich darum – sonst landen sie auch noch …«
Ihr versagte die Stimme.
Weil der Verstand versagte angesichts dessen, was sich vor ihren und den Augen all derer abspielte, die vor dem seltsamen Haus im 15. Pariser Arrondissement Stellung bezogen hatten. Raid-Polizisten ebenso wie die Angehörigen der Section Spéciale, zu denen auch der Hüne gehörte, der neben Nicole Duval stand und genau wie sie von den Ereignissen überrollt wurde.
Gerade war ein schwerbewaffneter Raid-Kämpfer vor ihren Augen verschwunden …