Brauchen wir Zeitungen? - Michael Haller - E-Book

Brauchen wir Zeitungen? E-Book

Michael Haller

4,6

Beschreibung

Alle reden darüber: Die Tageszeitungen stecken in der Krise. Neben dem Rückgang der Verkaufsauflagen und den Einbrüchen bei den Werbeerlösen prägen auch der Besitzerwechsel bei Verlagen und Zeitungstiteln sowie der kräftige Abbau an journalistischem Personal den aktuellen Trend in der Zeitunsgbranche. Viele Medienmacher erklären die Zeitung für tot, andere haben griffige Lösungsstrategien parat. Doch beide Seiten vernachlässigen die gründliche Trendanalyse des Medienwandels. Gewiss tragen das Internet und die sich wandelnden Lebensstile der jungen Bevölkerung zur Misere bei. Übersehen wird dabei, dass auch die Zeitungsmacher selbst dazu beitragen, die Krise zu verschärfen. Viele verweigern sich der Anstrengung, das Publikum und seine Erwartungen an die Zeitung zu verstehen und auf das veränderte Nutzungsverhalten der jungen Erwachsenen nachhaltig einzugehen. Sie sehen nicht, dass der größte Teil der Leserschaft - dies sind die berufstätigen Erwachsenen ab 35 Jahren - weiterhin eine aktuelle, gehaltvolle Tageszeitung mit hoher Informationsleistung wünschen. Diese Leserschaft erwartet, dass ihre Tageszeitung eine Orientierungshilfe in der täglichen Informationsflut bietet - und reagieren enttäuscht, weil ihre Zeitung Informationsleistungen abbaut und nach und nach zum Geschichtenerzähler zu werden scheint. Auf der Grundlage langfristig angelegter Erhebungen und empirischer Studien zeigt der Autor, wann und warum die Zeitungen ihre Leser verloren haben. So ist ihr Reichweitenverlust, der auf eine Kluft zwischen Medienrealität und Lesererwartungen zurückzuführen ist, kein Naturgesetz. Michael Hallers Befunden zufolge gibt es Wege, den Graben zwischen den jungen Onlinern und den älteren Offlinern zu schließen. Der Autor formuliert Vorschläge, wie die Zeitung ihre Stimme im cross- und multimedialen Konzert wiederfinden und so auch neue Leserschaften erschließen könnte.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 291

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,6 (16 Bewertungen)
10
5
1
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Michael Haller

Brauchen wir Zeitungen?

Zehn Gründe, warum die Zeitungen untergehen.

Und zehn Vorschläge, wie dies verhindert werden kann

edition medienpraxis, Band 11

Köln: Halem, 2014

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme (inkl. Online-Netzwerke) gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

http://www.editionmedienpraxis.de

http://www.halem-verlag.de

© Copyright Herbert von Halem Verlag 2014

ISBN 978-3-86962-098-5

ISSN 1863-7825

Herstellung: Herbert von Halem Verlag

Umschlagsentwurf: Claudia Ott Grafischer Entwurf, Düsseldorf

Michael Haller

Brauchen wir Zeitungen?

Zehn Gründe, warum die Zeitungen untergehen.

Und zehn Vorschläge, wie dies verhindert werden kann

edition medienpraxis

Prof. em. Dr. Michael Haller (Universität Leipzig) ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Praktische Journalismus- und Kommunikationsforschung (IPJ) in Leipzig und Leiter der Journalismusforschung an der Hamburg Media School (HMS) in Hamburg. Diese Publikation stützt sich auf zehn Jahre Zeitungsqualitätsforschung des Verfassers im IPJ.

Inhalt

Einleitung

Was dieses Buch soll – und was nicht

Kapitel 1

Der Journalismus: Warum missachtet er sein Handwerk?

Was ist neu am neuen Journalismus?

Zur Messbarkeit von Qualitätsdimensionen im Journalismus

Kapitel 2

Die Gattung: Wer macht die Regionalzeitung kaputt?

Wie man sich selbst entbehrlich macht

Kapitel 3

Wer oder was ist schuld am Reichweitenschwund?

Gewinner und Verlierer

Die besten und die schlechtesten Zeitungen nach Stadtausgaben

Kapitel 4

Junge Erwachsene: Wofür brauchen sie Zeitungen?

Wie gut sind die Online-Auftritte?

Kapitel 5

Wer will das Publikum verstehen?

Kapitel 6

Wer soll das alles bezahlen? Das Geschäftsmodell Zeitung

Paid-Content-Erfolg in Norwegen

Refinanzierung: Das Projekt 33:33:33

Gut genug für Paid-Content?

Kapitel 7

Warum sind viele Regionalzeitungskonzepte falsch?

Lädt das Layout zum Lesen ein?

Warum Großstädter ihre Lokalzeitung nicht mehr lesen

Kapitel 8

Wann vollzieht der Lokalteil den Perspektivenwechsel?

Kapitel 9

Online, offline und Crossmedia: Wohin geht die Reise?

Storytelling transmedial: Wenn der ICE stecken bleibt

Wie wir nach vorne denken sollten

Kapitel 10

Next generation media – ohne Lesemedien?

Jugendliche vertrauen der Gattung Tageszeitung

Zum Ausklang ein bisschen Theorie

Tageszeitungen im gesellschaftlichen Wandel

Literatur Gesamtverzeichnis

Anhang

Einleitung

Was dieses Buch soll – und was nicht

I.

Es gibt Gründe, an eine Renaissance der Offline-Medien zu glauben – in erster Linie an die Tageszeitung, die zur informatorischen Grundausstattung unserer Gesellschaft gehört. Während der Rundfunk zum internetabhängigen Digitalmedium mutiert, bleibt die Tageszeitung ein in sich geschlossenes Produkt, selbst wenn sie eines Tages ausschließlich als eine ›App‹ verbreitet werden sollte. Dies unterscheidet die Zeitung (auch) vom Web-Auftritt, den ihr eigener Verlag betreibt.

Einer der Gründe, die mich glauben lassen, dass die Tageszeitung wieder an Geltung zurückgewinnt, ist politischer Natur. Er hängt mit der Erfahrung der totalen Überwachung der gesamten Internet-Transaktionen zusammen, deren Totalität erstmals im Sommer 2013 infolge der Enthüllungen des ehemaligen Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden erkennbar wurde. Diese Enthüllungen haben einen Bewusstseinsprozess in Gang gesetzt. »Die Demokratie verteidigen im digitalen Zeitalter!«, so lautete ein im Dezember 2013 weltweit von 560 Schriftstellern und Wissenschaftlern publizierter Aufruf: »Die Staaten […] haben Zugang zu unseren politischen Überzeugungen und Aktivitäten, und sie können, zusammen mit kommerziellen Internetanbietern, unser gesamtes Verhalten, nicht nur unser Konsumverhalten, vorhersagen« (zit. nach: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.12.2013, S. 27). Sascha Lobo, »Deutschlands bekanntester Internet-Experte« (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung), brauchte ein halbes Jahr, um den Schock zu begreifen, dann schrieb er in seinem Essay über »die digitale Kränkung des Menschen« unter anderem: »Wir haben uns geirrt, unser Bild vom Internet entsprach nicht der Realität, denn die heißt Totalüberwachung.« Und folgerte: Zwar mache die digitale Vernetzung weiterhin Sinn, doch »das Internet ist kaputt« (Lobo 2014: 37).

Vier Monate nach den ersten Enthüllungen über dieses Überwachungssystem führte das IfD Allensbach eine Repräsentativerhebung zum Thema ›Vertrauen in die Medien‹ durch. Ich gehe davon aus, dass diese Studie – obwohl im Auftrag der Zeitschriftenverleger Deutschlands durchgeführt – valide Ergebnisse erbracht hat. Diesen zufolge halten derzeit rund 85 Prozent der erwachsenen Bevölkerung die Tageszeitungen (und Zeitschriften) für besonders zuverlässig und für glaubwürdige Informationsquellen. Der Studie zufolge sind 88 Prozent der Meinung, dass besonders sachkundige und gut recherchierte Berichte in den Printmedien zu finden seien. Auch bestätigt jeder zweite Befragte, dass er sich die Nachrichten besser merken könne, wenn er sie offline auf Papier gelesen habe.

Zwar schneidet der Rundfunk (TV und Radio) auch nicht schlecht ab: 83 Prozent der Bundesbürger halten auch diese Quellen für sachkundig und glaubwürdig, 87 Prozent finden auch dort besonders gut recherchierte Beiträge. Doch deutlich anders fällt das Urteil über die Online-Medien aus, die stationären ebenso wie die mobilen: Dass diese besonders glaubwürdig seien, findet nur noch jeder dritte Befragte; dass dort besonders sachkundige und gut recherchierte Beiträge zu finden seien, glauben nur mehr 38 Prozent (Quelle: IfD Allensbach: Attraktivität von Print, Oktober 2013).

In dieses Bild passen auch die für 2013 erhobenen Reichweitedaten der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (AG.MA): Nach vielen Jahren des kontinuierlichen Reichweitenschwunds weisen die im Juli 2013 publizierten Zahlen der ›MA 2013 Tageszeitungen‹ eine deutliche Abflachung des Rückgangs aus – und für einige Regionalzeitungen gar einen sanften Reichweitezuwachs: für die Rheinpfalz und die Sächsische Zeitung etwa, für die Hessisch-Niedersächsische, für die Volksstimme und die Schwäbische Zeitung zum Beispiel. Dies sind keine belastbaren Daten (für viele Verbreitungsgebiete ist die Stichprobe der MA zu klein, zudem wird vielerorts nach der Reichweite des Anzeigenkonglomerats gefragt und nicht nach dem redaktionellen Teil eines Zeitungstitels). Aber eine Tendenz lässt sich daraus sehr wohl ableiten.

Einerseits. Andererseits kennen wir zahlreiche Indikatoren, die in die entgegengesetzte Richtung weisen. Unbestreitbar sinkt die für das Zeitungsgeschäft relevante ›harte‹ Verkaufsauflage Jahr für Jahr um zwei bis vier Prozent (die Ausreißer ausgenommen). Jahr für Jahr schrumpft auch das Anzeigenvolumen und das gesamte Beilagengeschäft. Viele Media-Agenturen fragen sich, ob der in Sachen Werbe-Erfolg recht diffuse Werbeträger Tageszeitung im Wettbewerb mit den interaktiven Online-Medien noch konkurrenzfähig ist – und finden ihre Antwort, indem sie Anzeigenaufträge stornieren. Auch 2013 gingen die Werbe-Erlöse markant zurück.

Und die Leser? Vielleicht noch besorgniserregender ist die Tatsache, dass ein immer größerer Teil der jungen Erwachsenen der Gattung Tageszeitung fern bleibt – dann jedenfalls, wenn es um die Bindung (Abonnement) geht: schnuppern ja, regelmäßig lesen: nein. Zahlreiche Blog-Kolumnisten halten die Überlebensfrage durch die Macht des Faktischen längst für beantwortet. Verschwinden die Tageszeitungen mangels Lesernachwuchs eines Tages ganz von der Bildfläche? Das sei nur eine Frage der Zeit, sagen sie.

Verschiedene Unternehmen traten ja auch sehr geräuschvoll die Flucht nach vorn an: Zuerst wurden Redaktionen ausgedünnt und prekarisiert. Zudem wurden in Nordrhein-Westfalen ganze Redaktionen geschlossen und Zeitungen fremdbeliefert; dann verkaufte der Axel Springer-Verlag zwei große Tageszeitungen, die Berliner Morgenpost und das Hamburger Abendblatt, komplett an die Essener Funke-Gruppe, begleitet vom Kommentar der Entscheider, dass die Ära Print definitiv zu Ende gehe. Viele mittelständische Verleger, die Blattmacher und Zeitungsjournalisten reagierten zutiefst verunsichert; im ersten Halbjahr 2013 trafen sie sich zu Konferenzen, Workshops und Tagungen und schrieben viele Memoranden und Aufsätze; ganze Serien wurden bestritten mit der Leidensfrage: Was wird aus dem (Zeitungs-)Journalismus? Jeder, der dazu etwas sagen wollte, hatte flugs eine Liste kühner Thesen zur Hand: Warum es und wie es kommen müsse. Eine ganze Branche schrieb sich selbst in eine depressive Stimmung. Die ganze Branche fabulierte aber auch mit überraschender Ahnungslosigkeit über ihre Zukunftsperspektiven. Wenn es stimmt, dass jede gute Recherche nicht mit einer These, sondern mit der Klärung der Sachverhalte beginnt, welche anschließend zu einer These führen (können), dann war das große Thesen-Palaver über die Zukunft des Journalismus wahrlich kein Ausweis für soliden Journalismus.[1]

II.

Der fatale Zeitungspessimismus, der dem Gesetz der selbsterfüllenden Prophezeiung folgt, und das große Kaffeesatzlese-Palaver des Sommers 2013 motivierten mich, dieses Buch zu schreiben. Sein Thema sind nicht ›die‹ Tageszeitungen, sondern die Regionalzeitungen. Und sein Ausgangspunkt ist nicht die Blickstarre auf das Internet, sondern die Überzeugung, dass die Krise der Regionalzeitungen nicht naturnotwendig, sondern überwiegend handgemacht ist. Polemisch zugespitzt: Wenn die Gattung Regionalzeitung untergehen sollte, dann hätten dies die Eigentümer – die Zeitungsverlage – selbst verschuldet.

Warum es hier nur um die Regionalzeitungen geht? Weil die Gattung der Boulevardpresse (Straßenverkauf) ganz anderes funktioniert und anderen Einflussfaktoren unterworfen ist, die auf die abonnierte Tagespresse nicht übertragbar sind (und umgekehrt). Und warum nicht die über­regional verbreitete Tageszeitung, konkret: die Süddeutsche, die Frankfurter Allgemeine, die Welt, die tageszeitung taz und das Handelsblatt? Man möchte zur Ehre dieser besonderen Zeitungskultur jeden Morgen eine Hymne anstimmen: Ich bin überzeugt, dass wir in Deutschland mit diesem Zeitungskonzert auch im globalen Vergleich zu den bestausgestatteten Gesellschaften zählen, wenn ›bestausgestattet‹ sich nicht auf die Auflage, sondern auf die praktische Vernunft bezieht, die im medialen Diskurs zur Sprache kommt. Leider leiden auch die überregionalen Abo-Zeitungen unter einem massiven Reichweiten-, Auflagen- und Werbe-Erlösschwund. Doch hier, im überregionalen Lesermarkt, gelten andere Regeln und Variablen; auch hier gilt, dass sich die Funktion der Regionalzeitung von jener der überregional genutzten Zeitungen (›Bundesausgaben‹) markant unterscheidet. Was in diesem Buch ausgeführt wird, betrifft allerdings auch die Süddeutsche Zeitung dort, wo sie die Rolle der Regionalzeitung wahrnimmt (d. h. im Großraum München).

III.

Dieses Buch verfolgt vom ersten bis zum letzten Kapitel eine bestimmte Perspektive: die des Publikums als tatsächlichem und potenziellen – aber auch ehemaligen – Zeitungsleser. Über die Leser wurde und wird in den Redaktionen schon seit Längerem viel geredet, doch wirklich verstanden hat man sie nicht. Dies hat verschiedene Gründe, die im Laufe der Kapitel diskutiert werden.

Damit ist auch schon die Kernbotschaft dieses Buchs verraten: Die Zukunft der Regionalzeitungen hängt wesentlich davon ab, ob die Redaktionen in ihrem Rollen- und Funktionsverständnis den Sprung von den 1980er-Jahren in unsere nachmoderne Ära schaffen. Ob sie, mit anderen Worten, den Perspektivenwechsel – weg von der Sicht der Machtträger und der Institutionen, hin zur Alltags- und Erfahrungswelt (vor allem) der jüngeren Erwachsenen – vollziehen können. Die damit verbundene Umorientierung auch der journalistischen Berufsrolle bedeutet eine große Herausforderung, die zu bewältigen dieses Buch helfen soll.

IV.

Die in den zehn Kapiteln ausgebreiteten Argumente sind keine Thesen, sondern aus empirischen Erhebungen, Studien und Analysen gewonnene Folgerungen. Diesen zugrunde liegt die Qualitätsforschung, die wir seit zehn Jahren am Institut für Praktische Journalismus- und Kommunikationsforschung (IPJ) in Leipzig im Auftrag verschiedener Medienhäuser durchführen: Qualität als Klammerausdruck für die Leistungen, die von der Zeitung erbracht werden müssen, damit die Medienkommunikation funktioniert. Es ist also kein Buch über ein wissenschaftliches Projekt oder eine wissenschaftlich zu klärende Theorie. Es benutzt vielmehr die aus der angewandten Forschung gewonnenen Erkenntnisse, einerseits, um Kritik zu üben an den Missständen im real existierenden Zeitungsjournalismus, andererseits, um den Blattmachern unter den Lesern möglichst brauchbare Anregungen, Hinweise und Empfehlungen zu geben.

Und auch dies ist mir wichtig: In vielen Zeitungsredaktionen trifft man auch auf leidenschaftliche, kluge und findige Journalistinnen und Journalisten. Und man stößt deshalb in (fast) jeder Zeitungsausgabe auf treffende, gut recherchierte, schlüssig argumentierende und süffig geschriebene Texte, die der Zeitung zu mehr Glanz verhelfen. Wenn in den zehn Buchkapiteln immer mal wieder einzelne Zeitungen als schlechtes Beispiel angeführt werden, dann richtet sich diese Kritik nicht gegen diese Individualleistungen, sondern betrifft irreführende Blattkonzepte, falsche Rollen- und Funktionsverständnisse wie auch fehlendes Qualitätsmanagement. Ich werde beispielsweise das Hamburger Abendblatt gelegentlich anführen als Beleg für konzeptionelle Fehlentscheidungen und markante Dysfunktionen im Lesermarkt. Davon unberührt bleiben herausragende Leistungen seiner Mitarbeiter, die belegen, dass auch ausgezeichnete Individualleistungen kein hinreichendes Mittel gegen die Misere der Branche sind.

V.

Das in den Buchkapiteln verarbeitete bzw. im Anhang beigestellte Datenmaterial entstammt Forschungsarbeiten des IPJ, an denen verschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter maßgeblich beteiligt waren. Ohne deren Arbeiten wäre dieses Buch nicht möglich gewesen. Besonders dankbar bin ich Manuel Thomä, der das IPJ-Online-/Leser-Panel mit aufgebaut hat, sowie Tom Heuer, der dieses Panel seit nun vier Jahren mit großer Verantwortung leitet.

Sehr dankbar bin ich auch Sebastian Feuß, der mit wissenschaftlicher Akribie die methodischen Möglichkeiten und Grenzen des Systems zur Blickverlaufsmessung ausgelotet und mehrere Erhebungen begleitet hat, wie auch Katarina Werneburg, Anne Grimm und Robert Berlin, die an mehreren Projekten mit großem Sachverstand mitgearbeitet haben. In den Dank einschließen möchte ich auch das Team der studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte, die im Rahmen umfassender Benchmark-Analysen während vieler Monate mit großer Zuverlässigkeit die Codierungen bewerkstelligt haben.

Und nicht zuletzt dankend erwähnen möchte ich Gerd Walter von der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG) in Hamburg. Mit ihm habe ich im Frühjahr 2012 in Hannover eine Fachtagung zum Thema »Vorschläge zur Zukunftssicherung für Regionalzeitungen« durchführen können. Seither hat mich die DDVG beharrlich ermuntert, die dort gezeigten Befunde und Erkenntnisse in dieses Buch einfließen zu lassen. Was hiermit – auch Dank des sorgfältigen Lektorats des Halem Verlags – geschehen ist.

***

Lesehinweis: Dieser Reader wurde so konzipiert, dass jedes Kapitel einen Problempunkt für sich durchnimmt und die vorausgegangenen Kapitel nicht notwendig voraussetzt. Ich bitte die Leser, den damit verbundenen Nachteil, dass einige Argumente und Belege in verschiedenen Kapiteln Verwendung finden, billigend in Kauf zu nehmen. Befunde, auf die ich mich in mehreren Kapiteln beziehe, sind im Anhang zusammengestellt. Es sind Auszüge aus Erhebungen des IPJ-Online-Leser-Panels der Jahre 2009 bis 2013 und Benchmark-Analysen.

1 Meine Äußerungen hierzu finden sich unter dem Titel Diagnose: Fehldiagnoseunter: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/michael-haller-zur-zeitungsdebatte-a-917026.html [17.1.2014].

Kapitel 1

Der Journalismus: Warum missachtet er sein Handwerk?

Stellen Sie sich vor, ein Medizinprofessor würde anstelle der Grundlagen der Anatomie eine Dia-Show mit Reproduktionen wunderschöner Gemälde der Niederländischen Schule des frühen 17. Jahrhunderts zeigen, zum Beispiel Rembrandt Van Rijns Gemälde Die Anatomiestunde des Dr. Nicolaes Tulp, auf dem ein fein gekleideter Herr unter den fasziniert staunenden Blicken seiner sieben Schüler den linken Arm eines Leichnams aufschneidet. Reichte dies für den Arztberuf? Ich vermute, die so geschulten Mediziner, würden sie zugelassen, wären zwar kulturell gebildet, doch als Ärzte müssten sie aufs Schaurigste versagen.

Im Unterschied zum Arzt- ist der Journalistenberuf in Deutschland offen, jeder kann sich so nennen und jeder kann der Welt mitteilen, was er gut und richtig findet. Derzeit tun dies viele Journalisten; sie begreifen die grassierende Krisenstimmung als Chance, der Welt mit wortstarken Thesen mitzuteilen, dass sie lieber Schriftsteller, Erzähler oder Kolumnisten wären. Zu den originelleren Propheten dieses irgendwie neuen Journalismus zählt derzeit Constantin Seibt, Reporter und Blog-Kolumnist beim Tages-Anzeiger in Zürich. Er stellte eine »Liste der Lehrbücher zum Journalismus« zusammen – es kam kein einziges Lehr- oder Fachbuch vor. Als Super-Top-Tipp setzte er ein amüsantes Bändchen vom Werbemann Howard Luck Gossage: Ist die Werbung noch zu retten? (Seibt 2013a). Man fragt sich: Ist der Journalismus noch zu retten, wenn er sich wie die Werbetexter nur als möglichst origineller Verkäufer beliebiger Fremdinteressen sieht? Wenn er – wie Rembrandts Dr. Nicolaes Tulp – die Pose über den Inhalt stellt?

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!