Butler Parker fängt den Affenmenschen - Günter Dönges - E-Book

Butler Parker fängt den Affenmenschen E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Du hast mich rufen lassen wegen Problemen in der Familie, meine Liebe?« erkundigte sich Agatha Simpson genüßlich bei ihrer Gastgeberin. Mylady befand sich seit wenigen Stunden auf Brentford Castle im Lake District, wohin die Hausherrin sie telefonisch gebeten hatte. »Agatha, du weißt ja, daß mein Neffe als Major in Edinburgh stationiert ist. Er arbeitet in einer Einheit, die neuartige, streng geheime Radaranlagen testet, wenn ich das richtig verstanden habe«, erwiderte Lady Sarah Brentford. »Was darf man sich darunter vorstellen, Mylady?« fragte Josuah Parker höflich, der seine Herrin begleitete. »Nun, das ist alles top secret. Viel konnte er mir nicht erzählen«, antwortete Lady Sarah zögernd. »Ich glaube, Glenn muß die Bewegung russischer Schiffe im Atlantik überwachen und aufzeichnen. Genaueres weiß ich allerdings nicht, Agatha.« Sie seufzte und sah die passionierte Detektivin hilflos an. »Das sieht nach Spionage aus, ich fühle es. Meinen Sie nicht auch, Mister Parker?« Agatha Simpson war wieder mal auf Anhieb sicher und wollte Parkers Zustimmung hören, die auch prompt kam. »Wie Mylady zu meinen belieben«, äußerte er höflich und verneigte sich andeutungsweise. »Was hat dein Neffe denn angestellt, ist er etwa übergelaufen?«

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Butler Parker – 191 –

Butler Parker fängt den Affenmenschen

Günter Dönges

»Du hast mich rufen lassen wegen Problemen in der Familie, meine Liebe?« erkundigte sich Agatha Simpson genüßlich bei ihrer Gastgeberin.

Mylady befand sich seit wenigen Stunden auf Brentford Castle im Lake District, wohin die Hausherrin sie telefonisch gebeten hatte.

»Agatha, du weißt ja, daß mein Neffe als Major in Edinburgh stationiert ist. Er arbeitet in einer Einheit, die neuartige, streng geheime Radaranlagen testet, wenn ich das richtig verstanden habe«, erwiderte Lady Sarah Brentford. »Was darf man sich darunter vorstellen, Mylady?« fragte Josuah Parker höflich, der seine Herrin begleitete.

»Nun, das ist alles top secret. Viel konnte er mir nicht erzählen«, antwortete Lady Sarah zögernd. »Ich glaube, Glenn muß die Bewegung russischer Schiffe im Atlantik überwachen und aufzeichnen. Genaueres weiß ich allerdings nicht, Agatha.« Sie seufzte und sah die passionierte Detektivin hilflos an.

»Das sieht nach Spionage aus, ich fühle es. Meinen Sie nicht auch, Mister Parker?«

Agatha Simpson war wieder mal auf Anhieb sicher und wollte Parkers Zustimmung hören, die auch prompt kam.

»Wie Mylady zu meinen belieben«, äußerte er höflich und verneigte sich andeutungsweise.

»Was hat dein Neffe denn angestellt, ist er etwa übergelaufen?« wollte Lady Agatha wissen. »In diesem Fall werde ich nichts für ihn tun, Sarah.«

»Ich bitte dich, Agatha!« Lady. Brentford sah ihren Gast aus flammenden Augen empört an und vergaß für einen Moment ihren Kummer. »So was würde der Junge doch nie tun, doch nicht jemand aus unserer Familie!«

»Na, wer weiß, so was soll schon vorgekommen sein.« Lady Agatha nippte an ihrem Cognac und blickte ungeduldig. »Komm endlich zur Sache, ich langweile mich bereits«, bemerkte sie und schüttelte mißmutig den Kopf.

»Es ist etwas peinlich, ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll.« Sarah Brentford wand sich förmlich vor Verlegenheit und hatte plötzlich rote Flecken im Gesicht.

»Sollten die Probleme Ihres verehrten Neffen mit einer Dame zusammenhängen?« half Parker dezent aus.

»So ist es, Mister Parker.« Sarah Brentford nickte dankbar und konnte endlich weitererzählen. »Mein Neffe hat dort oben eine junge Dame kennengelernt, mit der er sich anfreundete und sie schließlich öfter in ihrer Wohnung aufsuchte. Dabei kam es im Lauf der Zeit zu gewissen Annäherungen, wenn Sie wissen, was ich meine...«

»Er ging also mit dieser jungen Dame ins Bett, meine Liebe. War es nicht so?« vermutete Lady Agatha in ihrer bekannt offenen Art.

Sie musterte ihre Cousine schadenfroh und weidete sich an ihrer Verlegenheit.

»Nun ja, das stimmt, Agatha. Etwas später wurde er von einigen sehr unangenehmen Leuten aufgesucht, die ihm einige sehr delikate Fotos zeigten. Außerdem waren sie im Besitz mehrerer Tonbandkassetten, die das Zusammentreffen zwischen dem Jungen und dieser ›Dame‹ deutlich wiedergeben.«

»Diese intimen Vorgänge sind also mit technischen Hilfsmitteln in Wort und Bild festgehalten worden«, faßte Parker ungewohnt knapp zusammen.

»Und jetzt wird dein Neffe mit den Pornos erpreßt, ja?« konnte sich Lady Agatha nicht verkneifen zu fragen.

»Ich muß doch sehr bitten, Agatha!« Lady Sarah gefiel der ungeniert-offene Ton ihrer Cousine ganz und gar nicht. Ihrer Ansicht nach hatte sich eine Angehörige des britischen Hochadels ganz anders zu benehmen und auszudrücken. Lady Agatha wiederum liebte nichts mehr, als die Mitglieder ihres Standes zu schockieren und sich dann an deren Reaktionen zu weiden.

»Was verlangt man von Ihrem Neffen?« wollte Josuah Parker wissen.

»Er soll diesen Leuten von Zeit zu Zeit über seine Arbeit Bericht erstatten und ihnen vor allem die technischen Pläne der Anlage liefern; außerdem soll er später die Aufzeichnungen und Auswertungen fälschen. Wenn er nicht mit ihnen zusammenarbeitet, will man die Bilder und Kassetten an seine Vorgesetzten schicken und sie außerdem der Regenbogenpresse verkaufen. Das wäre das Ende seiner Karriere.«

»Und wie soll ich ihm helfen, meine Liebe?« erkundigte sich Lady Agatha.

»Könntest du nicht nach Edinburgh reisen und die Sache in Ordnung bringen, Agatha? Man sagt dir nach, daß du schon öfters Kriminalfälle gelöst hast, und da dachte ich ...«

»Worüber gerade du dich in der Vergangenheit immer gern mokiert hast, meine liebe Sarah«, stellte Lady Agatha genüßlich fest.

»Nun ja, für eine Lady ist das auch keine Beschäftigung, das mußt du doch zugeben ... aber trotzdem, bitte hilf dem Jungen, ja?«

Sie sah Lady Agatha flehend an und brach in Tränen aus.

»Wie kann ich dorthin kommen, Mister Parker?«

Lady Agatha sah ihren Butler an und wartete ungeduldig auf seine Antwort.

»Man könnte in meinem bescheidenen Privatwagen reisen oder die königliche Eisenbahngesellschaft in Anspruch nehmen. Die zweite Klasse soll recht preiswert sein, wie man hört...«

»Es nützt alles nichts«, seufzte Lady Agatha und blickte ergeben zur Decke, »das kostet wieder mein Geld, Mister Parker. Es ist ja nicht nur die Reise, denken Sie nur mal an die Hotelrechnung.«

»Für die Kosten kommt selbstverständlich meine Familie auf, und wohnen kannst du in einer Villa, die einer Bekannten von uns gehört, die sich zur Zeit in den Staaten aufhält. Dir werden keinerlei Kosten entstehen, selbstverständlich stellen wir dir großzügige Spesen zur Verfügung.«

»Nun, das hört sich ja nicht schlecht an. Unter diesen Umständen könnte ich mich tatsächlich dazu entschließen, dir zu helfen, was meinen Sie, Mister Parker?«

»Myladys Güte und Hilfsbereitschaft werden nicht umsonst überall gerühmt«, bemerkte Parker würdevoll.

»Du hilfst uns also?« erkundigte sich Lady Sarah hoffnungsvoll.

»Ausnahmsweise, meine Liebe.« Agatha Simpson nickte huldvoll. »Ich denke, in wenigen Tagen werden die Probleme deines leichtfertigen Neffen aus der Welt sein. Solche Kleinigkeiten pflege ich im Handumdrehen zu erledigen.«

*

»Man wird sich sofort um ein Taxi bemühen«, kündigte Josuah Parker an, nachdem sie die Paßkontrolle im Edinburgher Flughafen passiert hatten.

In diesem Augenblick trat ein schlanker, hochgewachsener Mann Mitte Dreißig in der Uniform eines Majors der Royal Army auf sie zu.

»Sie sind sicher Lady Agatha. Tante Sarah hat Sie mir beschrieben«, stellte er fest. »Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Flug, Mylady?«

Agatha Simpson musterte den Major durch ihre aufgeklappte Stielbrille und nickte dann. »Sie sehen recht passabel aus, mein Junge. War es da wirklich nötig, sich mit einer Spionin einzulassen?« fragte sie mit ihrem baritonal gefärbten Organ. Einige Leute in der Nähe drehten sich neugierig um und reckten die Hälse, um sich nichts entgehen zu lassen. Der Major lief rot an und preßte wütend die Lippen zusammen.

Lady Agatha wandte sich an ihren Butler.

»Der Flug hat mich sehr mitgenommen, Mister Parker, ich fürchte, mein Kreislauf ist angegriffen. Ich hoffe, Sie werden dagegen etwas unternehmen.« Sie seufzte und griff theatralisch an die Stelle ihres Busens, wo sie ihr Herz vermutete.

Parker verstand sofort und holte aus einer seiner vielen Innentaschen Myladys Medizin. Es handelte sich dabei um eine lederumhüllte Taschenflasche, die einen ausgezeichneten, alten französischen Cognac enthielt. Er füllte den silbernen Becher, der gleichzeitig als Verschluß diente, und reichte ihn seiner Herrin.

Die ältere Dame nahm ihn ungeduldig entgegen und kippte den Inhalt in einem Zug. Major Hawkins, Lady Sarah Brentfords Neffe, sah erstaunt zu, wie die Lady einen zweiten Becher ›Medizin‹ verlangte und auch diesen ohne Zögern leerte.

Schließlich räusperte er sich und wandte sich an Parker. »Ich habe einen Wagen, Sie brauchen sich nicht um ein Taxi zu bemühen. Meine Tante hat mir Ihre Ankunft mitgeteilt, damit ich Sie abholen kann.«

»Sehr fürsorglich von Lady Sarah, Sir. Mylady weiß das zu schätzen.«

»Der kleine Imbiß, der während des Fluges gereicht wurde, war ziemlich kläglich«, beschwerte sich Lady Agatha. »Ich hoffe, mein lieber Major Hopkins, Sie kennen ein anständiges Restaurant, in das Sie mich einladen können.«

»Major Hawkins, Mylady«, verbesserte der Major vorsichtig und lächelte dabei etwas gezwungen. »Nun ja, ich könnte Sie nachher in Ihrer Villa abholen und ausführen.«

»Nicht nachher, mein Lieber, sofort, wenn ich bitten darf. Zur Villa können wir später.«

»Wie Sie wünschen, Mylady. Haben Sie einen besonderen Wunsch?«

»Ich habe gehört, hier gibt es so eine Art Boulevard mit vielen Straßencafés. Ich denke, das möchte ich mir ansehen.«

*

»Sehr hübsch, mein Lieber.« Lady Agatha saß vor einem Café am Hauptboulevard Edinburghs und blickte interessiert auf das lebhafte Treiben. Dabei fiel ihr Blick auf einen Tisch, der weiter entfernt stand.

»Was sind das für seltsame Getränke, die die Leute dort haben, mein Junge?« erkundigte sie sich bei Major Hawkins.

»Eine schottische Spezialität, Mylady, man nennt es ›Scottish Power‹, weil das Getränk so stark ist.«

»Eigenartiger Name.« Agatha Simpson runzelte die Stirn und schüttelte irritiert den Kopf. »Bestellen Sie auch so was. Ich möchte wissen, ob es mir schmeckt.«

»Es gibt zwei Sorten davon, Mylady, einmal...«

»Reden Sie nicht lange herum, bestellen Sie mir eben beides«, unterbrach sie ungeduldig.

»Nicht schlecht«, stellte sie wenig später fest, als das Gewünschte vor ihr stand. Sie saugte energisch an ihren Strohhalmen und hatte die Pokale rasch geleert.

»Gibt es keine größeren Gläser, hier ist ja kaum etwas drin«, beschwerte sie sich und blickte den Major an.

»Ich bestelle gleich nach.« Hawkins sah ungläubig auf die leeren Gläser und winkte der Kellnerin. »Und denken Sie an mein Essen, ich nehme dasselbe wie die Leute dort drüben.« Lady Agatha deutete auf zwei ältere Männer am Nebentisch, die gerade intensiv mit ihrer Mahlzeit beschäftigt waren.

»In Whisky eingelegter Lachs, Mylady, ebenfalls eine hiesige Spezialität.« Parker hatte sich wie immer gründlich vorbereitet und war in der Lage, mit jeder Information, die die Stadt und das Leben darin betraf, zu bedienen.

»Nicht gerade üppig, aber ich bevorzuge ja Diät«, kommentierte sie, als wenig später ein Teller vor ihr abgestellt wurde.

Agatha Simpson genoß ihr Essen und hatte schnell die nicht gerade kleine Portion vertilgt. »Ich denke, ich nehme noch mal dasselbe, Mister Parker«, überlegte sie. »Schließlich habe ich einen schweren Fall vor mir und muß gerüstet sein.«

»Mein Gott, haut die Alte rein«, lästerte einer der beiden älteren Männer am Nebentisch und starrte ungeniert.

Mylady ließ sich sofort ablenken. »Ich hoffe, man hat mich gerade beleidigt, Mister Parker, ich verlange eine Übersetzung«, wandte, sie sich an Parker, da die beiden Männer einen dem Keltischen verwandten Dialekt sprachen.

»Man wundert sich nur ein wenig über Myladys beneidenswerten Appetit«, übersetzte Parker großzügig. »Man freut sich, daß es Mylady schmeckt.«

»Das stimmt allerdings, Mister Parker, das Essen ist wirklich nicht schlecht. Vergessen Sie nicht, sich das Rezept geben zu lassen.«

Agatha Simpson widmete sich wieder ihrem Teller.

Inzwischen hatten die Männer am Nebentisch ihre Gläser erneut geleert und nachbestellt. Sie machten einen bereits mehr als nur leicht angetrunkenen Eindruck und amüsierten sich ganz offen und ungeniert über die Lady.

»Ich habe den Eindruck, Mister Parker, daß sich die Lümmel über mich lustig machen«, freute sich die ältere Dame und blickte unternehmungslustig auf die feixenden Männer am Nebentisch.

»Die beiden Herren dürften dem Alkohol sehr reichlich zugesprochen haben und nicht mehr das sein, was man gemeinhin als zurechnungsfähig bezeichnet«, bemerkte Parker würdevoll. »Mylady sollten ihnen deshalb weiter keine Beachtung schenken.«

Aber Agatha Simpson wollte sich nicht ablenken lassen. »Ich glaube, ich werde die beiden gleich ein wenig zurechtweisen«, kündigte sie an und griff nach ihrem Pompadour, der neben ihr an der Stuhllehne hing. Dabei handelte es sich um einen Handbeutel, wie ihn die Damen um die Jahrhundertwende trugen, um darin diversene Kleinigkeiten unterzubringen.

In Lady Agathas Fall bestand der Inhalt jedoch aus einem Hufeisen, das von einem mächtigen Brauereipferd stammte. Aus Gründen der Humanität war dieses Hufeisen oberflächlich mit Schaumstoff umwickelt, um das Aufprallen wenigstens andeutungsweise zu lindern.

Mylady ließ besagten Pompadour mit dem Hufeisen darin bereits kreisen und holte energisch Schwung. Im nächsten Augenblick ließ sie los und schickte das seltsame Geschoß auf die Reise...

*

Der Pompadour mit dem Hufeisen schlug auf den Tellerrand und katapultierte den aus bunt bemaltem Steingut bestehenden Teller in die Luft. Dieser nahm umgehend Kontakt mit dem rechten Auge eines der vorlauten Männer auf und lädierte es nachhaltig.

Der Mann schrie auf, als ihn der Tellerrand traf, und griff in einer Reflexbewegung nach dem verletzten Auge. Dabei warf er sein fast volles Glas um, dessen Inhalt sich über die Hose ergoß und ihn aufspringen ließ.

Der Tisch geriet ins Wanken. Auch das Glas des zweiten Mannes kippte und brachte diesen gleichfalls zum Aufspringen. Laut vor sich hinfluchend machten sich die beiden dann daran, ihre durchnäßten Hosen mit Servietten und Papiertaschentüchern zu betupfen.

Lady Agatha sah dem Treiben wohlgefällig zu. Sie lächelte schadenfroh und bat Parker, ihr die Medizin zur Stützung des in Unordnung geratenen Kreislaufs zu bestellen. Glenn Hawkins saß stocksteif auf seinem Stuhl und betrachtete die ältere Dame ein wenig konsterniert.

Die beiden lädierten Herren hatten gerade ihre Säuberungsarbeiten beendet und beschlossen, mit der Verursacherin ihrer Nöte ein paar klärende Worte zu wechseln. Parker, der den schottischen Dialekt beherrschte und verstand, hörte unzweideutig heraus, daß man seine Herrin ein wenig auseinandernehmen wollte, wie sich einer der aufgebrachten Männer ausdrückte.

Bevor der Butler etwas zur Klärung der Situation beitragen konnte, fiel Mylady ein, daß ihr Pompadour sich noch auf dem Nachbartisch befand. Entschlossen drückte sie sich aus ihrem Stuhl hoch und machte sich auf den Weg, ihr Eigentum zurückzuholen.

Verblüfft wichen die beiden Männer zunächst aus. Lady Agatha ergriff die langen Schnüre des Handbeutels und zog energisch. Daraufhin setzte sich der Pompadour in Bewegung, verklemmte sich prompt zwischen den Tellern und... zog diese über den Tischrand. Es klirrte, als das Porzellan auf die Betonplatten fiel. Die Speise- und Soßenreste klatschten gegen die Hosenbeine der älteren Herren, die sich etwas betreten ansahen.

Eine herbeieilende Bedienung verkannte die Sachlage und verlangte lautstark nach Ersatz des Geschirrs.

Lady Agatha lächelte schadenfroh und wollte an ihren eigenen Tisch zurückgehen, als einer der Männer die Nerven verlor und leichtsinnigerweise nach Myladys Schulter griff, um die ältere Dame zurückzuhalten. Fast genüßlich drehte sie sich wieder um und setzte ihm ihre rechte Hand kräftig auf die Wange, worauf er prompt in Gleichgewichtsschwierigkeiten geriet und wild mit den Armen ruderte.

Lady Agatha konnte nicht widerstehen und ließ ihren in einem derben Schuh steckenden Fuß herzhaft gegen sein Schienbein stoßen. Daraufhin verlor der solchermaßen Behandelte vollends die Balance und legte sich mit dem Rücken auf einen reich gedeckten Tisch in der Nachbarschaft, der sich diesem Ansturm nicht gewachsen zeigte und zu Bruch ging.

Speisen und Getränke verteilten sich großzügig auf der Kleidung der dort sitzenden Gäste und brachten diese in Aufruhr.

Ein vorbeigehender Streifenpolizist bemerkte das Geschehen vor dem Café und kam eilends näher, um einzugreifen. Agatha Simpson sah dem Hüter des Gesetzes fast schon lüstern entgegen und brachte ihren Pompadour bereits in Schwingung. Major Hawkins stöhnte gequält und setzte sich diskret, aber zielstrebig vom Ort des Geschehens ab.

Bevor die Dinge weitertrieben, griff Parker ein. Von einem am Nachbartisch sitzenden Amerikaner lieh er sich dessen respektable Videokamera und begann, die Szenerie zu filmen. Er umkreiste den Tisch, die am Boden in Scherben, Speise- und Getränkeresten hockenden Gäste, den verdutzten Polizisten und die immer noch zeternde Bedienung.

Der Butler baute sich schließlich vor dem Café auf, um es in der Totalen auf den Film zu bannen. Dann begab er sich zu dem ratlos wirkenden Gesetzeshüter und wechselte einige Worte mit ihm. Daraufhin hellte sich dessen streng wirkende Miene sichtlich auf, bis er schließlich in helles Lachen ausbrach. Er tippte grüßend an den Mützenschirm und entfernte sich.

Während Lady Agatha stirnrunzelnd ihren Butler beobachtete, hielt Parker eine kleine Ansprache und zückte zum Schluß seine Brieftasche, um diverse Banknoten zu verteilen. Schließlich lüftete er grüßend die schwarze Melone, trat auf den Amerikaner zu, dessen Kamera er ausgeliehen hatte, und gab ihm diese zusammen mit einem Geldschein zurück. Unter dem Beifall der Gäste und des Personals entfernte er sich und führte seine Herrin auf den belebten Gehweg, um in der Menge unterzutauchen.

»Was haben Sie diesen Leuten erzählt, Mister Parker?« fragte sie streng, während sie unwillig seinen hilfreich dargebotenen Arm abschüttelte. »Außerdem scheinen Sie mein Geld gleich bündelweise verteilt zu haben; ich hoffe, Sie können dafür eine Erklärung anbieten.«