Camelot - Giles Kristian - E-Book

Camelot E-Book

Giles Kristian

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Beschreibung

Sie kämpften für den Traum eines geeinten Britanniens.

König Arthur ist tot. Längst vergangen sind die Tage, da sich die Fürsten Britanniens unter seinem Schwert Excalibur vereinten. Das Land ist ohne Herrscher. Marodierende Banden ziehen umher, die Bevölkerung hungert. In einem abgelegenen Kloster in den Sümpfen von Avalon bereitet sich ein junger Novize auf das Leben als Mönch vor. Doch als die Bogenschützin Iselle und der alternde Krieger Gawain in sein Leben treten, muss er sich seiner wahren Bestimmung stellen. Der junge Mann ist niemand anders als der Sohn des einst berühmtesten und gefürchtetsten unter Arthurs Kriegern. Er ist Galahad, Sohn des Lancelot, und sein Schicksal ist untrennbar mit dem Britanniens verbunden.

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Seitenzahl: 925

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DASBUCH

»Na komm, hoch mit dir, Galahad.« Seine Stimme war leise und heiser. Wie das Kratzen eines Hakenwerkzeugs auf einer unfertigen Schüssel aus Esche. »Unsere Brüder haben gewusst, was sie tun. Sie haben auf ihre Weise gekämpft. Sie haben diesen sächsischen Hunden bis zum letzten Atemzug Widerstand geleistet. Kein Mann kann mehr erreichen, wenn seine Zeit gekommen ist.« Seine starken Finger gruben sich in meine Haut. »Aber unsere Zeit ist noch nicht gekommen, Junge. Wir müssen gehen. Wir müssen weg von hier, solange wir noch können.«

Ich spuckte den widerwärtigen Geschmack aus und richtete mich auf, die Beine zittrig, der Magen verkrümmt wie ein leerer Lederbeutel, der an seiner Schnur zugezogen wird. Ich drehte mich um und sah Iselle an, aber sie schaute zur Seite in die Düsternis.

Sie verachtet mich, dachte ich. Oder schlimmer noch, sie bemitleidet mich.

»Wir hätten kämpfen können«, sagte ich, wusste aber, was für leere Worte es waren. Dünn wie der gelbliche Rauch, der über der Hügelfestung von Camelot weit im Südosten hing. Wen wollte ich hier zum Narren halten?

Trotzdem nickte Gawain, seine Augen dunkel und unergründlich unter dem Rand seines Helmes. »Wir werden noch Gelegenheit dazu bekommen, Junge. Heute leben wir weiter. Morgen kämpfen wir.«

DERAUTOR

Seine norwegische Herkunft und die Werke von Bernard Cornwell inspirierten Giles Kristian dazu, historische Romane zu schreiben. Um seine ersten Bücher finanzieren zu können, arbeitete er unter anderem als Werbetexter, Sänger und Schauspieler. Mittlerweile ist er Bestsellerautor und kann sich ganz dem Schreiben widmen.

Mehr Informationen zum Autor finden Sie unter www.gileskristian.com

GILES KRISTIAN

CAMELOT

ROMAN

Aus dem Englischen übersetzt von Julian Haefs

WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN

Die Originalausgabe Camelot erschien 2020 bei Bantam Press, London.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Deutsche Erstausgabe 03/2023

Copyright © 2020 by Giles Kristian

Copyright © 2023 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Sven-Eric Wehmeyer

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München,

unter Verwendung eines Motivs von © Shutterstock/Dave Head

Karte [>>]: © Liane Payne

Satz: Leingärtner, Nabburg

ISBN 978-3-641-28645-3V001

www.heyne.de

CAMELOT ist Freyja und Aksel gewidmet.Ihr werdet durch Dickicht und Dornen eure eigenen Wege finden, und ich werde euch lieben, bei jedem Schritt.

Dramatis Personae

Galahad – Der Erzähler dieser Geschichte. Sohn des Lancelot.

Iselle – Eine junge Frau aus den Sümpfen von Avalon.

Der Mann im Moor

Merlin – Druide und ehemaliger Berater des Uther Pendragon.

Oswin – Merlins Sachsensklave.

Guinevere – Frau des Arthur. Geliebte des Lancelot.

Taliesin – Ein Junge.

Herrin Morgana – Herrscherin über Camelot. Arthurs Halbschwester.

Herrin Triamour – Tochter des Mordred, Schwester von Melehan und Abrosius.

Melehan – Sohn des Mordred, Bruder von Ambrosius und Herrin Triamour.

Ambrosius – Sohn des Mordred, Bruder von Melehan und Herrin Triamour.

König Cerdic – Ein Sachsenkönig.

Prinz Cynric – Sohn des Cerdic.

Bruder Yvain – Ein Mönch des Heiligen Dornbusches.

Bruder Brice – Ein Mönch des Heiligen Dornbusches.

Bruder Judoc – Ein Mönch des Heiligen Dornbusches.

Fürst Konstantin – Ein Kriegsherr aus Dumnonia. Neffe von König Uther und Sohn des Ambrosius.

Fürst Geldrin – Herr über Tintagel.

Gawain – Einer von Arthurs Kriegern.

Gediens – Einer von Arthurs Kriegern.

Hanguis – Einer von Arthurs Kriegern.

Endalan – Einer von Arthurs Kriegern.

Fürst Cai – Einer von Arthurs Kriegern.

Parcefal – Einer von Arthurs Kriegern.

König Pelles – König von Ynys Môn, genannt »Fischerkönig«.

König Bivitas – König von Cynwidion.

König Catigern – König von Powys.

König Cuel – König von Caer Gloui.

König Menadoc – König von Cornubia.

Denn das Feuer der Rache, durch vergangene Verbrechen mit vollem Recht geschürt, breitete sich von Ufer zu Ufer aus, genährt durch die Hand unsrer Feinde im Osten, und ließ nicht ab, zerstörte alle benachbarten Städte und Lande, bis es die andere Seite der Insel erreichte und seine wilde rote Zunge in den westlichen Ozean tauchte.

Gildas, Auszug aus »Der Untergang Britanniens« (De Excidio Britanniae)

Die Sachsen sind wieder erstarkt. Sie sind raublustig und gnadenlos. Ihre Kriegsmeuten durchstreifen das Land, von Bernaccia im Nordosten dieser Inseln bis nach Rhegin im Süden, und auch nach Westen kommen sie, bis nach Caer Gwinntguic, weshalb ich nun fürchte, sie werden niemals wieder vertrieben werden, sondern unser Volk weiter unterjochen und tyrannisieren mit ihrem unstillbaren Hunger. Ich muss gestehen, mich nach den alten Zeiten zu sehnen. Als es noch Hoffnung gab. Und obschon er selbst im Schatten lebte, jenseits der Erleuchtung Gottes, komme ich nicht umhin zu wünschen, Arthur wäre noch bei uns. Ich träumte sogar von ihm, wie er an der Spitze seiner glorreichen berittenen Krieger aus Camelot hervorkam. Wie die Erde unter ihren Hufen erbebte! Aber Arthur ist fort. Und die übrigen Könige wollen sich nicht vereinen. Wollen nicht kämpfen. So sind wir einzig mit unseren Gebeten bewaffnet, ziehen Mut aus dem Heiligen Dornbusch und haben keine andere Wahl, als der nahenden Finsternis ins Auge zu blicken.

Auszug aus einem Brief von Prior Drustanus aus dem Kloster des Heiligen Dornbusches in Britannien an Seine Heiligkeit Papst Laurentius im Apostolischen Palast in Rom

Prolog

Er ist nicht mehr. Mein Liebster. Ich spüre es wie den Schnitt einer scharfen Klinge, wie etwas, das in mir zerreißt. Plötzlich und brutal, und ich stürze in die Finsternis, tiefer und tiefer wie ein Stein, hinabgeschleudert in den Ozean. Ich verblasse in den schwarzen Tiefen, kalt und ohne Luft. Erinnerungen und Gesichter fallen von mir ab wie die letzten Herbstblätter von der Eiche.

Immer weiter löse ich mich auf in meinem eigenen Abwärtssog. Ich komme. Dann Licht. Ein silbriger Schlitz in der Dunkelheit. Nein! Ich komme! Fliege jetzt. Werde hierhin und dorthin gepeitscht, meine Seele ein Funke im Mahlstrom des Sturms. Er ist fort, und ich strecke mich, ihm hinterher. Strebe suchend in die wirbelnde Schwärze. Greife vergebens nach dem aufblitzenden Licht. Warte! Wieder ein Blitz. Zu hell, ich muss zurückschrecken unter sengenden Schmerzen, ich keuche und schmecke Blut. Atme Eisen und Fäulnis. Und irgendwo in dem tosenden Donner höre ich mich kreischen. Ich spüre meine mächtigen Muskeln zucken, mein Herz schlagen, das Blut heiß und drängend in meinen Adern. Warte auf mich!

Aber er ist fort. Hinauf! Ich schreie, lautlos. Hoch mit dir! Und das Schlachtross, sein Schlachtross, tritt aus und ringt mit dem Schlamm. Rollt sich herum und schreit vor Hass und Trotz. Rollt sich abermals herum, streckt die Vorderbeine, schlägt die Hufe in den aufgewühlten Dreck und die Überreste Erschlagener. Sein Herz hämmert. Ein Donnerschlag, und seine Hinterbeine wuchten uns empor, und nun sind seine Stimme und meine Stimme eins, und wir kreischen. Es steht wieder, Blut fließt in die Muskeln zurück, mein Wille richtet das Schlachtross auf, als hätten die Götter selbst eine gewaltige Longe ausgeworfen und ihn wieder auf die Beine gerissen. Aber nicht mein Wille allein hat dies vollbracht. Auch sein eigener Stolz. Der Trotz, der ihnen beiden eigen war. Er aber ist fort, und ich kreise wieder und wieder, werfe mein mächtiges Haupt herum, breche Männer mit meinen Hufen. Sie weichen zurück. Diese Unholde, die ihn mir genommen haben. Jetzt galoppieren wir, die Hufe trommeln auf der Erde, zerteilen die streitende brüllende Menge und rennen wie über einen Damm, der das eiserne Meer zu beiden Seiten spaltet. Die Wellen schlagen höher. Nur weiter, tapferer Tormaigh. Lauf! Ich fühle das Leben aus dem Schlachtross rinnen wie Sand aus einer Faust, während ich mich festklammere und doch weiß, ich kann es nicht halten.

Aber ich muss. Wir sind eins, das Schlachtross und ich, und die ganze Welt ist Irrsinn. Nichts als Hass und Angst und Tod. Das Ende aller Dinge. Lauf, Tormaigh. Lauf, mein Guter. Wir durchbrechen das wimmelnde Fleisch und stolpern hervor, aber wir straucheln nicht, und nun im Kanter die Anhöhe hinauf, durch den gewundenen Kanal im hohen Gras, den Kanal, den sich das Schlachtross selbst gebahnt hatte, als sein Meister, sein Freund, ihn hinab in diesen abscheulichen Hader getrieben hat.

Hinauf. Der Lärm verblasst, flutet wie eine Welle auf Kies hinter uns zurück. Hinauf. Keuchend. Jeder Atemzug dem Tode abgetrotzt. Hinauf. Wir beflecken das Gras mit heißem Blut und schäumendem Schweiß, jagen den Pfad entlang, der uns zurück zu dem Jungen bringt.

1

Stimmen für die Verlorenen

Das Kind lebte gerade so lange, wie die Talgkerze neben dem Bettchen brauchte, um bis auf die eiserne Fassung niederzubrennen. Als sein blau geäderter Bauch zum letzten Mal an den winzigen Rippen saugte, entschwand sein Leben so unscheinbar, wie sich der Rauch aus dem Hanfdocht hinauf zwischen die Dachsparren kräuselte. Ein wenig früher, als es noch Hoffnung gegeben hatte, die Gebete könnten das Kind sicher durch die Lebensgefahr tragen, wie das Bastkörbchen den kleinen Moses durchs Schilf getragen hatte, hörte ich Bruder Judoc zu Bruder Brice raunen, es sei Verschwendung, eine Kerze zu benutzen, wenn es auch ein Binsenlicht täte.

»Du weißt so gut wie ich, dass dieses Kind bereits in den Himmel gerufen wurde, um zur Rechten des Herrn zu sitzen«, gab Bruder Brice zurück. »Soll diese arme Mutter wenigstens die Bettwache für ihr Kind halten, ohne Angst haben zu müssen, dass das Licht erlischt und sie nicht weiß, ob ihr Kleines noch in dieser Welt oder schon in der nächsten weilt, bis es wieder entzündet ist.«

Das Kind war zu früh gekommen, und so hatten wir keine Zeit gehabt, die Nonnen jenseits des Wassers zu verständigen oder wenigstens Bruder Yvain auszuschicken, einen Zweig des Heiligen Dornbuschs zu schneiden, um ihn der Frau in die Hand zu geben, während sie sich mit den Wehen quälte. Die Brüder hatten getan, was sie konnten, aber es reichte nicht aus, also hatte Judoc mich losgeschickt, Bruder Phelan und einige andere zu holen, damit sie die Seele des Kindes in den Himmel singen konnten, nun, da sein Verscheiden gewiss war.

Bis sie sich alle im Krankenzimmer versammelt und beschlossen hatten, welcher Choral am besten für ein solch trauriges Ereignis passte, war es zu spät. Dieser viel zu schwache Junge hatte seine Mutter einmal mehr allein auf Erden gelassen und war ausgezogen, um droben mit den Engeln zu singen – sagte zumindest Bruder Brice, obwohl das Kind kaum gekräht oder überhaupt ein Geräusch von sich gegeben hatte, seit es so mühevoll auf die Welt gekommen war.

Auch seine Mutter ließ weder Schreien noch Klagen hören. Zumindest nicht am Anfang. Sie hockte auf dem Schemel neben dem Bettchen und erhob die müden Augen zu Bruder Brice. Der Abdruck der Bettkante prangte rot wie eine lange Narbe auf ihrer blassen Wange. Ich sah solche Trauer in diesem Gesicht, solch endlose Trostlosigkeit, dass ich mich schämte, dort zu sein, völlig hilflos. Bruder Brice nickte, der Augenblick sei gekommen.

Der alte Mönch rieb sich die aschfahle Wange, als hätte er plötzlich die neuen weißen Stoppeln bemerkt, die unter seinen Fingern kratzten, und in dem Moment sah ich, wie erschöpft er war. Müde nicht nur von seiner Wache in dieser Nacht, sondern auch von den Hunderten davor. Von einem ganzen Leben als Hirte, der die Seelen zur Grenze des Jenseits geleitete. Und davon, einfach auszuharren, Jahr für Jahr, wie auch unsere kleine Insel Ynys Wydryn ausharrte, während die Welt draußen verging, wie alles vergehen musste. Denn unser Hügel, der sich aus einer Düsternis von Sumpf und Gesetzlosigkeit erhob, war eine seltene Zuflucht in einem Land voller Aufruhr.

Wie die Gezeiten im Marschland kommen und gehen und unser matschiges Ufer Tag für Tag, Stück für Stück abtragen, so hatten die Jahre und die Leben und die Tode auch Bruder Brice zugesetzt, seinem Körper und seiner Seele. Und jetzt fürchtete ich, die Schwingen des Engels, die verborgen vor den Blicken der Sterblichen hier im Raum schlugen, könnten den müden alten Mönch in ihrem Sog mit in den Himmel ziehen.

Die Mutter – damals kannte ich ihren Namen noch nicht – schloss die Augen, vielleicht um ihrem Kind Lebewohl zu sagen, und als sie sie wieder öffnete, fielen zwei Tränen in ihr Gesicht. Sie erhob sich, woher auch immer sie die Kraft dafür genommen haben mochte, und starrte auf den stillen kleinen Körper hinab. Er war von solcher Reglosigkeit, wie sie selbst der tiefste Schlaf nicht hervorrufen kann. So viel Verheißung in diesen dürren Beinchen. So makellos die knorrigen kleinen Hände, die niemals die Mutterbrust ergreifen oder an ihrem dunklen Haar ziehen oder ihre Finger packen würden. Ich flüsterte ein kurzes Gebet, dass ich in Gottes Gnade wachsen und eines Tages ein wenig Einsicht in Seine Pläne erhalten möge.

Mit einer Zärtlichkeit jenseits von allem, was eine Mutter einem lebendigen Kind bieten konnte, hob die Frau den kleinen Körper auf und schmiegte ihn an sich. Ich glaube, sie wollte die letzten verhallenden Echos des Herzens ihres kleinen Jungen in ihrem Herzen aufnehmen.

Bruder Brice und Bruder Judoc tauschten einen Blick und schlugen mit den erfahrenen Händen das Zeichen des Heiligen Dornbusches. Die Gebete auf ihren spröden Lippen waren so sanft und leise wie der rußige Talgrauch, der noch immer zum Strohdach aufstieg.

Dann das Schreien. Das gepeinigte Heulen eines verletzten Tieres. Schon bevor Bruder Judoc den Docht zum letzten Mal geschnitten hatte, hatte ich dieses Zimmer verlassen wollen, aber ich wusste, ich musste bleiben.

»Dein Noviziat neigt sich dem Ende zu, Galahad, bald bist du ein Bruder unseres Ordens«, hatte Bruder Brice gesagt, sobald klar geworden war, dass es mit dem Kleinen nicht zum Besten stand. »Es reicht nicht aus, nur über das Mysterium der Seligkeit nachzudenken, nur die Heilige Schrift zu lesen und über ihren Inhalt zu meditieren. Du musst aus erster Hand das Wunder des Lebens erfahren … und das Rätsel des Todes.« Dabei hatte er mir eine Hand auf die Schulter gelegt, denn er wusste, dass ich bereits innige Bekanntschaft mit dem Tod gemacht hatte, dass die Augen, in die er da spähte, Zeugen unaussprechlicher Gewalt geworden waren. Jahre her, jetzt.

»Ich sollte draußen sein und Thymian und Petersilie für Bruder Meurig sammeln, außerdem muss ich nach den Aalreusen schauen«, hatte ich protestiert. Ich wollte überall sonst sein, nur nicht dort in diesem Raum mit dieser Trauer.

Sein Blick war streng geworden. »Du wirst bleiben, Galahad, und beten.« Dann hatte er einen Blick auf die Frau geworfen, die drüben am Bettchen saß, ihre Kleider von der Geburt verdreckt. Ein schwerer Eisengeruch lag in der Luft. »Wollen wir hoffen, dass sich das Kind erholt. Dass der Herr es an der Seite seiner Mutter belässt. Zumindest ein wenig.«

Aber der Herr in Seiner Weisheit hatte das Kind trotz unserer Gebete fortgenommen, und die Mönche, die weder wussten, wie sie die Mutter trösten sollten, noch den Mut hatten, es zu versuchen, gaben sich stattdessen ihren Trauergesängen hin.

»Mein Kind. Mein Kind ist verloren«, klagte die Frau. »Seht ihr?« Ihr stechender Blick fiel auf mich, und einen schrecklichen Moment lang glaubte ich, sie würde mir den kleinen Körper reichen. »Er ist zu klein«, sagte sie zu mir. »Wie soll er den Weg nach Annwn finden?«

Ich konnte ihr keine Antwort geben, sondern machte das Zeichen des Dornbuschs bei Erwähnung der Anderwelt, wo die Toten der Heiden hausten. Zu meiner Schande wandte ich danach den Blick ab, schlurfte näher an Bruder Phelan und die anderen heran und stimmte in den düsteren Choral ein, um Gott zu ehren.

Anfangs waren die Stimmen der Männer dünn wie Schilf, dann aber gewannen sie an Kraft, ihr Atem vermengte sich in der kalten Morgenluft zu nebligen Schleiern, während sie mit ihrem tröstenden Lied das kleine Zimmer erfüllten, das doch eigentlich vom Weinen eines Kindes und dem Gurren seiner Mutter hätte erfüllt sein sollen.

Ich war schon mitten im Lied, als Bruder Brice mich beiseitezog. »Hol Bruder Yvain her«, sagte er. »Er muss noch heute übers Wasser.«

Ich nickte und drehte mich um, dankbar, eine Aufgabe erhalten zu haben, aber Bruder Judoc packte mich am Ärmel und zerrte mich zurück. »Einen Moment, Galahad.« Er reckte einen Finger, sah Bruder Brice an und hob das Kinn. »Was hast du vor, Bruder?« Er war einen ganzen Kopf größer als Brice und genoss es. Nicht dass ich Bruder Brice je eingeschüchtert erlebt hätte.

»Im Dorf ist jemand krank geworden«, sagte Brice. »Eudaf der Schuster. Sein Sohn ist vor zwei Tagen zu mir gekommen und hat mich gebeten, jemanden zu schicken, der seinem Vater die Litanei singt.« Er lupfte eine Augenbraue und erhob die leere Handfläche in Richtung der trauernden Mutter. »Ich bin noch nicht dazu gekommen.« Er runzelte die Stirn. »Jetzt fürchte ich, dass wir Kind, Mutter und Schuster alle drei im Stich gelassen haben.«

»So Gott will, hat sich der Mann wieder erholt.« Bruder Judoc führte die Handflächen zusammen und verschränkte die geraden Finger, die den Heiligen Dornbusch symbolisierten.

Bruder Brice neigte den Kopf, um einen anderen Ausgang anzudeuten. »Sollte er aber gestorben und noch nicht begraben sein, könnte dieser Eudaf dem armen Kind vielleicht noch helfen«, sagte er. »Und dieser jungen Frau ebenfalls.«

»Das wäre lästerlich«, platzte Bruder Judoc heraus und starrte Bruder Brice an.

»Es wäre gütig«, entgegnete Bruder Brice mit nachdenklichem Nicken. Ich sah, dass seine Tonsur der Klinge bedurfte, denn dort zwischen den Leberflecken war frischer weißer Flaum zu sehen, fein wie blühender Löwenzahn. »Ein einfaches Zeichen der Güte, nicht mehr«, sagte er mit einem Blick auf die Frau.

Mein Gesichtsausdruck machte offenbar deutlich, dass ich keine Ahnung hatte, wovon die beiden redeten, und es war Bruder Judoc, der es auf sich nahm, mich aufzuklären, und sich wohl erhoffte, dadurch einen Verbündeten gegen Bruder Brice zu gewinnen.

»Bruder Brice will, dass das tote Kind zusammen mit diesem Dorfbewohner in die Erde gelegt wird, damit die Seele des Mannes die des Kleinen in den Himmel begleiten kann.« Angewidert verzog er den Mund. »Das ist ein heidnisches Ritual. Ich habe es schon praktiziert gesehen.«

»Ihre Großmutter hat in Uthers Tagen König Deroch gedient«, sagte Bruder Brice. »Ihr Vater hat in Arthurs Schildwall gekämpft. Ich würde ihren Schmerz gerne lindern.« Denn wir haben ihr Kind nicht gerettet war das, was unausgesprochen blieb.

Judoc schüttelte den Kopf. »Es ist unchristlich.«

»Unchristlich, Menschen helfen zu wollen, die leiden?«, fragte Bruder Brice uns beide. »Und ist es nicht weise«, fuhr er fort und neigte den Kopf, um diesem Argument noch mehr Gewicht zu verleihen als dem vorangegangenen, »Frieden zu halten mit jenen, die unsere Feinde am Ende doch noch zurückschlagen könnten? Einst waren ihre Götter mächtig an diesem Ort.«

»Man kann die Sachsen nicht zurückschlagen«, sagte Bruder Judoc. »Sie werden nicht lockerlassen, bis sie jeden einzelnen Briten erschlagen oder in den Westen ins Meer getrieben haben. Britannien ist verloren, Bruder. Ein Narr, wer das nicht sehen kann. Und Ungläubigen zu helfen wird den Herrn nur noch mehr erzürnen. Es wird das Ende nur beschleunigen.«

Bruder Brice schenkte ihm ein trauriges Lächeln. »Wenn wir ohnehin verloren sind, Bruder, was kann dann diese kleine Geste der Barmherzigkeit schon anrichten?« Damit drehte er den Kopf und lenkte unsere Blicke wieder auf die trostlose Szenerie mit der jungen Mutter, die sich ihr totes Kind an die Brust drückte. Ihr Wimmern war schwer zu ertragen, vor allem da es nur gedämpft durch den kleinen Flaum heller Haare drang, in den sie ihre Lippen drückte. Es glitzerte vor Tränen, dieses Haar, als wollte sie dem Kind eine zweite Taufe zuteilwerden lassen, kaum eine Kerzenlänge, nachdem wir mitangesehen hatten, wie Bruder Brice das Kind mit Wasser aus der Weißen Quelle wusch. Die Mutter schien nicht gewusst zu haben, was der Bruder da tat. Falls sie es wusste, war es ihr jedenfalls egal.

»Tu, was du nicht lassen kannst, Bruder, aber ich will die Tat nicht auf dem Gewissen haben«, sagte Bruder Judoc und machte abermals das Zeichen des Dornbusches.

»Natürlich nicht«, sagte Bruder Brice mit einer hochgezogenen Braue. Dann drehte er sich zu mir und hob das weiß gestoppelte Kinn, und ich zog los, Bruder Yvain zu finden.

*

»Dann hat uns das arme Ding schon verlassen.« Bruder Yvain nickte Bruder Dristan zu, er solle weiter die Drehbank bedienen, was der jüngere Mann auch tat; er zog und führte den Lederriemen, der um den Stock gespannt war und das Holz erst in die eine, dann in die andere Richtung drehte. Wieder und wieder.

Yvain schaute nicht einmal auf, während er mit dem Eisenbeitel Flocken und Spiralen aus cremefarbenem Holz auf die Schilfmatten schickte. »Junge oder Mädchen?«

Der Geruch in der Werkstatt änderte sich so oft wie das Wetter, je nachdem mit welchem Holz er arbeitete und ob es abgelagert oder frisch geschnitten und feucht war. Heute fing ich den süßlichen Duft von Kirsche auf, vermengt mit einem Hauch Katzenpisse der frischen Ulme.

»Ein Junge«, sagte ich.

Tief in seiner Kehle erklang ein grobes Geräusch; ob nun als Reaktion auf diese Eröffnung oder darauf, wie sich das grünliche Holz drehte, ich wusste es nicht. »War mir direkt klar, dass da was nicht stimmt, als ich kein Quäken gehört hab«, sagte er. »Nicht ein einziges Mal, seit das Mädchen niedergekommen ist.«

Bruder Dristan, der trotz des kühlen Tages schwitzte, bediente den Lederriemen mit der flüssigen Gleichmäßigkeit langer Übung, und Bruder Yvain drückte den kleinen Beitel ins Holz, furchte irgendeine Verzierung hinein. Erschaffen durch Fortnehmen. »Arme kleine Seele«, sagte der ältere Mann und blies von dem scharfen Eisen einen Holzsplitter weg, hell wie eine Locke des blonden Flaums. Er seufzte. »Der Herr sei ihm gnädig.«

»Amen«, hauchte Bruder Dristan.

Bruder Yvain schien die niedrige Werkstatt ganz auszufüllen, schien so sehr Teil der Einrichtung zu sein wie die Schüsseln, die zum Trocknen in den Regalen standen, und die alten vernarbten Werkbänke und die Haufen der aus Eschenholz gefertigten Hakenwerkzeuge und Schnitzmesser, die er selbst erschaffen hatte, jedes zu einem bestimmten Zweck. Die meiste Zeit des Tages fand man ihn hier, selbst in jenen Stunden, da sich der Rest von uns zum Gebet versammelte. Nicht dass die anderen Brüder Yvain bei Sext und Non vermisst hätten, auch nicht bei der Vesper, wo man ihn so gut wie nie sah. Denn von den Holzarbeiten abgesehen schulterte Yvain auch noch andere Verpflichtungen, führte Aufgaben aus, die kein anderer Bruder übernehmen wollte. Es bestand eine ungeschriebene Übereinkunft zwischen den Brüdern, dass er dafür mehr Zeit an seiner Drehbank als beim Gebet verbringen durfte, weshalb ich nun in der Werkstatt stand und die Versuchung niederrang, meinen Fuß zu heben und nach dem Splitter zu suchen, der mich quälte.

»Also?«, fragte Bruder Yvain.

Breitschultrig und schwarzbärtig war er. Seine Hände hatten dicke Finger, knorrig wie eine alte Eibe, und doch hatte ich so oft bewundert, welch anmutige Formen er Apfel und Esche, Buche und Schlehe entlockte. Spielfiguren, Ahlen und Löffel, kleine Kisten zur Aufbewahrung von Salben und Kräutern, Stuhlbeine, Hirtenstäbe und Gehstöcke für greise Mönche. All dies mit seiner Werkbank und diesen groben Händen.

»Alles, was ich erschaffe, arbeite ich so, als würde es der Hochkönig der Briten eines Tages in der Hand halten«, hatte Yvain einmal zu mir gesagt, als ich als Kind dabei zugesehen hatte, wie ein rotierendes Holzstück vom hellen Eisen in die richtige Form geküsst wurde. Nicht dass es in den vergangenen dreißig Jahren einen Hochkönig der Briten gegeben hatte.

»Bruder Brice hat mich nach Euch geschickt«, sagte ich jetzt. Ein plötzliches Stechen in meinem rechten Fuß, im weichen Fleisch mitten hinter den Zehen.

Wieder dieses Knurren tief in seiner Kehle. »Richte ihm ein Nein aus.«

Ich schaute von Yvain zu Dristan, der kaum merklich mit den Schultern zuckte und meinen Blick erwiderte, während er weiter den Riemen bediente.

»Bruder?« Ich fragte mich, wie Yvain ablehnen konnte, bevor er überhaupt vernommen hatte, was Brice von ihm wollte.

»Er will mich irgendwo hinschicken«, sagte Yvain. »Ins Dorf oder zu den Nonnen. Wohin auch immer.« Er hob das Kinn, und Dristan ließ von dem Riemen ab, sodass es plötzlich still wurde in der Werkstatt. Yvain blies auf den Rohling und betrachtete ihn eingehend, während Dristan den Atem anhielt. »Was immer es ist, sag ihm: Nein. Ich gehe nicht da raus.« Wieder hob er den Bart, der voller Holzspäne hing, und Bruder Dristan löste mit flinken Fingern den Riemen, damit Yvain das Werkstück von der Drehbank nehmen konnte. »Ich werde diese Insel nicht noch einmal verlassen, Galahad. Nicht in diesem Körper.« Er drehte das Stück in seinen großen Händen und wirkte wenig zufrieden. »Ich habe zu tun. Sag ihm das.«

»Es geht um das Kind«, sagte ich. »Und … um seine Mutter. Bruder Brice möchte das Kleine einem erwachsenen Mann mit ins Grab geben.« Bruder Dristan rümpfte die Nase. »Auf dem Crannog lag ein Mann im Sterben …«

»… und Bruder Brice will, dass ich rüberfahre und den Leichnam nach Ynys Wydryn schaffe«, unterbrach mich Bruder Yvain und drehte das Werkstück weiter in den Händen. »Dass ich ausziehe und meinen Hals riskiere, um für ein totes Kind einen toten Mann zu holen.«

Bruder Dristans Augen weiteten sich bei diesem Satz, aber er wusste es besser, als Bruder Brice’ Wünsche in Yvains Gegenwart infrage zu stellen, selbst wenn diese Wünsche unserem Glauben zuwiderliefen.

»Ich werde nicht gehen«, sagte Yvain. »Diesmal nicht.«

Ich nickte und konnte nicht anders, als mich zu fragen, welch schreckliche Dinge Bruder Yvain dort im Marschland und in noch weiterer Ferne gesehen haben musste. Dinge, über die auch die anderen Brüder manchmal flüsterten, abends im Dormitorium. Geschichten, die in der tiefen Stille der Nacht noch schärfere Zähne und Klauen bildeten, um uns in der Dunkelheit heimzusuchen.

»Nun, Galahad«, sagte er und hielt die Frucht seiner Arbeit hoch, drehte sie hierhin und dorthin im fahlen Streifen des Tageslichts, das von spuckenden Regenschleiern begleitet fast ein wenig zaghaft durchs Rauchloch in die Werkstatt fiel.

»Er ist sehr schön, Bruder«, sagte ich.

Yvain runzelte die Stirn. »Das könnte er werden. Wenn ich die Maserung herausarbeite und er keine Risse bildet.«

Es war ein Kelch aus gestockter Buche. Ein einfaches Ding. Ich wusste jedoch, dass Bruder Yvain das Bienenwachs ins Holz massieren würde, bis die seltsamen, dunklen Muster eine eigene Geschichte erzählten, so reichhaltig wie das Lied eines Barden.

»Dann ab mit dir, Junge. Und denk dran, was ich gesagt habe: Ich werde nicht gehen.«

»Jawohl, Bruder.«

»Und mach, dass du den Splitter aus dem Fuß kriegst.« Er zückte ein Messer und schnitzte eine Unebenheit vom Sockel des Kelches. »Selbst ein so kleines Ding wird dich umbringen, wenn es nur kann.«

Ihm entging nicht viel, diesem Yvain. Ich nickte und zog mir die Kapuze über, fragte mich, wie sich die raue Wolle wohl auf meiner Kopfhaut anfühlen würde, wenn beim nächsten Neumond mein Noviziat endete und ich die Tonsur bekommen würde, um ein Bruder zu werden.

Dann trat ich in den feuchten Tag hinaus, stand einen Moment lang einfach da und schaute in den Himmel. Über mir zankten sich lauthals ein paar Saatkrähen, die wie schwarze Asche durch die große Leere taumelten. Die Abenddämmerung sammelte sich, der Tag zog sich zurück, und ich spürte, wie das Licht aus dem Himmel gewaschen wurde. Die Stimmen der Brüder, die mit der Brise anschwollen und verebbten, wirkten, als wären sie ebenso als Gebet gegen die einbrechende Nacht gedacht wie als Liturgie für das arme Kind, das nicht einen Tag gelebt hatte.

*

Bruder Brice starrte die ganze Komplet hindurch finster geradeaus, auch wenn sein Zorn vergebens war, da Bruder Yvain nicht anwesend war, ihn zu bemerken. Von den übrigen Brüdern hatte einzig Padern Brice’ Anliegen unterstützt, einen kürzlich verstorbenen Erwachsenen zu finden, der das Grab des Kindes teilte. Nicht dass sich der alte Kellerer freiwillig ins Moor wagen wollte, um zu den Leuten auf dem Crannog zu reisen, als ich Yvains Weigerung überbrachte.

»Ich werde selbst gehen«, hatte Bruder Brice verkündet und die fleckigen Hände zusammengepresst. Sollte er dies je ernst gemeint haben, so löste sich seine Entschlossenheit auf wie der Nebel seiner Worte in der kalten Luft. Bruder Padern betrachtete mich mit hochgezogener Braue. Wir glaubten also beide nicht daran, dass Bruder Brice ernsthaft mit dem Gedanken spielte, das Kloster zu verlassen. Abgesehen von Padern und Prior Drustanus, der das Krankenbett hütete, seit wir die ersten Fischadler in den Sümpfen erblickt hatten, die dort Kraft sammelten, ehe sie über Winter gen Süden entschwanden, war Brice der älteste Bruder. Und obgleich sein Verstand noch messerscharf war, eignete sich sein Körper eher zum Gebet als dazu, mitten im Winter durch die Sümpfe zu paddeln. Außerdem lauerte dort draußen zwischen den Schilfinseln das Böse. Finsternis schlich in den Bruchwäldern herum und schlang sich um die Wurzeln der Weiden. Niedertracht regte sich im Morast.

Wir alle hatten die Geschichten gehört, die sich die Menschen aus den Inseldörfern über die Thrys erzählten, eine Rasse menschenähnlicher Kreaturen, die in den dunkelsten Ecken hausen, manchmal unter dem Wasser, und nur darauf warten, unachtsame Reisende zu meucheln. Alle paar Jahre gab es neue Geschichten über Leute, die sich in den Sumpf aufmachten und nie zurückkehrten.

Und es gab die dichten Nebelfelder, die aus dem dunklen Wasser stiegen, als loderten in der Unterwelt Scheiterhaufen so zahlreich wie die Sterne am Nachthimmel, deren Ruch durch den Schleier zwischen den Welten in die unsere drangen. Auch gab es das gefürchtete Sumpffieber, das man sich in diesem unheiligen Nebel einfangen konnte, dass man sich die Seele aus dem Leib kotzte und eine gelbe Haut bekam und die Knochen einem im Fleisch klapperten, bis man daran starb.

Bruder Yvain war also der Einzige von uns, der dem Moor hin und wieder die Stirn bot, um Nachrichten von Prior Drustanus zu Priorin Klarine im Frauenkloster zu tragen oder den Schmied Ermid aus dem Seedorf zu holen, wenn bei uns etwas geschmiedet werden musste, das die Fähigkeiten unseres Drechslers überstieg.

»Ich habe schon Schlimmerem gegenübergestanden als irgendwelchen stinkenden Sumpfbewohnern«, hatte er einmal zu mir gesagt, als ich ihn fragte, warum er keine Angst davor hatte, mit unserem kleinen runden Paddelboot aus Flechtwerk hinaus aufs dunkle Wasser zu fahren, ohne zu wissen, was dort jenseits unserer sicheren Insel lauern mochte. Bruder Yvain war einmal ein Krieger gewesen, hatte sogar als Speerträger für Fürst Arthur gestritten, auch wenn er dieser Tage kaum von damals erzählte. Wenn nun selbst Yvain nicht mehr willens war, unsere kleine Zuflucht zu verlassen, dann würde es niemand tun. Bruder Brice würde sich damit abfinden müssen, das Kind allein in ein kleines Grab zu betten und zu hoffen, die Engel des Herrn mochten einen Weg durch die Nebel von Avalon finden, um die Seele des Kleinen gen Himmel zu tragen.

Und so schaute der alte Mönch während des gesamten Nachtgebets finster drein, während Bruder Yvain in seiner Werkstatt saß und Holz drehte und die arme erschöpfte Frau noch immer schluchzte, weil sie fürchtete, ihr Kind würde für immer durch die Schattenlande zwischen unserer Welt und der nächsten irren.

Ich selbst fragte mich, ob der Herrgott überhaupt wusste, dass wir hier waren, wir zehn Seelen, die sich an diese Insel im Marschland klammerten, wo schon die alten Götter der Briten gewohnt hatten, ehe die Götter der Sachsen die Dunklen Inseln erreichten. Da ich die Gebete auswendig kannte, war mein Geist frei umherzustreifen, und obwohl ich mich ein wenig schämte, mir diese Frage in solch einer Situation zu stellen, entschied ich, es sei besser, sie jetzt zu stellen, in meinem Noviziat, als später erst. So würde mein Geist hoffentlich zur Ruhe gekommen sein, damit ich mich ganz Gott widmen konnte, nachdem ich mein Gelübde ablegte und Bruder Brice persönlich mir die Tonsur schnitt.

Aber selbst diese heikle Erwägung verblasste in der feuchten Kälte der Nacht, sodass ich beim Totenoffizium zitternd und gähnend in der vom Flackern der Binsenlichter durchzuckten Dunkelheit an der Rückwand der Kapelle kauerte und nur noch an mein Bett und an süßen Schlaf dachte, obwohl ich mich doch auf die Andacht hätte konzentrieren sollen.

Denn die kleine Kirche war arg zugig im Winter, wenn die Apfelbäume jenseits der kleinen Weide nur noch schwarze Skelette waren und bittere Böen aus dem Westen übers Moor bliesen und in Wellen den Hügel hinaufrollten. Das Schilfdach war undicht, und während wir auf trockenere Tage warteten, um es auszubessern, konnten wir uns nur zusammendrängen, von nichts als unserem Atem beim Singen gewärmt – und von der illusorischen Hitze der gebrechlichen Flammen der Talglämpchen. Und obwohl Bruder Yvain für die Laudes zu uns stieß, sein Habit mit Spänen bedeckt, hatten wir nicht genug Stimmen aufzubieten, um die Schluchzer der untröstlichen Frau zu übertönen, die durch das Flechtwerk der Mauer drangen und das rhythmische Heben und Senken unserer Lieder immer wieder zerrissen.

Irgendwo zischte jemand, aber im Halbdunkel war die Quelle nicht auszumachen. Dann lenkte Bruder Dristans Ellbogen in meiner Seite meine Aufmerksamkeit auf Bruder Judoc, der mich anstarrte von seinem Platz zu unserer Rechten, unter dem trockensten Abschnitt des alten Schilfdachs. Er rief mich mit seinem Blick zu sich, also schlängelte ich mich zwischen den Brüdern hindurch, noch immer singend, bis ich vor Judoc stand und mich vorbeugte, um mein Ohr an seinen Mund zu führen.

»Das Mädchen, Galahad; so geht das nicht. Sie stört die Brüder bei ihren Gebeten.« Ich wusste, Bruder Brice hatte ihr gestattet, die Nacht im Krankenzimmer mit dem kleinen Leichnam zu verbringen, auf dass unsere Gebete durch die Wand sickern mochten, um ihr Trost zu spenden. Nach dem Klang ihres Schluchzens zu urteilen, brachte ihr unsere Andacht allerdings keineswegs Trost. »Bring ihr Wein«, zischte Bruder Judoc, »mit nur wenig Wasser.«

»Ja, Bruder.« Ich wandte mich zum Gehen.

Er ergriff meinen Arm. »Nur ganz wenig Wasser, Galahad«, wiederholte er. »Sie wird im Schlaf ein bisschen Frieden finden.« Er verzog das Gesicht. »Und uns bleibt dieses Gejammer erspart.«

Ich nickte, ging los, einen Krug Apfelwein zu holen, und fragte mich, ob ich weiter der Laufbursche der Brüder sein würde, sobald ich einer von ihnen war. Als ich mit dem Boden des Bechers an die Tür klopfte, stellte ich fest, dass meine Handflächen schweißnass waren und sich mein Magen wand wie ein Topf voller Aale. Ich dachte daran, was Bruder Folant kurz zuvor gesagt hatte – dass das tote Kind für ganz Britannien stehe. Aber Folant war stets die Stimme des Untergangs und erfüllte unsere Ohren mit dunklen Prophezeiungen über die Zukunft.

Keine Antwort von drinnen. Das Schluchzen allerdings wurde ein wenig leiser, und ich hörte ein rhythmisches Keuchen, als versuchte sie, wieder zu Atem zu kommen. Ich hob den Krug unter meine Nase und inhalierte das Aroma der fermentierten Äpfel mit dem Honig, ein Geruch wie Sommertage, die plötzlich wie von Zauberhand hell und schön in meinem Geist erstanden. Ich schob die Tür auf und trat ein.

Ein Öllämpchen brannte mit unruhig rußigem Stottern, das die Atemzüge der Frau nachzuahmen schien. Im flackernden Licht sah ich, dass das Bündel wieder in dem schlichten Bettchen aus bleicher Birke lag, gefertigt von Bruder Yvain an dem Tag, als der Ehemann der Frau sie zu uns auf den Hügel gebracht hatte. Wo ihr Mann jetzt steckte, wusste niemand. Gegen den Rat der Brüder war er weitergezogen, um einen Heiler aufzusuchen, der auf einer kleinen Landzunge im Meare-See lebte. Aber er war nicht zurückgekehrt, und wer wusste, ob er das noch tun würde.

»Es tut mir leid«, sagte ich zu der Frau, die wieder auf dem Schemel neben dem Bettchen saß wie zuvor, als ihr Kind noch mit dem Leben gerungen hatte. Sie sah mich mit einer Traurigkeit an, wie ich sie lange nicht erlebt hatte. Ihre Augen waren rot und geschwollen. In ihrem Gesicht glitzerten Rotz und Tränen, und hatte ich den dämmrigen Raum ohnehin nur zögernd betreten, so kam ich mir jetzt zur Gänze verachtungswürdig vor, wie ich da stand mit einem Krug voll Apfelwein, als könnte der für Besserung sorgen. Und trotzdem versuchte sie zu lächeln.

»Danke dir, Galahad.«

Ich war so verdattert, dass man es mir offenbar ansah.

Sie runzelte die Stirn. »Das ist doch dein Name?«

»Ja«, sagte ich und goss Wein in den Becher. Ich hatte nicht mehr als einen halben Becher Wasser in den Krug gemengt.

»Man erzählt sich von dir«, sagte sie.

Ich trat näher und reichte ihr den Becher. Sie nahm ihn entgegen und trank, leerte ihn, ehe ich den Krug auf dem Nachttisch abstellen konnte. Ich befüllte ihren Becher erneut und stellte den Krug weg. Mein Name war bekannt in Avalon. Das wusste ich. Und hasste es.

»Wie heißt du?«, fragte ich.

»Enid«, sagte sie.

Ich nickte in Richtung des Bechers in ihrer Hand. »Er ist stark, Enid«, warnte ich sie. »Ich kann noch mehr Wasser holen. Wenn du möchtest.«

Sie schüttelte den Kopf und nahm noch einen Schluck. Wieder fiel ihr Blick auf das Bettchen. »Mein Kind ist verloren.«

»Nein. Er wird seinen Weg in den Himmel finden«, sagte ich so entschlossen wie möglich. »Wir alle haben für ihn gebetet. Der eine wahre Gott wird seine Seele willkommen heißen.«

Sie verzog das Gesicht und sah mich finster an. »Hier gibt es keine Götter, Galahad«, krächzte sie. »Weder deinen noch meine. Mein armer kleiner Junge ist verloren. Wir sind alle verloren.«

Ich wusste nicht mehr weiter. Was sollte ich sagen? Die Andacht der Brüder drang durch die Wand, und ich wünschte, ich wäre drüben bei ihnen statt hier bei dieser Frau, deren Schmerz sich wie ein lebendiges Wesen anfühlte, wie eine Kreatur mit gierigen Händen und Krallen, die sich auf der Suche nach meinem Herzen in mein Fleisch zu graben schienen.

Ich nahm den Krug und füllte Enids Becher abermals, diesmal aber wollte sie ihn nicht annehmen. Sie packte den Rand des Bettchens, ihre Knöchel weiß im flackernden Schein. Frische Tränen verwandelten ihre Augen in tiefe Tümpel des Elends.

»Er ist verloren. Mein Kind ist verloren und ganz allein.«

»Es tut mir leid«, sagte ich. »Es tut mir so leid.« Und mit diesen Worten drehte ich mich zu meiner Schande um und floh aus dem Zimmer.

Ich gesellte mich wieder zu den Brüdern und erhob mit ihnen gemeinsam meine Stimme gen Himmel, sang sogar noch ein wenig lauter als zuvor, hatte noch größere Angst, Enids Schluchzen durch die Wand zu hören, jetzt, da ich ihren Namen kannte und sie den meinen.

Als ich aber später in meinem Bett lag und die einzigen Geräusche die der Mäuse waren, die in den Schilfmatten am Boden umherhuschten, begleitet vom Schnarchen der Männer und hin und wieder von jenseits unserer dünnen Wände dem Schrei einer Eule oder dem Gebell eines Hundes, das übers dunkle Wasser hallte, da dachte ich weiter an diese Frau und ihr totes Kind. Immer und immer wieder hörte ich ihre Worte in meinem Kopf, monoton wie die Andacht und verlassen wie die Sümpfe rings um unsere Insel. Hier gibt es keine Götter … Weder deinen noch meine.

Kalte Worte. Entsetzliche Worte, die an mir zogen und zerrten und mich keinen Schlaf finden ließen. Schließlich erhob ich mich so leise wie möglich, um kein Geräusch zu machen, das die anderen aus ihrem Schlummer reißen würde, und kroch durch die Dunkelheit auf den Schlitz aus totenbleichem Licht zu, der sich unter der Tür abzeichnete.

*

Der Atem der See schlug mir ins Gesicht, dünn wie nagender Hass. Er prickelte auf meinen Wangen, machte kalte Brunnen aus meinen Augen und scheuerte mir die Hände wund, mit denen ich den Schaft des Paddels hielt und das Korbboot durchs Schilf steuerte. Kehr um, schienen mir die dürren Schilfrohre zuzuflüstern, wann immer eine neue Brise vom Hafren sie zerzauste und den Nebel wie den Atem eines unsichtbaren Tiers bewegte, das sich gerade davonschlich, wo die Nacht allmählich dem Morgengrauen wich. Du solltest nicht hier draußen sein, zischten sie. Das Marschland ist kein Ort für Wesen wie dich. Und das war es wirklich nicht, wie ich wusste, während ich das Paddel durchs kalte Wasser stemmte – ganz langsam, damit meine Anwesenheit verborgen blieb vor den Menschen. Den Kreaturen. Den Geistern.

Ringsum stachen die ersten Brachvögel an den schlammigen Ufern ihre langen, gebogenen Schnäbel ins Wasser. Ihre einsamen, schwermütigen Rufe webten einen traurigen Gesang. Cour-lee. Cour-lee. Cour-lee. Hinter mir ragte lang und bucklig die Insel im Nebel auf. Der Rücken eines Drachen, alt wie die Erde. Eine dunkle Masse an einem Morgen, der wie das Kind, das bald ins Grab gelegt werden sollte, zu schwach wirkte, um lange zu überleben. Denn der frühe Tag war noch weich und ohne Form. Es war einer jener Tage, an denen der Schleier zwischen den Welten hauchdünn ist und die Menschen in ihren Hütten nahe beim Herdfeuer bleiben, ihre Zeit mit Arbeiten verbringen, die angefasst und festgehalten und gefühlt werden können.

Warum also war ich hier draußen zwischen den Schilfinseln? Geflochtene Weidenzweige und Ochsenleder waren alles, was mich vom Wasser trennte und von dem, was unter der finsteren Oberfläche lauern mochte. Was hatte ich mir dabei gedacht, mich an den Brüdern vorbei noch vor Tagesanbruch in die Dunkelheit zu schleichen, hinab zum Steg, wo das kleine Korbboot sanft zwischen den Binsen schaukelte? Vielleicht war es noch nicht zu spät umzukehren. Das Boot wieder an seinem Pfahl zu vertäuen und hinauf ins Dormitorium zu eilen, ehe jemand bemerkte, was ich getan hatte. Denn hatte ich den Hügel im Nebel erst einmal aus den Augen verloren, fände ich vielleicht nie mehr zurück.

Du bist nicht er. Kehr um. Sofort.

Ich zitterte am ganzen Leib. Abendessen und Bier vom Vortag schienen in meinem Magen geronnen zu sein, mein Gedärm voll mit saurem Wasser, sodass es sich anfühlte, als wäre der Sumpf nicht bloß um mich herum, sondern auch in mir. Schwer lastete die drückende Bedrohung auf mir, und wieder fragte ich mich, was wohl aus all den Leuten geworden sein mochte, die im Sumpf verschollen waren. Wurden sie von den Thrys geholt, diesen Wesen, die im Riedgras hausten und nach Menschenfleisch trachteten? Überkam sie eine Art Wahn, eingeatmet mit dem schwärenden Nebel? Suchte sie ein finsteres Verlangen heim, das diese verlorenen Seelen dazu trieb, sich dem Sumpf zu übergeben wie jene, die an die alten Götter glauben, dem Wasser Opfergaben aus Eisen oder Silber darbieten? Oder vielleicht waren all die watenden Brachvögel um mich herum einmal Männer gewesen, durch einen Zauber in Tiere verwandelt und ewig ans Marschland gebunden?

Warum solltest du sein wollen wie er? Kehr um.

Eine Bewegung fing meinen Blick ein, ich erschrak und fiel beinahe von der schmalen Sitzbank. Das Boot neigte sich gefährlich zur Seite. Ich hielt das Paddel über den Kopf und setzte es als Gegengewicht ein, bis das Schaukeln nachließ. Bloß eine Rohrweihe auf der Jagd, die lautlos übers Ried zog, mit silbrig aufblitzender Kehle vorbeistreifte, ihr braunes Gefieder kaum von den Fruchtständen zu unterscheiden. Dann fiel sie zwischen die Gräser und war verschwunden. Ich fragte mich, was für Beute sie mit den langen Krallen ergriffen hatte. Welchen kleinen Körper sie mit den tödlichen Klauen aufgespießt hatte.

»Herr, schenke mir Mut«, flüsterte ich, denn ich traute mich nicht, an einem solchen Ort laut zu sprechen, nicht einmal zu Gott.

Hier gibt es keine Götter … Weder deinen noch meine. Enids Worte bildeten kreisförmige Wellen im dunklen Moor meiner Angst. Zu meiner Linken platschte etwas ins Wasser, und ich konnte gerade noch den grazilen braunen Körper eines Otters entdecken, ehe er verschwand und nur ein paar Blasen zurückließ. Ich holte tief Luft und atmete den schweren süßlichen Duft von Tod und Verwesung ein. Ich leckte mir über die trockenen Lippen, schmeckte das Salz des Hafren und die bittere Arznei meiner eigenen Verzweiflung, ließ das Paddel wieder ins Wasser gleiten und setzte meinen Weg fort. Das Paddelblatt beschrieb eine Schlange, die sich umeinander wickelte und ewig versuchte, sich selbst in den Schwanz zu beißen. Weiter und weiter. Tiefer und immer tiefer in diese unwirkliche Welt, in diesen Gürtel zwischen Land und Wasser. Das blasse Morgengrauen auf meiner rechten Wange. In Richtung Seedorf. Hier und da waren Reste des uralten Damms zu sehen, den die ersten Menschen erbaut hatten, um einfacher zwischen den Inselsiedlungen verkehren zu können, aber diesen Wegen würde heutzutage kein Mann mehr vertrauen. Kein Lebender zumindest.

Ich sah etwas und stieß einen kleinen Schrei aus, hielt das Paddel vor mich, als wäre es eine Waffe oder ein Stab, erfüllt von der Macht des Herrn, um das Böse zurückzuschlagen. Irgendetwas war da auf dem Damm. Oder darüber. Ein dräuender Sumpfbewohner im Nebel, der mich mit hungrigen Augen anstarrte. Oder ein Geist? Der Geist von jemandem, der nie ins Jenseits gefunden hatte. Vielleicht sogar einer der Unbekannten, die vor so langer Zeit an diesem Damm gearbeitet hatten, tausend Jahre oder mehr, ehe die Römer gekommen waren.

Ich machte das Zeichen des Dornbuschs, saß aber ansonsten einfach nur da. Das Korbboot wiegte mich sanft, aber die Angst hatte mich mit solcher Wucht gepackt, dass ich mich nicht rühren konnte. Was immer es war, es drehte sich langsam, und ich trieb immer weiter darauf zu, als gebiete es über das dunkle Wasser und riefe mich zu sich. Kränklich und schwach kam eine leichte Brise auf, als hätte sie den Sumpf schon seit hundert Jahren durchstreift. Sie zerrte am Nebel und zerriss ihn, um ein Gesicht freizulegen. Keine gottlose Kreatur lauerte da, auch kein Geist, sondern ein Gesicht aus Fleisch. Aus altem, verrottetem Fleisch. Eingefallene Wangen und gähnend schwarze Höhlen, wo einst die Augen gesessen hatten, die Gottes Schöpfung betrachteten, ehe der Tod sie verschleiert und Krähen und Möwen sich an ihnen gelabt hatten mit gieriger Gleichgültigkeit für alles, was sie gesehen haben mochten.

Der Leichnam hing an einem notdürftigen Galgen; einem uralten Pfahl, dem Damm entrissen und ins Röhricht gerammt. Ich flüsterte ein Gebet für die Seele des Toten, so wenig es ihm jetzt noch nutzen würde, und stieß mein Paddel ins Wasser. Wer ihn da so aufgeknüpft hatte, hatte sicher nicht nur dem armen Mann das Leben genommen, sondern auch die eigene Seele durch diesen schändlichen Akt verdammt.

Kaum ein Dutzend Schläge hatte ich gemacht, da tauchte das zweite Opfer aus dem fliehenden Nebel auf. Eine Frau mit langen roten Haaren, ihre Nacktheit ein schockierender und beschämender Anblick. Ich versuchte, den Blick von der Unglücklichen abzuwenden, aber meine Augen fanden immer wieder einen Weg zurück, bis ich vorbeigeglitten war und mich hätte umdrehen müssen, was ich standhaft vermied. Und diese beiden blieben nicht die Einzigen. Sieben weitere Leichen sah ich, und alle drehten sich langsam an knarrenden Seilen, und einer war gar ein Junge von nicht mehr als neun Jahren, und ich fragte den Herrn im Himmel, wer so grausam sein konnte, einem Kind einen Strick um den Hals zu legen und zuzusehen, wie sein Leben wie eine Kerzenflamme erlosch.

»Die Welt jenseits der Insel ist ein schrecklicher, grausamer Ort, Galahad«, hatte Bruder Brice vorigen Sommer gesagt, als Bruder Yvain von einer seiner Fahrten zurückgekehrt war und berichtete, was er gesehen und gehört hatte. »Sei dankbar, dass du unsere Zuflucht niemals verlassen musst.«

»Sollten wir nicht anderen helfen, ebenfalls allem Bösen zu widerstehen?«, hatte ich in meiner Naivität gefragt. Und der alte Mönch hatte traurig gelächelt und mir den Kopf getätschelt. Vielleicht erinnerte er sich an längst vergangene Tage, ehe er sein Noviziat beendet und sich das Haupthaar geschoren hatte.

»Alles, was wir jetzt noch tun können, ist, über den Heiligen Dornbusch zu wachen und sicherzustellen, dass unser Orden überdauert«, sagte er. »Ich fürchte, Britannien ist verloren, Galahad, das Volk ist wie Spreu vor dem Winde zerrissen. Aber wir wenigen bleiben hier, solange wir noch einen Atemzug tun. Und wir werden den Dornbusch behüten.«

Ein Auge des toten Jungen war von Schnabel und Klaue verschont geblieben. Anklagend starrte es mich durch den düsteren Dunst an. Der Neid. Die Wut über ein viel zu kurzes Leben. Ich zitterte und versuchte, das brennende Verlangen zu ignorieren, meine Blase zu leeren. Und als ich weiter dem Kanal folgte, wurden meine Augen gen Himmel gezogen vom drängenden Kreischen der Möwen, eine Wolke von mehreren Hundert, die nach Westen zogen, sich wanden wie ein Fischschwarm, die weißen Körper blitzend im ersten Strahl der Morgensonne.

Bald darauf sah ich lebende Kinder, wenn auch zweifellos lange nachdem sie mich entdeckt hatten. Sie waren zu fünft, zwei Jungen und drei Mädchen, keines größer als die Gräser und Rohrkolben ringsum. Alle sahen sie verdreckt und hungrig aus mit ihren wilden Augen. Wahrscheinlich die Kinder von Fischern oder Salzbauern. Wesen des Marschlandes, aus Moor und Fenn, die mich stumm musterten, nicht ängstlich, aber doch argwöhnisch, und ich gab ihnen das Zeichen des Dornbuschs, aber sie machten keine Andeutung, die Segnung verstanden zu haben.

Jetzt lag der süßliche Duft von Torffeuer in der sanften Brise. Und dann sah ich auch den Rauch im wintrigen Morgen hängen, ein dunkelgrauer Fleck vor dem blassen Himmel. Ich hielt darauf zu, kam zwischen dichteres Röhricht, beugte mich vor und sah seichten Schlamm unter dem Boot. Ich wusste, es war nicht mehr weit. Ich sah einen weiteren Kanal, fuhr hinein, paddelte zwischen flachen Erhebungen hindurch, die dicht mit Schwarzdorn bewachsen waren, und kam endlich zum Seedorf, verschwitzt trotz der Kälte und froh, die Herdfeuer zu riechen. Flüsternd dankte ich Gott dafür, dass ich bald wieder auf festem Boden unter Männern und Frauen sein würde, sicher vor den unbekannten Gefahren des Sumpfes.

Ich vertäute das Korbboot an einem Steg zwischen ähnlichen Booten und längeren, schmalen Einbäumen. Begrüßte einen Fischreiher, der dort stand und hinaus aufs Wasser starrte. Neben dem reglosen Vogel standen ein halbes Dutzend Weidenkörbe, vorbereitet, um im Marsch versenkt zu werden und Barsche und Plötzen zu fangen, Forellen und Aale, und mein Magen grummelte bei dem Gedanken, denn ich hatte noch nichts gegessen.

»Ein Bruder des Dornbusches«, rief jemand. Ich schaute auf und sah die breiten Schultern und den dichten Bart eines Mannes oben über dem Weidenzaun, der die Rundhäuser umspannte, um den Wind draußen und das Vieh drinnen zu halten. »Was führt Euch her?«

»Eudaf der Schuster«, antwortete ich, stapfte und schlitterte durch den Schlick auf ihn zu.

Der Mann verzog das Gesicht. »Wir haben seinen Jungen vor zwei Tagen zu euch geschickt. Eure Lieder werden Eudaf nicht mehr helfen. Er ist diese Nacht gestorben.«

»Mein Beileid«, sagte ich und hob den Saum meines Habits aus dem Dreck, ehe ich das Zeichen des Dornbuschs machte, um den verblichenen Schuhmacher zu ehren. Und doch spürte ich meine Hoffnung auf neuen Schwingen emporgehoben, denn so mochte die Seele des Kindes vielleicht doch noch gen Himmel in die Obhut des Herrn geleitet werden.

2

Ein Wolf im Schilf

Schon auf dem Hinweg hatte ich mich gefürchtet. Nun war ich halb ohnmächtig vor Schrecken, während ich den Weg zurück durchs dunkle Wasser suchte und mich der Nebel wie geisterhafte Schlangen umwehte. Ich war in kalten Schweiß gebadet, das Herz in meiner Brust verkrampft wie eine Faust. Mein Atem ging flach und stockend, in meiner Kehle schien ein Schrei festzusitzen, der nur darauf wartete, jeden Moment auszubrechen.

Woher nahm Bruder Yvain den Mut, hinaus in die Sümpfe zu fahren, wann immer es nötig war? Niemals wieder würde ich mich aufs Wasser begeben, dachte ich und spähte über meine Schulter auf den Leichnam von Eudaf, der hinter der Sitzbank lag. Seine Angehörigen hatten ihn von Kopf bis Fuß in fadenscheinige Wolldecken gewickelt, und so war ich erleichtert, wenigstens sein Gesicht nicht sehen zu müssen, damit er meine Furcht nicht bemerkte. Der Mann hatte in seiner Hütte auf einem Bett aus Tierfellen gelegen und war bereits steif geworden, sodass er nun nicht mehr ins Boot passte, sondern nach hinten überstand. Seine Beine waren unter der Bank verkeilt, auf der ich mit meinem Paddel saß und Knoten ins Wasser malte.

Nur ich und der Tote, ganz allein tief im Marschland. So dachte ich zumindest.

Ich konnte sie hören, ehe ich sie erblickte. Ich hörte die gutturalen Stimmen in der Sprache der Sachsen. Ich zog das Paddel aus dem Wasser und hielt es still. Mein Herz schlug im Takt mit den Tropfen vom Paddelblatt gegen mein Brustbein. Das Boot wurde langsamer und verharrte schließlich, während ich mich auf der Bank verrenkte, um das hohe Schilf ringsum nach einer Bewegung abzusuchen. Geräusche wurden im Sumpf unnatürlich weit getragen, und so wusste ich nicht, ob die Männer, die ich gehört hatte, bloß einen Steinwurf oder doch einen Pfeilschuss entfernt waren. Da ich kein Paddeln vernahm, mussten sie wohl zu Fuß zwischen den Ginsterbüschen auf dem flachen Landrücken unterwegs sein, den ich direkt voraus gerade noch ausmachen konnte, jenseits des Schilfs.

Gelächter jetzt und noch mehr Stimmen. Eine knurrend, tief und unheilvoll wie Donner. Eine mit hörbarer Erschöpfung. Vielleicht versuchte der Mann, einen Streit zu schlichten? Aber alle lauter als zuvor. Näher. Sollten sie an den Rand des Landrückens kommen, würden sie mich hier unten zweifellos entdecken, und falls sie Speere oder Bögen mit sich trugen, gab ich ein allzu leichtes Ziel ab, ehe ich mich weit genug entfernen konnte. Aber obwohl ich all das wusste, traute ich mich nicht, mich zu regen. Ich saß nur da und hielt die schmalen Ränder des Bootes ergriffen, das sanft auf dem ruhigen Wasser schaukelte. Und mit jedem flachen Atemzug rückten die Sachsen näher.

Versteck dich. Schnell.

Ich wollte ja. Mein Hirn bestand darauf, sofort etwas zu unternehmen, aber meine Gliedmaßen weigerten sich. Ich konnte kaum atmen.

Versteck dich. Sofort!

Ich beugte mich vor, ließ das Paddel ganz, ganz langsam ins Wasser eintauchen und schob das Boot vorsichtig auf die Böschung zu. Wenn ich mich dort im Windschatten der Anhöhe verbergen konnte, würden die Sachsen vielleicht vorbeiziehen und mich nicht bemerken. Nur hatten sie mich inzwischen beinahe erreicht. Ihre barschen Stimmen knirschten in der schweren stehenden Luft.

Schneller!

Ich paddelte, so schnell ich es eben wagte, denn das Blatt im Wasser verursachte durchaus Geräusche, und drückte das Boot in den dichten Uferbewuchs, wo es nach vorn kippte, sodass ich das Paddel in den Schlamm rammen musste, um nicht über Bord zu gehen. Hinter mir rollte der Leichnam herum und rutschte über den Rand, ich aber warf mich quer über die Bank und bekam eine Handvoll Wolldecke zu fassen, ehe Eudaf der Schuster im Wasser verschwinden konnte.

Ein Schrei von der anderen Seite der Böschung. Sie hatten mich gehört. Sie kamen.

Hastig richtete ich mich auf und packte das Paddel, aber da sah ich die Sachsen schon die Böschung hinabeilen, sich durch Distel und Schwarzdorn schlagen, mit Schilden und Speeren und wilden, bärtigen Gesichtern. Heidnische Kehlen, die gottlose Worte brüllten.

Ich drehte das Boot um die eigene Achse und mühte mich mit dem Paddel ab, hörte ein Platschen, das Boot kippte unter mir zur Seite, und ich wurde nach hinten gerissen, alles Paddeln vergebens. Noch ein brutaler Ruck, dann spürte ich die Weidenrippen des Bootes im Rücken. Überall Hände, in meinen Habit und meine Haare verkrallt, auf dem Rücken schleiften sie mich durchs kalte Wasser, Schilf brach unter meinen Fingern, als ich mich festzuhalten suchte. Ans schlammige Ufer. Zwischen den stinkenden Kriegern. Schemenhafte blonde Bärte und Haare und blitzende Zähne. Sie zerrten mich durch Dornen und Sträucher, die Anhöhe hinauf, krächzend wie Raben.

Ich schrie vor Angst und Entsetzen und rief Gottes Zorn auf ihre Häupter hinab, obschon sie weder Furcht noch Begreifen zeigten. Dann hämmerte mir einer von ihnen seine Faust ins Gesicht, und meine Lippe platzte wie eine reife Erbsenschote, Blut floss mir in den Mund und das Kinn hinunter.

Noch immer schrie ich und spuckte Blut, als sie mich zu Boden warfen und zurücktraten, um zu sehen, was sie da gefangen hatten.

Sie waren zu dritt. Zwei verwitterte, vernarbte Krieger und ein junger Mann, kaum älter als ich, mit einem kleinen Amulett des breiten Hammers ihres Gottes Thunor um den Hals. Diese Krieger von jenseits des Morimaru waren es, die uns Britannien genommen hatten, und ich wusste, sie würden mich jetzt töten. Meine einzige Chance bestand darin, schnell aufzuspringen und wegzulaufen, aber sowie ich mich regte, spürte der größte der drei Krieger meine Absichten, ließ das Ende seines Speers in meine Schulter krachen und warf mich wieder zu Boden. Der Schmerz übertönte die Furcht, und so lag ich auf der nassen Erde und schaute in den Himmel. Ringsum das Klicken der Rohrspatzen, hoch droben abermals eine Rohrweihe, deren helle Unterseite mit dem fahlen Tageslicht verschwamm, und obwohl ich dalag und auf den Tod wartete, fragte ich mich, ob es wohl derselbe Vogel war, den ich auf der Hinfahrt gesehen hatte.

Der Anführer der Sachsen knurrte mir etwas entgegen. Einen Befehl oder eine Verwünschung. Einen Moment lang schaute ich ihm in die Augen und sah dort nichts als Grausamkeit. Mein Leben bestand vielleicht noch aus einem Dutzend sauren Atemzügen. Also schloss ich die Augen und gab mich ganz Gott hin.

»Herr im Himmel, empfange Deinen Diener«, sagte ich. Und sah im gleichen Moment das Gesicht meiner Mutter. Die Erinnerung übermannte mich mit Traurigkeit, und als ich die Augen wieder aufschlug, war die Speerspitze des Sachsen zwischen Tränen verschwommen.

Der Speer sauste herab. Der Mund des Sachsen stand offen, die Augen traten ihm aus dem Kopf, er gurgelte und würgte einen Schaum aus blutigen Blasen hervor. Dann fiel er neben mir ins Gras, und ich bin mir sicher, ich muss genauso schockiert dreingeschaut haben wie er, dass der Herr im Himmel meine Drohung wahr gemacht und ihn niedergestreckt hatte.

Die anderen beiden Sachsen duckten sich, rissen die Schilde hoch und drehten sich von mir weg, und da sah ich den Pfeil aus der Seite ihres gefallenen Gefährten ragen. Der ältere der beiden Krieger brüllte eine Herausforderung ins Röhricht, aber die Angst hielt ihn hinter seinem Schild aus Lindenholz. Sein Bart war dank seiner Wutschreie mit Speichel benetzt.

Keine Antwort. Die einzige Reaktion, die der Sachse hervorrief, war ein weiterer Pfeil, der aus dem Röhricht sauste und ihn ins Schienbein traf. Er kreischte vor Schmerz, hielt aber weiter den Schild oben und den Kopf unten. Das war zu viel für den jüngsten Sachsen, der sich umdrehte und losrannte. Der dritte Pfeil war schneller. Er schlug in seinen Nacken und brach in einer blutigen Wolke aus seiner Kehle hervor.

Der junge Mann war tot, noch ehe sein dünner Bart den Boden berührte. Ich kam auf die Beine und entfernte mich von dem Krieger, der mich jetzt nicht mehr beachtete. Dieser letzte Sachse hatte genug Verstand, einem unsichtbaren Gegner nicht den Rücken zuzukehren. Nicht dass er es mit dem Pfeil im Bein weit geschafft hätte. Blut benetzte seine Hose und tropfte über seinen Schuh, während er weiter Provokationen in Richtung des unsichtbaren Schützen schleuderte, der ihm solch plötzliches Unheil gebracht hatte. Er drehte den Speer in der Luft, rammte ihn in den Boden und zog sein Schwert, das im trüben Tageslicht matt schimmerte. Er brüllte immer wieder nach seinem Gott, hielt den Schild erhoben und hinkte die Böschung runter auf den Schützen zu. »Woden! Woden! Woden!«

Der nächste Pfeil schlug zitternd in seinen Schild. Der übernächste fuhr ihm ins rechte Auge. Er stolperte drei Schritte weiter und fiel, überquerte noch in der Luft die Schwelle von diesem Leben zum nächsten. Ich machte das Zeichen des Dornbusches im Angesicht der Vernichtung, die dieser noch immer unsichtbare Schütze verursacht hatte.

Ein Rascheln und eine Bewegung im Schilf, und ich hielt den Atem an, als der Schütze auftauchte, sich mit dem Bogen einen Weg durch die hohen Halme bahnte. Dann stieß ich eine Verwünschung aus, die mir einen Monat Kuhstall-Ausmisten beschert hätte, wäre sie im Kloster vernommen worden. Der Bogenschütze, dieser Mörder, der drei sächsische Wölfe abgeschlachtet hatte, war eine junge Frau.

*

»Du schuldest mir zwei Pfeile, Mönch«, sagte sie, nachdem sie bis auf eines all ihre Geschosse eingesammelt und überprüft hatte, welche noch zu gebrauchen waren und welche ausgebessert werden mussten. Jetzt kniete sie neben einem der Sachsen, beugte sich über ihn, ihr Gesicht von wilden goldbraunen Locken verdeckt, und ich begriff, dass sie dem Toten auf die Hand spuckte, um den Ring an seinem Mittelfinger zu lösen.

»Obwohl, ein richtiger Mönch bist du ja nicht, oder?« Sie schaute zu mir auf. Ihre finstere Miene verwandelte sich in ein Grinsen, als sie den Ring über den mittleren Fingerknöchel schraubte und abzog. »Sonst wärst du geschoren.« Sie ließ den Ring in den Stoffbeutel gleiten, der neben dem Köcher an ihrem Gürtel befestigt war. »Von einem Ohr zum anderen. Aber das bist du nicht. Warum tut ihr das eigentlich?«, fragte sie. »Und warum gibt es keine Frauen auf Ynys Wydryn?«