Charlie und die Schokoladenfabrik - Roald Dahl - E-Book

Charlie und die Schokoladenfabrik E-Book

Roald Dahl

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Beschreibung

Willy Wonkas wunderbare Welt

Charlie kann es nicht fassen: Er hat eine der heißbegehrten goldenen Eintrittskarten für die Schokoladenfabrik von Willy Wonka gewonnen! Willy Wonka - das ist der geniale Erfinder von zauberköstlichen Süßigkeiten, die er in seiner sagenumwobenen Fabrik produziert. Was sich hinter deren Mauern abspielt, ist ein ganz großes Geheimnis ... So beginnt für Charlie eine atemberaubende, haarsträubende, zähneklappernd-aufregende Achterbahnfahrt in das wunderbarste Abenteuer seines Lebens!

Die weltberühmten Kinderbücher von Roald Dahl jetzt in einer hochwertigen, farbig ausgestatteten Neu-Edition, neu übersetzt von Andreas Steinhöfel sowie von Sabine und Emma Ludwig. Weitere Titel: Matilda, Hexen hexen, James und der Riesenpfirsich, Der fantastische Mister Fox, Die Trottels, Das riesengroße Krokodil

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Seitenzahl: 151

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© der deutschen Ausgabe

2022 Penguin JUNIOR in der

Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten

Text © The Roald Dahl Story Company Limited, 1964

ROALD DAHL ist ein eingetragenes Warenzeichen von The Roald Dahl Story Company Ltd.

Illustrationen © Quentin Blake, 1995, 1997

Kolorierung: Vida Williams

Diese Ausgabe ist unter dem Titel »Charlie and the Chocolate Factory« zuerst 2004 in England erschienen bei PUFFIN BOOKS, Penguin Random House Ltd, 80 Strand, London WC2R 0RL

Covergestaltung: Miriam Wasmus

Coverillustration: Quentin Blake

ck · Herstellung: UK

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

Reproduktion: Lorenz & Zeller, Inning a. A.

ISBN 978-3-641-28867-9V002www.penguin-junior.de

Inhalt

Kapitel 1– Auftritt Charlie

Kapitel 2– Willy Wonkas Schokoladenfabrik

Kapitel 3– Mister Wonka und der indische Prinz

Kapitel 4– Die unsichtbaren Arbeiter

Kapitel 5– Die Goldenen Tickets

Kapitel 6– Die ersten zwei Gewinner

Kapitel 7– Charlies Geburtstag

Kapitel 8– Die nächsten zwei Goldenen Tickets werden gefunden

Kapitel 9– Grandpa Joe setzt alles auf eine Münze

Kapitel 10– Die Familie ist am verhungern

Kapitel 11– Ein Wunder geschieht

Kapitel 12– Was auf dem Goldenen Ticket steht

Kapitel 13– Der große Tag ist da!

Kapitel 14– Mister Willy Wonka

Kapitel 15– Im Schokoladenraum

Kapitel 16– Die Umpa-Lumpas

Kapitel 17– Augustus Gier steckt fest

Kapitel 18– Den Schokoladenfluß hinunter

Kapitel 19– Der Raum der Erfindungen: Dauerhafte Dauerlutscher und Haarhonig

Kapitel 20– Die große Kaugummimaschine

Kapitel 21– Auf Wiedersehen, Violet

Kapitel 22– Den Flur entlang

Kapitel 23– Zucker, der zwinkert

Kapitel 24– Verucka wird beklopft

Kapitel 25– Der große gläserne Fahrstuhl

Kapitel 26– Schokoladenfernsehen

Kapitel 27– Mike Glotzer wird durch die Glotze gejagt

Kapitel 28– Nur Charlie ist noch übrig

Kapitel 29– Vier Kinder gehen nach Hause

Kapitel 30– Charlies Schokoladenfabrik

In diesem Buch treten auf:

AUGUSTUSGIER,

ein Junge, der sehr verfressen ist

VERUCKASNOB,

ein Mädchen, das von ihren Eltern schrecklich verwöhnt wird

VIOLETBEAUREGARDE,

ein Mädchen, das den ganzen Tag Kaugummi kaut

MIKEGLOTZER,

ein Junge, der den ganzen Tag nur vor dem Fernseher hocktund

CHARLIEBUCKET,

unser Held

Kapitel 1 Auftritt CHARLIE

Diese beiden sehr alten Leutchen, die ihr hier seht, das sind Grandpa Joe und Grandma Josephine, die Eltern von Mr Bucket.

Und diese beiden sehr alten Leutchen, das sind Grandpa George und Grandma Georgina, die Eltern von Mrs Bucket.

Das hier ist Mr Bucket. Das hier ist Mrs Bucket.

Die beiden haben einen kleinen Jungen, der Charlie Bucket heißt.

Das ist Charlie.

Wie geht’s, wie steht’s? Alles okay bei dir?

Charlie freut sich darauf, dich kennenzulernen.

Die ganze Familie, immerhin sechs Erwachsene (zähl ruhig mal nach) und der kleine Charlie, wohnten alle zusammen in einem kleinen Holzhaus am Rande der großen Stadt.

Für sechs Erwachsene und ein Kind war das Haus natürlich viel zu klein und die Familie lebte darin sehr beengt und unbequem. Es gab nur zwei Zimmer und ein einziges Bett. Das Bett wurde den vier Großeltern überlassen, weil sie schon so alt und müde waren. Sie waren so müde, dass sie das Bett nie verließen.

An dem einen Ende des Bettes schliefen Grandpa Joe und Grandma Josephine und an dem anderen Ende Grandpa George und Grandma Georgina.

Mr und Mrs Bucket und der kleine Charlie schliefen auf Matratzen in der Küche.

Im Sommer konnte man das ja noch aushalten, doch im Winter bliesen die ganze Nacht eisige Winde über den Fußboden und das war kaum zu ertragen.

Sich ein besseres Haus zu kaufen, war undenkbar. Die Buckets konnten sich noch nicht einmal ein zweites Bett leisten. Sie waren einfach zu arm.

Der Einzige in der Familie, der eine Arbeit hatte, war Mr Bucket. Er arbeitete in einer Zahnpastafabrik und saß dort den lieben langen Tag am Fließband und schraubte Deckel auf die frisch gefüllten Zahnpastatuben. Aber Deckel auf Zahnpastatuben schrauben ist kein gut bezahlter Job, und egal, wie hart Mr Bucket arbeitete und wie schnell er die Deckel auf die Tuben schraubte, er verdiente nie genug, um auch nur die Hälfte der Dinge zu kaufen, die eine so große Familie zum Leben braucht. Es gab nicht einmal genug Geld für anständiges Essen. Zum Frühstück konnten sie sich nur Brot und Margarine leisten, zum Mittagessen gab es gekochte Kartoffeln mit Kohl und Kohlsuppe zum Abendbrot.

An Sonntagen war es etwas besser, und alle freuten sich die ganze Woche auf diesen Tag, denn obwohl es genau das Gleiche gab wie immer, durfte sich jeder davon ein zweites Mal nehmen.

Natürlich verhungerten die Buckets nicht, aber sie alle – die beiden alten Großväter, die beiden alten Großmütter, Charlies Eltern und ganz besonders der kleine Charlie – spürten von morgens bis abends ein nagendes Loch im Bauch.

Charlie litt am meisten unter dem Hunger. Und obwohl sein Vater und seine Mutter oft auf ihre Portion verzichteten und sie Charlie gaben, war es doch nie genug für einen kleinen Jungen, der groß und stark werden wollte.

Verzweifelt sehnte er sich nach etwas anderem als immer nur Kartoffeln und Kohl. Und am allermeisten sehnte er sich nach … SCHOKOLADE.

Jeden Morgen auf seinem Schulweg kam Charlie an Schaufenstern vorbei, in denen die Schokoladentafeln zu Bergen aufgetürmt waren. Und jedes Mal blieb er stehen und presste sehnsüchtig seine Nase an die Scheibe.

Und oft musste er dabei zusehen, wie andere Kinder einen Schokoriegel nach dem anderen aus ihren Taschen zogen und einfach so wegmapften, und natürlich war das eine wahre Folter für ihn.

Nur ein einziges Mal im Jahr, nämlich an seinem Geburtstag, gab es für Charlie Schokolade. Die ganze Familie legte zu diesem Anlass ihr weniges Geld zusammen, und wenn der große Tag kam, wurde Charlie eine kleine Tafel Schokolade überreicht, ganz für ihn allein. Und jedes Mal, wenn er die Tafel an einem dieser wundervollen Geburtstagsmorgen entgegennahm, legte er sie vorsichtig in ein Holzkästchen und hütete sie, als wäre sie ein Goldbarren. In den Tagen danach öffnete er nur dann und wann das Kästchen und schaute hinein, ohne jedoch die Schokolade zu berühren. Und erst, wenn er es nicht länger aushielt, entfernte er an einer Ecke ein winziges Stück Einwickelpapier, um ein winziges Stück Schokolade freizulegen, um davon ein noch winzigeres Stück abzubrechen und es ganz langsam in seinem Mund zergehen zu lassen, gerade so viel Schokolade, um den köstlichen Geschmack auf der Zunge zu spüren.

Am nächsten Tag brach er dann das nächste winzige Stückchen ab und so weiter und so weiter. Und so schaffte es Charlie, dass seine kleine Schokoladentafel einen ganzen Monat und drei Tage reichte.

Aber ich hab dir noch gar nicht erzählt, was unseren Charlie mehr als alles andere quälte. Was viel schlimmer war als die Berge von Schokolade in den Schaufenstern oder dabei zusehen zu müssen, wie andere Kinder ihre Schokoriegel direkt vor seiner Nase mampften. Es war die allerschlimmste Folter, die man sich nur vorstellen kann, und zwar diese:

In der Stadt und dazu noch in Sichtweite des kleinen Hauses, in dem die Buckets lebten, gab es eine RIESIGESCHOKOLADENFABRIK.

Stell dir das mal vor!

Und dabei handelte es sich nicht nur um eine ganz gewöhnliche große Fabrik. Nein, WONKASSCHOKOLADENFABRIK war die größte und berühmteste Schokoladenfabrik auf der Welt. Sie gehörte einem Mann namens Willy Wonka und dieser Willy Wonka war der größte Erfinder und Hersteller von Schokolade, den es je gab. Schon von außen sah die Fabrik beeindruckend und fantastisch aus! Sie war von hohen Mauern umgeben, hinein führte nur ein großes eisernes Tor. Aus den hohen Schornsteinen quoll unablässig Rauch und seltsame zischende Geräusche drangen aus dem Inneren. Außerhalb der Mauern roch man im Umkreis von einer halben Meile den süßen schweren Duft heißer schmelzender Schokolade.

Zweimal am Tag, auf seinem Weg zur Schule und zurück, musste der kleine Charlie an dem Fabriktor vorbeigehen und jedes Mal verlangsamte er seinen Schritt, streckte die Nase in die Luft und sog den wundervollen Schokoladenduft genüsslich ein.

O wie er diesen Geruch liebte!

Und o wie sehr er sich wünschte, ein einziges Mal einen Blick ins Innere der Fabrik werfen zu können.

Kapitel 2 Willy WONKAS Schokoladenfabrik

Jeden Abend, wenn Charlie seine wässrige Suppe aus Kohlstrünken gegessen hatte, ging er in das Zimmer seiner Großeltern, um ihnen Gute Nacht zu sagen. Und er liebte es, vor dem Zubettgehen ihre Geschichten zu hören.

Die beiden Großväter und die beiden Großmütter waren alle vier über neunzig. Schrumpelig wie Dörrpflaumen und knochig wie Skelette, lagen sie den ganzen Tag eingemummelt im Bett, zwei am einen Ende, zwei am anderen Ende, mit Nachtmützen auf dem Kopf, um sich warm zu halten. So verdösten sie ihre Zeit, sie hatten ja nichts zu tun. Doch sobald sie hörten, dass die Tür geöffnet wurde und Charlie sagte: »Guten Abend, Grandpa Joe und Grandma Josephine, guten Abend, Grandpa George und Grandma Georgina«, da richteten sich die vier auf, ihre faltigen Gesichter strahlten vor Glück – und dann begannen sie zu erzählen. Denn sie liebten den kleinen Jungen über alles. Er war der einzige Lichtblick in ihrem Leben, und sie warteten den ganzen Tag nur darauf, dass er sie endlich besuchte. Nicht selten kamen auch Charlies Eltern dazu und blieben an der Tür stehen, um den Geschichten der alten Leutchen zu lauschen, und so wurde das Zimmer zu einem glücklichen Ort, an dem die Familie für ein halbes Stündchen Hunger und Armut vergessen konnte.

Eines Abends, als Charlie zu seinen Großeltern ins Zimmer kam, fragte er: »Stimmt es, dass die Schokoladenfabrik von Mr Wonka die größte der Welt ist?«

»Ob das stimmt?«, schrien alle vier im Chor. »Und wie das stimmt! Herr im Himmel, wusstest du das etwa nicht? Sie ist fünfzig Mal größer als die anderen.«

»Und stimmt es, dass Mr Wonka der beste Schokoladenmacher der Welt ist?«

»Mein lieber Junge«, sagte Grandpa Joe und richtete sich noch ein Stückchen weiter auf. »Mr Willy Wonka ist der erstaunlichste, der fantastischste, der außergewöhnlichste Schokoladenerfinder, den die Welt je gesehen hat! Ich dachte, das wüsste jeder.«

»Ich wusste, dass er berühmt ist, Grandpa Joe, und ich wusste, dass er sehr clever ist …«

»Clever?«, rief der alte Mann. »Er ist viel mehr als das. Er ist ein wahrer Zauberer! Was er alles mit Schokolade anstellt, ist einfach unglaublich. Hab ich nicht recht, meine Lieben?«

Die anderen drei alten Leutchen nickten langsam und sagten: »Du hast absolut recht, Joe. Genauso ist es.«

Und Grandpa Joe fügte hinzu: »Hab ich dir etwa noch nie von Willy Wonka und seiner Schokoladenfabrik erzählt?«

»Hast du nicht«, antwortete der kleine Charlie.

»Grundgütiger, das ist ja nicht zu fassen. Wie konnte das bloß passieren?«

»Willst du es mir nicht jetzt erzählen, Grandpa Joe? Bitte.«

»Aber ja, das will ich ganz bestimmt. Setz dich zu mir aufs Bett, mein Lieber, und hör mir gut zu.«

Grandpa Joe war der älteste der vier Großeltern. Er war sechsundneunzigeinhalb, und das ist so alt, wie nur jemand werden kann. Und wie alle sehr alten Menschen war er schwach und gebrechlich und tagsüber sprach er nur wenig. Doch abends, wenn sein geliebter Enkelsohn ins Zimmer trat, schien es, als würde er auf wundersame Weise wieder jünger werden. Die Müdigkeit fiel von ihm ab und er wurde so lebhaft und aufgeregt wie ein kleiner Junge.

»Ach, dieser Willy Wonka ist ein wahrer Tausendsassa!«, rief Grandpa Joe. »Wusstest du zum Beispiel, dass er mehr als zweihundert neue Sorten Schokolade erfunden hat? Jede ist anders gefüllt und jede noch süßer und sahniger und köstlicher als alles, was die anderen Schokoladenfabriken herstellen!«

»So ist es!«, rief Grandma Josephine. »Und diese Schokolade schickt er in die entferntesten Länder, stimmt’s, Joe?«

»Stimmt genau, meine Liebe. Und er schickt sie an alle Könige und Staatsoberhäupter dieser Welt. Aber glaub ja nicht, dass sich Willy Wonka nur mit Schokolade abgibt. Grundgütiger, nein! Er hat noch ganz andere Tricks auf Lager. Wusstest du, dass er ein Schokoladeneis erfunden hat, das stundenlang kalt bleibt, auch ohne Gefriertruhe? Du kannst es den ganzen Morgen in der Sonne liegen lassen und es zerläuft nicht.«

»Aber das ist unmöglich«, sagte der kleine Charlie und starrte seinen Großvater ungläubig an.

»Natürlich ist es unmöglich!«, rief Grandpa Joe aufgeregt. »Es ist völlig aberwitzig! Aber Willy Wonka hat es trotzdem geschafft.«

»Ganz genau!«, riefen die anderen und nickten. »Mr Wonka hat’s geschafft.«

»Und dann«, fuhr Grandpa Joe langsam fort, damit Charlie ja kein Wort verpasste, »und dann hat Willy Wonka Marshmallows erfunden, die nach Veilchen schmecken, und Sahnebonbons, die beim Lutschen alle zehn Sekunden die Farbe wechseln, und federleichte Bonbons, die auf der Stelle schmelzen, wenn du sie in den Mund nimmst. Er macht Kaugummi, der nie den Geschmack verliert, und Luftballons aus Zuckersirup, die du riesengroß aufblasen kannst, bis sie platzen und du sie runterschlucken kannst. Und eins seiner größten Geheimnisse, das sind blaue Vogeleier mit schwarzen Sprenkeln drauf – wenn du die in den Mund nimmst, dann werden sie allmählich immer kleiner, bis am Ende ein winziger Vogel aus rosa Zucker auf deiner Zungenspitze sitzt.«

An dieser Stelle hielt Grandpa Joe inne und leckte sich genüsslich die Lippen. »Wenn ich nur daran denke, läuft mir das Wasser im Mund zusammen.«

»Mir auch«, sagte der kleine Charlie. »Aber bitte erzähl weiter.«

Während Grandpa Joe erzählte, hatten sich Mr und Mrs Bucket ins Zimmer geschlichen und standen nun an der Tür und hörten zu.

»Erzähl Charlie von diesem verrückten indischen Prinzen«, sagte Grandma Josephine. »Das gefällt ihm bestimmt.«

»Du meinst Prinz Pondicherry?« Grandpa Joe kicherte leise.

»Total verrückt!«, sagte Grandpa George.

»Aber sehr reich«, sagte Grandma Georgina.

»Was hat er gemacht?«, fragte Charlie eifrig.

»Hör zu, ich werde es dir erzählen«, sagte Grandpa Joe.

Kapitel 3 Mister WONKA und der indische PRINZ

Dieser Prinz Pondicherry schrieb einen Brief an Mr Wonka«, begann Grandpa Joe, »und bat ihn, sich auf den Weg nach Indien zu machen, um dort für ihn einen riesigen Palast ganz aus Schokolade zu bauen.«

»Und? Hat Mr Wonka das auch gemacht, Grandpa?«

»Ja, das hat er wirklich. Und das war vielleicht ein Palast! Er hatte einhundert Zimmer und war zum einen Teil aus Zartbitter-, zum anderen aus Milchschokolade. Die Ziegel waren aus Schokolade und die Fenster waren aus Schokolade und die Wände und die Zimmerdecken waren aus Schokolade, genau wie die Teppiche, die Bilder und die Möbel und die Betten. Und wenn du die Wasserhähne im Bad aufgedreht hast, kam heiße Schokolade heraus. Als alles fertig war, sagte Mr Wonka zu Prinz Pondicherry: ›Ich muss Sie warnen, die ganze Pracht wird nicht lange halten. Sie sollten am besten gleich anfangen zu essen.‹

›Niemals!‹, rief der Prinz. ›Ich werde doch nicht meinen Palast aufessen. Ich werde noch nicht mal an der Treppe knabbern oder an den Mauern lecken. Ich will schließlich darin wohnen!‹ Doch Mr Wonka hatte natürlich recht. Denn kurze Zeit später wurde es sehr heiß, die Sonne brannte, und der Palast begann zu schmelzen, schließlich sank er in sich zusammen, und der verrückte Prinz, der gerade im Wohnzimmer ein Nickerchen machte, wachte auf und schwamm in einem riesigen, klebrigen See aus Schokolade.«

Der kleine Charlie saß ganz still am Rand des Bettes und starrte seinen Großvater an.

Sein Gesicht leuchtete, seine Augen waren vor Aufregung riesengroß. »Ist das alles wahr, Grandpa?«, fragte er. »Oder erzählst du Märchen?«

»Das ist wahr!«, schrien die vier alten Leutchen im Chor. »Natürlich ist das alles wahr. Du kannst fragen, wen du willst.«

»Und ich erzähle dir noch etwas, das wahr ist«, sagte Grandpa Joe und rückte näher an Charlie heran. Er senkte die Stimme zu einem geheimnisvollen Flüstern: »Niemand … kommt … jemals … heraus!«

»Wo raus?«, fragte Charlie.

»Und … niemand … geht jemals … hinein!«

»Wo rein?«, rief Charlie.

»Na, in Wonkas Fabrik, natürlich!«

»Was meinst du damit, Grandpa?«

»Ich spreche von Arbeitern, Charlie.«

»Arbeiter?«

»In allen Fabriken gehen Arbeiter ein und aus, morgens kommen sie durchs Tor und abends verlassen sie die Fabrik wieder. Nicht so bei Wonka. Hast du schon mal jemanden rein- oder rausgehen sehen?«

Der kleine Charlie blickte nacheinander in die Gesichter seiner Großeltern und sie schauten zurück. Es waren freundliche lächelnde Gesichter, aber sie waren auch ernst. Sie sahen nicht so aus, als wollten sie ihn veralbern oder Witze machen.

»Was ist?«, beharrte Grandpa Joe. »Hast du oder nicht?«

»Ich … ich weiß es wirklich nicht«, stammelte Charlie. »Immer wenn ich an der Schokoladenfabrik vorbeigehe, ist das Tor geschlossen.«

»Ganz genau«, sagte Grandpa Joe.

»Aber es muss doch Leute geben, die da arbeiten …«

»Keine Leute, Charlie. Auf jeden Fall keine normalen Leute.«

»Aber wer dann?«, rief Charlie.

»Tja, genau das ist der Punkt … da sieht man wieder, wie clever Mr Wonka ist.«

»Charlie, Schätzchen«, rief Mrs Bucket von der Tür her. »Höchste Zeit, ins Bett zu gehen. Für heute ist es genug.«

»Aber Mutter, ich muss doch wissen, was …«

»Deine Mutter hat recht«, sagte Grandpa Joe. »Den Rest erzähle ich dir dann morgen Abend.«

Kapitel 4 Die UNSICHTBAREN Arbeiter

Am nächsten Abend setzte Grandpa Joe seine Erzählung fort.

»Du musst wissen, Charlie«, begann er, »dass vor gar nicht langer Zeit Tausende Arbeiter in Willy Wonkas Fabrik beschäftigt waren. Doch eines Tages hat Mr Wonka jedem Einzelnen von ihnen gekündigt und gesagt, sie sollten nach Hause gehen und nie mehr wiederkommen.«

»Aber warum?«, fragte Charlie.

»Wegen der Spione.«

»Spione?«