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Isabell ist Shoppingberaterin und an der Männerwelt nicht sonderlich interessiert. Bis sie auf einer Hoteleröffnung auf den charismatischen Investor-Tycoon Aiden Stone trifft. Sofort voneinander fasziniert, kommen sich die beiden schnell näher und es entfacht eine Leidenschaft, von der sie nicht einmal zu träumen gewagt hätten. Doch Aiden hat Geheimnisse, die es ihm scheinbar unmöglich machen, eine Beziehung zu führen. Gelingt es Isabell, Aiden aus der Dunkelheit zu ziehen, die seine Vergangenheit immer wieder heraufbeschwört? Und kann Liebe wirklich alles aushalten? Enthält explizit beschriebene Liebesszenen Das Buch ist in sich abgeschlossen
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Impressum
Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Epilog
Danke
Über die Autorin
Erstauflage Januar 2016
Copyright © 2016
Mia B. Meyers
c/o F. Meyer Unternehmen
Hohenbünstorf 41
29587 Natendorf
E-Mail: [email protected]
www.miabmeyers.com
Covergestaltung: Casandra Krammer
Covermotiv: Shutterstock.com
Korrektorat: www.sks-heinen.de
Alle Rechte vorbehalten!
Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit schriftlicher Genehmigung
der Autorin.
Personen und Handlungen dieser Geschichte sind frei erfunden.
Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen, Orten oder Ereignissen sind zufällig und unbeabsichtigt.
Markennamen, die genannt werden, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Eigentümer.
Dieser Roman wurde unter Berücksichtigung der neuen deutschen Rechtschreibung korrigiert.
Liebe Leserin, lieber Leser,
um einer eventuellen Enttäuschung vorzubeugen, möchte ich dich an dieser Stelle vorwarnen.
Vermutlich wird meine männliche Hauptfigur sich stellenweise sehr speziell ausdrücken. Er liebt klare Worte, zu denen auch der ein oder andere Kraftausdruck gehört.
Und ja, er ist so, obwohl er Anfang dreißig und Mitinhaber einer großen Firma ist. Er ist eine fiktionale Figur und darf es somit. Darüber hinaus, wer weiß schon, wie die oberen Zehntausend wirklich miteinander reden?!
Sollte schon dieses Vorwort nicht deinem Geschmack entsprechen, wird es leider auch der Rest nicht tun. Das würde ich zwar sehr bedauern, aber Geschmäcker sind nun einmal verschieden.
In diesem Fall muss ich mich an dieser Stelle leider von dir verabschieden. Ansonsten wünsche ich dir ganz viel Spaß beim Lesen und hoffe sehr, dass es dir gefallen wird.
Deine Mia
Warum noch mal habe ich mich von Eva breitschlagen lassen, sie zu begleiten?
Ich bin auf der Eröffnung eines Fünfsternehotels, um meine beste Freundin Eva zu begleiten. Sie ist als Journalistin hier, um darüber zu berichten. Folglich hat sie sich gleich nach unserer Ankunft unter die Menge gemischt und mich zwischen all den Möchtegernreichen und -schönen stehen lassen. Dass ich eigentlich nur aus diesem Grunde mitkommen sollte, damit ihr eben diese fragwürdige Ehre erspart bleibt, hat sie in der Hektik wohl vergessen.
Ein weiteres Mal winke ich mir einen der Kellner herbei, die gefüllte Tabletts mit Champagnerflöten durch die Menschenmassen balancieren, und tausche mein leeres Glas gegen ein neues. Besonders schmecken tut die teure Plörre auch nicht, eher wie abgestandener Sekt aus dem Supermarkt. Aber wenn es schon was umsonst gibt, will ich mal nicht so sein.
Die Bar an der gegenüberliegenden Seite des Saales ansteuernd, schlängele ich mich durch die Menschenmassen, wo ich von einer Schulter zur anderen geschubst werde. Immer wieder weiche ich wild gestikulierenden Händen aus, sodass die Hälfte meines Gesöffs schon auf den Kleidern irgendwelcher Leute gelandet ist. Inmitten dieses Tumultes höre ich seitlich von mir ein »Pommespanzer, bist du das?« und bleibe abrupt stehen.
Das kann nicht sein, oder? Das darf einfach nicht wahr sein. Und schon schiebt sich mir Ben, unser damaliges Klassenarschloch, vor die Linse. Ihm habe ich eben diesen rühmlichen Spitznamen zu verdanken, der mich durch die gesamte Schulzeit begleitet hat.
»Mensch, du hast dich aber gemacht. Du hast sogar so was wie ’ne Taille und Kniescheiben bekommen.« Dabei schlägt er mir mit seinen Wurstfingern kameradschaftlich auf die Schulter und lacht grunzend wie ein Schwein beim Ertrinken in der Matschpfütze.
Dazu muss ich sagen, dass Ben weder damals noch heute jemand anderen als Pommespanzer betiteln dürfte.
Angewidert wische ich mir den Nachhall, den seine Berührung in mir ausgelöst hat, von der Schulter und zupfe am Saum meines Kleides, um es in die Länge zu ziehen.
»Hallo Ben. Und du, wie ich sehe noch immer nur deshalb einen Kopf, damit’s nicht reinregnet, was?« Seine kurze Sprachlosigkeit nutze ich, um meinen Weg in Richtung Bar fortzusetzen. Ich schiebe mich auf einen der Barhocker und kippe den letzten Schluck Champagner in mich.
»Na, harten Tag gehabt?« Der Barkeeper lehnt sich über den Tresen in meine Richtung und lässt seine Augenbrauen hüpfen. Dieser mehr als klischeehafte Auftritt bringt mich zum Lachen.
»Was wird einem denn empfohlen, wenn der Tag wirklich kaum zu ertragen war? Oder immer noch unerträglich ist.«
»Es steht nicht auf der Karte, aber ich kann dir meinen ›Scheißegal Spezial‹ anbieten.«
»Na, dann nehme ich den doch.«
Kurz darauf steht ein Cocktailglas mit rötlichem Inhalt vor mir. Bevor ich den ersten Schluck nehme, schnuppere ich daran, kann aber keinen Alkoholgeruch wahrnehmen. Er schmeckt fruchtig nach Kirschen, Bananen und noch irgendwas anderem. Viel besser als das Spülwasser von vorher.
Am Strohhalm nippend, wende ich mich der Menge hinter mir zu, um nach Eva Ausschau zu halten. Dabei wandere ich gedanklich in meine Zeit als Pommespanzer zurück.
Bis zu meinem siebzehnten Lebensjahr wurde mein Mund von einer festen Zahnspange geziert und ich trug eine riesige schwarze Plastikbrille. Puck die Stubenfliege ist ein Scheißdreck dagegen. Wie der Name schon sagt, war ich auch … sagen wir mal zu klein für mein Gewicht. Kurzum, meine Schulzeit habe ich mehr oder weniger damit zugebracht, möglichst unsichtbar zu sein. Inzwischen bin ich achtundzwanzig Jahre alt, brillen- sowie zahnspangenlos und auch mein Körper hat sich, wie ich finde, zum Positiven verändert. Zwar bin ich noch immer kurvig, habe mich aber damit arrangiert. Aus einem Rottweiler macht man eben keinen Windhund.
Das Geräusch meines restesaugenden Strohhalms reißt mich aus den Gedanken. Durch den süßen Geschmack kann man den Alkohol im Cocktail kaum schmecken. Vielleicht ist auch wirklich keiner drin? Ist doch auch egal. Also bestelle ich mir einen zweiten Scheißegal Spezial. Der Barkeeper rät mir zwar, den ersten Cocktail kurz sacken zu lassen, aber ich bestehe auf einen weiteren.
Wieder suche ich mit meinem Blick den Saal ab und beurteile hier und da den Kleidungsstil einiger Anwesenden. Eva meint, das wäre meine Berufskrankheit als Personal Shopperin.
Damit verdiene ich mein Geld. Leute aus unterschiedlichsten Gründen einzukleiden oder sie beim Shoppen zu begleiten. Manche wissen einfach nicht, was zu ihnen passt, andere brauchen ein Kleid für besondere Anlässe. Einige haben einfach keine Zeit oder Lust, selbst durch die Boutiquen zu gehen, und manche sind schlichtweg geistig zu unterbelichtet, um sich selbst einzukleiden.
Gelangweilt schweift mein Blick weiter von links nach rechts durch die Masse elegant gekleideter Menschen, bis ich stutze und mein Kopf nach links zurückruckt, wo mein Blick am Rücken eines hochgewachsenen Mannes hängen bleibt.
Dieser schwarze Anzug ist definitiv maßgeschneidert und kostet schätzungsweise das, was ich in einem halben Jahr verdiene. Allein der exquisite Stoff des Anzuges sticht aus allen anderen hervor. Der Schnitt des Jacketts, welches sich perfekt an das breite Kreuz des Trägers schmiegt und sich in Richtung der Hüften verjüngt. Der Anzugtyp dreht sich etwas, sodass ich einen Blick auf sein Gesicht werfen kann.
Wow …
Die dunklen Haare trägt er im Out-of-Bed-Look, was seinem kantigen, glatt rasierten Gesicht ein wenig von der Härte nimmt. Seine Augen, deren Farbe ich auf die Entfernung nicht erkennen kann, sind von einem Kranz dunkler Wimpern umrahmt, für die manche Frau töten würde. Seine Nase ist schmal und nicht zu lang, aber am meisten Aufmerksamkeit erregen seine sinnlichen Lippen. Meine Güte ist der Typ heiß … darauf brauche ich noch was zu trinken.
»Isch nehm noch ein.« Unbeabsichtigt hart knalle ich mein Glas auf den Tresen. Oha, Rhetorik und Motorik haben mich offenbar verlassen.
In dem Cocktail ist wohl doch etwas mehr Alkohol als vermutet. Viel kann es aber wirklich nicht sein.
»Erst mal das«, damit stellt er mir ein Glas Wasser vor die Nase, »dann bekommst du noch einen.« Und trotzdem beginnt er, meinen nächsten Cocktail zu mischen.
Das Wasser nehme ich, kippe es in meine Handtasche, die neben mir auf dem Barhocker liegt, und reiche ihm strahlend das geleerte Glas. Im Gegenzug nehme ich meinen neuen Cocktail entgegen.
Wieder der Menge zugewandt, steht der Anzugtyp noch immer in der Menschentraube, die um seine Aufmerksamkeit buhlt. Obwohl er freundlich mit ihnen zu reden scheint, liegt ein distanzierter, fast arroganter Ausdruck auf seinem Gesicht. Aber so ist es doch immer, oder? Schöne Männer wissen für gewöhnlich auch, dass sie schön sind. Und das macht sie zu den schlimmsten Exemplaren überhaupt.
Gerade will ich mich wieder umdrehen, da trifft mich sein Blick.
Ungewollt läuft mir bei der Eindringlichkeit seines Blickes eine Gänsehaut über den Rücken und ich will mich ertappt abwenden. Ein noch größerer Teil in mir will aber genau das nicht und so starre ich in gleicher Intensität zurück.
Wenn das mal nicht meine Chance ist. Mutig vom natürlich kaum vorhandenen Alkohol lasse ich meine Zunge hocherotisch über meine Lippen fahren, beiße mir mehrfach auf die Unterlippe und spiele mit meinen Haaren. So habe ich es gelesen und offenbar funktioniert es ja auch. Er kann den Blick kaum von mir lassen.
Autsch. Sofort breitet sich der Geschmack von Eisen in meinem Mund aus. Mit den Fingern ertaste ich die brennende Stelle meiner drangsalierten Lippe und sehe das Blut an meinen Fingerspitzen. Vielleicht bin ich die Sache doch etwas zu beherzt angegangen.
Nehme ich da etwa ein leichtes Zucken um seine Mundwinkel wahr?
Plötzlich lässt mich ein schluchzender Aufschrei von links aufschrecken.
»Oh nein, George, was ist denn mit meiner Louis Vuitton passiert? Was für eine riesen Sauerei!« Plastikgirl hebt ihre Handtasche an, die in einer Pfütze aus Wasser steht und eine tropfende Spur hinter sich herzieht.
Ob die arme Frau überhaupt noch mit den Augen klimpern kann? Ihr Gesicht sieht aus, als würde es in drei Hälften zerreißen, sollte sie es versuchen.
»Das ist wirklich desaströs. Haben Sie vielleicht gesehen, wie das passiert ist?«, fragt besagter George an mich gewandt.
Mein Blick wandert auf den anderen Hocker neben mir, auf dem meine trockene und zum Verwechseln ähnliche Handtasche steht.
Ups …
Ich schüttele den Kopf und drehe mich weg in Richtung Bar, hinter der der Keeper mich mit hochgezogenen Augenbrauen tadelnd ansieht.
»Da bist du ja, ich suche dich schon die ganze Zeit.«
Überglücklich über die Ablenkung freue ich mich, Eva zu sehen. Obwohl ich eigentlich sauer bin, dass sie mich hier die ganze Zeit allein hat sitzen lassen.
»Ich habe so weit alles. Nur der Hauptinvestor beantwortet keine Fragen. Wäre natürlich super gewesen, wenn nur ich ihn bei einem Interview hätte befragen können. Aber jetzt trinken wir erst mal was, hm?«
»Isch hab schonma ohna dich angfang.«
»Das merke ich. Was hast du denn getrunken, sag mal?«
»Schaißigal.«
»Wie bitte?«
Noch bevor ich meine schwere Zunge wieder in Wallung bringen kann, dreht sie mir den Rücken zu und überlässt mich wieder mir selbst. Müde und mit verschwommenem Blick starre ich auf mein schon wieder geleertes Glas. Einen noch und dann ist Schluss. Gerade will ich den Barkeeper zu mir rufen, da stellt er mir schon schmunzelnd ein Neues vor die Nase.
Meine Stirn müde auf dem Tresen abgelegt, höre ich Eva neben mir, wie sie auf schleimige Art und Weise jemandem »bitte, bitte, nur ein oder zwei Fragen« stellen will.
»Bedauerlicherweise gebe ich keine Kommentare ab, Miss Smith. Was mein Pressesprecher vor Beginn der Veranstaltung auch so angekündigt hat«, kommt die Antwort mit tiefer, souveräner Stimme.
»Badaualichawaisääää? Hülf dem amen Kerl, Eva, und zieh ihm deinen Kopf ausm Asch.« Hab ich das jetzt laut gesagt?
»Wie bitte, was haben Sie da gesagt?«, vernehme ich gerade gehörte Stimme direkt neben mir.
Oh, oh … Langsam hebe ich den Kopf mit der puckernden Stirn, bestimmt habe ich dort nun einen roten Abdruck, streiche mir den Vorhang von Haaren aus dem Gesicht und sehe in zwei dunkelblaue funkelnde Augen.
Erschrocken atme ich ein. Scheiße, die Augen gehören zu dem heißen Anzugtypen …
Noch bevor ich reagieren kann, wirft sich Eva zwischen uns, entschuldigt sich in meinem Namen bei ihm und zerrt mich von meinem Barhocker. Mit wackligen Beinen komme ich zum Stehen und teile Eva mit, dass ich nicht werde gehen können. Ohne es zu probieren, weiß ich es und halte mich wie eine Ertrinkende an dem vor der Bar verlaufenden Griff für Besoffene fest. Am liebsten möchte ich weinen.
»Der Pommespanzer rollt nicht mehr«, jammere ich. »Weil er stinkbesoffen ist. Ich werde alles, was sich in diesem Raum befindet, gnadenlos niederwalzen. Einschließlich Ben, diesem kleinen Wurm.« Vielleicht also doch keine so blöde Idee, stelle ich kichernd fest.
Mein Blick sucht verzweifelt nach Eva, die den Barkeeper beschimpft, als plötzlich der Anzugtyp neben mir auftaucht.
»Darf ich?« Damit deutet er auf mich.
Ha, wusste ich es doch, er steht auf mich.
»Sie dürfen damit machen, was Sie wollen.« Dabei pendele ich mit dem Finger über meinen Körper.
Vage bekomme ich noch mit, dass Eva sich prustend die Hand vor den Mund hält, als er mich schon auf seine Arme hebt. Aus Angst, dass er mich nicht halten kann, klammere ich mich an seinen Hals. Dabei kommen wir uns so nah, dass ich seine Körperwärme spüren und seinen Geruch wahrnehmen kann.
Eine Mischung aus Lavendel, Leder und Whisky. Ein warmes Kribbeln durchströmt meinen Körper und sammelt sich zwischen meinen Beinen. Was passiert hier mit mir? Länger als angemessen bleibt mein Blick an seinen Lippen hängen, bevor ich ihm in die Augen sehe, in denen ich ein Funkeln zu erkennen glaube. Doch bevor ich es weiter deuten kann, unterbricht er den Blickkontakt. Trägt mich durch die Menge, die ihm wie selbstverständlich eine Schneise nach draußen freiräumt, wo er mich direkt auf dem Rücksitz eines Taxis absetzt.
Leise bedanke ich mich bei ihm, kann ihm aber keine Regung mehr entlocken. Kaum ersichtlich nickt er Eva zu und verschwindet wieder in dem Hotel.
Laut lachend fällt Eva neben mir auf die Rücksitzbank.
»Ich glaube es ja nicht, Isa! Aiden Stone hat dich ins Auto getragen. Hast du überhaupt eine Ahnung, wer das war?«
Nein, die habe ich nicht.
Ich will sie noch über ihn ausfragen, verliere aber gegen die plötzlich aufkommende Müdigkeit und schlafe wenige Sekunden später ein.
Mit einem Kaffeebecher in der einen und Laptoptasche in der anderen Hand drücke ich mit meinem Rücken die Tür zur Agentur Attractive auf, bei der ich arbeite. Wie so oft lasse ich mich in letzter Minute auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch plumpsen. Insgesamt besteht unser Team nur aus vier Leuten. Neben mir gibt es noch Daniel, den Personal Shopper, Hannah, die Stylingberaterin, und unsere Chefin Addison, die nur noch einige ihrer Stammkunden selbst bedient.
Gerade hatte ich noch Hoffnung, dass Addison mein Kommen nicht bemerkt hat und ich mich unbemerkt an meinen Platz setzen kann. Um dann so zu tun, als wäre ich schon längst hier und in die Arbeit vertieft. Da höre ich sie schon über den kurzen Flur rufen.
»Isabell, bist du das? Komm doch bitte mal kurz in mein Büro.«
Mist, das ist gar nicht gut. Wie oft hat sie mir schon gesagt, dass ich eine Abmahnung bekomme, wenn ich nicht an meiner Pünktlichkeit arbeite. Fragend blicke ich zu Hannah, deren Schreibtisch vis-à-vis zu meinem steht. Die zuckt nur mit den Schultern, um sich dann wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Also gehe ich widerwillig in den hinteren, abgeteilten Bereich zu Addison.
»Setz dich.« Ohne aufzusehen, zeigt sie auf den Platz ihr gegenüber. »Sagt dir die Firma Stone & Benett Investment was?«
»So spontan glaube ich nicht, warum?«
»Stone & Benett Investment ist eine millionenschwere Investorenfirma, die in etlichen Wohnungen, Firmen, Hotels und was weiß ich nicht alles ihre Finger hat. Ergo: Das ist ein riesiger, extrem fetter Fisch.« Sie strahlt mich an, als hätte sie mir gerade gesagt, dass sie ein echtes Einhorn gesehen hat. Ein Einhorn ist aber tausendmal besser als eine Abmahnung und so strahle ich zurück.
»Heute Morgen hat eine Mrs. Tanner angerufen. Einer der Inhaber sucht einen zweiten Personal Shopper.«
Wartet sie jetzt auf eine bestimmte Reaktion? Ich grinse einfach noch ein bisschen weiter, das kommt immer gut.
»Weißt du, was das für unsere Firma bedeutet?« Sie hält sich die Hände vors Gesicht und schreit leise rein. Junge, die freut sich aber wirklich.
»Wow, das ist ja super. Dann bin ich ja mal gespannt, was daraus wird.« Immer noch leicht verunsichert, auf welche Rückmeldung sie wartet, stehe ich auf, um zu meinem Platz zurückzukehren.
»Stopp, ich war noch nicht fertig. Ich habe dich gefragt, ob du die Firma kennst, weil explizit nach dir verlangt wurde. Du sollst den Auftrag ausführen.«
Zwei Stunden später stehe ich vor einem mir sehr wohlbekannten anthrazitfarbenen Hochhaus in der North Wabash Avenue. Dadurch dass Fassade und Fenster farblich identisch gehalten sind, scheint der ganze Turm fast schwarz zu sein. Lediglich der Eingang ist in eine helle Glasfront gefasst.
Bislang wusste ich nur, dass der Turm einer Firma gehört, die in den oberen fünfzehn Stockwerken ihren Hauptsitz hat. In den unteren fünfzehn liegen einige der begehrtesten Wohnungen von Chicago. Wobei Wohnungen vielleicht nicht der richtige Ausdruck ist.
Jetzt weiß ich also auch, wie diese Firma heißt.
Ich bin mir immer noch nicht sicher, warum gerade ich diesen Auftrag bekommen habe, werde aber allein beim Anblick dieser Größenordnung ein klein wenig nervös. Na gut, vielleicht habe ich auch die Hosen voll.
Froh, dass ich heute noch ein weiteres Kundengespräch habe und deswegen nicht wie sonst an reinen Bürotagen in Jeans und Chucks zur Arbeit erschienen bin, atme ich ein weiteres Mal tief durch und los geht’s.
Durch leise an die Seite gleitende Glastüren betrete ich den ausladenden, in Beige und Grautönen gehaltenen Eingangsbereich des Gebäudes. Einige Meter vor mir steht ein breiter Empfangstresen, hinter dem eine perfekt frisierte, vielleicht etwas zu geschminkte blonde Frau ungefähr in meinem Alter sitzt. Rechts und links an den Wänden befinden sich jeweils vier Aufzüge, die wie die Scheiben des Gebäudes aus fast schwarzem Glas sind. Über denen auf der rechten Seite steht in großen weißen Buchstaben »Stone & Benett Investment«. Inmitten dieses wahnsinnig imposanten Eingangsbereichs stehen zwei Sitzgruppen aus dunklem Leder mit dazu passenden Tischen.
Mit laut hallenden Absätzen gehe ich auf den Empfang zu, wo die Dame, deren Namensschild auf dem Tresen sie als Charlotte Jenkins ausweist, mich freundlich begrüßt.
»Guten Tag, was kann ich für Sie tun?«
»Hallo, mein Name ist Isabell Young. Ich habe um 13 Uhr einen Termin bei Mr. Stone.«
Sie tippt auf die Computertastatur ein.
»Tut mir leid, aber Mr. Stone ist laut seinem Terminkalender gar nicht im Haus. Sind Sie sicher, dass es mit ihm war, vielleicht ist der Termin auch mit Mr. Benett?«
Äh …
Ich wühle in meiner Aktentasche herum und finde den Zettel mit dem Termin. Jupp, definitiv bei dem Stone.
»Ich bin mir sicher, dass es bei Mr. Stone ist. Ich komme von der Agentur Attractive, es geht um ein Personal Shopping.«
Sie tut, als wäre ihr gerade die Erleuchtung gekommen.
»Ach so, nein. Dann ist der Termin ganz bestimmt nicht bei Mr. Stone. Solche Termine nimmt er nicht während der Arbeitszeit wahr.« Ihr eben noch freundlicher Blick weicht langsam einem entnervten. »Sind Sie sicher, dass Sie hier bei uns mit einem Mr. Stone einen Termin haben?«
Sag mal, denkt diese Bürobarbie, dass ich nicht bis zehn zählen kann, oder was? Ganz ruhig, Isa, jetzt bloß nicht die Kontrolle verlieren und höflich bleiben.
»Jahaa …« Ich ziehe das Wort unnötig in die Länge und sehe demonstrativ auf das Namensschild vor ihr. »Miss Jenkins, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich um 13 Uhr mit Mr. Stone von der Firma Stone & Benett Investment einen Beratungstermin habe. Vielleicht rufen Sie ihn einfach an und fragen nach. Sollte der Termin irgendwie untergegangen sein, werde ich natürlich zu einem günstigeren Zeitpunkt wiederkommen.«
Gekünstelt gackert sie auf.
»Ich rufe Mr. Stone sicherlich nicht einfach so an. Schon gar nicht wegen eines Termins, den er ohnehin nicht vereinbart hat. Sorry.« Sie zuckt mit den Schultern, wendet sich ab und drischt mit ihren viel zu langen, viel zu roten Fingernägeln auf die Tastatur ein.
»Jetzt hören Sie mal zu, Sie buntes Huhn. Es tut mir ja leid, dass ich mit einem einfachen Termin schon Ihre Kompetenzen ausgereizt habe und Ihre Daseinsberechtigung hier offensichtlich nur repräsentative Zwecke erfüllt. Aber ich gehe hier nicht weg, bevor ich diesen Termin wahrgenommen habe.« War das jetzt noch professionell? Vielleicht hätte ich meinen drohenden Finger weglassen sollen? Gerade holt sie Luft, vermutlich um etwas ähnlich Freundliches zu erwidern, als ich rechts hinter mir eine Stimme vernehme, die ich überall wiedererkennen würde.
»Danke, Miss Jenkins. Miss Young hat tatsächlich einen Termin mit mir.«
Mit klopfendem Herzen und wild schreiender Vorahnung drehe ich mich um und sehe ihn.
Den Anzugtypen.
Natürlich, klar. Jetzt fällt mir wieder ein, was Eva gesagt hat. Aiden Stone hat dich ins Auto getragen.
Fast habe ich schon gedacht, dass sie nicht kommt und ich meinen eigentlichen Termin umsonst verschoben habe, als ich sie auf dem Monitor der Videoüberwachung vor dem Empfangstresen stehen sehe.
Es war ein Leichtes für Leo, sie anhand der Gästeliste – auf der sie als Begleitung dieser nervtötenden Journalistin vermerkt war – ausfindig zu machen und etwas über sie in Erfahrung zu bringen. Ihr Job hat mir dann die ideale Grundlage geliefert, ein Treffen mit ihr zu arrangieren. Keine Ahnung, warum ich mir diese Mühe mache, aber ich wollte sie einfach wiedersehen.
Da es gut sein kann, dass sie nicht zu mir durchgelassen wird, weil ich solche Termine für gewöhnlich nicht im Büro wahrnehme, fahre ich zum Empfang runter, um sie persönlich dort abzuholen. Im Erdgeschoss angekommen öffnen sich die Fahrstuhltüren und sie sieht noch besser aus, als ich sie in Erinnerung habe.
Jetzt, wo sie nicht wie ein unter den Tisch geklebtes Kaugummi vor einem Tresen rumlungert, sehe ich sie mir genauer an.
Eigentlich verkörpert sie das absolute Gegenteil von dem Typ Frau, den ich im Allgemeinen bevorzuge. Sie hat Rundungen und Kurven. Allerdings muss ich zugeben, dass diese an den richtigen Stellen sind. Unter dem schwarzen Kostüm zeichnen sich ihr draller Arsch und ihre prallen Titten deutlich ab.
Bei dem Anblick, wie sie sich mit der Empfangsdame unterhält, sich ihre vollen Lippen öffnen und schließen, fängt mein Schwanz an zu zucken. Ich stelle mir vor, wie ich von oben auf sie herabsehe, meine Hand in ihrem Haar vergrabe und sie hart in diesen Blasemund ficke.
Fuck, wann hat das letzte Mal allein der Anblick einer Frau solche Gedanken, geschweige denn diese Reaktionen in mir ausgelöst?
Vielleicht sollte ich doch lieber an was anderes denken …
Vor mir wird es lauter und ich sehe, wie sie ärgerlich mit dem Finger drohend auf Miss Jenkins einredet. Wieder einmal bringt sie mich zum Grinsen.
Bevor sie anfangen können, sich gegenseitig die Augen auszuhacken, wobei Miss Jenkins mit ihren Freddy-Krüger-Pranken sicherlich gewinnen würde, spreche ich sie an, um meinen Termin entgegenzunehmen.
Sie dreht sich zu mir um und sofort spiegelt sich Erkennen in ihrem Gesicht. Ich wette, bis gerade eben hatte sie keinen blassen Schimmer, wen sie hier treffen wird.
»Guten Tag Miss Young, ich bin Aiden Stone.« Zeitgleich strecke ich ihr meine Hand zur Begrüßung hin. »Ich muss mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen. Da der Termin mit Ihnen sehr spontan zustande gekommen ist, war er nicht in meinem Terminkalender vermerkt. Miss Jenkins trifft hier keine Schuld.«
Mit Genugtuung beobachte ich, wie ihr sämtliche Gesichtsfarbe entweicht und sie mich mit offenem Mund anstarrt.
»Guten Tag.« Zögernd legt sie ihre Hand in meine. »Isabell Young.«
»Können wir?« Ich zeige auf den Fahrstuhl, während ich ihr eine Hand auf die Stelle direkt über ihren Hintern lege, um ihr den Weg zu weisen.
Sofort versteift sich ihr Körper, trotzdem lasse ich meine Hand da, wo sie ist.
Ich kann nicht genau erklären, warum, aber es fühlt sich gut an, sie zu berühren. Selbst wenn es vorerst so sittsam ist.
Nachdem sich die Fahrstuhltüren schließen, sagt sie weiterhin kein Wort. Die gesamte Fahrt starrt sie zu Boden, was mir Zeit gibt, sie genauer zu inspizieren.
Ihre ebenmäßige Haut, die gerade noch jegliche Farbe verloren hatte, ist jetzt mit einem zarten Rot überzogen. Ihr Gesicht mit den hohen Wangenknochen, der schmalen Nase und diesem Schmollmund ist wirklich attraktiv. Was mir aber sowohl Samstag als auch heute besonders aufgefallen ist, sind diese stechend grünen Augen, wie ich sie noch nie zuvor gesehen habe.
Der Fahrstuhl zeigt an, dass wir im obersten von dreißig Stockwerken angekommen sind. Wieder lege ich ihr die rechte Hand in den Rücken und zeige ihr, dass wir geradeaus müssen. Am Schreibtisch von Amelia müssen wir nach rechts, das Büro auf der linken Seite gehört Liam.
In meinem Büro angekommen, bitte ich sie, in der Sitzecke rechts neben der Tür Platz zu nehmen, und setze mich ihr gegenüber auf die schwarze Couch.
»Möchten Sie etwas zu trinken, bevor wir anfangen?«
Ohne aufzusehen, antwortet sie. »Nein, vielen Dank.« In ihrer Aktentasche kramend, holt sie einen Notizzettel sowie einen Kugelschreiber hervor, dessen Knopf am oberen Ende sie im Sekundentakt drückt.
Wartend schenke ich mir von dem Wasser ein, das auf dem Tisch bereitsteht, lege meinen rechten Knöchel auf dem linken Knie ab und einen Arm locker auf die Lehne hinter mir. Meine Gegenwart macht sie nervös. Das gefällt mir. Zeigt es doch, dass ich eine Wirkung auf sie habe. Bleibt nur noch herauszufinden, welche genau das ist, aber ich habe da bereits eine Ahnung.
Noch immer studiert sie irgendwelche Unterlagen, auf denen gar nichts zu stehen scheint. Für gewöhnlich erwarte ich von meinen Geschäftspartnern, dass sie perfekt vorbereitet zu den Terminen bei mir erscheinen. Für alles andere habe ich keine Zeit und noch weniger Lust.
Bei ihr hingegen bin ich sogar fast amüsiert, während ich darauf warte, dass sie das Gespräch aufnimmt. Irgendwann räuspert sie sich und fährt sich mit der Zunge über ihre vollen Lippen.
Jetzt, wo sie es so unbewusst macht, springt sofort mein Kopfkino an. Wieder spüre ich, wie mein Schwanz pulsierend zum Leben erwacht.
Oh ja. Vielleicht nicht heute, aber schon bald werde ich sie ficken und meinen Schwanz bis zum Anschlag in ihren schönen Mund rammen. Mich etwas zur Seite drehend, hoffe ich, dass sie den halben Ständer in meiner Hose nicht sieht.
Wie alt war ich noch mal?
Bei der Erinnerung, wie sie diesen schönen Mund am Samstag so elendig malträtiert hat, muss ich mir ein Grinsen verkneifen. Wie sie wild auf ihrer Lippe gekaut hat, ungelenk mit der Zunge quer darüber und durch ihr halbes Gesicht geschlabbert hat.
»Also äh … Erst mal freue ich mich, Sie als neuen Kunden bei Attractive begrüßen zu dürfen. Zuerst beginnen wir mit einer Typenanalyse.« Den Blick, den sie jetzt über meinen Körper wandernd lässt, kenne ich. Ihr gefällt, was sie sieht.
»Sie sind ein dunkler Typ und gehören somit zu den Glücklichen, die so ziemlich alle Farben tragen können. Kann ich davon ausgehen, dass Sie dunkle Farben bevorzugen?«
Damit spielt sie vermutlich auf meinen schwarzen Anzug kombiniert mit gleichfarbigem Hemd an.
»Können Sie.«
Etliche Fragen und eine halbe Stunde später kommt sie zu dem Entschluss, ich sei der elegante Typ. Jedoch mit Eigenschaften, die eher dem avantgardistischen Typen ausmachen.
Aha …
»Was im Genauen bedeutet?«
Ihre anfängliche Unsicherheit scheint vergessen und sie völlig in ihrer Arbeit aufzugehen.
»Elegant daher, weil Sie repräsentative Kleidung mögen, bevorzugt aus dunklen, edlen Stoffen. Avantgardistisch, weil Sie souverän wirken und offensichtlich körperbewusst sind.« Wieder taxiert sie mich von oben bis unten. »Gutes Auftreten ist Ihnen wichtig, dabei haben Sie Ihren eigenen Stil, ohne aber die Konventionen zu missachten. Und dann noch die Farbe Schwarz, die eigentlich eine Nicht-Farbe ist. Sie wirkt auf andere einschüchternd, distanziert und steht für Erfolg. Darüber hinaus lenkt sie den Blick auf die helleren Flächen, also Ihr Gesicht …« An dem nun auch ihr Blick hängen bleibt und auf meinen trifft.
Blinzelnd wendet sie sich wieder ihren unbeschriebenen Unterlagen zu.
Ich bin überrascht, was sie nur anhand meines Kleidungsstils über mich herausgefunden hat. Alles, was sie gesagt hat, könnte ich so unterschreiben, was ich ihr natürlich nicht sagen werde. Zum wiederholten Mal streicht sie sich eine nicht vorhandene Haarsträhne aus der Stirn, während sie versucht, jeglichen Blickkontakt zu vermeiden.
»Mache ich Sie irgendwie nervös, Miss Young?«
»Wie bitte?«
»Wie haben Sie sich gestern gefühlt?« Ich sehe, wie es in ihrem hübschen Kopf anfängt zu arbeiten.
Unruhig rutscht sie auf ihrem Platz umher, misshandelt wieder ihren Kugelschreiber und spielt sich am Ohrläppchen. Ganz offensichtlich sucht sie nach den richtigen Worten.
»E-Es tut mir wirklich leid, dass der erste Eindruck, den Sie von mir haben müssen, so blamabel ist. Ich versichere Ihnen aber, dass meine Persönlichkeit eigentlich nicht so ist, wie sie sich am Samstag dargestellt hat.«
»Eigentlich?«
Überrascht weiten sich ihre Augen.