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»Für viele Frauen ist er sicher der Inbegriff eines perfekten Mannes, und da schließe ich meine Wenigkeit nicht aus, er ist nur nichts für mich.« Das redet sich die erfolgreiche Personalchefin Heather Moore immer wieder ein. Der charismatische Cole McAllister passt mit seinem ungezwungenen Lebensstil nicht in ihre geordnete Welt, in der alles seinen festen Platz hat und einem strikten Ablauf folgt. Dennoch knistert es seit ihrem Kennenlernen gewaltig, sodass es beiden immer schwerer fällt, sich dem zu entziehen. Trotz ihrer Zweifel lässt Heather sich auf ein erotisches Abenteuer mit dem attraktiven Cop ein und ahnt nicht, dass viel mehr auf dem Spiel steht als nur ihre Gefühle. Enthält explizit beschriebene Liebesszenen. Das Buch ist in sich abgeschlossen. Lose Control ist KEIN Fortsetzungsroman von Strange Memories. Beide Bücher sind unabhängig voneinander lesbar. Sollten jedoch beide gelesen werden, ist es von Vorteil, Strange Memories vor Lose Control zu lesen, da es sich hier um ein Spin-off handelt und Spoiler enthalten sein können.
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Erstauflage Mai 2017
Copyright © 2017
Mia B. Meyers
c/o F. Meyer Unternehmen
Hohenbünstorf 41
29587 Natendorf
E-Mail: [email protected]
www.miabmeyers.com
Covergestaltung: www.sturmmöwen.at
Covermotiv: Shutterstock.com
Lektorat: www.doktor-lektor.com
Korrektorat: www.sks-heinen.de
Alle Rechte vorbehalten!
Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit schriftlicher Genehmigung
der Autorin.
Personen und Handlungen dieser Geschichte sind frei erfunden.
Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen, Orten oder Ereignissen sind zufällig und unbeabsichtigt.
Markennamen, die genannt werden, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Eigentümer.
Dieser Roman wurde unter Berücksichtigung der neuen deutschen Rechtschreibung korrigiert.
Für Tina,
wir haben uns nicht gesucht und doch bin ich dankbar dafür, dass wir uns gefunden haben.
Vorwort
Shot
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Epilog
Das Kennenlernen von Heather und Cole aus Strange Memories
Danksagung
Über die Autorin
Liebe Leserin, lieber Leser,
um einer eventuellen Enttäuschung vorzubeugen, möchte ich dich an dieser Stelle vorwarnen.
Vermutlich werden sich meine Protagonisten stellenweise sehr speziell ausdrücken. Sie lieben klare Worte, zu denen auch der ein oder andere Kraftausdruck gehört.
Und ja, dem ist – ganz unabhängig von ihrem Alter oder ihrem beruflichen Erfolg – so.
Alle meine Protagonisten sind fiktional und dürfen es somit. Darüber hinaus, wer weiß schon, wie die oberen Zehntausend wirklich miteinander reden?!
Sollte schon dieses Vorwort nicht deinem Geschmack entsprechen, wird es leider auch der Rest nicht tun. Das würde ich zwar sehr bedauern, aber Geschmäcker sind nun einmal verschieden.
In diesem Fall muss ich mich an dieser Stelle leider von dir verabschieden. Ansonsten wünsche ich dir ganz viel Spaß beim Lesen und hoffe sehr, dass es dir gefallen wird.
Deine Mia
Tipp:
Für alle, die Strange Memories – Verhängnisvolle Entscheidung nicht gelesen haben, ist am Ende des Buches ein kurzer Teil daraus eingefügt, wie das erste (oder genauer gesagt zweite) Aufeinandertreffen von Heather und Cole stattgefunden hat.
»Nein«, flüstere ich zu mir selbst und schüttle ununterbrochen den Kopf. Mein Blick verschwimmt und das Rauschen in meinem Schädel wird so laut, dass ich um mich herum kaum noch etwas wahrnehme.
»Cole«, irgendjemand, ich weiß nicht wer, spricht mich an und berührt mich an der
Schulter. »Das bedeutet noch gar nichts.«
»Wenn er ihr auch nur ein Haar krümmt, dann bringe ich ihn um.«
Erschöpft lehne ich meine pochende Stirn gegen die kühle Fensterscheibe meines Büros und schließe die Augen. Allein heute musste ich fünfzehn Vorstellungsgespräche führen, und ein Bewerber war schlimmer als der andere. Wie kann man sich bei der Campell Group – einer der angesehensten Banken New Yorks – bewerben und in Turnschuhen kommen? Nicht, dass ich privat etwas gegen Sneaker hätte, aber als Verantwortliche für eine unserer Zweigstellen erwarte ich dann doch etwas mehr Professionalität. Zwei von den Anwärtern haben es nicht mal durch den Einstellungstest geschafft.
»Heather, die vom Empfang haben angerufen, dass unten noch ein Bewerber steht.«
Stirnrunzelnd drehe ich mich zu Geena, meiner Assistentin, um und gehe zum Schreibtisch. »Und der will wirklich zu mir?« Ungläubig suche ich nach weiteren Bewerbungsunterlagen, die ich womöglich übersehen habe. »Ich habe keine Mappe mehr und bin ziemlich sicher, dass ich jedem von uns genau fünfzehn Bewerber zugeteilt habe.«
Seit einem halben Jahr bin ich die Personalchefin der Campell Group für den New Yorker Bezirk und ich kann ohne falsche Bescheidenheit sagen, dass ich es mir wirklich verdient habe. Die letzten zehn Jahre habe ich eine Weiterbildung nach der anderen besucht und habe mich diese Ausbildung nicht nur finanziell einiges kosten lassen. Privatleben gab es, wenn überhaupt, nur an zweiter Stelle, aber es war die Strapazen wert. Heute habe ich fünf weitere Personalmanagerinnen unter mir und wir betreuen die rund eintausend Mitarbeiter im Stadtteil Manhattan.
»Soll ich ihn einfach hoch bitten?«, unterbricht Geena meine Bemühungen, doch noch irgendwelche Unterlagen zu finden, und ich lasse resigniert die Schultern hängen.
»Okay, dann soll er eben kommen«, seufze ich und ziehe die schwarzen High Heels, die ich gerade eben erst abgestreift habe, wieder an. Automatisch stapele ich die Mappen wieder akkurat übereinander und ordne die Kugelschreiber so, dass die Spitzen eine gerade Linie ergeben.
Minuten später öffnet sich die Bürotür erneut und ich höre Geena sagen: »Ich melde Sie nur eben an und hole Sie dann gleich rein.« Danach tritt sie in mein Büro und verschließt die Tür sofort wieder hinter sich.
»Oh mein Gohott«, jubelt sie flüsternd und macht wilde Gesten mit ihren Händen, die wohl so was wie Begeisterung darstellen sollen.
»Was ist?« Ich sehe an ihr vorbei. »Wo ist der Bewerber?«
»Vor der Tür, ich wollte dich nur kurz vorwarnen.«
»Wovor? Heute habe ich wirklich schon alles gesehen und mich kann nichts mehr schocken. Ich bin schon zufrieden, wenn er sein Hemd richtig zugeknöpft hat«, entgegne ich und schließe den Knopf meines marineblauen Blazers.
»Um ehrlich zu sein, trägt er gar kein Hemd.«
Entsetzt unterbreche ich das Glattstreichen meines knielangen Rockes und sehe verdattert zu ihr auf. »Nee oder?«
»Genau genommen sieht er auch nicht wie ein Manager aus, aber bitte, bitte lass ihn rein. Wir könnten diesen furchtbaren Tag so wunderbar ausklingen lassen.« Sie sieht mich flehend an und hält ihre Hände wie zum Gebet.
Manchmal zweifle ich ein bisschen an ihrem Verstand und doch würde ich sie niemals gegen eine andere Assistentin eintauschen. Optisch erinnert sie mich immer ein wenig an Sookie von der Serie Gilmore Girls, etwas rundlich, sehr energisch, mit einer fröhlichen Ausstrahlung und wir haben den gleichen Männergeschmack.
»Dann los, ich hab noch was vor.« Ich winke in Richtung Tür und gebe ihr damit zu verstehen, dass sie ihn reinholen soll. In weniger als einer Stunde muss ich im high inch sein, wo Mason, der Zukünftige meiner besten Freundin Amber, mich und ein paar Freunde in die letzte Planung seines morgigen Heiratsantrages einweihen will.
»Misses Moore hat jetzt Zeit für Sie«, flötet Geena durch den Türspalt und ich schüttle schmunzelnd den Kopf.
Eine vertraute Schrittfolge nähert sich und ein wohlbekanntes Kribbeln jagt mir über das Rückgrat, was eigentlich nur eins bedeuten kann: Es ist genauso unglaublich, wie nicht erklärbar, aber sobald er sich in einem Radius von wenigen Metern befindet, reagiert mein Körper auf ihn. Und das muss ich ausdrücklich betonen, völlig gegen meinen eigenen Willen. Neugierig sehe ich auf und halte unbewusst den Atem an, dann steht er schon im Türrahmen, den er sowohl nach oben als auch zu den Seiten fast vollständig ausfüllt.
Ungeachtet der Tatsache, dass ich seine Körperform schon etliche Male einstudiert habe, wandert mein Blick gewohnheitsmäßig von den schweren Boots über die langen Beine, die in einer zerschlissenen Jeans stecken, nach oben. An dem schwarzen, engen Shirt, das jeden verdammten Muskel in aller Deutlichkeit erkennen lässt, verharre ich etwas länger als nötig, denn davon hat dieses Exemplar von Mann so einige zu bieten. Er hat schmale Hüften und breite Schultern zum Anlehnen, sodass sein Oberkörper wie ein großes V erscheint. Dennoch muss ich sagen, dass es nicht zu extrem ist. Nein, bei diesem hier, ist es ... heiß.
Als mein Blick sein Gesicht erreicht, funkeln seine grün-braunen Augen wissend und er setzt sich wieder in Bewegung. Direkt vor mir kommt er zum Stehen, sodass ich sein Aftershave vermischt mit diesem ganz eigenen Cole-Geruch wahrnehmen kann, und hält mir die Hand hin, die ich verdattert annehme. Ich kann mich nicht erinnern, dass er je in meinem Büro war, warum auch.
»Cole McAllister, ich habe gehört, Sie suchen noch einen Bankmanager?«
Ein Stück hinter ihm steht Geena, die sich den nicht vorhandenen Schweiß von der Stirn wischt und ihre Zunge aus dem Mund hängen lässt. Ich kann sie so gut verstehen. Mit der Stimme könnte er ein Telefonbuch vorlesen und ich würde mich um nichts in der Welt davon abhalten lassen, ihm dabei zuzuhören. Tief und ein kleines bisschen rauchig.
Keine Ahnung, was das hier wird, aber ich steige gerne darauf ein.
»Heather Moore, Personalchefin der Campell Group. Setzen Sie sich doch.« Dabei zeige ich auf den Besucherstuhl vor meinem Schreibtisch und nehme ebenfalls Platz. Geena setzt sich seitlich neben den Schreibtisch, während ich eben diesen geschäftig absuche, obwohl ich logischerweise nichts von Cole finden werde, und sehe wieder zu ihm auf. »Verzeihung, Mister …«
»McAllister«, hilft er mir auf die Sprünge und seine Mundwinkel zucken.
»Mister McAllister, leider habe ich keinerlei Unterlagen von Ihnen vorliegen. Haben Sie eine Bewerbungsmappe dabei?«
»Fragen Sie mich doch einfach, was Sie wissen wollen«, antwortet er und lehnt sich so weit vor, dass er die Unterarme auf dem Schreibtisch ablegen kann. Geena, die eigentlich die Protokolle der Bewerbungsgespräche führt, starrt wie gebannt auf das Spiel der Muskeln in seinen Armen und registriert mich gar nicht mehr, geschweige denn ihre Arbeit.
»Gut«, gebe ich lächelnd von mir, knöpfe meinen Blazer wieder auf und lehne mich gegen die Rückenlehne des Stuhls. »Wie sieht Ihr derzeitiger Arbeitsalltag aus, Mister McAllister?«
»Ich arbeite in einem Team aus zehn Männern und, wenn ich das so sagen darf, wir sind ziemlich erfolgreich.«
»Zehn Männer?«, echoe ich und schürze anerkennend die Lippen. »Und darf ich fragen, was Sie an Ihrer derzeitigen Stelle stört? Warum suchen Sie einen neuen Job?«
»Wie ich bereits sagte, sind meine unmittelbaren Kollegen allesamt Männer und ich habe gerne hübsche Frauen um mich.« Während er das sagt, sieht er kurz zu Geena, die augenblicklich zur Glühbirne mutiert.
Mir ein Lachen verkneifend, frage ich weiter: »Warum glauben Sie, sollte ich Sie einstellen? Was können Sie besonders gut?«
»Ich kann lecken wie Lassie«, antwortet Cole so trocken, wie nur er es kann. Eilig presse ich die Lippen aufeinander, um nicht laut aufzulachen. Geena sieht mich mit einer Mischung aus Empörung und Faszination an, bevor sie sich sofort wieder auf Cole konzentriert.
»Gibt es sonst noch etwas, das wir über Ihre Fertigkeiten wissen müssten?«, treibe ich das Gespräch weiter voran.
»Mir wird nachgesagt, dass die hier pures Frauenglück ist.« Er hält seine tellergroße Hand hoch und wackelt mit den kräftigen Fingern. Instinktiv möchte ich scharf einatmen, verbiete mir diesen Drang aber und verliere mich stattdessen in seinem durchdringenden Blick. Um die fein geschwungenen Lippen legt sich ein kleines Schmunzeln, welches die Grübchen auf seinen Wangen erahnen lässt. Ich starre ihn an, oder? Schnell räuspere ich mich und richte mich in meinem Stuhl auf.
Cole spürt sofort, dass der Punkt gekommen ist, dieses Spiel zu unterbrechen, und spricht weiter: »Ich wollte dich zu dem Treffen abholen, damit du nicht erst nach Hause musst, um dein Auto zu holen.«
»Woher willst du wissen, dass ich nicht mit dem Auto hier bin?«
»Ich habe heute Morgen bei deiner reizenden Assistentin angerufen und sie einfach gefragt.« Er zwinkert Geena zu, die erneut errötet und mich dann entschuldigend ansieht. Um sie nicht weiter zu verwirren, deute ich auf Cole und sage: »Geena, das ist Cole, der beste Freund von Ambers Zukünftigem.«
Die Ärmste, ob ihre Gesichtsfarbe jemals wieder normal werden wird? Hektisch reicht sie ihm die Hand, wobei ihr das Tablet vom Schoß fällt, und wispert ein »Freut mich«.
»Und mich erst«, raunt Cole und hält ihre Hand für meinen Geschmack etwas zu lang, aber wer fragt mich schon.
Das Schauspiel vor mir beschreibt ihn ganz gut. Er ist unglaublich charismatisch und hat die Gabe, andere Menschen allein durch seine Anwesenheit ruhelos werden zu lassen. Genau genommen gehört sein Name im Lexikon direkt unter den Eintrag Testosteron. Für viele Frauen ist er sicher der Inbegriff eines perfekten Mannes, und da schließe ich meine Wenigkeit nicht aus, er ist nur eben nichts für mich.
Cole geht Geena und mir voran aus dem Hochhaus, in dem die Campell Group ihren Sitz hat, wobei ich mir auf die Lippen beißen muss, um nicht laut aufzulachen. Geena weist mit ihrem Daumen auf Cole, drückt die Zunge gegen die Innenseite ihrer rechten Wange und macht eindeutige Handbewegungen.
»Hör auf damit«, flüstere ich und stoße ihr grinsend den Ellenbogen in die Seite, was sie aufquieken lässt. Unwillkürlich sieht Cole über die Schulter zu uns und wir gehen in Sekundenschnelle ganz gesittet nebeneinanderher her, als wäre nichts passiert.
»Im Auto hast du die Chance, Fleischtrompete zu spielen«, nuschelt sie in meine Richtung und wackelt mit den Augenbrauen.
Mit weit aufgerissenen Augen starre ich sie an und zucke mit dem Kopf in seine Richtung. »Spinnst du? Wenn er das hört …«, forme ich lautlos mit dem Mund, mache aber keinen Mucks dabei. Warum habe ich sie noch mal eingestellt? Ach ja, wegen ihrer hervorragenden Qualifikationen. In manchen Momenten wage ich diese Entscheidung jedoch anzuzweifeln, und dieser Moment ist einer davon.
Gut, es ist nicht auszuschließen, dass ich ihr hin und wieder von Cole erzählt, vielleicht auch ein bisschen vorgeschwärmt habe. Was natürlich ganz und gar nicht professionell ist. Aber müssen diese sexuellen Anspielungen jetzt wirklich sein? Es war auch zu keinem Zeitpunkt absehbar, dass er jemals hier auftauchen und Geena feststellen würde, dass ich sogar noch untertrieben habe.
»Also dann, mein Wagen steht hier.« Geena zieht ihren Autoschlüssel aus der Handtasche und errötet, als Cole ein paar Schritte zurückkommt. Ganz der Gentleman reicht er ihr die Hand.
»Es hat mich sehr gefreut, vielleicht sehen wir uns noch einmal wieder.« Das tiefe Timbre seiner Stimme könnte den geteerten Parkplatz zum Schmelzen bringen und manchmal glaube ich, er macht das tatsächlich mit Berechnung.
»Das wäre nett.« Eben noch einen großen Hals und jetzt aussehen wie ein Ceranfeld kurz vorm Platzen.
Cole nickt ihr zu, geht wieder auf seinen prolligen Camaro SS zu und ich verabschiede mich von Geena. Als ich schon einige Meter von ihr entfernt bin, ruft sie mich noch einmal, sodass ich mich im Gehen umdrehen muss und schockiert auf ihre Geste aus wild nach vorne rammenden Hüften stiere. Ärgerlich winke ich, damit sie aufhört, worauf sie laut auflacht und schließlich in ihren Wagen steigt. Meine Güte.
Ich öffne die Tür des schwarzen Kolosses und will mich stilvoll hineinsetzen, aber da ist kein verdammter Sitz. Wann lerne ich das endlich, erst der Po und dann der Rest. Man stelle sich das Gegenteil von elegant vor, so in etwa sehe ich gerade aus. Mein Rock rutscht etwas zu weit über die Schenkel nach oben und dadurch hätte, würde neben uns nicht ein weiterer Wagen stehen, der gesamte Parkplatz um ein Haar einen kleinen Einblick in meine Unterwäscheschublade bekommen.
»Gehts?«, kommt es vom Fahrersitz und ich höre das unterdrückte Lachen dabei eindeutig.
Ich komme mir vor wie ein dicker Marienkäfer, der auf dem Rücken liegt, rappele mich aber auf und ziehe die Beine in den Fußraum. »Alles bestens, warum?«
Eilig schiebe ich mir eine Strähne aus dem Gesicht, die sich bei dem ins Auto Plumpsen gelöst hat. »Weshalb sitzen wir nicht gleich auf der Straße? Viel fehlt ja wohl nicht mehr. Versuchst du – nur möglicherweise –, etwas mit dieser Schnittenschaukel zu kompensieren?«
Der Motor startet mit einem lauten Blubbern und Cole sieht lächelnd zu mir rüber. »Du musst es nur einmal sagen und ich zeige dir, ob ich Kompensationsbedarf habe.«
Ich schlucke hart und schaue unwillkürlich aus dem Beifahrerfenster, während Cole losfährt und ich das sanfte Vibrieren in dem engen Ledersitz spüre, der mich geradezu einrahmt. So ist es immer. Wir unterhalten uns ganz normal und irgendwann fällt ein Wort, das uns in diese bestimmte Richtung bringt, und dann herrscht Funkstille – von meiner Seite aus. Im Grunde möchte ich genau an ebendiesem Punkt weiterreden, möchte hören, wie lange er wirklich mit dem leichten Geplänkel weitermachen würde, ehe es ernst wird. Andererseits bekomme ich einfach kein Wort mehr heraus.
Ich führe Meetings und Seminare mit Dutzenden Zuhörern, aber bei Cole versagt meine Souveränität. Interessanterweise scheint es bei ihm genau das gleiche Problem zu sein. Wenn es jemanden gibt, der immer einen passenden Spruch auf den Lippen hat, dann ihn, aber in diesem Fall ist es wohl die Ausnahme der Regel. Es ist auch nicht so, dass unser Schweigen unangenehm wäre, es ist nur irgendwie … spannungsgeladen.
Zwanzig Minuten später lässt Cole den Wagen vor dem high inch ausrollen, wo die anderen bereits in der Sitzecke vor dem Eingang warten und den lauen Juliabend genießen. Ich stoße die Tür auf, schwinge meine Füße aus dem Camaro und versuche ziemlich undamenhaft, aus den Tiefen des Schalensitzes hochzukommen. Scheiß Karre! Mit einer Hand ziehe ich mich zum Türrahmen und drücke mich gleichzeitig mit der anderen aus dem Sitz hoch.
»Na, in welchem Monat sind wir denn?«, freut sich Riley, der gerade aus der Halle kommt.
»Witzig.« Ich lache gespielt auf und zupfe meinen Rock wieder in die Länge.
Ihm gehört das high inch, eine Werkstatt – Verzeihung, Motorradveredlung –, bei der sich die Männer regelmäßig treffen, um irgendwelchen Kram zu machen, den Männer eben so tun.
»Hey, da seid ihr ja.« Lilly kommt auf mich zu und umarmt mich herzlich. Logan sitzt vor dem Grill und dreht Würste um, während Marissa sich handwedelnd vor dem Qualm schützen will, den der leichte Wind direkt zu ihr hinüberweht. Riley zeigt Cole irgendwas auf seinem Handy, aber … Suchend sehe ich noch einmal in die Runde. »Wo ist Mason?«
»Auf dem Klo«, antworten alle wie aus einem Munde. Cole runzelt die Stirn, sieht sich auch einmal um und geht direkt in die Halle. Sein Verhalten löst in mir ein kleines Lächeln aus. So cool und unnahbar er auch tut, wenn es um Mason geht, bröckelt diese Fassade nicht nur, sie stürzt in einem Sekundenbruchteil zusammen.
»Oh bitte, wie lange wollt ihr uns eigentlich noch mit euren schmachtenden Blicken quälen?«, seufzt Lilly auf und lässt sich theatralisch in einen der Stühle fallen. Und natürlich sie, denn als kleine Schwester ist Lilly Coles wunder Punkt. Ich tue so, als hätte ich keine Ahnung, was sie damit sagen will, schnappe mir eins der kleinen Brötchen, die im Korb auf dem Tisch stehen, und setze mich in den Stuhl neben sie.
»Wie kommt es, dass ihr zusammen hier seid?«, mischt Logan sich ein und dreht betont locker die Würstchen, um die Frage nebensächlich klingen zu lassen, doch ich bin mir der interessierten Blicke der anderen durchaus bewusst.
Aus irgendeinem unerfindlichen Grund denken sie, dass Cole und ich … Wie drücken sie es aus? Umeinander rumscharwenzeln. Ich ignoriere die Frage einfach, streife meine Schuhe ab und greife nach dem nächsten Brötchen.
»Habt ihr in der Zwischenzeit irgendwas besprochen oder sitzt er schon die ganze Zeit auf der Toilette?«, versuche ich, ein anderes Thema zu beginnen, als Cole mit langen Schritten aus der Werkstatt kommt. Er umrundet die Sitzmöbel und beugt sich zu mir herunter, um etwas zu sagen, woraufhin ich reflexartig ein Stück zurückweiche. Wenn ich seinem mein Hirn vernebelnden Duft zu sehr ausgesetzt bin, gebe ich den anderen nur wieder Stoff für ihre merkwürdigen Interpretationen.
»Ich muss los, das Dezernat hat angerufen.«
»Oh.« Warum müssen die ausgerechnet heute anrufen? Es ist Samstagabend und ich dachte, Cole würde mich noch nach Hause bringen …
Vergiss es, Heather, Cole hat dich schon öfters nach Hause gebracht, und selbst wenn es früher oder später zu einem Kuss käme, was dann? Das Ganze habe ich schon zahlreiche Male durchexerziert und komme doch immer zum gleichen Schluss: Es würde nicht funktionieren.