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Die vorliegende Betrachtung von Jesaja 40-55 ist ganz auf den unbekannten Gottesknecht gerichtet und entsprechend aufgebaut. Mit vielen Gegenüberstellungen wird ein Geschichtsbild erzeugt, in dem Jesaja als ein Prophet seiner Umwelt wahrgenommen werden kann. Ein markantes Merkmal ist die Absage an den in den Text gelangten Kyros, auf den offensichtlich weder die Wissenschaft noch die Religion verzichten möchte. Judas Rückkehrerlebnis überschallt die eigentliche Botschaft Jesajas und bewirkte sogar, dass Assyrien aus dem Gedächtnis im Buch Jesaja verdrängt wurde! Die Gottesknechtsgestalt in den Gottesknechtsliedern wird eingehend betrachtet, viele weitere Quellen zum Vergleich herangezogen und auch deren Beanspruchung angefangen durch Hiskia nachgegangen. Der Gottesknecht wird als eine Endzeitgestalt erkannt, weshalb jede Inanspruchnahme aus vor- und nachchristlicher Zeit kritisch hinterfragt wird. So hat sich für die als Deuterojesaja bezeichneten Kapitel her-ausgestellt, dass ein Jesaja der letzten Jahrzehnte des 8. Jahrhunderts, der fast ausschließlich über Jakob/Israel spricht und zeitgenössische Geschehen aufgreift, nicht aber über Judas Untergang spricht! Andererseits wird herausgestellt, dass Jesajas Offenbarungsgut eine Rückkehr von Jakob/Israel in der Neuzeit und viele weitere Überraschungen bereithält, mit denen sich der Erlöser Jakobs der ganzen Menschheit als ein Gott demonstriert, der als einziger die Zukunft bestimmen kann und bestimmt hat! Jehova offenbart sich allen Menschen, die ihn dann sehen würden! Umbrüche in der menschlichen Gesellschaft wurden von Gott gefördert, um den Monarchien eine Absage zu erteilen. Im Norden wurde ein Kontrahent erweckt, den wir alle wahrnehmen können. Uns wird vor Auge geführt, wie anfällig die Menschheit ist, wie bescheiden unsere Bemühungen sind, uns ein richtiges Bild zu machen. Wir werden auf eine Rettung aus einer beispiel-losen Dürre vorbereitet und auf ein verborgenes Gericht über die Wächter hingewiesen.
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Seitenzahl: 397
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Diese Betrachtung von Jesaja 40-55 ist ganz auf den unbekannten Gottesknecht gerichtet und in seiner Anordnung entsprechend aufgebaut. Mit vielen Gegenüberstellungen wird ein Geschichtsbild erzeugt, in dem Jesaja als ein Prophet seiner Umwelt wahrgenommen werden kann.
Ein weiteres markantes Merkmal ist die Absage der Schlüsselrolle des in den Text gelangten Kyros, auf den offensichtlich weder die Wissenschaft noch die Religion verzichten möchte. Die damit einhergehende Betonung der Rückkehr Judas aus dem Exil in Babylon überschallt die eigentliche Botschaft Jesajas und bewirkte, dass Assyrien aus dem Gedächtnis im Buch Jesaja verdrängt wurde!
Die Gottesknechtsgestalt (GK) in den Gottesknechtsliedern (GKL) wird eingehend betrachtet, viele weitere Quellen zum Vergleich herangezogen und deren Beanspruchung durch Hiskia nachgegangen. Der Gottesknecht wird als eine Endzeitgestalt erkannt, weshalb jede Inanspruchnahme aus vor- und nachchristlicher Zeit kritisch hinterfragt wird.
Es wird herausgestellt, dass Jesajas Offenbarungsgut eine Rückkehr von Jakob/Israel in der Neuzeit und viele weitere Überraschungen bereithält, mit denen sich der Erlöser Jakobs der ganzen Menschheit als ein Gott demonstriert, der als einziger die Zukunft bestimmen kann und bestimmt hat! Die Konzentration auf seinen unbekannten Gottesknecht ab Kapitel 42 bringt es mit sich, dass die Kapitel 4041 am Schluss behandelt werden.
Jehova offenbart sich darin allen Menschen, die ihn auf diese Weise sehen würden! Umbrüche in der menschlichen Gesellschaft wurden von Gott gefördert, um den Monarchien eine Absage zu erteilen. Im Norden wurde ein Kontrahent erweckt, den wir alle wahrnehmen können. Uns wird vor Auge geführt, wie anfällig die Menschheit ist, wie bescheiden unsere Bemühungen sind, uns auch nur ein annährend richtiges Bild von Gott zu machen. Wir werden auf eine Rettung aus einer beispiellosen Dürre vorbereitet!
Die nachvollzogene Nähe zu den Bilderreden (BR) im Buch Henoch und die thematischen Weiterführungen in der Apokalypse des Johannes breiten Themen in einer einfachen und verständlichen Weise vor uns aus, die in den Schriften von Anfang an präsent waren. Diese Zusammenhänge werden in diesem Kommentar kurz verdeutlicht und werden damit teils zum ersten Mal öffentlich vorgestellt!
Mehrere Anhänge bieten die neuesten Hintergrundinformationen zur Exil-Rückkehr-Chronologie, zu Zeitrechnung und Apokalyptik allgemein sowie Jesu personelle Legitimation aufgrund von Schriften und astronomisch feststehender Daten.
31. Mai 2023
Harald Schneider
Überblick
Ein unbekannter Gottesknecht
Der Gottesknecht in Jesaja 49,1-13
Der Gottesknecht in Jesaja 42,1-9
Der Gottesknecht in Jesaja 50,4-11
Der Gottesknecht in Jesaja 52,13-53,12
Ein ernannter Gottesknecht
Die Wirkung der Gottesknechtslieder vor der Zeitenwende
Die Wirkung der Gottesknechtslieder nach der Zeitenwende
Alter und Ziel des 1. Gottesknechtsliedes [Jes 42,1-9]
Alter und Ziel des 2. Gottesknechtsliedes [Jes 49,1-13]
Alter und Ziel des 3. Gottesknechtsliedes [Jes 50,4-11]
Alter und Ziel des 4. Gottesknechtsliedes [Jes 52,13-53,12]
Ein neues Lied in Jesaja 42,10-17
Der blinde Knecht in Jesaja 42,18-25
Der Knecht Israel in Jesaja 43,1-7
Der Auftrag an den Knecht in Jesaja 43,8-44,25
Die Kyros-Abschnitte in Jesaja 44,24-45,7
Jesaja 45,1-7 und der Gottesknecht aus Jesaja 42,1-4
Jesaja 45,6-25 und die Gegenwart [Sach 8,20-23]
Babylon und Israels Rest in Jesaja 46,1 bis 49,13
Die Anhänge zum 2. Gottesknechtslied in Jesaja 49,14-50,3
Die Anhänge zum 3. Gottesknechtslied in Jesaja 51,1-52,12
Die Anhänge zum 4. Gottesknechtslied in Jesaja 54,1-55,13
Jesaja 40,1-41,29
Anhänge
Das 1. Gottesknechtslied reicht mit seinen Anhängen von 42,1 bis 45,23 und zielt als Offenbarungsgut auf unsere Gegenwart ab.
Worte über Babylon an den Rest Jakobs laufen als historisches Zeugnis der Zeit Hiskias in das 2. GKL hinein 46,1-49,13. Deshalb kann die Beanspruchung Hiskias als Gottesknecht, auch wenn er als solcher nicht explizit genannt wird, weiter hinterfragt werden.
Die Anhänge 49,14-50,3 enthalten die Wiederherstellung des Zions, zeitgenössische Wunschoptionen und eine Ansage gegen Meer und Ströme. Ist diese nun Geschichte der Vergangenheit oder der Zukunft?
Dem folgt das 3. GKL für unsere Zeit mit Anhängen 50,4-52,12.
Das 4. GKL, wieder für unsere Zeit, wird hier mit Anhängen 52,1355,13 bis zum Ende des vorgegebenen Rahmens verfolgt.
Diese auf den unbekannten Gottesknecht ausgerichtete Betrachtung wendet sich erst nach diesen Stoffen an die Kapitel 40 und 41.
Für den Benutzer empfiehlt es sich, die Stoffe in der hier gegeben Reihenfolge zu verfolgen, auch weil die knapp gehalten Erläuterungen in diesem Sinne nicht aufhalten und sich der Zusammenhang gut entfalten kann. Ein Quereinstieg ist natürlich überall möglich.
Jedoch begründet auch der Aufbau den gewagten Ausbruch aus festgefahrenen Ansichten in Religion und Wissenschaft nachvollziehbar.
Entscheidend ist letztendlich, dass sich der Gott Israels damals und heute um Israel kümmert, worüber er reichhaltige Informationen an Jesaja vermittelte. Der Knecht Jehovas übt danach in der Gegenwart eine für die Zukunft wichtige Schlüsselstellung aus, während dem Israel als ein Signal für die Völker verstanden werden will.
Damit bekommen wir die Gelegenheit, den Herausforderungen unserer Zeit auf einer Ebene mit unserem Erschaffer zu begegnen und uns von ihm führen zu lassen. Er errichtet einen Bund mit dem Volk, zum Licht der Nationen, um blinde Augen zu öffnen, um Gefangene aus dem Kerker herauszuführen, und aus dem Gefängnis die Bewohner der Finsternis. Um den Gefangenen zu sagen: Geht hinaus! und zu denen in Finsternis: kommt ans Licht! – Jes 42,7; 49,9.
Der Abschnitt Jes 40-55 spricht mehrmals von einem Gottesknecht (GK), ohne die Identität dieses Knechtes vollständig preisgeben zu wollen. Diese Situation regt die Leser dazu an, den GK der vier Gottesknechtslieder (GKL) in Gestalten der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu suchen. Auf der Suche spielt die eigene Anschauung eine nicht zu unterschätzende Rolle! Gab Gott dem Prophet Offenbarungswissen? Die Forschung kann das Phänomen der Apokalyptik so nicht erfassen, und sucht nach Auslösern in der Umwelt. In den meisten Kommentaren wird die Möglichkeit einer Voraussage durch Propheten von vornherein verneint, was den zeitlichen Radius der Suche nach dem GK eingeschränkt. Den Merkmalen des GK gesellt sich als Kriterium der zeitliche Ansatz im Rahmen der Spätdatierung hinzu. Dabei kommt der als Jesaja ausgewiesene Schreiber selbst als GK in Betracht! „Von wem sagt das der Prophet, von sich selbst oder von anderen?“ – Apg 8,34. Hans Frör hat Jes 40-55 als Dialoge in eine Inszenierung gesetzt und muss für die Rollenbesetzung die Frage klären, wie viele Knechte er in Szene zu setzen hat? Er kommt dabei auf „zwei verwandte, aber doch unterschiedliche“ Knechte, die er über eine Generationsfolge hinein bis in die Exilzeit deutet.1 Doch allein die vier GKL könnten anonym mehrere einzelne Personen (oder Gruppen) beschreiben. Im zweiten GKL stellt sich der GK als von Geburt an berufen vor (49,1.5), was zurecht auf eine königliche Abstammung schließen lässt. Gott spricht ihn an: du bist Israel (49,3). Deshalb beginnt die Suche nach einem Repräsentanten für Israel ab der Zeit Jesajas, ohne auf Jeremia zu verweisen, der viel später wirkte und sich auch selbst als ein Gottesknecht wahrnahm. Um an dieser Stelle Missverständnisse vorzubeugen: Es ist legitim, das Zustandekommen vom Buch Jesaja kritisch zu hinterfragen. Propheten waren auch Ratgeber, die auf frühere Erfahrungen und Überlieferungen zurückgreifen konnten. Auch eine Fortschreibung durch andere Personen ist nicht von vornherein auszuschließen. Nur gebietet die Fairness, bei der Suche nach dem GK alle personellen Optionen offenzuhalten und den Beobachtungen am Text den gebührenden Raum einzuräumen und Ausschlusskriterien zu meiden. Ansonsten würde ja die Aufklärung die Aufklärung verhindern!
Die Suche nach einem GK, dem die Möglichkeit zuerkannt wird, nicht selbstgebrautem Offenbarungsgut zu entspringen, ist keine Verabschiedung aus der Diskussion. „Wir müssen zuerst die Glaubhaftigkeit der Überlieferung voraussetzen und das Gegenteil durch Beobachtungen und Begründungen, d. h. durch methodische Exegese nachweisen.“2 Ein starkes Argument für die Spätdatierung ist Kyros.
Unter „Kyrus anonym“ fasst Peter Höffken zusammen:
„An folgenden Stellen ist nach weitreichendem Konsens von Kyrus die Rede: in 44,28; 45,1 wird er direkt als gottgewollter Akteur erwähnt. In 41,2f.25f (der Sache nach); 45,13; 46,10f; 48,14f wird von ihm anonym gesprochen. Man mag sagen, für damalige Hörer oder Leser war deutlich, um wen es ging. Dann wäre das Problem nicht existent. Andererseits scheint man ihn in 44,28 und 45,1 eigens in einem vorliegenden Text eingefügt zu haben, um deutlich zu machen, worum es geht. …“3
Außerhalb der kritischen Forschung wird die Nennung des Namens Kyros geradezu begrüßt, da sie als Beleg für die Erfüllung biblischer Prophetie verbucht werden kann. Das tückische dabei ist, dass die Wirkung einer Namensnennung das Gleichgewicht empfindlich stört!
Wenn der Name Kyros nachträglich eingefügt worden ist, dann blicken wir heute auf eine frühe Interpretation aus den 540er Jahren, die das Denken der Forschung zu Unrecht wesentlich beeinflusst hat.
„Demnach setzt ein Grundbestand der Kap. 40-55 den Aufstieg des Perserreiches unter Kyros II. (559-530 v. Chr.) und seinen unaufhaltsamen Siegeszug im vorderen Orient voraus. Diese Ereignisse wiederum konnten Anlass zu der Annahme geben, dass auch das babylonische Großreich in Kürze dem Ansturm des Perserkönigs erliegen würde.“4
Wie nun ist Jes 40-55 einzuordnen? Fand eine interpretierende Fortschreibung statt, die auf Kyros abhob? Wer ist der GK? Um das herauszufinden ist eine Methode, die Selbstauskünfte ernst nimmt, erforderlich. Worüber spricht Jes 40-55? Gehen die Themen Gericht und GK auf frühere Offenbarung zurück? Wenn ja, auf welche? Wo fand legitime Fortschreibung statt, wo Neuoffenbarung und wo gab es aktualisierende Einträge? Wird durch interpretierende Einträge die eigentliche Botschaft durch Jesaja überschallt? Was sagen uns die Spuren der Suche nach einem GK?
1 Hans Frör: Das Drama des Zweiten Jesaja 40-55; 2016, Seite 166-169
2 BThSt 80 Winfried Thiel: Unabgeschlossene Rückschau; 2007, Seite 58
3 NSK-AT 18/2 Peter Höffken: Das Buch Jesaja 40-66; 1998, Seite 61
4 NEB Burkhard M. Zapff: Jesaja 40-55; 2001, Seite 219
V. 1 Die Inseln und Völkerschaften (Nationen in der Ferne) sollen zuhören. Jehova hat den Sprecher vom Mutterleib an berufen, was auf eine königliche Abstammung hinweist.5 In V. 3 wird er mit „du bist Israel“ angesprochen. Zurzeit Jesajas ist Hiskia der Sprecher.6V. 2 Die Bilderrede vom scharfen Schwert und vom glatten Pfeil beschreibt die Wirkung der Worte, die ihn Jehova in den Mund legt, während er im Schatten seiner Hand und in seinem Köcher verborgen war. Die Symbole zeigen, dass die Handlungen dieses Knechtes mit einem Krieg Jehovas in Verbindung zu bringen sind. V. 3Du bist mein Knecht, bist Israel, an dem ich mich verherrlichen werde. Hiskia könnte Gegenstand der Verherrlichung geworden sein, als er von einer tödlichen Krankheit wieder genesen ist.7V. 4 Der Einwand des GK, dem alle Mühe umsonst erschien, hat in Hiskias Erkrankung seinen historischen Boden. Seine Bemühungen schienen in völliger Kraftlosigkeit ihr Ende zu finden. V. 5 Die Wiederholung der Herkunft als Legitimierung ist mit seiner Aufgabe, Jakob zu ihm zurückzubringen, damit Israel nicht weggerafft werde untrennbar verbunden. Große Flüchtlingsströme aus dem ehemaligen Gebiet des Nordreiches Israel wurden in Juda aufgenommen. Die Aussage Mein Gott ist meine Stärke geworden fügt sich in das beschriebene Verhaltensmuster Hiskias ohne Widerspruch ein. V. 6 Erst jetzt erfolgt die Mitteilung Gottes an seinen Knecht: er wird nun zum Licht für die Nationen, „größer als nur der Erfolg in der Israel-Arbeit“8 Aus Babylon kommt eine Gesandtschaft, um sich nach seinem Wohlergehen zu erkundigen. Seine Heilung wurde in der damaligen Welt als von Gott kommendes Wunder aufgefasst und fand eine entsprechende Reaktion. H.-J. Hermisson spricht von einem „Weltamt“ um „die königlichen Züge im Bild des Propheten“ zu erklären, die sich „am Modell der Berufung Jeremias in Jer 4,1-10 orientieren“ würde.9 Mit Hiskia als GK und Zeitgenosse Jesajas entfällt freilich eine Orientierung an Jeremia und königliche Züge werden königlich! Nun steigerte sich die Wirkung des GK zur Rettung bis an das Ende der Erde. Dieses Licht wurde den Völkern zu einer Orientierung, von woher Rettung (durch eine Weltherrschaft) zu erwarten sei. V. 7a Jehova spricht zu dem, der nicht wertgeachtet war zu leben, zum Abscheu der Nationen, zu dem Knecht der Herrscher.
Jesaja selbst war bei diesen Vorgängen involviert (Jes 38,1-6; 2Kö 20,1-6) und Hiskia wurde zu einem Vorzeichen (2Chr 32,24.31; 2Kö 20,12; Jes 39,1.2). Damit in Verbindung taucht die seltsame und bisher ungeklärte Stufenwanderung des Schattens einer Sonnenuhr auf, die zehn Stufen entgegengesetzt anzeigt (Jes 38,7-8).10 Nach einem Dankeslied Hiskias (Jes 38,9-20) ist seine Behandlung und Hiskias Frage nach einem Zeichen eingetragen (Jes 38,21.22), dem der Bericht über die Briefe und Gaben von Merodach-Baladan folgen, die für Hiskia eine gute Nachricht waren (Jes 39,1-8). Hier schließt der Abschnitt Jes 1-39 und mit Blick auf die Frage, wer Jes 40-55 schrieb, kann bei Jes 49,1f von Jesaja selbst ausgegangen werden! Über wenn Jes 49 nun handelt, eröffnet sich zeitgenössisch an König Hiskia als Repräsentant und als Vorzeichen durch seine Heilung, wie auch Jes 38 deutlich macht, der nicht wertgeachtet war zu leben, zum Abscheu der Nationen, zu dem Knecht der Herrscher. Dies begrüßten die Adressaten in Jes 49,1: Inseln und Völkerschaften der Ferne. V. 7bKönige werden es sehen und aufstehen, Fürsten, und sie werden sich niederwerfen, um JHWHs willen (Jon 3,6). Der Heilige Israels ist treu, dass er dich erwählt hat. Hiskia als Vorzeichen (Licht für die Nationen) bringt die Bewahrten von Israel zurück V. 6.
V. 8Zurzeit der Bestätigung des Wohlgefallens habe ich dich erhört und am Tag der Rettung habe ich dir geholfen. Hiskias Gebet ist erhört worden und auch die assyrische Weltmacht konnte nicht in Jerusalem eindringen. Der Gottesknecht tritt in einen Bund mit dem Volk, um das Land aufzurichten und die verwüsteten Erbteile auszuteilen.V. 9Um den Gefangenen zu sagen „Geht hinaus!“ und zu denen in Finsternis „kommt ans Licht!“
V. 10Das sie nicht hungern und dürsten und keine sengende Hitze und Sonne sie mehr treffen wird ist auf die Fürsorge Gottes zurückzuführen, der sie zu Wasserquellen des Lebens leiten will (vgl. Apk 7,17). V. 11Die Berge werden zu Wege gemacht und die Straßen erhöht, wie das in Sach 14,4-5 in einem ähnlichen Bild beschrieben wird.11V. 12 Einige kommen von fernher, andere von Norden und von Westen und aus dem Land Sinim (unbekannt, vielleicht Land des Südens). Die Himmelsrichtung von Osten fehlt, die geographisch einer Rückkehr babylonischer Exilanten entsprechen könnte. V. 13 Der Aufruf zum Jubel geht an die Regierung und die Bürger und das Land Israels.
„Die Berufung des GKs verdankt sich einem Wortgeschehen Jahwes, die seine gesamte Existenz umgreift und prägt.“12 Hiskia konnte auf die Prophezeiung über den GK rekrutieren, weil er durch seine Heilung zu einem Vorzeichen wurde. Die Voraussage über den leidenden GK muss zu seiner Zeit bereits bekannt gewesen sein!
Da Jes 49,8 und Jes 42,6 einen Bund des Volkes nennen, ist dieser Verknüpfung zum zweiten Teil (V. 5-9) des 1. GKL nachzugehen. Dabei kommen zunächst beide Teile (V. 1-4; 5-9) in den Blick.
5 BKAT XI 2 Hans-Jürgen Hermisson: Deuterojesaja 45,8-49,13; Seite 342f
6 Bei einer Datierung in die Zeit des Exils fällt der Blick auf Jojakins Sohn Schealtiel, weil er als königlicher Nachkomme Israel als Haupt verkörpert.
7 Als Stellvertreter Israels kann es sich beim Gottesknecht in Jes 49,1f nicht um Kyros gehandelt haben (Jes 44,26-45,7).
Seuchen bei Sanheribs Belagerung? BZAW 162 Wolfram von Soden: Altorientalische Beiträge zum Alten Testament; 1985, Seite 149-157; Sir 48,21.
8 BKAT XI 2 Ebda, Seite 357
9 Ebda, Seite 347
10 In dieser Bildbeschreibung tritt der König Hiskia in der Woche nach dem Untergang Israels bereits 10 Stufen (Zeiten) vor dem eigentlichen Geschehen als Vorzeichen auf. Mit der Sonnenuhr sind Sonnenzeiten (365 Jahre) angesprochen, die ab dem Untergang Israels 719 (365+ x 10 =) bis 2945 u. Z. am Ende der 1000 Jahre Herrschaft des Gesalbten reichen (Apk 20,16), die nach der ApkBargr 1950 begann (Harald Schneider: Biblische Offenbarungsschriften über den letzten großen Weltenherrscher; 2019, S. 189ff; Das Zwölf-Propheten-Buch; 2023, S. 364: 2-Wochen-Kalender360 bis 1950). Die Stufenanzeige stellt somit eine zeitbezogene Orientierung für das Vorzeichen da und zeigt auf den Kontext der Israel-Arbeit, die in neuerer Zeit nach schwerer Verfolgung der Juden eine Heilung erlebten, die Staatsgründung Israels 1948! Allerdings ist damit Hiskias Interpretation, es selbst sei der Gottesknecht, nur als ein Vorzeichen zu begründen, das kurz aufblitze!
11 Harald Schneider: Das Zwölf-Propheten-Buch am Ende der Sonnenzeiten; 2023, Seite 430-434 [Sach 14,5 – Das Erdbeben in Amos 1,1 und Jes 6,4]
12 NEB Burkhard M. Zapff: Jesaja 40-55; 2001, Seite 299
V. 1 Das 1. GKL spricht eine Person an, die wohl „vor dem versammelten Hofstaat“ bestätigt wird und Gottes Geist erhält, um das Recht den Nationen zu erklären. „Auch das wirklich eine Einzelperson gemeint ist, kann ein unbefangenes Urteil kaum bestreiten … Es handelt sich nicht um die Berufung, sondern um die Bestätigung der Berufung zu einem späteren Zeitpunkt.“13V. 2 Der GK würde ganz unauffällig erscheinen, ohne sich verbal öffentlich mitzuteilen. V. 3 Die Bilderrede stellt Rücksichtnahme als seine hervorstechende Methode heraus. Er wird der Wahrheit gemäß das Recht hervorgehen lassen.V. 4Er wird nicht verglimmen noch einknicken, bis er das Recht auf Erden gegründet hat. Auf seine Lehren harren die Inseln.
„Die vorauslaufenden Verse bilden ein formal und inhaltlich völlig geschlossenes Präsentationswort, das keine Fortsetzung verlangt.“14
V. 5So spricht der Gott JHWH, der die Himmel schuf und sie ausspannte, der die Erde ausbreitete mit ihren Gewächsen, dem Volke auf ihr Odem gibt, und den Lebenshauch denen, die darauf wandeln.
Über V. 5 bemerkt Karl Elliger, „dass der weite Rahmen in keinem Verhältnis zu dem kleinen Bild steht, das in ihm eingefügt wird.“15 Grund dafür könnte sein, dass V. 6-7 „die Situation eines Streitgespräches widerspiegelt: Ich, Jahwe, habe berufen!“16
Der Bestätigung einer Berufung folgt (nach Kontroversen?) eine Bekräftigung derselben. V. 6 … Ich ergriff dich bei der Hand und ich werde dich behüten und dich setzen zum Bunde des Volkes, zum Licht der Nationen. Durch den „Bund des Volkes“ in Jes 49,8 kommt das 2. GKL in den Blick, wo sich eine Einzelperson (Hiskia) vorstellt, der Israel (49,3) repräsentiert.
V. 7 Die Berufung geschieht, um blinde Augen zu öffnen, um Gefangene aus dem Kerker herauszuführen, und aus dem Gefängnis die Bewohner der Finsternis. Viele Ausleger meinen, Kyros sei dieser Befreier, doch war das Volk wirklich in so einem dunklen Loch?
Die stille Revolution in V. 2 und die Rücksichtnahme in V. 3 werden in V. 7 um die Befreiung von Blindheit und Gefangenschaft erweitert.
Kyros passt nicht in dieses Bild. Das zeigt uns Jes 44,28-45,4:
44,28a Kyros führt als Hirte den Willen Gottes aus (28b späterer Zusatz). 45,1-4 Er wurde autorisiert, überall einzudringen und die Schätze zu rauben. Für meinen Knecht Jakob rief ich dich beim Namen und ich gab dir einen Beinamen. Daraus folgt:
1. Die Rolle des Gottesknechtes (2. GKL) ist Israel vorbehalten.
2. Seine Vorgehensweise ist die eines Eroberers und Räubers, nicht die eines von Stille und Rücksichtnahme geprägten Knechtes. Er kam 530 bei einem Tempelraub um.
3. Die Freisetzung von Gefangenen mit einem Rückkehrversprechen zu begründen greift zu kurz, da Kyros c/o Kambyses die Rückkehr verhinderten. Erst Darius setzte das Versprechen von Kyros um.
4. Den Blinden das Augenlicht wiederzugeben, indem sie aus dem dunklen Kerkern befreit würden impliziert mit Kyros als Befreier, dass große Teile Israels im Gefängnis zugebracht hätten. Doch selbst König Jojakin kam schon Jahrzehnte früher aus dem Gefängnis frei. Das Gefängnis bildlich als das Exil aufzufassen erklärt nicht, warum Augen umgewöhnt werden müssen.
Hier muss darauf hingewiesen werden, dass diese Interpretation die Spätdatierung stützt und eine vorausgesagte geistige Befreiung für eine andere Zeit völlig ausschließt. Dabei hat die namentliche Nennung des Kyros nicht unwesentlich dazu beigetragen, eine Entstehung von Jes 40-55 während der Exilzeit festzulegen! Eine zutreffende Beobachtung machte Seth Erlandsson:
„Für die Zerstückelung des Jesajabuches durch die Bibelkritik spielt die Auslegung des 41. Kapitels eine entscheidende Rolle. … Wenn sie davon ausgehen, dass Jes 41,2 auf Kyrus hinweist, dann muss nach den Angaben des Textes das Gegenüber der Propheten in diesem Gerichtsverhandlungskapitel sogar das Vorrücken des Kyrus in den 540er Jahren v.Chr selbst miterlebt haben. Sonst könnten sie die Richtigkeit der Weissagungen nicht bestätigen.“17
V. 8Ich bin JHWH, das ist mein Name, und meine Ehre gebe ich keinem anderen, noch meinen Ruhm geschnitzten Bildern. „Was der Name „Jahwe“ für den Redenden bedeutet, das hat er in den unmittelbar vorhergehenden Sätzen … zum Ausdruck gebracht: Jahwe, das heißt „der“ Gott, der Schöpfer und Erhalter der ganzen Welt, der Lenker der Geschichte der Menschheit.“18
V. 9Das Frühere, siehe es ist eingetroffen, und Neues verkündige ich, ehe es hervorsprosst, lasse ich es euch hören.
Die Bekanntgabe einer früheren Ernennung des Gottesknechtes und weitere Neuigkeiten werden, lange bevor sie erscheinen, mitgeteilt. Um welche Ernennung geht es? Gesucht wird ein Menschensohn, der diese Eigenschaften und diese Funktionen erfüllt!
Hiskia konnte sich im 2. GKL nur deshalb als GK vorstellen, weil er entsprechende Eigenschaften vorweisen konnte. Er war Sterbenskrank und wurde wieder geheilt (vgl. 4GKL: Jes 52,14; 53,3.10). Er bekam Aufmerksamkeit von einer weit entfernten Nation (vgl. Jes 52,15-53,2). Darüber hinaus Legitimierte er sich durch seine königliche Abstammung (Jes 49,1.5) als Repräsentant (Jes 49,3).19
Es wird sich im Verlauf noch herausstellen, dass er nicht der Einzige war, der von sich dachte oder über den andere dachten, er sei der vorausgesagte GK!20
13 BKAT XI 1 Karl Elliger: Deuterojesaja 40,1-45,7; 1978, Seite 200f
14 Ebda, Seite 224
15 Ebda, Seite 226
16 Ebda, Seite 227
17 Seth Erlandson: Jesajas Buchrolle. Einheit, Aufbau und Botschaft des Buches; 2021, Vorwort
18 BKAT XI 1 Karl Elliger: Deuterojesaja 40,1-45,7; 1978, Seite 237
19 BKAT XI 3 Hans-Jürgen Hermisson: Deuterojesaja 49,14-55,13; 2017, Seite 452.465
20 Sap 4,18.20; 5,1-7.15f (BKAT XI 3, S. 441)
Im 3. GKL (Jes 50,4-11) wird der Knecht erst im Nachtrag in V. 10 genannt, wo eine andere Person zum Hören auffordert. In V. 11 gehen Gegner des GK in die Brandpfeile, die sie selbst gezündelt haben.
V. 4 Er hat vom Herr JHWH eine gelehrte Zunge erhalten, um den Müden mit Worten aufzurütteln. Ist der GK besonders kommunikativ?
„Ob er aber überhaupt vor einer Zuhörerschaft spricht, ist dem Text nicht zu entnehmen, und es ist möglich, dass dies von Haus aus gar kein kommunikativer Text war.“21
Fest stehen Ursprung und Zweck der Befähigung, dem Müden durch ein Wort beizustehen. Der Müde, ob als spezifische Person oder Personengruppe, schätzt diese Konfrontation nicht, denn der GK muss viele Schläge einstecken (V. 6) und er muss aufgebaut werden (V. 7), um sich schließlich behaupten (V. 8) und durchsetzen (V. 9) zu können. V. 4b nennt den Schlüssel: Morgen für Morgen weckt er mir das Ohr, dass ich höre wie die Unterrichteten.
„Das allmorgendliche »Wecken des Ohrs« zeichnet die Kontinuität göttlicher Offenbarung“, schreibt Hans-Jürgen Hermisson, „der allein durch das Wort wirkende Prophet muss zu reden verstehen, aber nicht seine eigenen Einfälle vortragen – darum muss er hören können, was Jahwe sagt. Beide Fähigkeiten sind, darauf kommt es hier an, gänzlich und einzig von Jahwe verliehen, der Ursprung seiner Rede legitimiert den Propheten.“22
V. 5Der Herr JHWH hat mir das Ohr geöffnet, und ich bin nicht widerspenstig gewesen, bin nicht zurückgewichen. Diese Beschreibung des GK bildet einen Kontrast ab: Der Müde wird sich widersetzt haben und wird zurückgewichen sein! Darum wurde dem GK das Ohr geöffnet.V. 6 Der GK muss Schläge und Demütigungen einstecken.
„Von Schlägen ist mehrfach die Rede, wenn Propheten wegen ihrer missliebigen Botschaft diszipliniert werden sollen … Letzten Endes geht es dabei immer um den Vorwurf falscher Prophetie – im Sinne der Gegner des Propheten.“23
Der GK bot seinen Rücken den Schlagenden und seine Wangen den Raufenden und steckte Schmach und Demütigung ein, was für die Gegner ein Schuldanerkenntnis bedeutet, weil sie so ihre Inakzeptanz gegenüber seinem Erscheinen ausdrücken.
V. 7 Der GK hat mit Jehovas Hilfe die Maßnahmen seiner Gegner ohne dauerhaften Schaden überstanden. Er hat sich auf die Situation eingestellt: darum machte ich mein Angesicht wie ein Kieselstein in der Gewissheit, dass ich nicht beschämt werden würde. Das sagt der GK mit Blick auf den Ausgang. V 8Nahe ist, der mich rechtfertigt: Wer will mit mir rechten? Treten wir zusammen vor! Wer hat eine Rechtssache gegen mich? Er trete her zu mir! Seine Aufforderung dringt auf eine inhaltliche Aufklärung der Sachverhalte. Der GK ist dabei zuversichtlich, den richtigen Zeitpunkt gewählt zu haben, denn nahe ist, der mich rechtfertigt. Die Septuaginta bringt das Erscheinen des Gottesknechtes mit einem ganz spezifischen Zeitpunkt in Verbindung:
4Der Herr schenkt mir die Zunge (guter) Erziehung, dass ich erkenne, wann es nötig ist, ein Wort zu sprechen, er verlieh (sie) mir am Morgen, verlieh mit dazu ein Ohr, um zu hören. 5Und die Erziehung des Herrn öffnet meine Ohren, ich aber bin nicht ungehorsam und widerspreche nicht. – Jes 50,4.5 LXXD
4Fn. Erziehung oder Bildung; erkenne: RA [Rahlfs] + zur rechten Zeit
Er verlieh mir die Bildung am Morgen, was sich auf den Anbruch einer Zeit bezieht, wahrscheinlich dem Anbruch des dritten Siebeners Menschheit 2022.
V. 9 drückt die Zuversicht aus: Siehe, der Herr JHWH wird mir helfen! Wer ist es, der mich für schuldig sprechen könnte? Siehe, allesamt werden sie zerfallen wie ein Kleid, die Motte wird sie fressen. Das Bild: Kleid-Zerfall-Motte drückt einen allmählichen Auflösungsprozess der Gegner des GK aus.
„Er muss nicht mehr eingreifen, die Gegner werden vergehen.“24
V. 10 beginnt mit der Frage: Wer von euch fürchtet JHWH? Wer hört auf die Stimme seines Knechtes? Wer in Finsternis wandelt … vertraue auf den Namen JHWHs und stütze sich auf seinen Gott. Peter Höffken schreibt über die Personen in V. 10 und V. 11:
„Die erste Gruppe, die Gottesfürchtigen, werden zugleich angesprochen als die, die auf den Knecht hören, und aufgerufen, trotz ihres Wandels in den Finsternissen … auf Gott zu vertrauen und sich auf ihn zu verlassen.“ „Die zweite, größere Gruppe wird als »Brandstifter« angesprochen.“25
V. 11 Die Gegner belagern den GK mit feurigen Pfeilen und werden in ihre Feuerpfeile gestoßen. Solches geschieht euch von meiner Hand. In Herzeleid sollt ihr daliegen.
21 BKAT XI 3 Hans-Jürgen Hermisson: Deuterojesaja 49,14-55,13; S. 112
22 Ebda, Seite 115.116
23 Ebda, Seite 124f
24 Ebda, Seite 130
25 NSK-AT 18/2 Peter Höffken: Das Buch Jesaja; 1998, Seite 146
Das 4. GKL setzt das 3. GKL fort. Es eröffnet und schließt mit einem Wort Jehovas (52,13-15; 53,11b-12). Im Mittelstück redet eine Wir-Gruppe über den GK (53,1-6) dem sich ein GK-Bericht (53,7-11a) anschließt.
V. 13 Die Erhöhung des GK geht dem 4. GKL voran. Die Worte: siehe, mein Knecht wird erfolgreich sein (42,1) werden mit einem dreifachen: hoch und erhoben und sehr groß sein betont. Dieser Entwicklung stehen in V. 14 Reaktionen über seine Gestalt gegenüber. Gleichwie sich viele über ihn entsetzten … sein Aussehen … unmenschlich. Diese Personen gleichen nicht den noch folgenden vielen Völkern und Königen. In V. 15 werden seinetwegen viele Völker aufspringen und Könige seinetwegen verstummen. Sie werden von neuen Kenntnissen überrascht und begreifen dadurch das, wovon sie zuvor noch nicht gehört haben (49,7).
V. 1Wer hätte geglaubt, was wir erfahren haben. Und JHWHs Arm, über wem hat er sich herausgestellt.
„Sie aber sind jetzt aufs höchste verwundert, weil sie den Ausgang der Geschichte durch die göttliche Offenbarung bereits vernommen haben – im Gegensatz zu Völkern und Königen, deren Staunen auf die künftige Realisierung und Vollendung der göttlichen Tat reagiert“, bemerkt Hans-Jürgen Hermisson.26
V. 2Er wuchs wie ein Spross vor uns, und wie eine Wurzel aus dünnem Erdreich (11,1). Der GK erschien somit in einer eher lebensfeindlichen Umwelt. „Jedenfalls ist die Bedeutung dieser Vergangenheit ein wesentliches Element der Offenbarung.“27Er hatte keine Gestalt und keine Pracht, dass wir ihn angeschaut, und er hatte kein Ansehen, das wir Gefallen an ihm gefunden hätten.V. 3Er war verachtet und verlassen von Menschen. Ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut, wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt [oder den man nicht anschauen wollte], verachtet, und wir hielten nicht viel von ihm. Der GK war ein durch Schmerzen leidender Mann, mit dem niemand etwas zu tun haben wollte.
Die Wir-Gruppe gesteht in V. 4-6 ein: V. 4„Wahrlich, unsere Krankheiten – er trug sie, und unsere Schmerzen – er schleppte sie. Wir aber hielten ihn für einen Getroffenen, einen von Gott Geschlagenen und Gebeugten.“28V. 5Wegen unserer Übertretung wurde er verwundet und wegen unserer Sünden zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen sind wir geheilt worden.V. 6Wir alle irrten umher wie Schafe, ein jeder seinen eigenen Weg, und JHWH ließ ihn alle unsere Sünden treffen.
Der weitere Bericht über den GK ist mit der Wir-Rede über die verirrten Wir-Schafe in V. 6 mit dem Schlachtlamm und dem Scherschaf in V. 7 verknüpft, ein Bild, das aber jetzt der GK einnimmt. V. 7Er wurde misshandelt, aber beugte sich und tat seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm auf dem Weg zur Schlachtung, und wie ein stummes Schaf vor den Scherer. „Darauf, dass er sich nicht aufgelehnt und protestiert hat, liegt hier besonders Gewicht“29. V. 8Er wurde aus Bedrückung und Gericht entrückt. Wer spricht seine Generation an? Denn er wurde vom Land der Lebendigen abgetrennt. Wegen der Übertretung meines Volkes hat ihn die Strafe ereilt.V. 9Und man gab bei Verbrechern sein Grab und bei Übeltätern seine Grabstätte, obwohl er kein Unrecht begangen hat und kein Trug in seinen Mund war.V. 10Und JHWH, dessen Plan es war, ihn zu schlagen, heilte den, der als Schuldenausgleich sein Leben einsetzte. Er wird Kinder haben und lange leben. „Die messianische, speziell die christologische Nachfolge sucht „leibliche Nachkommen“ eher zu umgehen.“30JHWHs Plan wird durch ihn gelingen.V. 11Wegen seinem erschwerten Leben wird er Licht sehen, sich sättigen. Durch seine Erkenntnis macht mein Knecht die Großen gerecht und ihre Sünden, er schleppt sie.V. 12Deshalb gebe ich ihm die Großen zuteil, und mit Gewaltigen wird er die Beute teilen, dafür dass er seine Seele in den Tod gab und den Abtrünnigen beigezählt wurde, er jedoch die Sünden Großer getragen und für die Übertreter eingetreten war.
26 BKAT XI 3 Hans-Jürgen Hermisson: Deuterojesaja 49,14-55,13; S. 355
27 Ebda, Seite 357
28 Ebda, Seite 315
29 Ebda, Seite 375
30 Ebda, Seite 399
Im 1GKL wird der GK bestätigt und damit eine frühere Ernennung oder die Bekanntgabe einer solchen Ernennung voraussetzt! Deshalb sind die Erkenntnisse über Ernennungen der Vergangenheit zu beachten. Sie reichen bis in die Offenbarung am Anfang zurück, die eng mit der Woche verbunden ist. Da sind in der Schöpfungswoche ein Sündenfall und die Aussicht auf den Sieg durch einen Nachkommen gegen die Schlange eingetragen (Gen 3,15). Eine Ernennung kann hier unterstellt werden.
Nachdem Engel ihre Stellung vernachlässigten und mit Menschen fusionierten, und bevor es zu einem Flutgericht kam (Gen 6,1ff), musste die Person Henoch für diese Engel in eine Kommunikation mit Gott treten (Hen 13,4f). Er nimmt deshalb vor der Flut eine Sonderstellung ein und sagte das große Gericht Gottes an (Hen 1,1-9; 37,1-5; Jud 14-15). Die Bilderreden im Buch Henoch sprechen von der Ernennung eines Erwählten (Hen 45,3) Menschensohnes (Hen 46,2f; 48,2f; 69,26f). Er wird das Licht der Völker und die Hoffnung derer sein, die in ihrem Herzen betrübt sind (Hen 48,4b). Vorher war der Menschensohn verborgen gewesen, und der Höchste hat ihn angesichts seiner Macht bewahrt und ihn den Auserwählten offenbart (Hen 62,7). Durch seine Vermittlerrolle kommen für die Wir-Gruppe im 4. GKL die Engel infrage (Jes 53,1-6). Sie verleihen dem Stellvertreterleiden des GK einen die Engel rehabilitierenden Sinn!31
Ernennungen sind im Buch Daniel beim Gericht über die vier Tiere (Dan 7,9-14) eingetragen. Viele weitere Diener oder Knechte wie z. B. Moses wurden ernannt und können deshalb als Gottesknechte bezeichnet werden. Der Prophet Jesaja wurde für eine Aufgabe von Gott als sein Diener ernannt und so legitimiert (Jes 6,1-8). Ein Rückbezug auf einen besonderen GK, der kommen sollte nahm Hiskia vor (Jes 49,1f) und es werden weitere Beispiele zur Sprache kommen.
Bei den anonymen GKL ist ein Rückbezug auf älteres Offenbarungsgut anzunehmen! Teile der GKL könnten Offenbarungsgut sein, dass in den Text gelegt wurde oder eine Fortschreibung dieses Guts sein und weitere neue Offenbarung zum GK enthalten!
31 Das Buch Henoch wird in der Forschung zur zwischentestamentlichen Literatur gerechnet, weshalb Berührungspunkte zu den Gottesknechtsliedern als chronologisch nachgelagert beurteilt werden – Siehe BKAT XI 3; S. 442.
Zurzeit der Niederschrift der GKL war die Vorstellung eines GK bereits bekannt. Im 2. GKL stellt sich eine Person selbst als ein GK in Szene. Er wird auf bekanntes Gut rekrutiert haben. Dessen königliche Abstammung könnte auf Jer 1,5 abgefärbt haben, womit noch kein spezifisches Merkmal eines GK vorliegen muss (Ps 139,16) aber die Frage, wer er sei, kursierte sicherlich. Haben weitere Personen die GKL zu ihrem Eigenverständnis herangezogen?
Das Buch Weisheit (Sapientia), ein Schulbuch32 für Könige und Fürsten, weist in Sap 5 viele Parallelen zu Esther und Mordechai auf, was mich zu einer Frühdatierung des Buches ~510 v. u. Z. veranlasste.33 Darin werden „deutliche Anspielungen auf Jes 53 und eine vergleichbare Szenerie“34 geboten, die sich historisch aufschlüsseln lassen:
Die Sapientia35 und Parallelen zur Person Mordechai in Esther.
5,1a
Der Gerechte aber, er wird mit großer Zuversicht
Est 3,3.4
5,1b
Denen
ins Angesicht hinein gegenüberstehen
, die ihn gefoltert
Est 3,2 Est 3,8.9
5,1c
Und seine Bemühungen für nichts geachtet haben
Est 2,23
5,2a
Wenn sie ihn sehen, werden sie sich in schrecklicher Furcht und völliger Verwirrung befinden
Est 6,11-13
5,2b
Und über die (in ihren Augen)
paradoxe Situation sei- nes Heils
außer sich sein
Est 7,10; 6,6-10
5,3
Voller Reue werden sie zueinander sprechen Und in der Beklommenheit des Geistes seufzen:
Est 6,13
5,4a
Der da war´s den wir einst zum Gelächter machten
Est 4,1.2
5,4b
Und zum lebendigen Beispiel des Spottes – ach wir Toren
Est 6,4 Est 8,15
5,4c
Sein Leben betrachteten wir als Wahn
Est 3,5
5,4d
Und
sein Tod als Ehrenlosigkeit
Est 3,6
5,5a
Wie konnte er nur unter die Söhne Gottes gerechnet wer- den,
Est 2,10 Est 3,21
5,5b
Wie sein
Los
unter den Heiligen sein!
Est 3,7 9,24-25
5,6a
Also haben wir uns getäuscht! Vom Wege der Wahrheit sind wir abgekommen.
Est 3,1.2
5,6b
Und das Licht der Gerechtigkeit schien uns nicht, Und die Sonne ist uns nicht aufgegangen.
Est 3,10.15
5,7a
Im Gestrüpp der Gesetzlosigkeit und des Verderbens ha- ben wir uns verfangen. Und durch unwegsame Wüsten hindurch unseren Weg gesucht.
Est 3,8-9
5,7b
Doch den Weg des Herrn haben wir nicht erkannt!
Est 9,1
5,8a
Was hat uns unser Übermut genutzt?
Est 3,5
5,8b
Und welcher Reichtum, mit dem wir auch noch prahlten, hilft uns jetzt?
Est 3,9 Est 8,1.7
Im apokalyptischen Teil von Sap 5 wird darauf Bezug genommen, wohin das Purim die Gerechten letztlich führt:
5,15
Die Gerechten aber leben in Ewigkeit, Und im Herrn haben sie ihren Lohn, Und ebenso beim Höchsten das, worum es ihnen letztlich geht
5,16a
Deshalb werden Sie die ihnen zustehende Königsherrschaft
5,16b
Und die darüber hinaus schöne Königskrone Aus der Hand des Herrn empfangen.
5,16c
Denn er wird sie mit seiner Rechten beschützen Und mit seinem starken Arm beschirmen
Selbst auf den Kambysesfeldzug ab 525 wird Bezug genommen:
5,23a
Ein machtvoller Wind wird ihnen entgegenwehen, ja wie ein Orkan wird er sie auseinandertreiben.
5,23b
Und die Gesetzlosigkeit wird die ganze Erde zur Einöde machen,
5,23
Und das Verbrechen wird die Throne der Dynastien umstürzen.
Die Bezüge zum 4. GKL in einer kollektiven Deutung des GK36
Sap 2,13
Jes 52,13; 53,11
Sap 2,19f
Jes 53,7f
Sap 4,18
Jes 53,3
Sap 4,20; 5,3
Jes 52,15
Sap 5,3f
Jes 53,2-4
Sap 5,5
Jes 53,12
Sap 5,6f
Jes 53,6
Sap 5,15f
Jes 53,10-12
Die Krisensituation und deren Auflösung im Buch Weisheit rekrutiert auf dem leidenden Gottesknecht im 4. GKL. Eine kollektive Deutung des GK findet sich im 1. GKL in der Septuaginta (Jes 42,1LXX). Damit ist eine Wirkung der GKL vor der Zeitenwende belegt.
32 JSHRZ III,4 Dieter Georgi: Weisheit Salomos; Vorwort
33 Harald Schneider: Die biblische Chronologie; 2020, Seite 25-27
34 BKAT XI 3 Hans-Jürgen Hermisson: Deuterojesaja 49,14-55,13; S. 441
35 Übersetzung: ATD A 4 Hans Hübner: Die Weisheit Salomos; 1999
36 ThWNT V Joach Jeremias; Seite 682
Jesus fragte die Volksmengen, was sie in der Wildnis (Jes 42,2) in Johannes dem Täufer zu sehen hofften? Ein Schilfrohr im Wind (vgl. Jes 42,2.3), königliche Kleider (ThEv 78; vgl. Jes 49,1) oder einen Propheten (Mat 11,7-9)? Jesus zitiert darauf Jes 40,3 und gibt den Hinweis auf das Streben nach dem Königreich des Himmels (Mat 11;10-12)! Alle Evangelien geben diese Funktion wieder (Mat 3,2f; Mar 1,2f; Luk 3,4ff; Joh 1,23; ThEv 46). Daraus lässt sich ableiten, dass große Volksmengen, die zu Johannes in die Wildnis zogen, um sich Taufen zu lassen, in ihm den Gottesknecht vermuteten.37
In Mat 12,17-21 wird als Grund für Jesu Reaktion auf Verfolgung das 1. GKL in Jes 42,1-4 zitiert.
In Gal 1,15f rezitiert Paulus Jes 42,6; 49,1.5f um seine Berufung als Verkündiger für die Nationen zu untermauern. In 2Kor 5,17 rezitiert er u. a. Jes 42,9 um den Wechsel zu Christus anzuzeigen. Er rezipiert Jes 49,4 in Phil 2,16, um seine Befürchtungen auszudrücken (vgl. Gal 2,2; 1Thes 3,5).
In Apg 13,47 legitimieren Paulus und Barnabas ihre Predigt zu Nichtjuden gegenüber Juden mit Jes 49,6 als ihnen geboten. Sie sehen sich somit in der Tradition des GK.
In 2Kor 6,2 wird Jes 49,8 zitiert und so die gelegene Zeit und die Rettung für den GK auf ihr Werk im Namen des Herrn angewandt.
Die Worte in Jes 49,10 werden sich laut Apk 7,16f an einer großen Volksmenge erfüllen, die aus einer großen Bedrängnis gerettet wird und laut Apk 14,5 qualifizieren sich die 144000 mit Jes 53,9b.
In Röm 8,32f rezitiert Paulus Jes 50,8.9a; 53,6b in einer Verteidigungsrede. Er verbindet seine Verkündigung in neuem Gebiet mit Jes 52,15 (Röm 15,21).
Johannes begründet mit Jes 53,1 den Unglauben gegenüber Jesu (Joh 12,38).
Paulus betont mit Jes 53,1 die Notwendigkeit, dem Gehörtem auch zu glauben (Röm 10,16).
Petrus rezipiert Teile von Jes 53,4-6.9.12, um Jesu vorbildliches Verhalten zu beschreiben (1Pet 2,21-25; vgl. auch Barn 5,1; 6,1f).
Jesu Heilungen wurden von Matthäus (8,17) als Erfüllung von Jes 53,4ff verstanden, wenngleich dort nicht von einem Arzt die Rede ist, sondern der GK selbst leidet.
In Apg 8,32f liest ein äthiopischer Machthaber Jes 53,7f und befragt Philippus zu diesen Worten.
Lukas schreibt, dass Jesus gegenüber seinen Schülern Jes 53,12 zitierte um deutlich zu machen, dass der Vorwurf der Gesetzlosigkeit an ihm vollendet werden müsse (Luk 22,37).
In der frühen Verkündigung der Apostel verherrlichte Gott seinen Knecht Apg 3,13 – Jes 42,1; 52,13, der Leiden 3,18 – 53,10a musste und nach Zeiten 3,19 würde Gott den für euch bestimmten Christus senden, Jesus 3,20, den allerdings der Himmel behält bis zur Wiederherstellung aller Dinge, wie die Propheten sagten 3,21.
Das Vorkommen von Jes 49,8; 53,9b in Apk 7,16f; 14,5 zeigt eine noch zukünftige Wirkung der GKL, die sich in Jesus und seinen Auserwählten zeigen würde.
Selbst der angesagte treue Verwalter (Luk 12,42-44; Mat 24,45-47) kann im Sinne der GKL verstanden werden. Die Hinterfragung seiner Einsetzung hält die Spannung nach der Frage, wer der ungenannte GK sei, in erstaunlicher Weise aufrecht!
Über den Einfluss von Jesaja im neuen Testament schreibt Klaus Berger: „Sehr viele „elementare“ Themen, Begriffe und Texte sind diesem Buch entlehnt. Im LkEv und in Act nimmt die Neigung, sich auf Jesaja zu berufen, besonders zu … Je weiter frühchristliche Schriften von dieser „Achse“ [Evangelien/Paulus/1Pet] entfernt liegen, umso schwächer ist die Bezugnahme darauf (z.B Jak; 1-3 Joh; Jud; auch in Hebr; 2 Petr ist der Einfluss recht schwach und kaum noch meßbar). … Ganz grob gesehen kann man sagen, daß alle großen und kennzeichnenden christlichen Themen (Johannes d. Täufer, Evangelium und Mission, Heilungstaten Jesu, partiell auch sein Leiden, Hinzunahme der Heiden) mit Rückgriff auf Jes theologisch geklärt werden konnten. Umso auffälliger ist, daß Jes 53 nur in 1 Petr 2,22-24 direkt mit dem stellvertretenden Leiden Jesu verbunden wird (53,4,5,6,9).“38
In der Verkündigung steht der Friedensbote Jesus39 als Herr von allen (Apg 10,36) im Vordergrund, der verordnet ist Richter der Lebenden und der Toten zu sein (10,42). Über ihn legen alle Propheten Zeugnis ab wobei die Sündenvergebung im Vordergrund stand (10,43).
Es kann zusammenfassend gesagt werden, dass zumindest Jesu Schüler für ihren Herrn die GKL in ihrem Schrifttum herangezogen haben, u. a. um Jesu Wirken, ihr eigenes missionarisches Verhalten, ihre Glaubenserfahrungen und ihre zukünftige Rettung zu erfassen!
37 Untersuchungen von Luk 1,54.67-79 und dem ProtEvJak zeigen Johannes als einen unter dem Stern geborener (Luk 1,78; vgl. Mat 2,1-12), der später prophetische und königliche Ambitionen hegte. Herodes hatte deshalb auch Mordabsichten gegen Johannes und tötete seinen Vater Sacharja (ProtEvJak 23,1-3). Er wuchs deshalb in der Wildnis auf, was als Leiden des GK aufgefasst werden konnte (Harald Schneider: Die Ordnung der vier Evangelien; 2020, Seite 19-33.65f.85f).
38 Klaus Berger: Theologiegeschichte des Urchristentums; 1994, § 18
39 Siehe Anhang: Der Friedensbote in Jes 52,7 und der Stern in Luk 1,6779; sowie die darauf folgenden Anhänge [Legitimation/Astronomie].
Über das 1. GKL schreibt Karl Elliger: „Alle Aufmerksamkeit wird auf die Person gelenkt, von der die folgenden Aussagen gelten. Und man hat stark den Eindruck, dass diese Aussagen zwar formal an die Adresse des himmlischen Hofstaats, sachlich aber in erster Linie an die des vorgestellten „Knechtes“ selber gehen.“40
Wer ist nun dieser eher unscheinbare Knecht, der vor langer Zeit, vielleicht schon von Anfang an, angekündigt wurde?
Mehr Aufschluss über diesen GK ergibt sich aus seiner Funktion. Den Entscheid bringt er den Völkern hinaus.42,1d passt weder auf Moses noch auf Jesus, die beide zum Volk Israel gesandt wurden. 42,2 Er macht nicht in der üblichen Weise auf seine Botschaft aufmerksam. Das alles passt nicht in eine Verkündigung vor großen Volksmengen.
Seine Verfahrensweise unterscheidet sich ganz beträchtlich: Das geknickte Rohr zerbricht er nicht, und den matten Docht löscht er nicht aus. Diese Bilder werden im Targum als demütige und arme Menschen ausgelegt, doch ist das nach Ausbleiben der Kommunikation mit Menschen in 42,2 (vgl. Mat 12,17-21) überhaupt sinnvoll? Diese Bilderrede wird als ein sehr markantes Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmal dieses GK eingeführt! Die Bedeutungsschwerpunkte müssen hier etwas anderes, und zwar völlig unübliches darstellen.
42,3 Der Umgang mit einem geknickten Rohr soll nicht an ein Schilfrohr erinnern, sondern an ein Rohr als Maßstab, das an Genauigkeit verloren hat. Der matte Docht transportiert nicht genügend Öl zur Flamme, und doch wird dieser nicht ausgelöscht. Dieses Erkennungsmerkmal im Verhalten des GK steht allen anderen gegenüber, die den ungenauen Maßstab verworfen und das unbefriedigende Klimmen in der Lichtmündung bereits ausgelöscht haben! Hinter diesen Bildern verbergen sich die exklusiven Methoden dieses GK bei der Ausführung seines Auftrags. Offensichtlich hätten auch andere diese Möglichkeit nutzen können, befanden diese aber verwerflich.
Zwei nicht zielführend erscheinende und untypische Vorgehensweisen des GK sind sein Mittel für ein herausbringen zu den Nationen42,1Das Recht wird von den Nationen wahrgenommen. 42,4 Dass der GK nicht verglimmen noch einknicken wird deutet auf einen längeren Zeitraum und Umstände hin, die er durchzustehen hat und die Beachtung finden. Er überwindet nicht bekannte Hindernisse, die in einer Assoziation zu der Bilderrede in 42,3 stehen. Nicht verglimmen oder knicken ist gegenüber dem matten Docht und dem geknickten Rohr ein ungebrochener Maßstab, ein Licht und das Recht (vgl. ThEv 46,1). 42,4 Die Worte: bis er das Recht auf Erden gegründet hat setzt einen hohen Anspruch. Der GK ist ein Lehrer, denn: die Inseln werden auf seine Lehren harren. Dass seine Lehren ein so dringendes Bedürfnis für Nationen in der Ferne sind, setzt eine Not/Notwendigkeit voraus.
42,1 Seine Fähigkeiten stehen durch Stütze im Wohlgefallen Gottes. Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt. Er wird vorgestellt als: Siehe, mein Knecht … mein Auserwählter. Der GK wird das Recht hinausbringen zu den Nationen. Mit 42,5 begegnet uns der ältere Abschnitt: So spricht der Gott JHWH, der die Himmel schuf und sie ausspannte, der die Erde ausbreitete mit Gewächsen, dem Volke auf ihr den Odem gibt, und den Lebenshauch denen, die darauf gehen. Diese Einleitung legt den Rahmen fest, da die geschaffenen Lebensräume untrennbar mit der Woche verbunden sind und als ein Ganzes vor ihm bestehen. Der von Anfang an verborgen gewesen war, wird bewahrt und offenbart (Hen 62,7). Nach 7 Mondzeiten war 612 der Untergang Ninives erreicht und nach 7 Sonnenzeiten 536/535 Kyros an der Macht. Demgegenüber endete nach 14 Mondzeiten 1945 der 2. Weltkrieg und 14 Sonnenzeiten 2020/2022 in unserer Gegenwart (Hen 3). Seit der Flut laufen Sonnen- und Mondzeiten auseinander.
Die Ansprache in 42,6a ist direkt an den GK gerichtet: Ich, JHWH, habe dich gerufen in Gerechtigkeit und ergriff dich bei der Hand. Die Versicherung, von Jehova gerufen und bei der Hand geführt worden zu sein, erklärt dem GK den Ursprung seiner bisherigen Entwicklung. In Zusammenhang mit 42,1-4 wird dem GK der Grund für seine stille Arbeit und seinen interessierten Umgang mit allgemein verworfenen Maßstäben bzw. Lichtquellen vor Auge geführt. Die gewonnene Erkenntnis setzt der GK ein, 42,7um blinde Augen zu öffnen, um Gefangene aus dem Kerker herauszuführen, und aus dem Gefängnis die Bewohner der Finsternis.42,6b Dem GK wird Schutz zugesichert, weil er im Bund des Volkes, zum Licht der Nationen eingesetzt ist. 42,8Ich bin JHWH, das ist mein Name und meine Ehre gebe ich keinem anderen, noch meinem Ruhm geschnitzten Bildern. Deutlich werden in Anschluss an V. 5 abweichende Vorschläge abgewiesen! Es scheint, als sei einem Lösungsansatz am Ende der 7. Sonnenzeiten eine Absage erteilt worden (vgl. Dan 9,27). Von den 14 immergrünen Bäumen in Henoch 3 standen zurzeit Jesu noch 5 Bäume aus (ThEv 19). 42,9Das Frühere, siehe, es ist eingetroffen, und Neues verkündige ich, ehe es hervorsprosst, lasse ich es euch hören. Mit der Einsetzung des GK ist das früher Gesagte eingetroffen. Jehova verkündigt das Neue noch bevor es geschaffen wird (Ex 3,14).
42,1-9