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In einer Provinzhauptstadt wird ein Fußballstadion gebaut - ohne dass es dafür ein ausreichendes Publikum gäbe. Selbst an Spieltagen bietet es ein Bild überwältigender Leere - gleichsam als Kathedrale irrwitziger Gigantomanie. Egyd Gstättner schickt sein Alter Ego Fraundorfer auf Recherche: Von den leeren Stühlen des Stadions bis in die Niederungen der Lokalpolitik sowie des Narzissmus und der Gier gräbt er. Zur Seite steht ihm der Geist des Eugène Ionesco, der Meister des absurden Theaters, der zunächst nicht fassen kann, was Fraundorfer zutage fördert. Bald aber wird er mit einstimmen in den Chor des Absurden - vor zweiunddreißigtausend leeren Stühlen. In gewohnter satirischer Schärfe stößt Egyd Gstättner in bizarre Abgründe menschlicher Gier und grotesken Geltungsdrangs und führt die bis zur Kenntlichkeit entstellten Protagonisten der alltäglichen Absurdität vor.
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Seitenzahl: 332
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EGYD GSTÄTTNER
Das Freudenhaus
Copyright © 2015 Picus Verlag Ges.m.b.H., Wien
Alle Rechte vorbehalten
Grafische Gestaltung: Dorothea Löcker, Wien
Umschlagabbildung: JANEK SKARZYNSKI/AFP/picturedesk.com
ISBN 978-3-7117-2026-9
eISBN 978-3-7117-5298-7
Informationen über das aktuelle Programm
des Picus Verlags und Veranstaltungen unter
www.picus.at
Egyd Gstättner, geboren 1962, lebt als freier Autor in seiner Heimatstadt Klagenfurt. Ständige Publikationen in »Kleine Zeitung« und »Die Presse« sowie in vielen anderen nationalen und internationalen Medien. Bei Picus erschienen »Der Mensch kann nicht fliegen«, »Der Untergang des Morgenlands«, »Absturz aus dem Himmel«, »Ein Endsommernachtsalbtraum«, »Das Geisterschiff« sowie zuletzt »Am Fuß des Wörthersees« (2014). Zahlreiche Preise und Auszeichnungen. http://members.aon.at/gstaettner/index.html
EGYD GSTÄTTNER
Das Freudenhaus
ROMAN ÜBER DAS ABSURDE THEATER
PICUS VERLAG WIEN
Wir sind alle auf der Suche nach etwas außergewöhnlich Wichtigem, von dem man vergessen hat, was es war; ich schreibe die Memoiren eines Mannes, der das Gedächtnis verloren hat. Mir bleibt das Bewusstsein, dass alle Dinge, die ich sage, nur Ersatz sind.
EUGÈNE IONESCO,Heute und gestern,gestern und heute
Der Weltraum. Der einzige von Lebewesen bewohnte Planet in all den Galaxien und Milchstraßen. Die Erdkugel. Die nördliche Hemisphäre. Der alte, der altehrwürdige Kontinent dieses Planeten. Die große Nation dieses Kontinents. Die glanzvolle, die weltberühmte Hauptstadt dieser großen Nation. Die Stadt der Liebe! Die Stadt der Lichter und der Dichter und der Akkordeonspieler! Die Stadt der Eleganz, der Mode, der Musik! Die Malerei! Die Stadt der Schönheit, des Geistes und der Kunst! Die Theater! Das Théâtre du Nouveau-Lancry! Die Museen! Die Galerien! Die Kathedralen! Notre Dame! Montmartre! Montparnasse! Die Rue de la Huchette! Der Jardin du Luxembourg! Das Quartier Latin! Die Seine! Die Rue de l’Odéon. Die Champs Élysées. A sportscar! The warm wind in my hair! Der funkelnde Eiffelturm! Der Eiffelbeinturm! Die Stadt der Concierges und Clouseaus und Clochards und Citroëns, die Stadt der krxx … krwwxx … krrrwxxxxx … Schlblwwwrxrxrxxxx! Plp! Plp! Krx! Krx! Pinnnng! Zinnnnng! Fltsch. Fltsch. Fltsch. Schlabaschlablbschlblb! Filmriss! Sch! Schnell! Spulen Sie zurück! Noch ist nichts passiert! Probieren wir es noch einmal! Halten Sie mir die Daumen! Das wäre peinlich! Ausgerechnet jetzt! Vielleicht geht es noch! Vielleicht merkt es keiner! Also dann: Klappe, die zweite! Film ab!
Der Weltraum. Die Erdkugel. Die nördliche Hemisphäre. Einer der kleineren Kontinente. Einer der kleineren Staaten dieses Kontinents. Eine der kleineren Städte. Vorstadt. Das große Stadion der kleinen Stadt. Die Silberschüssel, die man schon vom Flugzeug oder von der Autobahn aus erkennt. Das Wahrzeichen. Es gibt Städte mit Silberschüsseln und Städte ohne Silberschüsseln. Es gibt Silberschüsseln, in denen es kocht, und Silberschüsseln, in denen es nicht kocht.
Zweiunddreißigtausend Sitzplätze. Einunddreißigtausendsiebenhundert leere Sitzplätze, weinrot. Es sind nur der Unterrang der Westtribüne und der VIP-Balkon darüber geöffnet. Alle anderen Tribünen sind gesperrt. Da darf niemand sitzen. Lauter leere Plätze, wohin man seinen Blick auch schweifen lässt. Tausende und Abertausende leere Stühle! Prächtige Öde! Keine Fernsehkamera. In der Fernsehkameraposition: ich. Erstmals ist dieses prekäre Wort jetzt gefallen. Ich, Egyd Fraundorfer, Bewohner des Weltalls und Teil des Universums, lebe in einer Stadt mit einer Silberschüssel, in der es nicht kocht. Kalte Küche, ein paar Bratwürste ausgenommen. Der Ort, ich glaube, nannte sich Paris. Paris hat es nie gegeben … in diesem Loch … in all dem hier … in dem großen, ganz schwarzen Loch. Ah! Diese Aussetzer! Rund um mich ein paar andere Zuseher zwischen vielen, vielen leeren Plätzen. Ich gehöre hier mit niemandem zusammen. Ich bin allein gekommen, ich sitze allein, ich werde allein gehen, und da die übrigen Zuseher gewissermaßen auf meiner eigenen schiefen Ebene sitzen, kann ich sie so gut wie nicht sehen. Ich sehe nur die siebenundvierzig vollkommen leeren weinroten Sitzplatzreihen rundherum, die zu einem gigantischen Sitzplatzteppich verknüpft sind, und das leicht geschwungene, silbern schimmernde Stadiondach darüber. Jeder Stuhl ein Sandkorn einer Wüste. Das Theater der Antike beginnt damit, dass sich einer aus dem Chor löst und sich dem Chor gegenüberstellt. Aber wenn kein Chor da ist?
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