Das Heilige Grab in Gernrode - alles klar, oder? - Michael Meisegeier - E-Book

Das Heilige Grab in Gernrode - alles klar, oder? E-Book

Michael Meisegeier

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Beschreibung

Die Heilig-Grab-Nachbildung in der Stiftskirche in Gernrode gehört zu den herausragendsten, aber auch rätselhaftesten Kunstwerken der Romanik in Sachsen-Anhalt. Die Forschung datiert den Bau fast einhellig in das Ende des 11. Jh. Nach Auffassung des Autors wurde die Anlage ursprünglich nicht als Heilig-Grab-Anlage errichtet, sondern als Schatzkammer, und zwar um die Mitte des 12. Jh. Erst später erfolgte der Umbau zu einem Heiligen Grab. Im Anhang bietet der Autor eine alternative Rekonstruktion der sog. "Reliquienkammer" in der Ostkrypta der Stiftskirche in Gernrode an.

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Der Autor wurde 1950 in Erfurt geboren. Er studierte in Weimar Bauingenieurwesen und schloss das Studium 1977 mit der Promotion ab. Danach war der Autor bis zum Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2015 in einem Erfurter Planungsbüro tätig.

Seit mehr als 40 Jahren beschäftigt sich der Autor mit romanischer und vorromanischer Kunst sowie mit der Geschichte des frühen Kirchenbaus vom frühchristlichen Kirchenbau bis zum Kirchenbau des 13. Jahrhunderts.

Veröffentlichungen des Autors zum Thema:

"Frühe Kirchenbauten in Mitteldeutschland. Alternative

Rekonstruktionen der Baugeschichten"

2016, 132 S., BoD-Books on Demand, Norderstedt

ISBN: 9783743180703

"Der frühchristliche Kirchenbau - das Produkt eines

Chronologiefehlers. Versuch einer Neueinordnung mit Hilfe der HEINSOHN-These"

Im Anhang u. a. Exkurs: Die Erschaffung der karolingischen und ottonischen Baukunst

2017, 280 S., BoD-Books on Demand, Norderstedt

ISBN: 9783848256686

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

"Es ergibt sich kein klares Bild"

Stand der Forschung

Die Datierung der Stiftskirche

Das Dilemma der Stilkritik

Seit wann gibt es Heilig-Grab-Anlagen?

Alternative Rekonstruktion der Baugeschichte des Heiligen Grabes

Das Grab in der Vorkammer

Umbauten der Stiftskirche im 12. Jh.

Literaturverzeichnis

Anhang

Exkurs: Die "Reliquienkammer" in der Ostkrypta der Stiftskirche in Gernrode

Literaturverzeichnis

Vorwort

Mit der 2007 erschienenen, beeindruckend umfangreichen Publikation zum Heiligen Grab in Gernrode von KAHSNITZ / KRAUSE / LEOPOLD / MÖLLER u. a. könnte man meinen, dass es darüber hinaus nichts neues Mitteilenswertes zum Gegenstand geben kann.

BADSTÜBNER bescheinigt in seiner Rezension dieser Arbeit eine Art Corpuseigenschaft: "Es ist der altbewährte Corpusgedanke, der dieser Veröffentlichung zugrunde liegt und dessen Absicht nicht in erster Linie die endgültige Klärung von geschichtlichen und kunstgeschichtlichen Sachverhalten ist, obwohl das selbstverständlich in der Aufgabenstellung mit enthalten sein muss, sondern vielmehr die möglichst lückenlose Dokumentation des erhaltenen Bestandes an Sachzeugen in aller Ausführlichkeit."

Der zunehmende Einzug naturwissenschaftlicher Methoden bei der Befundermittlung liefert zweifellos eine große Anzahl zusätzlicher Detailkenntnisse und ist demzufolge natürlich ein großer Gewinn. (Vielleicht suggeriert er aber auch dem Nichteingeweihten eine nicht vorhandene Endgültigkeit der getroffenen Aussagen.)

Die wichtige Frage der Datierung und Einordnung des Untersuchungsgegenstandes in den geschichtlichen und kunstgeschichtlichen Zusammenhang, ob Bauwerk oder Kunstwerk, können sie meist nicht beantworten. Noch gibt es keine überzeugende naturwissenschaftliche Methode zur expliziten Ermittlung des Datums der Errichtung Bauwerken bzw. Anfertigung künstlerischer Objekte. Die bekannten Methoden wie die Radiokarbonmethode oder die Dendrochronologie benötigen besondere Voraussetzungen, die relativ selten gegeben sind. Sie sind aus Sicht des Autors kritisch zu bewerten.

Um diese wichtige Frage zu beantworten, sind diverse Zusatzannahmen erforderlich, welche sämtlich nicht naturwissenschaftlicher Art sind, sondern ausschließlich Interpretationen darstellen. Dazu zählen hier im konkreten Fall z. B. die Baugeschichte der Stiftskirche, aber auch allgemein die traditionelle Ereignisgeschichte und die darin eingebettete Kunstgeschichte.

"Es ergibt sich kein klares Bild"

Am 16.04.2017 wurde eine Dokumentation zum Heiligen Grab in Gernrode mit dem Untertitel "Geheimnisvoller Fund in der Stiftskirche" im mdr-Fernsehen ausgestrahlt.

Danach sehen die Forscher die Errichtung des Heiligen Grabes um 1080, womit dieses die älteste erhaltene Nachbildung des Heiligen Grabes nördlich der Alpen ist.

Der geheimnisvolle Fund ist ein in der Vorkammer aufgefundenes Kopfnischengrab einer weiblichen Person, welches zweifellos nachträglich in die Bausubstanz des Heiligen Grabes eingebracht wurde. Eine C14-Untersuchung der Gebeine ergab eine Datierung um 1045, womit es jedoch älter wäre als das Heilige Grab selbst. Ein offensichtlicher Widerspruch.

Zusätzlich irritiert hat die Forscher, dass im Halsbereich der bestatteten Person ein so genanntes Jerusalemkreuz aus Bernstein aufgefunden wurde. Jerusalemkreuze gab es jedoch erst nach der Eroberung von Jerusalem, was bedeutet, dass diese Person frühestens im Laufe des 12. Jh. dort bestattet wurde.

Bezüglich der C14-Untersuchung gehen die Forscher von einer Fehlmessung aus, da das Grab in der Vergangenheit als Hühnerstall und Schweinekoben genutzt wurde, womit die Messwerte verfälscht wurden.

Das Fazit in diesem Bericht lautet: "Es ergibt sich kein klares Bild".

Der Umgang mit der C14-Messung erscheint schon etwas problematisch. Die Verfahrensweise, Messwerte als Fehlmessung auszusondern, die nicht mit dem erwarteten Ergebnis übereinstimmen, ist zumindest fragwürdig. Wenn die Gründe zutreffen sollten, erhebt sich die Frage nach der prinzipiellen Eignung dieser Methode zur Datierung von Skelettfunden.

Es ist daran zu erinnern, dass auch im Fall der Editha in Magdeburg eine Fehlmessung behauptet wird - dort wegen dem vermehrten Fischverzehr der Editha. Übrigens wurde die C14-Untersuchung durch dasselbe Büro vorgenommen.

Stand der Forschung

Nach LEGNER ist das Heilige Grab in Gernrode "eines der großen Stil- und Zeiträtsel der Kunstgeschichte" [LEGNER, 39].

Die Datierungen des Heiligen Grabes in Gernrode schwankten im Laufe der Forschungsgeschichte ständig. Während 1902 GOLDSCHMIDT das Grab noch um 1170/90 sieht, wurde es zunehmend veraltet [ebd., 39]. Die Datierungen bewegen sich nun von "um 1000" bis zur heute bevorzugten Datierung "um 1080/1100". Zwischenzeitlich gab es vereinzelt einige jüngere Datierungen wie BERNDT (1932) mit 1100-1120 und GOSEBRUCH (1975) mit 1130 [ebd., 39]. LEGNER hält sich zurück und datiert es in das 11./12. Jh.

1980 erschien von VOIGTLÄNDER eine umfassende Publikation zur Stiftskirche in Gernrode einschließlich dem Heiligen Grab, die auch den damaligen Stand zusammenfasste. Seit dem hat sich die Datierung "um 1080/1100" einigermaßen verfestigt.

Die letzte große, 2007 erschienene, auf neuen Untersuchungen am Bestand basierende Publikation von KAHSNITZ / KRAUSE / LEOPOLD / MÖLLER datiert den Grabbau – wie gehabt - in das späte 11. Jh.

BADSTÜBNER lobt zwar in seiner Rezension zu [KAHSNITZ / KRAUSE / LEOPOLD / MÖLLER] deren Arbeit, zweifelt aber offensichtlich an der Datierung der Stuckreliefs, welche er im Einklang mit der älteren Forschung (FEULNER, HAMANN) eher Anfang des 11. Jh. sieht. Er fragt: "Wo gibt es dagegen Vergleichbares in der Skulptur „um 1100"?" Die Antwort des Autors: Nichts "um 1100", aber schon gar nichts "um 1000". Mehr dazu später.

KAHSNITZ / KRAUSE / LEOPOLD / MÖLLER sehen die Baugeschichte der Heilig-Grab-Anlage wie folgt:

Schon der ottonische Gründungsbau der Stiftskirche besaß eine Kultanlage in Form einer Arkosolnische von 2,28/2,30 m Breite und 85 cm Tiefe (davon 35 cm in die Wand eingetieft), die als Heilig-Grab-Nische interpretiert wird. Diese war an der Innenseite der südlichen Seitenschiffswand angeordnet. In der Nische eine Bodenplatte, in der Bogenleibung ursprünglich ein Engelrelief. Bauzeit um 1000.

Grabbauphase

: Im späten 11. Jh. Errichtung eines Grabbaus vor der Arkosolnische und unter Einbeziehung dieser, bestehend aus einer Grabkammer sowie einer östlich anschließenden Vorkammer. Der Zugang zur Grabkammer in der Ostwand von der Vorkammer aus. Eine weitere Öffnung befand sich in der Nordwand, wobei unklar ist, ob diese ein Zugang war oder nur eine Einblicköffnung. Einbau eines Vierpassfensters in der Arkosolnische.

Der Zugang zur Vorkammer vom Querhaus (Spuren einer östlichen Abschlusswand der Vorkammer wurden weder an den Wänden noch im Fußboden gefunden). Die bisherige Nutzung der Heilig-Grab-Nische wurde beibehalten. Stuckreliefs an der Nordseite von Grabkammer und Vorkammer, an der Westseite der Grabkammer und in der Grabkammer (Bischofsfigur).

Grabbauphase

: Größere Umgestaltung der Anlage „kurze Zeit nach dem Bau der Grabanlage“. In der Grabkammer Einbau des Sarkophags vor der Nordwand mit Schließen der Öffnung in der Nordwand. Abschlagen der Engelreliefs in der Arkosolnische und Anbringung neuer Engel an der West- und Ostwand. Drehung der Bischofsfigur ein Stück nach Nordosten. Einbringung des Schmuckfußbodens. Herstellung eines neuen Zugangs zur Vorkammer in der Nordwand.

Grabbauphase