Der frühchristliche Kirchenbau - das Produkt eines Chronologiefehlers - Michael Meisegeier - E-Book

Der frühchristliche Kirchenbau - das Produkt eines Chronologiefehlers E-Book

Michael Meisegeier

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Beschreibung

Nach Auffassung des Autors gibt es keine frühchristlichen Kirchen. Die sog. frühchristlichen Kirchen sind ausschließlich der frühen Romanik zuzurechnen. Zum Beispiel sind die sog. frühchristlichen Kirchen Roms die dort fehlenden Kirchen des 11./12. Jh. Der Irrtum der Kunstgeschichte resultiert aus einem bis heute nicht erkannten Chronologiefehler. Für die chronologische Verirrung liefert die These von Gunnar Heinsohn die Grundlage. In einem Exkurs behauptet der Autor, dass es weder eine karolingische noch eine ottonische Baukunst gibt, da sowohl die Karolinger als auch die Ottonen historische Konstrukte sind.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Die HEINSOHN-These

Italien im 10. Jh. und der Beginn des monumentalen Kirchenbaus in Italien

Kirchen der Merowinger und Karolinger

Die frühchristlichen Kirchen der Stadt Rom

San Giovanni in Laterano und Lateranbaptisterium San Giovanni in Fonte

San Pietro in Vaticano (Alt-St. Peter)

Santa Maria Maggiore

Santa Croce in Gerusalemme

Santa Pudenziana

Santa Sabina

Santo Stefano Rotondo

San Clemente

Santi Cosma e Damiano

Santi Giovanni e Paolo

San Lorenzo fuori le mura

San Paolo fuori le mura

Santa Maria in Trastevere

Sant' Anastasia

Santi Nereo ed Achilleo

San Sisto Vecchio

San Crisogono

San Lorenzo in Lucina

San Pietro in Vincoli

Santa Cecilia in Trastevere

Santi Quattro Coronati

Santa Susanna

Santa Prassede

San Giovanni a porta Latina

San Stefano in Via Latina

Sant'Agnese fuori le mura

San Pancrazio

Santa Maria Antiqua

Konstantinopel

Hagia Sophia

Apostelkirche

Irenenkirche

Hagios Johannes Studios

Sergios-und- Bakchos-Kirche

Ephesos

Johanneskirche

Syrien

Kalat Siman

Die Toten Städte Nordsyriens

Armenien

Georgien

Jerusalem und Bethlehem

Grabeskirche

Geburtskirche

Felsendom

Ravenna

San Giovanni Evangelista

Baptisterium des Neon oder Baptisterium der Orthodoxen

Mausoleum der Galla Placidia

Erzbischöfliche Kapelle

Sant'Apollinare Nuovo

Baptisterium der Arianer

Spirito Santo

San Vitale

Sant'Apollinare in Classe

Santa Maria Maggiore

San Francesco

Sant'Agata

Dom

San Michele in Affricisco

Aquileia

Mailand

Basilika des Simplicianus (San Simpliciano)

Kirche der Apostel (San Nazaro)

Bischofskirche der hl. Thekla mit Baptisterium

San Lorenzo Maggiore

Sant'Ambrogio

Cimitile/Nola

Neapel

Perugia

Poreč

Thessaloniki

Nordafrika

Tebessa

Mittel- und Westeuropa

Trier, Doppelkirchenanlage

Boppard, St. Severus

Xanten, St. Viktor

Mainz, St. Johannis

Worms, Dom St. Peter

Paris, St-Germain-des-Prés

Soissons, St. Medard

Jouarre, St. Paul

St-Philibert-de-Grandlieu

Civaux

Poitiers, Baptisterium St. Jean

Poitiers, Hypogeum des Mellebaudis

St-Généroux (ca. 50 km nördlich von Poitiers)

Mélas (Le teil-d'Ardeche), St. Stefan

Auxerre. St-Germain

Flavigny, St-Pierre

Nevers, St-Cyr-et-Ste-Julitte

Metz, St. Peter (St-Pierre-aux-Nonnains)

Frejus, Baptisterium

Baume-les-Messieurs, St-Pierre

Grenoble, St-Laurent

St-Denis

Vienne, St-Pierre

Marseille, St-Victor

Six-Fours-les-Plages, St-Pierre (bei Toulon)

Île St-Honorat (Îles de Lérins)

Luxeuil

Saint-Martin de Tours

Anhang

Exkurs: Die Erschaffung der karolingischen und ottonischen Baukunst

Wer waren die Karolinger?

Wie entstand die karolingische Geschichte?

Ausgewählte, angeblich karolingische Kirchenbauten

Aachen, sog. karolingisches Oktogon

Corvey, St. Stephanus und St. Vitus

Fulda, Dom

Fulda, St. Michael

Köln, Dom St. Petrus

Lorsch, Benediktinerabtei St. Petrus, Paulus und Nazarius

Sankt Gallen, Benediktinerkloster

Seligenstadt, Einhardsbasilika

Steinbach bei Michelstadt, Einhardsbasilika

Zadar, Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit (später St. Donatus)

Ottonische Quellen gefälscht

Ottonische Kirchenbauten

Gernrode, Damenstiftskirche St. Cyriakus

Hildesheim, St. Michael

Memleben, St. Maria

Exkurs: Die Krypta

Literaturverzeichnis:

Einleitung

Als frühchristliche Kirchen werden allgemein die Kirchenbauten des 4. bis 6. Jh. bezeichnet. Sie sind ein fester und unverrückbarer Teil der Architekturgeschichte. Jeder Zweifel verbietet sich eigentlich von selbst. Territorial ist der frühchristliche Kirchenbau auf das Gebiet des ehemaligen Römischen Reichs beschränkt, des West- als auch des Ostreichs.

Der frühchristliche Kirchenbau beginnt nach herrschender Lehre mit den Kirchengründungen Kaiser Konstantins I. am Beginn des 4. Jh. und geht bis zum Ende der Spätantike im ausgehenden 6. Jh. Das Christentum vor dem 4. Jh. errichtete danach noch keine Kirchen, sondern nutzte so genannte Hauskirchen, das sind für den christlichen Kult umgenutzte Wohnräume bzw. -häuser.

Der Beginn des monumentalen Kirchenbaus wird traditionell mit der Regierungszeit von Kaiser Konstantin I. verbunden. Als markantes politisches Ereignis gilt die berühmte Mailänder Vereinbarung von 313 (das sog. Toleranzedikt), in der durch Konstantin und Licinius „allgemeine Religionsfreiheit, namentlich für das corpus Christianorum, d. h. für die christliche Gemeinde, und die Rückgabe des ihr in der Verfolgung entzogenen Eigentums“ [DEMANDT, 42] bestätigt wird.

Konstantin I. soll bereits 312, also zeitlich vor der Mailänder Vereinbarung, die Lateranbasilika für den Bischof von Rom gestiftet haben. 324 bis 326 folgen die Petersbasilika und die Umgangsbasilika für Marcellinus und Petrus [ebd, 42]. „Nicht nur in Rom und Konstantinopel, sondern im ganzen Reich hat der Kaiser den Kirchenbau gefördert…Insbesondere im Heiligen Lande entstanden monumentale Kirchenbauten, so die Basilika von Mamre, sowie die Geburtskirche in Bethlehem und die Himmelfahrtskirche auf dem Ölberg…Die Grabeskirche nahe der Schädelstätte wurde mit besonderem Aufwand errichtet und zu den Tricennalien des Kaisers am 17. September 335 eingeweiht.“ [ebd, 51].

Doch es regen sich Zweifel. Das so genannte Toleranzedikt kann kaum der Auslöser für den angeblich von Konstantin initiierten monumentalen Kirchenbau gewesen sein. Eine sozusagen übergangslose Errichtung solch monumentaler und repräsentativer Kulträume, für die gar kein, den riesigen Räumlichkeiten entsprechender Kult bestand, steht im Widerspruch zum damaligen Entwicklungsstand des Christentums. Ein dazu gehörender gestiegener Repräsentationsanspruch und ein entsprechend ausgestalteter Kult, aus denen solche neuen Anforderungen an die Räumlichkeiten und die Ausschmückung der Kulträume resultieren können, sind zum damaligen Zeitpunkt noch lange nicht vorhanden.

Erst mit der Erhebung des Christentums zur Reichsreligion und der Schaffung der Reichskirche entsteht das große Repräsentationsbedürfnis, dem natürlich die Kulträume durch Monumentalität und Ausschmückung entsprechen mussten. Die Errichtung monumentaler Kirchenbauten ist für mich mit der Begründung der Reichskirche untrennbar verbunden. Vorher kannte das Christentum dieses Bedürfnis noch nicht, weshalb seine christlichen Versammlungsräume noch recht bescheiden daherkamen.

Nach der traditionellen Darstellung der Geschichte des Christentums entsteht die Reichskirche mit dem Edikt von 391, in dem Kaiser Theodosius I. die heidnischen Kulte verbietet. Dieser Auslegung der antiheidnischen Gesetze Theodosius I. widerspricht z. B. ERRINGTON. Er weist nach, dass die angeblich so bedeutenden antiheidnischen Gesetze von Kaiser Theodosius I. den zeitgenössischen Autoren (Ambrosius, Augustinus, Orosius, Rufinus, Sokrates, Theodoret, Philostorgius, Sozomenos) entweder unbekannt waren oder weitgehend unbeachtet blieben. Die Gesetze waren entweder an einen eng begrenzten Personenkreis gerichtet oder Entscheidungen betreffend einzelner regionaler Ereignisse, z. B. die Zerstörung des Sarapeion in Alexandria. Den o. a. Autoren – die an sich an einer Auslegung als reichsweit gültiges Edikt das größte Interesse gehabt haben müssten - war dies offensichtlich klar, weshalb sie auf diese Gesetze kaum eingingen [ERRINGTON, 435]. Die griechischen christlichen Autoren Sokrates, Sozomenos und Theodoret haben mehr als vierzig Jahre später (nach 391) noch keine konkrete Kenntnis von Theodosius’ antiheidnischen Gesetzen – oder ignorierten diese [ebd. 402f].

Es scheint offensichtlich: Es gab keine reichsweite Verfügung durch Theodosius zur Zerstörung von heidnischen Tempeln.

Die Darstellung der meisten modernen Historiker, dass durch die Gesetze Theodosius’ I. die Reichskirche begründet wurde, ist nicht zutreffend.

Die neuere Forschung sieht die Gründung der Reichskirche erst unter Justinian I. im 6. Jh. Nach BEAUFORT setzte Kaiser Justinian dem apostolischen Christentum "seine eigene katholische Reichskirche entgegen." [319] BEAUFORT formuliert weiter: "Von nun an war die katholische Reichskirche als einzig wahre Repräsentantin des von Jesus begründeten Christentums anzuerkennen. Abweichende Lehren ... wurden als Ketzerei verboten und deren Anhänger verfolgt." [319f]

„Justinian I. war es, der ein ganz besonders ausgeprägtes Verständnis der besonderen Bedeutung der Kaiserinstitution, ihrer Aufgaben und ihrer ideologischen Verankerung hatte und so die Entwicklung des Verhältnisses von Kaiser und Kirche in Byzanz wesentlich bestimmte.“ [WINKELMANN, 131]

Wenn der Beginn des monumentalen Kirchenbaus - wie der Autor meint - erst im 6. Jh. anzusetzen ist, muss es für die so genannten frühchristlichen Kirchen davor eine nachvollziehbare Erklärung geben, da die betreffenden Kirchenbauten zweifellos existent waren bzw. noch sind und von jedem in Augenschein genommen werden können.

Der Autor versucht im Folgenden, eine solche Erklärung anzubieten.

Die HEINSOHN-These

Da die so genannten frühchristlichen Kirchenbauten des 4. und 5. Jh. aus Sicht des Autors zu früh in unserer Geschichte eingeordnet sind, ist für diese die Zuweisung in eine spätere Zeit erforderlich. Für die Verbringung dieser Bautengruppe in eine spätere Zeit benötigt es jedoch einen glaubhaften Ansatz.

Der Autor sieht diesen Ansatz in der von Gunnar HEINSOHN ab 2013 vorgestellten These zur Revision unserer Chronologie, nachfolgend als HEINSOHN-These bezeichnet.

Da HEINSOHN seine These noch nicht pupliziert hat, möchte ich zumindest den Ansatz hier kurz vorstellen. Für eine tiefergehende Beschäftigung mit der HEINSOHN-These einschließlich HEINSOHNs Nachweisführung für seine These muss der Autor den Leser leider auf die bevorstehende Veröffentlichung durch HEINSOHN verweisen. Grundzüge seiner These hat HEINSOHN auf der Webseite von Alfred de Grazia www.Q-mag.org/gunnar-heinsohns-latest.html jedoch schon zugänglich gemacht (in Englisch).

Gemäß der HEINSOHN-These sind die in der Chronologie nacheinander eingeordneten Zeitabschnitte 1 - 230 (Antike), 290 - 520 (Spätantike) und Anfang 8.Jh. - 930 (Frühmittelalter) in Wirklichkeit zeitgleich und sind nur regional unterschiedliche Aspekte eines einzigen etwa 230 Jahre währenden Zeitabschnittes der Römischen Kaiserzeit. Während der erste Zeitabschnitt dabei regional Westrom zugehörig ist, sind der spätantike Abschnitt Ostrom/Byzanz und der frühmittelalterliche Abschnitt dem Norden und Nordosten zuzuordnen.

Am Ende dieses ca. 230-jährigen Zeitabschnittes sieht HEINSOHN eine Mega-Katastrophe, die heute aufgrund der Auftrennung in drei Zeitabschnitte durch die derzeit gültige Chronologie als drei Katastrophen um 230, um 520 und um 930 erscheinen.

HEINSOHN erarbeitete seine These auf der Grundlage der Auswertung von vorhandenen Stratigraphien einer Großzahl von antiken, spätantiken und frühmittelalterlichen archäologischen Stätten.

Bei HEINSOHN verbleiben dem ersten Jahrtausend letztendlich nur ca. 300 reale Jahre. Die aktuelle Chronologie enthält nach ihm also im ersten Jahrtausend ca. 700 Phantomjahre. Das von HEINSOHN in Vorbereitung befindliche Buch hat gegenwärtig den Arbeitstitel "Wie lange währte das erste Jahrtausend".

HEINSOHN behauptet zwar, möglicherweise um sich von ILLIG abzugrenzen, der die Zeit von 614 bis 911 ersatzlos aus der Chronologie streicht, dass er nach seiner These keine Phantomzeit postuliert, dass er Geschichte also nicht löscht, sondern Geschichtsschreibung ermögliche, indem er über drei Perioden zerhackte Quellen wieder zusammenführe. Er eliminiere keine plausiblen Quellen, so HEINSOHN.

Das Problem dabei: Was sind plausible Quellen? Nach welchen Kriterien erfolgt die Einordnung in plausibel bzw. nicht plausibel? Der Autor erinnert an das bekannte Problem der Fälschungen im Mittelalter, wobei davon auszugehen ist, dass bis heute noch keinesfalls alle aufgedeckt sind. "Die sogenannte Quellenkritik ... ist nicht in der Lage, eine sehr gute Fälschung von einer echten Quelle zu unterscheiden." [ARNDT, 65]

Auch die Ansage HEINSOHNs, dass er bei seiner These keine Phantomzeit postuliere, ist es nach Ansicht des Autors nur eine Frage der Definition von Phantomzeit. In Bezug auf die traditionelle Chronologie sind die entfallenden 700 Jahre im ersten Jahrtausend letztendlich nicht existente, somit phantomzeitliche Jahre, unabhängig davon, wie man die überlieferte Ereignisgeschichte in diesen Jahren behandelt.

BEAUFORT, der HEINSOHN folgt, sieht drei isolierte, zeitversetzte Datierungsstränge, die antike, die spätantike und die frühmittelalterliche Datierung. Letztere entspricht der heute gebräuchlichen Zeitrechnung nach unserer Zeit. Als Zeitversatz zwischen der antiken und der spätantiken Datierung schlägt BEAUFORT 284 Jahre vor, zwischen der spätantiken und frühmittelalterlichen Datierung, die der aktuellen Zeitrechnung entspricht, 418 Jahre. Die Katastrophe hätte antik um 238, spätantik um 522 und nach u. Z. um 940 stattgefunden.

Die Verschiebung zwischen der antiken und der spätantiken Datierung sieht BEAUFORT im Zusammenhang mit der Einführung der Inkarnationszählung, d. h. die Zählung ab Christi Geburt, die im 6. Jh. von Dionysius Exiguus vorgeschlagen worden sein soll. Mit der durch Dionysius Exiguus vorgenommenen Verschiebung von Christi Geburt gegenüber der Diokletiansära um 284 Jahre in die Vergangenheit wurde die Geschichte des antiken Roms ebenfalls verschoben. Somit ist heute die Geschichte des antiken Roms und damit ganz Westroms auf der Zeitachse um 284 Jahre gegenüber der Geschichte von Byzanz versetzt. Die Verschiebung zwischen der spätantiken und der heutigen Datierung erfolgte in einer zweiten Aktion nach der Regierungszeit Justinians I. Als Protagonisten dieser Aktion sieht BEAUFORT den byzantinischen Universalgelehrten und Geschichtsschreiber Michael Psellos den Jüngeren. Damit ist in unserer Chronologie heute insgesamt eine Phantomzeit von ca. 700 Jahren enthalten.

Beda Venerabilis (672-735) soll erstmalig die Inkarnationszählung nach Dionysius Exiguus in seiner Historia Ecclesiastica Gentis Anglorum verwendet haben. Bemerkenswert ist, dass diese Zeitrechnung erst nach der Jahrtausendwende allgemein in Gebrauch gekommen sein soll, also mehr als 400 Jahre nach Dionysius Exiguus. Die Kirche führte sie erst 1431 ein.

Nach JOHNSON ist Bedas Historia ein Pseudepigraph des 16. Jh. [ARNDT, 113].

Die etablierte Wissenschaft geht noch heute davon aus, dass die angeblich von Dionysius Exiguus vorgeschlagene Zeitrechnung mit unserer Zeitrechnung identisch ist.

Wie kam es zu der Chronologiemisere? Wie bekannt, wurde unsere derzeitige Chronologie im ausgehenden 16. Jh. von Joseph Justus Scaliger aufgestellt. Der im 16. Jh. erarbeiteten Chronologie lag natürlich die zur damaligen Zeit aktuelle und noch heute gültige Zeitrechnung nach u. Z. zugrunde. Davon, dass die Chronologie schon damals aufgrund der oben beschriebenen Manipulationen an der Zeitrechnung die etwa 700 phantomzeitlichen Jahre enthielt, ahnten die Ersteller der Chronologie offensichtlich nichts.

Scaliger & Co. konnten sich für ihre Chronologie nur auf die verfügbaren historiographischen Quellen stützen. Dass diesen unterschiedlichen Zeitrechnungen zugrunde lagen, wussten sie nicht. Sie ordneten die Geschichte nach bestem Wissen und Gewissen, wobei eigentlich parallele Geschehnisse nacheinander gefügt wurden, womit im Endeffekt die verlängerte, falsche Chronologie entstand.

Um zum tatsächlichen Ablauf der Geschichte zu kommen, ist zwangsläufig eine Bereinigung der Datierungen erforderlich. Letztendlich kann in der Chronologie der Zeitabschnitt von ca. 230 Jahren natürlich nur einmal enthalten sein.

Damit behalten die uns geläufigen antiken Datierungen, z. B. die Regierungszeiten der Kaiser Augustus, Tiberius, Caligula etc. und die Datierungen ab etwa Mitte des 10. Jh. zunächst Gültigkeit. Die Zeit von 238 bis 940 wäre als Phantomzeit aus der Chronologie zu entfernen.

Bei dieser Betrachtungsweise gehört Konstantin I. in die 1. Hälfte des 1. Jh. Das Mailänder Edikt datiert damit in das Jahr 29. Theodosius I. regierte am Beginn des 2. Jh. und das Edikt des Theodosius datiert in das Jahr 107; die bekannte Reichsteilung von 395 in das Jahr 111.

Selbstverständlich enden die drei Datierungsstränge nicht mit der Katastrophe. Die Geschichte ging natürlich danach weiter. Nach der traditionellen Geschichte gibt es in Rom im 3. und 4. Jh. kaum Substanzielles. Erste konkrete Daten, wie die Einnahme und Plünderung durch die Westgoten unter Alarich im Jahr 410 sind schon byzantinisch datiert und gehören korrigiert vor die Katastrophe.

Im Norden und Nordosten sind traditionell 919 die Ottonen an die Macht gekommen und begründen das Heilige Römische Reich. Dazu mehr unten (siehe Exkurs "Erschaffung der karolingischen und ottonischen Baukunst").

In Konstantinopel kommt Kaiser Justinian I. an die Macht. Er macht den Katholizismus zur Reichsreligion und begründet die Reichskirche, aus Sicht des Autors der terminus post quem für den monumentalen Kirchenbau.

Bezogen auf den frühmittelalterlichen Datierungsstrang, der - wie oben bereits erwähnt - unserer aktuellen Datierung entspricht, verschiebt sich diese spätantike Ereignisgeschichte in die Zeit nach 940.

Kaiser Justinian I., dessen traditionelle Regierungszeit (527565) nach der Katastrophe (522) datiert ist, rückt jetzt nach 940. Seine korrigierte Regierungszeit ist 945-983, also im fortgeschrittenen 10. Jh.

Der Autor möchte hier nicht den Eindruck erwecken, dass er die gesamte überlieferte Geschichte für wahr hält. Wie ARNDT in seinem Buch "Die wohlstrukturierte Geschichte" glaubhaft darlegt, ist die offizielle Geschichte in großem Umfang konstruiert. Das betrifft nicht nur das frühe und hohe Mittelalter, sondern auch die römische Antike einschließlich der spätantiken Kaiserzeit. Der Umfang der Manipulationen an der Geschichte ist dabei noch völlig im Dunkeln. Da hier jedoch nicht die Geschichte der jeweiligen Herrscher im Focus steht, sondern der frühchristliche Kirchenbau, übernimmt der Autor deren traditionelle Datierungen unkommentiert.

Der Autor geht bei seinen folgenden Ausführungen von der prinzipiellen Gültigkeit der HEINSOHN-These aus, wobei er bei der Datierung die von BEAUFORT vorgeschlagenen Datierungsstränge zugrunde legt. Einzelne Schlussfolgerungen HEINSOHNs, z. B. zum frühchristlichen Kirchenbau oder zur Geschichte der Karolinger trägt er dagegen nicht mit.

Indizien für die Gültigkeit der These HEINSOHNs kennt der Autor aus der regionalen Geschichte Erfurts als auch durch seine Beschäftigung mit dem frühen mitteldeutschen Kirchenbau.

So formuliert die Leiterin des Fachreferats Mittelalter/Neuzeit im Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, Fachbereich Archäologische Denkmalpflege, Frau Dr. Karin SCZECH: "Archäologisch fällt es noch immer schwer, die früheste Siedlung des 8./9. Jahrhunderts zu fassen. Bislang beruhen die Nachweise lediglich auf Einzelfunden, deren zeitliche Einordnung auch nicht in allen Fällen gesichert scheint." [SCZECH, 77]

Noch deutlicher wird sie in einem Artikel in der Lokalzeitung "Thüringer Allgemeine, 29.03.2014 mit dem vielsagenden Titel "Erfurts Wurzeln existieren bisher nur auf dem Papier". In dem Artikel wird SCZECH zitiert: "Vom Ende der römischen Kaiserzeit im 4. Jahrhundert bis etwa zum 10. Jahrhundert gibt es aus ganz Erfurt keine Siedlungsspur." Weiter im Artikel: "Ältere Zeiten sind im Fundmaterial gut repräsentiert. Die Steinzeit, die Bronzezeit, die Latènezeit und die römische Kaiserzeit können durch Keramik und andere Funde nachgewiesen werden. ... Erst aus dem 9. und dem 10. Jahrhundert stießen Archäologen bei Grabungen wieder auf Spuren, die etwa von Häusern aus dieser Zeit stammten. Doch wurden sie nicht dort fündig, wo man es am ehesten erwartet hätte. 'Die meisten Fundorte liegen außerhalb des Gerabogens.' sagt Karin Sczech." Ein Hinweis auf die Katastrophe?

Im Zusammenhang mit der Erforschung der Baugeschichte der Stiftskirche in Quedlinburg stellt LEOPOLD [15] aufgrund der Grabungsbefunde eine "Siedlungslücke" auf dem Burgberg zwischen der römischen Kaiserzeit und dem 10. Jh. fest. Eine Interpretation liefert er nicht.

Italien im 10. Jh. und der Beginn des monumentalen Kirchenbaus in Italien

Mit der Erhebung des Katholizismus zur Reichsreligion und der Begründung der Reichskirche durch Justinian I. nimmt die Errichtung von monumentalen Kirchenbauten seinen Anfang. Folgerichtig entstehen in Konstantinopel die ersten monumentalen Kirchenbauten.

Natürlich war Justinian bemüht, die Reichskirche auch in den rückeroberten weströmischen Gebieten zu installieren. Das ist durch die Einrichtung eines der fünf Patriarchate in der ehemaligen Hauptstadt Westroms, in Rom, deutlich.

Rom wurde endgültig erst 552 durch Ostrom zurückerobert, Ravenna bereits 540. Schon vor den Gotenkriegen war die Stadt Rom bereits mehrfach Eroberungen, Verwüstungen und Plünderungen ausgesetzt, so 410 durch die Westgoten unter Alarich, 455 durch die Vandalen unter Geiserich, 476 durch Odoaker, ab 489 durch die Ostgoten unter Theoderich.

555 konnten zwar die oströmischen Truppen ganz Italien wieder dem Römischen Reich eingliedern, aber bereits 568 erscheinen die Langobarden auf dem Plan und erobern zunächst Norditalien, später sogar große Teile Süditaliens. Es gelang zwar, einige begrenzte Gebiete Ostrom zu erhalten, darunter Rom und Ravenna, jedoch war Ostrom offensichtlich außer Stande, der Invasion der Langobarden ernsthaft entgegenzutreten. Insgesamt gelang es Byzanz überhaupt nicht mehr, nachhaltig in Italien Fuß zu fassen.

Wie im vorangegangenen Abschnitt beschrieben, sind sämtliche o. a. spätantike Datierungen zu korrigieren. Die Datierungen vor 522 sind in die Antike, die nach 522 in das 10. Jh. zu verschieben Bemerkenswert ist, dass der Untergang des weströmischen Kaisertums bereits relativ kurz nach der Marc-Aurel-Krise stattfindet (im Jahr 192), d. h. noch vor der reichsweiten Katastrophe im Jahr 238 (=940).

Die Eroberungen und Plünderungen des 5. Jh. der Stadt Rom fanden im antiken 2. Jh. statt. Die Katastrophe 238 (= 940) hat Rom zusätzlich schwer geschädigt. Die Gotenkriege und die Rückeroberung Roms durch Ostrom im Jahr 552 (= 970) waren bereits nachkatastrophisch. Die Rückeroberungen Justinians I. ab 533/534 (Vandalenreich) bzw. ab 535 (Italien) waren sicher durch die Katastrophe begünstigt, wenn nicht sogar veranlasst.

Mit der Rückeroberung durch Ostrom im Jahr 970 u. Z. ist ein terminus post quem für einen Kirchenbau in Rom gegeben. Da der Autor den monumentalen Kirchenbau mit der Installation der Reichskirche durch Justinian verbindet, ist für ihn ein früherer monumentaler Kirchenbau unmöglich.

Hätte es einen solchen gegeben, so hätten die Kirchenbauten wie die antiken römischen Bauten mit ziemlicher Sicherheit die zahlreichen Eroberungen und Verwüstungen und insbesondere die Katastrophe von 940 nicht überstanden.

Da die Installation der Reichskirche mit Sicherheit einen sehr hohen Stellenwert in der Politik Ostroms hatte, ist davon auszugehen, dass schon kurz nach der Rückeroberung Roms und der sicher vorrangigen Stabilisierung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit dem Bau der Patriarchalkirche Roms begonnen wurde. Bekanntermaßen ist die Laterankirche die eigentliche Bischofskirche Roms. Man kann mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuten, dass sie bzw. ein möglicher Vorgängerbau die ehemalige Patriarchalkirche war.

Der Autor sieht für den Kirchenbau in Italien zwei Phasen:

Phase 1: Errichtung von Kirchenbauten unter der Bauherrnschaft Ostroms. Diese Kirchen waren keine Basiliken, sondern Zentralbauten. Zeitlich ist diese Phase ab 540 (= 958 u. Z.) bis etwa um 1000 zu sehen.

Zuerst wären hier die Patriarchalkirchen in den von Justinian gegründeten Patriarchaten zu betrachten. Leider gibt es zur Gestalt der Hauptkirchen in den fünf Patriarchaten Justinians so gut wie keine Informationen. Nach LASSUS soll Konstantin in Antiochia eine oktogonale Kirche gegründet haben [33]. Der Autor vermutet in diesem Bau die Patriarchalkirche des Patriarchats Antiochia, die natürlich nicht von Konstantin sondern von Justinian gegründet wurde.

Die Patriarchalkirche des Patriarchats Rom ist vermutlich die Laterankirche, die noch heute die Bischofskirche Roms ist. Der Autor hält jedoch nicht die bekannte frühchristliche Basilika für die ursprüngliche Patriarchalkirche, sondern einen noch unbekannten Vorgängerbau. Näheres dazu unten.

Von den erhaltenen Bauten der ersten Phase ist San Vitale in Ravenna das bekannteste Beispiel. Als Vorbildbau für San Vitale gilt die Sergios-und-Bakchos-Kirche in Konstantinopel.

Der Ursprungsbau von San Lorenzo in Mailand dürfte ebenfalls dazugehören. Auch in Aquileia, im heute noch z. T. erhaltenen so genannten Baptisterium, sieht der Autor den Rest einer im Ursprung von Ostrom veranlassten Kirche. Ein später Bau dieser Phase - zwar außerhalb Italiens - dürfte die im dalmatinischen Zadar erhaltene, im 11. Jh. errichtete Dreifaltigkeitskirche (heute St. Donatus) sein.

Die Westkirche hatte sicher den Anspruch einer maximalen Ausdehnung ihres Einflussbereichs, auch nach Osten. Ostrom war im 11. Jh. durch die kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten mit den Persern vollauf beschäftigt und deutlich geschwächt. Dieser Vorteil in der Auseinandersetzung mit der Ostkirche wurde von Rom ausgenutzt, seinen Einflussbereich nach Osten auf Kosten Ostroms zu erweitern. Die Machtübernahme Zadars durch die Westkirche ist in diesem Kontext zu sehen und erfolgte vermutlich ab der zweiten Hälfte des 11. Jh.

Die geringe Anzahl von erhaltenen Bauten dieser Phase ist erstens dem kleinen Zeitfenster und zweitens wahrscheinlich auf die Streitigkeiten zwischen Ostrom und der römischen Kirche zurückzuführen, die bekanntlich 1054 zur bis heute andauernden Spaltung der Kirche in eine Ostkirche und eine Westkirche führten. Zum einen dürfte die römische Kirche den oströmischen Kirchenbau kaum unterstützt haben; zum anderen - sofern überhaupt weitere bestanden haben - ersetzte man vermutlich die Bauten relativ schnell durch römische Bauten, so z. B. in Rom.

Phase 2: Errichtung der Kirchenbauten durch die römische Kirche. Diese Kirchen sind ausschließlich Longitudinalbauten, also Saalkirchen oder Basiliken. Sie sind zeitlich nach Phase 1, d. h. etwa ab 1000 entstanden. Zentralbauten werden erst in Folge der Kreuzzüge im 12. Jh. wieder errichtet - jetzt als Nachbildungen der Grabrotunde in Jerusalem.

Fast alle erhaltenen, so genannten frühchristlichen Kirchen sind dieser Phase zuzuordnen. Sie sind nach Ansicht des Autors die, z. B. in Rom nach traditioneller Sichtweise bisher fehlenden romanischen Kirchen des 11.-13. Jh. Der Kirchenbau in Rom erfolgte also zeitgleich mit dem Boom des Kirchenbaus in ganz Europa.

Unabhängig von und zeitlich vor HEINSOHN hatte der Autor die Entstehung des monumentalen Kirchenbaus maßgeblich ab dem 10. Jh. gesehen. Der Aufsatz dazu, noch unter der Phantomzeitthese von ILLIG erarbeitet, ist veröffentlicht in den ZEITENSPRÜNGE-Heften 3/2010, 2/2011 und 3/2011. Der vorliegende Aufsatz ist sozusagen das Upgrade auf die HEINSOHN-These.

Entgegen der Auffassung von HEINSOHN, der monumentale christliche Basiliken bereits im 1. und 2. Jh. sieht, schließt der Autor generell einen vorkatastrophischen monumentalen Kirchenbau aus.

Kirchen der Merowinger und Karolinger

Der Ausschluss des monumentalen Kirchenbaus vor der Katastrophe, also vor um 940, würde auch einen merowingischen Kirchenbau und den in zahlreichen mittelalterlichen Quellen bezeugten karolingischen Kirchenbau ausschließen. Wie soll das gehen?

Relativ einfach ist das Problem für die Merowinger zu lösen. Die wichtigste Quelle für die Geschichte der Merowinger sind die Decem libri historiarum des Gregor von Tours (538-594). Die Historiae ist nach Wikipedia "eine christliche Universalgeschichte in spätantiker Tradition", beginnend von der Erschaffung der Welt bis zu den fränkischen Königen des 6. Jh.

Für das Frankenreich des 7. Jh. ist das vierte und letzte Buch der Weltchronik des Fredegar die Hauptquelle. Ihr selbständiger Bericht beginnt 584 endet 642. Sie benutzt u. a. Gregor von Tours als Quelle.

Als letzte wichtige Quelle für die Frankengeschichte des 7. Jh. gilt traditionell der Liber historiae Francorum eines unbekannten Autors, der im 8. Jh. entstanden sein soll. Er beschreibt die Geschichte von 657 bis 727 und setzt die Historiae des Gregor von Tours fort.

Alle diese Quellen sind spätantik datiert und für ihre richtige geschichtliche Einordnung zu korrigieren. Gregor von Tours lebte danach von 956 bis 1012, ist also nachkatastrophisch. Die merowingischen Könige des 6./7. Jh. herrschten demnach im 10./11. Jh. Der merowingische Kirchenbau ist also prinzipiell der Frühromanik zuzuordnen.

1057 stirbt Dagobert I., womit nach BEAUFORT die Herrschaft der Merowinger über das Frankenreich endet.

Die in der offiziellen Geschichte ihm nachfolgenden merowingischen Könige sind sämtlich konstruiert, also erfunden.

Zu den Kirchenbauten der Karolinger verweist der Autor auf den angehängten Exkurs: Die Erschaffung der karolingischen und ottonischen Baukunst.

Zusammenfassend hier nur:

Die Geschichte der Karolinger wie auch die der nachfolgenden Ottonen, Salier und Staufer ist konstruiert.

Die in den Quellen erwähnten, so genannten karolingischen Bauten sind großenteils erfunden, d. h. sie waren nie existent. Wo reale Bausubstanz als karolingisch eingeordnet ist, handelt es sich ausnahmslos um eine Fehldatierung. In der Regel gehören diese Bauten dem ausgehenden 10. Jh. bzw. dem 11. Jh. an, sind also der Frühromanik zuzuordnen.

Es bleibt festzustellen, dass uns die vorkatastrophischen Karolinger keine Kirchenbauten hinterlassen haben.

Die frühchristlichen Kirchen der Stadt Rom

Der Autor beginnt mit voller Absicht bei den frühchristlichen Kirchen der Stadt Rom. Da der Katholizismus von Ostrom ausging, hätte Konstantinopel am Anfang stehen müssen. Da der Autor aber gerade für die Datierung der stadtrömischen Kirchen einen am leichtesten nachvollziehbaren Korrekturansatz sieht, wird zum besseren Verständnis für den Leser mit diesen begonnen.

Fast alle stadtrömischen frühchristlichen Kirchen sind im Liber Pontificalis erwähnt und damit anscheinend eindeutig datiert, sofern man diese Quelle als verlässlich ansieht.

Der Liber Pontificalis ist eine chronologisch geordnete Sammlung von Biographien der Päpste. Dort sind Gründungen, Weihen, Baumaßnahmen, Ausstattungen etc. genannt und wenn nicht genau datiert so doch den Amtszeiten von Päpsten zugeordnet.

Der Liber Pontificalis soll bekanntlich erst im 6. Jh. entstanden sein. Wikipedia: "Der Liber Pontificalis wurde im 6. Jahrhundert in mehreren Stufen aktualisiert und ab dem 7. Jahrhundert mehr oder weniger regelmäßig nach dem Ableben eines Papstes aktualisiert. Der ältere Text bricht im 9. Jahrhundert mit dem Pontifikat von Stephan V. (Papst) ab."

ARNDT hat sich u. a. auch mit dem Liber Pontificalis befasst. Er kommt zu dem beachtenswerten Ergebnis, "dass die Papstliste von 685-1455 AD ganz offensichtlich aus Kopien vorangegangener Abschnitte sowie Konstruktionen besteht" [194]. Nach ihm scheint der Teilabschnitt 314-532 der von Fälschungen am wenigsten betroffene zu sein. Davor und danach sieht ARNDT eindeutige Indizien für eine "Konstruktion".

Während der Autor andere Schriftquellen zur Geschichte des frühchristlichen Kirchenbaus, wie die Kirchengeschichte des Eusebius von Caesarea (um 262 bis um 338) als auch dessen Vita Constantini für Pseudepigraphen erachtet, hält er den Liber Pontificalis zumindest für den o. a. Teilabschnitt von 314-532 für eine weitgehend verlässliche Quelle.

Nun datiert der Liber Pontificalis die stadtrömischen Kirchen alle gerade in die oben definierte Phantomzeit zwischen 238 und 940. Diese Feststellung ist jedoch nicht ganz korrekt. Der Liber Pontificalis datiert nämlich nicht nach einer Zeitrechnung, sondern nach Pontifikaten - wie zuvor die Herrscher in Rom nach den Konsulaten. Die Reihung der Pontifikate incl. der Amtszeiten ergibt einen zusammenhängenden Zeitabschnitt, der auf der Zeitachse zu verankern war. Erst mit der Festlegung des Einfügepunktes in die fehlerhafte, weil um ca. 700 Jahre zu lange Chronologie ergaben sich die heute bekannten Datierungen der Pontifikate. Nach Auffassung des Autors wurde der Liber Pontificalis nicht im 6. Jh., sondern kaum vor dem 14./15. Jh. zusammengestellt.

Dieser Fehler muss entsprechend korrigiert werden.

Nach Wikipedia (Liste der Päpste) ist der erste historisch eindeutig gesicherte Bischof von Rom der hl. Anterus (235236). Damit liegt der Beginn der Pontifikatsreihung vor dem Jahr 238 in der Antike. Da der Einfügepunkt der Pontifikatsreihe unmittelbar vor dem Jahr 238 liegt, erstreckt sich dieser eingefügte Zeitabschnitt zwangsläufig in die Phantomzeit. Es ergibt sich damit quasi eine Fortsetzung der antiken Datierung in die Phantomzeit. Um zu den wirklichen Datierungen zu kommen, muss die Phantomzeit ausgeblendet werden, indem das Jahr 238 gleich dem Jahr 940 gesetzt wird. Damit erstreckt sich der eingefügte Zeitabschnitt, die Reihung der Pontifikate, jetzt in die reale Zeit nach 940. Die realen Datierungen, d. h. die Datierungen nach u. Z., ergeben sich letztendlich, indem den traditionellen Datierungen des Liber Pontificalis 702 Jahre hinzuaddiert werden.

Nach ARNDT war der Teilabschnitt 314-532 der verlässlichste des Liber Pontificalis. Die frühchristlichen Kirchen Roms gehören alle in diesen Zeitabschnitt. Mit dem Jahr 532 sind wir nach der vorgeschlagenen Korrektur bereits im Jahr 1234 u. Z., d. h. jenseits der Epoche des frühchristlichen Kirchenbaus.

Bei der vorgeschlagenen Vorgehensweise ergibt sich nun als Datierung für Alt-St. Peter als eine der frühesten "frühchristlichen" Kirchen Roms das Jahr 1026. Nur die Laterankirche wäre noch früher zu datieren. Wenn man die Datierung 312 von DEMANDT (siehe oben) übernimmt, ergibt sich für die Laterankirche das Stiftungsjahr 1014.

In der Endkonsequenz gibt es in Rom keinen so genannten frühchristlichen Kirchenbau.

Sozusagen als Nebeneffekt liefert der Liber Pontificalis möglicherweise die wirklichen Päpste des 11.-13. Jh.

Bevor die einzelnen frühchristlichen Kirchen Roms betrachtet werden, muss mit einem Grundirrtum aufgeräumt werden. Zu den angeblich von Konstantin in Rom gegründeten Kirchen zählt auch die Umgangsbasilika für Marcellinus und Petrus. Dieses Bauwerk gehört zu einer Gruppe von Bauten in Rom (und nicht nur in Rom), die alle traditionell dem 4. Jh. zugerechnet werden. Neben Santi Pietro e Marcellino gehören dazu die sog. Umgangsbasiliken San Sebastiano fuori le mura (Basilica Apostolorum), Sant' Agnese fuori le mura und San Lorenzo fuori le mura. Diese mit Grablegen "vollgestopften" Zömeterialbauten einschließlich der angeschlossenen Mausoleen (Mausoleum der Helena und Santa Costanza) sind ursprünglich keine christlichen Bauten. BRANDENBURG [55ff] beschreibt insgesamt sechs Umgangsbasiliken mit angeschlossenen bzw. unmittelbar benachbarten Mausoleen (möglicherweise gab es eine siebte über der Praetextat-Katakombe). Über die o. a. Bauten hinaus die Basilika von Tor de'Schiavi [60ff] und die Basilika der Via Ardeatina [86f]; für beide steht eine umfängliche Erforschung jedoch noch aus.

Die römischen Zömeterialbasiliken wie auch die Zömeterialbasiliken andernorts sind Zweckbauten für die Anlage von Bestattungen mit integrierten Raumkompartimenten für den i. d. R. heidnischen Totenkult. Der westliche apsidiale Schluss ist kein zwingender Hinweis auf eine christliche Bestimmung, da es ihn auch bei heidnischen Bauten gibt. Offensichtlich ist der Autor mit seiner Auffassung, dass die Umgangsbasiliken keine christlichen Bauten sind, nicht allein. Leider hält es BRANDENBURG nicht für nötig, auf die abweichenden Meinungen anderer Forscher näher einzugehen [BRANDENBURG, 90].

Auch UNTERMANN scheint in den Zömeterialbasiliken zunächst keine christlichen Kirchen zu sehen, wenn er es auch nicht so deutlich ausspricht. Über die ursprüngliche Zömeterialbasilika St. Pierre in Vienne schreibt er: "Der Boden des 14 m breiten Saalraumes nahm dicht gereihte Sarkophage auf. Die Apsis ... diente zunächst nicht der Liturgie, sondern dem exklusiven Begräbnis [UNTERMANN, 23f]. Zu Sitten/Sion (Wallis) vermerkt er, dass ein spätrömischer Zömeterialkomplex im 6. Jh. zur Kirche umgewandelt wird und dass seitdem im Inneren nur noch wenige Bestattungen erfolgten [UNTERMANN, 26].

LEIPZIGER hat in ihrer Dissertation die römischen Basiliken mit Umgang untersucht und kommt zu dem Schluss: "Es gibt keine einheitliche primäre Funktion der sechs Basiliken mit Umgang und daher auch keine spezifisch christliche Funktion.

Ebenso wenig spezifisch christlich ist die Herkunft der Bauform: … Diese Bauform ist von Anfang an für Bestattungen bestimmt gewesen,... Alle sechs Basiliken sind

bei aller Unterschiedlichkeit demnach primär für den Totenkult errichtet worden." [240] Natürlich waren die an die römischen Umgangsbasiliken angeschlossenen Mausoleen wohlhabender Familien ebenfalls keine christlichen Bauten. Die Verrenkungen der Forschung, die Umgangsmosaiken von Santa Costanza christlich zu deuten, sind unnötig. Die Mosaiken sind heidnisch und nicht christlich. Die nachträglich eingefügten christlichen Motive der Nischenmosaiken sind einfach durch eine spätere christliche Nutzung erklärbar. Die Ursprungsbauten waren mit Sicherheit nicht christlich. Es hat bisher immer verwundert, dass die Umgangsbasiliken in der Nähe der Heiligengräber errichtet wurden und nicht direkt über dem Grab. Der einfache Grund ist, dass die Bauten keine Märtyrerkirchen sind und ihnen diese Funktion erst viel später angedichtet wurde. BRANDENBURG [63] verweist darauf, dass sich z. B. für SS. Pietro e Marcellino und die Umgangsbasilika von Tor de'Schiavi die Dedikation für bestimmte Märtyrer erst im 6. Jh. nachweisen lässt. Der "Nachweis" ist offensichtlich für SS. Pietro e Marcellino der Liber Pontificalis [BRANDENBURG, 59]. Für die Zömeterialbasilika Tor de'Schiavi ist gar kein Märtyrerkult überliefert, doch wird sie von BRANDENBURG aufgrund ihrer Grundrissform und einer benachbarten kleinen Katakombe als christlicher Bau eingeordnet.

Diese Bereinigung „beraubt“ Rom mit einem Schlag fast aller Märtyrerkirchen (bis auf Alt-St. Peter und S. Paolo fuori le mura). Die römischen Umgangsbasiliken wurden alle in der Katastrophe 238 zerstört und danach - mit Ausnahme der Basilica Apostolorum - nicht wieder aufgebaut. Die heute noch existenten Kirchen Sant' Agnese fuori le mura, San Lorenzo fuori le mura und Santi Pietro e Marcellino sind spätere Neubauten; alle außerhalb des Grundrisses der eigentlichen Umgangsbasilika. Als einzige wurde die ehemalige Basilica Apostolorum nach der Katastrophe als Kirche San Sebastiano ad Catacumbas, heute San Sebastiano fuori le mura, umgebaut, wobei die Kirche nur das Mittelschiff der ehemaligen Umgangsbasilika nutzt. Pfeilerstellungen und Obergaden des antiken Baus sollen im heutigen Kirchenbau noch weitgehend erhalten sein, wenn auch meist hinter der barocken Verkleidung, ebenso Teile der Außenmauern des Umgangs und der Seitenschiffe [BRANDENBURG, 63f]. Über den Zeitpunkt des Umbaus zur Kirche liegen keine Informationen vor. Vermutlich erfolgte der Umbau zur Kirche erst 1608, also fast sieben Jahrhunderte nach der Zerstörung der Umgangsbasilika. Möglicherweise hat die Basilica Apostolorum wegen der "im Westen hohe(n) Substruktionen mit Stützpfeilern" [ebd, 66], die aufgrund der Geländesituation erforderlich waren, die Katastrophe besser überstanden als die anderen Umgangsbasiliken. Aus der Belegung mit Gräbern ist zu schließen, dass die Umgangsbasiliken vor ihrer Zerstörung längere Zeit genutzt worden sein müssen. Damit rückt ihre Errichtung in das 1. bzw. 2. Jh. Die traditionelle Datierung beruht wahrscheinlich auf der irrigen Annahme, dass diese Bauten christliche Kirchen waren, die nicht vor dem 4. Jh. errichtet sein können. Denkbar ist, dass SS. Pietro e Marcellino wirklich von Konstantin I. aber eben im 1. Jh. gegründet wurde, natürlich noch nicht mit dem Patrozinium SS. Pietro e Marcellino. Möglicherweise ist die traditionelle Datierung der Umgangsbasiliken in das 4. Jh. auch der falschen Einordnung der Regierungszeit Konstantin I. in das 4. Jh. geschuldet.

Auf die wichtigsten frühchristlichen Kirchen Roms soll nachfolgend etwas näher eingegangen werden.

Bei der Betrachtung der frühchristlichen Kirchen der Stadt Rom bezieht sich der Autor vorwiegend auf BRANDENBURG, Hugo: "Die frühchristlichen Kirchen in Rom".

Bezeichnend die Feststellung von BRANDENBURG [106]: "Da ... für die meisten frühchristlichen Kirchen Roms eine moderne Bauuntersuchung fehlt ... Alle bisher in der Wissenschaft diskutierten Datierungen sind lediglich Einschätzungen ohne solide Grundlage."

San Giovanni in Laterano und Lateranbaptisterium San Giovanni in Fonte

Bekanntlich ist San Giovanni in Laterano die Bischofskirche Roms. Sie soll traditionell unmittelbar nach dem Toleranzedikt von 313 durch Kaiser Konstantin I. gegründet worden sein. Die Laterankirche liegt nicht wie Alt-St. Peter oder San Paolo fuori le mura außerhalb, sondern innerhalb der antiken Stadt. Sie wurde auf dem Areal einer um 200 errichteten Kaserne errichtet. Unter der Kaserne wurden ältere Häuser des 1. und 2. Jh. freigelegt. "Die Gebäude des Lagers wurden niedergelegt, die Unterbauten zugeschüttet: So ergab sich eine große Plattform, auf der die christliche Basilika errichtet wurde." [BRANDENBURG, 20]

Der Autor ist jedoch der Meinung, dass der allgemein bekannte so genannte frühchristliche Bau nicht der Ursprungsbau war, sondern der Nachfolgebau einer früheren, der ersten Kirche Roms. Denkbar ist auch, dass dieser erste Bau nie fertiggestellt wurde bzw. nie in Nutzung ging.