Frühe Kirchenbauten in Italien - Michael Meisegeier - E-Book

Frühe Kirchenbauten in Italien E-Book

Michael Meisegeier

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Beschreibung

Die aktuellen Rekonstruktionen der Baugeschichten der frühen Kirchen - wie auch der Deutschlands und Frankreichs - basieren großenteils auf Schriftquellen und dem heutigen Geschichtsbild. Mit der Feststellung, dass alle frühen Schriftquellen Fälschungen späterer Zeit sind und die Geschichte des Mittelalters weitgehend konstruiert ist, bedarf es einer Neubetrachtung dieser Rekonstruktionen. U. a. bietet der Autor alternative Rekonstruktionen der Baugeschichten für den Dom von Amalfi, Santa Sofia in Benevent, Santo Stefano in Bologna, San Salvatore und den Duomo Vecchio in Brescia, die Abtei von Pomposa, die Kirchen in Grado, den Dom und die ambrosianischen Basiliken in Mailand, den Dom zu Pisa, San Marco in Venedig und ein Update zu Santo Stefano Rotondo in Rom.

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Der Autor wurde 1950 in Erfurt geboren. Er studierte in Weimar Bauingenieurwesen und schloss das Studium 1977 mit der Promotion ab. Danach war der Autor bis zum Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2015 in einem Erfurter Planungsbüro tätig.

Seit mehr als 40 Jahren beschäftigt sich der Autor mit romanischer und vorromanischer Kunst sowie mit der Geschichte des frühen Kirchenbaus vom frühchristlichen Kirchenbau bis zum Kirchenbau des 13. Jahrhunderts.

Veröffentlichungen des Autors zum Thema:

"Frühe Kirchenbauten in Mitteldeutschland. Alternative Rekonstruktionen der Baugeschichten"

2. überarbeitete und ergänzte Auflage

Im Anhang: Frühe Geschichte Mitteldeutschlands - Versuch einer Rekonstruktion

2019, 302 S., BoD-Books on Demand, Norderstedt

ISBN: 9783749454624

"Der frühchristliche Kirchenbau - das Produkt eines Chronologiefehlers. Versuch einer Neueinordnung mit Hilfe der HEINSOHN-These"

Im Anhang u. a. Exkurs: Die Erschaffung der karolingischen und ottonischen Baukunst

2017, 280 S., BoD - Books on Demand, Norderstedt

ISBN: 9783848256686

"Das Heilige Grab in Gernrode - alles klar, oder? Eine alternative Baugeschichte"

Im Anhang Exkurs: Die "Reliquienkammer" in der Ostkrypta der Stiftskirche in Gernrode

2018, 60 S., BoD-Books on Demand, Norderstedt

ISBN: 9783746097381

"Die ottonischen Kirchen St. Servatii, St. Wiperti und St. Marien in Quedlinburg. Eine notwendige Revision"

2018, 104 S., BoD-Books on Demand, Norderstedt

ISBN: 9783752824902

"Frühe Kirchenbauten in Deutschland - alle zu früh datiert. Kirchenbau ohne Karolinger, Ottonen, Salier, Staufer"

Im Anhang: Exkurs: Schweizer Beispiele

2019, 284 S., BoD - Books on Demand, Norderstedt

ISBN: 9783749483129

"Frühe Kirchenbauten in Frankreich. Alternative Rekonstruktionen der Baugeschichten"

Im Anhang: Frühe Kirchenbauten in Deutschland und in der Schweiz - eine Nachlese

2020, 204 S., BoD - Books on Demand, Norderstedt

ISBN: 9783750436848

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkungen

Übernahmen aus [MEISEGEIER 2019-2]

Kirche und Kirchenbau in Italien

Fehldatierung in Italien

Geschichte Italiens im frühen und hohen Mittelalter

Ausgewählte Kirchenbauten

Acerenza, Cattedrale di Santa Maria Assunta e San Canio vescovo

Acqui Terme, Abbazia o Basilica di San Pietro (Chiesa dell’Addolorata)

Agliate, Santi Pietro e Paolo

Albenga, Kathedrale San Michele Arcangelo und Baptisterium

Amalfi, Dom St. Andreas (Cattedrale di Sant’Andrea Apostolo in Amalfi)

Benevent, Santa Sofia

Bitonto, San Valentino

Bologna, Basilika Santo Stefano

Brescia, Duomo Vecchio

Brescia, San Salvatore

Camogli, Abtei San Fruttuoso

Canosa, San Leucio

Codigoro, Abtei Sanctae Mariae Pomposae (Abtei von Pomposa)

Como, Sant'Abbondio

Galliano, San Vincenzo

Gerace, Kathedrale Santa Maria Assunta

Grado, Kathedrale Sant'Eufemia, Santa Maria delle Grazie, die Basilika della Corte und die Kathedrale von Caorle

Ivrea, Kathedrale Santa Maria Assunta

Lomello, Santa Maria Maggiore

Luni (Luna), Kathedrale Santa Maria

Mailand, San Lorenzo Maggiore

Mailand, Dom (Basilica cattedrale metropolitana di Santa Maria Nascente)

Mailand, Santa Maria presso San Satiro

Mailand, die sog. Ambrosianischen Basiliken

Sant'Ambrogio

San Nazaro in Brolo

San Simpliciano

San Dionigi

San Calimero

San Vincenzo in Prato

San Vittore al Corpo

Neapel, Duomo di Santa Maria Assunta

Noli, San Paragorio

Otranto, Kathedrale Santa Maria Annunziata und San Pietro

Pavia, Santa Maria in Pertica

Pavia, San Michele Maggiore

Pavia, San Pietro in Ciel d’Oro (in coelo aureo)

Perugia, San Michele Arcangelo

Pisa, Dom (Cattedrale Metropolitana Primaziale di Santa Maria Assunta)

Rom, Santa Maria ad Martyres (Pantheon)

Rom, Santo Stefano Rotondo

Rom, Santa Constanza, die Umgangsbasilika Sant'Agnese und Sant'Agnese fuori le mura

Santa Maria Capua Vetere, Santa Maria Maggiore Sant'Antimo

San Salvatore di Monte Amiata

Spoleto, Basilica di San Salvatore

Syrakus, San Giovanni

Torcello, Santa Maria Assunta und Santa Fosca

Venedig, San Marco

Verona, Chiesa di Santo Stefano

Vicenza, Santi Felice e Fortunato

Literaturverzeichnis:

Vorbemerkungen

In meiner vorangegangenen Veröffentlichung, in der ich die frühen Kirchen in Frankreich aufs Korn genommen habe, habe ich einleitend ein Statement von Werner JACOBSEN, einem der renommiertesten Spezialisten auf dem Gebiet der Architektur des Mittelalters in Deutschland (Uni Münster), zitiert, das ich an dieser Stelle wiederholen möchte:

"Strenggenommen wissen wir nicht, in welchen Jahren genau die Aachener Pfalzkapelle errichtet wurde, in welche Zeit die Lorscher Torhalle zu datieren ist, ob der aufgehende Bau der Höchster Justiniuskirche überhaupt karolingisch oder doch romanisch ist, ganz zu schweigen von unserem fragmentarischen Wissen zur frühen Kunst Italiens oder Frankreichs." [JACOBSEN 1983, 245]

Nach den deutschen und den französischen Kirchenbauten war die Bearbeitung der italienischen frühen Kirchen noch offen.

Ich muss zugeben, dass ich mich anfangs etwas schwergetan habe, über den frühen Kirchenbau in Italien zu schreiben. Während die Bauten in Deutschland und Frankreich, die sich auf eine frühchristliche oder auch frühmittelalterliche Geschichte berufen, überschaubar sind, schien in Italien fast jeder Kirchenbau, den ich kannte, frühchristliche Wurzeln zu haben, was sich während der Bearbeitung doch etwas relativierte. Neben der sprachlichen Barriere (ich kann kein Italienisch) schien mir die Quellenlage für mein Vorhaben weniger optimal. Solche zusammenfassende Arbeiten wie den Katalog der vorromanischen Kirchenbauten, den es für den deutschsprachigen Raum gibt, kenne ich für Italien nicht.

Außerdem hatte ich mich bereits in meinem Buch über den frühchristlichen Kirchenbau [MEISEGEIER 2017] schon mit den römischen, vermeintlich frühchristlichen Stadtkirchen und den angeblich frühchristlichen Bauten in Ravenna befasst; darüber hinaus auch mit Mailand, Perugia, Aquileia, Neapel und Cimitile/Nola.

Im Endeffekt habe ich mich trotzdem entschlossen, mir die italienischen Kirchenbauten näher anzuschauen. Bis auf die Mailänder Kirchen und wenige Ausnahmen, habe ich die schon von mir "abgearbeiteten" Kirchenbauten nicht noch einmal behandelt. An der damaligen Grundaussage, dass die frühchristlichen Kirchen in Rom, Ravenna, etc. die eigentlich fehlenden romanischen Kirchen sind, hat sich meinerseits nichts geändert.

Da die Baugeschichten der Kirchen in die allgemeine Geschichte eingebettet sind, musste ich mich zwangsläufig auch mit der italienischen Geschichte befassen. Da die italienische Geschichte wie auch die Deutschlands und Frankreichs und darüber hinaus über einen großen Zeitraum des frühen und hohen Mittelalters konstruiert ist, habe ich eine Rekonstruktion der Geschichte Italiens versucht.

Wie in meinem vorigen Buch über Frankreich habe ich, um dem Leser, der die vorherigen Veröffentlichungen nicht kennt, meine Herangehensweise und meine Grundannahmen bekannt zu machen, die einleitenden Kapitel aus dem Buch über die deutschen Kirchenbauten [MEISEGEIER 2019-2] für dieses neue Buch einfach noch einmal übernommen, ggf. mit marginalen Veränderungen. Wer mit meiner Herangehensweise bereits vertraut ist, kann diese Kapitel überspringen.

Bei meinen Recherchen zur Geschichte als auch zu den einzelnen Kirchenbauten habe ich vielfach auf die entsprechenden Wikipedia-Einträge Bezug genommen. Die sog. "Freie Enzyklopädie Wikipedia" ist in der wissenschaftlichen Arbeit eigentliche ein No-Go. Ich sehe das etwas differenzierter. Für historische und baugeschichtliche Informationen liefert Wikipedia den Erkenntnisstand der traditionellen, etablierten Forschung. Bei meiner Bearbeitung der Baugeschichten gehe ich i. d. R. von diesem aus, womit Wikipedia für mich in diesem Fall durchaus eine probate Quelle darstellt.

Übernahmen aus [MEISEGEIER 2019-2]

Vorbemerkungen

Es scheint unter den Mediävisten und Kunsthistorikern Konsens zu herrschen über die früh- und hochmittelalterliche Geschichte und Kunstgeschichte. Auf die Karolinger folgten im Ostfrankenreich die Ottonen, welche von den Saliern in der Herrschaft abgelöst wurden. Nach den Saliern sind es die Staufer, die die Geschicke Mitteleuropas und nicht nur dort bestimmten. Im Westfrankenreich folgten auf die Karolinger die Kapetinger.

Zwangsläufig ist die Kunstgeschichte diesem vorgegebenen Bild gefolgt.

Es gibt unzählige Publikationen zur karolingischen Kunst und zu Karl dem Großen als prominentesten Vertreter der Karolingerzeit, z. T. prächtig ausgestattet und reich bebildert.

Neben ihren vielen anderen vorzüglichen Eigenschaften sind Karl der Große und seine Nachfolger auf dem Thron als großzügige Bauherrn in die Geschichte eingegangen. Nach ILLIG [ILLIG 1996, 205] nennt die Statistik 544 Großbauten für die Zeit Karl des Großen und seiner beiden Nachfolger Ludwig I. und Lothar I., also von trad. 768-855, davon 27 Kathedralen, 100 Königspfalzen und 417 Klöster. ILLIG [ebd., 208] zitiert BRAUNFELS: "Von allen diesen Bauten hat man nur 215 archäologisch untersucht, nur von einem Bruchteil von diesen sind Reste erhalten. Die Werke, die ganz oder doch in wesentlichen Teilen noch stehen, lassen sich fast an den zehn Fingern aufzählen".

Eine große Schar von Wissenschaftlern hat sich mit den Karolingern und ihrer Geschichte befasst. Ihre Arbeiten füllen sicher ganze Bibliotheken. Werden dadurch die Karolinger fassbarer?

Dieses Bild bekommt mit ILLIG einen ersten Riss. ILLIG kam bei der Ausarbeitung seiner so genannten Phantomzeitthese letztendlich zu dem Schluss, dass es Karl den Großen und seine Zeit nie gegeben hat. Bis heute vertritt ILLIG seine These, die die Zeit von 614 bis 911 als Phantomzeit ansieht und ersatzlos streicht. ILLIG streicht die Karolinger vor 911 komplett und belässt nur die westfränkischen Karolinger von 911 bis 987 in der Geschichte. Reale Bauten, die traditionell dieser Zeit zugeordnet werden, datiert er entweder vor 614 bzw. nach 911.

Es ist offensichtlich, dass die Architektur- und Kunstgeschichte der Geschichte folgt. Gibt es eine Geschichte, so weisen die Kunsthistoriker ihr auch eine Kunstgeschichte zu, auch wenn diese Zuweisung oft ziemlich problematisch ist.

Was passiert aber, wenn sich herausstellt, dass die Geschichte falsch ist? Ein genauerer Blick auf die Geschichte des frühen und hohen Mittelalters lohnt.

Wenn die Geschichte falsch ist?

ARNDT schreibt in seinem bemerkenswerten Buch "Die wohlkonstruierte Geschichte" von der "Fiktionalität eines wesentlichen Teils der Pippiniden- und Karolinger-Geschichten" [ARNDT 2015, 100]. Er sieht die Merowinger und die Karolinger "nach derselben Schablone gestrickt" und betitelt seinen Abschnitt zur Karolingerzeit mit der Frage: "Sind die Karolinger nur ein Double der Merowinger?" [ebd., 98]. Während die Herrscherliste der Merowinger zwar offensichtliche Manipulationen aufweist, jedoch zumindest bis 584 evtl. noch einschließlich Dagobert I. (605-639) einen realen Kern erkennen lässt, scheinen die Herrscherlisten der Karolinger und der ihnen folgenden Ottonen, Salier und Staufer im Wesentlichen frei konstruiert zu sein. ARNDT sieht von 768 bis 1493 ein geschlossenes System, das während der Herrschaft Karl V. (1520-1556) "entworfen wurde, oder zumindest in wesentlichen Teilen erweitert wurde" [ebd., 71f].

Seit etwa 2013 wird die von Gunnar HEINSOHN erarbeitete These der radikalen Verkürzung der traditionellen Chronologie des ersten Jahrtausends auf ca. 300 Jahre in einem kleinen Kreis diskutiert.

HEINSOHN, der seine These vorwiegend stratigraphisch begründet, sieht die Zeitabschnitte der Jahre 1 - 230 in Westrom und 290 - 520 in Ostrom bzw. Byzanz sowie Anfang 8. Jh. - 930 im Norden und Nordosten zeitgleich. Er sieht jeweils am Ende dieser Zeitabschnitte, d. h. um 230 in Westrom, um 520 in Byzanz und um 930 im Norden/Nordosten eine größere Naturkatastrophe, die derzeit als drei einzelne Katastrophen erscheinen, die jedoch für ihn eine globale Naturkatastrophe darstellen.

HEINSOHN gibt auf der Webseite www.q-mag.org/gunnarheinsohns-latest.html unter dem Artikel "The Creation of the First Millenium" eine Kurzvorstellung seiner Hauptthesen.

Weiterhin ist eine 70-seitige englische Kurzfassung des rund 700-seitigen deutschen Manuskriptblocks von WIE LANGE WÄHRTE DAS ERSTE JAHRTAUSEND? unter http://www.qmag.org/gunnar-heinsohn-the-stratigraphy-of-romebenchmark-for-the-chronology-of-the-first-millennium-ce.htmlzu finden.

Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter auf die HEINSOHN-These, die ich prinzipiell für zutreffend erachte, eingehen. Das habe ich bereits in meinen früheren Veröffentlichungen getan, z. B. [MEISEGEIER 2017, 12ff] und [MEISEGEIER 2019-1, 252ff].

Zur Entstehung dieses Chronologiephänomens hier nur so viel dazu: Anscheinend gab es im ersten Jahrtausend zwei Veränderungen in der Chronologie der Ereignisgeschichte. (Diese Überlegung, die ich noch heute für zutreffend erachte, stammt ursprünglich von BEAUFORT im Zusammenhang mit der Diskussion der HEINSOHN-These.)

Eine erste mit der allgemein bekannten, mit dem Namen Dionysius Exiguus verbundenen Einführung der Zeitrechnung nach Christi Geburt unter Justinian I. im 6. Jh., bei der wahrscheinlich die weströmische Antike gegenüber der Spätantike um 284 Jahre in die Vergangenheit verschoben wurde. Etwa ein Jahrhundert später erfolgte eine nochmalige Korrektur des Zeitpunktes der Geburt Christi. Byzanz wähnte sich nicht im 7. Jh. n. Chr., sondern bereits im 11. Jh. n. Chr., womit eine weitere Verschiebung der gesamten bisherigen Ereignisgeschichte in die Vergangenheit um 418 Jahre stattfand. Initiator kann nur das byzantinische Kaiserhaus gewesen sein. Diese zweite Verschiebung blieb offenbar nach außen unbemerkt, genauso ist ihr Motiv unbekannt (Byzanz hatte sicher kein Interesse daran, diese Verschiebung wem auch immer bekannt zu machen. Wer hätte sie sonst publik machen können?). Mit dieser zweiten Verschiebung entstand unsere aktuelle Zeitrechnung nach u. Z., die nach meiner Auffassung jedoch erst mit den Kreuzzügen nach Europa kam, also frühestens im 12. Jh., und die erst in der Folgezeit sukzessive übernommen wurde.

Die in Schriftzeugnissen, welche traditionell vor dem 12. Jh. bis weit in das 12. Jh. hinein datiert sind, auftauchenden A.D.-Datierungen sind bestenfalls Rückrechnungen, also keine originalen Datierungen, i. d. R. jedoch konstruierte, d. h. erfundene Datierungen.

An der Peterskirche in Erfurt gibt es eine in die Außenwand eingemeißelte Pestinschrift mit einer A.D.-Datierung 1382. Diese A.D.-Datierung dürfte eine originale A.D.-Datierung sein. Eine heute verschwundene Altarweiheinschrift in der ehemaligen Erfurter Peterskirche besaß die A.D.-Datierung 1351. Woanders kann es durchaus noch ältere originale A.D.-Datierungen geben.

In der Andreaskirche in Verden existiert die Grabplatte des Iso von Wölpes mit einer A.D.-Inschrift 1231 (Selbstverständlich kann die Grabplatte auch viel später gefertigt worden sein).

Der Vatikan datierte regelmäßig erst ab 1431 Urkunden "nach Christi Geburt" [ILLIG]. Die späte Übernahme durch Rom könnte an der Abneigung Roms gegenüber dieser oströmischen Datierung liegen. Letztendlich kam man jedoch nicht umhin, diese ebenfalls zu verwenden, wenn auch nach langem Zögern.

Durch diese Verschiebungen sind in der heutigen Chronologie Leerjahre oder Phantomjahre entstanden, d. h. Jahre ohne reale Ereignisgeschichte. Das sind einmal die 284 Jahre vor 525 (Dionysius Exiguus) und die 418 Jahre vor Mitte des 11. Jh.

Diese wurden nachträglich bzw. im Zusammenhang mit der Schaffung der Chronologie im 16. Jh. mit "Geschichte" gefüllt. Die erste mit der realen Geschichte des spätantiken Byzanz, die jetzt um 284 Jahre zu Westrom versetzt erscheint, und die zweite mit frei erfundener Geschichte, sowohl in Byzanz als auch in Mittel- und Westeuropa.

Die Ereignisgeschichte der weströmischen Antike bis ca. 230/40 und der Spätantike bis ca. 600 sind in zeitgenössischen Quellen einigermaßen glaubhaft überliefert. Die Quellenlage für die weströmische Antike und die Spätantike lässt sicher kein pauschales Verwerfen der Ereignisgeschichte zu. Sie bleibt von mir im Prinzip unberührt. Die Zeitgleichheit von Antike, Spätantike und Frühmittelalter erfordert jedoch zum Verständnis der Ereignisgeschichte eine Vereinbarung zur Korrektur der Datierung.

Hilfsweise kann man sich vorstellen, dass im antiken Westrom, in Byzanz und im Norden/Nordosten (West- und Mitteleuropa) unterschiedliche, zueinander versetzte Zeitrechnungen bzw. Datierungen existierten.

Insbesondere für unsere Geschichte ist darüber hinaus zu beachten, dass die spätantike Datierung von den mit Justinian I. zeitgleich im Frankenreich herrschenden Merowingern übernommen wurde. Die Merowinger datierten bis zu ihrem Ende spätantik. Von der zweiten Verschiebung blieben sie jedoch unberührt, da ihre Herrschaft vorher endete.

Im ehemals merowingischen Herrschaftsgebiet kam es stellenweise durch die Fortführung der spätantiken Datierung zu einer Überschneidung mit der Datierung nach u. Z. (A. D.), wobei die traditionelle Forschung auch die spätantike Datierung als A.D.-Datierung missverstand bzw. noch missversteht.

Damit haben wir den Umstand zu konstatieren, dass in Mittel- und Westeuropa alle drei Datierungen, d. h. die antike weströmische durch die Römer in Gallien und Germanien, die spätantike durch die Merowinger und natürlich die Datierung nach u. Z. vorkommen. Damit kommen die Historiker bis heute nicht klar.

Nun ergibt sich zwangsläufig die Frage, wie die Ereignisgeschichte im Norden und Nordosten, wozu das Gebiet des heutigen Deutschland gehört, bis 930 verlief? Die nächste Frage, wie die Geschichte danach?

HEINSOHN sieht die Richtigkeit der überlieferte Ereignisgeschichte auch für das Frühmittelalter. Für ihn gehört die überlieferte Geschichte mit den Karolingern und frühen Ottonen, d. h. die Zeit von 700 bis 930, die in der Antike (0230), wenn auch nicht ganz 1:1.

Die das frühmittelalterliche 8. und 9. Jh. bevölkernden Karolinger werden damit für ihn Zeitgenossen der römischen Antike. Die überlieferte Karolingergeschichte einschließlich Karl den Großen sieht er als "plausibel" an. Dass wir die karolingischen Bauten noch nicht gefunden haben, soll seiner Meinung daran liegen, dass bisher nicht in der Antike gesucht wurde.

Wenn auch außerhalb seiner These, hält er die überlieferte Ereignisgeschichte ab 930 (Ottonen, Salier und Staufer) für i. W. zutreffend.

BEAUFORT, der HEINSOHN im Prinzip folgt, formuliert in seinem Aufsatz "Wer waren die Karolinger?" (2014): "Aus Sicht der Heinsohnthese ist anzunehmen, dass die rheinfränkischen Herrscher als Karolinger zu identifizieren sind." Ihre Herkunft sieht er in Herstal/Jupille nördöstlich von Lüttich gelegen. Jupille, heute ein Ortsteil von Herstal, ist der Legende nach der Geburtsort von Pippin dem Kurzen und Karl dem Großen.

ARNDT zeigt zwar auf, dass die gesamte Geschichte von 768 bis 1493 konstruiert ist, lässt sich jedoch nicht darüber aus, wie es zu diesem Konstrukt kam und wie die reale Geschichte verlaufen ist bzw. sein könnte.

Nach meiner Auffassung irren bzgl. der wahren Ereignisgeschichte des Frühmittelalters sowohl HEINSOHN als auch BEAUFORT. Ich halte die überlieferte Ereignisgeschichte des Frühmittelalters als auch die des anschließenden Hochmittelalters für ein Konstrukt, d. h. i. W. für frei erfunden.

Ich arbeite im Weiteren aus rein praktischen Gründen konsequent mit den Katastrophenjahren 238, 522 und 940 und den Differenzjahren der spätantiken Datierung zur weströmisch-antiken Datierung von -284 Jahren bzw. zur heutigen Datierung nach u. Z. von +418 Jahren, auch wenn andere Autoren, die mit der HEINSOHN-These arbeiten, andere Jahreszahlen für die Katastrophe und die Differenzjahre verwenden. So sieht z. B. BEAUFORT neuerdings als Katastrophenjahre die Jahre ca. 253/ ca. 537/ca. 937 und als Differenzjahre 284 Jahre bzw. 400 Jahre. Für mein spezielles Anliegen spielt die jahrgenaue Datierung eine untergeordnete Rolle.

Wie entstand das Konstrukt des frühen und hohen Mittelalters?

In [MEISEGEIER 2019-1, 14ff] habe ich die folgende These formuliert:

Sämtliche überlieferten Schriftquellen, die traditionell der Zeit zwischen ca. 600 und dem fortgeschrittenen 12. Jh. zugeordnet werden, sind Fälschungen bzw. Pseudepigraphen. D. h. es gibt es keine zeitgenössischen Schriftquellen der Karolinger, Ottonen, Salier und Staufer.

Der Grund ist nach meiner Meinung der zeitweilige Verlust der Schriftkultur nach dem Untergang des Weströmischen Reiches, wobei außerhalb des ehemaligen römischen Herrschaftsbereichs, z. B. im Osten Deutschlands, eine solche sowieso nie bestand.

Frühestens ab dem fortgeschrittenen 12. Jh., eher sogar später, begann man "Geschichte" rückwirkend zu schaffen. Zentren der "Geschichtsschreibung" und der Fälschungen waren die im Schreiben geübten Klöster, sozusagen eine neue Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und Geschäftsmodell für Mönche und Nonnen bzw. der den Klöstern vorstehenden Äbte und Äbtissinnen. Verschiedene Klöster taten sich dabei besonders hervor, wie St. Denis und Corvey.

Es kam es zu einem massenhaften Fälschen von Urkunden und anderen Dokumenten, i. d. R. zum nachträglichen Nachweis von vorhandenen Besitz und alten Rechten.

Mit Pseudepigraphen wie Alkuin, Einhard als angeblicher Nachfolger als Leiter der Hofschule Karls des Großen mit seiner Vita Karoli Magni, Widukind, Thietmar etc. wurde Geschichtsschreibung "nachgeholt".

Die in den angeblich "zeitgenössischen Geschichtswerken" vermittelte Ereignisgeschichte war weitestgehend frei erfunden.

Es wurde die scheinbar 418 Jahre dauernde geschichtslose Zeit zwischen den Merowingern des 6./7. Jh. und der damaligen Gegenwart mit konstruierter Geschichte gefüllt.

Nach meiner Auffassung überlagerten sich hier zwei Phänomene. Zum einen die Verschiebung der Zeitrechnung zwischen den spätantik datierenden Merowingern und u. Z. und zum anderen die völlige Abwesenheit von Schriftzeugnissen zwischen dem Ende der Merowinger und dem späten 12. Jh.

Dass zwischen dem Ende der Merowingerzeit im Jahr 1057 und dem 12. Jh. in Wirklichkeit nur ca. 100 Jahre lagen, war den Verfassern der "Geschichtswerke" zum Zeitpunkt der Abfassung vermutlich nicht bewusst.

Die Fortführung des Systems nach 1313 bis 1493 ist im Zusammenhang mit dem gewählten Thema nicht relevant.

Mit der Schaffung der Chronologie im 16. Jh. wurde die erfundene "Geschichte" fest in die Chronologie integriert. Möglicherweise gehören diese Vorgänge auch zusammen.

Das heißt konkret: Es gibt keine Realgeschichte der Karolinger, der Ottonen, der Salier und der Staufer, und damit kann es auch keinen karolingischen, ottonischen, salischen bzw. staufischen Kirchenbau gegeben haben.

Und damit hat ARNDT natürlich recht, indem er auf seiner Webseite formuliert: "Karl der Große, Otto der Große und Friedrich Barbarossa - alles nur Märchen wie Rotkäppchen und König Drosselbart!" [https://www.historyhacking.de/geschichtsanalytik/medi%C3%A4vistik/]

Bei den Ottonen sieht es ähnlich aus. Für die Zeit der Ottonen gibt es eine, wenn auch relativ geringe Anzahl an Schriftquellen, in denen die Orte oder auch die Bauten selbst erwähnt werden. Das sind insbesondere die Chroniken zur Ottonengeschichte wie z. B. die Sachsenchronik von Widukind, die Chronik des Thietmar von Merseburg sowie Gesta Oddonis der Hrotsvith von Gandersheim. Sie gelten der etablierten Wissenschaft als zeitgenössische Quellen und haben für sie einen absoluten Wahrheitswert.

Merkwürdig ist nur, dass verschiedene, dort berichtete Ereignisse mit den archäologischen Untersuchungsergebnissen nicht in Einklang zu bringen sind. Anzuführen ist hier die vergebliche Suche nach dem Grab Heinrichs I. in Quedlinburg oder die vergebliche Suche nach dem Moritzkloster und der ottonischen Pfalz in Magdeburg oder die vergebliche Suche nach der ersten Marienkirche in Memleben, in der Otto I. aufgebahrt gewesen sein soll, sowie der dortigen ottonischen Pfalz. Genauso wie für Quedlinburg zahlreiche Besuche der späteren Ottonen - insbesondere immer zu den Osterfeierlichkeiten schriftlich „bezeugt" sind, weswegen Quedlinburg als „wichtigste Pfalz der ersten Liudolfinger", als Osterpfalz angesehen wird, obwohl dort die baulichen Voraussetzungen vor der Jahrtausendwende gar nicht vorhanden waren.

Berichten die vermeintlich zeitgenössischen Quellen doch nicht die Wahrheit? Betreffend Widukind ist es nach FAUßNER [ANWANDER zu FAUßNER 23f] erwiesen, dass die Sachsenchronik eine Fälschung des 12. Jh. durch Wibald (1098-1158), Abt von Stablo und Corvey, ist. Nach FRANZ ist neben der Sachsenchronik Widukinds auch die Chronik Thietmars zweifelsfrei durch Wibald im 12. Jh. geschaffen worden. Sowohl die Sachsenchronik als auch die Chronik Thietmars dienten Wibald dazu, "seinen Urkundenreihen einen Halt, einen geschichtlichen Kontext zu verleihen." [FRANZ, 239]

So sind von den schon nicht sehr zahlreichen so genannten zeitgenössischen Quellen zwei weitere für unsere Kenntnis der Ottonenzeit als solche ausgefallen. Von FAUßNER sind schon Werke wie die Gesta Oddonis der Hrotsvith von Gandersheim, die Vita brunonis von Ruotger, das Ottonianum von Heinrich II. und andere als Werke Wibalds benannt worden [ILLIG 2007, 410]. Und es gab nicht nur die Fälscherwerkstatt Wibalds.

Die damals konstruierte Geschichte ist bis heute Gegenstand ernsthafter Forschung der Historiker.

Geschichte ohne Karolinger, Ottonen, Salier und Staufer

Wenn die traditionelle Geschichte vom 7. Jh. bis zum 12./13. Jh. konstruiert wurde, d. h. frei erfunden ist, wie verlief die reale Ereignisgeschichte?

Zunächst kann man den Zeitraum stark eingrenzen. Wie oben ausgeführt, wurde im 7. Jh. in Byzanz die Uhr vorgestellt auf das 11. Jh. Das sind 418 Jahre, in denen keine reale Ereignisgeschichte stattgefunden hat.

Mit dieser Verschiebung gelangen die Merowinger, die traditionell in das 6./7. Jh. datieren, in das 10./11. Jh.

Natürlich waren die nichtrömischen Gebiete aufgrund des niedrigeren Entwicklungsstandes der Gesellschaft davon weniger betroffen. Das Ausbleiben von zahlreichen nützlichen Gebrauchsgütern, die aus den römischen Gebieten eingeführt wurden, dürfte auch in diesen Gebieten schmerzlich gewesen sein. Die etwa 60/70 Jahre spätere Naturkatastrophe erledigte nur den Rest. Der Neuanfang war fast ein wirklicher Neuanfang.

Konkret herrschten die Merowinger im Frankenreich bis zum Tod König Dagoberts I. im Jahr 639, das durch die Verschiebung dem Jahr 1057 u. Z. entspricht. König Dagobert I. dürfte der letzte reale Merowingerherrscher gewesen sein. Die traditionell ihm folgenden merowingischen Herrscher bis zur Herrschaftsübernahme durch die Karolinger sind konstruiert.

Damit ist die zu betrachtende Zeit reduziert auf die relativ kurze Zeitspanne von 1057 bis zum 12./13. Jh. Gleichzeitig sind automatisch die Karolinger und Ottonen aus der Chronologie eliminiert.

Nach meiner Überzeugung blieb das Ostfrankenreich nach dem Ende der Merowinger ohne Zentralgewalt.

Die Territorialfürsten, die schon unter der Herrschaft der Merowinger erstarkt waren, nutzten die Vakanz der Königsmacht zu ihrem Vorteil. Das Königsgut wurde dem eigenen Besitz zugeschlagen.

Nach einem bis dahin andauernden Konzentrationsprozess sind Mitte des 14. Jh. die in der Goldenen Bulle aufgeführten Kurfürsten (die Erzbischöfe von Trier, Köln und Mainz, der König von Böhmen, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg) die mächtigsten Territorialherren auf dem Gebiet des ehemaligen fränkischen Teilreichs Austrasien und der bis dahin hinzugewonnenen Gebiete.

Die traditionelle Geschichte kennt ebenfalls eine königs- und kaiserlose Zeit in den Jahren um 1250, dem Ende der Staufer, bis 1273, der Wahl Rudolf I. zum römisch-deutschen König - das so genannte Interregnum.

Die herrschenden Zustände während des Interregnums sind bei Wikipedia nachzulesen: "Während des Interregnums versuchten die Bischöfe und Fürsten, ihre Ansprüche und Territorien zu vergrößern. So unterdrückten sie andere mindermächtige Adelige, bekämpften das städtische Bürgertum und rissen widerrechtlich Reichslehen an sich, außerdem führten sie Zölle, neue Steuern und sogar Regalien aller Art ein, um ihren persönlichen Reichtum zu vergrößern. Auch der niedere Adel, allen voran das Rittertum, stand den Großen in nichts nach, auch wenn seine Methoden weniger subtil waren. Das Raubrittertum entstand. Niemand konnte dieser Verwilderung des deutschen Adels Einhalt gebieten; die Gerichte und Reichsbehörden waren machtlos, das Faustrecht, das Recht des Stärkeren, setzte sich allgemein durch."

Nach meiner Auffassung währte das Interregnum auf dem Gebiet des ehemaligen merowingischen Austrasiens oder Ostfrankenreichs nicht nur ca. 23 Jahre, sondern dauerte von 1057, dem Tod Dagoberts I. und Ende der Merowingerdynastie, vermutlich bis 1314, dem Beginn der Herrschaft König Ludwig IV. ("der Bayer"), also ganze 257 Jahre.

Zu ergänzen ist, dass es das römisch-deutsche Kaisertum von den Ottonen bis zu den Staufern nach meiner Auffassung nie gab. Genauso sind die Romzüge wie die gesamte Rompolitik der römisch-deutschen Kaiser freie Erfindung. Sie hat es nie gegeben.

Die Kirche

Die traditionelle Forschung schreibt die Begründung der römischen Reichskirche Kaiser Theodosius I. (trad. 379-95) zu, wogegen die neuere Forschung, u. a. auch BEAUFORT, eher Justinian I. diesbezüglich als Protagonisten sieht. Ich habe ich mich der neueren Forschungsmeinung angeschlossen, wonach Kaiser Justinian I. (trad. 527-565) den Katholizismus zur Reichsreligion erhob und die römische Reichskirche begründete. In [MEISEGEIER 2017, 9ff] habe ich dazu etwas mehr ausgeführt.

Der Katholizismus war damals eine von mehreren nebeneinander existierenden christlichen Glaubensgemeinschaften. Die korrigierten Herrscherdaten von Justinian I. sind 945-983, d. h. er herrschte im späten 10. Jh. Alle anderen christlichen Glaubensrichtungen erklärte Justinian danach für ketzerisch bzw. arianisch.

Im Prinzip gleichzeitig übernahmen sowohl das Frankenreich als auch Sachsen den Katholizismus als verbindliche Religion für ihre Herrschaftsgebiete und begründeten ihre ursprünglich vermutlich völlig eigenständigen Landeskirchen. Diese sofortige Übernahme des Katholizismus durch die Franken als auch durch die Sachsen ist mit ihrem Status als foederati nachvollziehbar.

Diese Landeskirchen kannten anfangs noch keine Oberherrschaft eines Papsttums, welches sich erst etwas später herausbildete. Diese erste, frühe Kirchenorganisation war das Eigenkirchenwesen. Ihre Gliederung entsprach der Gliederung der feudalen Gesellschaft in Lehnsherren und Vasallen, an oberster Stelle der König. Die adligen Grundherrn hatten das Recht, Kirchen zu gründen und zu betreiben, was sich zu einem relativ lukrativen Geschäftsmodell entwickelte, wobei die Religion meist nur Mittel zum Zweck war. Für die kirchliche Aufsicht wurde das Herrschaftsgebiet in Bistümer unterteilt und Bischöfe eingesetzt, die jedoch keinerlei wirkliche Befugnisse hatten.

Diese Situation fand das sich in der ersten Hälfte des 11. Jh. herausbildende Papsttum vor. Als Keimzelle des Papsttums sehe ich das Patriarchat Rom, eines der fünf von Justinian I. im 10. Jh. gegründeten Patriarchate zur Organisation der Reichskirche neben Konstantinopel, Alexandria, Jerusalem und Antiochia. Wikipedia: "Die Patriarchate waren untereinander ranggleich und standen zueinander in einer festen Ehrenordnung, deren Spitze Rom mit den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus als Primus inter pares bildete." Nach meiner Auffassung ist die Ranggleichheit mit dem Vorrang von Rom eine spätere Interpretation der römischen Kirche. Das Patriarchat Konstantinopel, wo sich die Residenz Justinians I. befand, dürfte die Vorherrschaft zunächst innegehabt haben. Wollte die römische Kirche die Herrschaft über die Christen im Westen ausüben, musste sie sich zuerst von diesen Fesseln befreien. Im sogenannten Streit um den Ostertermin ging es in Wirklichkeit um die Befreiung aus dieser Vormundschaft. Dieser Befreiungsschlag gelang letztendlich 1054 mit der Trennung von Ost- und Westkirche. Erst danach hatte die römische Kirche, deren Bischof jetzt als Papst "firmiert", den Rücken frei, um sich um die Belange im beanspruchten Herrschaftsbereich zu kümmern.

Wollte das Papsttum seinen Anspruch, das Oberhaupt der Kirche im Westen zu sein, verwirklichen, so musste es diese vorangegangene Entwicklung stoppen und eine neue Kirchenorganisation installieren, in deren Hierarchie das Papsttum in oberster Position stand. Natürlich ging das nicht konfliktlos vonstatten. Diese Auseinandersetzung ist als Investiturstreit in die Geschichte eingegangen, der allgemein von 1076 bis 1122 datiert. Der desolate Zustand der Kirche infolge der weitgehend ökonomischen Ausrichtung des Eigenkirchenwesens spielte dem Papsttum in diesem Streit als Argumentationshilfe in die Hände.

Von der römischen Kirche wurde ein ganzes Maßnahmenpaket eingesetzt. Neben der ideologischen Auseinandersetzung (Investiturstreit) erfolgte die Gründung von Klöstern, die der Benediktinerregel folgten und die nicht mehr dem Bischof unterstellt waren, sondern direkt der römischen Kirche. Möglicherweise hatte diese Aktion ihren Ausgang in Cluny. Die traditionelle Geschichte stellt dieses Vorgehen als Reform bestehender Klöster dar, wobei ich in Cluny III die eigentliche Gründung des Benediktinerordens sehe (vielleicht das erste Kloster im ehemaligen Frankenreich), das an der Stelle einer schon bestehenden Kirche (Cluny I und II) errichtet wurde.

Kurze Zeit später wurden weitere neue Orden gegründet, denen abweichende Regeln des Zusammenlebens zugrunde lagen und die ebenso direkt Rom unterstellt waren. Damit untergrub man die bestehende Kirchenhierarchie.

Eine weitere Maßnahme zur Infiltration war die Schaffung von Erzbistümern, ein vom Papst verliehener Ehrentitel (Residierende Erzbischöfe erhielten vom Papst ein über die Schulter zu tragendes Band, das Pallium.).

Ich sehe die Erhebung einzelner Bistümer zu Erzbistümern in der 1. Hälfte des 12. Jh.

Mit dem Ende der Merowingerherrschaft fiel im Frankenreich der König, das bisherige Kirchenoberhaupt, ersatzlos weg. Die Bistümer waren sozusagen herrenlos geworden, was diesen kaum missfallen haben dürfte, obwohl die Einflussnahme des Königs auf die "Geschäfte" der Bischöfe sicher gering war.

In diese "Lücke" sprang das Papsttum ein, vermutlich mit attraktiven Angeboten seitens Rom.

Ich sehe als eines der ersten, vielleicht das erste Erzbistum in Magdeburg, sozusagen als Einfallstor in die bestehende Bistumslandschaft.

Die Altbistümer Mainz, Köln und Trier wollten sicher auch in den Genuss der "römischen" Privilegien kommen und folgten nicht viel später. Eines dieser Privilegien war vermutlich die Erlaubnis zur Gründung von Suffraganbistümern. So sehe ich die Bistumsgründung in Würzburg als Suffraganbistum des Erzbistums Mainz im 12. Jh. (1161?).

Das dürfte den Durchbruch für das Papsttum bedeutet haben.

Vielleicht bemerkenswert ist, dass in Sachsen kein Erzbistum entstand. Die Bemühungen des Bischofs von Hildesheim (Azelin-Dom) schlugen letztendlich fehl. Die Altbistümer Hildesheim und Halberstadt wurden keine Erzbistümer. Sachsen hatte vermutlich noch sein kirchliches Oberhaupt in Person des sächsischen Königs/Herzogs, der natürlich kein Interesse hatte, Kompetenzen nach Rom abzutreten. Das Erzbistum Magdeburg war kein aus einem Altbistum erwachsenes Erzbistum. Es entstand sozusagen außerhalb der sächsischen Kirchenorganisation.

Am Ende konnte sich das Papsttum weitestgehend durchsetzen. Im Jahre 1179 wurde das Eigenkirchenrecht der Laien in ein Patronatsrecht umgewandelt (Wikipedia). Das war das Ende des Eigenkirchenwesens, da nach dem Patronatsrecht der Zehntanteil des Grundherrn nunmehr dem Bischof zufiel.

Zur Durchsetzung der kirchlichen (päpstlichen) Interessen bis nach ganz unten erfolgte ebenfalls im 12. Jh. die Einführung des Pfarrsystems.

Meine Sicht der Entstehung des Papsttums im 11. Jh. widerspricht scheinbar der schriftlichen Überlieferung, z. B. dem Liber Pontificalis. Der Liber Pontificalis ist eine chronologisch geordnete Sammlung von Biographien der Päpste (Wikipedia) und entstand nach traditioneller Auffassung in seiner ersten Ausgabe um 530 mit Felix III. (526-530) als letzten Papst.

"Der Liber Pontificalis wurde im 6. Jahrhundert in mehreren Stufen aktualisiert und ab dem 7. Jahrhundert mehr oder weniger regelmäßig nach dem Ableben eines Papstes aktualisiert. Der ältere Text bricht im 9. Jahrhundert mit dem Pontifikat von Stephan V. (Papst) ab. Eine Neuredaktion des Buches begann im 12. Jahrhundert durch Kardinal Boso." (Wikipedia)

Den Liber Pontificalis in seiner ersten Ausgabe halte ich für eine weitgehend zuverlässige Quelle. Der o. a. Widerspruch lässt sich leicht auflösen. Mit der Verschiebung der Antike zuerst um 284 Jahre und dann noch einmal um 418 Jahre in die Vergangenheit (in Summe 702 Jahre) wurde auch die Auflistung der Päpste mit verschoben, da der Liber Pontificalis bereits in der Antike beginnt (nach Wikipedia ist Anterus 235/236 "der erste historisch eindeutig gesicherte Bischof von Rom"). Da der Liber Pontificalis keine direkten Jahreszahlen aufführt, sondern nur die Päpste und die Dauer der Pontifikate, wurde der gesamte Block verschoben. Die heute bekannten Datierungen der Pontifikate in der Papstliste sind später erfolgt. Die tatsächlichen Datierungen der Pontifikate - bezogen auf unsere gültige Chronologie - erhält man, indem man jeweils 702 Jahre hinzuzählt. Damit endet die erste Ausgabe des Liber Pontificalis im Jahr 1232.

ARNDT hat sich u. a. auch mit dem Liber Pontificalis befasst. Er kommt zu dem beachtenswerten Ergebnis, "dass die Papstliste von 685-1455 AD ganz offensichtlich aus Kopien vorangegangener Abschnitte sowie Konstruktionen besteht" [ARNDT 2015, 194]. Nach ihm scheint der Teilabschnitt 314532 der von Fälschungen am wenigsten betroffene zu sein. Davor und danach sieht ARNDT eindeutige Indizien für eine "Konstruktion".

Die Päpste des 4. Jh. und großen Kirchenbauten Roms wie die Laterankirche und Alt-St.Peter (traditionell Anfang 4. Jh.) gelangen damit in das 11. Jh. (siehe dazu [MEISEGEIER 2017]).

Frühe Kirchenbauten alle fehldatiert

Ich erinnere noch einmal an HEINSOHN, der mit seiner These behauptet, dass die weströmische Antike von 0-230, die byzantinische Spätantike von 290-520 und das Frühmittelalter im "Norden und Nordosten" von 700 bis 930 zeitlich parallele Zeitabschnitte sind.

Konvertiert man die spätantike Datierung in u. Z. gelangt z. B. die Herrschaft Justinians I. in die zweite Hälfte des 10. Jh.

Wie ich bereits in meinen früheren Publikationen (siehe z. B. [MEISEGEIER 2017]) ausgeführt habe, sehe ich die Entstehung des monumentalen Kirchenbaus erst nach der Erhebung des Katholizismus zur Reichsreligion und der Begründung der Reichskirche durch Justinian I. in der zweiten Hälfte des 10. Jh.

Im Frankenreich und in Sachsen gründeten sich daraufhin die fränkische bzw. sächsische Landeskirche. Einen ersten Kirchenbau im Frankenreich bzw. in Sachsen kann es damit kaum vor der Jahrtausendwende gegeben haben, womit der generelle Beginn des Kirchenbaus nahe an die Romanik rückt.

Damit sind natürlich zu allererst die Bauten der Karolinger und die der Ottonen von der Falschdatierung betroffen, da ihre traditionellen Gründungsdaten vor der Jahrtausendwende liegen.

Ich gehe sogar noch weiter. Nach meiner Auffassung sind alle Bauten, die traditionell bis etwa Mitte des 12. Jh. datiert sind, vermutlich ebenfalls infolge der Streckung der frühen Kirchenbaugeschichte bis zurück in das 8. Jh. fehldatiert.

Da das Zeitfenster des frühen Kirchenbaus um drei Jahrhunderte in die Vergangenheit gestreckt wurde, wurden die Bauten, die in diese drei Jahrhunderte datiert sind, dem Zeitraum des tatsächlichen Kirchenbaus entzogen. Damit wurde der Denkmälerbestand künstlich ausgedünnt, womit zwangsläufig die Beurteilung dieser architektonischen Phase zumindest eingeschränkt wurde.

Meines Erachtens sind von diesem Phänomen die Frühromanik und die Hochromanik betroffen.

Die Phase der Spätromanik sehe ich dagegen weniger beeinträchtigt. Die architekturhistorische Entwicklung ab der späten Romanik, d. h. ab etwa 1160/70, bis in die Gegenwart erscheint mir einigermaßen schlüssig. Hier sehe ich keinen Korrekturbedarf. Möglicherweise hat das Wiederaufleben der Schriftkultur ein Überdecken der realen Kirchenbaugeschichte in dieser späten Phase ein Stück weit verhindert.

Die Folge ist natürlich, dass sämtliche reale Bauten bzw. Bauphasen, Umbauten, etc., die traditionell vor dem Jahr 1000 eingeordnet sind, in die Zeit nach 1000 müssen. Davon sind sämtliche "karolingische und ottonische Kirchen" betroffen. Weiterhin sind alle Bauten, die traditionell der Zeit zwischen 1000 und 1160/70 zugeordnet sind, hinsichtlich ihrer Datierung zu überdenken.

Traditionelle Datierungen

Die Frage stellt sich, ob die traditionellen Datierungen der Kirchenbauten bei der Neueinordnung in die Kirchenbaugeschichte ab 1000 hilfreich sind?

Leider ist eine Umrechnung der traditionellen Datierungen wie ich sie für die frühchristlichen Kirchen und die spätantiken einschließlich merowingischen Bauten vorgeschlagen habe (siehe [MEISEGEIER 2017]) weder bei den karolingischen noch den ottonischen noch den salischen Datierungen möglich, da ihnen keine realen Datierungen zugrunde liegen. Sie basieren auf der konstruierten (erfundenen) Geschichte.

Konkrete Baunachrichten gab es in der frühen Zeit nicht. Wirkliche Baugeschichte war damals völlig uninteressant. So stammt z. B. die erste Baunachricht für die Stiftskirche in Gernrode erst aus dem 15. Jh.

Erst das 19./20. Jh. interessierte sich für die eigentliche Baugeschichte der Kirchenbauten. Den Bauforschern damals blieb kaum eine andere Möglichkeit der erfundenen Geschichte konkrete Bauten bzw. Bauphasen zuzuordnen.

Letztendlich bedeutet das, dass die traditionellen Datierungen der Kirchenbauten völlig wertlos für die wirkliche Baugeschichte sind. Nicht einmal eine zeitliche Abfolge der Bauten lässt sich aus ihnen ableiten.

Eine neue Romanik?

Obwohl die vorgeschlagene Neueinordnung zahlreicher Bauten unser Bild von der Romanik sicher klarer werden lassen, ist die Architektur- und Kunstepoche der Romanik nicht grundsätzlich neu zu sehen.

Für ihre Untergliederung und zeitliche Eingrenzung möchte ich jedoch einen alternativen, von der traditionellen Einordnung abweichenden Vorschlag unterbreiten:

ca. 1000 - ca. 1080

Vorromanik

ca. 1080 - ca. 1130

Frühromanik

ca. 1130 - 1160/70

Hochromanik

1160/70 - ca. 1250

Spätromanik

Als Phase der Vorromanik sehe ich die Suche nach einem Bautypus. In dieser Phase gibt es noch keinen festen Bautypus, keine festgelegte Raumform der Krypta, keine Bauskulptur. Der Heiligenkult beschränkt sich noch auf die Präsentation von Ganzkörperreliquien.

Die Kirchen dieser Phase sind ausschließlich Eigenkirchen. Die Kirchenorganisation, das Eigenkirchenwesen der fränkischen bzw. sächsischen Landeskirche, kennt noch keinen Einfluss der römischen Kirche, des Papsttums. Streng genommen sind die ersten Kirchen unter merowingischer Herrschaft (bis 1057) entstanden, also merowingische Kirchen.

In der Frühromanik festigt sich der Bautypus der Basilika mit zunehmenden Einfluss Roms. Es ist die Zeit des Investiturstreits und die beginnende Verdrängung des Eigenkirchenwesens durch die römische Kirche.

Ich vermute, dass jetzt aufgrund des Mangels an verfügbaren Ganzkörperreliquien eine Beschränkung auf Reliquien-Partikel erfolgte, die in Reliquiaren im Hochchor präsentiert werden.

In der hochromanischen Phase hat sich die römische Kirche durchgesetzt. Das Eigenkirchenwesen wurde zunehmend durch das Patronatsrecht abgelöst. Es ist der Beginn der Entwicklung der Bauskulptur (Kapitelle, Tympana, Portale, Kreuzigungsdarstellungen). Ausstattung der Räume mit figürlicher Wandmalerei.

In der Spätromanik erfolgte eine Weiterentwicklung in allen Bereichen (Bauskulptur, Raumgefüge, Struktur, etc.). Dieser Phase gehören die monumentalen Kreuzigungsdarstellungen an, z. B. auch das Gero-Kreuz im Kölner Dom. Übrigens wurde vor Kurzem das Gero-Kreuz von ILLIG schon um ein Jahrhundert verjüngt und neu um 1070 datiert (ILLIG: Das Gero-Kreuz - aus 10., 11. oder 12. Jh.? [http://www.zeitensprünge.de/?p=411#more-411]), womit er jedoch immer noch weitere einhundert Jahre daneben liegt.

Kirche und Kirchenbau in Italien

Mit der byzantinischen Rückeroberung Italiens wurde auch die von Kaiser Justinian I. gegründete römische Reichskirche auf Italien ausgeweitet. Die neu gegründeten Kirchen unterstanden natürlich zunächst der Oberaufsicht durch das Patriarchat in Konstantinopel und waren zwangsläufig hinsichtlich Bauform und Ritus byzantinisch. Die byzantinische Kirche hatte sich in Italien konstituiert, als an ein eigenständiges Papsttum noch gar nicht zu denken war. Das Patriarchat in Rom, aus dem das spätere Papsttum hervorging, war erst im Aufbau begriffen.

Die byzantinische Ausrichtung der Kirche war der römischen Kirche, die ja aus der byzantinischen Kirche hervorging, ein Dorn im Auge, da sie die kirchliche Macht in Italien und allgemein im Westen für sich beanspruchte. Mit der Formierung und dem Erstarken einer eigenständigen römischen Kirche geriet diese zunehmend in Konflikt mit dem Patriarchat in Konstantinopel.

Auch in Italien musste sich also - wie etwas später in Deutschland und Frankreich - das entstehende Papsttum gegen eine bereits etablierte Kirche durchsetzen. In Italien war es natürlich nicht die fränkische oder sächsische Landeskirche, sondern die eigentlich ursprüngliche, öströmische bzw. byzantinische Reichskirche.

Rom spielte die zunehmende Schwächung des Byzantinischen Reichs ab dem 6. Jh., die sich natürlich auch auf die byzantinischen Herrschaftszentren in Italien auswirkte, in die Hände. Von Vorteil war sicher für Rom auch der lokale Rückhalt, den die byzantinischen Herrschaftszentren aufgrund der Entfernung zum Mutterland natürlich nicht hatten.

Etwa um 1100 war nach meiner Auffassung die oströmische/byzantinische Kirche aus Italien vertrieben bzw. hatte sich aufgelöst.

Vermutlich hatte die römische Kirche dieselben Instrumente angewandt, wie sie sie auch für das Eindringen in die fränkische bzw. sächsische Landeskirche und deren Beseitigung angewendete (beide Aktionen verliefen parallel). Das waren einmal die ideologische Auseinandersetzung, die abweichend vom Vorgehen im ehemaligen Frankenreich und Sachsen nicht die Investitur, sondern den oströmischen Ritus und die Osterberechnung aufs Korn nahm. Es waren zum anderen die Gründung von Benediktinerklöstern, die Rom direkt unterstellt waren, und natürlich die Erhebung von "linientreuen" Bistümern zu Erzbistümern.

Vielleicht wurde der "römische" Ritus und damit die diesem folgende Bauform (Longitudinalbau - siehe unten) extra geschaffen, um sich vom oströmischen Ritus abzuheben.

Bistümer

Eine große Anzahl von Bistümern datiert ihre Gründung in das 1. Jh. - Ende 5./Anfang 6. Jh. Diese sog. "Gründungen" gehen i. d. R. auf die Nennung eines antiken, frühchristlichen Bischofs zurück.

Antike, frühchristliche Bischöfe hatten jedoch nichts mit der Bistumsorganisation der römischen Reichskirche bzw. den mittelalterlichen Bistümern zu tun. Das ist eine Fehlinterpretation der Historiker.

Antike, frühchristliche Bischöfe waren Vorsteher einer frühchristlichen Gemeinde und besaßen keinerlei territoriale Befugnisse. So konnte es in größeren römischen Städten, z. B. in Rom, durchaus gleichzeitig mehrere frühchristliche Gemeinden und damit mehrere Bischöfe geben. Dieses Missverständnis und die daraus reultierenden Verwirrungen beherrschen bis heute die betreffende Literatur.

Dabei sind die Erwähnungen antiker Bischöfe ab Mitte des 3. Jh. spätantik datiert, womit die Bischöfe des 3. Jh. - Ende 5. Jh./Anfang 6. Jh. in das 1. Jh. v. Chr./1. Jh. n. Chr. bis in das 3. Jh. n. Chr. zu korrigieren sind.