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Die Zeit ist reif für ein Umdenken. Populisten und autokratische und rechtsextreme Parteien und Gruppierungen versuchen in Deutschland die durch Ukrainekrieg, Migrationsbewegungen, Inflationsängste und Klimakrise entstandenen Unsicherheiten in der Bevölkerung verstärkt für sich zu nutzen und die demokratische Kultur zu zersetzen. Die Grundfrage, die sich vor diesem Hintergrund stellt und für die in dem Buch eine Antwort versucht wird, lautet: Ist die Demokratie in Deutschland aufgrund der autokratisch-populistischen Umtriebe gefährdet und was können die Demokratinnen und Demokraten dagegen tun? Wie sieht das populistische Gewebe aus, das die Demokratie zu ersticken droht? Welche Folgen hat autokratisch-populistische Politik für die Demokratien insgesamt? Dies gilt nicht nur für Deutschland. In allen Teilen der Welt haben sich bereits illiberale, autokratisch-populistische und faschistische Staatsformen etabliert. Gut 55 Prozent aller Staaten dieser Erde werden heute von autoritären oder despotischen Regimen regiert. Demokratie ist kein Selbstläufer und muss immer wieder neu mit Leben gefüllt werden. Wenn man, wie das unter anderem in dem Buch thematisiert wird, aus der Vergangenheit der Weimarer Republik bis hin zur Machtübergabe an Hitler eine Lehre ziehen will, dann die, dass man den Anfängen wehren muss und jede und jeder aufgefordert ist, im Hier und Heute Demokratie zu leben. Informationen zum Autor und seinen Buchveröffentlichungen finden Sie am Schluss des Buches und unter: www.henningschramm.de
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Seitenzahl: 161
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Die Zeit ist reif für ein Umdenken. Die rechtsextremen, populistisch-autokratischen Parteien und Gruppierungen versuchen die durch Ukrainekrieg, Migrationsbewegungen, Inflationsängste und Klimakrise entstandenen Unsicherheiten in der Bevölkerung verstärkt für sich zu nutzen und zu instrumentalisieren. Sie verhöhnen das Parlament als elitäre ‚Quasselbude‘, das unfähig sei, die richtigen Entscheidungen zum Wohle der Republik zu treffen, wie das schon die Rechte in der Weimarer Republik behauptete. Die AfD und andere rechte Kräfte in Deutschland verbreiten Schreckensszenarien auf allen politischen, sozialen und ökonomischen Politikfeldern und zersetzen die Demokratie. Dem gilt es entgegenzutreten.
Die Grundfrage, die sich auf diesem Hintergrund stellt und für die in dem Buch eine Antwort versucht wird, lautet: Ist die Demokratie in Deutschland aufgrund der autokratisch-populistischen Umtriebe der AfD und anderer rechter Parteien und Gruppierungen gefährdet und was können die Demokratinnen und Demokraten dagegen tun?
Deutschland und viele andere Staaten der Welt sind heute von populistischen Ideologien durchsetzt oder haben sich bereits hin zu illiberalen, autokratisch-populistischen und faschistischen Staatsformen entwickelt. Es lohnt sich also, genauer hinzusehen, was autokratischer Populismus im Kern bedeutet und dessen Charakteristika herauszuarbeiten, wie auch die Folgen autokratischer- populistischer Politik für die Demokratie stärker ins Bewusstsein zu rücken.
Auf diesem Hintergrund analysiert der Autor in dem vorliegenden Buch die vielfältigen Erscheinungsformen von autokratischem Populismus und legt das populistische Gewebe, das die Demokratie zu ersticken droht, offen.
Demokratie ist kein Selbstläufer und muss immer wieder neu mit Leben gefüllt werden. Wenn man, wie das in dem Buch thematisiert wird, aus der Vergangenheit der Weimarer Republik bis hin zur Machtübergabe an Hitler eine Lehre ziehen will, dann die, dass man den Anfängen wehren muss.
Informationen zum Autor und seinen Buchveröffentlichungen finden Sie am Schluss des Buches und unter: www.henningschramm.de
Für alle unterdrückten und erniedrigten Menschen auf dieser Welt
Demokratie leben …
im Bewusstsein der Freiheit des Menschen
in der Verantwortung für sich und andere
in der Einsicht von Vernunft
in der Erkenntnis innerer und äußerer Grenzen
in der Entdeckung von Möglichkeiten
in der Anerkennung der Begrenztheit durch das Recht
im Verständnis existenzieller Gleichheit der Menschen
in der Hoffnung auf gutes Leben
im Wissen um die universellen Menschenrechte
im Erkennen, wo man aus Schwäche blind war
im Begreifen der Möglichkeit des Scheiterns
in der Wahrheit, dass ein Irrtum möglich ist
in der Gewissheit, dass Freiheit niemals herrscht
Henning Schramm
Wie Populismus die demokratische Kultur zersetzt
VORWORT
I. Ist die Demokratie noch zu retten?
II. Autokratismus und Demokratie
Lehren aus den Jahren 1926-1933 oder wie Autokratismus die Demokratie zerstört
Recht und Gerechtigkeit
Freiheit und Demokratie
III. Demokratie und Kapitalismus
IV. Rechtsradikalismus in Deutschland: Björn Höcke und die AfD
V. Spuren rechter Gewalt in Deutschland
Eine Chronologie1919-2022
VI. Exkurs: Putins Russofaschismus
Anhang
Es ist nicht meine Rolle als Autor Entscheidungen zu treffen, aber ich kann einige Anregungen und Gedanken zur Vertiefung der Entscheidungsfindung in die Öffentlichkeit entlassen. Das will ich mit diesem Buch versuchen. Die Zeit ist reif für ein Umdenken in vielerlei Hinsicht. Der furchtbare und brutale Angriffskrieg in der Ukraine, der durch nichts zu rechtfertigen ist, und alle damit einhergehenden Umwälzungen in Deutschland, Europa und der Welt haben massive Auswirkungen auf die politische Kultur und das Politik- und Demokratieverständnis in Deutschland. Die rechtsextremen, populistisch-autokratischen Parteien, Bewegungen und Gruppierungen versuchen die entstandenen Unsicherheiten in der Bevölkerung für sich zu nutzen und zu instrumentalisieren. Sie verhöhnen das Parlament als elitäre ‚Quasselbude‘, das unfähig ist die richtigen Entscheidungen zum Wohle der Republik zu treffen, wie das schon die Rechte in der Weimarer Republik behauptete. Die AfD und andere rechte Kräfte in Deutschland verbreiten Schreckensszenarien auf allen politischen, sozialen und ökonomischen Politikfeldern. Der Staat, so die Behauptungen der rechten Wortführer und Gefolgsleute, sei hilflos, führungsunfähig und abhängig von anonymen ökonomischen und politischen Eliten, die insgeheim die Geschicke der Republik lenken – natürlich nicht zum Nutzen Deutschlands, sondern aus deren persönlichen Macht- und Profitinteressen. Der Parteivorsitzende der AfD, Chrupalla, beschimpft die Regierung als Kriegstreiber, die zusammen mit den imperialistischen USA von dem Krieg in der Ukraine profitiere und erklärt im selben Atemzug die AfD als die einzige Friedenspartei Deutschlands, da die Regierungsparteien mit ihrer kriegerischen Politik Deutschland in einen atomaren Weltkrieg treiben. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Die Spuren rechter Gewalt, das Morden und der Terror (die in dem Buch dokumentiert werden) wie auch das Hofieren von Putin, dem obersten Abräumer der Demokratie, durch die AfD machen deutlich, wes geistig Kind die Rechte ist.
Die Grundfrage, die sich auf diesem Hintergrund stellt und für die eine Antwort gesucht wird, ist also: Ist die Demokratie in Deutschland aufgrund der autokratisch-populistischen Umtriebe der AfD und anderer rechter Parteien, Bewegungen und Gruppierungen nachhaltig gefährdet?
Am 17. Januar 2017 entschied das Bundesverfassungsgericht über ein Verbot der rechtsextremen NPD. Dabei stellte der Zweite Senat zwar fest, dass die NPD ein auf Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept vertritt. Wegen fehlender Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer politischen Ziele wurde die Partei jedoch nicht verboten.
Ist die AfD, die in der rechten Szene die NPD verdrängt hat, heute in der Lage, ihre politischen Ziele durchzusetzen?
Die AfD, die Reichsbürger und andere autokratisch-populistische rechte Gruppierungen sind gesellschaftlich, politisch und parlamentarisch nicht bedeutungslos, wie das im Folgenden versucht wird, aufzuzeigen. Die Ausgangslage zur Zeit der NPD ist nicht mit heute zu vergleichen. Die Gefahr ist konkret. Verharmlosen, Wegschauen, Ignorieren sind keine probaten Mittel, sich mit der rechten Szene auseinanderzusetzen.
Demokratie ist kein Selbstläufer und muss immer wieder neu mit Leben gefüllt werden. Ansonsten tritt ein, was Hitler in Bezug auf seinen Erfolg so formuliert hat: »Der Nationalsozialismus hat in der Demokratie mit der Demokratie die Demokratie besiegt«. Wenn man aus der Vergangenheit der Weimarer Republik bis hin zur Machtübergabe an Hitler eine Lehre ziehen will, dann die, dass man den Anfängen wehren muss.
Deutschland und viele andere Staaten der Welt sind heute von populistischen Ideologien durchsetzt oder haben sich bereits hin zu illiberalen, autokratischpopulistischen Staatsformen entwickelt. Es lohnt sich also, genauer hinzusehen, was autokratischer Populismus im Kern bedeutet und dessen Charakteristika herauszuarbeiten, wie auch die Folgen autokratischer- populistischer Politik für die Demokratie zu analysieren.
In dem vorliegenden Buch versuche ich, das Phänomen autokratischer Populismus dingfest zu machen und das Bewusstsein für die damit einhergehenden vielfältigen negativen Konsequenzen für die Demokratie zu stärken. Es ist ein Versuch, das, was ist, ernst zu nehmen und Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Schlussfolgerungen in dem Sinn, was erforderlich ist, das populistische Gewebe, das die Demokratie zu ersticken droht, zu überwinden. Sich aber auch zu fragen, welche Konsequenzen daraus für das gesellschaftliche Zusammenleben und die politische Kultur gezogen werden müssen. Wie kann eine Zukunft und eine zukünftige Gemeinschaft neu gedacht werden, in der autokratischer Populismus keine Erfolgsaussichten mehr hat. Eine zukünftige Gemeinschaft, nicht mit dem Gesicht einer Herde oder einer Masse, sondern geprägt »von intersubjektiver Solidarität, als vielstimmige Richtungseinheit der Willen, die von gleichem human-konkretem Zielinhalt erfüllt sind.«1
Zukunft denken, so wie es in diesem Buch versucht wird, bedeutet zunächst einmal sich Gedanken über die Wirklichkeit zu machen und diese nicht nur wahrzunehmen, sondern sie wahrzuhaben. Denken heißt, so Ernst Bloch, Grenzen überschreiten. Dazu ist es notwendig, dass »Vorhandenes nicht unterschlagen und nicht überschlagen wird … [und] es begreift das Neue als eines, das im bewegten Vorhandensein vermittelt ist … es kennt und aktiviert die in der Geschichte angelegte, dialektisch verlaufende Tendenz.«2
Henning Schramm, März 2023
1 Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung, Frankfurt 1973, Band 3, S. 1139.
2 Ernst Bloch, a.a.O., Band 1, S. 2.
Demokratie ist ein antikes Wort, ein uralter, schwer greifbarer Begriff – und doch modern und unverbraucht. Er steht unter Druck. Ist sie noch zeitgemäß in der globalisierten, digitalisierten Welt? Kann sie bestehen gegenüber einfachen gestrickten autokratischen, populistischen oder faschistischen politischen Systemen, deren Führer suggerieren, zu wissen, was das Volk will und in des Volkes Sinn ihre Herrschaft auszuüben vorgeben – nur eben unkomplizierter, direkter und bequemer für das Volk? Was hat die Demokratie den Menschen mehr zu bieten als die Autokratie? Reduktion von Komplexität, das Angebot der Autokraten, ist für viele Menschen verführerisch und verspricht psychische Entlastung in einer klar vorgezeichneten, überschaubaren Welt. Die Demokratie bedeutet Anstrengung, selbständiges Denken und Resilienz gegenüber den Verführern einer allzu einfachen Welt. Warum sollte jemand diesen Weg gehen? Viele in der Welt gehen ihn nicht mehr.
Was also ist Demokratie, was fordert sie von uns und was bringt sie uns an Mehrwert gegenüber Autokratien?
Von klugen Köpfen oft dekonstruiert und wieder neu zusammengesetzt präsentiert sich die Demokratie in immer neuem Gewand und bleibt sich doch immer gleich. Ähnlich einem Chamäleon, das sich seiner Umgebung anpasst und doch in ihrem Wesen, ihrer naturgemäßen Bestimmung unverändert in Erscheinung tritt. Demokratie funktioniert wie der Zauberwürfel, den der ungarische Bauingenieur und Architekt Ernő Rubik 1974 erfunden hatte. Die sichtbare, bunt durcheinander gemischte äußere Hülle kann sich verändern, das innere Konstruktionsprinzip des Würfels bleibt unverändert. Für denjenigen, der dieses innere strukturelle Moment einmal erkannt hat, ist es ein Kinderspiel durch einige wenige Kniffe immer wieder das gleiche äußere Erscheinungsbild herbeizuzaubern.
Ganz ähnlich ist es mit der Demokratie. Sie äußert sich zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlichen äußeren Erscheinungsformen, dazuhin eingefärbt auch durch regionale Besonderheiten. Demokratie ist schmiegsam und anpassungsfähig, jedoch keine beliebig verfügbare Knetmasse, die sich nach eigenem Belieben modellieren lässt, wie das populistische Führer im autokratischen Schafspelz versuchen. Sie hat bei allen Unterschieden des äußeren Kolorits ein inneres, unveränderliches Gerüst, eine innere Struktur, die ihr über alle Zeiten und Regionen hinweg Stabilität verleiht. Gefährdungen und Aushöhlungen des Wesens der Demokratie können nur erkannt und verteidigt werden, wenn dieses innere Strukturprinzip denjenigen, die in einer Demokratie leben, sichtbar und erlebbar gemacht wird und sich im Bewusstsein jedes Einzelnen entfalten kann.
Die Demokratie stützt sich auf ein im Großen und Ganzen unhinterfragt akzeptiertes, allgegenwärtiges System von Überzeugungen, dass der Staat gerecht und fair ist, dass er seine Bürgerinnen und Bürger gleichbehandelt und sich bemüht, eine möglichst gerechte Verteilung der Güter herzustellen und den Menschen ein Leben ermöglicht, in dem sie unter Berücksichtigung der Interessen anderer ihr Leben frei gestalten können. Sie vertrauen darauf, dass der Staat und das demokratische System insgesamt so funktioniert, dass ihnen entsprechende Ressourcen für ein guten Lebens zur Verfügung gestellt werden.
Das Vertrauen ist gegenseitig. Auch der demokratische Staat ist darauf angewiesen, dass seine Bürgerinnen und Bürger ihm Vertrauen hinsichtlich seines politischen Handelns insofern entgegenbringen, dass sie ihm ein Handeln nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohle der Bevölkerung unterstellen. Das schließt Meinungsverschiedenheiten und Konflikte zwischen Bürgern und Staat ein, die jedoch innerhalb des Rahmens des Gesellschaftsvertrags, sprich Verfassung bzw. Grundgesetz, und den damit verbundenen Ausführungsgesetzen, die sie als ihre eigenen Gesetze erkennen können (da sie von den von ihnen gewählten Vertretern des Volkes beschlossen worden sind), ausgetragen werden müssen.
Die demokratischen Überzeugungen, die geräuschlos über unsere Erfahrungen im privaten Bereich, am Arbeitsplatz und allen anderen gesellschaftlichen Räumen täglich erlebbar werden und sich so ständig verifizieren oder falsifizieren lassen, entfalten in ihrer Gesamtheit eine innere Logik, die der demokratischen Idee ihre Stabilität verdankt.
Nach einer Definition von Hannah Arendt entstehen Ideologien dann, wenn eine Idee ihre eigene Logik entfaltet. Die Demokratie ist also eine Art Ideologie des Alltags, die in der Idee der Funktionsfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit eines institutionellen Systems von Gerechtigkeit, Gleichheit, Freiheit und Solidarität wurzelt. Dies ist das Versprechen der Demokratie für jeden Einzelnen. Der Demokrat kann also wissen, worauf er sich einlässt, und er kann abwägen, inwieweit ihm diese Werte wichtig oder nicht wichtig sind. Demokratie ist jedoch kein anonymes, abstraktes Gefüge, das dem Einzelnen undurchschaubar und starr gegenübersteht, vielmehr ist sie ein Teil unseres täglichen Daseins und wird jeden Tag neu gelebt, erlebt und erfahren. Demokratie ist nicht, sondern wird – jeden Tag neu. Demokratie lebt. Man kann sie sich vorstellen als eine Art lebenden Organismus, der sich durch uns Menschen materialisiert und ausformt. Ohne Demokraten, d. h. ohne Menschen, die Demokratie leben, gibt es keine Demokratie.
Wie nun steht es um die Demokratien und Demokraten in der Welt?
Die Demokratien gehören, um ein Bild aus der Natur zu bemühen, zu den ‚gefährdeten politischen Arten‘. Sie verlieren global gesehen an Boden. Seit 2004 verzeichnet der Transformationsindex (BTI) erstmals mehr autokratische als demokratische Staaten auf unserem Globus. Der Anteil demokratischer Regierungen in der Welt geht seit Jahren stetig zurück. Gemäß des Demokratieindex, ein von der englischen Zeitschrift The Economist berechneter Index3, der den Grad der Demokratie in 167 Ländern misst und im Februar 2021 veröffentlicht wurde, lebten 2020 49,4% in einer vollständigen oder unvollständigen Demokratie, 50,6% in einem autoritären Regime oder Hybridregime. Über ein Drittel (35,6%) der Weltbevölkerung werden von einem reinen diktatorischen Regime regiert (siehe nachfolgende Tabelle). Bezogen auf die Zahl der Länder hatten nur 44,9% der untersuchten Länder eine demokratische Regierungsform, dagegen wurden 55,1% der Länder von mehr oder weniger autoritären Regimen regiert. (In dieser Statistik wird die Russische Föderation noch als hybrides System aufgeführt, das jedoch heute als rein autoritäres Regime eingestuft werden müsste)
L= Länder, B= Bevölkerung
L
%L
%B
Vollständige Demokratien
23
13,8
8,4
Unvollständige Demokratien
52
31,0
41,0
Hybridregime
35
21,0
15,0
Autoritäre Regime
57
34,1
35,6
Bedenklich ist auch, dass nicht nur despotische und autoritäre Regime zunehmen, sondern dass sich auch innerhalb der Demokratien seit Jahren eine schleichende Autokratisierung und autoritärer Populismus abzeichnet, die Demokratien und ihre Institutionen immer mehr aushöhlen. In den vergangenen zehn Jahren hat nahezu jede fünfte Demokratie an Qualität eingebüßt. Und in vielen bereits bestehenden Autokratien haben Unterdrückung, Machtmissbrauch, Korruption und die Einschränkung von Meinungs- und Versammlungsfreiheit weiter zugenommen. Und nicht nur das: die Autokratien und autoritären Regime scheinen auch wirtschaftlich gegenüber den Demokratien aufzuholen, wie das zum Beispiel in China zu beobachten ist. Ein Indiz, das diese Annahme unterstützt, ist: 60% aller Patente werden inzwischen von autokratischen Regierungen angemeldet4.
Nicht erst seit dem Ukraine-Krieg treten die Gefahren der Globalisierung und der damit zusammenhängenden Abhängigkeiten der Demokratien von nicht-demokratischen, autoritären Staaten verstärkt ins Blickfeld. So zum Beispiel die eklatanten Abhängigkeiten Europas von fossilen Energien und Rohstoffen wie Nickel, Mangan, Kobalt und Lithium (allein China produziert 58% des weltweiten Lithiums und zwei Drittel des Kobalts) , aber zunehmend auch bei High-Tech-Produkten. So liegt etwa Europas Marktanteil bei der Fertigung von Halbleitern bei nur rund 10%.
Die Folgen des Ukraine-Kriegs haben schmerzhaft vor Augen geführt, dass sich allein durch Handel und wirtschaftliche Integration das Weltgeschehen weder politisch noch moralisch in demokratische Fahrwasser lenken lässt. Mit welchem Land kann, darf, soll ein demokratisches Land in welchem Umfang Handel treiben? Mit wem kann und darf es kooperieren? Mit welchen Ländern kann oder soll ein demokratisches Land Bündnisse gegen autoritäre Bestrebungen eingehen? In welchem Umfang soll es wirtschaftliche Autarkie anstreben oder wieweit darf es sich von autoritären Staaten abhängig machen? Schwierige Fragen, mit denen sich die Demokratien der Welt in Zukunft verstärkt auseinandersetzen müssen.
Putins Russland und Xi Jinpings Wirtschafts- und Geopolitik spiegeln einen neuen harschen Zeitgeist in Richtung Autarkie, der sich nicht auf diese beiden Staaten begrenzt. Nicht nur in den USA, sondern auch in Europa wird vermehrt diskutiert, welche Möglichkeiten und Wege der Deglobalisierung gangbar sind, um autarker zu werden und sich von den Abhängigkeiten autokratisch-faschistischer Staaten speziell und der Welt allgemein zu entkoppeln. Die Welt denkt tendenziell weniger liberal und zunehmend nationalistischer. Ein solches Denken kommt rechten autoritär-nationalistischen und populistischen Bewegungen entgegen.
Sind auf diesem Hintergrund der weltweiten Entwicklungstendenzen die Demokratien und ihre sie tragenden Werte noch zu retten? Was können die Demokratien dem zunehmenden Autokratismus und Populismus in der Welt entgegensetzen?
Demokratie ist kein kompaktes, klar umgrenztes Gebilde. Demokratien sind liberal, durchlässig und offen – auch gegenüber Demagogen und sonstigen populistischen Menschenfängern. Ihre Freiheiten sind bis zu einem gewissen Umfang auch die Freiheiten ihrer Gegner, die sich diese für ihre Zwecke zunutze machen. Demokratie ist, wie bereits betont, eine Lebenseinstellung. Sie ist nicht etwas, was man einfach erwerben und in Besitz nehmen kann. Sie ist keine Ware, die man einem Menschen oder einem Land verkaufen oder überstülpen kann. Demokratie ist aufklärende Auseinandersetzung eines jeden mit sich selbst und der gesellschaftlichen, politischen, kulturellen und ökonomischen Umwelt. Demokratie muss man leben, es ist gelebtes Leben. Politik muss Bedingungen dafür bereitstellen, die dieses demokratische Leben und demokratische Kultur ermöglichen, die das Bewusstsein von Moral stärken, und die Gleichheit, Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und emanzipative Perspektiven für jeden Einzelnen erlebbar machen.
Falls es nicht gelingt, das in Krisen oder Umbruchzeiten verlorengegangene Vertrauen in die Politik und ihre demokratischen Institutionen durch entsprechendes politisches Handeln und durch progressive Alternativen aufzufangen und zu ersetzen, und falls die demokratische Idee im Alltagleben nicht mehr erleb- und erfahrbar ist, geht der Glauben an diese Alltagsideologie verloren. Das ganze Spektrum der rechten Populisten, Autokraten und Faschisten in der Welt schlachtet diesen Vertrauensverlust aus und versucht neue Ängste, Empörung und Wut zu schüren. Die Führer dieser Bewegungen versuchen in der Phase der Unsicherheiten im demokratischen Alltagserleben das Vertrauen in die demokratischen Institutionen und ihre Repräsentanten zusätzlich zu erschüttern und Argwohn und Verdächtigungen anzuheizen, die das Vertrauen korrumpieren und so einen Grundpfeiler einer funktionierenden Demokratie unterminieren. Sie bedienen sich der Demokratie, um sie zu zerstören.
Exemplarisch zeigt sich diese Strategie bei der in wesentlichen Teilen faschistischen AfD, indem sie in einem ersten Schritt gesellschaftlich schwierige Situationen in angstbesetzte Krisen ummünzt, für die die Regierung verantwortlich gemacht wird. Hier seien nur vier Stichworte erwähnt: Flüchtlingskrise mit der Behauptung der „Umvolkung“, “sozialem Abstieg“, „Kontrollverlust“ und „Verlust von Selbstbestimmung“; Pandemie und Corona-Krise, die das Volk angeblich „entmündigt und ihrer Freiheit beraubt“; Inflations- und Energiekrise im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg, die, so wird behauptet, von den Eliten „bewusst herbeigeführt“ wurde, um die Bevölkerung zu verarmen; Klimakrise, die allgemein ängstigt und die Unfähigkeit der Eliten demonstriert.
Im zweiten Schritt generieren sich diese Bewegungen als die wahren Fürsprecher und Verteidiger des Volkes Meinung, die von der herrschenden Politik und ihrer Eliten unterdrückt wird.
Im dritten Schritt schließlich schwingt sich die neue populistische oder faschistische Elite zum Meinungsträger und Führer auf, die verspricht, die verängstigten Menschen aus der Krise zu führen, von Ängsten befreit und allein im Besitz der Wahrheit ist. Blickt man auf die autoritären und faschistischen Staaten in der Welt, kann man unschwer dieses Muster allerorten wiedererkennen.
Der Faschismus – in dem sich Populismus und Autokratie am ausgeprägtesten und ideologisch am höchsten entwickelt präsentiert – kommt anfangs mit eher kleinen, leisen Schritten daher und rupft sein Huhn, die Demokratie, Feder für Feder, so dass die Schmerzen des Verlustes von Freiheit, Selbstbestimmung und Rechtssicherheit möglichst erträglich bleiben. Faschismus lebt von dem ideologischen Glauben, dass in der Minderheitenmeinung die Mehrheitsmeinung des Volkes aufgehoben sei. Eine ähnliche Tendenz zeigte sich gerade jetzt wieder (Anfang 2023) in den USA bei der chaotischen Wahl des Speakers in der Republikanischen Partei, wo eine winzige Minderheit innerhalb der republikanischen Partei die Wahl bestimmt und die Mehrheit erpresst hat.
Der faschistische Führer behauptet für das Volk zu sprechen, indem er sein persönliches Weltbild verkündet. Faschismus lebt vom Glauben an einen Heilsbringer und eine bessere Zukunft, die nur dieser gewährleisten kann. Um die persönlichen Machtansprüche des Führers (und die ihn unmittelbar unterstützenden Gefolgschaft) zu befriedigen und seine Ziele zu erreichen, ist der Faschist bereit, alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen. Er entwickelt sein eigenes System an Rechten, ohne sich um die Rechte anderer zu scheren. Die tragenden Pfeiler der faschistischen Ideologie sind Angst und Schweigen. Mit Angst regiert es sich leichter. Das weiß jeder Faschist und macht es sich