Der Fruchtbarkeitsgott Freyr - Harry Eilenstein - E-Book

Der Fruchtbarkeitsgott Freyr E-Book

Harry Eilenstein

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Beschreibung

Die Reihe Die achtzigbändige Reihe "Die Götter der Germanen" stellt die Gottheiten und jeden Aspekt der Religion der Germanen anhand der schriftlichen Überlieferung und der archäologischen Funde detailliert dar. Dabei werden zu jeder Gottheit und zu jedem Thema außer den germanischen Quellen auch die Zusammenhänge zu den anderen indogermanischen Religionen dargestellt und, wenn möglich, deren Wurzeln in der Jungsteinzeit und Altsteinzeit. Daneben werden auch jeweils Möglichkeiten gezeigt, was eine solche alte Religion für die heutige Zeit bedeuten kann - schließlich ist eine Religion zu einem großen Teil stets der Versuch, die Welt und die Möglichkeiten der Menschen in ihr zu beschreiben. Das Buch Freyr ist einer der wichtigsten nordgermanischen Götter gewesen. Er steht im Gegensatz zu den anderen, oft kriegerischen Göttern für die Zeugungskraft, die Fruchtbarkeit, die Fülle, den Wohlstand, die Freundschaft, den Rückhalt in der Familie und den Frieden. Freyr ist zusammen mit seiner Schwester Freya aus der Wiederzeugungs- und Wiedergeburts-Symbolik heraus entstanden. J.R.R. Tolkien hat sich bei seiner Erfindung der "Hobbits" recht sicher von Freyr inspirieren lassen - trägt doch einer der wichtigsten Hobbits einen Namen, der eine altschwedische Namens-Variante von "Freyr" ist: "Frodo".

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Der Lebenskraftkörper (230 S.)

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Göbekli Tepe (472 S.)

Hathor und Re 1: Götter und Mythen im Alten Ägypten (432 S.)

Hathor und Re 2: Die altägyptische Religion – Ursprünge, Kult und Magie (396 S.)

Isis (508 S.)

Die Entwicklung der indogermanischen Religionen (700 S.)

Wurzeln und Zweige der indogermanischen Religion (224 S.)

Der Kessel von Gundestrup (220 S.)

Der Chiemsee-Kessel (76 S.)

Cernunnos (690 S.)

Christus (60 S.)

Odin (300 S.)

Die Götter der Germanen (Band 1 – 80)

Dakini (80 S.)

Kursus der praktischen Kabbala (150 S.)

Eltern der Erde (450 S.)

Blüten des Lebensbaumes 1: Die Struktur des kabbalistischen Lebensbaumes (370 S.)

Blüten des Lebensbaumes 2: Der kabbalistische Lebensbaum als Forschungshilfsmittel (580 S.)

Blüten des Lebensbaumes 3: Der kabbalistische Lebensbaum als spirituelle Landkarte (520 S.)

Über die Freude (100 S.)

Das Geheimnis des inneren Friedens (252 S.)

Von innerer Fülle zu äußerem Gedeihen (52 S.)

Das Beziehungsmandala (52 S.)

Die Symbolik der Krankheiten (76 S.)

König Athelstan (104 S.)

Die Themen der einzelnen Bände der Reihe „Die Götter der Germanen“

Die Entwicklung der germanischen Religion

Lexikon der germanischen Religion

Der ursprüngliche Göttervater Tyr

Tyr in der Unterwelt: der Schmied Wieland

Tyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 1

Tyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 2

Tyr in der Unterwelt: der Zwergenkönig

Der Himmelswächter Heimdall

Der Sommergott Baldur

Der Meeresgott: Ägir, Hler und Njörd

Der Eibengott Ullr

Die Zwillingsgötter Alcis

Der neue Göttervater Odin Teil 1

Der neue Göttervater Odin Teil 2

Der Fruchtbarkeitsgott Freyr

Der Chaos-Gott Loki

Der Donnergott Thor

Der Priestergott Hönir

Die Göttersöhne

Die unbekannteren Götter

Die Göttermutter Frigg

Die Liebesgöttin: Freya und Menglöd

Die Erdgöttinnen

Die Korngöttin Sif

Die Apfel-Göttin Idun

Die Hügelgrab-Jenseitsgöttin Hel

Die Meeres-Jenseitsgöttin Ran

Die unbekannteren Jenseitsgöttinnen

Die unbekannteren Göttinnen

Die Nornen

Die Walküren

Die Zwerge

Der Urriese Ymir

Die Riesen

Die Riesinnen

Mythologische Wesen

Mythologische Priester und Priesterinnen

Sigurd/Siegfried

Helden und Göttersöhne

Die Symbolik der Vögel und Insekten

Die Symbolik der Schlangen, Drachen und Ungeheuer

Die Symbolik der Herdentiere

Die Symbolik der Raubtiere

Die Symbolik der Wassertiere und sonstigen Tiere

Die Symbolik der Pflanzen

Die Symbolik der Farben

Die Symbolik der Zahlen

Die Symbolik von Sonne, Mond und Sternen

Das Jenseits

Seelenvogel, Utiseta und Einweihung

Wiederzeugung und Wiedergeburt

Elemente der Kosmologie

Der Weltenbaum

Die Symbolik der Himmelsrichtungen und der Jahreszeiten

Mythologische Motive

Der Tempel

Die Einrichtung des Tempels

Priesterin – Seherin – Zauberin – Hexe

Priester – Seher – Zauberer

Rituelle Kleidung und Schmuck

Skalden und Skaldinnen

Kriegerinnen und Ekstase-Krieger

Die Symbolik der Körperteile

Magie und Ritual

Gestaltwandlungen

Magische Waffen

Magische Werkzeuge und Gegenstände

Zaubersprüche

Göttermet

Zaubertränke

Träume, Omen und Orakel

Runen

Sozial-religiöse Rituale

Weisheiten und Sprichworte

Kenningar

Rätsel

Die vollständige Edda des Snorri Sturluson

Frühe Skaldenlieder

Mythologische Sagas

Hymnen an die germanischen Götter

Inhaltsverzeichnis

Freyr in der germanischen Überlieferung

Der Name „Freyr“

„Freyr“ in der altnordischen und in der germanischen Sprache

Zusammenfassung: Germanen

„Freyr“ in der indogermanischen Sprache

Zusammenfassung: Indogermanen

„Freyr“ in der nostratischen Sprache

Zusammenfassung: nostratische Sprache

„Freyr“ in der borealischen Sprache

Zusammenfassung: borealische Sprache

mit „Freyr“ gebildete Personennamen

Zusammenfassung

Freyr in Asgard

Skaldskaparmal

Asen-Heitis

Grimnir-Lied

Lokasenna

Merseburger Zaubersprüche

Das dritte Lied über Sigurd Fafnir-Töter

Nafna-Thulur

Zusammenfassung

Freyr der Wanen-Gott

Skaldskaparmal

Gylfis Vision

Skaldskaparmal

Skaldskaparmal

Strophe des Skalden Einarr

Heimskringla

Huldarsaga

Nerthus

Zusammenfassung

Freyr der Fruchtbarkeitsgott

Skaldskaparmal

Gylfis Vision

Die Kirchengeschichte des Adam von Bremen

Arinbjarnarkvida

Die Saga über Egil Skallagrimsson

altenglisches Runengedicht

Hakonarkvida

Statuetten des Freyr

Die Goldhörner von Gundestrup

Das Opfermoor von Niederdorla

Die skandinavischen Steinritzungen

Das erste Lied über Helgi Hunding-Töter

Die Saga über Bosi und Herraud

Zusammenfassung

Freyr und Freya

Lokasenna

Skaldskaparmal

Capitular Karls des Großen

Zusammenfassung

Freyr und Gerda

Skirnir-Lied

Gylfis Vision

Lokasenna

Hyndla-Lied

Gylfis Vision

Cormac-Saga

Zusammenfassung

Freyr und Gullinborsti

Gylfis Vision

Skaldskaparmal

Skaldskaparmal

Gylfis Vision

Odins Rabenzauber

Die Saga über Hakon den Guten

Gylfis Vision

Thulur

Die Saga über König Hrolf Kraki

Die Saga über Ragnar Lodenhose

Beowulf-Epos

Ein Eber-Helm der Angelsachsen

Ein früher Bildstein von Gotland

Späte Runensteine

Die Goldhörner von Gallehus

Eber-Kultgefäße

Kloster Freckenhorst

Zusammenfassung

Freyr und Skidbladnir

Grimnir-Lied

Gylfis Vision

Skaldskaparmal

Heimskringla

Zusammenfassung

Freyr und Beli

Gylfis Vision

Skaldskaparmal

Kalfsvisa

Rabenlied

Zusammenfassung

Freyr und der Jul-Eber

Das Lied über Helgi Hjorvard-Sohn

Die Saga über Hervor und König Heidrek den Weisen

Zusammenfassung

Freyr in den frühen Chroniken

Über Fornjot und seine Verwandten

Heimskringla

Heimskringla

Heimskringla

Heimskringla

Gesta danorum

Gesta danorum

Gesta danorum

Zusammenfassung

Freyrs Ring

Skaldskaparmal

Gesta danorum

Landnahme-Buch

Zusammenfassung

Yngvi

Der Name „Yngvi“

Plinius

Tacitus

Der Ring von Pietrossa

Haustlöng

Lokasenna

Ynglingatal

Haleygjatal

Der Zwerg Yngvi

mit „Yngvi“ gebildete Personennamen

Vergleich der mit „Yngvi“ und mit „Freyr“ gebildeten Personennamen

Zusammenfassung

Yngvi-Freyr, der Vater der Könige

Die Saga über Sturlaug den Mühen-Beladenen

Gesta danorum

Stanzas über Magnus Olafson in Danaveldi

Skaldskaparmal

Skaldskaparmal

Skaldskaparmal

Skaldskaparmal

Skaldskaparmal

Haustlöng

Islendinga-Buch

Die Geschichte Norwegens

Skjöldungen-Saga

Huldarsaga

altenglisches Runengedicht

Heimskringla-Prolog

Heimskringla

Heimskringla

Heimskringla

Heimskringla

Heimskringla

Heimskringla

Heimskringla

Das erste Lied über Helgi Hunding-Töter

Das andere Lied über Sigurd Fafnir-Töter

Edda-Prolog

Vers des Skalden Ottar der Schwarze

aa. Verse des Skalden Markus

ab. Zusammenfassung

Der Tod des Freyr

Ynglinga-Saga

Die Vision der Seherin

Gylfis Vision

Gesta danorum

Gesta danorum

Zusammenfassung

Kenningar

Zusammenfassung

Der Kult des Freyr: Der Tempel

Die Saga über Hedin und Högni

Die Saga über Kampf-Glum

Der Wandteppich von Skog

Runenstein von Gotland

Ögmundar Thattr Dytts

Landnahme-Buch

Huldarsaga

Huldarsaga

Die jüngere Version der Huldar-Saga

Hamburgische Kirchengeschichte

Ortsnamen

Zusammenfassung

Der Kult des Freyr: Priester und Priesterinnen

Gisli-Saga

Nials-Saga

Die Saga über Olaf den Ruhmreichen Tryggvason

Heimskringla

Heimskringla

Skirnir

Gisli-Saga

Die Völsi-Geschichte

Gesta danorum

Die Saga über Hrafnkell Freysgodi

Zusammenfassung

Der Kult des Freyr: Opferungen

Gisli-Saga

Die Saga über Hallfredr Ärger-Skalde

Die Saga über Kampf-Glum

Gesta danorum

Zusammenfassung

Der Kult des Freyr: Sonstiges

Inschrift auf einem Gold-Brakteat

Norwegisches Runen-Lied

Saga über Egil Skallagrimson

Gisli-Saga

Gisli-Saga

Die Saga über Hallfredr Ärger-Skalde

Die Saga über Olaf den Ruhmreichen Tryggvason

Galdrabok: magische Zeichen

Galdrabok: „Pfurz-Runen“

Zusammenfassung

Jakob Grimm: Deutsche Mythologie

Zusammenfassung

Zusammenfassung

Freyr in der indogermanischen Überlieferung

Freyr in der jungsteinzeitlichen Überlieferung

Freyr in der spät-altsteinzeitlichen Überlieferung

Freyr in der altsteinzeitlichen Überlieferung

Die Biographie des Freyr

Das Aussehen des Freyr

Zugänge zu Freyr

Hymnen an Freyr

Im Tempel des Freyr

Auf dem Weg zu Freyr

Der Tempel des Freyr

Die Statue des Freyr

Der Sonnen-Eber

Hymne an Freyr

Gespräch mit Freyr

Anrufung des Freyr

Traumreise zu Freyr

Freyr heute

Themenverzeichnis

I Freyr in der germanischen Überlieferung

Freyr war zwischen 500 n.Chr. und 1150 n.Chr. einer der drei wichtigsten Götter der Germanen, wie unter anderem die drei Statuen des Thor, des Odin und des Freyr in dem wichtigsten skandinavischen Tempel, der in Uppsala stand, zeigen.

1. Der Name „Freyr“

1. a) „Freyr“ in der altnordischen und in der germanische Sprache

Der Gottesname „Freyr“ bedeutete im Altnordischen „Herr“ im Sinne von „freier Mann“ oder „Fürst“. Dieser Name läßt sich bis in das Indogermanische und noch weiter zurückverfolgen.

Die Bedeutung „Herr“ für „Freyr“ findet sich in späterer Zeit nur noch in dem althochdeutschen Wort „fro“, das wie das heutige „Herr X“ als Anrede benutzt wurde.

Die germanische Wurzel dieses Wortes lautet „frawjaz“.

Im Altnordischen sind mit dem Namen „Freyr“ mehrere Worte verwandt:

Das wichtigste Wort in dieser Wortfamilie ist das altnordische Verb „frijan“, das „lieben“ bedeutet. Mit ihm ist das altnordische „frijaen“ für „lieben, freundlich behandeln, umwerben“ eng verwandt.

Dieses Wort findet sich auch im gotischen „frijaen“ („lieben, gern tun“), im altenglischen „fraegian“ („umarmen“) und im altenglischen „friogan“ („befreien, lieben, ehren“), im altschwedischen „friohon“ („lieben“), im mittelneudeutschen „vrien“ („freien, werben“) und im dem neuhochdeutschen, aber mittlerweile etwas altmodischen Ausdruck „freien“ („um die Hand einer Frau anhalten“).

Die germanische Wurzel dieser Worte ist „fri“ und bedeutet „lieben“.

Ein weiteres zu dem Verb „frijan“ („lieben“) gehörendes Wort ist das Substantiv „fraeja“, das „Liebe“ bedeutet. Dieses Wort konnte auch als Adjektiv für „lieb, frei, einem selber gehören, einem selber lieb sein“ benutzt werden.

Diesem Substantiv entsprechen u.a. gotisch „frijathwa“ („Liebe“) und altenglisch „fraeja“ („Liebe“).

Die germanische Wurzel dieser Worte ist „frijathwae“ und bedeutet „Liebe“.

Zu dem Verb „frijan“ („lieben“) gehört auch das altnordische Substantiv „fridill“, das den „Geliebten“ oder den „Gatten“ bezeichnet – im Idealfall waren also auch schon damals beide derselbe Mann …

Dieses Wort findet sich im gotischen „freidjan“ („schonen“), in den beiden gleichbedeutenden altfriesischen Worten „friddelf“ und „friedel“ („Geliebter, Gatte“), im altschwedischen „friuthil“ („Geliebter“), im mittelniederländischen „vredel“ („Geliebter, Freund, Gemahl“), im angelsächsischen „friuthil“ („Geliebter, Gatte“) sowie in der deutschen Sprache im althochdeutschen „friudil“ („Liebhaber, Geliebter, Freier, Buhle, Freund“), im mittelhochdeutschen „vriedel“ („Geliebter, Buhle, Bräutigam, Gatte“), im mittelneudeutschen „vredel“ („Geliebter, Freund, Gemahl“) und im frühneuhochdeutschen „Friedel“ („Buhle, Liebster“).

Anhand dieser Bedeutungen ist erkennbar, daß sich die Bedeutung „Geliebter“ allmählich auch auf „Freund“, also auf den „Geliebten, zu dem keine erotische Verbindung besteht“, erweitert hat.

Die germanische Wurzel dieser Worte ist „friudilaz“ und bedeutet „Geliebter“.

Die zu diesem Wort gehörende weibliche Form lautet „fridila“ oder „frilla“: die „Geliebte“.

Im Gotischen wurde daraus das Wort „frijaendi“ für „Freundin“. Im altenglischen findet sich dieses Wort als „freo“ für „Frau“.

Dieses Wort konnte auch die außereheliche Geliebte bezeichnen, was die Bedeutung des Wortes „fridla“ nachhaltig geprägt hat: „frillu-borin“ – „unehelich geboren“, „frillu-lifl“ – „Huren-Leben“ und „frillu-sonr“ – „unehelicher Sohn“. Daraus wurde dann die mittelalterliche Bezeichnung einer unverheirateten Frau mit einem Liebhaber als „Frille“. Dies mußte nicht unbedingt eine Nebenfrau sein; die Frille und deren Geliebter stammten oft aus der Unterschicht und besaßen nicht die finanziellen Mittel zur Gründung einer Familie. Nachdem die Kirche ihre Ansicht über Lebensführung und Familie durchgesetzt hatte, wurde das Wort „Frille“ ab ca. 1350 n.Chr. zur einer Bezeichnung für „Hure“. Als Schimpfwort ist es inzwischen weitgehend außer Gebrauch geraten.

Die germanische Wurzel dieser Worte unterschied bereits die „Geliebte“ („friudila“) von der „Frau, Gattin“ („frijae“).

Die Ähnlichkeit von „frijae“ mit „Freya“ ist nicht zu übersehen. Die männliche Form dieses Wortes ist „frijr“, d.h. „Freyr“. Freyr ist folglich der „Geliebte“ oder der „Liebhaber“.

Es hat sich schon früh ein von dem „Geliebten“ unterscheidbares Wort für „Freund“ gebildet, das „frijaend“ lautete und mit der Zeit über „fraenda“ zu „frindi“ verkürzt wurde. Solch ein „Freund“ ist sehr oft ein Verwandter – man liebte in der Regel seine Verwandte, vertraute ihnen von allen Menschen am meisten und hatte sie daher zum Freund. Das Schließen einer Freundschaft wurde oft durch das Ritual der Blutsbrüderschaft besiegelt, wodurch der Auserwählte zu einem Verwandten wurde, auf den man sich dann verlassen konnte. Die beiden bekanntesten Blutsbrüder aus der germanischen Mythologie sind sicherlich Odin und Loki.

Dieses Wort für „Freund“ findet sich im Gotischen als „frijaends“ („Freund“), im Altschwedischen als „friond“ („Freund, Liebhaber, Verwandter“), im Altfriesischen als „fruend“ („Blutsverwandter“), im Altnordfränkischen als „friund“ („Freund“), im Altschwedischen als „friund“ („Freund“), im Englischen als „friend“ („Freund“) sowie in der deutschen Sprache im Althochdeutschen als „friunt“ („Freund, Nächster, Verwandter, Schützling“), im Mittelhochdeutschen als „vriunt“ („Freund, Geliebter, Geliebte“), im Mittelneudeutschen als „vrent“ („Freund“) und im Neuhochdeutschen als „Freund, Freundin“.

Die zusammengesetzten altnordischen Worte, die mit „fraenda“ gebildet wurden, zeigen deutlich, was man damals mit einem „fraenda“ assoziierte bzw. was man von einem solchen erwartete bzw. nicht erwartete.

Das wichtigste war der Rückhalt in der Familie und in der Sippe, der mit „fraendaafli“ („Verbundenheit mit den Verwandten“) und mit „fraenda-styrkr“ („in den Verwandten Stärke finden“) bezeichnet wurde.

Aus diesen zusammengesetzten Substantiven kann man schließen, daß mit dem Gott Freyr auch die Assoziation des Rückhaltes wie von einem mächtigen und wohlwollenden Verwandten verbunden gewesen ist.

Die germanische Wurzel dieser Worte ist dieselbe wie für „Freya/Geliebte“ („frijae“) und für „Freyr/Geliebter“ („frijr“).

Die Mitglieder des eigenen Hauses waren eigenständig, d.h. frei – wenn man nicht durch einen Raubzug von anderen Germanen zu einem Leibeigenen geworden war. Daher waren die „Geliebten, Freunde und Verwandten“ auch freie Menschen. Das altnordische Wort „friols“ für „frei“ war daher eng mit dem Wort „frijan“ für „lieben“ verwandt. Aus dieser Blickwiese einer herrschenden Oberschicht heraus waren die Menschen, die man liebte, auch frei.

Mit diesem Adjektiv war das altnordische Verb „fria“ für „befreien“ verwandt.

Im Gotischen findet sich dieses Wort als „freis“ („frei“), im Altenglischen als „frio“ („frei, edel, froh“) und als „friolic“ („frei, freigeboren, edel, herrlich, vorzüglich“), im Altfriesischen als „fraelik“ („frei“) und als „fraeaia“ („befreien, frei machen, frei sprechen, einlösen“), im Altschwedischen als „fraeleak“ („frei, edel, liebreich, frei, unbehindert“), im Mittelniederländischen als „vri“ („frei,unabhängig“) sowie in der deutschen Sprache im Althochdeutschen als „frae“ und als „fraelaeh“ („frei, ungebunden“), im Mittelalthochdeutschen als „vrae“ („nicht gebunden, nicht gefangen, ledig, frei von etwas“), im Mittelhochdeutschen als „fraelich“ („frei, unbehindert“), im Mittelneuhochdeutschen als „vrae“ („frei, unabhängig), und im Neuhochdeutschen schließlich als „frei“ und als „freilich“ („freilich, frei, sicher, sicherlich“).

In diesen Bedeutungen zeigt sich deutlich, daß die „Freiheit“ das Privileg einer „edlen“ Oberschicht gewesen ist. Auch Freyr wird solch ein „edler, freier Mann“ gewesen sein.

Im Altnordischen wurden die „frjals“, also die Freien“ als der Gegenpol zu den unfreien Leibeigenen, den „thralls“ angesehen. Diese „Freien“ sind „frials-borinn“ („freigeboren“), besitzen daher die „frials-leikr“ („Freiheit“), können als „frials-ligr“ („freie, unabhängige“) Männer selbst entscheiden und verhalten sich „frialsmannligr“, d.h. so, wie es für freie Männer angemessen ist. Ein solcher freier Mann wurde „frials-lendingr“ genannt.

Die germanische Wurzel dieser Worte ist „frijaen“ und bedeutet „frei“.

Aus dem altnordischen „frouva“ für „Frau“ wurde über „vrouwe“ schließlich unser heutiges deutsches Wort „Frau“. Vermutlich ist dieses Wort eine Ableitung von „friols“ für „frei“ – vielleicht jedoch auch von „frijan“ für „lieben“.

Die germanische Wurzel dieses Wortes ist „fraewe“.

Ein weiteres Wort für „Frau, Ehefrau, Herrin“ ist „fru“ gewesen. Mit diesem Wort ist der Göttinnenname „Freya“ verwandt. Dieser Name leitet sich recht sicher von „friols“ für „frei“ ab.

Von dem Adjektiv „friols“ für „frei“ stammt auch das Substantiv „frelsi“ für „Freiheit“ und für „Befreiung“ ab. Die Freiheit ist neben der Ehre und der Verwandtschaft einer der wichtigsten Werte der Germanen gewesen.

Dieses Wort findet sich in den gotischen Worten „frijei“ und „freihals“ („Freiheit“), in den drei altenglischen Worten „friols“ („Freiheit, Vorrecht, Festtag“), „friod“ („Friede, Liebe, Freundschaft“) und „friodaem“ („Freiheit, Befreiung“), dem neuenglischen „freedom“ („Freiheit“), in den beiden altfriesischen Substantiven „fraehals“ („Freiheit“) und „fraedaem“ („Freiheit“), dem schwedischen „fraeja“ („Freiheit“), den beiden althochdeutschen Worten „fraehals“ („Freiheit, Befreiung“) und „fraetuom“ („Ermessen, freies Ermessen, Freiheit“), dem mittelhochdeutschen „vraetuom“ („Freiheit, Privileg“) und dem neuhochdeutschen „Freiheit“. In diesen Worten zeigt sich schon eine Verschiebung der Bedeutung „Freiheit“ hin zu „Herrschaft, Vorrecht“, die der Bedeutung „Herr“ des Götternamens „Freyr“ recht nahe kommt.

In der germanischen Sprache finden sich bereits mehrere Begriffe für „Freiheit“, die die Wurzeln der eben aufgezählten Begriffe in den verschiedenen vom Germanischen abstammenden Sprachen sind. Der genaue Unterschied zwischen diesen vier Begriffe für „Freiheit“ aus der germanischen Sprache läßt sich nicht mehr sicher feststellen, aber alleine schon ihre Anzahl zeigt die Wichtigkeit der Freiheit. Die folgende Unterscheidung zwischen diesen vier Substantiven ist nicht ganz sicher; lediglich der letzte dieser Begriffe läßt sich deutlich von den anderen drei unterscheiden: „frijae“ („Freiheit, Frei-sein“), „fraehals“ („der Zustand der Freiheit“), „frijadaemaz“ („Errungenschaft der Freiheit“) und „frijahaiduz“ („Freiheit, Privileg“).

Mit den Menschen, die zur eigenen Sippe gehören, die man daher liebt und mit denen man befreundet ist und die wie man selber frei sind, hält man Frieden, da sie den eigenen Rückhalt bilden. Daher leitet sich auch das altnordische Wort „fridar“ für „Frieden“ von dem Verb „frijan“ für „lieben“ ab.

Dieses Substantiv findet sich u.a. auch im niederländischen „vrede“ („Frieden“), im schwedischen „frid“ („Frieden“), im altenglischen „frid“ („Frieden“) sowie im althochdeutschen „fridu“ („Frieden“), im mittelhochdeutschen „vrede“ („Frieden“) und im neuhochdeutschen „Frieden“.

Im Vokabular der Wikinger finden sich eine große Zahl von Worten, die mit „Frieden“ gebildet worden sind. Trotz ihrer ausgeprägten Neigung zu Raubzügen, Kriegen und Rache haben offenbar auch die Wikinger den Frieden als etwas durchaus Erstrebenswertes angesehen.

Es gibt eine ganze Reihe von Worten, die alle „friedlich, friedfertig“ bedeuten: „frid-liga“, „frid-ligr“, „frid-gjarn“, „frid-drjugr“, „frid-samligr“ und „frid-samr“. Die „Friedfertigkeit“ selber hieß „frid-semd“ und man hatte durchaus eine Vorstellung von dem „Segen des Friedens“, den man „frid-saela“ nannte.

Man traf sich mit „friedfertigen Männern“, d.h. mit „Freunden“ („frid-madr“) bei „friedfertigen Treffen“ („fridar-fundr“, „fridar-stefna“) in einem „friedlichen Land“ bzw. einem „geschützten Rückzugsort“ („frid-land“). Dort sprach man „Worte des Friedens“ („frid-mal“) miteinander und wenn es einmal schwierig wurde, war zu hoffen, daß jemand als „Friedensstifter“ („frid-gjafi“; wörtlich: „Friedens-Geber“) die Sache wieder ins Lot brachte, was man damals als „Friedensworte zwischen die Männer tragen“ („bera frid-mal milli manna“) umschrieb.

In schweren Zeiten sehnte man sich nach der „Aussicht auf Frieden“ („frid-van“) und wünschte sich, daß sich die Zerstrittenen ein „Friedens-Versprechen“ („fridvaenn“) gaben. Dazu sandte man sich gegenseitig „Friedens-Briefe“ („frida-bref“) zu oder „bat um Frieden“ („frid-maelast“). Manchmal konnte man auch nichts anderes mehr tun, als sich den „Frieden zu erkaufen“ („frid-kaup“). Dann konnte der „Frieden wiederhergestellt werden“ („fridan“). Man tauschte „Friedenszeichen“ („fridarmark“) aus oder bat zumindestens zunächst einmal mithilfe eines „Waffenstillstands-Schildes“ („frid-skjöldr“) um Waffenruhe. Als Zeichen dafür, daß man „Frieden schließen“ („frid-bot“) wollte, schnürte man sein Schwert in der Schwertscheide mit einem „Friedensband“ („frid-bond“) fest – das nannte man „den Frieden binden“ („frid-benda“). Wenn alle der „Verlockung des Friedens“ („frid-gaelur“) folgten, setzte sich jeder auf einen „Stuhl des Friedens“ (frid-stoll“), beschloß einen „Friedensvertrag“ („fridar-görd“), der dann mit einem „Friedenskuß“ (Fridar-koss“) besiegelt wurde.

Wie die Erfahrung zeigt, wurden jedoch viele geschlossene Frieden irgendwann von einem „Friedensbrecher“ („frid-spilli“, „fridbrots-madr“) wieder gebrochen. Einen solchen „Friedensbruch“ nannte man „frid-brot“. Dann kam es dazu, daß alle wieder „das Friedensband abbanden“ („spretta frid-böndum“), mit dem das Schwert während des Friedens in seiner Scheide festgebunden war.

Das Wort „fridr“ bedeutete sowohl „allgemeiner Frieden“, „Sicherheit der persönlichen Unversehrtheit“ als auch Liebe – man sah Frieden offenbar als eine sehr persönliche und nicht als eine politische Angelegenheit an.

Der „Mangel an Frieden“ war zugleich eine „persönliche Unsicherheit“ („fridleysi“), die auch als Strafe für Menschen verhängt werden konnte, die der Gemeinschaft großen Schaden zugefügt hatten – sie waren dann „friedlos“ („frid-lauss“), d.h. vogelfrei, sodaß sie von jedem, der es wollte, straflos getötet werden konnten.

Manche Dinge wie z.B. die Tempel oder auch der Thing-Platz waren „geschützt“ („frid-heilagr“), d.h. an ihnen durfte nicht gekämpft oder Rache genommen werden – wie z.B. an dem Ort, an dem Hödur durch die List des Loki den Baldur tötete. Solche „geschützten Orte“, also „Friedensstätten“ („frid-stadr“) waren vor allen die Heiligtümer in den Tempeln. Dorthin konnte man bei einer Verfolgung fliehen und um „Asyl“ („frid-kastali“) bitten. Der „Frieden“ war offensichtlich auch eine Angelegenheit, die die Götter betraf.

Auch das deutsche „Friedhof“ ist ein solcher ummauerter und geschützter Bereich bei der Kirche.

Eine nicht ganz so Freyr-typische Ableitung von der in diesem Abschnitt betrachteten Wortwurzel ist „frina“ für „Kühnheit“. Sie ist möglicherweise erst in späterer Zeit entstanden, als man so gut wie alle Götter auch als kriegerische Wesen ansah.

Freyr scheint ein „Friedens-Fürst“ gewesen zu sein.

Die germanische Wurzel all dieser „Friedens-Worte“ ist „frithu“ und bedeutet „Frieden“. Es gab nicht nur den Frieden unter den Menschen, auch eine offene Rechnung konnte „Frieden finden“ – nämlich indem sie „bezahlt“ („frida“) wurde: Freyr war auch ein Gott des Wohlstandes …

Um Frieden zu haben, d.h. um sicher zu sein, war es sinnvoll, sein Langhaus durch Mauern zu schützen. Auch in diesem Zusammenhang fand das Wort „Frieden“ im Sinne von „einfrieden“, also „ummauern“, im Laufe der Zeit Verwendung: im altnordfränkischen „fraethof“ („Vorhof“), im altschwedischen „fraedhof“ („Vorhof“) und im mittelneudeutschen „vraethof“ („umfriedeter Hof“).

Denjenigen, mit dem man in Frieden lebte, schonte man. Das althochdeutsche Verb „fraetan“ bedeutete „verwöhnen, hegen, schonen“. Die altnordische Form dieses Verbes ist nicht bekannt, aber es ist anzunehmen, daß es sie gegeben hat.

Die germanische Wurzel dieser Worte ist „fraedjan“ und bedeutet „schonen, übriglassen“.

Vermutlich hat sich aus der Vorstellung der schützenden eigenen Sippe und der „großen Verwandten“ die Bedeutung „Ruhm“ des Wortes „fraegd“ gebildet. Das Adjektiv dazu, also „berühmt, ruhmreich“, lautet „fraegr“. Wenn eine Person ganz besonders ruhmreich, sozusagen „ruhmvoll“ war, nannte man sie „fraegdar-fullr“.

Dieser Ruhm war aber nicht nur ein nach außen strahlender Glanz, sondern auch ein innerer Wert, da „fraegi-ligr“ „vertrauenswürdig, ehrbar“ bedeutete.

Eine Variante des Wortes „fraegd“ für „Ruhm“ ist „fremd“ für „Förderung, Vorteil, Ruhm, Ehre“. In diesem Wort schwingen die praktischen Vorteile der Berühmtheit mit.

Eine weitere Variante des Wortes „fraegd“ ist „frigd“, das „Nachricht, Lob, Ruhm“ bedeutet. Das Verb dazu ist „frigja“ („loben, preisen“) und das entsprechende Adjektiv ist „frigr“ („berühmt“). Mit diesem Wort ist offensichtlich der Göttinnenname „Frigg“ verwandt.

Eine zweite Variante ist „frygd“ für „Freude, Herrlichkeit“.

Die germanische Wurzel dieser Worte ist „fregji“ und bedeutet „Berühmtheit, Bekanntheit“.

Mit dem Wort „fraegd“ für „Ruhm“ ist sehr eng das Wort „frod“ für „Weisheit“ verwandt. Man kann also vermuten, daß der „Ruhm“ nicht nur mit dem Schwert erworben wurde, sondern auch durch friedliche Verhaltensweisen und kluge Entscheidungen.

Das „Wissen“ und die „Information“ wurde „frod-leikr“ genannt. Wenn man dies Wissen besaß, war man „wissend, gelehrt und gut informiert“ („frodr“). Aufgrund dieses Wissens sollte man erwarten können, daß sich der Betreffende „vernünftig“ („frod-ligr“) verhält. Manche Menschen bleiben jedoch immer „unvernünftig oder sogar närrisch“ („eigi frodliga“). Es war jedoch auf jeden Fall vorzuziehen, „weise“ („frod-gedjadr“) und „von weisem Geist“ („frod-hugadr“) zu sein.

Man konnte die Weisheit in „lehrreichen Büchern“ („frodar boekr“) und in „Wissens-Büchern“ („froedi-boekr“) finden.

Wenn man eine „Liebe zum Wissen und zur Weisheit“ („froedi-fysi“) besaß und „lernen“ („froedi“) wollte, dann konnte man in „alten Schriften“ („i sumum froedum“) lesen oder sich einen „wissenden und weisen Mann, einen Gelehrten oder Historiker“ („froedi-madr“) suchen, der einem „Weisheit“ („frodr“) „lehrte“ („froeda“). Auf diese Weise konnte man „Wissen ansammeln“ („froedi-nam“) – und hoffentlich schließlich „weise“ („frod-gedjadr“) werden.

Wenn man in diesem Bestreben erfolgreich war, dann konnte es sein, daß man vielleicht den Beinamen „frodi“ erhielt, d.h. „der Weise“.

Die Weisheit hatte jedoch auch einen spirituell-magischen Aspekt, denn „frod-leikr“ bezeichnete auch die „Magie“ und die „Hexenkunst“ und „froedi“ war auch die Bezeichnung für „Zaubersprüche“. In diesem Sinne war „froedi“ identisch mit „galdr“, den Zaubergesängen. Ein weiser Mensch war somit meist auch ein Magier bzw. eine Seherin/Zauberin. Dies entspricht ganz der indogermanischen Tradition der „spirituellen Spezialisten“ wie der germanischen Goden, der keltischen Druiden, den indischen Brahmanen usw., die sowohl Gelehrte, Historiker und Sänger als auch Magier, Priester und Seher waren.

Die germanische Wurzel dieser Worte ist „fregi“ und bedeutet „Wissen“.

Es existiert auch ein Wort, das „Spuk, Geist“ bedeutete: „freykja“. Freyr scheint somit auch ein Gott der Ahnengeister gewesen zu sein.

Bei derartig vielen guten Eigenschaften, die diese Wortfamilie aufweist, konnte es nicht ausbleiben, daß sich aus dieser Wortwurzel auch eine Bezeichnung für „gut“ bildete: „fridandi“.

Die germanische Wurzel ist hier vermutlich das Adjektiv „fri“ für „lieben“.

Solche guten, weisen, friedlichen und freundschaftlich gesonnen Menschen konnte man eigentlich nur „verehren“ („frida“).

Dieses Wort ist eine Ableitung von dem Adjektiv „fridandi“ für „gut“.

Die Dinge und vor allem die Menschen, die gut und weise sind, die man liebt und mit denen man sich verwandt fühlt, stellen den erstrebenswerten Zustand schlechthin dar. Daher lag es nahe, von der Wortwurzel, die alle diese Eigenschaften beschreibt, auch die Bezeichnung für „Schönheit“ abzuleiten: „frid“.

Die Schönheit wird hier anscheinend als das, was gut ist und was man daher liebt, angesehen – eine ausgesprochen individuelle und auf die eigenen Bedürfnisse bezogene Auffassung von Schönheit. Man könnte auch sagen: Schön („fridr“) ist, was man haben will.

Die „Tätigkeit des Schmückens“, also das „verschönern“ wurde als „frae“ bezeichnet. Das Ergebnis dieser Tätigkeit, also das „rechte Maß“, die „Angemessenheit“, die „Zierde“ und der „Liebreiz“ wurden „fridindi“ genannt. Die „Schönheit eines Menschen“ nannte man „frid-leikr“.

Das Wort „fridr“ („schön“) hatte auch die Bedeutung „Bezahlung durch Münzen“ oder „Bezahlung durch Rinder“. Dieser Zusammenhang mit dem Finanzwesen fand sich auch schon bei der Verwendung von „frida“ für „bezahlt“, d.h. wörtlich „eine Rechnung, die in Frieden ist“. Diesen Zusammenhang könnte man ein wenig salopp als „das Geld ist die Schönheit die Händler“ zusammenfassen.

Die germanische Wurzel dieser Worte ist das Adjektiv „fraeda“ für „schön, hübsch, lieblich, erfreulich, froh sein“ sowie das davon abgeleitete Substantiv „fraedaz“ für „Schönheit“. An dem Bedeutungsspektrum des Adjektivs „fraeda“ kann man sehen, daß die Schönheit nicht nur die äußere Harmonie des Aussehens bezeichnete, sondern auch die innere Harmonie des Gemütes, die sich in der Freude zeigte.

Es wäre denkbar, daß man mit Freyr auch diese Harmonie und diese Freude assoziiert hat.

In dieser Wortfamilie gibt es auch eine Gruppe von Worten mit der Bedeutung „fruchtbar“: „fro-samr“. Der Zusammenhang mit der hier betrachteten „Wortfamilie des Freyr“ zeigt sich deutlich darin, daß „fro-samr“ sowohl „Fruchtbarkeit“ als auch „Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit“ bedeuten kann, da diese zweite Bedeutung eng mit dem Wort „frod“ für „Wissen, Weisheit“ zusammenhängt.

Das zentrale Wort in dieser Gruppe ist „frae“ für „Samen“. Dies könnte eine Weiterbildung von „fridill“ („Geliebter“) sein.

Wenn etwas „Samen“ („frae“) hat, ist es „fruchtbar“ („frjor“) und „gibt Früchte“ („fraer“). Dadurch entstehen schließlich „Samen“ und „Körner“ („fri“) sowie „Früchte“ („fruktr“) – es ist dann „voller Früchte“ („frjo-ligr“). Der wichtigste Samen war das „Korn des Getreides“ („frae-korn“).

Wie der Zusammenhang von „fro-samr“ („fruchtbar“) mit „Geliebter“ („fridill“) bereits vermuten läßt, findet sich in dieser Wortfamilie auch das Verb für „befruchten“, das im Sinne von „fruchtbar machen“ auch in der Landwirtschaft verwendet werden kann: „fraeva“. Das Wort „frjova“ hat zusätzlich zu „befruchten“ auch noch die Bedeutungen „fruchtbar sein“ und „vermehren“.

Mithilfe des Wortes „frae“ für „Samen“ konnte auch eine Bezeichnung für „Land, Boden, Erde“ gebildet werden: „fraen“. Dieses Wort bedeutete ursprünglich vermutlich „Saatgrund; Fläche für die Aussaat“.

Im Altschwedischen, das vom Altnordischen abstammt, hatte „froda“ die Bedeutung „Üppigkeit, Fruchtbarkeit“.

Es bestand folglich auch eine Verbindung von Freyr sowohl zu dem Zeugen des Nachwuchses bei Mensch und Tier als auch zu der Fruchtbarkeit in der Landwirtschaft.

Die germanische Wurzel dieser Worte ist wahrscheinlich dieselbe wie die von „lieben“: „frijan“.

Mit dem Verb „frjova“ für „befruchten“ ist eng das Substantiv „froeda“ für „Schaum, Sperma“ verwandt.

Die germanische Wurzel dieses Wortes ist „fruthan“ für „Schaum, Sperma“.

Das freundliche Wesen dieser Wortfamilie führte dazu, daß sich in ihr auch das Wort „fraea“ für „helfen“ bildete. Das Substantiv dazu lautet „frae“ („Hilfe, Erleichterung“).

1. b) Zusammenfassung: „Freyr“ in der altnordischen und in der germanischen Sprache

Wenn man alle Bedeutungen der Wortfamilie, zu der der Name „Freyr“ gehört, zusammenfaßt, ergibt sich ein erstes Bild des Gottes Freyr, das nicht auf seinen Mythen, sondern auf den sprachlichen Assoziationen der Germanen zu seinem Namen beruht.

Freyr ist der hilfsbereite Friedens-Fürst und der den Frieden liebende Beschützer der Menschen und ihrer Verwandten, also der Sippe. Er ist der Gott der Fruchtbarkeit, der Zeugungskraft und der Liebe und daher auch der Beschützer der Liebenden. Er ist auch der Gott der Ahnen. Er wird verehrt, weil er die Freiheit von denen erhält, die ihn verehren. Er ist der gute Gott der Weisheit, der Schönheit, der inneren und der äußeren Harmonie sowie des Wohlstandes. Für diese Qualitäten wird er weithin gerühmt.

1. c) „Freyr“ in der indogermanischen Sprache

Die Indogermanen haben zwischen 7.000 v.Chr. und 2.800 v.Chr. in der südrussischen Steppe nördlich des Schwarzen Meeres gelebt. Sie haben sich hauptsächlich von der Viehzucht ernährt.

Die indogermanische Wurzel der hier betrachteten Wortfamilie ist das Wort „per“ für „Haus“. Ein „priheh“ war bei den Indogermanen daher jemand, der zu dem eigenen Haus („per“), also zu dem eigenen Haushalt und somit zu der eigenen Sippe gehörte: ein Verwandter.

Diese Wortwurzel findet sich in verschiedenen indogermanischen Sprachen wieder wie z.B. im hethitischen „parna“ für „Haus“, im gotischen „frijon“ („Liebe“), im altkirchenslawischen „prijajo“ („beliebt sein“), in den beiden altindischen Worten „prijajate“ („befreundet sein“) und „priya“ („jemandem lieb sein; Ehefrau“), im altpersischen „frya“ („jemandem lieb sein“) und im altenglischen „frigan“ („Liebe, Freund“).

Schon bei den Indogermanen hat diese Bezeichnung für die „Verwandten“ auch schon die Bedeutung „Geliebter, Ehemann“ und „Geliebte, Ehefrau“ („priheh“) erhalten – diese Liebe zwischen den Menschen bezog sich anfangs offensichtlich vor allem auf den Sippenzusammenhalt.

Bereits bei den Indogermanen hat sich von diesem Wort die Nebenform „parikeh“ mit der Bedeutung „Nebenfrau, Hure“ gebildet. Davon leiten sich u.a. das mittelirische „airech“ („Nebenfrau“) und das altpersische „pairika“ („verführerische Dämonin“) ab.

Es gab bei der Wortfamilie um „priheh“ auch eine deutliche Assoziation zum Besitz, denn „prihos“ hatte sowohl die Bedeutung „das, was man liebt“ als auch „das eigene; das, was einem gehört“ – schließlich war das eigene Haus („per“) eines der wichtigsten Dinge, die man besitzen konnte.

Möglicherweise gab es bei dieser Wortfamilie auch schon eine Assoziation zu der Zeugung und der Fruchtbarkeit, da es auch das Wort „prehktos“ gegeben hat, daß „Anus, Genitalien“ bedeutet hat und sich im Altgriechischen als „proktos“ und im Armenischen als „erastank“ erhalten hat.

Es ist denkbar, daß es bei den Indogermanen auch schon erste Ansätze dazu gegeben hat, aus „priheh“ den Beinamen eines Gottes oder Ahnen bzw. einer Göttin zu machen. Das mythologische Motiv, mit dies im Zusammenhang gestanden haben wird, ist die Wiederzeugung, die der Wiedergeburt der Toten durch die Muttergöttin im Jenseits vorausging. Bei dieser Wiederzeugung war die Muttergöttin die Geliebte des Toten im Jenseits und er ihr Geliebter.

Dies könnte die Wurzel der beiden germanischen Götternamen „Freyr“ und „Freya“ sein. Mit Freyr ist u.a. Priapos, der griechische Gott der Zeugungskraft, der mit einem riesigen Penis dargestellt wird, verwandt.

Bei dem indogermanischen „priheh“ finden sich somit schon mehrere der Eigenschaften des germanischen Freyr: die enge Verwandtschafts-Bindung, die Liebe, der Geliebte, die Geliebte, die Zeugungskraft, die Fruchtbarkeit und der Besitz.

Die Assoziationen „Herr, Weisheit, Frieden, Freiheit und Ruhm“ scheinen somit Eigenschaften zu sein, die sich erst später im Charakter des „priheh-Freyr“ herausgebildet haben. Sie werden allerdings auch schon bei den frühen Indogermanen wichtige Qualitäten gewesen sein.

Vermutlich werden diese Eigenschaften umso mehr mit „priheh“ verbunden worden sein, umso mehr sich die Bedeutung des „priheh“ von „Geliebter“ und „Geliebter der Jenseitsgöttin“ hin zu „der von der Jenseitsgöttin geliebte Fürst“ verschoben hat – dabei wird der Fürst sowohl bei seiner Krönung (die im Wesentlichen eine Jenseitsreise gewesen ist) als auch während seiner Herrschaftszeit und natürlich auch bei seiner Bestattung der „Geliebte der Muttergöttin im Jenseits“ gewesen.

Sehr wahrscheinlich ist das indogermanische Substantiv „per“ für „Haus“ mit dem Substantiv „perg“ für „Balken“ verwandt. Dieses Wort findet sich im slawischen „porg“ für „Schwelle, Diele, Bank“ wieder und ebenso im baltischen „perga“ für „Aushöhlung“, im lithauischen „perga“ für „Einbaum“ und im lateinischen „pergula“ für „Vorbau, Hütte“.

1. d) Zusammenfassung: indogermanische Sprache

Die indogermanische Wurzel des Götternamens „Freyr“ ist das Substantiv „per“ für „Haus“, von dem sich die Worte für „Verwandter“, „Freund“, „Liebe“, „Genitalien“, „Zeugungskraft“ und „Hure“ ableiten.

Da sich der Gott Freyr bei den Griechen als „Priapos“ wiederfindet, ist anzunehmen, daß es schon bei den Indogermanen selber Ansätze zu der Entstehung eines „Gottes mit großem Penis“ gegeben hat, der die Fruchtbarkeit und evtl. auch die Wiederzeugung im Jenseits, die der Wiedergeburt vorausgeht, verkörpert hat.

1. e) „Freyr“ in der nostratischen Sprache

Die indogermanische Wurzel der Wortfamilie, zu der der Gottesname „Freyr“ gehört, ist das Wort „per“ für „Haus“. Dieses Wort ist möglicherweise schon sehr alt und könnte noch von den frühen nacheiszeitlichen Siedlern in Mesopotamien um ca. 10.000 v.Chr. stammen. Die Sprache dieser damaligen Menschen wird heute „Nostratisch“ genannt.

Zu den Nachkommen dieser frühen Siedler gehören u.a. die Indogermanen, die Ägypter, die Sumerer, die Elamiter in Südost-Mesopotamien, die Drawiden in Indien und die Semiten.

Das indogermansiche Wort „per“ findet sich mit derselben Bedeutung auch im Altägyptischen. „Per“ bedeutet „Haus“. Der Titel „Pharao“ lautet im Ägyptischen „per-aa“ und hat wörtlich übersetzt die Bedeutung „Großes Haus“ im Sinne von „Regierungssitz“ – in derselben Weise wie man auch heute vom „Kreml“ oder vom „Weißen Haus“ spricht.

Im Sumerischen finden sich die Worte „pu“ für „Teil eines Gebäudes“, „papah“ für „Raum, Tempelraum“, „piriggunu“ für „Stein“, „puhrum“ für „Versammlung“ und „par, parshita“ für „Kanal“. Vermutlich sind auch sie mit dem ägyptisch-indogermanischen „per“ verwandt.

Auch in der drawidischen Sprache in Indien findet sich dieses Wort: „por“ für „Haus, Dach“, „paz“ für „Tempel, heiliger Bezirk“, „par“ für „Spaten“ und „porne“ für „Gefäß, Kiste“. Damit ist auch das tamilische (indische) „pazi“ für „Tempel, Stadt“ verwandt.

Im Nostratischen hieß das Wort für „Haus“ wahrscheinlich „puru“.

1. f) Zusammenfassung: nostratische Sprache

Das indogermanische „per“ für „Haus“ stammt von dem nostratischen „puru“ für „Haus“ ab, das sich auch im Ägyptischen und im Drawidischen sowie mit der Bedeutung „Raum, Tempel, Teil eines Gebäudes“ auch im Sumerischen findet.

1. g) „Freyr“ in der borealischen Sprache

Die borealische Sprache wurde in der späten Altsteinzeit von dem vor 50.000 Jahren von Afrika aus in Eurasien eingewanderten Homo sapiens gesprochen. Das Borealische ist auch Wurzel des Nostratischen (Mesopotamien), von dem das Indogermanische der nördliche Zweig ist. Die vielen Sprachen, die in Europa, Asien, Amerika und Australien gesprochen werden, stammen alle von diesem Borealischen ab.

Die borealische Wurzel des nostratischen „per“ für „Haus“ ist das Substantiv „paru“ für „Balken“. Davon leiten sich das finnische „purnu“ für „Kiste“, das finnische „pört“ für „Stube, Wohnhaus“, das saamische (lappländische) „puor'na“ für „Steinkiste, Häuschen“, das votyakische (westrussische) „berno“ für „Holzgefäß“, das altaische (sibirische) „paran“ für „Platz für die Hütte“, das zyrische (westsibirische) „burna“ für „Holzgefäß“, das mongolische „haranga“ für „Balkon, Veranda, Plattform, Hütte“ und das japanische „Pari“ für „Querbalken“ ab.

Die borealische Wurzel des Substantivs „per“ kann nicht „Haus“ sein, da es erst seit der Jungsteinzeit Häuser gibt. Stattdessen findet sich die Bedeutung „Querbalken“, da man für den Hausbau als wesentliches Element die Querbalken für das Dach benötigt. Ursprünglich könnte das borealische „paru“ daher in etwa „Stamm, Ast, behauener Stamm“ (den man für den Bau der Hütten aus Ästen und Fellen benutzt hat) bedeutet haben.

Evtl. wurden auch die Totempfähle mit diesem Wort bezeichnet.

1. h) Zusammenfassung: borealische Sprache

Der altnordische Göttername „Freyr“ geht über das indogermanische „per“ für „Haus“ und weiter über das nostratische „puru“ für „Haus“ auf das borealische „paru“ für „Querbalken“ zurück.

2. mit „Freyr“ gebildete Personennamen

Die Personennamen, die mit dem Gottesnamen „Freyr“ gebildet wurden, haben vor allem kultische Bedeutungen und entsprechen von ihrem Charakter her der Wortfamilie um „Freyr“.

Der „Bär des Freyr“ könnte die Stärke des Freyr ausdrücken. Das „Pferd des Freyr“ könnte das Pferd als ein dem Eber entsprechendes Heiliges Tier des Freyr sein. Von den Balten, also den indogermanischen Nachbarn der Germanen im Südosten, ist bekannt, daß sie in ihrem Haupttempel auf Rügen einen ihrem Göttervater Svantevit geweihten Schimmel hielten, dessen Bewegungen als Grundlage für Orakel genommen wurde. Dieses Pferde-Orakel auf Rügen war in Nordeuropa fast genauso berühmt wie das Orakel von Delphi in Südeuropa. Möglicherweise lag auch dem „Pferd des Freyr“ ein solches Orakel zugrunde – aber das ist nur eine Hypothese.

Der Insel-Freyr könnte Freyr auf der Jenseits-Insel gewesen sein. Vor allem die Insel Hlesey hatte in den Sagen der Germanen diese Jenseits-Symbolik.

2. a) Zusammenfassung

Freyr wurde auch als König angesehen (Fröytikr, Friobaudis). Es hat Tempel des Freyr (Freygardur), Priester des Freyr (Freivid, Freygyd) und Opfersteine des Freyr (Freysteinn) gegeben.

Manche Jungen und Mädchen waren durch ihre Namensgebung dem Freyr geweiht, seinem Schutz unterstellt oder ihm als Priester bzw. Priesterinnen versprochen (Männer: Freyr, Freyvid; Frauen: Freydis, Freylaug, Freyleif, Friagabi).

Die vielen aus dem Kult stammenden Personennamen des Freyr zeigen, daß er vor allem ein Kult-Gott gewesen ist, d.h. daß man ihn um die vielen guten Dinge gebeten hat, die er repräsentiert hat: Liebe, Fruchtbarkeit, Frieden, Freiheit, Weisheit …

Es gab auch einige mit „Freyr“ gebildete Kriegernamen (Freymundur, Freybjörn, Fröger, Freythor, Freymar, Freymodur), die möglicherweise aus jüngerer Zeit stammen, da sie nicht zu dem übrigen Charakter des Freyr passen.

3. Freyr in Asgard

Freyr ist in der germanischen Überlieferung einer der wichtigsten Götter, so daß über ihn relativ viel bekannt ist.

3. a) Skaldskaparmal

Freyr ist einer der zwölf Asen:

Da kamen die Asen zu ihrem Gelage und zwölf der Asen, die da zu Richtern bestellt waren, setzten sich auf ihre Hochsitze. Dies sind ihre Namen: Thor, Niörd, Freyr, Tyr, Heimdall, Bragi, Widar, Wali, Ullr, Hönir, Forseti, Loki.

3. b) Asen-Heitis

In einer Strophe von einem unbekannten Skalden werden die Namen der zwölf Asen plus Loki, den Verursacher des Chaos, aufgezählt:

Ich werde euch

die Asen-Heitis sagen:

Dies sind Yggr und Thor

und Yngvi-Freyr,

Vidar und Baldur,

Vali und Heimdall,

das sind Tyr und Njörd,

weiterhin Bragi,

Hödur, Forseti,

und schließlich ist da noch Loki.

3. c) Grimnir-Lied

Wie fast alle Götter und Göttinnen besitzt auch Freyr eine Halle, d.h. ein Langhaus in Asgard:

Alfheim gaben dem Freyr die Götter im Anfang

Der Zeiten als Zahngeschenk.

Der Name „Alfenheim“ des Wohnhauses des Freyr zeigt, daß Freyr eng mit den Alfen verbunden gewesen ist.

Diese Alfen waren die Toten im Jenseits. Ihr Namen bedeutet „die Weißen“ bzw. „die Leuchtenden“. Dieses Wort ist u.a. mit lateinisch „alba“ für „weiß“ verwandt. Mit diesen „weißen Geistern“ sind vermutlich die milchigweiß leuchtenden Schemen der Totengeister gemeint. Diese Art der hellsichtigen Wahrnehmung der Toten („Gespenster“) ist weltweit ausgesprochen einheitlich.

Zu diesem Wesenszug des Freyr paßt es, daß von seinem Namen das Wort „freykja“ für „Spuk, Geist“ abgeleitet worden ist. Diese „frekja“ werden mit den „Alfen“ identisch sein, nach denen die Halle des Freyr benannt worden ist.

Daraus ergibt sich, daß Freyr möglicherweise einmal eine noch wichtigere Rolle gespielt hat, einen Bezug zu den Toten („Alfen“) im Jenseits hatte und eine Verbindung zwischen ihm und dem ehemaligen Göttervater Tyr bestanden hat.

Ein „Zahngeschenk“ ist ein Geschenk, da man einem Kind gab, wenn sein erster Zahn zu sehen war. Ein solcher Saal wäre ein sehr nobles Zahngeschenk.

3. d) Lokasenna

Der ehemalige Göttervater Tyr singt in der Lokasenna ein Loblied auf Freyr, in dem er ihn als den Besten der Götter, als einen Beschützer der Frauen und als einen Helfer in der Not beschreibt. Dies paßt gut zu den sprachlichen Assoziationen der Germanen zu dem Namen „Freyr“, die diesen Gott als einen Spender der Liebe, des Friedens und der Fruchtbarkeit erscheinen lassen.

Tyr:

„Freyr ist der beste von allen, die Bifröst

Trägt zu der hohen Halle:

Keine Maid betrübt er, keines Mannes Weib,

Einen jeden nimmt er aus Nöten.“

3. e) Merseburger Zaubersprüche

In dem zweiten Merseburger Zauberspruch erscheint ein Gott, der den Namen „Phôl“ trägt. Es wäre denkbar, daß es sich dabei um Freyr handelt. Es wird allerdings nichts weiteres über ihn gesagt, als daß er zusammen mit Odin und Baldur in den Wald ritt und daß er die Göttinnen Sinthgunt (eine Kriegsgöttin), Sunna („Sonne“), Freya und Volla (Friggs Dienerin Fulla) kennt.

Solche Götterdreiheiten wie hier Odin, Baldur und Phol/Freyr waren bei den Germanen sehr beliebt. Sie stellten die drei Stände dar. Da Odin der Krieger/Fürst ist und Freyr der Bauer/Handwerker, bliebe für Baldur der Priester/Heiler übrig, was durchaus zu seinen Mythen paßt, die von der Jenseitsreise geprägt sind.

Die Gleichsetzung von Phol mit Freyr ist jedoch unsicher.

Phol und Wodan begaben sich in den Wald;

Da wurde der Fuß des Fohlens des Balder verrenkt.

Da besprach ihn Sinthgunt, die Schwester der Sunna,

Da besprach ihn Frija, die Schwester der Volla,

Da besprach ihn Wodan, wie er es wohl konnte:

So Beinrenkung, so Blutrenkung,

so Gliedrenkung –

Bein zu Bein, Blut zu Blut,

Glied zu Glied, als wenn sie geleimt wären.

3. f) Das dritte Lied über Sigurd Fafnir-Töter

In den Liedern und Sagas der Germanen wird der Name „Freyr“ einige Male in Kenningarn verwendet, ohne daß ein engerer Zusammenhang mit dem Gott erkennbar ist. So wird z.B. Sigurd/Siegfried wird bei seiner Ermordung in seinem Bett neben seiner Frau Gudrun „Freyrs Freund“ genannt – vermutlich lediglich wegen dem Stabreim in dieser Kenning, der dem Dichter an dieser Stelle gut in den Vers paßte …

„Freund des Freyr“ bedeutet hier sehr unspezifisch „Mann, Krieger“.

Gudrun, die Gute, lag schlafend

An Sigurds Seite sorgenlos.

Ihr Erwachen war ohne Wonne:

Sie floß in dem Blut des Freyr-Freundes.

3. g) Nafna-Thulur

In den Namenslisten am Ende der Skaldskaparmal werden siebzehn Söhne des Odin aufgezählt. Diese Liste beginnt damit, daß Buri als Vater des Odin genannt wird.

Odins Söhne

Burir erzeugte Odin;

Baldur und Meili,

Widar und Nepr,

Vali, Ali,

Thor und Hildolfr

Hermodr, Sigi,

Skjöldr, Yngvi-Freyr

und Itreksjod,

Heimdall, Saemingr,

Hödr und Bragi.

3. h) Zusammenfassung

Freyr ist einer der zwölf Asen in Asgard. Seine Halle, die er möglicherweise um 500 n.Chr von Tyr übernommen hat, heißt „Alfheim“. Freyr ist der beste und der friedlichste der Asen, der keine Frau betrübt und allen Menschen aus der Not hilft.

Freyr wurde auch als Sohn des Odin angesehen, was jedoch eine relativ späte Systematisierung der Götter in einer Sippe mit Odin als Oberhaupt sein wird – auf jeden Fall nach 500 n.Chr., da Odin bei den Nordgermanen zuvor nicht bekannt gewesen ist.

Freyr ist möglicherweise mit Phol identisch.

4. Freyr der Wanen-Gott

Bei den germanischen Göttern wurden die Asen und die Wanen unterschieden. Zu den Wanen zählen Niörd und seine Schwester, deren Kinder Freyr und Freya sind. Wahrscheinlich ist auch Kwasir, der aus dem Met, den die Asen und Wanen bei ihrem Friedensschluß mithilfe ihres Speichels gebraut haben, ein Wane.

Das Wort „Vanir“ bedeutet „Glänzende“ und ist daher dem Wort „Alfen“ („Weiße, Leuchtende“) ausgesprochen ähnlich. Da Freyr in der Halle „Alfenheim“ wohnt, kann man davon ausgehen, daß die Wanen und die Alben und wohl auch die „freykja“ („Spuk, Geister“) ursprünglich einmal dieselben Gruppe von Wesen sein werden – die leuchtenden Totengeister in dem Muspelheim-Jenseits des Göttervaters Tyr im südlichen Himmel.

Aus dem Göttervater und Schwertgott Tyr in dem heißen südlichen Himmel wurde schließlich der Feuerriese Surtur, während aus den strahlenden Totengeister die Alfen und die Wanen wurden.

4. a) Skaldskaparmal

Wie soll man Freyr umschreiben? So: indem man ihn Sohn des Niörd nennt, Bruder der Freya, Wanen-Gott, Verwandter der Wanen und Wane …

4. b) Gylfis Vision

Niörd in Noatun zeugte seitdem zwei Kinder. Der Sohn hieß Freyr und die Tochter Freyja. Sie waren schön von Antlitz und mächtig. Freyr ist der trefflichste unter den Asen. Er herrscht über Regen und Sonnenschein und das Wachstum der Erde und ihn soll man anrufen um Fruchtbarkeit und Frieden.

4. c) Skaldskaparmal

„Wie soll man Niörd umschreiben?“

„Indem man ihn Gott der Wanen, … Vater des Freyr und der Freya, … nennt.“

4. d) Skaldskaparmal

„Wie soll man Freya umschreiben?“

„So: Indem man sie Tochter des Niörd, Schwester des Freyr, … nennt.“

4. e) Strophe des Skalden Einarr

Den Edelstein, Freyrs Nichte,

trägt sie auf dem Tränen-Schneesturm

der Stirne ihrer Mutter.

4. f) Heimskringla

In dieser mythologisch-historischen Weltgeschichte des Snorri Sturluson wird am ausführlichsten über die Wanen berichtet. In ihr sind fast alle mythologischen Motive in historische Begebenheiten umgedeutet worden.

Das Land östlich des Tanakvisl in Asien wurden Asenland oder Asenheim genannt und die Hauptstadt dieses Landes wurde Asgard genannt.

„Tanakvisl“ ist der Fluß Don, der in das Schwarze Meer mündet. Die Asen wurden damals als „Asiaten“gedeutet und auf Troja in der West-Türkei zurückgeführt.

In dieser Stadt lebte ein Fürst, der Odin genannt wurde, und in ihr wurden viele Opfer dargebracht.

Odin wird hier als König von Troja aufgefaßt.

Offenbar bildete das Opfern einen wesentlichen Bestandteil des Kultes der Germanen.

Es war dort Brauch, daß zwölf Tempelpriester sowohl die Opferungen durchführten als auch die Streitigkeiten des Volkes richteten. Diese wurden Diar oder Drotner genannt und alle Menschen dienten und gehorchten ihnen.

Ein „Diar“ war ein Priester des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr. Der Name „Diar“ ist eng verwandt mit „Tyr“ und bedeutet wie „Tyr“ in etwa „der Scheinende“. Dieser Priestertitel stammt offenbar noch aus der Zeit, in der Odin Tyr noch nicht als obersten Gott der Nordgermanen abgelöst hatte.

Der Titel „drotner“, „drottnar“ oder „drottin,“ bedeutete „Herr“ oder „Herrscher“. Diese Bezeichnung leitet sich von dem Wort „Drott“ für „Volk, Haushalt, Leibwache“ ab.

Die hier beschriebene Stellung der Priester entspricht der Stellung der Priester bei den anderen indogermanischen Völkern – sie waren zugleich Priester, Richter, Heiler, Sänger, Historiker, Gelehrte und noch einiges mehr.

Odin war ein großer und sehr weit gereister Krieger, der viele Königreiche erobert hatte und so erfolgreich war, daß er in jeder Schlacht den Sieg auf seiner Seite hatte. Sein Volk glaubte, daß er in jeder Schlacht den Sieg erringen werde.

… … …

Odin war der Sohn des Bor Buri-Sohn, der der Häuptling der Türken war. Er zog mit den Diar aus Asgard aus und gelangte nach Odinsey auf Führen.

„Asgard“ wird hier als „Asiaten-Stadt“, d.h. als Troja aufgefaßt. Die „Türken“ sind die Bewohner von Troja.

Von dort aus schickte er die Gefjun nach Schweden, welche von König Gylfi für Odin Seeland erhielt.

Da Odin hörte, daß hier die kürzlich verstorbene Jörd verehrt wurde, gab er sie für seine erste Frau und den Thor für ihrer beider Sohn aus und sicherte sich dadurch größeres Ansehen.

Dies ist wieder eine historische Umdeutung der Mythe, in der Odin zusammen mit der Riesin Jörd den Thor zeugt.

Die Gefjun gab er seinem Sohn Skjoldr zur Frau und überließ ihnen Seeland. Er selbst aber ging zu Gylfi hinüber und erbaute sich dort das alte Sigtunir, während Njörd, der Sohn des Türkenhäuptlings Ingi, sich Noatun und dessen Sohn Freyr sich Uppsalir baute.

Mit „hinüber“ ist Dänemark gemeint. Normalerweise ist „Ingi“ („Yngvi“) ein Beiname des Freyr und nicht der Vater des Niörd.

Freyr wurde in Uppsala in Schweden verehrt.

Njördr hatte die Skadi zur Frau, eine Tochter des Riesen Thjassi (=Tyr), die sich aber aus Liebe zu den Bergen von ihm trennte. Sie heiratete Odin, mit dem sie viele Söhne gewann, deren ältester Sämingr war.

Diesen wies Odin, weil er vermöge seiner Weissagungsgabe voraussah, daß er sich nach seinem Tode in Schweden nicht gegen Njördr und Freyr würde halten können, nach Norwegen hinüber, wo er sich in Drontheim niederließ.

… … …

Odin zog mit einem großen Heer zu den Leuten aus dem Wanen-Land, aber sie waren gut vorbereitet und verteidigten ihr Land; daher war der Sieg wechselhaft und sie verwüsteten gegenseitig ihre Länder und verursachten große Schäden.

Schließlich waren beide dieses Kampfes müde und beide Seiten trafen sich, um einen Frieden auszuhandeln, einen Waffenstillstand zu vereinbaren und Geiseln auszutauschen. Das Wanenland sandte seinen besten Mann: Njörd den Reichen und seinen Sohn Freyr.

Die Leute des Asenlandes sandten einen Mann, der Hone genannt wurde und den sie für einen sehr fähigen Häuptling hielten, da er ein sehr kräftiger und stattlicher Mann war, und mit ihm sandten sie einen Mann von großer Weisheit, den sie Mime nannten. Auf der anderen Seite sandten die Wanenland-Leute den weisesten Mann aus ihrer Gemeinschaft, der Kvase genannt wurde.

„Hone“ ist der Ase Hönir, der die Verkörperung der Priester ist und auch selber rituelle Handlungen ausführt.

„Mime“ ist der Tyr-Riese Mimir, also Tyr in der Unterwelt.

„Kvase“ ist Kwasir, der personifizierte Göttermet.

Nun, als Hone nach Wanenheim kam, wurde er sofort zu einem Häuptling ernannt, und Mime kam jederzeit mit gutem Rat zu ihm. Wenn Hone jedoch in den Thing-Treffen oder in anderen Versammlungen stand und Mime nicht in seiner Nähe war und ihm irgendeine schwierige Angelegenheit vorgelegt wurde, antwortete er immer auf dieselbe Weise: „Laßt nun andere ihren Rat geben.“

Daher bekamen die Wanenland-Leute den Verdacht, daß sie bei dem Austausch von Männern betrogen worden seien. Deshalb ergriffen sie Mine, enthaupteten ihn und sandten seinen Kopf zu den Asenland-Leuten.

Odin nahm den Kopf, rieb ihn mit Kräuter ein, damit er nicht verweste und sang Zauberlieder über ihn. Dadurch gab Odin Mimes Haupt die Macht, daß er zu ihm sprach und ihm viele Geheimnisse erzählte.

Das Einbalsamieren des Kopfes des Mimir durch Odin, damit dieser über den Kopf des Mimir dann weiterhin Kontakt zu dem Tyr-Riesen haben konnte, geht auf eine Tradition zurück, die bis in den Ahnenkult der frühen Jungsteinzeit zurückreicht und auch bei den Indogermanen eine reiche Tradition hat.

Odins Verhalten wird den Germanen daher nicht allzu seltsam vorgekommen sein und sie werden möglicherweise diesen alten Bestattungsbrauch, bei dem man das Haupt des Toten vom Rumpf trennte und aufbewahrte, evtl. noch aus Erzählungen gekannt haben. Diese Totenköpfe der eigenen Eltern frug man dann in Krisenzeiten um Rat und lauschte innerlich auf die Antwort.

Tyr-Mimir ist als ehemaliger Sonnengott-Göttervater der Vorgänger des Odin, der Tyr-Mimir wie einen Vater bei Schwierigkeiten um Rat frug.

Der Name „Mimir“ könnte sich aus der im Ynglingatal beschriebenen Szene erklären: Wenn Tyr-Mimir ein „sprechender Toter“ ist, kennt er auch die Vergangenheit, d.h. Mimir ist das, was sein Name bezeichnet: die Erinnerung.

Die zwischen den Asen und den Wanen ausgetauschten Personen sind von ihrer Stellung her sehr interessant, da sie jeweils einen Priester-Zauberer sowie eine weise Person, die mit dem Göttermet assoziiert wurde, austauschten:

der Geiseltausch zwischen Asen und Wanen

Geiseltausch

Priester

Symbol der Weisheit und des Göttermets

Asen bei den Wanen

Hönir

Mimir

Wanen bei den Asen

Njörd und seine Kinder Freyr, Freya

Kvasir

Diese Gleichheit der zwischen den Asen und den Wanen ausgetauschten Geiseln zeigt noch einmal, daß Mimir aus einem rituell-priesterlichen Zusammenhang stammt und daß seine Verbindung mit dem Göttermet eine seiner zentralen Eigenschaften ist.