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Eine Auslegung zum Propheten Jesaja Band 1: Kapitel 1-35 Der erste Band bietet eine gründliche und gut verständliche Auslegung über die ersten 35 Kapitel des Propheten Jesaja. Neben dem prophetischen Ausblick bietet dieses Buch auch zahlreiche praktische Anwendungen. Band 2: Kapitel 36 - 66 Im vorliegenden zweiten Band der Auslegung wird zunächst die Geschichte des Königs Hiskia behandelt, die die damalige Zeit mit Prophezeiungen über die Zukunft verbindet (Kapitel 36-39). Im zweiten Hauptteil des Buches Jesaja (Kapitel 40-66) steht die Person des Erlösers, des wahren Knechtes des HERRN, im Mittelpunkt. Er wird Sein irdisches Volk Israel durch große Trübsale zur Buße führen, um es schließlich im Tausendjährigen Reich vollkommen zu segnen.
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Seitenzahl: 4349
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AREND REMMERS
DER HERR IST RETTUNG
EINE AUSLEGUNG ZUM PROPHETEN JESAJA 1–66
BAND 1 & BAND 2
Christliche Schriftenverbreitung
Postfach 1001 53, 42490 Hückeswagen
© 2003 by Christliche Schriftenverbreitung, 42490 Hückeswagen
© 2007 by Christliche Schriftenverbreitung, 42490 Hückeswagen
Umschlaggestaltung: Eberhard Platte, Wuppertal
ISBN 3-89287-180-9
ISBN 978-3-89287-181-1
Inhaltsverzeichnis
Geschichtlicher Hintergrund
Zur Auslegung des Buches Jesaja
Die Einheit des Buches Jesaja
1.1. Juda und Jerusalem (Kapitel 1–12)
Gottes Anklage gegen Juda und Jerusalem
Die Klage des HERRN (Kapitel 1,1–8)
Ein schwaches Echo (Kapitel 1,9)
Abscheulicher Gottesdienst (Kapitel 1,10–15)
Ein Appell an Herz und Gewissen (Kapitel 1,16–20)
Das Läuterungsgericht (Kapitel 1,21–31)
Ein Blick in die Zukunft
Die Herrschaft des HERRN (Kapitel 2,1–4)
Der Zustand des Volkes (Kapitel 2,5–9)
Der Tag des HERRN (Kapitel 2,10–22)
Gericht und Herrlichkeit Zions
Die Sünden der Führer und des Volkes (Kap. 3,1–15)
Die Sünden und das Elend der Frauen (Kap. 3,16–4,1)
Künftige Heiligung und Segnung des Volkes (Kap. 4,2–6)
Der HERR richtet Sein Volk
Das Lied vom Weinberg (Kapitel 5,1–7)
Das sechsmalige „Wehe“ (Kapitel 5,8–23)
Die Zuchtrute Gottes (Kapitel 5,24–30)
Jesajas schwerer Auftrag
Jesaja sieht den HERRN der Heerscharen (Kap. 6,1–7)
Der Auftrag Gottes (Kapitel 6,8–13)
Drangsal und Verheißung
Die Drangsal (Kapitel 7,1–9)
Die Verheißung (Kapitel 7,10–16)
Das Land wird verwüstet (Kapitel 7,17–25)
Der Angriff der Assyrer
Gericht über Damaskus und Samaria (Kap. 8,1–4)
Der Assyrer im Land Immanuels (Kapitel 8,5–10)
Der Überrest (Kapitel 8,11–20)
Drangsal und Finsternis (Kapitel 8,21–22)
Hoffnung und Warnung für Israel
Das Licht des Heils (Kapitel 8,23–9,7)
Die ausgestreckte Hand des HERRN (Kap. 9,8–10,4)
Assyrien, die Zuchtrute Gottes
Der Assyrer
Geschichte
Prophetie
Der Angriff des Assyrers (Kapitel 10,5–11)
Das Gericht über den Assyrer (Kapitel 10,12–19)
„Schear-Jaschub“ (Kapitel 10,20–27)
Das Ende des Assyrers (Kapitel 10,28–34)
Das Tausendjährige Reich
Der Spross (Kapitel 11,1–2)
Seine Herrschaft (Kapitel 11,3–5)
Das Reich des Friedens (Kapitel 11,6–10)
Israels Sammlung (Kapitel 11,11–16)
Lobgesang (Kapitel 12,1–6)
1.2. Zehn Aussprüche über die Nationen (Kapitel 13–23)
Aussprüche über Babel und Philistäa
Babel und Babylon
Babel im Alten Testament
Die vier Weltreiche
Babylon im Neuen Testament
Gott ruft zum Gericht über Babel (Kapitel 13,1–8)
Der Tag der Zornglut des HERRN (Kapitel 13,9–16)
Die Meder erobern Babel (Kapitel 13,17–22)
Erbarmen mit Jakob (Kapitel 14,1–2)
Gericht über den König von Babel (Kapitel 14,3–23)
Assyrien geschlagen (Kapitel 14,24–27)
Ausspruch über Philistäa (Kapitel 14,28–32)
Ausspruch über Moab
Die Moabiter
Gericht über Moab (Kapitel 15,1–9)
Moab und Juda (Kapitel 16,1–5)
Moabs Hochmut bestraft (Kapitel 16,6–14)
Ausspruch über Damaskus
Damaskus und Ephraim (Kapitel 17,1–3)
Der Überrest der zehn Stämme (Kapitel 17,4–11)
Das Getümmel der Völker (Kapitel 17,12–14)
Israels Rückkehr
Eine unheilige Allianz (Kapitel 18,1–2)
Ein Signal (Kapitel 18,3–4)
Gericht (Kapitel 18,5–6)
Ein Geschenk (Kapitel 18,7)
Ausspruch über Ägypten
Gericht über Ägypten (Kapitel 19,1–15)
Ägypten und das Volk Gottes (Kapitel 19,16–25)
Vertrauen auf Ägypten ist Torheit (Kapitel 20,1–6)
Aussprüche über die Wüste des Meeres, Duma
Gericht über Babel (Kapitel 21,1–10)
Gericht über Edom (Kapitel 21,11–12)
Gericht über Arabien (Kapitel 21,13–17)
Ausspruch über das Tal der Gesichte
Jerusalem gefallen (Kapitel 22,1–14)
Schebna und Eljakim (Kapitel 22,15–25)
Ausspruch über Tyrus
Gericht über Tyrus (Kapitel 23,1–7)
Der HERR richtet (Kapitel 23,8–14)
Wiederherstellung von Tyrus (Kap. 23,15–18)
1.3. Die Vollendung (Kapitel 24–27)
Gericht über die ganze Schöpfung
Das Volk Gottes (Kapitel 24,1–12)
Die Erde (Kapitel 24,13–20)
Der HERR regiert (Kapitel 24,21–23)
Das Loblied Israels
Ein Loblied (Kapitel 25,1–5)
Gott ist Sieger (Kapitel 25,6–12)
Das Rettungslied Judas
Gottes Treue und Gnade (Kapitel 26,1–6)
Erfahrungen im Gericht (Kapitel 26,7–21)
Strafe und Rettung
Satans Macht gebrochen (Kapitel 27,1)
Der erneuerte Weinberg (Kapitel 27,2–5)
Israel und seine Feinde (Kapitel 27,6–11)
Israels Rückführung (Kapitel 27,12–13)
1.4. Das sechsfache „Wehe“ (Kapitel 28–33)
„Wehe“ über Ephraim
Gottes Warnung (Kapitel 28,1–13)
Ein Bund mit dem Tod (Kapitel 28,14–22)
Ein Vergleich (Kapitel 28,23–29)
„Wehe“ über Jerusalem und über die Verächter Gottes
Letzter Angriff und Ende des Assyrers (Kap. 29,1–8)
Geistliche Blindheit (Kapitel 29,9–14)
„Wehe“ über das Volk (Kapitel 29,15–16)
Verheißung der Umkehr (Kapitel 29,17–24)
„Wehe“ über den Bund mit Ägypten
Widerspenstige Kinder (Kapitel 30,1–18)
Die Begnadigung Zions (Kapitel 30,19–26)
Der Untergang Assyriens (Kapitel 30,27–33)
„Wehe“ über das Vertrauen auf Menschen
Keine Hilfe von Ägypten (Kapitel 31,1–3)
Der HERR und der Assyrer (Kapitel 31,4–9)
Ausblick auf das Friedensreich
Die gerechte Regierung Christi (Kapitel 32,1–8)
Eine Warnung (Kapitel 32,9–14)
Der Segen des Millenniums (Kapitel 32,15–20)
„Wehe“ über Assyrien
Der Verwüster wird verwüstet (Kapitel 33,1–13)
Ein Blick in das Millennium (Kapitel 33,14–24)
1.5. Gericht und Segen (Kapitel 34–35)
Gericht über Edom und seine Verbündeten
Edom
Edom wird ausgelöscht (Kapitel 34,1–17)
Der Segen des Friedensreiches
Das Land Israel im Tausendjährigen Reich (Kap. 35,1–7)
Das Volk Israel im Tausendjährigen Reich (Kap. 35,8–10)
2. Historische Parenthese: Hiskia und Jesaja (Kapitel 36–39)
Angriff und Niederlage Assyriens (Kapitel 36–37)
Die Herausforderung des Rabsake (Kapitel 36,1–20)
Angriffe gegen Hiskia
Verführung des Volkes
Die Antwort (Kapitel 36,21–37,7)
Hiskias Reaktion
Die Botschaft Gottes
Der Brief Sanheribs (Kapitel 37,8–13)
Erneute Drohungen
Die Antwort Gottes (Kapitel 37,14–38)
Hiskias Gebet
Die Botschaft Jesajas
Sanheribs Ende
Hiskias Krankheit und Genesung (Kapitel 38)
Tod und Leben (Kapitel 38,1–8)
Das Urteil
Die Gnade
Das Lied Hiskias (Kapitel 38,9–22)
Hiskias Klage
Hiskias Dank
Hiskias Versagen und die Ankündigung des Gerichts (Kapitel 39)
Die Gesandtschaft von Babel (Kapitel 39,1. 2)
Die Ankündigung Jesajas (Kapitel 39,3–8)
3. Zweiter Hauptteil: Innere Entwicklung Israels (Kap. 40–66)
3.1. Der HERR erhört Sein Volk (Kapitel 40–48)
Trost für Israel (Kapitel 40)
Die Gnade Gottes (Kapitel 40,1–11)
Elia
Die Erscheinung Christi
Der Mensch und das Wort Gottes
Das Kommen des Messias
Die Größe Gottes (Kapitel 40,12–31)
Seine Erhabenheit
Seine Unvergleichlichkeit
Seine Fürsorge für Israel
Israel, der auserwählte Knecht des HERRN (Kapitel 41)
Der HERR und die Nationen (Kapitel 41,1–7)
Der HERR und Sein Volk Israel (Kapitel 41,8–20)
„Fürchte dich nicht“
Gericht
Segen
Der HERR und die nichtigen Götzen (Kapitel 41,21–29)
Das Urteil
Gottes Handlungsweise
Der wahre Knecht des HERRN und Sein Volk (Kapitel 42)
Der Auserwählte des HERRN (Kapitel 42,1–4)
Sein Auftrag (Kapitel 42,5–9)
Gottes Triumph (Kapitel 42,10–17)
„Ein neues Lied“
Gott schreitet ein
Israels Blindheit (Kapitel 42,18–25)
Gottes Vergebung (Kapitel 43)
Verheißung der Rückkehr Israels (Kapitel 43,1–7)
Israel als Zeuge Gottes (Kapitel 43,8–13)
Neues sprosst auf (Kapitel 43,14–21)
Gottes Gnade ist unverdient (Kapitel 43,22–28)
Der HERR ermutigt Sein Volk (Kapitel 44)
Gottes Verheißung (Kapitel 44,1–8)
Verspottung des Götzendienstes (Kapitel 44,9–20)
Erlösung (Kapitel 44,21–28)
Der HERR verkündigt Errettung (Kapitel 45)
Kores als Werkzeug Gottes (Kapitel 45,1–7)
Gottes Souveränität (Kapitel 45,8–13)
Der Erretter Israels und der Welt (Kapitel 45,14–25)
Der Fall Babels (Kapitel 46 und 47)
Die Ohnmacht der Götzen und die Allmacht Gottes (Kapitel 46,1–13)
Der Untergang Babels (Kapitel 47,1–15)
Gottes Liebe zu einem abtrünnigen Volk (Kapitel 48)
Unverdiente Gnade (Kapitel 48,1–11)
Die Erlösung (Kapitel 48,12–22)
3.2. Verwerfung u. Leiden des Knechtes d. HERRN (Kap. 49–57)
Der Knecht des HERRN (Kapitel 49–50)
Der verworfene Knecht als „Licht der Nationen“ (Kapitel 49,1–6)
Der verworfene Knecht als „Bund des Volkes“ (Kapitel 49,7–13)
Der HERR bringt Sein Volk zurück (Kapitel 49,14–26)
Gottes Macht zur Errettung (Kapitel 50,1–3)
Der abhängige Knecht des HERRN (Kapitel 50,4–9)
Ein Appell an die Juden (Kapitel 50,10–11)
Die Erweckung des Überrestes (Kapitel 51,1–52,12)
Ermunterung des Überrestes (Kapitel 51,1–3)
Ankündigung der Errettung (Kapitel 51,4–6)
Trost für das Volk Gottes (Kapitel 51,7.8)
Gebet und Zuspruch (Kapitel 51,9–16)
Die Befreiung Jerusalems (Kapitel 51,17–23)
Der HERR in Zion (Kapitel 52,1–10)
„Geht hinaus!“ (Kapitel 52,11.12)
„Er aber hat die Sünden vieler getragen“ (Kapitel 52,13–53,12)
Erhöhung des Knechtes des HERRN (Kapitel 52,13–15)
Leiden und Verachtung des Knechtes (Kapitel 53,1–3)
Buße und Umkehr des Volkes (Kapitel 53,4–6)
Das Lamm Gottes (Kapitel 53,7–9)
Gottes Ratschluss (Kapitel 53,10–12)
Jerusalems Zukunft (Kapitel 54)
Israels Wiederherstellung (Kapitel 54,1–10)
Exkurs: Der neue Bund
Frieden und Gerechtigkeit (Kapitel 54,11–17)
Gnade für alle Menschen (Kapitel 55)
Die Einladung (Kapitel 55,1–3)
Christus, der Herrscher (Kapitel 55,4–5)
Die Umkehr zu Gott (Kapitel 55,6–13)
Verworfene werden angenommen (Kap 56)
Gottesfürchtiger Wandel (Kapitel 56,1–8)
Die Bosheit der Führer (Kapitel 56,9–12)
Der traurige Zustand Israels (Kapitel 57)
Erneuter Götzendienst in der Endzeit (Kapitel 57,1–14)
Zusage der Vergebung (Kapitel 57,15–21)
3.3. Wiederherstellung u. Herrlichkeit Israels (Kap. 58–66)
Anklage gegen Juda (Kapitel 58)
Heuchlerischer Gottesdienst (Kapitel 58,1–5)
Wahrer Gottesdienst und seine Folgen (Kapitel 58,6–14)
Umkehr und Erlösung (Kapitel 59)
Judas Sünden (Kapitel 59,1–8)
Judas Bekenntnis (Kapitel 59,9–15)
Judas Erlösung (Kapitel 59,16–21)
Die Herrlichkeit Zions im Friedensreich (Kapitel 60)
Die Herrlichkeit des HERRN (Kapitel 60,1–7)
Zion als Mittelpunkt (Kapitel 60,8–14)
Segen für Zion (Kapitel 60,15–22)
Exkurs: Zion u. das neue Jerusalem in Offenbarung 21
Der Messias und Sein Volk (Kapitel 61)
Der Dienst des Messias (Kapitel 61,1–3)
Israels Segnungen (Kapitel 61,4–9)
Israels Loblied (Kapitel 61,10.11)
Zions Herrlichkeit (Kapitel 62,1–63,6)
Nie mehr verlassen (Kapitel 62,1–5)
Wächter Jerusalems (Kapitel 62,6–9)
Der Weg wird gebahnt (Kapitel 62,10–12)
Gericht in Edom (Kapitel 63,1–6)
Gebet (Kapitel 63,7–64,11)
Gedenken an frühere Rettungen (Kapitel 63,7–14)
Flehen um Erweisung der Macht Gottes (Kap. 63,15–64,4)
Bekenntnis und Flehen um Vergebung (Kapitel 64,5–11)
Exkurs: Die geschichtliche Einordnung des Gebetes
Gottes Antwort (Kapitel 65–66)
Gottes Gnade (Kapitel 65,1 und 2)
Gericht über die Abtrünnigen (Kapitel 65,3–7)
Der Überrest und das abgefallene Volk (Kapitel 65,8–16)
Die erneuerte Schöpfung (Kapitel 65,17–25)
Die Heiligkeit des HERRN (Kapitel 66,1–6)
Der HERR nimmt Sein Volk an (Kapitel 66,7–14)
Gericht über alles Fleisch (Kapitel 66,15–17)
Macht und Herrlichkeit des HERRN (Kapitel 66,18–24)
Stichwortverzeichnis
Bibelstellenverzeichnis
Einleitung
Geschichtlicher Hintergrund
Jesaja („Jehova/Jahwe ist Rettung“), der Sohn des Amoz, war nach alter jüdischer Überlieferung der Sohn eines Bruders von König Amazja. Jesaja hatte relativ freien Zugang zum Königshof in Jerusalem (Jes 7,3; 38,1; 39,3). Er war verheiratet und hatte zwei Söhne; der eine hieß Schear-Ja-schub (hebr. „ein Überrest wird umkehren“), der andere Maher-Schalal-Chasch-Bas (hebr. „Der Raub eilt, die Beute kommt bald“).
Seine Prophetie richtet sich im Wesentlichen an das Zweistämmereich Juda und dessen Hauptstadt Jerusalem im Süden des Landes Kanaan. Das Volk Israel war bereits seit dem Regierungsantritt Rehabeams in zwei Reiche geteilt, und das Zehnstämmereich im Norden wurde wegen seines Götzendienstes während der „Dienstzeit“ Jesajas im Jahr 721 v. Chr. in die assyrische Gefangenschaft geführt. Die Könige von Juda, während deren Regierungszeiten Jesaja seinen Dienst ausübte, waren Ussija oder Asarja, der ca. 791–740 v. Chr. regierte, Jotham (ca. 750–732 oder 751–735), Ahas (ca. 742–726 oder 735–716) und Jehiskia oder Hiskia (ca. 726–697 oder 716–687). Die Regierungszeiten dieser Könige überschneiden sich teilweise.
Zwar war im Reich Juda der Abfall von Gott noch nicht so weit fortgeschritten wie in Israel, weil hier noch treue Könige wie Josaphat, Jotham und Hiskia regierten, doch es gab auch viel Böses. Ussija handelte auf der Höhe seiner Macht treulos gegen Gott, und Ahas trieb denselben Götzendienst wie die Könige von Israel. Jesaja lebte und wirkte also in einer schweren Zeit. Von außen wurde das Reich Juda von Edom, Syrien und den Philistern bedrängt. Auch die gottlosen Könige des Nordreiches verbündeten sich mit Syrien und griffen Juda immer wieder an (2. Kön 15,37; 16,5–6; 2. Chr 28,5–6). Anstatt auf den HERRN zu vertrauen, suchten die Könige von Juda Beistand bei Assyrien (2. Kön 16,7; 2. Chr 28,16), ohne dadurch wirkliche Hilfe zu erlangen (2. Chr 28,20; 32,1). Jesaja erlebte, wie das Nordreich sich mit Ägypten gegen Assyrien verbündete und schließlich doch besiegt wurde und 721 v. Chr. in die assyrische Gefangenschaft kam (2. Kön 17).
Als Juda unter Hiskia von der Großmacht Assyrien bedroht wurde, kam der HERR ihnen zu Hilfe (2. Kön 18,7; 2. Chr 32). Aber kurz danach musste Jesaja die Verbindung zu der anderen Großmacht Babel verurteilen und die ca. 100 Jahre später eintretende babylonische Gefangenschaft des Zweistämmereiches Juda ankündigen (2. Kön 18,7; 20,12–19).
Zur Auslegung des Buches Jesaja
Die Themen der Weissagungen Jesajas sind vor allem das irdische Volk Gottes, die damaligen Großmächte Assyrien, Babel und Ägypten, aber auch die kleineren Völker der Umgebung.
Doch damit sind Inhalt und Umfang der Prophetie des Buches Jesaja keineswegs erschöpft. Sein Hauptgegenstand ist der Messias, der von Gott gesandte König Israels, ja, der ganzen Welt, der Herr Jesus. Jesaja nennt Seine Geburt von einer Jungfrau (Kap. 7,14), die Tatsache, dass Er Gottes Sohn ist (Kap. 9,5), Sein Leiden und Sterben für sündige, verlorene Menschen (Kap. 53), Seine Erscheinung zum Gericht am „Tag des HERRN“ (Kap. 13,6.9), vor allem aber Seine segensreiche Herrschaft im Tausendjährigen Reich (Kap. 9,1–7; 11,1–10; 32,1 usw.). Der Herr Jesus sagt selbst, dass die Schriften von Ihm zeugen, und Petrus bestätigt, dass die Propheten des Alten Testaments durch den Heiligen Geist von den Leiden und der Herrlichkeit des Christus zeugten (Joh 5,39; 1. Pet 1,10.11). Christus ist also der Hauptgegenstand der Weissagung Jesajas.
Daraus ergibt sich, dass diese Prophezeiungen nicht auf damals unmittelbar bevorstehende Ereignisse eingeengt werden können, sondern dass Völker wie Assyrien in der Zukunft nochmals eine Rolle spielen werden1. Die damaligen Geschehnisse sind teilweise nur „Vor-Erfüllungen“ oder Beispiele von prophetischen Ereignissen, die auch jetzt noch bevorstehen! Die Aussagen Jesajas gehen manchmal weit über die damaligen „Vor-Erfüllungen“ hinaus, wie zum Beispiel der häufig vorkommende Ausdruck „an jenem Tag“ zeigt, der auf das zukünftige Kommen des Herrn Jesus als König zum Gericht über die Nationen und zur Aufrichtung Seines Reiches hinweist2.
Eine Grundvoraussetzung für das Verständnis der biblischen Prophetie ist die Tatsache, dass Israel, das irdische Volk Gottes, eine herrliche Zukunft auf der Erde haben wird, nachdem es zuvor durch tiefe Drangsale gegangen sein wird. Nach fast 2000 Jahren ist es jetzt wieder – wenn auch noch im Unglauben – in das von Gott verheißene Land zurückgekehrt. Nach der Entrückung der Versammlung (Gemeinde) Gottes wird Gott sich ihm jedoch wieder in Gnade, aber auch in Gericht zuwenden, bis alle Weissagungen über dieses Volk in Erfüllung gehen und es unter der Herrschaft seines bislang verworfenen Königs, des Herrn Jesus, den vollen Segen Gottes genießen wird (vgl. Röm 11,25. 26).
Die so genannte „Vergeistlichungs-Theorie“, die besagt, dass Israel als Volk keine Zukunft mehr hat und alle Vorhersagen sich auf die Kirche in der Gnadenzeit beziehen, übersieht vollkommen, dass Gott Seine unbereubaren Zusagen an Sein irdisches Volk Israel voll und ganz zur Erfüllung bringen wird (Röm 11,29). Darüber hinaus wird übersehen, dass die Versammlung (Ekklesia) Gottes in der Zeit des Alten Testaments ein verborgenes Geheimnis war, das erst durch den Heiligen Geist im Neuen Testament offenbart worden ist (Röm 16,25–27; 1. Kor 2,6. 7; Eph 3,1–12; Kol 1,27). Das bedeutet, dass im Alten Testament keine prophetische Aussage über die Versammlung enthalten ist! Alle Weissagungen über Israel müssen daher auf dieses Volk bezogen werden und gelten nicht für die Versammlung.
Damit soll jedoch nicht gesagt werden, dass die prophetischen Bücher des Alten wie des Neuen Testaments uns nichts zu sagen hätten und nicht praktisch auf die gegenwärtige Zeit angewandt werden könnten. Im Gegenteil, auch dieser Teil der Heiligen Schrift soll uns zur Ermunterung und Ermahnung dienen, denn „alles, was zuvor geschrieben worden ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben“ (Röm 15,4).
1.1. Juda und Jerusalem(Kapitel 1–12)
Gemäß dem Grundsatz Gottes, dass Sein Gericht bei Seinem Haus beginnt, werden auch im Buch des Propheten Jesaja die Ankündigungen der Gerichte über Sein Volk denjenigen über die Nationen vorangestellt (vgl. Hes 9,6; 1. Pet 4,17). Die ersten zwölf Kapitel dieses Buches zeigen uns daher die Beziehungen und die Wege Gottes mit Seinem irdischen Volk Israel, aber auch Sein Ziel: die Offenbarung des Messias in Herrlichkeit. Der Abschnitt endet mit einem Loblied.
Gottes Anklage gegen Juda und Jerusalem
Die Klage des HERRN(1,1–8)
Nach den einführenden Worten über die Person des Propheten und seine zeitliche Einordnung beginnt sofort in Vers 2 die Beschreibung dessen, was Gott Jesaja, dem Sohn des Amoz, in prophetischer Schau zu sehen gegeben hat. Zunächst spricht er jedoch noch nicht zu ihnen, sondern von ihnen. Wie einst Mose (5. Mo 32,1) ruft er Himmel und Erde zu Zeugen der Worte des HERRN (Jehova oder Jahwe) an, der die Angehörigen Seines Volkes als Kinder betrachtet, die Er erzogen hat, von denen Er jetzt aber feststellen muss, dass sie von Ihm abgefallen sind. Schon am Anfang seiner Geschichte hatte der HERR das Volk Seinen „erstgeborenen Sohn“ genannt, und die Kinder Israel betrachteten Ihn als Vater (2. Mo 4,22; vgl. Mal 1,6; 2,10), obwohl sie das Kindschaftsverhältnis, das auf den Glauben an den Herrn Jesus gegründet ist (Joh 1,12), noch nicht kannten.
Welch wehmütige Klage Gottes über Sein Volk enthalten die Worte in Vers 3: „Ein Ochse kennt seinen Besitzer und ein Esel die Krippe seines Herrn; Israel hat keine Erkenntnis, mein Volk hat kein Verständnis“! Sie benahmen sich schlimmer als Tiere, die zumindest ihren Besitzer und die Krippe ihres Herrn kennen.
Obgleich im ersten Vers Juda und Jerusalem als Adressaten der Prophetie Jesajas genannt werden, hat Gott doch immer Sein ganzes Volk Israel vor Augen. So auch hier. Auch geistlich gesinnte Menschen des Alten Testaments wie Elia und Esra verloren nie die Einheit des Volkes Israel aus den Augen, und sogar im Neuen Testament sprechen Paulus und Jakobus von „unserem zwölfstämmigen Volk“ und „den zwölf Stämmen“ (1. Kön 18,31; Esra 8,35; Apg 26,7; Jak 1,1). Wie viel mehr brauchen wir eine solche Sichtweise in unserer Zeit, wo die Glieder des einen Leibes Christi, der ja eine viel innigere Einheit darstellt, nicht nur wie Israel durch zwei, sondern durch zahllose christliche Gruppierungen getrennt sind!
Gottes Urteil kommt in dem Weheruf über Sein Volk in Vers 4 zum Ausdruck, dem die vierfache Beschreibung seines Zustandes folgt. Aus einer heiligen Nation (2. Mo 19,6 war eine sündige Nation geworden, anstatt Seines Eigentumsvolkes (5. Mo 14,2) waren sie ein Volk, beladen mit Ungerechtigkeit; aus dem Samen Abrahams, Isaaks und Jakobs war ein Same der Übeltäter geworden, und die Kinder des HERRN (5. Mo 14,1) waren verderbt handelnde Kinder geworden! Drei Handlungsweisen kennzeichneten außerdem ihr Verhalten: Sie hatten den HERRN verlassen, sie hatten den Heiligen Israels verschmäht und sie waren rückwärts gewichen. Die Worte und das Gesetz Gottes galten ihnen nichts mehr.
Der Titel „Heiliger Israels“ ist charakteristisch für das Buch Jesaja. Er kommt hier 25 Mal vor, darüber hinaus jedoch nur an wenigen Stellen.1 Mag das Volk sich auch mehr und mehr verunreinigen, Er bleibt sich treu, denn Er kann sich selbst nicht verleugnen, und Seine unmittelbare Umgebung gibt beständig Zeugnis von Seiner unveränderlichen Heiligkeit (vgl. Jes 6,3; Off 4,8).
Obwohl Gott besonders den König Ahas und das Volk wegen ihrer Treulosigkeit gedemütigt hatte, hatte dieser es mit seinem Abfall von Gott und seinem Götzendienst umso ärger getrieben (2. Chr 28,5.8.17–22). Warum sollte Gott Sein Volk dann noch mehr züchtigen, wenn es in seinem Abfall doch immer weiterging (Vers 5)?
Die „Diagnose“ des beschämenden Zustandes folgt in den Versen 5–7. Juda wird hier mit einem Menschen verglichen, der an Kopf und Herz krank ist und von der Fußsohle bis zum Scheitel keine gesunde Stelle mehr aufweist. Mit dem „Haupt“ ist hier wohl der König gemeint.
Die „Wunden und Striemen und frischen Schläge“, die nicht liebevoll und fachgerecht (nach damaliger Kenntnis, vgl. Lk 10,34) behandelt wurden, waren die Folgen der verheerenden Angriffe der Feinde Judas. Ihr Land war verwüstet, ihre Städte waren zerstört, und der Ertrag ihrer Felder wurde von Fremden geerntet und verzehrt. Die Feinde hatten sozusagen alles auf den Kopf gestellt. Der HERR hatte dies zugelassen, um Sein geliebtes Volk zu züchtigen und zur Umkehr zu bewegen. Doch es war vergeblich gewesen.
Einzig Jerusalem war bislang einigermaßen verschont geblieben, die Stadt, die hier mit dem Namen der von David eroberten Bergfestung „Zion“ benannt wird, der in ganz besonderer Weise an die Liebe Gottes zu ihr erinnert (2. Sam 5,7; Ps 2,6; 9,12.15). Doch das einst als „fest in sich geschlossene Stadt“ besungene Jerusalem, wo die „Throne zum Gericht, die Throne des Hauses Davids“ standen (Ps 122,5), wird jetzt mit einer Hütte im Weinberg und einer Nachthütte im Gurkenfeld verglichen, diesen notdürftigen Unterkünften, in denen die Landleute bei Tag und Nacht saßen und aufpassten, dass Tiere oder Fremde sich nicht über ihre kostbare Ernte hermachten (vgl. Hi 27,18). Wenn Jerusalem auch noch nicht der Belagerung durch die Assyrer ausgesetzt war, so konnte es doch angesichts der immer weiter um sich greifenden Zerstörung der Umgebung mit einer „belagerten Stadt“ verglichen werden (Vers 8).
Wie wiederholen sich doch die Entwicklungen! Können wir die Beschreibung, die Juda betrifft, nicht auch auf die heutige Christenheit, ja, selbst auf den Zustand der wahren Gläubigen anwenden? Bewusster Abfall von Gott ist schrecklicher als die Verfinsterung derer, die Gott nie gekannt haben. Schon Petrus schrieb warnend: „Denn es wäre besser für sie, den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt zu haben, als, nachdem sie ihn erkannt haben, sich abzuwenden von dem ihnen überlieferten heiligen Gebot. Es ist ihnen aber nach dem wahren Sprichwort ergangen: Der Hund kehrte um zu seinem eigenen Gespei und die gewaschene Sau zum Wälzen im Kot“ (2. Pet 2,21f.).
Ein schwaches Echo(Kapitel 1,9)
Die niederschmetternde Diagnose Gottes ruft ein schwaches, doch von wahrem Glauben getragenes Echo in Herz und Mund eines Überrestes hervor, der sich nicht seiner eigenen Treue rühmt, sondern alles der Barmherzigkeit Gottes zuschreibt: „Wenn der HERR der Heerscharen uns nicht einen kleinen Überrest gelassen hätte, wie Sodom wären wir, Gomorra gleich geworden.“ Wie mag diese Reaktion das Herz Gottes erfreut haben! Als sich Jahrhunderte später einige, die den HERRN fürchteten, miteinander unterredeten, merkte Er auf, und ein Gedenkbuch wurde geschrieben für die, die Ihn fürchten und Seinen Namen achten (Mal 3,16). Und auch heute noch durchlaufen Seine Augen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf Ihn gerichtet ist (2. Chr 16,9)! In der Zukunft wird dieser Vers, den Paulus in seiner „Abhandlung“ über Israel in Römer 9–11 zitiert, eine nochmalige, dann aber endgültige Erfüllung finden (Röm 9,29).
Die Sünden Sodoms und Gomorras werden an verschiedenen Stellen des Wortes Gottes genannt, ebenso wie das wohl bekannte Ende dieser gottlosen Städte unter dem schonungslosen Gericht Gottes (1. Mo 13,13; 19,23–25; Hes 16,49; Jud 7). Beides steht dem schwachen Überrest vor Augen, der mit Schaudern daran denkt, sich aber zugleich glaubensvoll in die Arme des mächtigen HERRN der Heerscharen (hebr. Jahwe Zebaoth) wirft.
Abscheulicher Gottesdienst(Kapitel 1,10–15)
Erst jetzt richtet Gott sich direkt an die verantwortlichen Vorsteher und das Volk, und zwar mit einem Appell, Sein Wort zu hören und auf Sein Gesetz zu achten. Wie schrecklich klingen aus Seinem Mund die Namen Sodom und Gomorra im Zusammenhang mit den Führern und Bewohnern Judas! Auch in der Zeit der Drangsal und der beiden treuen Zeugen Gottes wird Jerusalem nochmals „geistlicherweise Sodom und Ägypten“ genannt werden, „wo auch ihr Herr gekreuzigt wurde“ (Off 11,8). In den folgenden Versen (11–15) lässt Gott den in Seinen Augen verabscheuungswürdigen formellen Gottesdienst des Volkes anprangern. Zwar hatte Er selbst die Vorschriften im Gesetz gegeben, aber diese waren völlig verfälscht worden. Ob es sich um die Darbringung der Opfer, das Räuchern des Fettes und die Sprengung des Blutes handelte oder um die Beachtung des Neumondes, des Sabbats und der Feste des HERRN, alles wurde äußerlich peinlich genau erfüllt, aber die Herzen der Menschen waren weit von Gott entfernt, und in ihrem täglichen Leben taten sie jedes nur mögliche Unrecht, bis hin zum Blutvergießen. Man wollte zwar religiös sein, zugleich aber alles tun, was einem behagte. Die Heuchelei, die einen äußerlich „korrekten“Gottesdienst mit den schlimmsten Sünden verbinden zu können glaubt, ist Gott jedoch ein Gräuel (Vers 13). Deshalb kann Er auch die Gebete nicht erhören. Er sieht, dass die zu Ihm erhobenen Hände keine „heiligen Hände“ sind, sondern blutbefleckt (Vers 15; vgl. 1. Tim 2,8).
Ein Appell an Herz und Gewissen(Kapitel 1,16–20)
Jedes Mal, wenn die israelitischen Priester ihren Dienst im Heiligtum verrichteten, mussten sie zuvor ihre Hände und Füße waschen (2. Mo 30,17–21). Auch wenn jemand sich durch die Berührung einer Leiche verunreinigt hatte, musste das Wasser der Reinigung auf ihn gesprengt werden (4. Mo 19). Durch die Belehrungen des Neuen Testaments wissen wir, dass diese Reinigung eine symbolische Bedeutung hat und ein Bild der Reinigung des Herzens durch das Wasser des Wortes Gottes ist (Joh 15,3; Eph 5,26). Aber auch die Israeliten des Alten Bundes hatten bereits ein Verständnis davon, wie die Verse 16 und 17 sowie andere Stellen zeigen. David ruft in Ps 51,9: „Entsündige mich mit Ysop, und ich werde rein sein; wasche mich, und ich werde weißer sein als Schnee“ (vgl. Ps 26,6). Nur im Licht des Wortes Gottes wird Böses wirklich als solches offenbar, aber das Wort Gottes zeigt uns auch den Weg zur Reinigung durch das Bekenntnis unserer Sünden (Spr 28,13; 1. Joh 1,9). Dann ist der Weg frei, das Gute zu tun, das Recht zu suchen, den Bedrückten und Zurückgesetzten eine Hilfe zu sein (Vers 17).
Wenn Gottes Gerechtigkeit der alleinige Maßstab ist, kann niemand vor Ihm bestehen. Für den Sünder gilt zu allen Zeiten: „Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen“ (Heb 10,31). Deshalb ist der Appell des HERRN an Sein irdisches Volk: „Kommt denn und lasst uns miteinander rechten“ voller Gnade und Barmherzigkeit. Da, wo der Mensch wegen seiner Schuld nichts zu rechten hat, will und kann Er allein die Blutschuld in fleckenloses, reines Weiß verwandeln (Vers 18; vgl. Vers 15)!
Wenn Juda auf die liebevolle Stimme des HERRN gehört hätte und bereit gewesen wäre, mit seinen Sünden zu brechen, hätte es wieder den reichen Segen des verheißenen Landes Kanaan genießen können. Wenn es sich jedoch weigerte und weiterhin widerspenstig gegen seinen Gott wäre, würde es von seinen Feinden geschlagen werden und aufhören, als Gottes anerkanntes Volk im Land Kanaan zu wohnen. Gott lässt keinen Zweifel an dieser Voraussage zu. Sein Mund hatte durch den Propheten Jesaja geredet (Verse 19 und 20).
Das Läuterungsgericht(Kapitel 1,21–31)
Die Verse 21–23 enthalten eine Wehklage über die ehemals treue Stadt Jerusalem, die jetzt zur Hure geworden ist, d. h. sich dem Götzendienst ergeben hat. Der HERR betrachtete Israel als Sein Weib, mit dem Er sich vermählt hatte (Jer 2,2; 3,1–10; Hes 16). Dadurch, dass dieses sich von Ihm ab- und den Götzen zuwandte, beging es geistliche Hurerei (5. Mo 31,16). Im Neuen Testament wird besonders Babylon, die Christenheit ohne Christus, wegen ihres Götzendienstes die große Hure genannt (Off 14,8; 17,1.2).
Früher wohnte Gerechtigkeit in Jerusalem (denken wir nur an Salomo), jetzt waren es Mörder. Die Fürsten, dargestellt in dem Silber, das zu Schlacken geworden, und dem edlen Wein, der mit Wasser verdünnt worden ist, übten kein Recht, sondern waren widerspenstig gegen die Gebote Gottes, umgaben sich mit Dieben und ließen sich bestechen, anstatt den unterdrückten Waisen und Witwen Recht zu verschaffen (vgl. Vers 17). Alles, was in Gottes Augen gut und richtig war, wurde missachtet und in sein Gegenteil verkehrt.
Doch es wird nicht immer so bleiben. Gott, der sich hier „der Herr, der HERR der Heerscharen, der Mächtige Israels“ nennt, um Seine ganze Macht zu zeigen, spricht Sein Urteil aus (Vers 24). Dies geht weit über die Babylonische Gefangenschaft Judas hinaus und deutet auf die Endzeit1 hin, die damit im einleitenden Kapitel dieses Prophetenbuches bereits Erwähnung findet. Die Widersacher und Feinde sind Menschen aus Seinem eigenen Volk, gegen die Er Seine Hand richten und sie im Schmelzofen läutern und mit Laugensalz reinigen wird. Dieser Vorgang des Silberschmelzens und -reinigens wird öfter in der Heiligen Schrift als Bild der Züchtigung und Strafe Gottes benutzt. Es ist ein ernstes, aber auch schönes Bild voll tiefer Belehrung, denn das Endergebnis ist nicht Vernichtung, sondern Läuterung! Schlacken und Blei werden entfernt, und das reine Silber, in der Schrift fast immer ein Bild der Erlösung, bleibt übrig (vgl. Sach 13,9; Mal 3,2).
Nach der großen Drangsal und dem Erscheinen Christi in Herrlichkeit wird Jerusalem die irdische Hauptstadt im Tausendjährigen Reich sein, der Mittelpunkt des Friedens und der Gerechtigkeit (Vers 26; vgl. Kap. 2,3; Sach 8,3). Doch bevor die Erlösung für Zion und den jetzt noch in der ganzen Welt zerstreuten, dann aber in das Land Israel zurückgekehrten Überrest des Volkes kommen wird, müssen sie das Gericht Gottes tragen (Vers 27). Alle diejenigen dagegen, die sich von Gott abwenden und dem Antichristen folgen werden, müssen umkommen (Vers 28).
Das Gericht über die ungläubigen Juden, das nach Sacharja 13,8 zwei Drittel des Volkes auslöschen wird, wird nun in dreierlei Weise beschrieben. Die Beschämung wegen der Terebinthen scheint auf den Götzendienst hinzuweisen, der unter diesen Bäumen getrieben wurde (vgl. Hes 6,13). Weder der Antichrist noch das Bild des Tieres wird ihnen helfen, wenn Gottes Gericht über sie kommen wird (Vers 29). Sie selbst werden einer welken Terebinthe und einem Garten ohne Wasser gleichen und damit die Folgen ihres Götzendienstes tragen (Vers 30). Die vermeintlich Starken und ihr Tun werden zusammen vergehen, wie Werg durch einen Funken entzündet wird und verbrennt. Das Feuer, das der „Starke“ durch sein Tun anzündet, kann weder er noch ein anderer löschen; es führt ihn ins ewige Verderben (Vers 31; vgl. Off 19,20.21).
Ein Blick in die Zukunft
Die Herrschaft des HERRN(Kapitel 2,1–4)
Die einleitenden Worte zur Botschaft von Jesaja 2 ähneln denen des ersten Kapitels, mit dem Unterschied, dass hier nicht von einem Gesicht, sondern von einem Wort die Rede ist, das der Prophet über Juda und Jerusalem geschaut hat.
Die Verse 2–4 gleichen fast wörtlich denen in Micha 4,1–3, und es gibt noch weitere Parallelen zwischen den beiden Propheten.1 Bei aller Verschiedenheit (besonders in der Länge ihrer Botschaft) hatten doch beide ganz ähnliche Aufträge: das Volk Gottes vor dem Gericht zu warnen, aber auch Seine Barmherzigkeit und das Kommen des Messias anzukündigen.
„Am Ende der Tage“ (Vers 2) wird das Tausendjährige Friedensreich die Geschichte dieser Erde beschließen, bevor sie vor dem Angesicht des Richters auf dem großen weißen Thron entfliehen und zusammen mit den Werken auf ihr verbrennen wird (2. Pet 3,10; Off 20,11). In dieser wunderbaren Segenszeit während der Herrschaft Christi wird der „Berg des Hauses des HERRN“, Jerusalem und der Tempel, hoch über alle übrigen Mächte erhaben sein, ja, alle Nationen werden dorthin strömen (5. Mo 26,19; Jes 66,23; Sach 14,16). Herrschaft und Rechtsprechung über die ganze Erde werden von Zion ausgehen, und die Worte im Gebet des Herrn werden in Erfüllung gehen: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden“ (Mt 6,10).
Doch nicht nur Gerechtigkeit wird dann herrschen, sondern auch Frieden, der durch die einprägsamen, heute jedoch so oft missverstandenen und missbrauchten Worte angekündigt wird: „Und sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden und ihre Speere zu Winzermessern“ (Vers 4). Kriege wird es während dieser tausend Jahre nicht geben. So wird sich die Weissagung des Patriarchen Jakob über Juda und seinen Erben in dem wahren „Schilo“ (hebr. der Friedenbringende, Ruheschaffende) erfüllen, dem die Völker gehorchen werden (1. Mo 49,10).
Der Zustand des Volkes(Kapitel 2,5–9)
Der Ausblick auf die herrliche Zukunft Israels und der Völker der Erde bewegt den Propheten, sein Volk dazu aufzurufen, sofort zu Gott umzukehren und im Licht des HERRN zu wandeln (Vers 5). Dann wendet er sich unmittelbar an Gott (Vers 6). Er stellt fest, dass Er Sein Volk bereits verstoßen hat. Zwar machte Gott sich immer noch früh auf und sandte Seine Boten, woran besonders der Prophet Jeremia mehr als einmal erinnert (Jer 7,13), aber Er kannte das Ende von Anfang an. Zu eng waren die bösen Verstrickungen des Volkes nach Osten (Assyrien und Babel) und Westen (Philistäa). Das Volk, das abgesondert wohnen und nicht unter die Nationen gerechnet werden sollte (4. Mo 23,9), machte Gemeinschaft mit den Angehörigen fremder Völker.
Wie die Verse 7 und 8 zeigen, war der große Wohlstand, der wohl durch den Handel mit den Nachbarvölkern zustandegekommen war, der Weg, auf dem auch der Götzendienst Eingang gefunden hatte. Es gab nicht nur reichlich Silber und Gold sowie Pferde und Wagen im Land, sondern auch Götzenbilder, vor denen das Volk Gottes anbetete. Schon hier weist der Prophet auf die Lächerlichkeit hin, sich vor etwas, was man selbst fabriziert hat, anbetend niederzuwerfen, wie er es später noch einmal in höchst ironischer Weise tut (Kap. 44,9–20). Verschiedene der Könige, die ja eine Vorbildfunktion ausübten, missachteten Gottes Warnung vor zu vielen Pferden, Reichtum an Silber, Gold und auch Frauen, weil besonders die letzteren ihr Herz von der Nachfolge des HERRN abwenden würden, was wir ja schon bei Salomo bestätigt finden (5. Mose 17,16f.).
Doch das Gericht über die Sünder stand bereits fest. Mensch (hebr. adam) und Mann (hebr. isch), der Niedrige wie der Hohe, sollten zu Boden geworfen werden und würden keine Vergebung von Seiten Gottes empfangen (Vers 9).
Der Tag des HERRN(Kapitel 2,10–22)
Die Verse 10 und 11 bilden den Übergang zum Folgenden, denn der Prophet spricht nun nicht mehr wie in den vorigen Versen zu Gott, aber auch nicht mehr allein zu Seinem irdischen Volk, sondern, wie die bereits in Vers 9 gebrauchten Bezeichnungen „Mensch“ und „Mann“ andeuten, zu den Menschen im Allgemeinen (vgl. Verse 11 und 17).
Einmal wird aller Hochmut und Stolz der Menschen ein Ende finden. Sie werden aufgefordert, sich vor dem Schrecken verbreitenden, majestätischen Kommen des HERRN in Felsenklüften zu verstecken und sich bis in den Staub zu erniedrigen, denn „an jenem Tag“ wird nur noch Einer hoch erhaben sein: Gott.
„Jener Tag“ oder der „Tag des HERRN“ wird schon im Alten Testament als Tag des Gerichts Gottes über die Welt angekündigt (Jes 13,6.9; Joel 1,15; 2,2). Doch für die, die den Namen Gottes fürchten, wird dann der Messias „die Sonne der Gerechtigkeit mit Heilung in ihren Flügeln“ sein (Mal 3,19.20).1
Dass der Herr Jesus der Kommende sein würde, konnte im Alten Testament noch nicht offenbart werden, wohl aber, dass es der Messias sein würde (vgl. Dan 2,44; 7,13f.; 9,24). Was für eine Tragik, dass der Herr Jesus, als Er in Niedrigkeit auf die Erde kam, von Seinem eigenen Volk nicht angenommen wurde (Joh 1,11)! Auch die Dauer und die volle Bedeutung dieses „Tages“ wird erst im Neuen Testament enthüllt. Er beginnt für die Gläubigen bereits im Himmel mit dem Richterstuhl Christi (2. Tim 4,8), für die Welt bei der Erscheinung Christi in Herrlichkeit mit allen Gläubigen und den Engeln Seiner Macht. Dabei ist das von den Propheten angekündigte Gericht das Erste. Dann erstreckt sich der Tag über die ganze Periode des Tausendjährigen Reiches. Der Ausdruck „Tag des Herrn“ will besagen, dass in dieser Zeit Gott in der Person seines Sohnes von der Welt anerkannt werden und alle Gewalt ausüben wird. Erst danach beginnt der ewige Zustand mit einer neuen Erde und neuen Himmeln (vgl. 2. Pet 3; Off 19,11–21,8). An „jenem Tag“ werden die Gläubigen, die zur Versammlung Gottes gehören, nicht mehr auf der Erde sein, sondern bereits längst ins Vaterhaus entrückt sein; alle hier und an anderen Stellen angekündigten Gerichte Gottes werden sie nicht mehr treffen (vgl. 1. Thes 4,13–5,8; 2. Thes 2; Off 3,10).
„Jener Tag“ ist ebenso wie die Entrückung, die wir erwarten dürfen, im Ratschluss des HERRN festgelegt (Vers 12). Jeder, der sich nicht durch Buße und Glauben in der Erwartung des kommenden Messias gebeugt hat, wird dann zutiefst erniedrigt werden; niemand wird davon ausgenommen sein. Die Zedern des Libanon und die Eichen Basans sollen wohl sozial hoch gestellte Menschen bezeichnen (Vers 13; vgl. Sach 11,2), die hohen Berge und die erhabenen Hügel dagegen die Mächte dieser Welt (Vers 14; vgl. Ps 30,8; Sach 4,7), hohe Türme und feste Mauern sprechen vom Krieg (Vers 15), und Tarsis-Schiffe und kostbare Schauwerke von Handel und Kunst (Vers 16). In ähnlicher, aber noch ausführlicherer Weise wird in Offenbarung 18 beschrieben, wie durch den Fall Babylons das gesamte Weltsystem aus den Angeln gehoben wird.
Wie um alles nochmals zu bestätigen, werden in Vers 17 die Worte von Vers 11 wiederholt, ebenso in den Versen 19 und 21 die Aufforderung von Vers 10, wenn auch mit kleinen Unterschieden. Dazwischen stehen in lapidarer Kürze die Worte: „Und die Götzen werden ganz und gar verschwinden“ (Vers 18). Aus Angst vor dem Furcht erregenden Erscheinen Christi werden die Menschen die ihnen so heiligen und kostbaren Götzen den unreinen Tieren der Dunkelheit und der Nacht hinwerfen, aber es wird zu spät sein (Vers 20). Auch der Wunsch, sich zu verstecken, wird ihnen ebenso wenig helfen wie dem ersten Menschenpaar nach dem Sündenfall (1. Mo 3,8).
Wie gewaltig und erschreckend muss die Erscheinung des Sohnes des Menschen in Seiner Herrlichkeit für die Ungläubigen sein! Wie wunderbar dagegen unsere lebendige und glückselige Hoffnung, denselben Herrn als Heiland erwarten zu dürfen zum ewigen Leben!
Das Kapitel endet mit einer Warnung vor dem Vertrauen auf Menschen. Mit all seinem Verstand, seinem Wissen und Können und den Errungenschaften, auf die er so stolz ist, ist er doch nur ein kleines, nichtiges Geschöpf. Wie oft haben die Psalmdichter dies zum Ausdruck gebracht (Ps 90; 104,29)! Doch hier handelt es sich nicht um solche, die ihre Zuversicht auf Gott setzen, sondern um die, die weder den lebendigen und wahren Gott kennen noch Seinen Sohn, den „lebendig machenden Geist“, der „uns errettet vor dem kommenden Zorn“ (1. Kor 15,45; 1. Thes 1,10).
Gericht und Herrlichkeit Zions
Wie so oft in Gottes Wort zieht der Heilige Geist in diesem Abschnitt eine Verbindung von der Gegenwart bis hin zur Endzeit. Ein anderes Beispiel für diese Darstellungsweise in der Prophetie ist der Brief des Judas, der damit beginnt, dass sich zu damaliger Zeit „gewisse Menschen nebeneingeschlichen haben, die schon längst zu diesem Gericht zuvor aufgezeichnet waren“ (Vers 4), und von da einen großen Bogen bis zur Erscheinung des Herrn Jesus zum Gericht schlägt (Verse 14 und 15). Ähnlich ist es in dem aus Kapitel 3 und 4 gebildeten Abschnitt des Propheten Jesaja, der bei den damals bevorstehenden Ereignissen beginnt und mit der Wiederherstellung Zions im Tausendjährigen Reich endet.
Die Sünden der Führer und des Volkes(Kapitel 3,1–15)
Der Herr, der HERR der Heerscharen (hebr. Adonai Jahwe Zebaoth) lässt zunächst ankündigen, dass Er von Jerusalem und Juda alles wegnehmen wird, worauf das Volk sich stützt und seine Existenz gründet. Als erstes werden Speise und Trank genannt (Vers 1). Gott hatte dies Seinem Volk für den Fall seines Ungehorsams bereits vor langer Zeit angedroht (5. Mo 11,16f.; 28,23ff.), und wir sehen, wie diese Ankündigung sich bei den Angriffen der Assyrer und der Babylonier erfüllte (Jes 37,30; Klgl 2,20).
Dann werden die Personen aufgezählt, die – zu Recht oder zu Unrecht (wie die Wahrsager und Zauberkundigen) – die Grundlage des Staates ausmachen: „Held und Kriegsmann, Richter und Prophet und Wahrsager und Ältesten; den Obersten über Fünfzig und den Angesehenen und den Rat und den geschickten Künstler und den Zauberkundigen“ (Verse 2 und 3). Auch diese Vorhersage erfüllte sich, als Nebukadnezar „alle Obersten und alle kriegstüchtigen Männer“ in die Gefangenschaft führte, und in Jerusalem „nur das geringe Volk des Landes“ zurückblieb (2. Kön 24,14).
Ein derart entblößter Staat wird in den Regierungswegen Gottes zum Spielball der Launen unreifer und unerfahrener Menschen (Vers 4; s. Pred 10,16). Die Folge davon ist grenzenlose Verwirrung und gegenseitige Unterdrückung, wobei jede göttliche oder auch nur menschlich vernünftige Ordnung auf den Kopf gestellt wird (Vers 5). Die dadurch entstandene Anarchie ist nicht mehr rückgängig zu machen. Wenn auch einzelne erkennen, wie niederschmetternd der Zustand ist, so wenden sie sich doch nicht zu Gott um Hilfe, sondern an ihren „Bruder“, in der Meinung, er könne vielleicht wenigstens noch etwas retten oder aufhalten. Doch ist auch niemand mehr bereit, Verantwortung auf sich zu nehmen, selbst wenn er inständig darum gebeten wird. Die eigene Not („weder Brot noch Oberkleid“) wird als Entschuldigung dafür vorgeschoben, dass man weder „Wundarzt“ sein kann, um zu helfen und die „Wunden und Striemen und frischen Schläge“ zu heilen (vgl. Kap. 1,6), noch „Vorsteher des Volkes“ werden möchte, um der Anarchie zu steuern (Verse 6 und 7).
Der Geist Gottes zeigt nun die Wurzeln dieses totalen Niedergangs von Jerusalem und Juda auf. Alle Worte und Handlungen ihrer Bewohner sind gegen den HERRN gerichtet, und zwar mit der Absicht, Seiner göttlichen Herrlichkeit die Stirn zu bieten. Die „Augen seiner Herrlichkeit“ sehen jedoch die verborgenen Beweggründe des Herzens, denn es sind Augen „wie eine Feuerflamme“ (vgl. Off 1,14), die in unbestechlicher Heiligkeit das Böse erkennen (Vers 8). Gott sieht den bösen und hochmütigen Gesichtsausdruck ebenso, wie Er die unverhohlenen Reden über ihre Sünden hört. Adam und Eva schämten und versteckten sich noch, als sie die erste Sünde begangen hatten, aber wie die Bewohner von Sodom keine Scham kannten, so verhalten sich auch die Bewohner von Juda und Jerusalem: „Von ihrer Sünde sprechen sie offen wie Sodom, sie verhehlen sie nicht“ (Vers 9; vgl. Kap. 2,10). Gottes Urteil über sie lautet: „Wehe ihrer Seele! Denn sie bereiten sich selbst Böses.“
Der göttliche Grundsatz der Vergeltung – sowohl hinsichtlich des Guten wie des Bösen – verliert seine Gültigkeit nicht, auch wenn es vielleicht im Augenblick nicht danach aussieht (vgl. Röm 2,5–11). Der kleinen Zahl von Gerechten im Volk wird es wohl ergehen, denn sie werden in der Zukunft die Frucht ihrer guten Taten genießen, während den Gesetzlosen (oder Gottlosen) durch ein nochmaliges „Wehe“ angedroht wird, dass es ihnen schlecht ergehen wird, denn sie werden für ihre bösen Taten den entsprechenden Lohn erhalten (Verse 10 und 11).
Und doch – es ist und bleibt das Volk des HERRN, das – wie Er klagend ausrufen muss – von kindischen, bösen Männern bedrückt und von Frauen beherrscht wird, während Er doch gefordert hatte, dass der König Seines Volkes sich eine Abschrift des Gesetzes machen sollte, um Ihn, den HERRN, zu fürchten und „alle Worte dieses Gesetzes und diese Satzungen … zu tun; damit sein Herz sich nicht über seine Brüder erhebe und damit er vom Gebot weder zur Rechten noch zur Linken abweiche“ (5. Mo 17,18–20). Mit den Leitern, die irreführen, sind die Propheten gemeint, über die Jesajas Zeitgenosse Micha das gleiche Urteil aussprechen musste (Mich 3,5). Sie redeten jedem nach dem Mund, aber den rechten Weg, der den Gedanken Gottes entsprach, verschwiegen sie dem Volk (vgl. 1. Kön 22,11f.).
Doch der HERR sieht dies alles nicht nur, sondern Er ist auch der gerechte Richter, der einmal auftreten wird, „um die Völker zu richten“ (Vers 13). Alle ihre Taten sind in Seinen Büchern verzeichnet, und der Tag wird kommen, an dem der Vater durch Seinen Sohn Gericht ausüben lassen wird (vgl. Joh 5,22. 27). Bei der Erscheinung des Sohnes des Menschen in Herrlichkeit werden alle Nationen vor Ihm versammelt werden und gerichtet werden (Mt 25,31–46). Tausend Jahre später werden vor dem großen weißen Thron alle „Toten“ ihr ewiges Verdammungsurteil empfangen (Off 20,11–15). Dieser Vers ist ein Beispiel für den „Zeitsprung“, den der Geist so häufig in den Weissagungen des Wortes Gottes macht, wenn Er von den damaligen Ereignissen ausgehend unseren Blick unmittelbar auf das Ende richtet.
In anderer Weise geht Gott jedoch mit Seinem irdischen Volk und dessen Ältesten und Fürsten ins Gericht, die eine ungleich größere Verantwortung tragen (Verse 14 und 15). Sowohl im Alten wie im Neuen Testament ist Sein Volk in besonderer Weise der Gegenstand Seiner Zucht, die manchmal die Form von Strafgerichten annehmen kann. Hesekiel musste hören, dass das Gericht Gottes über Sein Volk bei den alten Männern vor dem Tempel begann, und Petrus schreibt im Blick auf die Christenheit: „Denn die Zeit ist gekommen, dass das Gericht anfange bei dem Haus Gottes“ (Hes 9,6; 1. Pet 4,17). Das Gericht Gottes über Sein irdisches Volk und dessen Führer ist jedoch nicht auf eine bestimmte Zeit beschränkt, wenn es auch in der zukünftigen Drangsalszeit seinen Höhepunkt erreichen wird.
Die Gründe für das angekündigte Gericht werden in wenigen Worten zusammengefasst. Der Weinberg, den die Führer abgeweidet hatten, anstatt ihn zu hegen und zu pflegen, war das Volk, das sie materiell ausgebeutet hatten. „Denn der Weinberg des HERRN der Heerscharen ist das Haus Israel“ (Jes 5,7). Auch hatten sie das Volk Gottes mit Verachtung und unbarmherziger Härte behandelt, so dass der HERR der Heerscharen (hebr. Jahwe Zebaoth), der alles sah, sie eindringlich fragte: „Was habt ihr, dass ihr mein Volk zertretet und das Angesicht der Elenden zermalmt?“ (Vers 15).
Die Sünden und das Elend der Frauen(Kapitel 3,16–4,1)
Doch nicht nur die Männer, die an der Spitze des Gemeinwesens standen, riefen den Zorn und schließlich das Gericht Gottes hervor. Setzt uns die ausführliche Beschreibung des Auftretens der stolzen „Töchter Zions“, der weiblichen Einwohner Jerusalems, insbesondere der Frauen der herrschenden Klasse, in Erstaunen? Den Augen Gottes, die die ganze Erde durchlaufen, entgehen auch solche Anzeichen einer fleischlichen Gesinnung nicht, die heute manchmal leichthin als bloße „Äußerlichkeiten“ abgetan werden (Verse 16–23). Hatte nicht schon Salomo die Vorzüge der „tüchtigen Frau“ in Sprüche 31 mit den krönenden Worten beschlossen: „Die Anmut ist Trug, und die Schönheit Eitelkeit; eine Frau, die den HERRN fürchtet, sie wird gepriesen werden“ (Vers 30)? Warum fordert Paulus die Schwestern auf, „sich in bescheidenem Äußeren mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit [zu] schmücken, nicht mit Haarflechten und Gold oder Perlen oder kostbarer Kleidung, sondern – was Frauen geziemt, die sich zur Gottesfurcht bekennen – durch gute Werke“ (1. Tim 2,9.10)? Warum ermahnt Petrus die gläubigen Frauen zu einem reinen Wandel, „deren Schmuck nicht der äußere sei durch Flechten der Haare und Umhängen von Goldschmuck oder Anziehen von Kleidern, sondern der verborgene Mensch des Herzens in dem unvergänglichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, der vor Gott sehr kostbar ist“ (1. Pet 3,2–4)? Weil das Äußere den inneren Zustand widerspiegelt. Und Gott sieht unsere Kleidung, unser Auftreten und unsere Blicke!
Ein besonderer Grund für die ausführliche Schilderung Jesajas, auf deren Einzelheiten wir nicht einzugehen brauchen, ist die wichtige Rolle, die den Frauen in den Häusern und Familien, insbesondere bei der Erziehung der Kinder zukommt. Wenn sie statt Gottesfurcht und Bescheidenheit eine derartige Hervorhebung der eigenen Person, gepaart mit Verschwendungssucht, an den Tag legen, was ist dann von der nachfolgenden Generation zu erwarten, der sie doch eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen sollen? Die Strafe für das schamlose und hochmütige Verhalten der „Töchter Zions“ wird mit drastischen Ausdrücken angekündigt. „An jenem Tag“ (Vers 18), der nicht mehr allzu fern war, würden die Feinde des Volkes Gottes, die Babylonier, das Land und die heilige Stadt plündern und zerstören. Gott würde diesen Krieg dazu benutzen, den kostbaren Schmuck der vornehmen Frauen Jerusalems auf einen Schlag wegzunehmen. Statt des jetzigen Wohlgeruchs ihrer Parfüme würde Moder regieren, sie würden mit Stricken gebunden werden, ihre Haare würden geschoren werden, wie es bei Gefangenen üblich war, sie würden mit Sacktuch, der Kleidung des Elends, bekleidet sein, und schließlich als Sklavinnen gebrandmarkt werden (Vers 24).
Der Stadt Jerusalem, die er bereits in Kapitel 1,8 „Tochter Zion“ nennt, kündigt der Prophet schließlich an: „Deine Männer werden durchs Schwert fallen, und deine Helden im Kampf“ (Vers 25). Dann aber – als ob er sich traurig von ihr abwenden müsste – redet er nicht mehr zu ihr, sondern von ihr und klagt im Voraus über ihre Zerstörung und Plünderung, wie es später Jeremia angesichts der übrig gebliebenen Trümmer Jerusalems tut: „Und ihre Tore werden klagen und trauern, und entleert wird sie sich zur Erde niedersetzen“ (Vers 26; vgl. Jer 14,2; Klgl 1,1–4).
Das traurige Schicksal der in den Versen 16–24 verurteilten Frauen wird abschließend in Kapitel 4,1 erwähnt. Sie sehen sich nicht nur der Not preisgegeben, sondern auch der Schmach, keinen Mann zu haben, da die Männer im Krieg gegen Babel gefallen sind. Im Unterschied zu heutigen westlichen Maßstäben waren Witwenschaft und Kinderlosigkeit im Volk Israel etwas äußerst Schmachvolles (vgl. Kap 54,4; 1. Mo 30,23). In ihrer zutiefst empfundenen Not wenden sie sich an die viel zu kleine Zahl der übrig gebliebenen Männer, um wenigstens dem Namen nach einen Beschützer zu haben, und zwar unter ausdrücklichem Verzicht auf alle weiteren, für eine Ehe normalen Ansprüche bezüglich der Versorgung mit den notwendigen materiellen Gütern wie Nahrung und Bekleidung (vgl. 2. Mo 21,10)!
So endet diese Beschreibung der Zustände im Reich Juda, die das Strafgericht Gottes nach sich zogen, weil „keine Heilung mehr war“ (2. Chr 36,16). In den Jahren 606/605, 597 und 586 v. Chr. überfielen und bekriegten die feindlichen Babylonier das Land und die Stadt Jerusalem bis zur völligen Auszehrung und Zerstörung und brachten alle Bewohner in die siebzigjährige Gefangenschaft nach Babel (s. 2. Chr 36).
Künftige Heiligung und Segnung des Volkes(Kap. 4,2–6)
Wieder macht die Prophetie einen „Zeitsprung“, diesmal jedoch, um zum ersten Mal in diesem Buch den verheißenen Messias, den Gesalbten Gottes, einzuführen. Sein Titel ist hier „der Spross [hebr. zemach] des HERRN“ (vgl. Jer 23,5; 33,15; Sach 3,8; 6,12). Beziehen wir Jesaja 11,1 und 53,2 in die Betrachtung ein, dann ersteht vor unserem geistlichen Auge ein liebliches Bild. Wenn auch schon zur Zeit der Propheten von der Herrschaft nach göttlicher Ordnung im Volk Israel nur ein Stumpf – allerdings nicht ganz ohne Wurzeln – übrig geblieben war, so würde doch einmal ein Schössling daraus hervorgehen, und aus der verdorrten Erde würde ein Wurzelspross aufschießen. Jahrtausendelang hatte Gott von Seinen Geschöpfen, insbesondere von Seinem irdischen Volk Israel, Frucht erwartet, aber nicht empfangen. Von Ausnahmen abgesehen, war alles dürr und leblos, finster und tot. Doch dann wurde in Bethlehem, der Stadt Isais und Davids, der „Spross des HERRN“ geboren, der die erwünschte Frucht brachte (Jes 11,1). „Als aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau, geboren unter Gesetz“ (Gal 4,4; vgl. Heb 7,14).
Bei Seinem ersten Kommen hatte Er „keine Gestalt und keine Pracht; und als wir ihn sahen, da hatte er kein Aussehen, dass wir ihn begehrt hätten“ (Jes 53,2), aber im Tausendjährigen Reich wird Er „zur Zierde und zur Herrlichkeit“ des Volkes Israel sein. „Jener Tag“ (Vers 2) bezeichnet also nicht die Zeit Seines Erdenlebens oder Seine Erscheinung zur Ausübung des Gerichts, sondern Seine darauf folgende Herrschaft, unter der besonders Sein irdisches Volk einen nie gekannten Segen genießen wird. – Ob die „Frucht der Erde [oder: des Landes; hebr. erez]“, die zum Stolz und zum Schmuck der Entronnenen Israels dienen wird, ein weiterer Titel des Messias ist (vgl. das „Weizenkorn“ in Joh 12,24), oder ob damit der Segen und die Fruchtbarkeit der gereinigten Erde im Friedensreich gemeint ist (vgl. Hes 34,29), ist nicht leicht zu entscheiden, da beides dem Sinn nach passt.
Wem werden diese Segnungen zuteil? Nur den wenigen „Entronnenen Israels“ aus den zwei sowie den noch verschollenen zehn Stämmen des Volkes. Diese erschütternde Tatsache finden wir an vielen Stellen des Wortes Gottes bestätigt. Paulus zitiert in Römer 9,27 die folgenden Worte unseres Propheten: „Wäre die Zahl der Söhne Israels wie der Sand des Meeres, nur der Überrest wird errettet werden“ (s. Jes 10,22). Doch dieser durch die Drangsalszeit geläuterte gläubige Überrest wird als „ganz Israel“ bezeichnet (Röm 11,26; vgl. Sach 13,8.9).
In der Zeit nach der Entrückung der Versammlung werden Gottes Strafgerichte, die durch die sieben Siegel, die sieben Posaunen und die sieben Zornesschalen in Offenbarung 6– 11 und 16 symbolisiert werden, über die ganze Erde hereinbrechen. Juda wird jedoch unter der Schreckensherrschaft des Antichristen ganz besondere Prüfungen, die „Drangsal für Jakob“, erfahren (Jer 30,7; Mt 24,9–28; 2. Thes 2,4; Off 12,13–17). Zwei Drittel des Volkes, d. h. der zwei Stämme (bezüglich der zehn Stämme vgl. Hes 20,34–38), werden ausgerottet werden, und das restliche Drittel wird im Feuer Gottes geläutert werden, bis schließlich die Übriggebliebenen von Ihm als Sein Volk anerkannt werden, weil sie durch Buße und Glauben an den kommenden Messias geheiligt sind (Sach 13,8.9). Dann werden der Unflat der Töchter Zions abgewaschen und die Blutschulden Jerusalems weggefegt sein durch den Geist des Gerichts und den Geist des Vertilgens von Seiten Gottes. Von diesem Überrest, der „zum Leben eingeschrieben ist in Jerusalem“, ist in den Versen 3 und 4 die Rede.
Bei und nach seinem Auszug aus Ägypten war Israel bei Tage von einer Wolkensäule und bei Nacht von einer Feuersäule begleitet worden. Sie war das sichtbare Zeichen der heiligen Gegenwart Gottes bei Seinem Volk, die es vor den Ägyptern beschirmte, es durch die Wüste leitete und über dem Zelt der Zusammenkunft ruhte (2. Mo 13,21; 4. Mo 9,15). In einer ähnlichen, aber doch ganz neuen Art und Weise wird Gott im Tausendjährigen Reich über allen Wohnungen Jerusalems und über den Versammlungen der Zurückgekehrten diese Zeichen Seiner Anwesenheit „erschaffen“ (Vers 5). Eine nie gekannte Herrlichkeit wird die „heilige Stadt“ erfüllen, bedecken und schützen.
Der letzte Vers dieses Abschnitts weist darauf hin, dass wir hier noch nicht die endgültige Vollkommenheit vor uns haben. Noch wird nämlich der von Gott gewährte Schutz der Seinen vor der Hitze des Tages und vor Sturm und Regen erforderlich sein. Im ewigen, vollkommenen Zustand auf der neuen Erde und im neuen Himmel wird es dagegen keines solchen Schutzes mehr bedürfen (Vers 6).
Obwohl die Versammlung Gottes in der Zeit des Alten Testaments ein Geheimnis war, das noch nicht offenbart war, dürfen wir in der „Decke“ und der „Hütte“ (Verse 5 und 6) vielleicht doch einen versteckten Hinweis darauf sehen. Im ewigen Zustand wird sie als das „neue Jerusalem“ wie eine für ihren Mann geschmückte Braut aus dem Himmel herabkommen und dann „die Hütte Gottes bei den Menschen“ sein (Off 3,12; 21,2.3). Doch schon im Tausendjährigen Reich wird sie in ähnlicher Weise „bekleidet mit der Herrlichkeit Gottes“ gesehen (Off 21,10.11). Wir können es uns nur so vorstellen, dass das „neue Jerusalem“ dann wie ein strahlender Himmelskörper über dem irdischen Regierungszentrum schweben wird.
Der HERR richtet Sein Volk
Die Heilige Schrift stellt uns immer wieder zwei verschiedene Maßstäbe vor, nach denen Gott die Seinen beurteilt, und wenn nötig, richtet. Der eine ist die Verantwortung derer, denen Er sich offenbart und mit denen Er sich in Seiner Gnade beschäftigt hat, der andere Seine eigene Heiligkeit. Den Grundsatz der Verantwortung des Menschen finden wir in Jesaja 5, den der Heiligkeit Gottes in Kapitel 6.
Das Lied vom Weinberg(Kapitel 5,1–7)
Das Kapitel beginnt mit einer Weissagung über das Volk Israel, genauer gesagt, „das Haus Israel“ und „die Männer von Juda“ (s. Vers 7). Dass diese als „Lied“ bezeichnet wird, darf uns nicht verwundern. Schon Mose hatte in seinem letzten Lied vom Gericht Gottes über Israel geredet, und auch in der Offenbarung finden wir verschiedene prophetische Lieder (5. Mo 31,30–32,44; Off 5,9; 14,3; 15,3). Darüber hinaus sind große Teile der prophetischen Bücher des Alten Testaments in dichterischer Sprache und Form geschrieben, was in den Übersetzungen nicht so zum Ausdruck kommen kann, außer im Buch der Klagelieder Jeremias (vgl. die dortigen Anmerkungen in der Elberfelder Übersetzung).
Das Lied Jesajas ist zugleich ein Gleichnis. Auch der Herr Jesus gab Seine Belehrungen häufig in Form von Gleichnissen. In einem benutzt Er sogar einen ähnlichen Vergleich wie Jesaja in seinem „Lied meines Lieben von seinem Weinberg“ (Vers 1; vgl. Mt 21,33–41). In beiden Fällen ist der Weinberg ein Bild des Volkes Israel bzw. der Juden.
Es gibt wohl keine Kulturpflanze, die so viel Arbeit erfordert, bis sich die erwünschte Frucht zeigt, wie der Weinstock. Weinberg und Weinstock sind daher im Alten Testament häufig gebrauchte Bilder für Israel, das irdische Volk Gottes (Jer 2,21; Hos 9,10; 10,1; Joel 1,7). In diesem Lied von seinem „Geliebten“ und „seinem Weinberg“ besingt Jesaja den Gott Israels und Sein irdisches Volk. Der „fruchtbare Hügel“ ist das Land Kanaan, in das der HERR Sein Volk eingeführt und dort reich gesegnet hatte. Er hatte es an nichts fehlen lassen: Er hatte ihm Sein Gesetz, die Priester und die Propheten gegeben und ihm Seine Hilfe und Bewahrung in vielerlei Hinsicht zuteil werden lassen (vgl. Röm 9,4.5