Der Magier von London - Benedict Jacka - E-Book

Der Magier von London E-Book

Benedict Jacka

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Beschreibung

Wenn deine Feinde stärker sind, musst du klüger sein! Der dritte Fall für den brillantesten Magier Londons.

Besuchen Sie London! Diese großartige Stadt bietet Ihnen neben dem Tower oder Madame Tussauds auch im wahrsten Sinne magische Nachtklubs. Aber vermeiden Sie es, diese in Begleitung des Magiers Alex Verus zu betreten. Er hat sich dort kürzlich sehr unbeliebt gemacht. Nun verlässt er London, um ein magisches Turnier zu besuchen, an dem seine Auszubildende Luna teilnehmen soll. Er macht sich ein wenig Sorgen um sie, denn immer mehr Lehrlinge der Londoner Magier verschwinden spurlos. Seine Sorgen sind berechtigt …

Die Alex-Verus-Romane von Benedict Jacka bei Blanvalet:
1. Das Labyrinth von London
2. Das Ritual von London
3. Der Magier von London
4. Der Wächter von London
5. Der Meister von London
6. Das Rätsel von London
7. Die Mörder von London
8. Der Gefangene von London
9. Der Geist von London
10. Die Verdammten von London
11. Der Jäger von London
12. Der Retter von London

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Seitenzahl: 492

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Buch

Besuchen Sie London! Diese großartige Stadt bietet Ihnen neben dem Tower oder Madame Tussauds auch im wahrsten Sinne magische Nachtklubs. Aber vermeiden Sie es, diese in Begleitung des Magiers Alex Verus zu betreten. Er hat sich dort kürzlich sehr unbeliebt gemacht. Nun verlässt er London, um ein magisches Turnier zu besuchen, an dem seine Auszubildende Luna teilnehmen soll. Er macht sich ein wenig Sorgen um sie, denn immer mehr Lehrlinge der Londoner Magier verschwinden spurlos. Seine Sorgen sind berechtigt …

Autor

Benedict Jacka (geboren 1981) ist halb Australier und halb Armenier, wuchs aber in London auf. Er war 18 Jahre alt, als er an einem regnerischen Tag im November in der Schulbibliothek saß und erstmals anstatt Hausaufgaben zu machen, Notizen für seinen ersten Roman in sein Schulheft schrieb. Wenig später studierte er in Cambridge Philosophie und arbeitete anschließend als Lehrer, Türsteher und Angestellter im öffentlichen Dienst. Das Schreiben gab er dabei nie auf, doch bis zu seiner ersten Veröffentlichung vergingen noch sieben Jahre. Er betreibt Kampfsport und ist ein guter Tänzer. In seiner Freizeit fährt er außerdem gerne Skateboard und spielt Brettspiele.

Die Alex-Verus-Romane von Benedict Jacka bei Blanvalet:1. Das Labyrinth von London2. Das Ritual von London3. Der Magier von Londonweitere Bände in Vorbereitung

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Deutsch von Michelle Gyo

Die Originalausgabe erschien 2012 unter dem Titel »Taken« bei Orbit, London.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright der Originalausgabe © 2012 by Benedict Jacka

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2019 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Angela Kuepper

Umschlaggestaltung und -illustration: © Max Meinzold, München, unter Verwendung eines Motivs von Anna Zelenska/Shutterstock.com

Karte: © Andreas Hancock

HK · Herstellung: sam

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-24881-9V007www.blanvalet.de

1

Der Starbucks im Londoner Stadtteil Angel befindet sich an der Ecke einer belebten Kreuzung der Pentonville Road und Upper Street. Er liegt etwas nach hinten versetzt zwischen den umliegenden Bürogebäuden und hat eine Glasfront, durch die Licht einfällt. Die Theke ist im Erdgeschoss; wenn man aber in den ersten Stock hinaufgeht, überblickt man die Haupteinkaufsstraße und die Menschenmenge, die aus der U-Bahn-Station Angel strömt. Gegenüber von Starbucks steht Angel Square, ein weitläufiges, sonderbar entworfenes Gebäude, das orange und gelb kariert ist und von einer Turmuhr gekrönt wird. Die Turmuhr ragt über der City Road auf, eine lange Schnellstraße, die bergab führt und King’s Cross mit der City verbindet.

Um elf Uhr morgens war die morgendliche Rushhour längst vorbei, aber die Straßen und Gehwege waren immer noch voll, und das dauerhafte Grollen der Motoren wurde von der Glasscheibe gedämpft.

In dem Laden selbst war es ruhig. Zwei Frauen in Arbeitskleidung unterhielten sich über ihre Latte und Muffins hinweg, während ein phlegmatisch aussehender Mann mit ergrauendem Haar sich hinter seiner Times versteckte. Ein Student saß in seinen Laptop vertieft da, und drei Männer in Businessanzügen beugten sich über einen Tisch, der mit Tabellen übersät war, ihre Getränke schienen sie vergessen zu haben. Leise drang Musik aus den Lautsprechern, und vom unteren Stockwerk tönte das Klappern von Tassen und das Summen der Kaffeemaschinen hinauf. Neben dem Fenster, in einem Sessel, der so stand, dass man die Straßen und jeden, der hereinkam, sehen konnte, hatte ich Platz genommen.

Ich mochte den Starbucks in Angel für Treffen. Man kommt leicht hin, die Aussicht ist hübsch, und dort herrscht genau die richtige Mischung aus Öffentlichkeit und Privatsphäre. Für gewöhnlich ist es hier ruhig – die meisten trendigen Leute ziehen die Cafés weiter nördlich an der Upper Street vor –, aber es ist nicht so ruhig, dass man jemanden auf dumme Gedanken bringt. Vermutlich gefiele es mir noch besser, wenn ich Kaffee trinken würde. Andererseits würde ich es hier dann vielleicht auch nicht mögen, wenn man bedenkt, wie viele über Starbucks meckern.

Die Umgebung und die anderen Kunden hatte ich bereits geprüft, deshalb konnte ich mich voll und ganz auf die Frau konzentrieren, als sie den Laden unten betrat. Mittels der Divinationsmagie gibt es zwei Möglichkeiten, jemanden in Augenschein zu nehmen: Man sieht entweder in die Zukünfte, in denen man sich ihnen nähert, oder man sieht in die Zukünfte, in denen sie auf einen zukommen. Die erste Variante ist besser, wenn man sie analysieren will; die zweite ist angeraten, wenn man vorab über ihr Vorhaben gewarnt sein möchte. Ich entschied mich für die erste, sodass ich die Frau bereits seit fast einer Minute beobachtete, als sie endlich das erste Stockwerk betrat.

Sie sah gut aus – wirklich gut, mit goldenem Haar und wie gemeißelten Gesichtszügen, die mich an alten englischen Adel denken ließ. Sie trug einen cremefarbenen Hosenanzug, der vermutlich mehr kostete als meine gesamte Kleidung, und jeder wandte sich zu ihr um, als sie vorbeiging. Die drei Männer vergaßen ihre Tabellen, und die beiden Frauen hielten in ihrem Geplapper inne und musterten sie mit zusammengekniffenen Augen. Das Klackern ihrer Absätze hielt an, und sie sah auf mich herab. »Alex Verus?«

»Das bin ich«, erwiderte ich.

Sie setzte sich mir gegenüber, die Schenkel aneinandergepresst. Ich spürte, wie alle im Raum erst das Outfit der Frau und dann meine zerknitterte Hose und meinen Pulli in Augenschein nahmen. Jetzt, als wir uns auf Augenhöhe gegenübersaßen, erkannte ich, dass es nicht nur die hohen Absätze waren: Sie war wirklich groß, fast so groß wie ich. Sie trug nichts bei sich außer einer kleinen Handtasche. »Kaffee?«, fragte ich.

Sie warf einen Blick auf eine schmale Goldarmbanduhr. »Ich habe nur eine halbe Stunde.«

»Passt mir.« Ich lehnte mich im Sessel zurück. »Warum sagen Sie mir nicht, was Sie suchen?«

»Ich brauche …«

Ich hob die Hand. »Ich dachte, Sie würden sich vielleicht zuerst vorstellen.«

Kurz blitzte Ärger in ihrem Blick auf, aber er verschwand rasch. »Ich bin Crystal.«

Ich kannte ihren Namen bereits. Tatsächlich hatte ich keine Mühe gescheut, um einiges über Crystal herauszufinden in den zwei Tagen, seit sie mich kontaktiert und um ein Treffen gebeten hatte. Ich wusste, dass sie eine Weißmagierin war, eine vom Adel mit jeder Menge Kontakten. Ich wusste, dass sie in der Ratspolitik nicht mitspielte, doch sie hatte dort Freunde. Ich wusste, welche Art der Magie sie anwenden konnte, wo sie in England lebte und auch, wie alt sie war. Wofür sie mich brauchte, wusste ich jedoch nicht, und ich war hier, um es herauszufinden. »Was kann ich für Sie tun?«

»Ich gehe davon aus, dass Sie das White Stone kennen?«

»Das Turnier?«

Crystal nickte.

»Sollte das nicht bald beginnen?«, fragte ich.

»Die Eröffnungszeremonie findet diesen Freitag statt«, sagte Crystal. »In Fountain Reach.«

»Okay.«

»Fountain Reach ist mein Familiensitz.«

Ich zog die Augenbrauen hoch. »Okay.«

»Ich möchte, dass Sie mir helfen, die Veranstaltung zu leiten«, sagte Crystal. »Es ist sehr wichtig, dass alles glatt läuft.«

»Inwieweit leiten?«

»Zusätzlichen Schutz stellen. Ein Wahrsager wäre perfekt dafür.«

»Genau«, erwiderte ich. Diesem Schlag Mensch war ich in letzter Zeit oft begegnet. Leute, die von meiner Vorgeschichte hörten und davon ausgingen, dass ich ein Kampfmagier sein müsse. Es stimmt, dass ich ein Magier bin, und es ist wahr, dass ich Kämpfe ausgefochten habe, und es stimmt sogar auch, dass ich gegen Kampfmagier angetreten bin, aber das macht mich selbst noch nicht zum Kampfmagier. »Ich bin nicht wirklich ein Bodyguard.«

»Ich erwarte nicht, dass Sie als Kampfmagier auftreten«, sagte Crystal. »Sie wären eher ein … Sicherheitsberater. Sie würden mich vor jeglichen auf mich zukommenden Problemen warnen.«

»Welche Art von Problemen?«

»Wir erwarten über einhundert Magier, die an dem Turnier teilnehmen. Eingeweihte, Gesellen, einschließlich einer gewissen Anzahl von Repräsentanten der Schwarzmagier.« Crystal faltete die Hände. »Es wird einen Wettstreit geben. Möglicherweise wollen einige Teilnehmer ihren Groll abseits der Bahnen austragen.«

Das klang nach einem Rezept für Ärger. »Und sie aufzuhalten …«

»Es werden Kampfmagier vom Rat anwesend sein. Wir sind uns der eventuellen Schwierigkeiten sehr bewusst. Es wird ausreichend Sicherheitsmaßnahmen geben. Wir müssen nur dafür sorgen, dass die Sicherheitsleute zur rechten Zeit am rechten Ort sind.«

»Sie haben keine Warnungen oder Drohungen erhalten?«

»Nichts dergleichen. Es gibt bisher keine Anzeichen, dass es zu Problemen kommen könnte, und wir hätten gerne Ihre Hilfe, um sicherzugehen, dass es auch so bleibt.«

Ich dachte darüber nach. Für gewöhnlich hatte ich mich in der Vergangenheit von solchen Turnieren ferngehalten; meine Lehrer hatten sie für Zeitverschwendung gehalten, und im Großen und Ganzen stimmte ich ihnen zu. Doch wenn dort Eingeweihte waren, dann änderte das die Lage nach meinem Gefühl ein wenig. Erwachsene Magier zu schützen ist eine undankbare Aufgabe, aber Lehrlinge sind etwas anderes. »Was genau würden Sie von mir erwarten?«

»Nur, dass Sie ein Auge auf die Gäste haben. Möglicherweise ein paar Ermittlungen, falls notwendig. Wir sind vor allem darum bemüht, die jüngeren Lehrlinge zu schützen, deshalb hoffen wir, dass Sie dabei helfen.«

Ich begann zu nicken – und hielt inne.

Crystal sah mich an. »Stimmt etwas nicht?«

Eine Sekunde lang schwieg ich, dann lächelte ich sie an. »Nein. Keineswegs. Sie sagen etwas von Ermittlungen?«

»Natürlich ist es bei einigen Magiern wahrscheinlicher, dass sie Ärger machen werden, als bei anderen. Wir sind niemandem gegenüber besonders misstrauisch gesonnen, aber es ist gut möglich, dass Dinge auftreten, die unsere Aufmerksamkeit auf jemanden lenken. Wenn das geschieht, wäre es sehr hilfreich, wenn Sie für uns etwas über sie herausfinden könnten. Vorgeschichte, Verbindungen, solche Dinge.«

»Ich nehme an, es ist Personal anwesend?«

»Oh ja, die Diener werden sich um all das kümmern. Sie würden als einer der Gäste angesehen werden.«

»Und Sie sagten, die Eröffnungszeremonie ist am Freitag. Die Gäste werden wann eintreffen? Am selben Tag?«

»Genau.« Crystal wirkte jetzt entspannt, das Gespräch lief gut. »Wir erwarten die ersten Gäste am Morgen, doch je früher Sie eintreffen können, desto besser.«

»Und die Bezahlung?« Ich dachte an Bargeld, und zwar so bald wie möglich.

»Zukünftige Dienste, wie üblich. Wenn Sie jedoch etwas Konkreteres vorziehen, ist das völlig akzeptabel.«

»Bis wann könnten Sie die Bezahlung arrangieren?«

»Sofort, natürlich.«

»Nun.« Ich lächelte Crystal an. »Dann ist alles klar.«

»Hervorragend. Dann können Sie kommen?«

»Nein.«

Das Lächeln verschwand von Crystals Gesicht. »Wie bitte?«

»Nun, ich fürchte, es gibt da ein paar Probleme.« Ich beugte mich lässig vor. »Das erste Problem ist, dass mich in den letzten paar Monaten eine Menge Leute auf diese Art angesprochen haben, nicht nur Sie. Und auch wenn alles oberflächlich betrachtet gut aussah, haben sich die letzten paar Male, die ich zugestimmt habe, als … Nun, lassen Sie uns einfach sagen, mir ist nicht nach einer Wiederholung.«

»Wenn Sie eine ältere Verpflichtung haben, bin ich sicher, dass wir …«

»Nein, können wir nicht. Denn das zweite Problem ist, dass Sie meine Gedanken gelesen haben, seit Sie sich hingesetzt haben.«

Crystal hielt jetzt ganz still. »Ich fürchte, ich verstehe nicht«, sagte sie endlich.

»Oh, Sie waren sehr raffiniert«, erwiderte ich. »Ich denke, den meisten Magiern würde es nicht einmal auffallen.«

Crystal rührte sich nicht, und ich sah, wie die Zukünfte waberten. Flucht, Kampf, Drohungen.

»Entspannen Sie sich«, sagte ich. »Wenn ich einen Kampf anfangen wollte, hätte ich Ihnen nichts davon gesagt.«

Die Zukünfte regten sich noch einen Augenblick, dann beruhigten sie sich.

»Tut mir leid«, sagte Crystal. Sie strich ihr Haar zurück und sah dabei reumütig drein. »Das hätte ich nicht tun sollen, ich weiß. Ich war nur so in Sorge, dass Sie Nein sagen könnten.« Sie sah mich flehend an. »Wir brauchen jemanden, der so erfahren ist wie Sie. Bitte – werden Sie uns helfen?«

Ich sah Crystal lange an. »Nein«, sagte ich dann. »Das werde ich nicht. Auf Wiedersehen, Crystal.«

Wieder schwand das Lächeln von Crystals Gesicht, und diesmal kehrte es nicht zurück. Sie musterte mich einen Augenblick lang, ohne eine Miene zu verziehen, dann erhob sie sich in einer einzigen fließenden Bewegung und ging mit klackernden Absätzen davon.

Ich hatte gewusst, dass Crystal eine Geistesmagierin war, und doch hatte ich ihren Zauber nicht bemerkt. Aktive Geistesmagie wie Suggestion ist leicht zu erkennen, wenn man weiß, wonach man sucht. Aber ein Magier, der gut ist in der passiven Wahrnehmung, ist sehr viel schwerer zu ertappen, wenn er die Gedanken liest, die andere senden. Ich war nur darauf gekommen, weil Crystal zu glatt gewesen war. In einer echten Unterhaltung sagt einem niemand genau das, was man gerade hören möchte.

Auch die letzte Reaktion hatte mich zum Grübeln gebracht. Bei ihrer Gabe und ihrem Aussehen war mir in den Sinn gekommen, dass Crystal vermutlich nicht daran gewöhnt war, nicht ihren Willen zu bekommen. In ihrer Gegenwart sollte ich wohl besser aufpassen, wenn wir uns wieder trafen.

Plötzlich bemerkte ich, dass jeder im Laden mich beobachtete. Einen Augenblick fragte ich mich, warum, dann grinste ich in mich hinein, denn mir wurde klar, wie wir ausgesehen haben mussten. Ich ließ mein Getränk auf dem Tisch stehen und legte den Spießrutenlauf aus Blicken zurück, ins Erdgeschoss hinab und dann hinaus auf Londons Straßen.

Solche Angebote hatte ich früher nie bekommen. Noch vor einem Jahr waren Wochen vergangen, ohne dass ich einen anderen Magier gesehen hätte. In der magischen Gesellschaft war ich damals ein Unbekannter, und alles in allem mochte ich es so.

Es ist schwer zu sagen, was sich verändert hatte. Ich hatte immer geglaubt, es läge an der Sache mit dem Schicksalsweber, aber zurückblickend denke ich eher, es hat mehr mit mir selbst zu tun. Vielleicht war ich es einfach müde, allein zu sein. Was immer es war, ich war wieder an der magischen Welt beteiligt und tat so einiges dafür, mir einen Ruf zu machen.

Wenn auch nicht unbedingt einen guten Ruf. Den Schicksalsweber hatte ich in einem harten Kampf erworben, in dessen Verlauf ich mir einige ziemlich mächtige Feinde gemacht hatte, von denen einer sich fünf Monate später an mir zu rächen versucht hatte. Ein Kampfmagier der Weißen namens Belthas hatte ein besonders fieses Ritual für sich allein haben wollen, und als ich versucht hatte, ihn aufzuhalten, hatte es einen Kampf gegeben. Und als der Staub sich gelegt hatte, war Belthas weg gewesen.

Das war der Zeitpunkt, an dem andere Magier begannen, von mir Notiz zu nehmen. Belthas war gut gewesen – wirklich gut, einer der gefährlichsten Kampfmagier im Land –, und ganz plötzlich schenkten eine Menge Leute mir ihre Aufmerksamkeit. Immerhin könnte ich ein nützliches Werkzeug für ihre Seite sein, wenn ich jemanden wie Belthas hatte schlagen können. Und wenn ich nicht auf ihrer Seite stünde … nun, dann würden sie vielleicht in Erwägung ziehen, deshalb etwas zu unternehmen.

Ganz plötzlich musste ich Winkelzüge machen. Nahm ich einen Job an, brachte man mich in Verbindung mit demjenigen, für den ich arbeitete. Lehnte ich einen ab, riskierte ich es, jemanden zu beleidigen. Und nicht alle Jobangebote waren angenehm. Mehr als ein Dunkelmagier ging davon aus, dass ich bereit sein könnte, noch ein paar Weißmagier auszuschalten, da ich es schon mit einem aufgenommen hatte, und ich muss sagen, diese Leute nehmen eine Abfuhr wirklich nicht gut auf.

Völlig neu bin ich in der Politik aber auch nicht. Meine Lehre machte ich bei einem Schwarzmagier namens Richard Drakh in einem Umfeld, in dem Vertrauen Selbstmord gleichkam und ein Wettkampf buchstäblich eine Sache von Leben und Tod war. Das hat mir ein paar gewaltige Probleme in Beziehungen eingebracht, aber als Lehrbuch für Macht und Manipulation ist das schwer zu toppen. Crystal war nicht die Erste, die versucht hatte, mich für sich einzuspannen – und sie war nicht die Erste, die dabei eine Überraschung erlebte.

Aber gerade jetzt war mir nicht danach, mich damit auseinanderzusetzen. Ich verbannte Crystal aus meinen Gedanken und zog los, um meinen Lehrling zu suchen.

Magier haben keine einzelne Operationsbasis – es gibt kein zentrales Hauptquartier oder so etwas. Stattdessen stehen dem Rat eine Auswahl an Anwesen über England verteilt zur Verfügung, die sie abwechselnd nutzen. Dieses hier war ein altes Sportstudio in Islington, ein quadratisches Gebäude mit verblassten roten Ziegelsteinen, das versteckt in einer Hintergasse lag. Der Mann an der Rezeption blickte auf, als ich hereinkam, und nickte mir zu. »Hey, Mr. Verus. Suchen Sie die Studenten?«

»Ja. Und den Typen, der auf mich wartet.«

»Oh. Äh, ich soll nicht darüber reden …«

»Ja, ich weiß. Danke.« Ich öffnete die Tür, schloss sie hinter mir und sah den Mann an, der an der Flurwand lehnte. »Weißt du, für jemanden, der kein Wahrsager ist, scheinst du ziemlich gut zu wissen, wo man mich finden kann.«

Talisid ist mittleren Alters, er hat Geheimratsecken, und jedes Mal, wenn ich ihn sehe, scheint er den gleichen unscheinbaren Anzug zu tragen. Hätte er auch noch eine Brille auf der Nase, sähe er aus wie ein Mathelehrer oder vielleicht auch wie ein Buchhalter. Auf den ersten Blick wirkt er unscheinbar, aber etwas in seinem Blick lässt ahnen, dass er vielleicht mehr ist, als er zu sein scheint.

Ich weiß nie genau, was ich von Talisid halten soll. Er hat mit einigen hohen Tieren im Rat zu tun, aber welches Spiel er spielt, weiß ich nicht.

»Verus«, sagte Talisid und nickte mir zu. »Hast du kurz Zeit?«

Ich ging auf die Türen am Ende des Flurs zu. Talisid lief neben mir her. »Da du schon hier bist«, sagte ich. »Ich schätze, entweder stecke ich in Schwierigkeiten oder werde es bald tun.«

Talisid schüttelte den Kopf. »Hat dir mal irgendjemand gesagt, dass du ein bemerkenswert zynischer Mensch bist?«

»Ich würde eher sagen, ich habe aus meinen Erfahrungen gelernt.«

»Ich habe dich nie gezwungen, einen Auftrag anzunehmen.«

»Ich weiß.«

Die Türen führten in ein Treppenhaus. Schmale Sonnenstrahlen strömten durch Fensterspalte aus Milchglas und ließen die Staubflusen in der Luft glitzern. Sie beleuchteten uns, als wir die Treppe hinaufstiegen, hüllten uns abwechselnd in Licht und Schatten. »Okay«, sagte ich. »Schieß los.«

»Die Aufgabe, bei der ich gerne deine Hilfe hätte, ist sehr wahrscheinlich schwierig und gefährlich«, sagte Talisid. »Außerdem gilt strikte Geheimhaltung. Du darfst niemandem Details erzählen oder dass du überhaupt für uns arbeitest.«

Mit einem Stirnrunzeln sah ich ihn über die Schulter hinweg an. »Warum die ganze Geheimniskrämerei?«

»Das wirst du verstehen, sobald du die Details hörst. Ob du den Auftrag annimmst, bleibt dir überlassen, aber die Schweigepflicht nicht.«

Ich dachte kurz nach. »Was ist mit Luna?«

»Der Rat würde es vorziehen, die Anzahl der Menschen, die Bescheid wissen, so gering wie möglich zu halten«, sagte Talisid. »Aufgrund der … Natur des Problems denke ich allerdings, dass dein Lehrling hilfreich sein könnte.« Talisid schwieg kurz. »Sie wäre ebenfalls in großer Gefahr.«

Wir erreichten das oberste Geschoss und blieben an den Türen zum Flur stehen. »Du findest mich ein Stück den Gang hinunter«, sagte Talisid. »Wenn du dich entschieden hast, gib mir Bescheid.«

»Du kommst nicht rein?«

Talisid schüttelte den Kopf. »Je weniger Menschen über mein Mitwirken wissen, desto besser. Ich sehe dich in zwanzig Minuten.«

Ich sah Talisid mit einem Stirnrunzeln hinterher. Ich hatte schon einige Jobs für Talisid erledigt, und obwohl sie generell erfolgreich gewesen waren, waren sie nie sicher gewesen. Tatsächlich waren sie ausgesprochen unsicher gewesen. Wenn er den Auftrag schon von sich aus als »schwierig und gefährlich« bezeichnete … Ich drehte mich um und stieß die Türen auf.

Der oberste Flur war einmal eine Boxhalle gewesen. Ketten hingen von der Decke, aber die schweren Säcke waren entfernt worden, genau wie der Ring in der Mitte. Matten bedeckten den Boden, und Licht fiel durch die Fenster weit oben herein. Zwei klotzige Keramikgebilde waren an jeder Seite der Halle aufgebaut, sie waren drei Meter hoch und sahen aus wie ein Paar gigantischer Stimmgabeln.

In dem Raum hielten sich fünf Studenten und ein Lehrer auf. Drei der Studenten standen an der gegenüberliegenden Wand: ein kleines asiatisches Mädchen mit rundem Gesicht, ein blonder Junge mit Brille und ein weiterer Junge mit dunkler indischer Haut und dem khakifarbenen Turban der Sikh, der Abstand von den anderen beiden hielt. Alle sahen aus wie um die zwanzig. Ich kannte ihre Namen nicht, hatte sie aber schon oft genug gesehen, um sie als Senioren aus dem Lehrlingsprogramm zu identifizieren.

Das andere Mädchen kannte ich ein wenig besser. Sie war groß und schlank, mit schwarzem Haar, das ihr auf die Schultern fiel; ihr Name war Anne. Und dicht neben ihr (aber nicht zu dicht) stand Luna, mein Lehrling.

Der Lehrer war knapp dreißig, gut gekleidet und sah wohlhabend aus, mit kurzem dunklem Haar und olivfarbener Haut, und er unterbrach seine Rede, als ich eintrat. Fünf Paar interessiert wirkender Augen folgten dem Blick des Lehrers und wandten sich in meine Richtung.

»Hi, Lyle«, sagte ich. »Wusste nicht, dass du jetzt unterrichtest.«

Lyle zögerte. »Äh …«

Ich winkte mit einer Hand. »Lasst euch nicht stören. Macht weiter.« Ich suchte mir einen Platz an der Wand und lehnte mich dagegen.

»Äh«, Lyle sah von den Studenten zu mir. »Ähm. Das Ding – nun, als ich – ja.« Er verhaspelte sich, offensichtlich aus dem Konzept gebracht. Lyle konnte nie gut mit Überraschungen umgehen. Ich sah ihn mit erhobenen Augenbrauen und fragender Miene an. Irgendwie hatte ich gerade keine Lust, es ihm einfach zu machen.

Lyle war einer der ersten Weißmagier gewesen, dem ich begegnet war, als Richard Drakh mich in die magische Gesellschaft eingeführt hatte. Wir waren damals beide Teenager, aber Lyle hatte mir ein paar Jahre Erfahrung voraus: Sein Talent hatte sich vor meinem entwickelt, und er hatte Zeit gehabt, die Besonderheiten der sozialen Spiele zu erlernen. Ich war ein Schwarzmagier, und es hatte nie zur Debatte gestanden, dass Lyle versuchen würde, für den Rat zu kandidieren, aber dennoch waren wir Freunde geworden. Wir verließen uns beide mehr auf unsere Findigkeit als auf unsere Kraft, und unsere Arten der Magie ergänzten einander gut. Unglücklicherweise stellten sich unsere Ziele als weniger kompatibel heraus.

Zu der Zeit versuchte ich noch, mich zurechtzufinden, war unsicher, was ich sein wollte. Lyle auf der anderen Seite wusste genau, was er wollte: Ansehen, Aufstieg, Prestige, eine Stelle in der Ratsbürokratie, von der aus er sich nach oben arbeiten konnte. Und als ich Richards Wohlwollen verlor und damit auch jegliches Ansehen, das ich vielleicht gehabt hatte, musste Lyle sich zwischen mir und seinen Ambitionen entscheiden. Mich zu unterstützen hätte ihn etwas gekostet. Als ich also auftauchte, allein und verzweifelt, tat Lyle, als wäre ich nicht da. Dem Gesetz der Magier nach ist die Beziehung zwischen Meister und Lehrling heilig. Ein Lehrling fällt ausschließlich in den Verantwortungsbereich seines Meisters. Ich hatte mich Richard widersetzt, war vor ihm geflohen, und es war Richards Recht, mit mir zu verfahren, wie es ihm gefiel. Die Weißmagier wussten, dass Richard seinen Ausreißer einsammeln würde, also schlossen sie mich aus … und warteten darauf, dass er die Sache zu Ende brachte.

Aber dann geschah etwas, womit weder die Weißmagier noch die Schwarzmagier gerechnet hatten. Als Richard Tobruk schickte, um mich zu töten – der grausamste und mächtigste seiner vier Lehrlinge –, war es Tobruk, der starb. Und in der Folge verschwand Richard mit seinen beiden übrigen Lehrlingen, Rachel und Shireen, statt zu mir zu kommen und Rache zu üben. Man ließ mich am Leben, in Sicherheit … und allein.

Technisch gesehen hatte ich nach Magierrecht nichts Falsches getan. Es ist nicht illegal, wenn ein Lehrling sich erfolgreich gegen seinen Meister verteidigt; es kommt nur so verdammt selten vor, dass niemand sich je die Mühe gemacht hatte, ein Gesetz dafür zu erlassen. Aber ich hatte eine Tradition gebrochen, die älter war als das Recht. Ein Lehrling soll seinem Meister im Guten wie im Schlechten folgen, und kein anderer Magier hätte mich noch angenommen – schließlich hätte ich mich gegen einen weiteren Meister auflehnen können, wenn ich schon gegen einen rebelliert hatte. Außerdem war sich niemand so ganz sicher, was mit Richard geschehen war. Er konnte für immer verschwunden sein – oder er konnte plötzlich wieder auftauchen, und wenn das geschah, wollte keiner in meiner Nähe sein. Also distanzierten die anderen Magier sich erneut von mir und warteten ab.

Sie warteten und warteten und warteten noch länger, bis sie mich schließlich völlig vergaßen, und zu diesem Zeitpunkt war ich froh darüber. Ich war dabei, mir selbst ein neues Leben aufzubauen. Ich reiste, erlebte ein paar Abenteuer. Als Resultat eines dieser Abenteuer hatte ich einen Laden geerbt, ein kleines Geschäft in den Seitenstraßen von Camden Town. Ich wollte es ursprünglich nur ein paar Monate lang führen, aber als Monate zu Jahren wurden, erkannte ich, dass es mir gefiel. Der Laden und die Wohnung darüber wurden mein Aufenthaltsort, später dann mein Zuhause. Ich fand neue Freunde. Und nach und nach erinnerte ich mich wieder daran, wie es war, glücklich zu sein.

Und dann trat eines Tages Lyle in meinen Laden und brachte mich zurück in die Magierwelt mit ihrer Politik und ihren Allianzen und Gefahren. Dieses Mal war ich vorbereitet. Und dieses Mal stellte ich zu meiner Überraschung fest, dass es mir gefiel …

Ich löste mich aus meinem Tagtraum. Lyle redete, er schien sein Selbstvertrauen wiedergewonnen zu haben, obwohl es offensichtlich war, dass es ihm lieber gewesen wäre, wenn ich nicht da wäre.

»… erinnert, dass ihr in einem Duell sowohl euren Meister als auch den Rat repräsentiert«, sagte er gerade. »Ich weiß, dass ein paar von euch das noch nie gemacht haben, aber es ist sehr wichtig, dass ihr keine Fehler begeht. Lasst uns noch einmal die grundlegenden Begrüßungen durchgehen … Ja?«

Luna war diejenige, die die Hand gehoben hatte. »Ähm«, sagte Luna. »Könntest du erklären, wie diese Duelle funktionieren?«

Lyle sah sie an und blinzelte. »Was meinst du?«

Luna blickte sich um und merkte, dass alle anderen sie beobachteten. »Nun …« Sie schien ihre Worte sorgsam zu wählen. »Du hast den Auswahlprozess erklärt. Und die Rituale und die Begrüßungen und das Ende. Was ist mit dem Teil in der Mitte?«

»Welcher Teil?«

»Äh … das eigentliche Duell.«

»Nun, das kommt drauf an, schätze ich.« Lyle sah verwirrt aus. »Stile ändern sich und all das. Ich persönlich finde, dass die Leistung wichtiger ist.«

»Wir sollen für ein Turnier heute üben«, sagte der Sikh-Junge. Er klang unfreundlich.

»Oh.« Lyle sah sich um. »Nun, äh … ja, vielleicht machen wir also einen Übungskampf.« Lyle blickte kurz zu Luna hinüber, dann zeigte er auf die beiden anderen Mädchen. »Natasha und, mh, Anne. Warum fangt ihr nicht an.«

Das Mädchen mit dem runden Gesicht, Natasha, sah Anne erwartungsvoll an. Anne neigte den Kopf leicht in Lyles Richtung. »Es tut mir leid, aber ich kann nicht.«

Natasha gab ein unfeines Geräusch von sich, und der Junge mit der Brille verdrehte die Augen. »Oh Gott, nicht das wieder.«

»Äh …« Lyle sah überrascht aus. »Gibt es einen medizinischen Grund …?«

»Nein, ihr geht’s gut«, warf Natasha ein. »Sie macht’s nur einfach nicht.«

»Anne?«, fragte Lyle. »Gibt es einen Grund?«

»Es tut mir leid«, sagte Anne wieder. Sie hatte eine leise, ruhige Stimme. »Ich möchte keinen Ärger machen.«

»Das hat nichts mit Ärger zu tun«, sagte Lyle mit einem Stirnrunzeln. »Solange du oder dein Meister keinen guten Grund anführen könnt, wird von dir erwartet, dass du teilnimmst.«

Anne antwortete nicht. »Nun gut«, sagte Lyle und deutete in die Hallenmitte. »Geh schon.«

Keine Antwort. »Anne?«, fragte Lyle gereizt. »Hast du mich gehört?«

Anne stand schweigend da und sah Lyle an.

»Das ist ein Befehl«, erklärte Lyle und deutete auf die Matten. »Geh da rüber und mach mit.«

Anne bewegte sich immer noch nicht, und Lyle stand mit ausgestrecktem Arm da. Er sah ein wenig lächerlich aus, und jeder im Raum beobachtete ihn. Lyle zögerte, dann senkte er rasch den Arm. »Anne, würdest du bitte tun, was ich dir sage?« Es sollte wohl autoritär klingen, aber es kam mehr wie eine Bitte heraus.

Anne schüttelte stumm den Kopf. »Oh, das ist so ein Mist«, sagte Natasha wütend. »Wieso kann sie das einfach tun?«

»Mach einfach das Duell«, warf der andere Junge ein.

»Ja, äh …«, sagte Lyle. »Ich muss euch die Ernsthaftigkeit dessen einschärfen. Den direkten Befehl eines zugelassenen Lehrers zu verweigern ist …«

»Warum unternehmt ihr nicht irgendwas wegen ihr?«, wollte Natasha wissen. »Sie macht das immer, und jedes Mal kommt sie damit durch.«

»Lasst sie in Ruhe«, sagte Luna.

»Halt du dich da raus.«

»Was geht es dich an?«, fragte Luna. »Wenn du so dringend ein Duell willst, probier’s mit mir.«

»Ich muss nicht …«, begann Natasha wütend, der Junge mit der Brille fiel ihr ins Wort, und sowohl Luna als auch der Sikh-Junge redeten noch lauter als er.

»Ruhe«, sagte Lyle. »Ruhe!« Nach und nach gehorchten sie ihm. Die fünf Studenten wurden still und sahen einander finster an.

»Wie ich sagte«, setzte Lyle an, dann wanderte sein Blick zu Anne, und er verstummte. Anne hatte sich nicht gerührt. Ihre Haltung war nicht streitlustig, sie schaute Lyle mit ruhiger, höflicher Miene an. Lyle sah Luna an, dann Natasha.

Es war leicht, Lyles Gedanken zu lesen. Er wollte Anne zwingen, das zu tun, was man ihr befahl, aber ihm fiel nicht ein, wie er das erreichen könnte. Die Alternative war, Luna an ihre Stelle treten zu lassen, und das wollte er auch nicht für den Fall, dass mich das reizte. Am Ende tat Lyle das, was er immer tat: Er gab die Verantwortung ab.

»Äh«, sagte er und sah zu mir. »Wenn dein Lehrling nichts dagegen hat …«

Ich nickte zu Luna hinüber. »Frag sie.«

»Äh«, sagte Lyle wieder. »Gut. Also. Natasha und, äh, Luna. Nehmt eure Fokusse …«

Natasha wisperte dem Jungen mit der Brille etwas zu. Ich ging auf Luna zu, bedeutete ihr mit einer Geste, dass wir uns am Tisch in der Ecke treffen sollten, aber Anne kam zuerst dort an.

»Du musst das nicht tun«, sagte sie leise.

Anne ist groß und schlank, nur ein paar Zentimeter kleiner als ich; dunkles Haar umrahmt ihr herzförmiges Gesicht. Sie sieht aus wie zweiundzwanzig, Lunas Alter, was für einen Lehrling älter ist – die meisten werden mit etwa einundzwanzig zu Gesellen. Ihre Augen haben eine merkwürdige rotbraune Farbe und stehen ein wenig schräg, sodass sie etwas Katzenhaftes haben, und ihren Bewegungen haftet etwas Ruhiges an. Sie ist bemerkenswert, aber sie hat eine stille, zurückhaltende Art, mit der sie leicht in den Hintergrund gerät.

Luna sieht ganz anders aus. Sie ist von durchschnittlicher Größe, mit welligem braunem Haar, das sie zu mehreren kleinen Knoten hochzwirbelt, und einem ganz besonderen Hautton, den sie sowohl von ihrem italienischen Vater als auch ihrer englischen Mutter geerbt hat. In einer Menschenmenge würde sie nicht auffallen, wenn sie jemals bereit wäre, sich unter andere zu mischen, was sie nicht tun würde. Sie hatte immer einen distanzierten Blick, aber dieser Tage wirkt sie lebhafter, mit der Welt verbunden. Als Anne sprach, warf Luna ihr einen flüchtigen Blick zu und trat automatisch zurück. »Mach dir keinen Kopf deswegen.«

»Ich möchte nicht, dass du meinetwegen in Schwierigkeiten gerätst.«

Luna zuckte mit den Schultern. »Sie ging mir sowieso auf die Nerven.«

Anne hatte mir den Rücken zugewandt, aber als ich zu ihnen trat, drehte sie sich um und neigte leicht den Kopf. »Hallo, Mr. Verus.«

»Er hasst es, wenn Leute ihn so nennen«, sagte Luna, ohne aufzublicken. »Nenn ihn einfach Alex.«

Anne sah zwischen mir und Luna hin und her. »Ah …«

Eine scharfe Stimme erklang aus der Nähe. »Anne.«

Ich sah auf und erblickte den Sikh-Jungen, der uns mit einem Stirnrunzeln musterte. Er bedeutete Anne mit einer raschen Geste, zu ihm zu kommen. »Tut mir leid«, sagte Anne. »Würdet ihr mich kurz entschuldigen?«

Ich sah zu, wie Anne davonging. »Sie ist sehr höflich, nicht wahr?«, sagte ich, als sie außer Hörweite war.

»Sie ist immer so«, sagte Luna abwesend. »Okay, hilf mir hier mal. Ich habe keine Ahnung, wie ich die benutze.«

Der Sikh redete leise mit Anne, machte dabei rasche Gesten mit den Händen. Er hielt sein Gesicht abgewandt, aber an seiner Haltung merkte ich, dass er angespannt war. Ich sah eine Sekunde lang hinüber, dann schüttelte ich den Kopf und drehte mich wieder zu Luna um. »In Ordnung. Wie viel hat Lyle dir beigebracht?«

»Eine Menge Kram darüber, wie man sich verbeugt und knickst.«

»Also alles von vorn.« Ich nickte zu den gigantischen Stimmgabeln an beiden Enden der Halle. »Diese Keramikdinger sind Azimuth-Duellfokusse. Wenn sie aktiviert sind, halten sie ein Konversionsfeld um die Person aufrecht, auf die sie zielen. Das Konversionsfeld nimmt jede externe magische Energie auf, die es zu durchdringen versucht, und verwandelt sie in Licht. Im Grunde genommen ein Breitspektrumschild. Wenn dich ein magischer Angriff trifft, gibt’s einen Blitz, und nichts geschieht. Der Blitz wird für die Punkte gezählt. Ein Blitz, ein Punkt.«

Luna nickte. »Okay.«

»Das deckt die Verteidigung ab. Aber manche Magier können keine direkten magischen Angriffe ausführen.« Ich deutete auf den Tisch. »Da kommen die Fokuswaffen ins Spiel. Sie fungieren als Leiter. Du leitest deine Magie durch sie hindurch. Triff einen anderen damit, und das Konversionsfeld wird ausgelöst.«

Auf dem Tisch vor Luna lagen Gegenstände, die an Trainingswaffen erinnerten. Es gab keine große Auswahl, und alle waren abgenutzt und angeschlagen: so, wie ich sie nur mit einem ordentlichen Rabatt verkaufen würde. Luna zögerte, dann nahm sie ein Schwert, das aus hellem Holz gefertigt war. Als sie es berührte, floss der silbrige Nebel ihres Fluchs darum, sank in es hinein.

Luna ist eine Adeptin, keine Magierin. Adepten stehen nach Magiern auf der nächstunteren Stufe in der magischen Pyramide, und man stellt sie sich am besten als Magier vor, die nur einen einzigen Zauber wirken können. Das heißt nicht, dass sie schwach sind – tatsächlich neigen Adepten dazu, wirklich gut mit ihrem einen Spruch zu sein, da sie so viel Zeit mit dem Üben und Verfeinern dieser Fähigkeit verbringen –, allerdings haben sie nicht die Reichweite und die Fülle an Möglichkeiten, die Magiern zur Verfügung stehen. Luna ist für eine Adeptin insofern ungewöhnlich, als dass ihre Magie nicht aus ihr selbst kommt, sondern von außen: Ihr Zauber ist genau genommen ein Fluch, der in ihrer Familie von Tochter zu Tochter vererbt wird. Er bringt ihr Glück und allen anderen Pech, was bedeuten kann, dass man sich an Papier schneidet oder vom Blitz getroffen wird, je nachdem, wie gut sie aufpasst und wie nah man ihr kommt.

Für gewöhnlich wirkt ein Fluch wie dieser für immer an seiner Zielperson, aber in Lunas Fall war etwas Ungewöhnliches geschehen. Der Fluch war mit ihr aufgewachsen, hatte sich mit ihr verflochten, sodass er nicht entfernt werden kann – aber genau so, wie er ein Teil von ihr ist, ist sie ein Teil von ihm, und im letzten Jahr hatte sie angefangen zu lernen, wie man ihn kontrolliert. Sie kann ihn nicht abschalten, und sie darf niemanden berühren, aber sie ist sehr viel besser darin geworden, ihren Fluch von anderen Menschen wegzuleiten, von denen sie nicht möchte, dass sie verletzt werden – und natürlich auch, ihn Leuten auf den Hals zu hetzen, bei denen sie das möchte.

Es ist Adepten nicht direkt verboten, sich ausbilden zu lassen, aber es ist auch nicht üblich. Bisher war es nicht vorgekommen, zum Teil, weil niemand der Erste sein will, der zwischen einen Meister und seinen Lehrling gerät, und zum Teil, weil Lunas Bereich der Magie so wenig bekannt ist, dass sowieso nicht viele Magier den Unterschied zwischen Glücksmagierin und Glücksadeptin erkennen. Eines Tages wird dies vermutlich einigen Ärger verursachen, aber noch ist es nicht so weit.

Luna musterte das Schwert, um das sich ihr Fluch träge wand. Für meine Magiersicht sah Lunas Fluch aus wie ein silbrig grauer Nebel, der sich bewegte und wandelte, ständig von ihrer Haut ausströmte und in alles um sie herum eindrang. Für lebende Wesen ist dieser Nebel Gift, unsichtbar und absolut tödlich. Ich habe gesehen, wie Menschen eine Berührung mit Lunas Fluch mit nichts als ein paar Kratzern überlebten – ich habe aber auch einen Mann einen sehr gewaltsamen Tod sterben sehen, nur Sekunden nachdem er sie berührt hatte. Deshalb ist er so gefährlich – man kann nie vorhersagen, was er auslöst.

»Was soll ich tun?«, fragte Luna.

»Du machst das schon«, sagte ich. »Solange du das Schwert in der Hand hältst, lädt deine Magie es auf.«

Luna sah zweifelnd darauf. »Es sieht nicht aus wie …«

»Als würde irgendetwas geschehen?«

»Ja.«

Ich lächelte. »Fokusgegenstände richten sich nach dem, der sie nutzt. Deine Magie ist subtil, also ist der Effekt subtil.«

»Ist es in Ordnung, sie damit zu treffen?«

»Die Azimuth-Schilde reichen aus, um den größten Teil eines magischen Schlages abzuleiten. Hock dich nicht gerade auf sie drauf, aber ein paar Schläge tun ihr schon nichts.«

Mir wurde bewusst, dass es in der Halle still geworden war, und als ich aufsah, stellte ich fest, dass alle auf uns warteten. Natasha stand an einem Ende der Azimuth-Bahn. Anders als Luna trug sie keine Waffe.

»Luna?«, fragte Lyle. »Bist du bereit?«

Luna nickte. »Bereit.« Sie trat auf die Bahn. Ich sah, wie Lyle sich konzentrierte, seine Magie kanalisierte, und für meine Magiersicht leuchteten die beiden Fokusse mit Macht auf – Energie, die von ihnen ausging und sich um die beiden Mädchen legte und Schilde um sie wob. Luna zuckte zusammen und sah zu mir, als es sie berührte, und ich bekam mit, wie der silbrige Nebel ihres Fluchs flackerte und sich wand, sich mit dem Schild verband. Natasha sah nur gelangweilt drein. Anne und die beiden Jungen hatten sich entlang der Wand aufgestellt.

»Äh«, meinte Lyle. »Sagen wir, wer zuerst drei Punkte bekommt. Fertig und … los!«

Luna flitzte vor, das Schwert erhoben, und blaues Licht wallte um Natashas Hände herum auf.

Die Runde ging bis drei Punkte. Der Stand am Ende war drei zu null. Natasha und Luna kämpften zwei weitere Runden. Der Stand am Ende jeder dieser Runden war auch drei zu null.

Es war nicht so, dass Luna ungeschickt gewesen wäre oder so. Und kämpfen ist ihr nicht fremd; es gibt voll ausgebildete Magier, die weniger Kämpfe gesehen haben als Luna. Aber alle Kämpfe, die Luna und ich durchgemacht haben, waren von der fiesen, tödlichen Sorte gewesen, wo man dem anderen in den Rücken sticht, bevor er einem das Gleiche antun kann. Ein Duell ist völlig anders. Es ist kein Kampf; es ist ein Sport mit Regeln und Vorschriften und einem Schiedsrichter. Ein Duell zu gewinnen und einen Kampf zu überleben sind sehr unterschiedliche Dinge, und in dem einen gut zu sein bedeutet nicht unbedingt, dass man auch in dem anderen gut ist.

Lunas Gegnerin Natasha war nicht sonderlich stark oder schnell. Aber wie alle Elementarmagier hatte sie einen großen Vorteil, was die Reichweite betraf. Während Luna zu ihr hinlaufen musste, um sie zu treffen, konnte Natasha Luna einfach mit einer großen Wasserspritzpistole von den Füßen fegen.

Was sie auch tat. Wiederholt.

Als Lyle den Kampf endlich beendete, wartete ich am Tisch auf Luna. Sie bewegte sich steif, aber ich konnte sehen, dass sie eher wütend als verletzt war.

»Gute Arbeit«, sagte ich, als sie bei mir ankam.

Luna warf mir einen Blick zu.

»Ich meine es ernst.«

»Das hältst du für gute Arbeit?«

»Jeder verliert sein erstes Duell«, sagte ich. »Was zählt, ist, dass du ihr einen Kampf geliefert hast.«

»Wusstest du, dass ich so hoch verlieren würde?«

»Ich habe nicht nachgesehen.«

Natasha redete und lachte mit dem Jungen mit der Brille, ihre Hände bewegten sich lebhaft, als sie erzählte, wie sie Luna geschlagen hatte.

»In Ordnung«, rief Lyle. »Charles und Variam, warum probiert ihr es nicht als Nächste?«

Ich blickte zu Luna, sie war verärgert und offensichtlich beschämt wegen der Niederlage … und doch sah sie besser aus, als ich es jemals erlebt hatte. Als sie vor eineinhalb Jahren zum ersten Mal in meinen Laden gekommen war, hatte sie still und abwesend gewirkt und ihre Gefühle nie gezeigt. Die Lehrlingsausbildung ist nicht leicht, aber Luna war jetzt beschäftigt, sie hatte einen Platz in der Welt.

»Komm schon«, sagte ich. »Wir haben einen Auftrag angeboten bekommen.«

Ich wusste, dass Lyle es nicht infrage stellen würde, wenn ich Luna aus dem Kurs nahm, und er tat es auch nicht. Als die Tür hinter uns zuschwang, sah ich die beiden Jungen, Charles und Variam, die einander auf der Bahn gegenüberstanden. Ein Blick in die Zukunft sagte mir, dass dieser Kampf sehr viel ereignisreicher sein würde als der letzte.

2

»Lehrlinge verschwinden«, sagte Talisid.

Der kleine Raum am Ende des Flurs war zu einer Art Büro ausgestattet worden, mit einem alten Computer auf dem vollgestellten Schreibtisch. Verblasste Fotos von Sportmannschaften hingen an den Wänden, und von einem der Fenster aus überblickte man die Dächer Londons. Talisid hatte hinter dem Schreibtisch Platz genommen, während Luna still an einem Tisch in der gegenüberliegenden Ecke saß. Sie hatte Talisids Forderung nach Geheimhaltung zugestimmt und hörte nun mit gespitzten Ohren zu.

»Seit wann?«, fragte ich.

»Du weißt, dass man schon immer eine gewisse Ausfallrate bei dem Programm zu verzeichnen hatte«, sagte Talisid. »Einige geben auf. Andere fallen durch ihre Tests. Manche – nicht so viele, aber mehr, als uns lieb ist – laufen zu den Schwarzmagiern über. Und wieder anderen stößt etwas zu. Letzteres passiert selten, dankenswerterweise. Aber vor ein paar Wochen bemerkten einige Magier, dass mehr Lehrlinge verschwinden als gewöhnlich. Nun, wir haben jemanden darauf angesetzt und ein sehr beunruhigendes Muster entdeckt. Innerhalb der letzten drei Monate sind drei Lehrlinge aus dem Programm verschwunden. Kein Anzeichen, dass sie aufgegeben hätten oder einfach gegangen wären oder einen Unfall gehabt hätten. Sie sind einfach verschwunden.«

»Nur Lehrlinge? Keine erwachsenen Magier?«

»Wir nehmen es an, aber wir können nicht sicher sein. Gesellen und Meister müssen sich nicht erklären, so wie Lehrlinge.«

»Irgendein Muster bei dem Verschwinden?«

»Keines, das wir finden können.«

»Irgendwelche Verdächtigen?«

»Nun.« Talisid sah mich an. »Die Üblichen, nicht wahr?«

Ich schwieg. Luna blickte von Talisid zu mir. »Äh …?«, fragte sie nach einem Moment.

»Schwarzmagier«, sagte ich. »Sie waren auf einer Anwerbungsfahrt.« Ich sah Talisid an. »Du denkst, sie werben ab.«

»Oder ernten«, sagte Talisid.

Wieder herrschte Schweigen. »Selbst der Rat würde das nicht dulden«, sagte ich schließlich.

»Nein«, meinte Talisid. »Das würde einen weiteren Krieg auslösen.«

»Ja. Aber es gibt keinen Beweis.«

Wir standen einen Moment lang stumm da, dann schüttelte ich den Kopf. »Warum die Geheimhaltung?«

Sowohl Talisid als auch Luna sahen mich an.

»Das ist nicht genug«, sagte ich. »Okay, das Ganze wird Ärger nach sich ziehen. Aber jeder Magier, der sich dahinterklemmt, könnte das in Erfahrung bringen. Tatsächlich klingt es sehr danach, dass sie es bereits wissen. Und wenn das so ist, können sie die gleichen Dinge herausfinden wie ich gerade. Warum ist es so wichtig, all das geheim zu halten?«

Talisid blickte mich einen Augenblick lang an. »Wenn du einen vermissten Lehrling finden wolltest«, sagte er, »wie würdest du das anfangen?«

»Wenn ich die Ressourcen des Rats hätte?« Ich dachte nach, dann zuckte ich mit den Schultern. »Lokalisierungszauber und Detektivarbeit. Dann würde ich einen Zeitmagier nehmen und ihn bitten, an den Ort zurückzugehen, an dem sich die vermisste Person zuletzt aufgehalten hat.«

Talisid nickte. »Das haben wir alles gemacht.«

»Es hat nicht funktioniert?«

»Es hat nicht funktioniert.«

»Schleier?«

»Ja. Und noch etwas. In jedem Fall verschwand der vermisste Lehrling irgendwo, wo er nicht aufgespürt werden konnte. Keine Zeugen, keine Sachbeweise. Und nachdem sie einmal verschwunden waren, kamen sie nicht zurück.« Talisids Blick war grimmig. »Jeder Fall war glatt. Zu glatt. Wenn das simple Entführungen wären, hätten wir mittlerweile Spuren finden sollen. Einen anderen Lehrling, einen Zeugen, jemanden, der etwas gehört hat … Allein schon aufgrund des Gesetzes des Durchschnitts hätte da etwas sein sollen. Aber wir haben absolut nichts gefunden. Es ist, als hätte sich jeder vermisste Lehrling einfach in Luft aufgelöst.« Talisid schüttelte bedächtig den Kopf. »Ich glaube nicht, dass das Zufall ist. Ich denke, sie bekommen Informationen von einem Maulwurf. Jemand, der dem Lehrlingsprogramm der Weißmagier sehr nahesteht, liefert Fakten, wo die Lehrlinge zu finden sind und wie man sie allein zu fassen bekommt.«

Im Büro war es still. Draußen blitzte etwas vor den Dächern auf: eine Schildpattkatze. Sie stolzierte hinter einem Schornsteinkasten hervor, streckte sich träge, stellte sich an die Dachkante, sprang hinab auf einen Balkon und war verschwunden.

»Du weißt nicht, wem du vertrauen kannst«, sagte ich schließlich.

Talisid nickte.

»Aber du vertraust mir?«

»Du stehst nicht direkt in Verbindung mit dem Rat«, sagte Talisid. »Außerdem denke ich, es ist … unwahrscheinlich, dass du für so etwas verantwortlich sein könntest.« Er sah mich durchdringend an. »Es gibt ein weiteres Problem. Wenn wir jemanden ohne Beweis beschuldigen, wird das nicht nur gewaltigen Unfrieden stiften, sondern auch die Verantwortlichen vorwarnen. Wir müssen uns sicher sein, und wir müssen den Beweis haben.«

Ich dachte kurz nach, dann schüttelte ich den Kopf. »Also keine Hinweise, ich kann keine Hilfe von anderen Weißmagiern erbitten, und selbst wenn ich herausfinde, wer verantwortlich ist, nutzt das nichts, solange ich es nicht beweisen kann. Du verlangst überhaupt nicht viel, oder?«

»Ich habe dich vorgewarnt.«

»Im Ernst! Du gibst uns wenigstens Kopien deiner Untersuchungen, richtig?«

»Ein wenig mehr als das.« Talisid reichte mir einen dicken braunen Ordner. »Ich kann dich mit demjenigen in Verbindung bringen, der Untersuchungsergebnisse niedergeschrieben hat.« Er lächelte ein wenig. »Ich denke, du kennst ihn.«

Ich öffnete den Ordner, blätterte zu dem Namen, der unten stand, und lachte auf. »Okay. Also bekomm ich doch ein wenig Hilfe.«

»Lass uns hoffen, dass das genug ist.« Talisids Lächeln war verschwunden, als er aufstand. »Ich fürchte, alles, was ich bisher probiert habe, hat mich nur vor eine Wand laufen lassen. Also hoffe ich, dass du Erfolg hast, denn wenn nicht, weiß ich nicht, wann das aufhören wird.« Er nickte uns zu. »Verus, Luna. Viel Glück.«

Als wir wieder in die Halle kamen, hatte sich die Aufregung über Charles’ und Variams Duell gelegt. Alles, was in Brand gesetzt worden war, war gelöscht, die Möbel qualmten nur noch vor sich hin, und Lyle las Charles und Variam die Leviten. »… vollkommen inakzeptabel«, sagte er gerade. »Vollkommen inakzeptabel! Ihr hättet einander umbringen können, von allen anderen ganz abgesehen! Ein Duell ist ein formaler Test eurer Fähigkeiten, keine primitive Schlägerei. Ihr solltet die Traditionen des Rats würdigen und …«

»Was ist passiert?«, flüsterte Luna.

»Ich habe das Gefühl, Charles und Variam mögen einander nicht besonders«, murmelte ich.

»Und noch etwas …« Lyle sah uns und brach ab. Frust flog über seine Miene, und er hob die Hände. »Na los! Der Unterricht ist vorbei! Ihr seid entlassen!«

Die Lehrlinge liefen auseinander, nahmen ihre Mäntel und packten Taschen.

»Wo fangen wir an?«, fragte Luna.

»Wir gehen zurück in den Laden«, sagte ich. »Als Erstes arbeiten wir uns durch das Material, das Talisid uns gegeben hat.«

Das kurze Holzschwert, der Fokus, den Luna genutzt hatte, lag immer noch bei ihrer Tasche. Sie nahm es mit einer Grimasse auf und legte es auf den Tisch zurück. »Ich hasse das Ding«, sagte sie, als sie zu mir zurückkam. »Es fühlt sich falsch an.«

»Wie – falsch?«

»Wie die falsche Größe. Es fühlt sich an, als würde meine Magie die ganze Zeit über dagegen ankämpfen.«

»Hm.« Ich sah Luna nachdenklich an. »Vielleicht ist es Zeit, dass wir dir eine Fokuswaffe besorgen.«

»Bitte nicht die.«

Ich schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn deine Magie so übel reagiert. Versuch ein paar andere.«

Die Fokusse auf dem Tisch waren alles Schwerter oder Stöcke, und Luna nahm jedes einzelne Teil auf und vollführte damit ein paar Übungshiebe. Währenddessen konzentrierte ich mich mit meiner Magiersicht auf sie und erkannte, dass Luna recht hatte: Ihre Magie bekämpfte die Waffen wirklich. Jedes Mal glitt sie sofort in die Waffe hinein, aber statt durch den Fokus kanalisiert zu werden, schien sie das fremdartige Objekt zu bekämpfen, versuchte, es zu zerstören. »Mh«, sagte ich schließlich.

»Sie fühlen sich nicht richtig an«, sagte Luna wieder.

»Ja, das tun sie nicht.« Ich legte die Fingerspitzen aneinander. »Vielleicht ist ein Schwert die falsche Art Waffe für dich. Ich werde darüber nachdenken.«

Ich war auf Luna konzentriert und merkte deshalb nicht, dass jemand zu uns getreten war, bis sie direkt neben mir stand. Fast hatte ich mit Lyle gerechnet, aber als ich aufsah, war ich überrascht. Es war das Mädchen, gegen das Luna gekämpft hatte. Natasha.

»Hi!«, sagte Natasha zu Luna. »Geht es dir gut?«

Luna sah zu ihr auf, dann wieder weg. »Alles in Ordnung.«

»Oh, gut. Hör mal, ich möchte dich nur warnen. Du willst wirklich nicht mit ihr herumhängen.«

»Wer?«

»Sie«, flüsterte Natasha. Sie neigte den Kopf und nickte zu Anne und Variam am anderen Ende der Halle. »Anne.«

»Warum?«

»Nun, du weißt, wo sie herkommt, oder?«

Luna sah Natasha verständnislos an.

»Oh Gott, du weißt es nicht!« Natasha hielt sich beide Hände vor den Mund, dann sah sie Luna mit aufgerissenen Augen an. »Du hast nichts davon gehört?«

»Was gehört?«

»Du solltest wirklich besser aufpassen.« Natasha schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht glauben, dass du es nicht mitbekommen hast.«

Luna schwieg. Natasha wartete noch ein wenig länger, dann richtete sie sich auf, senkte die Stimme und beugte sich vor. »Sie wurde von einem Schwarzmagier unterrichtet«, flüsterte Natasha. »Sie und dieser andere Junge, Variam. Sie beide waren Lehrlinge bei ihm. Und weißt du, was sie als Nächstes taten?«

Luna antwortete nicht. »Sie begannen, für ein Monster zu arbeiten«, flüsterte Natasha. »Einen Dämon. Da gehen sie jetzt hin. Niemand weiß, was es für einer ist.«

»Wenn niemand weiß, was es für einer ist, woher weißt du dann, dass es ein Monster ist?«

Natasha sah Luna verärgert an. »Ich meine es ernst. Du hast gesehen, wie sie ist. Sie ist wirklich ungezogen allen Lehrern gegenüber und tut nicht, was sie ihr sagen. Es ist wirklich keine gute Idee, mit ihr rumzuhängen.«

Luna begegnete Natashas Blick schweigend. »Weißt du«, sagte sie schließlich, »man erzählt sich das Gleiche über mich.«

Natasha starrte Luna an, dann zuckte sie mit den Schultern. »Nun, sag nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte.« Sie drehte sich um zu der Stelle, an der ich stumm gestanden hatte, und gab vor, mich erst jetzt zu bemerken. »Oh, hi, Magier Verus. Tschüss!«

Luna sah Natasha nach und schüttelte den Kopf. »Ich hasse sie wirklich.«

Ich machte ein unbestimmtes Geräusch. Persönlich fühlte ich mit Luna mit. Natashas kleine Rede hatte sich für mich sehr danach angehört, als wollte sie Ärger machen, noch dazu hatte sie das Ganze so sorgfältig geplant, dass ich es auch hören musste. Dennoch beunruhigte es mich.

Lyle und Charles waren verschwunden, während wir uns unterhalten hatten, und Natasha war auf dem Weg nach draußen. Anne und Variam sprachen leise miteinander. So wie sie da standen, dachte ich, sie wollten nicht, dass jemand sie hörte, und als wir uns ihnen näherten, blickte ich in die Zukünfte, in denen ich mich an sie heranschlich und versuchte zu lauschen. In den meisten entdeckten sie mich, aber in einer konnte ich ein paar Worte erhaschen.

»… sicher, dass er es ist?«, fragte Variam leise.

»Ja«, sagte Anne. »Er ist gerade gegangen …«

Variam sah mich und machte eine rasche Geste, und sofort verblassten die Zukünfte ihrer Unterhaltung, während die beiden sich umdrehten und uns nachsahen. Anne lächelte Luna zu und winkte. »Wir sehen uns morgen.«

»Bis dann!«, erwiderte Luna. Variam sagte nichts, und sein Blick verfolgte uns argwöhnisch und wachsam.

Luna schwieg, als wir das Gebäude verließen, und schwieg weiter, als sie ihr Fahrrad von dem Geländer losmachte und wir zu meinem Laden gingen. Der Weg von Islington nach Camden ist hübsch, und trotz des Winters schien die Sonne warm genug, dass es ein angenehmer Spaziergang war.

Wir verfielen in Schritttempo und liefen auf dem Gehweg, während Luna ihr Rad zwischen uns herschob.

»Du hast Anne vor drei Monaten kennengelernt, richtig?«, fragte ich. »Bei der Aufnahmezeremonie.« Luna nickte. »Wie viel weißt du über sie? Über sie und Variam, meine ich.«

»Sie redet nicht viel über sich selbst.« Lunas Stimme klang zweifelnd, und ich wusste, dass ihr das auch zu schaffen machte. »Und Variam redet überhaupt nicht. Ich dachte, dass er mich einfach nicht leiden kann, aber er ist bei allen so.«

»Tauchen sie immer zusammen auf?«

»Meistens. Anne ist vorher allein gekommen, aber inzwischen sind sie immer zusammen. Variam lässt sie nie aus den Augen. Es ist wirklich schwer, mit ihr zu reden, während er die ganze Zeit finster schaut.«

»Gehen sie miteinander?«

»Anne sagt, nein.« Luna runzelte die Stirn. »Ich kann Variam aber nicht einschätzen. Er beobachtet sie immer, aber er benimmt sich nicht so, als würde er sie auch nur mögen.«

Wir liefen ein Stück schweigend nebeneinanderher. Die Luft war frisch und klar, und Autos brummten vorbei. Eine Fahrradfahrerin überholte uns, den Rücken gerade, ihr Lenkerkorb voller Einkäufe, sodass er schepperte, während sie an uns vorbeifuhr.

»Denkst du, es stimmt?«, fragte Luna.

Ich wusste, dass sie darüber sprach, was Natasha gesagt hatte. »Berücksichtigt man Übertreibungen …« Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Aber etwas ist seltsam an den beiden.«

»Sie hätten doch einfach spät einsteigen können, richtig?«, sagte Luna. »So wie ich.«

»Für das, was ich von Variam gesehen habe, ist er für einen späten Anfänger verdammt gut.«

Luna lief weiter, die Brauen zusammengezogen. »Macht es etwas?«, fragte sie. »Wenn sie vorher Schwarzmagierlehrlinge waren?«

»Es gibt Schwarzmagier und Schwarzmagier«, sagte ich. »Nach dem, was ich gehört habe, behandeln manche von ihnen ihre Lehrlinge ordentlich. Die anderen …« Ich zuckte mit den Schultern. »Eines ist sicher – es würde in den Augen des Rats etwas bedeuten. Das könnte erklären, warum sie immer noch Lehrlinge sind. Sie hätten Probleme, jemanden zu finden, der sie fördert, wenn sie einen solchen Hintergrund haben.«

»Das ist dir auch passiert, nicht wahr?«, fragte Luna. »Du warst ein Schwarzmagierlehrling und bist dann ausgestiegen.«

Ich antwortete nicht darauf.

»Alex?«, meinte Luna. »Könnte ich dich etwas fragen?«

»Ich möchte wirklich nicht …«

»Was ist der Rat?«

Ich drehte mich überrascht zu ihr und realisierte, dass Luna mich direkt ansah, ihre blauen Augen blickten ernst. Die Wintersonne schien über die Dächer herab und erhellte die Wellen in ihren hellbraunen Haaren. »Was meinst du?«

»Ich weiß, es gibt Leute, die das Sagen haben und all das …« Luna hielt inne. »Ich meine, was sind sie …?« Sie verstummte wieder, starrte auf den Gehweg und runzelte die Stirn. »Es ist … Also gut. Als du mir zuerst von dem Rat der Weißmagier und der Schwarzmagier erzählt hast, dachte ich, die Weißmagier wären die Guten und die Schwarzmagier die Bösen. Dann war da diese Sache mit Griff.« Luna legte die Hand unbewusst auf ihren rechten Arm. »Und Levistus und Belthas. Aber jetzt trainiere ich mit ihnen. Und wir arbeiten weiterhin für Talisid.« Luna sah zu mir auf. »Sollte ich ihnen vertrauen oder nicht?«

Wir gingen schweigend weiter, während ich überlegte, was ich darauf antworten sollte. »Es ist leichter, Schwarzmagier zu verstehen als Weißmagier«, sagte ich schließlich. »Schwarzmagier sind … ehrlich, schätze ich. Mistkerle, aber ehrliche Mistkerle. Sie sagen, was sie glauben, und sie leben danach. Weißmagier sind komplizierter.« Ich warf Luna einen Blick zu. »Du weißt, wie es in alten Zeiten war? Bevor der Rat der Weißmagier sich bildete?«

Luna schüttelte den Kopf.

»In Ordnung. Zuerst einmal solltest du verstehen, dass es damals weit mehr magische Kreaturen gab. Und ich meine eine Menge. Stell dir Monster-der-Woche-Sendungen im Fernsehen vor. Nur, dass die Helden nicht so oft gewonnen haben wie in den Fernsehsendungen heute, und wenn die Monster gewonnen haben, sind eine Menge Leute gestorben. Und manchmal waren die Magier die Monster. Es gab damals auch Schwarzmagier, und wenn die Hälfte der Geschichten stimmt, dann lassen die die modernen Schwarzmagier geradezu nett aussehen. Jedenfalls bildeten sich die Weißmagier als Opposition dazu. Sie glaubten, sie sollten ihre Macht nutzen, um andere zu beschützen. Nicht nur Magier, sondern auch normale Menschen. Sie wollten eine Welt, in der Menschen nicht in Angst vor Ungeheuern leben müssten. Und darauf arbeiteten sie hin. Sie identifizierten die gefährlichsten magischen Wesen und lernten ihre Schwächen kennen. Spürten die auf, die sich von Menschen ernährten, und zerstörten sie. Wachten über Gemeinden und Städte. Hielten Schwarzmagier davon ab, sich selbst als Tyrannen einzusetzen. Das taten sie für Hunderte von Jahren.«

»Was geschah dann?«, fragte Luna.

»Sie gewannen«, sagte ich einfach.

Luna sah mich neugierig an. »Ich gebe dir ein Beispiel«, erwiderte ich. »Vampire.«

»Sie sind echt?«

Ich nickte. »Nicht alle Geschichten sind wahr, aber die Grundlagen stimmen. Vampire waren übernatürliche Jäger, die sich von der menschlichen Lebenskraft nährten, indem sie ihr Blut tranken. Sie lebten für immer oder bis etwas sie tötete, und je älter sie wurden, desto stärker wurden sie. Sie hatten Kräfte, die ähnlich der Geistesmagie waren – sie konnten ihre Beute dominieren, sie dazu bringen, dass sie freiwillig zurückkam, damit sie von ihr trinken konnten. Und sie konnten sich vermehren. Ein Vampir war in der Lage, eine ganze Stadt zu kontrollieren, und das tat er auch. Eine Weile regierten sie fast die ganze Welt. Aber dann organisierten sich die Magier. Es war eines von nur drei Malen in der Geschichte, wo sich die Fraktionen der Weißen und der Schwarzen zusammentaten. Sie konnten sich auf absolut nichts einigen, außer darauf, dass sie kein Vampirfutter werden wollten. Sie zerschlugen von Vampiren kontrollierte Armeen, und dann jagten sie die Vampire einen nach dem anderen und löschten sie aus. Nicht nur ein paar von ihnen – sondern alle. Sie verbrachten etwa einhundert Jahre damit, um ganz sicherzugehen, dass sie jeden einzelnen erwischt hatten.« Ich zuckte mit den Schultern. »Es gibt heute keine Vampire mehr.«

Luna schwieg.

»Das Gleiche geschah mit den meisten der wirklich fiesen Monster«, sagte ich. »Mantikore, Oger, Nachtmare. Die klugen Monster flohen in andere Welten oder versteckten sich. Diejenigen, die das nicht taten, wurden aufgestöbert. Magier hatten erlebt, wie es war, Beute zu sein, und es gefiel ihnen nicht. Sie wollten sichergehen, dass die Menschheit ganz oben in der Nahrungskette stand. Und genau das taten sie. Und sie machten es so gut, dass die meisten Leute heute nicht mal mehr glauben, dass diese Kreaturen jemals existiert haben.«

Ich verstummte, und wir liefen weiter, vom Klang unserer Schritte auf dem Gehsteig und dem Klick-klick-klick von Lunas Fahrrad begleitet. »Das ist eine von diesen Geschichten, die kein Happy End haben, oder?«, fragte Luna.

»Nun, es gibt keine Monster, die jede Nacht die Stadt unsicher machen«, sagte ich. »Aber der Rat – nun, es klingt seltsam, aber das Problem war, dass sie Erfolg hatten. Sie wollten, dass Magier normale Menschen vor der magischen Welt beschützten. Aber da die Monster weg waren, bestand nun die größte Bedrohung aus der magischen Welt durch die … Magier. Die alte Bestimmung des Rats ist heutzutage so gut wie verschwunden. Er ist immer noch die größte Macht in der magischen Gesellschaft, aber heutzutage schließen sich die Leute ihr an, weil sie an der Macht sein wollen, und nicht, weil sie an das glauben, was er tut. Gelegentlich taucht ein Monster auf, und sie werden es los, aber meistens verbringen sie ihre Zeit damit, um die besten Plätze in der Hierarchie zu rangeln.« Ich seufzte. »Ich glaube nicht, dass sie willentlich böse sind. Zumindest nicht die meisten. Aber sie sind so viele Kompromisse eingegangen, dass man sich bei nichts auf sie verlassen kann. Ich weiß nicht, ob es überhaupt etwas gibt, an das sie noch glauben. Stabilität vielleicht. Alles soll beim Alten bleiben.«

Luna dachte darüber nach. »Also glaubt Talisid an die alte Mission des Rats?«

»Das werden wir sehen.«