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Digitale Neuausgabe des Buches aus dem Jahr 1838, für eBook-Reader geeignet. +++ Eine eifrige Diskussion über das Christsein während einer Schifffahrt auf dem Rhein. +++ Aus dem Inhalt: An einem der ersten schönen Frühlingstage nach dem harten Winter des Jahres 1838 beleuchtete die Sonne freundlich die herrliche Gegend. Nebeltau hing hier und da über den Bergen. Die Glocken der alten Kirchen von Koblenz tönten weithin und stimmten die Seele feierlich zum nahen Pfingstfest. Die Bauern waren schon auf dem Feld, die Schiffer in ihren Kähnen. An manchem Fenster öffnete ein Städter seine Laden. Da sah man einen fremden Herrn an dem Ufer des Rheins seinen Tornister auf den Rücken festschnallen und einigen Schiffsleuten zuwinken. Er bat sie, ihn auf ihrem Nachen den Rhein hinaufzufahren, bis nach Bingen, den Loreleyfelsen vorüber. Dann wollte der Herr mit dem Dampfboot oder mit denselben Schiffern, wenn er das Dampfboot verfehlte, wieder hinunter bis nach Köln, um die ganze schöne Gegend recht gemächlich zu genießen. Er war ein Katholik, aus den Rheinprovinzen gebürtig, der aber eine Reihe von Jahren aus seinem Vaterland entfernt gewesen war und die Bergstraße noch nie gesehen. Über die Bezahlung wurden sie bald einig, da es dem fremden Herrn nicht an Geld zu fehlen schien. Die Schiffsleute waren gleich rüstig bei der Hand. Der eine nannte sich A. Weiler, der andere, jüngere, hieß Moordorf. Er hatte seinen Knaben mit, ein Kind von 8 bis 9 Jahren, welchem die Mutter ein gutes Stück Weizenbrot mit in die Tasche gegeben. Am Steuerruder saß ein Alter, der hatte etwas Finsteres und Verschlossenes. Sie nannten ihn nur den Alten. -- Der fremde Herr aber zeigte ein gar offenes und edles Wesen, sodass ihm ein jeder gern ins Angesicht sah. Als er nun, nachdem er noch einen Blick auf den Ehrenbreitstein geworfen, im Begriff war, einzusteigen, flüsterte der Alte den anderen etwas ins Ohr. Sie nickten und Moordorf rief dem Fremden zu: »Ehe es abgeht, gnädiger Herr, um Verzeihung, Sie sind doch nicht ein Evangelischer?« -- Fremder: »Ein Evangelischer? Warum fragt Ihr danach?« Schiffer: »Einen solchen fahren wir nicht, wir wollen es nur mit ehrlichen Katholiken zu tun haben.« Fremder: »Aber, Schiffsleute, seid Ihr nicht bei Sinnen, was fragt Ihr nach meinem Glauben? Zu Eurer Beruhigung will ich Euch sagen, dass ich ein Christ bin, so gut wie Ihr, und nun fahrt ab, oder ich sehe mich nach anderen um.«
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Seitenzahl: 64
Auf historischen Spuren mit Claudine Hirschmann
Vier Unterhaltungen mit Schiffern über die Frage:
Welche sind die wahren Freunde und Feinde der katholischen Kirche?
Neuausgabe für die heutige Leserwelt
Neuausgabe 2020
Edition gerik CHIRLEK
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar
Original:
Der Sturm auf dem Rhein. Vier Unterhaltungen mit Schiffern über die Frage: Welche sind die wahren Freunde und Feinde der katholischen Kirche? Leipzig, 1838. Rein'sche Buchhandlung. Druck von Bernh. Tauchnitz jun.
Brigitte Hirschmann (geb. Groth) wurde in den Kriegsjahren geboren und wuchs in Lützen auf. Früh zeigten sich verschiedene Begabungen, spielte sie unter anderen mehrere Instrumente, doch galt ihr hauptsächliches Interesse der Literatur sowie Leipziger Stadtgeschichte. Als geschätzte Lehrerin und herzensgute Mutter vermittelte sie stets, den ideellen Wert in den Dingen zu sehen und zu schätzen. So setzte sie sich leidenschaftlich für die Bewahrung historischer Zeitzeugnisse ein und war maßgeblich am Entstehen der Buchreihe »Auf historischen Spuren« beteiligt.
In Wertschätzung, Dankbarkeit und Liebe setzen ihre Kinder die Reihe fort, um die ihnen geschenkte Liebe zu Büchern und zur Stadt Leipzig weiterzutragen und ihr Wirken über heutige Generationen hinaus lebendig zu halten.
Brigitte Hirschmann lebte viele Jahre in ihrer geliebten Stadt Leipzig, die sie für ihre Kinder mit ihnen verließ und bis zum letzten Tag auf eine gemeinsame Rückkehr hoffte. Leider war ihr das zu Lebzeiten nicht gegönnt. Ihre letzte Ruhestätte fand sie im Familiengrab auf dem Friedhof in Leipzig-Gohlis.
Mit der Reihe »Auf historischen Spuren« hat sich die Autorin zur Aufgabe gemacht, Literatur vergangener Jahrhunderte für heutige Leser aufzubereiten und wieder verfügbar zu machen. Dabei werden Änderungen, die sich beispielsweise aus der Überprüfung historischer Fakten ergeben, schonend eingearbeite und der Schreibstil des Verfassers möglichst unverändert übernommen, um den Sprachgebrauch der damaligen Zeit zu erhalten. Das vorliegende Buch enthält gegenüber vorangegangener Ausgaben unter anderem Berichtigungen kleinerer Irrtümer, die aus einer weiteren Recherche offensichtlich wurden, Ergänzungen aus der Sichtung zusätzlichem Datenmaterial außerdem Bilder, die zur Veranschaulichung der im Buch erwähnten Einzelheiten beitragen.
Leipzig, 17. November 2020
Claudine Hirschmann
An einem der ersten schönen Frühlingstage nach dem harten Winter des Jahres 1838 beleuchtete die Sonne freundlich die herrliche Gegend. Nebeltau hing hier und da über den Bergen. Die Glocken der alten Kirchen von Koblenz tönten weithin und stimmten die Seele feierlich zum nahen Pfingstfest. Die Bauern waren schon auf dem Feld, die Schiffer in ihren Kähnen. An manchem Fenster öffnete ein Städter seine Laden. Da sah man einen fremden Herrn an dem Ufer des Rheins seinen Tornister auf den Rücken festschnallen und einigen Schiffsleuten zuwinken. Er bat sie, ihn auf ihrem Nachen den Rhein hinaufzufahren, bis nach Bingen, den Loreleyfelsen vorüber. Dann wollte der Herr mit dem Dampfboot oder mit denselben Schiffern, wenn er das Dampfboot verfehlte, wieder hinunter bis nach Köln, um die ganze schöne Gegend recht gemächlich zu genießen. Er war ein Katholik, aus den Rheinprovinzen gebürtig, der aber eine Reihe von Jahren aus seinem Vaterland entfernt gewesen war und die Bergstraße noch nie gesehen. Über die Bezahlung wurden sie bald einig, da es dem fremden Herrn nicht an Geld zu fehlen schien. Die Schiffsleute waren gleich rüstig bei der Hand. Der eine nannte sich A. Weiler, der andere, jüngere, hieß Moordorf. Er hatte seinen Knaben mit, ein Kind von 8 bis 9 Jahren, welchem die Mutter ein gutes Stück Weizenbrot mit in die Tasche gegeben. Am Steuerruder saß ein Alter, der hatte etwas Finsteres und Verschlossenes. Sie nannten ihn nur den Alten. – Der fremde Herr aber zeigte ein gar offenes und edles Wesen, sodass ihm ein jeder gern ins Angesicht sah. Als er nun, nachdem er noch einen Blick auf den Ehrenbreitstein geworfen, im Begriff war, einzusteigen, flüsterte der Alte den anderen etwas ins Ohr. Sie nickten und Moordorf rief dem Fremden zu:»Ehe es abgeht, gnädiger Herr, um Verzeihung, Sie sind doch nicht ein Evangelischer?«
Fremder:»Ein Evangelischer? Warum fragt Ihr danach?«
Schiffer:»Einen solchen fahren wir nicht, wir wollen es nur mit ehrlichen Katholiken zu tun haben.«
Fremder:»Aber, Schiffsleute, seid Ihr nicht bei Sinnen, was fragt Ihr nach meinem Glauben? Zu Eurer Beruhigung will ich Euch sagen, dass ich ein Christ bin, so gut wie Ihr, und nun fahrt ab, oder ich sehe mich nach anderen um.«
Der Alte machte eine bedenkliche Miene, doch der Fremde hatte schon seinen Platz eingenommen und sie fuhren ab. Die beiden Jüngeren schlugen wacker mit den Rudern, der Alte hielt das Steuerruder, das kleine Segel wurde aufgezogen, der Wind war günstig und es ging ziemlich schnell vorwärts. Als sie nun die Pfeifen angezündet und es ihnen in der Morgenluft gemütlich ward, blickte der Fremde sie scharf an und sprach:»Schiffsleute, warum fragtet Ihr mich beim Einsteigen, ob ich ein Evangelischer sei? Was meint Ihr mit Eurer bedenklichen Miene, sehe ich Euch denn so verdächtig aus?«
Weiler:»Der Herr nehme es nicht für ungut. Ein Evangelischer ist ein Ketzer, und ein Ketzer ist ein Mensch, der es nicht mit dem Papst und unserem Herrn Erzbischof hält. Mit solch einem haben wir nichts mehr zu schaffen, seitdem man den frommen geistlichen Herrn auf der Festung zu Minden gefangen hält. Es sind schon fünf Monate her, aber ich kann die Evangelischen noch nicht freundlich ansehen, und weiß Gott, es ist mir schwer geworden, das heilige Sakrament zu Ostern zu empfangen und meinen Feinden von Herzen zu vergeben.«
Fremder:»Nun ich will's Euch grade heraussagen, bei Gott und dem Heiligen Kreuz, ich bin ein guter Katholik wie Ihr und komme aus Italien, aus Rom und habe den Heiligen Vater gesehen.«
Hier nahm der Alte ein ruhigeres Wesen an und alle rückten an den Mützen.
Der Alte:»Den Heiligen Vater habt Ihr also gesehen? Ist er und die Kirche nicht immer noch in tiefer Trauer über das Schicksal des Erzbischofs? Was spricht man davon, was für ein Ende wird das Ding nehmen?«
Fremder:»Man spricht davon nicht mehr und ist in der Faschingszeit überaus lustig und guter Dinge gewesen. Die gesetzten und verständigen Leute sagten damals alle, dass dem Erzbischof Recht geschehen sei. Der Heilige Vater wird es wohl ebenso eingesehen haben, wenn er auch öffentlich noch so sauer aussieht, denn der König von Preußen hat seine katholischen Untertanen lieb und beschützt ihren Glauben und gibt jährlich sehr große Summen für die Bischöfe und Pastoren. Der Erzbischof von Köln erhält jährlich 12.000 Taler Traktament von dem König.«
Moordorf:»Das mag wohl sein, und ich habe auch nichts gegen den König. Es geht uns auch viel besser, seitdem wir preußisch sind, und wir bezahlen auch willig unsere Abgaben. Alles wäre gut, wenn er uns nur nicht den schlimmen Streich mit dem Erzbischof gespielt hätte.«
Der Alte:»Ja, das ist es eben. Was hilft uns alles Geld und Gut, wenn wir in unserem christkatholischen Glauben gekränkt werden?«
Fremder:»Liebe Leute, dass wir gut katholisch bleiben, ist freilich die Hauptsache, aber daran hindert uns der König nicht, und wenn Ihr nur Euren gesunden Menschenverstand zurate ziehen wollt, so müsst Ihr's auch einsehen, dass der König recht getan. Wenn Ihr König wäret, hättet Ihr, ich wette drei gegen eins, mit dem Erzbischof nicht so viel und lange Geduld gehabt. Durch seine Entfernung, glaubt mir, ist viel Unheil verhütet worden.«
Hier sahen sich die Leute einander an, und der Alte brach in ein Hohngelächter aus.
Fremder:»Ihr lacht, weil Ihr's nicht versteht. Ich will's Euch erklären. Aus dem ganzen Vorfall lässt sich viel lernen, es ist und bleibt eine merkwürdige Geschichte. Nach Jahren wird man noch davon sprechen. Viel Gelehrtes hat man auch schon darüber geschrieben für die hochstudierten Herren, für Euch Schiffer und Landleute aber noch nichts Gescheites, und Ihr solltet doch auch urteilen können.«
Moordorf:»Ja, wenn der Herr uns die ganze Sache so recht deutlich machen wollte, das hörten wir wohl gern mit an.«
Weiler: