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Die Bewohner Dresdens und Leipzigs in dem vorliegenden Schriftchen darauf hinzuweisen, wie von ihren Vätern vor 300 Jahren für die Wahrheit gestritten worden ist, und ihnen so das Evangelium selbst, für welches jene kämpften, teurer zu machen, drang und zwang den Verfasser sein Herz. Dass beide Städte, was die Reformationsgeschichte derselben anlangt, zusammengehören, wird jeder zugeben, welcher mit dieser Geschichte einigermaßen vertraut ist. Waldenburg, den 31. Oktober 1838
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Seitenzahl: 141
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RegionalliteraturAuf historischen Spurenmit Claudine HirschmannLeipzigGeschichte der Reformationin Dresden und Leipzignach M. Gottlob Eduard Leo
No 5
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transkribiert, überarbeitet, ergänztund bebildert
Neuausgabe für heutige Leser
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über folgende Adresse abrufbar: http://dnb.dnb.de
IMPRESSUM© 2024 gerik CHIRLEKWeb: www.historisches-bucharchiv.deBeratung: Dr. Tankred HirschmannCovergrafik: Max Seliger
ISBN: 978-3-384-23310-3 (Taschenbuch)ISBN: 978-3-384-23311-0 (Gebundenes Buch)ISBN: 978-3-384-23312-7 (E-Book)ISBN: 978-3-384-23313-4 (Großschrift)Druck und Distribution im Auftrag des Autors:tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: gerik CHIRLEK, Stuttgarter Allee 41, 04209 Leipzig, Germany.
Abb. 0.1:
Brigitte Hirschmann (14.03.1939 – 03.04.2019)
Abb. 0.2:
Niederländisches Familienwappen Groote (Groth)
Brigitte Hirschmann, geborene Groth (Groote) wurde in den Kriegsjahren geboren und wuchs in Lützen auf. Früh zeigten sich verschiedene Begabungen, spielte sie unter anderen mehrere Instrumente, doch galt ihr hauptsächliches Interesse der Literatur sowie Leipziger Stadtgeschichte. Als geschätzte Lehrerin und herzensgute Mutter vermittelte sie stets, den ideellen Wert in den Dingen zu sehen und zu schätzen.
So setzte sie sich leidenschaftlich für die Bewahrung historischer Zeitzeugnisse ein und war maßgeblich am Entstehen der Buchreihe »Auf historischen Spuren« beteiligt.
In Wertschätzung, Dankbarkeit und Liebe setzen ihre Kinder die Reihe fort, um die ihnen geschenkte Liebe zu Büchern und zur Stadt Leipzig weiterzutragen und ihr Wirken über heutige Generationen hinaus lebendig zu halten.
Brigitte Hirschmann lebte viele Jahre in ihrer geliebten Stadt Leipzig, die sie für ihre Kinder mit ihnen verließ und bis zum letzten Tag auf eine gemeinsame Rückkehr hoffte. Leider war ihr das zu Lebzeiten nicht gegönnt. Ihre letzte Ruhestätte fand sie im Familiengrab auf dem Friedhof in Leipzig-Gohlis.
Abb. 0.3:
Familiengrab Hirschmann, Leipzig-Gohlis
VorwortVorwort der Originalausgabe1 Kirchlicher Zustand in Dresden und Leipzig vor der Reformation2 Luther in Dresden3 Herzogs Georg von Sachsen Stellung zu dem Evangelio4 Die Leipziger Disputation und ihre Folgen5 Herzog Georg gibt öffentliche Verbote gegen die evangelische Lehre6 Wie Luther die um des Evangelii willen von Herzogs Georg Vertriebenen tröstet7 Georgs Maßregeln, um nach seinem Tod den römischen Glauben in seinen Ländern zu erhalten8 Einführung der Reformation in Dresden und Leipzig durch Heinrich den Frommen9 Vollendung der Reformation durch Herzog Moritz10 Die Zeit der Reformation in BildernBildverzeichnisBekanntschaft mit Claudine Hirschmann
Mit der Reihe »Auf historischen Spuren« hat sich die Autorin zur Aufgabe gemacht, Literatur vergangener Jahrhunderte für heutige Leser aufzubereiten und wieder verfügbar zu machen. Dabei werden Änderungen, die sich beispielsweise aus der Überprüfung historischer Fakten ergeben, schonend eingearbeitet und der Schreibstil des Verfassers möglichst unverändert übernommen, um den Sprachgebrauch der damaligen Zeit zu erhalten.
Mitunter gar um Missverständnisse zu vermeiden, gehören auch Änderungen hinsichtlich Orthografie zur Überarbeitung. Denn lange Zeit schrieb man nach Gefühl oder eben herrschenden Meinungen und das gleiche Wort in einem Text auch unterschiedlich. Erst im Jahre 1880 veröffentlichte Konrad Duden das erste deutsche Wörterbuch, welches sich nachfolgend als allgemein gültiges Regelwerk etablierte.
Das vorliegende Buch enthält gegenüber vorangegangener Ausgaben unter anderen Berichtigungen kleinerer Irrtümer, die aus einer weiteren Recherche offensichtlich wurden, Ergänzungen aus der Sichtung zusätzlichem Datenmaterial, außerdem eine Vielzahl an Bildern, die zur Veranschaulichung der in den Berichten erwähnten Einzelheiten beitragen.
Als Vorlage für das Buch diente:
Leipzig, im Mai 2024Claudine Hirschmann
Dass seit dem Jahre 1817 die großen Taten Gottes des 16. Jahrhunderts vor dem geistigen Auge unserer Zeit genossen aufs Neue vorübergegangen sind und das Reformationszeitalter gleichsam noch einmal von uns durchlebt worden ist, hat unstreitig auf die Bewohner des protestantischen Deutschlands den wohltätigen Einfluss geäußert und die Liebe zu dem Evangelio vielfach wiederum angeregt. Das Volk besonders ist in unserer Zeit häufig durch Wort und Schrift auf das Werk der Reformation, das ein Werk Gottes war, hingewiesen worden, und es hat sich gern erzählen lassen von den großen Veränderungen, welche durch schwache Werkzeuge vor dreihundert Jahren in der Kirche herbeigeführt worden sind.
Auch für die Städte Dresden und Leipzig bricht mit dem künftigen Jahr abermals sein Jubeljahr an. Erst nämlich wurde daselbst sowie in den übrigen Städten der damals albertinischen Länder die Reformation eingeführt. Die Bewohner Dresdens und Leipzigs nun in nachstehendem Schriftchen darauf hinzuweisen, wie von ihren Vätern vor 300 Jahren für die Wahrheit gestritten worden ist, und ihnen so das Evangelium selbst, für welches jene kämpften, teurer zu machen, drang und zwang den Verfasser sein Herz. Sind ihm doch gerade diese Städte, in denen beiden er einst das Wort des Herrn verkündete, besonders lieb geworden. Dass beide Städte, was die Reformationsgeschichte derselben anlangt, zusammengehören, wird jeder zugeben, welcher mit dieser Geschichte einigermaßen vertraut ist. Hoffentlich werden auch andere sächsische Städte Schriftsteller finden, welche die im Jahre 1539 daselbst erfolgte Einführung der Reformation erzählen. Dass die nachstehende Darstellung, obgleich sie nur eine populäre ist und sein sollte, aus den Quellen geschöpft sei, dafür sollten zum Teil die dem Text untergesetzten Anmerkungen zeugen.
Das Sammeln der in Chroniken und anderen Schriften zerstreuten Nachrichten und die Zusammenstellung derselben zu einer fortlaufenden Erzählung hat übrigens so bedeutende Schwierigkeiten, dass ich, wenn ich nicht völlig erreichte, was ich erreichen wollte, auf eine nachsichtsvolle Beurteilung wohl Ansprüche machen kann.
So möge denn das Buch hingehen und Segen stiften und dem Volk erzählen von den Taten des allmächtigen Gottes!
Waldenburg, den 31. Oktober 1838
Schon seit dem Jahre 1517 hatte das Wort Gottes in Kursachsen sowie in mehreren anderen deutschen Ländern aufs Neue seine himmlische Kraft bewahrt, hatte der Welt die Augen geöffnet, verjährte Irrtümer beseitigt und die Bollwerke des Aberglaubens zertrümmert. Aber während dort Jünglinge und Greise, Fürsten und Untertanen des wohltuenden Lichtes sich freuten, das seine Strahlen, wie einst zu den Zeiten der Apostel, weithin verbreitete, mussten Tausende in dem von Gott so reich gesegneten Land des Herzogs Georg1 in Finsternis schmachten und vermochten der Anbetung im Geist und in der Wahrheit, welche Christus forderte, sich nicht zu freuen.
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Wie nämlich von dem Beginn des Mittelalters an bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts Finsternis die Völker Europas überhaupt deckte, so waren auch die damals herzoglich-sächsischen Länder mit ihren beiden größten Städten Dresden und Leipzig dem Irrtum und Aberglauben verfallen.
Abb. 1.4:
Das Residenzschloss Dresden, 1550 (Heinrich van Cleef)
Wenden wir unseren Blick zuerst auf Dresden, jene von einer reizenden Gegend umgebene Residenz des Herzog Georg, so fehlte es zwar zu Anfang des 16. Jahrhunderts daselbst keineswegs an Kirchen1, Kapellen und Altären. Aber was nützen Kirchen, wenn die Herzen nicht Tempel Gottes sind, was die Altäre, wenn der Christ nicht geistliche Opfer bringt? Diesen vernünftigen Gottesdienst suchte man umsonst in dieser Stadt.
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die Geistkapelle
zum Hospital St. Bartholomäi.
Die Fürstenkapelle
im herzoglichenSchloss, von Georg erbaut.
Die Niclaskapelle
auf dem Rathaus
zu Alt-Dresden.
Die Alexiuskapelle
auf der Elbbrücke zu Ehren des Leichnams Christi.
Die Jakobskapelle
oder der wallfahrtenden Brüder. Sie wurde durch Herzog Georg
mit dem Jakobshospital
verbunden.
Die Maternihospitalkapelle
an dem ehemaligen Frauentor.
Die Erasmuskapelle
in Alt-Dresden,
wo jetzt der Palaisgarten ist. Sie gehörte anfangs zu dem dasigen Kloster, bis demselben die Dreikönigskirche
zugewiesen ward.
Die Kapelle unserer lieben Frauen am Queckbrunnen. Georg hob jedoch diese Kapelle auf.
Die Kapelle zu St. Johannis,
von Georg erbaut und späterhin zum böhmischen Gottesdienst gebraucht.
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Zeremonien, die das Auge wohl ansprachen, aber das Herz leer ließen, unziemliche Aufzüge auf offenem Markt, unnatürliche Kasteiungen, ein Hersagen unverständlicher Gebete machten den Gottesdienst aus. Sittenlosigkeit und Unwissenheit herrschten unter Laien und Priestern und fanden vorzüglich in den Klöstern einen sicheren Wohnsitz. Die Belege zu diesen Behauptungen liefert die Geschichte.
Große Wallfahrten wurden alljährlich zu der Frauenkirche in Neu-Dresden (jetzt Altstadt-Dresden) veranstaltet. Es wurde nämlich in dieser Kirche ein großes wächsernes Marienbild aufbewahrt, von welchem man viele Wunder erzählte, und welches besonders die Kraft, Kranke gesund zu machen, haben sollte. In noch größerem Ansehen jedoch stand, selbst noch zu Luthers Zeiten, der sogenannte schwarze Herrgott der Kreuzkirche, unter welchem wir ein großes schwarzes Kruzifix zu verstehen haben.1
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Schon Heinrich des Erlauchten Gemahlin hatte nämlich vorgeblich im Jahre 1234 ein Stück des Heiligen Kreuzes nach Dresden gebracht, welches in der nun sogenannten Kreuzkirche aufbewahrt wurde. Desgleichen soll auch im Jahre 1299 ein auf der Elbe herzugeschwommenes Kreuz aufgefangen und in feierlicher Prozession in die Kreuzkirche zur Aufbewahrung und Verehrung gebracht worden sein. In der Dreikönigskirche wurde die Fußsohle der Heiligen Maria aufbewahrt, zu welcher ein sehr großer Zulauf war1, und selbst nach Einführung der Reformation dauerte die Verehrung der Maria in dieser Kirche noch eine Zeit lang fort.
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Dresden hatte bis zu den Zeiten der Reformation zwei Klöster. Eins derselben befand sich in Neu-Dresden in der Nähe der jetzigen Sophienkirche, und Mönche vom Orden des Heiligen Franziskus hatten dasselbe inne. Es soll unbemittelt gewesen und zuletzt von sieben Brüdern bewohnt worden sein. Bedeutender unstreitig war das Augustinerkloster zu Alt-Dresden. Es lag dieses Kloster in der Nähe des sogenannten Wiesentores, und von ihm hat noch jetzt die Klostergasse ihren Namen. Luther revidierte dasselbe im Jahre 1516, wie wir im folgenden Abschnitt sehen werden.
Sämtliche Kirchen und Kapellen Dresdens standen unter der Oberaufsicht des Bischofs zu Meißen, welcher allein von den 47 Altären der Dresdner Kirchen jährlich 120 Mark (ungefähr 1.600 Taler) Einkünfte bezog. Und wahrlich, welche Summen wurden durch den Ablass aus dieser Stadt geführt! Selbst noch im Jahre 1500 erschien bei Gelegenheit des Jubeljahres1 ein Ablassprediger in Dresden, welcher sich sechs Wochen daselbst aufhielt und eine sehr gute Einnahme gehabt haben soll.
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Abb. 1.5:
Die Sophienkirche in Dresden, 1852 (Christian Gottlob Hammer)
Wie erbärmlich, aber der Gottesdienst in der damaligen Zeit und in der dortigen Gegend gewesen sei, lernt man aus einem Bericht Emsers1, welcher in seiner Lebensbeschreibung des Bischof Benno den Gottesdienst in der Hauptkirche zu Meißen beschreibt: »Zu Mittag um 12 Uhr beginnen Schulknaben mit dem Gesang von Vigilien oder Gebeten für die Verstorbenen, hierauf kommen 8 herrschaftliche Kapläne und singen ebenfalls Vigilien, Vespern und ein Completorium bis um 2 Uhr. Diesen folgen die Canonici und der ganze Klerus und beenden die Vigilien (wenn es der Tag also mit sich bringt) samt dem, was sie weiter trifft, und auch die Vespern und das Completorium. Hierauf erscheinen die Grabati, d. i., die, welche bei der herrschaftlichen Gruft sitzen, und singen auch Vigilien, Vespern und ein Completorium. Dergleichen wird den einen Tag vom Leiden Christi, den anderen vom Mitleiden der Jungfrau Maria, den dritten Tag aber die Historie von der Verklärung Christi gesungen. Ferner finden sich ein die Octaviani, d. i., die um 8 Uhr anfangen und singen Psalmen bis um Mitternacht. Nach diesem tritt auf der große Chor und singt Morgengebete. Sodann kommen andere Grabati und singen die Horas da fort, wo man den Abend zuvor aufgehört hat. Hiernächst erscheinen wieder herrschaftliche Kapläne und singen der großen Göttin Morgenlieder. Dann folgt eine Messe von denselben, und darauf wird eine andere Messe für die Verstorbenen gehalten, in welche die Chorknaben zugleich mit einstimmen.«
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Ganz denselben Mangel an einem vernünftigen Gottesdienst, welchen wir bisher in Dresden kennengelernt haben, finden wir zu Anfang des 16. Jahrhunderts auch in Leipzig. Zwar fand sich auch hier eine ziemliche Anzahl Kirchen und Kapellen, aber das lebendige Wort war hier ebenfalls hinter dem geisttötenden Gebrauch zurückgetreten. Zwar war auch hier kein Mangel an Priestern und Altären, aber das Volk konnte das königliche Priestertum des Herrn nicht mehr sein, weil Aberglaube die Geister umnachtete. Statt auf Glauben und Sittlichkeit zu dringen, wurden Messen gelesen und Vigilien gehalten, statt das Beispiel entschlafener Gerechten nachzuahmen, wurden ihre Bildnisse ein Gegenstand abergläubiger Verehrung, statt durch Wohltun die Elenden zu erfreuen, machte man Schenkungen an die Klöster, meinend, man tue Gott einen Dienst daran.1
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