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KHK Wilhelm Büffel hat einen heimtückischen Mordfall zu lösen. Er führt ins Drogenmilieu und in die feine Gesellschaft. Seine manchmal etwas ruppige Art kommt dabei nicht immer gut an. Bei seinen Kollegen ist er gefürchtet, aber auch geachtet; denn die Quote seiner gelösten Fälle ist überdurchschnittlich hoch. Aber in diesem verworrenen Fall scheint er sich die Zähne auszubeißen.
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Seitenzahl: 85
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"Was haben wir?"
"Männliche Leiche, farbiger Herkunft, ca. 28 Jahre alt!" antwortete Hermine Bauer, ihres Zeichens Polizeikommissaranwärterin - kurz „KKAnw”.
"Was heißt „farbiger Herkunft”, verehrte Kollegin", sagte Kriminalhauptkommissar Wilhelm Büffel, "welche Farben haben wir denn? Rot, grün, blau, lila oder vielleicht schwarz-gelb gestreift?"
Hermine zuckte zusammen ob der rüden Art, wie sie ihr Chef gefragt hatte. Selbiger beugte sich kurz über die Leiche, und als er die diversen Einschusslöcher auf dem weißen T-Shirt des Opfers sah, fasste er kurz zusammen:
"Durchlöcherter schwarzer Neger ohne bemerkenswerte Lebenszeichen!"
Dann schaute er seine junge Kollegin an und sagte:
"Siehst du, Hermes, das ist eine klare und leicht verständliche Beschreibung der Leiche!"
Als Hermine vor geraumer Zeit zu ihm gekommen war, hatte er sie mit den Worten begrüßt: "Dich hat der Himmel geschickt!" Und ergänzend: "Was habe ich nur verbrochen, dass ich jetzt schon kleine Mädchen ausbilden soll?"
Und als er ihren Vornamen hörte, machte er sofort aus Hermine „Hermes” - von wegen „...Himmel geschickt”.
"Jetzt mach einmal halblang, Buffalo!" sagte Franz Kleiber, der Gerichtsmediziner.
Wilhelm und Franz waren zwei Dinosaurier ihrer Zunft. Sie bewegten sich schnurstracks in Richtung Pension und arbeiteten schon mehrere Jahrzehnte zusammen.
"Das sagt man heutzutage nicht mehr so!" fuhr der Doktor fort, "das ist politisch inkorrekt!"
"Was meinst du damit, Franz?" fauchte Wilhelm „Buffalo” Büffel seinen Kollegen an.
Franz und er waren über diesen Status nie hinaus gekommen. Für eine Freundschaft hat es nie gereicht. Gelegentlich einmal ein Feierabendbier; das war es dann auch schon.
Kann sein, dass die verschiedene Herkunft der beiden es nicht zuließ. Franz stammte aus einer akademischen Familie, und Wilhelm kam aus dem Arbeitermilieu.
"Du weißt genau, was ich meine", antwortete Franz mit einem breiten Grinsen, "das mit dem „Neger!"
"Das ist doch Quatsch!" polterte KHK Büffel, "essen wir jetzt auch keine „Amerikaner” mehr und liegen keine „Engländer” und „Franzosen” mehr in unserer Werkzeugkiste?
Heißt das jetzt „Gebäck in Untertassenform mit Zuckerguss” und „Schraubenschlüssel bzw. Verstellschlüssel ausländischer Herkunft” oder wie?"
"Rede doch nicht so einen Mist, Buffalo. Du weißt genau, wie ich das meine!"
Die beiden Männer sahen sich einen Moment lang an, um dann in ein schallendes Gelächter auszubrechen.
"Lassen wir das!" sagte KHK Büffel und wandte sich Hermine zu.
"Also Hermes, was machen wir jetzt?"
Hermine war noch immer verwundert über die Anrede ihres Chefs durch den Gerichtsmediziner und hätte liebend gern gewusst, wieso dieser KHK Büffel „Buffalo” nannte.
Natürlich war ihr bewusst, dass das englische Wort „Buffalo” für Büffel steht; aber das erklärte noch nicht den Ursprung des Spitznamens.
"Was ist, Hermes?" fragte KHK Büffel ungeduldig, "hat es dir die Sprache verschlagen oder hast du keine Antwort gefunden?"
Es ärgerte Hermine, dass er sie einfach duzte, obwohl sie ihm das nie angeboten hatte, und dass er sie „Hermes” nannte, missfiel ihr mindestens genauso.
Sie hatte aber nie den Mut aufgebracht ihren Chef darauf anzusprechen. In der Dienststelle war er eine lebende Legende. Seine Aufklärungsquote lag weit über dem Durchschnitt, und seine Kollegen verehrten ihn.
KHK Büffel ging immer mit dem Kopf durch die Wand; sogar öfter unter Missachtung jeglicher Vorschriften. Und daher stammte auch sein Spitzname „Buffalo” - genauer gesagt „Detective Buffalo”.
Das Umgehen von Vorschriften und die lässige Art, mit der KHK Büffel zu Werke ging, verärgerte Oberkriminalrat Becker über die Maßen. Aber in Betracht der immer näher rückenden Pensionierung sah er zähneknirschend darüber hinweg.
"Anwohner befragen, um eventuelle Zeugen zu finden!" antwortete jetzt Hermine und sah ihren Chef mit festem Blick dabei an.
"Na also; geht doch!" brummte Buffalo und bewegte sich in Richtung Dienstfahrzeug.
"Chef, Chef!" rief Hermine hinter ihm her, "wie komme ich ins Kommissariat zurück?"
"Mit dem Schiff, mit dem Flugzeug oder zu Fuß!" kam die flapsige Antwort des KHK's. "Was weiß ich."
"Ärgern Sie sich nicht!" sagte Dr. Kleiber zu Hermine, "Sie dürfen das nicht persönlich nehmen; er benimmt sich zu allen so!"
"Aber nicht zu Ihnen!" stieß Hermine heraus und erschrak dabei, dass sie sich wohl etwas im Ton vergriffen hatte.
"Entschuldigung, Herr Doktor!" sagte sie kleinlaut, "das wollte ich nicht!"
"Ist schon gut, Mädchen!" antwortete der Medizinmann. "Und den „Herrn Doktor” den lassen wir lieber. Ich heiße Franz!" Als er das sagte, streckte er Hermine die Hand entgegen.
"Aber das geht doch nicht!" sagte Hermine verunsichert.
"Und warum nicht?" fragte Franz lächelnd, "bin ich dir nicht sympathisch genug?"
"Doch, doch!" beeilte sich Hermine zu sagen, "sehr sogar!"
"Ja dann?"
Hermine ergriff die Hand des Mannes und sagte:
"Vielen Dank, Herr Doktor! Ich meine Franz! Ich heiße übrigens Hermine; Hermine Bauer!"
"Ich weiß; Hermine Bauer!"
Die KKAnw Hermine ging von Haus zu Haus, um eventuelle Zeugen zu finden; jedoch ohne Erfolg.
"Warum weinst du, Hermine?" fragte Franz.
"Ich weine doch gar nicht!" antwortete Hermine.
"Ja, man merkt jetzt schon, dass das Auto schon einige Jahre auf dem Buckel hat", sagte Franz nach einer kurzen Pause.
"Wieso?" fragte Hermine. Sie saß mit Franz in dessen Auto und war auf dem Weg ins Präsidium.
"Na, weil das Dach undicht ist und es herein regnet. Anders lässt sich dein nasses Gesicht ja nicht erklären. Oder?"
Hermine lachte befreit. Die einfühlsame Art des älteren Mannes tat ihr gut. Und so öffnete sie sich ihm und sagte:
"Ist der Buffalo immer so?"
"An und für sich schon", antwortete Franz, "aber er war nicht immer so!"
Und dann erzählte er seiner Mitfahrerin von einem Mann, der früher ein liebenswerter und freundlicher Kollege war.
Das änderte sich an dem Tag, als Margot Büffel an Krebs gestorben ist. Buffalo, der damals noch Wilhelm Büffel war, veränderte sich von Stund an.
Er wurde zum totalen Einzelgänger und auch Einzelkämpfer. Daran vermochten weder KOR Becker noch Frau Staatsanwältin Miranda Hirlinger etwas zu ändern.
"Was hat die Frau Staatsanwältin damit zu tun?" fragte Hermine.
Franz zögerte, bevor er antwortete. Dann sagte er:
"Was ich dir jetzt sage, muss unbedingt unter uns bleiben. Wenn Buffalo heraus bekommen würde, dass ich dir das gesagt habe, würde er mich umbringen!"
"Ich werde niemandem davon erzählen! Ehrenwort!"
Hermine hob zur Bekräftigung ihres Versprechens ihre Hand wie zu einem Schwur.
Franz lächelte. Er empfand vom ersten Augenblick Sympathie für diese junge Frau. Das war vor einigen Wochen, als sie ihm vorgestellt wurde.
"Buffalo und Miranda hatten damals ein Verhältnis miteinander!"
"Was?" entfuhr es Hermine heftig. Und dann:
"Das verstehe ich jetzt überhaupt nicht! Wenn er doch mit der Staatsanwältin ein Verhältnis hatte, dann war doch seine Ehe sowieso schon am Ende."
"Ganz so einfach verhält sich das nicht", sagte Franz. "Da war schließlich noch die gemeinsame Tochter Petra!"
"Und wie ging das dann weiter?" wollte Hermine wissen.
"Nun, Franz beendete ab sofort das Verhältnis mit Miranda und kümmerte sich aufopfernd um Petra."
"Das alles verstehe ich gut, und kann ich auch nachvollziehen", sagte Hermine, "aber das erklärt mir nicht, warum Buffalo so ein Ekel geworden ist!"
"Auf diese Frage gibt es keine Antwort!" sagte Franz, "zumindest keine, die ich kenne!"
"Ward ihr damals schon Freunde?" bohrte Hermine weiter.
"Nein!" antwortete Franz, "damals nicht und auch nicht heute. Auch wenn das so scheinen mag!"
Hermine hätte nur zu gern noch weiter gefragt, unterließ es aber. Der Rest der Fahrt verlief schweigend.
Als Miranda die Diensträume betrat, empfing sie KHK Büffel mit den Worten:
"Schön dass du auch schon kommst. Hast du wenigstens etwas in Erfahrung bringen können?"
"Nein, nichts Verwertbares!"
"Hätte ich mir denken können", sagte Buffalo halblaut; aber so, dass es die anderen Anwesenden hören konnten.
Die anderen, das waren Kriminalkommissar Herbert Dörr und Kriminalhauptmeister Alfred Brenner. Frau Martha "Eiche" Eichmüller war die Sekretärin und Vorzimmerdame.
"Also, was wissen wir, Herbi?"
Die Frage von Buffalo war an den Kollegen Dörr gerichtet. Er war der einzige, der schon länger mit ihm zusammen arbeitete und wohl auch der einzige, den Buffalo ein wenig an sich heran ließ.
"Der Tote heißt Abasi Okonjo. Mutter ist deutsche, der Vater kommt aus Ghana!"
"Haben wir eine Adresse?" fragte Buffalo.
"Ja, haben wir!" antwortete KK Herbert Dörr.
"Gut!" sagte Buffalo, "dann nimm Hermes mit und schau dich einmal dort um!"
"Wieso kann ich nicht Brenner..?"
Herbi vollendete den Satz nicht. Der zürnende Blick seines Chefs empfahl ihm unmissverständlich es besser zu unterlassen.
"Und du gehst zu Dr. Frankenstein und fragst, ob er schon mehr über unseren toten Bimbo sagen kann!"
Hermine zuckte unwillkürlich zusammen, als sie das hörte. Sie würde diesen Mann nie mögen. Noch nicht einmal unter Berücksichtigung seiner - der von Franz in Erfahrung gebrachten - Vorgeschichte.
"War das heute deine erste Leiche?" fragte Herbert, als er mit Hermine im Auto unterwegs war.
"Ja!" antwortete Hermine.
"Und war es schlimm?"
"Ein wenig schon!" antwortete Hermine und ergänzte:
"Es sah schrecklich aus! Das viele Blut!"
"Daran gewöhnst du dich mit der Zeit!" antwortete Herbert lapidar.
"Ich weiß nicht", sagte Hermine, "kann man das wirklich?"
"Das musst du sogar!" antwortete Herbert, "wenn nicht, dann kannst du gleich wieder zu den Uniformierten zurück gehen!"
Hermine schwieg. Sie war sich nicht sicher, was sie von ihrem Kollegen halten sollte. Überhaupt hatte sie bisher noch nicht wirklich Fuß fassen können. Das einzige weibliche Wesen war Frau Eichmüller, die Sekretärin. Sie war etwa im Alter von Buffalo und ihr gegenüber eher wortkarg.
"Da sind wir!" drängte sich Herbert in Hermines Gedanken. "Schauen wir einmal, was wir finden können!"
Abasi Okonjo bewohnte eine Zweizimmerwohnung in einem Mietshaus. Die beiden Kriminalbeamten sperrten mit dem Schlüssel, den sie bei dem Toten gefunden hatten, die Tür auf und begannen die Wohnung zu durchsuchen.
"Such du im Schlafzimmer und ich nehme mir die Küche vor!" sagte KK Dörr. Dann schickte er Hermine ins Bad und ging selbst ins Wohnzimmer.
Kurz darauf rief Hermine:
"Komm schnell her! Ich glaube, ich habe etwas gefunden!"
Als Herbert das Badezimmer betrat, hielt Hermine triumphierend ein mit durchsichtigem Plastik umhülltes Päckchen in der Hand.
"Ist das...?" fragte Hermine ihren erfahrenen Kollegen.
"Ja, das ist Koks!" sagte KK Dörr. "Das ist mindestens ein halbes Kilo!"
Hermine war beeindruckt. Sie begann Gefallen an ihrer Arbeit zu finden.
"Gratuliere!" sagte Herbert anerkennend. "Wo hast du das gefunden?"
"Im Spülkasten!" sagte Hermine stolz.
"Bravo!" sagte Herbert. "Ich glaube, aus dir wird noch eine richtige Kriminalistin!"