Die Begierde des Wikingers: Die Komplette Kollektion - AJ Tipton - E-Book

Die Begierde des Wikingers: Die Komplette Kollektion E-Book

AJ Tipton

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Beschreibung

  Uralte Wikinger, Magie und moderne Frauen vereinen sich zu wundervoller Leidenschaft. 
Vor über tausen Jahren verfluchte eine Hexe vier charmante Wikingerbrüder. Heute sind sie immer noch sexy und unsterblich, aber bis in alle Ewigkeit, für ihre Fehler der Vergangenheit, verflucht...oder vielleicht doch nicht? 

Ihr Feuriger Wikinger: Mikkels Liebesgeschichte dreht sich um aufbrausende Barscharmützel, Auto-Eskapaden bei hoher Geschwindigkeit und eine Liebe, die stark genug ist, sogar die gebrochensten aller Herzen zu heilen. 

Ihr Dampfender Wikinger: Brams erotische Geschichte beinhaltet eine gespenstische Verkupplung, Spaß in der Badewanne und eine Hexe, dessen Berührung reicht, um alles zu verändern. 

Ihr Geflügelter Wikinger: Bei Eriks wilder Fahrt geht es um geile Unsterbliche, eine verkuppelnde Barkeeperin und eine Liebe zum Abheben. 

Ihr Steinharter Wikinger: Carrs heiße Geschichte handelt von einer Inselaffäre, verführerischer Wasserfall-Action und einer Liebe so leidenschaftlich, dass die Erde bebt. 

Ihr Weihnachts-Wikinger: Diese festliche Kurzgeschichte für den erwachsenen Leser handelt von gefährlichen Zaubersprüchen, frechen Geschenken und einem Winter-Wunderland, das Sie so noch nie erlebt haben. 

Diese EIGENSTÄNDIGEN Geschichten können in beliebiger Reihenfolge gelesen werden. Es gibt kein offenes Ende und jede Kurzgeschichte endet, wie sie sollte: mit einem Happy-End.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Die Begierde des Wikingers

Die Komplette Kollektion

AJ Tipton

Übersetzt vonJulian Freiheit

Copyright © AJ Tipton 2015-2017 Das Werk einschließlich aller Inhalte ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Reproduktion (auch auszugsweise) in irgendeiner Form (elektronisch, gedruckt, kopiert oder anderes) sowie die Einspeicherung, Verarbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung mit Hilfe elektronischer Systeme jeglicher Art, gesamt oder auszugsweise, ist ohne ausdrückliche, schriftliche Genehmigung des Autors untersagt. - Die Genehmigung kann bei [email protected] angefragt werden.

Dieses Buch ist nur für den Verkauf an ein erwachsenes Publikum gedacht. Es beinhaltet sexuell explizite Szenen und Bildsprache, die manchen Lesern anzüglich vorkommen könnte.

Diese Arbeit ist reine Fiktion. Alle Charaktere, Namen, Orte und Vorfälle, die in diesem Werk vorkommen, sind fiktiver Natur. Jegliche Ähnlichkeiten zu realen Personen, lebendig oder tot, Organisationen, Vorkommnissen oder Lokalitäten ist reiner Zufall.

Alle sexuell aktiven Charaktere dieses Buches sind 18 Jahre oder älter.

Inhalt

Ihr Feuriger Wikinger

Ihr Dampfender Wikinger

Ihr Geflügelter Wikinger

Ihr Steinharter Wikinger

Ihr Weihnachts-Wikinger: Festtagsmagie

Danksagung

Über den Autor

Ihr Feuriger Wikinger

Die neue Sekretärin stellte sich als spektakulär heraus—Ihre Fäuste hämmerten rhythmisch auf seinem riesigen Mahagoni Tisch, während er sie hart von hinten nahm. Sie war die neueste von einer Reihe von Sekretärinnen—Sissy? Sally? Den Namen wusste er nicht mehr, aber es war eh nichts Ernstes—sie redete viel zu viel für seinen Geschmack. Mikkel widerstand dem Drang mit den Augen zu rollen, während sie atemlos nach mehr verlangte.

„Mehr! Gib’s mir! Oh Gott, härter! Fester! Weiter! Oh Gott! Ja! MEHR!” Er lehnte sich vor und legte seine Hand auf ihren Mund, um die Schreie zu dämpfen, bevor das ganze Büro herausfand, was hier vorging. Er wartete ein paar Sekunden bis ihr Orgasmus abgeklungen war, dann zog er seinen immer noch harten Schwanz heraus und kam auf ihrem makellosen Hintern. Gelangweilt gähnte Mikkel. Er hatte das alles schon zig Male gehört.

Während er ein weiteres Mal gähnte, fuhr er sich mit den Fingern durch seine kurzen, blonden Haare. Dank jahrzehnte langer Übung, war er in der Lage, sich mit Frauen aller Art zu vergnügen—junge und alte, reiche und gewöhnliche. Er hatte seine sexuellen Fähigkeiten mit Priesterinnen und Prinzessinnen, Pharaonen und Kleinbauern verfeinert, aber aus irgendeinem Grund konnte er den undefinierbaren Reizen der Sekretärinnen in seiner Firma nicht widerstehen. Sicherlich schadete es nicht, dass er eisenharte Bauchmuskeln und stählerne Bizeps hatte und sich Frauen ihm schon alleine deswegen an den Hals warfen.

Die neue Sekretärin—Mikkel war sich jetzt fast sicher, dass ihr Name Samantha war—nahm die Kleenex Box, die er ihr herüberreichte dankbar an, damit sie sich säubern konnte. Sie zwinkerte ihm kurz mit einem alles andere als gekonnt heißblütigen Lächeln eines Pin-Up Girls an. Es hätte vielleicht einen Effekt gehabt, wenn nicht der Rest ihres Ausdrucks so… dumpf gewesen wäre. Er half ihr beim Säubern und führte sie so schnell er konnte zur Bürotür hinaus.

„Das war der Hammer, Stephanie.“ Sagte er und gab ihr einen schnellen Kuss auf den Mund. Sogar eine Kleopatra wußte, im nicht zurückzuschreiben, als er sie Livia nannte. „Es war eine sehr…“ Er machte eine bewusste Pause, damit sie den Satz beenden konnte, „…besondere Zeit.“

Sie schaute ihn kaum an. Mikkel war wenig begeistert. Sie hatte drei Orgasmen gehabt—sollte sie danach nicht irgendeine Reaktion zeigen?! Die Kleine hatte schon ihr Handy herausgeholt und spielte intensiv irgendein Spiel, bei dem sie farbige Spielsteine einander zuordnete.

Sie beendete das Level und packte ihr Handy wieder ein, schaute umher, und wartete offensichtlich auf etwas. Er konnte sich nicht vorstellen auf wen sie wohl wartete. Sie hatte erst vor wenigen Tagen bei Firewall Demolitions angefangen und außer ihm noch niemand anderen kennengelernt. Die meisten waren schon zum Mittagessen aufgebrochen und der Flur, der zu Mikkels Büro führte, war ziemlich leer. Ein großer, braunhaariger Mann mit dunkelblau karierter Hose, passenden Hosenträgern und weißem Hemd kam um die Ecke des Flurs und blätterte durch einen Stapel an Berichten.

„Ich heiße Lizzie!“ kreischte sie, froh dass endlich jemand in Hörweite war. Sie stampfte so fest mit ihren High-Heels auf, dass Mikkel sich schon Sorgen um die Lebensdauer ihrer Schuhe machte. „Mein Gott, du bist echt der beschissenste Chef, den es gibt!“, spie sie hasserfüllt und zeigte mit einem peinlich genau manikürten Finger auf sein Gesicht.

„Sorry, dass ich dir das sagen muss, aber er ist hier gar nicht der Boss.“ Während Nick die Berichte unter seinen Arm klemmte, folgten seine hellblauen Augen ihrem roten Fingernagel zu Mikkel. “Oh nein…“ kicherte er, „Hast du wirklich all deinen Enthusiasmus auf diesen kleinen, unwichtigen Typen verschwendet? Ich hoffe doch wenigstens, dass er es dir ordentlich besorgt hat.“

„Mein Gott, Nick, „unwichtig“? Tu triffst mich zutiefst!“, kicherte Mikkel mit gespielter Empörung. Er duckte sich schnell als Lizzies Nägel durch die Luft kratzten, wo gerade noch sein Kopf war. Tausend Jahre alte Wikingerreflexe waren wirklich manchmal nützlich.

„DU BIST NICHT DER BOSS?!“ Eine weitere Klaue schwang durch die Luft und verpasste Mikkels breite, muskulöse Brust nur knapp. Dafür flog aber ihr pinkes Handy über den Flur.

„Glaub mir, du hast keine Chance beim Boss“, sagte Nick mit einem gerissenen Lächeln. Er hob das Handy auf, gab es ihr und winkte ab: „Der Boss ist mein Ehemann.“

Lizzies Gesicht verwandelte sich in eine Maske voller Abscheu, als sie diese Information verarbeitete.

„Komm‚ Möchtegern-Boss‘, lass uns zum Mittagsmeeting gehen, ja?“ Nick schlug auf Mikkels Schulter und lachte. Lizzies exquisiter Hintern ging verärgert in die andere Richtung. „Wir kleinen Diener wären verloren ohne Eure Weisheit und Führung, oh großer Meister“, witzelte Nick sarkastisch. Sie gingen zusammen durch das Labyrinth-ähnliche Bürogebäude.

Mikkel lachte. “Ich habe ihr gar nicht gesagt, dass ich der Boss bin. Aber wie hätte so ein süßes, sexy Ding all das“—er zeichnete mit einer Geste seine breiten Schulter, stahlharten Bauchmuskeln und seinen perfekt runden Hintern nach, „ablehnen können?“.

„Das wäre natürlich ein Verbrechen an die Frauenwelt“, sagte Nick mit einem ehrfürchtigem Blick, senkte seinen Kopf und legte eine Hand auf sein Herz. „Obwohl, hättest du nicht noch eine Woche warten können? Dein kleines Fräulein Kralle war nur eine Sekunde hier und ich bin zu 90% sicher, dass sie, so verrückt wie sie ist, entweder kündigt oder hier alles niederbrennt. Du weißt, wie ich Papierkram und große Flächenbrände hasse. Obwohl Feuerwehrmänner…“- Nick wurde mitten im Satz von dem kleinen, schmierig aussehendem Dwayne unterbrochen, der ihnen gerade entgegenkam.

„Ich habe gehört, du hattest eine richtig schöne Zeit mit dem neuen Mädchen, Mikey?“ spöttelte Dwayne. Er fummelte gedankenverloren an ein paar Hautschuppen herum, die auf dem Schulterpolster seines Jacketts lagen, während sie den Gang runtergingen. „Sag mal, müssen dir eigentlich alle deine Flachgelegten immer eine genaue Anleitungen geben oder geben sie für gewöhnlich einfach auf und akzeptieren, dass du gar nicht weißt, was du da tust?“

„Halt's Maul, du Idiot“, rief Nick. „Du würdest noch nicht einmal merken, dass eine Frau ihren Spaß hat, wenn sie auf dir tanzen würde.“ Mikkel grinste seinen Kumpel anerkennend an. Nick machte ihm manchmal vielleicht das Leben schwer, aber er hielt ihm immer den Rücken frei, vor allem vor Ungeziefer wie Dwayne.

„Wenigstens können meine Frauen die Klappe halten.“ Dwayne deutete nur ein leichtes Grinsen an.

Mikkel wusste zwar, dass Dwayne nur ein wertloser, kleiner Nichtsnutz war, der dauernd irgendeinen Scheiß erzählte, aber trotzdem fühlte er eine rasende Wut in sich aufsteigen. Es fühlte sich wie ein Feuersturm in seinem Inneren an - aufflammend, züngelnd und darauf wartend, alles niederzubrennen, was sich ihm in den Weg stellte. Über die Jahre hinweg, hatte Mikkel Tausende mit einem üblen Temperament kennengelernt, sogar ein paar Berserker, welche komplett zu Wilden wurden, wenn ihre Wut die Kontrolle übernahm. Auf gewisse Weise beneidete er sie um ihre Wut: Sie mussten sich wenigstens nicht mit der Art an Konsequenzen auseinandersetzen wie er, wenn seine Wut überkochte.

Einatmen, ausatmen. Du kannst es hier nicht rauslassen. Nick stand in einem belebten Bereich; er konnte seinem Temperament hier keinen freien Lauf lassen. Dwayne ist es nicht wert.

Er atmete tief ein, konzentrierte sich auf seinen Atem und das befreiende Gefühl beim Ausatmen. Er öffnete seine Fäuste als er langsam merkte, dass die Wut aus ihm zurückwich und er sich wieder Dwayne zuwenden konnte, wobei er ruhig zitierte:

„Wut und Intoleranz sind die Feinde des richtigen Verständnisses. Gandhi.“

Dwayne rollte mit seinen Augen und murmelte „Ich gebe dir gleich Gandhi…“, dann erreichten die Männer ihr Nachmittags-Meeting. Der Konferenzraum hatte dasselbe fluoreszierende Licht und graubraune Wände wie auf den Fluren, aber er war reihenweise mit Fotos von halbzerstörten Gebäuden geschmückt. Ein Team von Architekten fing sogar fast an zu heulen, als sie einmal zu Besuch waren und die ganzen zerstörten Wunderwerke sahen. Für das Sprengungs-Team war diese Arbeit aber eine wahre Kunst. Die Fotos erfüllten Mikkel jedes Mal mit Stolz, wenn er sie sah; Sie waren die Tribute präzise platzierter Geräte, zeitgenauer Detonationen und sorgfältig eroberter Territorien. Er lachte in sich hinein. Vater wäre stolz. Einmal ein Wikinger, immer ein Wikinger.

Das Meeting war nichts Besonderes; Zeitpläne wurden abgeglichen und Projekte wurden den ahnungslosen Neulingen untergejubelt. Der neue Bauingenieur würde morgen kommen, zusammen mit einer neuen Sekretärin. Mikkel ignorierte die offensichtlichen Anspielungen seiner Kollegen. Neue Aufträge wurden diskutiert und Baupläne wurden umhergeworfen wie Konfetti. Drei Tassen Kaffee und zwei Stunden später wurden sie wieder in die Welt entlassen. Zeit, etwas in die Luft zu jagen.

Joanna Baltz hämmerte heftig genug auf das Lenkrad ihres Ford Pinto, dass ihr Radio, in der nicht mehr ganz so festsitzenden Halterung, klapperte. Seit einer halben Stunde hing das Radio auf einem Sender fest und sie sah schon langsam rot. Die Radiomoderatoren fingen immer wieder davon an, dass irgendein berühmter Typ, von dem sie noch nie etwas gehört hatte, einem anderen bekannten Typen, von dem sie ebenfalls noch nie etwas gehört hatte, eine gehauen hat. War das alles, was in der Welt vor sich ging? Joanna haute zum siebenunddreißigsten Mal auf die Scan-Taste, aber der eingestellte Radiosender blieb. Jeder einzelne Anrufer zerriss sich das Maul über die Geschichte und beteuerte, dass der Schlagabtausch nur ein Zeichen für ihre heimliche Zuneigung zueinander sei. „Es war nur eine Frage der Zeit“- kreischte eine Frau mit einer so hohen Stimme, dass es Joannas Lautsprecher fast zerbarst- „bis die zwei Männer von der Boulevardpresse beim Rummachen erwischt werden.“

Wie kann es sein, dass sowas das Einzige ist, worüber all die Leute da draußen sprechen wollen? Joanna hielt das Lenkrad so fest, dass ihre Handknöchel schon ganz weiß wurden.

„Gibt es da draußen keine Kriege?“, knurrte Joanne in ihr Lenkrad. „Krankheiten, die durch's Land ziehen? Massive Misshandlungen und Ungerechtigkeiten?“ Überall auf der Welt starben Menschen an vermeidbaren Krankheiten und Unfällen in Krankenhäusern. Menschen mit Familien. Leute, die eine Schwester haben. Joanna atmete tief ein. Ein und aus, hatte ihr Therapeut gesagt. Konzentrier dich einfach nur auf deine Atmung.

“Arschloch!”, schrie sie den silbernen BMW vor sich an. Sie zeigte dem Fahrer ihren Mittelfinger, während sie feste die Hupe drückte. Das laute Dröhnen ihres Autos passte zum Schreien in ihrem Kopf. Eine weiße Limousine versuchte sich vor ihr einzufädeln, um in die Spur für die Ausfahrt zu gelangen.

„Verpiss dich!“, schrie sie. „Du hättest dich schon vor 100 Metern einordnen sollen!“ Die weiße Limousine wich aus und ordnete sich wieder in den mittleren Streifen ein, so dass Joanna einen Blick in den Wagen werfen konnte. Eine Frau, nicht einen Tag jünger als achtzig, saß am Steuer mit drei schreienden Kindern auf dem Rücksitz.

„Scheiße“, knurrte Joanna, bremste etwas ab und signalisierte der Frau mit der Lichthupe, dass sie sich doch in die Spur für die Ausfahrt einordnen könne.

Sie seufzte und rieb sich die Stirn, als sie in die Parkbucht einlenkte. Dein Temperament könnte jemanden umbringen, sagte ihr einmal ihr Cousin.

Einatmen. Ausatmen. Der Motor gluckerte, während er sich abkühlte. Joanna konzentrierte sich darauf, den Griff vom Lenkrad zu lösen und sich ihres Glückes bewusst zu werden. Ich bin dankbar für den neuen Job. Ich bin dankbar für einen neuen Start. Ich bin dankbar, dass ich gesund bin. Ich bin dankbar für meine Scheiß-Karre. Ich bin dankbar für meine Bruchbude und den Duschkopf, der nicht mehr funktioniert. Ich bin dankbar für meine Hobbys. Sie hielt inne und ergänzte dann: Mein Hobby. Welches darin besteht in einer Bar zu sitzen und mir die Leber kaputt zu saufen, nur damit ich nicht mit einem Wagenheber auf die Welt losgehe. Ich bin dankbar für… sie hatte nichts mehr aufzuzählen. Sie schlug wieder auf das Lenkrad ein und das Radio fiel aus der Halterung.

„Ich werde dem scheiß Therapeuten sagen, dass seine Stresslöse-Technik für den Arsch ist!“, rief sie.

Das war nicht die Art und Weise, auf die sie den ersten Tag in ihrem neuen Job hatte starten wollen. Sie schob das Radio zurück in die Halterung, klebte das Klebeband wieder an und kletterte aus ihrem Wagen.

Der heruntergekommene Eingang zum Bürogebäude lag wie mit weit geöffnetem Mund vor ihr, mit herunterhängenden Plastikvorhängen, die wie schiefe Zähne wirkten. Ein Blick nach oben und sie konnte schon drei Punkte erkennen, an denen sie extra Ladungen Sprengstoff anbringen mussten, damit es ein kontrollierter Einsturz werden würde. Sie zog ihren Schreibblock hervor, machte eine schnelle Skizze von dem Gebäude und notierte ihre Beobachtung, bevor sie diese bei dem ganzen Stress der ersten Arbeitstage wieder vergaß. Das war der Teil, den sie an ihrem Job am liebsten hatte. Gebäude waren einfach. Physik bestimmt, wo und wie sie einstürzen. Einfache, verlässliche Regeln sagten ihr, wo und wie sie den Sprengstoff anbringen musste, damit das gesamte Gebäude kontrolliert und schnell in sich zusammenfiel.

„Hallo, Süße“, sagte eine nasale, hohe Stimme.

Menschen, andererseits…

Sie sah den Besitzer dieser Stimme aus dem Augenwinkel; der Umriss einer Wampe spannte sich über seiner Gürtellinie und sein dünnes, schmieriges Haar war zu einer Vokuhila nach hinten geklatscht. Er lehnte gegen den nächsten Müllcontainer, eine Hand im Gürtel, was wahrscheinlich so etwas wie eine Aufreißer-Pose sein sollte.

„Ich bin gar nicht mehr sooo süß, wenn ich dir 50.000 Volt durch deinen schleimigen Arsch jage“, lächelte sie freundlich. Es juckte ihr in der Hand, den Taser in ihrer Tasche zu greifen, aber stattdessen griff sie nach dem Bleistift. Ihr Cousin, der Anwalt, wäre jetzt sehr stolz auf ihre Zurückhaltung.

„Komm schon Baby, sei doch nicht so. Ich hab doch nur einen Scherz gemacht“, sagte der Widerling.

Für gewöhnlich waren ihr Kurzhaarschnitt, der maßgeschneiderte Anzug, die Brille und der Schreibblock schon Ansage genug, dass sie nicht der Typ für Scherze war. Joanna konzentrierte sich darauf langsam zu atmen, ein und aus, während sie die Träger ihrer Handtasche so fest umfasste, dass sich ihr dabei die seitlich angebrachten Metallnieten in die Haut bohrten. Sie hoffte, dass der feste Griff nicht offenbarte, wie sehr sie zitterte. Ihr Therapeut sagte, dass es ihr helfen würde, ihre Wut zu bändigen, wenn sie ihre Atemzüge zählte. Ein eiskalter Margarita mit einem doppelten Schuss Tequila hätte denselben Effekt. Aber dieser Margarita war noch acht lange Stunden entfernt und sie konnte jede einzelne dieser Stunden wie ein Gewicht auf ihrem Rücken spüren.

Sie stellte die Skizze mit ein paar groben Strichen fertig und steckte dann den Notizblock und den Bleistift wieder zurück in ihre Handtasche, während sie zügig auf das Gebäude zuging.

„Hey!“ schallte die hohe Stimme hinter ihr. „Hey!“ er joggte, um mit ihr mithalten zu können und hechelte schon nach wenigen Metern.

Ein temporäres Büro war in einem Wohnwagen außerhalb des Gebäudes aufgebaut worden. Der Firmenname, Firewall Demolitions, leuchtete in großen, roten Buchstaben an der Seite des Wohnwagens und ein paar Männer hingen auf der metallenen Treppe herum, tranken Kaffee und aßen Bagels. Sie standen zu zweit oder zu dritt zusammen und ihre Unterhaltungen klangen aus der Entfernung wie ein undeutliches Grunzen. Es waren genau 36 Schritte von ihr bis zu dem Büro des Chefs. Sieben Männer. Es war nicht der schlimmste Spießrutenlauf eines neuen Jobs. Aber die Größe des Pfeifkonzerts würde davon abhängen, wie schnell sie der Erste wahrnehmen und wie schnell sie es bis zum Büro ihres neuen Chefs schaffen würde.

„Jungs, guckt mal was ich hier gefunden habe“, der Widerling vom Müllcontainer zeigte auf sie, als wäre er auf Gold gestoßen. Seine Augen verschlangen sie, während er mit dem Ellbogen seinen Nachbarn anstieß. „Die neue Sekretärin erinnert mich an meine Englischlehrerin aus der siebten Klasse, bei der ich meinen ersten Ständer hatte.“ Das Lachen klang ein wenig gezwungen, aber sie konnte das kollektive Anstarren der Männer wie einen widerlichen Juckreiz auf ihrer Haut spüren.

„Aber sie wäre noch geiler ohne diese Brille…“, der erste Kommentar war leise. Ein Mann redete mit seinem Nachbarn gerade so laut, dass man es verstehen konnte. Joanna merkte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Die Männer würden wahrscheinlich denken, dass es nur Rouge war.

Normalerweise versuchte sie der Crew klarzumachen, dass sie keine Sekretärin war.

„Mann, mit dem Arsch könnte man Nüsse knacken…“, sagte die nächste Stimme, ein wenig lauter. Joanna ballte ihre Fäuste.

Offensichtlich kam niemand auf die Idee, dass Frauen mit einem Notizblock in der Hand auch Bauingenieurinnen sein könnten.

„Hör nicht auf die Kerle, Baby, du bist eine Göttin unter Bauern…“, sagte ein weiterer Neandertaler direkt zu ihr.

Und los geht’s. Joanna fuhr mit der Hand in ihre Tasche. Die angestaute Wut fühlte sich an, wie geballte Energie, die darauf wartete, aus ihrem Inneren herauszuplatzen.

Der Müllcontainer-Typ lehnte sich vor und grapschte nach ihrem Hintern.

In einer flüssigen Bewegung zog Joanna den Elektroschocker aus ihrer Tasche, machte einen Schritt zurück und drückte den Abzug. Der Typ fiel auf den Boden, zuckte und wandte sich, während ihm die Tränen kamen.

Im ganzen Vorhof herrschte plötzlich Stille. Alle Augen sprangen zwischen Joanna, dem blau zuckenden Licht ihres Tasers und dem jammernden Widerling, der auf dem Boden lag, hin und her.

„Jungs“, diese Stimme klang so anders, dass sie fast über ihre eigenen Füße fiel, als sie sich herumdrehte. Die Stimme klang sehr tief und nach Whiskey. Der Besitzer der Stimme stand am Eingang. Seine straffen, großen Muskeln gingen von lässig zu Alphamann über, als er sich von seiner Position auf der Treppe löste und sich vor den anderen Typen zu seinen vollen 1,95m aufbaute. Joanna brauchte eine Sekunde, um zu realisieren, dass er immer noch redete.

„Man merkt, dass keiner von euch seit dem letzten Playboy eine Frau gesehen hat. Aber mal unter uns: Nur Frauen in Pornos stehen auf so einen Scheiß.“

Sie dachte, die anderen Männer würden ihm darauf eine passende Antwort geben und ein Kampf um den Platz als Alphamann würde losgehen, aber sie hielten allesamt die Klappe. Keiner traute sich, etwas zu sagen. Sie kicherten unsicher untereinander und widmeten sich wieder ihrem Kaffee und ihren Unterhaltungen. Zurück blieb nur der Widerling, der immer noch auf dem Boden lag und zuckte. Sie wusste, dass sie sich dankbar fühlen sollte, aber in ihr kochte die Wut. Sie hatte gerade erst einen Typ mit dem Taser bearbeitet und jetzt kommt er und übernimmt das Kommando? Sie schob den Taser zurück in ihre Tasche, bevor sie wieder in Versuchung kam, ihn zu benutzen.

Als sie auf den Wohnwagen zuging, konnte sie den Alphamann besser erkennen. Er war nicht der Chef von Firewall Demolitions. Sie hatte fast alle der Führungskräfte und Manager der Firma während ihres Bewerbungsgesprächs getroffen. Joanna versuchte, ihren Gesichtsausdruck so natürlich und normal wie möglich aussehen zu lassen, während sie ihn genauer betrachtete. Wären ihre Rollen vertauscht, dann wäre sie sehr versucht, ihm hinterher zu pfeifen und ihn einen Gott unter Bauern zu nennen. Sein goldenes Haar wellte sich in der Morgensonne wie bei einem Superhelden. Sein weißes T-Shirt zog sich eng über seine definierten Bauchmuskeln und verbarg nichts. Seine Jeans hingen etwas tiefer, sodass sie einen dünnen Streifen dunkles Haar wahrnahm, der in seiner Hose verschwand. Ihr Mund wurde trocken und für eine Sekunde konnte sie nur daran denken, ihre Hand genau dahin zu stecken, was darunter lag.

„Wo schauen wir denn hin, Kleine?“ Sein freches Lächeln sagte ihr, dass er genau wusste, was sie dachte.

Erwischt. Vor zwei Jahren hätte sie sich dafür entschuldigt, ihn so zu begaffen. Schließlich hasste sie es genauso begafft zu werden. Vor zwei Jahren hätte sie sich kleinlaut an ihm vorbeigeschoben und sich schuldig dafür gefühlt. Aber das war vor zwei Jahren.

„Geh mir aus dem Weg, Arschloch“, knurrte sie. Sein Blick weitete sich und er legte seine Stirn in Falten. Er trat zurück, machte ihr Platz und machte eine sarkastische, einladende Geste in Richtung der Tür des Chefs.

„Natürlich, gnädige Frau.“ Seine Stimme klang zu schön, um wahr zu sein. Selbst wenn er sarkastisch und leicht gekränkt sprach, war es, als flüsterten seine Worte direkt zu ihren Eierstöcken.

Das Büro im Wohnwagen war ein absolutes Chaos. Papiere und Baupläne flogen überall herum. Geöffnete Schubladen mit Essensresten und ein schiefer Turm von Pizzakartons standen neben der Tür, über denen schon die Fliegen kreisten. Die Teppichfasern schienen sich von allein zu bewegen und sie versuchte sich nicht vorzustellen, was für Insekten darin wohl hausten.

„Hallo?“, rief sie. Der Wagen war nicht wirklich groß, aber bei so viel Papierbergen und Essensresten konnte sie kaum einen halben Meter vor sich sehen.

„Frau Baltz?“ Die Stimme des Mannes war tief und voll, aber es fehlte ihr an Resonanz, wie es bei dem rotzfrechen Bild von einem Mann draußen der Fall war. Ein großer, drahtiger Mann im Hemd, mit bis zu den Ellenbogen hochgerollten Ärmeln, einer Krawatte und gut sitzender Hose stand plötzlich hinter einem Papierturm, der auf dem Schreibtisch stand, auf. Gekonnt ging er um die roten Ordner herum und reichte ihr die Hand.

„Ben Knightley. Freut mich, sie wiederzusehen. Glückwunsch zum Einsatz des Elektroschockers; Ich hoffe, meine Männer haben sie nicht zu sehr belästigt.“

„Nein, überhaupt nicht.“ Die Worte kamen ganz von alleine, wie bei all den anderen Jobs. „Obwohl - ich hoffe, sie finden mal die Gelegenheit denen zu sagen, dass diese Art der Belästigung nicht legal ist.“

Ben schaute kurz aus dem Fenster und dann wieder zu ihr. Er errötete leicht. „Wir versuchen hier ein respektvolles Arbeitsumfeld zu wahren. Wenn jemand etwas zu ihnen sagt, kommen sie doch bitte zu mir und ich werde ein Wörtchen mit demjenigen wechseln.“

Furcht ließ ihre Halsschlagader pulsieren. Drei Fälle von sexueller Belästigung in ihren letzten vier Jobs hatten ihr einen gewissen Ruf in der Branche eingebracht. Sie wusste, sie würde nicht in der Lage sein, direkt wieder einen anderen Job zu finden, wenn es mit diesem hier nicht hinhauen sollte. Sie musste ihren Ruf wiederherstellen, wenn sie in dieser Branche Erfolg haben wollte. Firewall Demolitions hatten den Ruf, fair und großzügig mit ihren Empfehlungen zu sein, aber blöde Sprüche und Gegrabsche wurden nur mit einer ernsten Unterredung geahndet - wenn überhaupt…

Joanna ballte ihre Fäuste um die Träger ihrer Handtasche. „Sollte ich noch einmal belästigt werden“, sie schaute ihm direkt in die Augen, „verspreche ich ihnen, wird ein freundliches Gespräch nicht mehr ausreichen. Es gibt genau drei Sicherheitskameras dort draußen. Sagen sie ihren Leuten, dass sie mich nicht anpacken sollen oder ich werde sie allesamt verklagen.“

„Das ist aber ein bisschen übertrieben, Frau Baltz. Wir sind ein guter Arbeitgeber, das sind gute Jungs…“

„Ich war während meines Bewerbungsgesprächs sehr deutlich, was die Art meines Arbeitsplatzes angeht, Herr Knightley“, sagte sie zähneknirschend.

„Wenn sie die Jungs davon abhalten wollen, dass sie gaffen, dann sollten sie vielleicht nicht so einen engen Blazer tragen“, unterbrach Ben.

Sie sah rot.

Atme ein, atme aus. Du brauchst diesen Job. Er ist der Boss. Dem Foto seines Mannes und seiner Kinder nach zu urteilen, interessiert er sich auch nicht für deinen Hintern. Atme.

„Die letzten Frauen, die wir hier auf der Baustelle hatten, sind mit einigen meiner besten Männer ins Bett gegangen. Wenn irgendeine von denen danach dem Richter etwas von sexueller Belästigung vorgeheult hätte, dann hätte ich meine Top Performer verloren. Das sind gute Jungs und sie wissen, was „Nein“ heißt. Wenn die Jungs immer noch nicht aufhören, wenn sie ihnen sagen, dass es reicht, dann werde ich ein Wörtchen mit ihnen wechseln.“

Ihrer Erfahrung nach wussten Männer—wenn sie von anderen Machos und Kumpels umgeben sind—nur was „Nein“ heißt, wenn man ihnen einen ordentlichen Tritt in die Eier gab.

Bevor ihr Kopf die Möglichkeit hatte, ihre Arme einzuholen, schwang Joannas Arm quer über den zugemüllten Schreibtisch, wobei der ganze Bürokram und die Papiere sich quer über die alten Pizzakartons und die vollgestopften Aktenschränke verteilten. Das Scheppern war so laut, dass es die dünnen Wände des Wagens erschüttern ließ.

Scheiße. Nicht schon wieder.

„Alles in Ordnung hier drin?” rief eine Stimme von draußen. Die Stimme war eigentlich zu gedämpft, um sie zu erkennen, aber an der Wirkung, die diese Worte auf sie hatten, wusste sie, dass es der heiße Waschbrettbauch war.

„Bis jetzt schon.“, rief Ben mit einem grimmigen Gesichtsausdruck zurück.

Joanna zuckte zusammen. Was konnte sie schon sagen? Sorry, ich verspreche, dass so was nie wieder vorkommt. Das konnte sie gar nicht versprechen. Sorry, ich verspreche, mithilfe einer Therapie an meinem Temperament zu arbeiten. Zwei Jahre Therapie haben aber schon nichts geändert. Sorry, meine Schwester ist gestorben und jetzt kann ich nicht aufhören, alles kaputt zu schlagen. Es würde ihn nicht interessieren.

„Sorry, ich brauche diesen Job wirklich.“

Ben seufzte und rieb sich die Schläfen. „Sie können heute früher Schluss machen, den Papierkram durchgehen und sich darüber Gedanken machen, ob sie es ernst meinen mit diesem Job. Wenn sie sich morgen immer noch nicht benehmen können, dann werde ich einen der anderen Kandidaten anrufen. Sie sind nicht der einzige qualifizierte Bauingenieur in dieser Stadt.“

Sie nickte stumm. Ein Tag, um die Last zweier Jahre loszuwerden. Sie brauchte ein Wunder.

Gott, was für ein Tag. Mikkels Jungs auf der Baustelle schlugen sich teils selbst an einem guten Tag die Köpfe ein, aber heute marschiert diese verdammt heiße—Joanna, laut Ben—herein und seine Sprengspezialisten werden zu sabbernden Affen. Mikkel war froh, dass es Mittwoch war - der Tag seines wöchentlichen Wutbeherrschungstreffens, und er konnte die Zeit gut gebrauchen, um seine innere Wut wieder ein wenig zu beruhigen.

Er verlagerte sein Gewicht auf dem metallenen Stuhl und faltete seine Hände, frustriert über die Unfähigkeit seiner Kollegen einfach mal ganz normale Menschen zu sein und in Frauen mal was anderes zu sehen, als nur ihre unglaublichen Körper. Und es war definitiv ein unglaublicher Körper. Hör auf, an ihre Beine zu denken, Mikkel, hör auf daran zu denken, wie sich diese Beine um deinen Körper schlingen. Er wollte sie einfach wie ein Geburtstagsgeschenk aus ihrem Business-Look auspacken, und sich an ihrem weichen Zentrum erfreuen, das er darunter finden würde. Hör auf, an ihre Augen zu denken. Er hatte seit Ewigkeiten keine Frau mehr mit solch wilder Kraft und feuriger Entschlossenheit gesehen. Joanna hatte nichts von diesem rehäugigen, unterwürfigen Unsinn, den die Frauen schon seit den Puritanern versuchten zu imitieren. Diese Frau würde schreien und kratzen, wenn sie käme und er konnte es kaum erwarten, es zu erleben. Er legte die Hände auf seine Knie und versuchte diese Gedanken loszuwerden, aber beim Betrachten des Bodens zwischen seinen Knien, stellte er sich vor, wie sie mit dieser wilden Entschlossenheit zu ihm aufschaute, während sie ihn in den Mund nahm.

Er ließ seine Knie los und griff nach dem kalten Boden des Metallstuhls. Nicht an sie zu denken, war nahezu unmöglich. Joanna platzte aus dem Nirgendwo in sein Berufsleben und hatte schon jetzt einen festen Wohnsitz in seinem Kopf.

Ein schmetternder Applaus brach um Mikkel herum aus und er zwang sich dazu, sich zu konzentrieren. Er nickte einem jungen Kerl zu, der, wie er fand, viel zu viel Goldschmuck trug und neben ihm Platz nahm. Er hoffte, dass sein Gesichtsausdruck aussah, als hätten ihn seine Worte inspiriert. Scheiße, Mikkel griff den Stuhl so hart, dass er ihn brechen hörte. Ich bin hier aus einem bestimmten Grund; Tagträumen kann ich in meiner Freizeit.

„Danke Petey. Das war so mutig. Toll, dass du so etwas Persönliches mit uns allen geteilt hast“, sagte Tabitha, die Leiterin des Meetings. Ihr Kinn schwabbelte, während sie sprach. „Ich weiß, wir sind alle aus unterschiedlichen Gründen hier bei der Wutbeherrschung, aber toll, dass ihr alle kommt, euch mitteilt und zeigt, dass wir tief in unserem Inneren alle gleich sind.“ Sie schniefte in ihr Blumen gemustertes Taschentuch. „Es macht mich so stolz, hier zu stehen und dabei zu sein, wie ihr mutigen, herzallerliebsten Seelen versucht, ein besserer Mensch zu werden und an euren Beziehungen arbeitet, indem ihr euch mitteilt.“

Mikkel hatte Mitleid mit der Gruppe. Tabitha war echt süß, aber so weinerlich wie ein Schlosshund. Sie verbrachte grundsätzlich die Hälfte eines jedes Meetings damit zu heulen. Er stand auf und ging auf die leeren Kisten zu, die sie als Podium aufgebaut hatten. Die Gruppe traf sich immer unter einem kleinen Baumarkt, der einem der Mitglieder der Gruppe gehörte, und der Raum roch immer leicht nach Silikon und getrocknetem Kleber. Es ließ sich nicht wirklich mit den Buddha Tempeln und den katholischen Klöstern vergleichen, die er über die Jahrhunderte für seinen inneren Frieden besucht hatte, aber die Ehrlichkeit und Offenheit der Gruppe hier hatte etwas Tröstliches.

„Ich würde euch gerne etwas mitteilen“, wummerte er. Seine dunkle Stimme hallte durch den kleinen Keller.

Tabitha leuchtete wie ein Weihnachtsbaum angesichts der Tatsache, dass sie gleich von den Gefühlen, Versuchen und dem Leiden eines Mitmenschen hören würde. „Danke, Mike! Also Leute, das ist Mike. Lasst uns ihm zeigen, dass wir ihn unterstützen und gerne hören, was er uns zu sagen hat“, trällerte sie und fing an zu klatschen.

Mikkel schob sich hinter das provisorische Podium und duckte sich, um seinen Körper vorbei unter ein niedrig hängendes Rohr zu schieben. Er holte Luft und schaute gedankenverloren umher. Der Raum war gefüllt mit den üblichen Leuten, ein paar Neulingen und einer Frau im Business Outfit, die versuchte anonym zu bleiben und ihr Gesicht mit einem Flyer, den Tabitha zuvor ausgeteilt hatte, verdeckte. Der etwas groteske Versuch zur Anonymität war eher komisch als effektiv, denn Mikkel hätte diesen Haarschnitt überall wiedererkannt.

Sein Herz machte einen Sprung, und seine körperliche Reaktion auf ihre Anwesenheit überraschte ihn. Sie hatte ihren Blazer ausgezogen und Mikkel verschlang förmlich ihre schlanken, starken Arme, ihren zarten Hals und die Umrisse einer fülligen Oberweite.

„Hi Leute, ich bin Mike und ich habe ein Wut-Problem.“

„Hi Mike“, rief die Gruppe wie ein Haufen Roboter zurück.

Mikkel startete seine Geschichte. Alle paar Jahrzehnte musste er sie ein wenig anpassen, damit sie in die jeweils aktuelle Zeit passte, aber abgesehen von ein paar chronologischen Änderungen, war sie immer dieselbe. „Früher war ich ein normaler Familienmensch — Frau, Kinder, das volle Programm.“ Soviel stimmte so weit.

„Bis ich eines Tages beruflich unterwegs war, ein Einbrecher in unser Haus einstieg und meine Familie kaltblütig ermordete.“ Das stimmte nicht. Während er diese einstudierte Story erzählte, konnte er nicht anders, als an die wahre Geschichte zu denken. Die Flammen reichten bis in den Himmel und brannten sein kleines Dorf in Grund und Boden. Die Schlachtrufe des Skomer Stammes hallten über die Hügel. Seine Hände griffen nach den Ecken des Podiums. Dieser Tag hatte eine der schlimmsten Erinnerungen seines langen Lebens hinterlassen. Eine der wenigen, die auch nicht durch die Zeit abgeklungen waren. Er hatte sich noch nie so machtlos, so verletzbar wie in diesem Moment gefühlt. Er war noch nie so wütend gewesen.

„Nachdem ich meine Familie zu Grabe getragen hatte, verschlang mich die Wut vollkommen — ich hatte ständig Schlägereien, zerstörte alles, was ich berührte, und war überhaupt nicht mehr in der Lage wie ein normaler Mensch zu handeln.“

Er schaute auf und versuchte erfolglos nicht zu starren, als Joanna aufgab, sich hinter dem Flyer zu verstecken und sich nach vorne lehnte, scheinbar durch seine Worte angezogen.

Was Mikkel nie erwähnte, waren seine Serien an tödlichen Ausrastern, kurz nachdem die Gründe zu leben sich in Staub verwandelten. Er war immerhin als Wikinger geboren worden und die meisten seiner Freunde und Brüder dachten deshalb nicht weiter über sein grausames Verhalten nach. Sein Vater aber nutzte es sogar aus und schickte ihn in Schlachten vor, damit er seinen eher ausgeglichenen Brüdern den Weg ebnete.

Jedes Mal, wenn er sich bewusst wurde, was für ein schrecklicher, blutrünstiger Mensch er geworden war, fühlte er einen stechenden Schmerz in seiner Brust. Hätte seine Familie sich nicht mit der Hexe in Schottland angelegt, dann wäre sein Tobsuchtanfall zu einem schnellen Ende gekommen und mit seinem Tod wäre Mikkel von seinem Schmerz befreit. Ihr Fluch ließ ihn aber unverwundbar und mit der Unfähigkeit zu altern zurück. Augenscheinlich gar nicht so schlecht, aber er war gezwungen, seine Geliebten und seine Wegbegleiter altern und sterben zu sehen. Immer und immer wieder.

„Eine Frau, die ich zufälligerweise traf, versuchte mir einen Ausweg aus dieser Misere zu zeigen. Aber ich hörte nicht auf sie.“ Der Morgen, an dem er verflucht wurde, war eine weitere Szene, die sich auf ewig in sein Hirn gebrannt hatte. Es sollte nur ein weiterer Raubzug werden, nur eine weitere Insel, die es zu erobern und zu besiedeln galt. Sein Vater ignorierte die Warnungen, dass eine mächtige Hexe die Insel beschützte. Er sagte, dass es alles nur Gerüchte seien, von Leuten in die Welt gesetzt, die sich selber nicht beschützen könnten.

Aber alles ging von dem Moment an schief, in dem Mikkel seinen Fuß auf die Insel setzte. Ein Tobsuchtanfall überkam Mikkel, wie so oft, seitdem seine Familie abgeschlachtet wurde. Schwach erinnerte er sich an seinen mittleren Bruder, Erik, wie er sich auf die andere Seite der Insel schlug, während sein jüngerer Bruder, Bram, runter zum Strand ging. Aber an die ausschlaggebende Stunde fehlte jede Erinnerung: die Erinnerung, wie er sich mit dem alten Weib anlegte.

Woran er sich nur noch erinnern konnte, war, wie er danach mit weichen Knien am Strand stand, panisch nach Bram suchte und immer wieder seinen Namen rief. Seine anderen Brüder lagen kalt und reglos auf dem Boden. Die Hexe schrie etwas, das er nicht verstand, und Mikkel tat das Einzige, woran er denken konnte: davon laufen. Seine Familie zu verlieren war seiner Meinung nach schon Strafe genug für das Leid, was sie der Insel dieser Hexe angetan hatten. Aber wie heftig die Rache der Hexe wirklich ausgefallen war, bemerkte er erst, als er das nächste Mal ausflippte…

„Jedes Mal, wenn ich wütend werde, merke ich, wie ich selber völlig außer Kontrolle gerate. Jahr um Jahr ist es immer wieder eskaliert, bis mir das Muster auffiel - dass ich, ohne es zu wollen, die Menschen um mich herum schier blind vor Wut verletze. Immer und immer wieder. Ich war so geblendet von der Wut, dass ich das Leben Anderer zerstörte. Ich habe Freundschaften ruiniert, Freundinnen verschreckt und bin das eine oder andere Mal mit dem Gesetz in Konflikt geraten.“

Die Untertreibung des Jahrtausends, dachte Mikkel. Eine Woche, nachdem er die verhexte Insel verlassen hatte, geriet Mikkel in einen Kampf in einer Taverne, als einer der anderen Gäste ihm versuchte die Bardame aufzuzwängen. Seit dem Tod seiner Frau und Kinder, war seine Wut sehr schnell entfacht, aber dieses Mal fühlte es sich anders an. Das war mehr als nur eine Wut, es war ein heißes, knisterndes Inferno, das sich in seiner Brust anstaute, seinen Rücken entlang kribbelte und dann auf seiner Haut in Form von echten Flammen explodierte. Er konnte es nicht aufhalten und der Feuerball zerstörte die Taverne und jeden darin. Freund und Feind waren bis zur Unkenntlichkeit verschmort. Er hatte zahllose Freunde und Geliebte über die Jahre „dank“ dieser Wutausbrüche verloren. Er hatte zwar Methoden gelernt, um seine Wut zu unterdrücken, aber der Fluch übernahm die Macht, sobald er nur gereizt genug war - und immer bezahlten seine Nächsten den meist tödlichen Preis.

Er nahm eine Veränderung im hinteren Teil des Raumes war, weil Joanna sich zurücklehnte und ihre langen, schlanken Beine übereinanderschlug. Sie hatte einen Gesichtsausdruck, der weder Urteil noch Sorge, sondern eher Verständnis bedeutete. Ihre perfekten Brüste spannten gegen ihr Hemd, hoben sich, als sie seufzte - und Mikkel hätte daraufhin fast hörbar aufgestöhnt. Er wollte das Podium umtreten, sich seinen Weg durch die Zuhörer bahnen und diese Frau mit den feurigen Augen verschlingen. Zum Glück war Lust nicht einer der Auslöser, sonst stände der ganze Raum schon in Flammen.

Mikkel bemerkte, dass er mitten in seiner Story aufgehört hatte zu reden und räusperte sich. Er hoffte insgeheim, dass die Gruppe dachte, dass er von seinen Emotionen überwältigt war, und nicht abgelenkt durch seine Gedanken, wie er die Bauingenieurin in der letzten Reihe nahm.

„Ich möchte gar nicht mehr an die ganzen Leben denken, die ich damals zerstört habe. Wenn ich wütend war, schien es so, als gab es nichts, was sich mir hätte in den Weg stellen können. Ich war wie ein laufender Flächenbrand.“ Die wahrsten Worte der ganzen Geschichte. „Schließlich stellte ich fest, dass ich auf diese Weise nur Schmerz verursachte. Und so bereiste ich die Welt, auf der Suche nach einer Religion oder Philosophie, die mir dabei helfen könnte, mich selber irgendwie zu kontrollieren.“

Für Jahrzehnte suchte er nach Antworten von Mystikern, Hexen, Zauberern und Wissenschaftlern, um seine Wut zu mindern, einen Gegenzauber zu finden, oder einfach nur den Schaden zu verhindern. Nicht ein Einziger konnte ihm helfen. Mikkel kam sogar auf die Idee, die Menschheit zurückzulassen und einsam in einer Höhle zu leben, weit weg von allen, die er verletzen könnte. Aber jedes Mal, wenn er das versuchte, zog ihn die Hoffnung wieder zurück in die Gesellschaft. Er glaubte daran, dass es eine Heilung für den Fluch der Hexe gab oder - wenigstens - jemanden, der eines Tages einen Weg fand, ihn wieder mit seiner Familie zu vereinen.

Die unfruchtbare Suche auf der ganzen Welt hatte aber auch seine ganz eigenen Vorzüge.

„Auf meiner Reise traf ich eine Reihe interessanter Leute, welche mich tief berührten und wirklich meine Sicht auf die Dinge veränderten.“ Wenn die Selbsthilfegruppe hauptsächlich aus Männern bestanden hätte, dann hätte er zugegeben, dass diese „tiefen Berührungen“ von wunderschönen Frauen stammten. Aber da Joanna auch dabei war, hielt er seine lebhaften Beschreibungen der Frauen aus aller Welt, in deren Genuss er gekommen war, zurück. Was den Fluch nicht heilen konnte, lenkte wenigstens von ihm ab. Er genoss ihre Düfte, ihre Sinnlichkeit und ihre Schreie der Befriedigung.

Sein Blick wurde wieder auf Joanna gezogen, die hungrig seiner Geschichte lauschte. Er wünschte, dass er ein inspirierendes Schlusswort für sie hätte, etwas um ihr Hoffnung für ihre eigenen Probleme zu geben.

„Nach langer Zeit bemerkte ich, dass die Antwort meiner Probleme kein Mönch oder Schamane herbeizaubern kann und so hörte ich auf, durch die Welt zu reisen und nach einer magischen Lösung zu suchen. Und so bin ich hier, setze mich jeden Tag mit meiner Wut auseinander und ziehe das Programm durch. Es ist allerdings auch hilfreich, dass ich in meinem Beruf Dinge in die Luft jagen kann.“ Ein paar Lacher. „Aber ich bin Tabitha und euch allen dankbar, dass ihr mich unterstützt.“

Applaus erfüllte den Raum und Tabitha kam glücklich schluchzend auf das Podium zu. Sie griff Mikkel bei den Schultern, gab ihm einen nassen, schnellen Kuss auf die Wange und ließ einen viel zu großen Abdruck von Lippenstift zurück. Es überraschte ihn immer aufs Neue, aber er fühlte sich besser.

Joannas Herz schlug so laut, dass sie dachte, die Frau im Hippiekleid neben ihr könnte es hören. Ihr Mund war trocken und ihr Höschen war feucht vor Begierde. Es war nicht die Geschichte, die er erzählt hatte; das meiste war offensichtlich eine Lüge oder nur eine Halbwahrheit. Er konnte gut Geschichten erzählen, das musste sie ihm lassen. Normalerweise dudelten die Redner immer und immer wieder über bedeutungslose Details und schienen niemals zum Punkt zu kommen. Sie hatte ja bereits erfahren, dass er ein geschickter Redner war, seit sie die knappe Auseinandersetzung an der Baustelle hatten. Und er war definitiv ein heißer Kerl.

Jedes Mal, wenn er mit der Zunge seine Lippen befeuchtete, konnte sie jeden Zungenschlag spüren, als würde er ihre Klitoris berühren. So, wie er die Ecken des Podiums griff, konnte sie sich vorstellen, wie er mit festem Griff ihre Hüften hielt und in sie eindrang. Sein T-Shirt war eng genug, dass man die gemeißelten Brustmuskeln und die kleinen Punkte seiner Brustwarzen sah, die danach schrien, angeknabbert zu werden. Er war definitiv ein Abenteuer wert, aber etwas an seiner äußeren Erscheinung stimmte nicht. Es war wegen diesem einen Ding.

Ein verdammtes Grübchen. Sie hatte sein Gesicht während ihres ersten Treffens auf der Baustelle nicht aufmerksam genug betrachtet, aber jetzt, wo seine Bauchmuskeln hinter dem Podium versteckt waren, konnte man es nicht ignorieren. Genau am Rand seiner Lippen kräuselte sich ein kleiner, perfekter und leicht nach unten gebogener Halbmond. Dieses Grübchen war fast wie eine eigene Kreatur, die sich auf seinem Gesicht niedergelassen hatte. Wenn er über eine bestimmte Einzelheit, z.B. über den Einbruch in sein Familienhaus redete, dann hob sich dieses kleine Grübchen und verriet der ganzen Welt, dass es eben nicht so passiert war, sondern, dass es weitaus schlimmer war.

Und dann, wenn er zu einem wahren Teil der Geschichte kam, wie er beispielsweise die Welt bereiste und keine Antwort fand, dann drehte sich das kleine Grübchen nach unten. Diese kleine Drehung nach unten, diese Hoffnungslosigkeit, gefangen in einem kleinen Stück Haut, hatte genug Intensität, den Rest seines Körpers mit einer pulsierenden Leidenschaft zu laden. Nur das war es, was sie davon abhielt, mit ihrer Hand zwischen ihre Beine zu fahren und ihre sensible, kleine Knospe zu streicheln. Sie umklammerte mit den Händen ihre Knie und zwang ihre erröteten Wangen, sich zu beruhigen, bevor sie völlig ausflippte. Bevor sie auf das Podium stürmte, ihm die Klamotten vom Leib riss und wie eine Verrückte schrie, während er sie auf dem Tisch mit den Erfrischungsgetränken nahm.

Alle klatschten und eine halbe Sekunde zu spät tat auch Joanna es ihnen gleich.

„War das nicht herzzerreißend?” Die arme Tabitha würde noch an Dehydrierung sterben, wenn sie nicht aufhörte zu weinen. Ihr waren die Taschentücher schon bei dem Teil mit der unkontrollierbaren Wut ausgegangen und sie benutzte seitdem ihren selbst gehäkelten Schal, um ihre Augen trocken zu tupfen. „Ich danke dir, dass du dich uns so offen mitgeteilt hast, Mike. Das war so bewegend. Du bist eine Inspiration für uns alle und es ist toll einen Mann zu erleben, der seine Gefühle so offen zeigt.“

Sie drückte ihre Hände an die Brust und seufzte so tief, dass die hölzernen Haarklammern, die ihr Haar zusammen hielten, gefährlich auf und ab wippten. „Gefühle sind es, die das Leben lebenswert machen und diese Gefühle in Worte zu fassen, ist es, was uns in allen unseren Beziehung weiterhelfen wird.“

Joanna hustete, sonst hätte sie losgeprustet vor Lachen. Sie hoffte aufrichtig, dass Tabitha einst ein wutentbrannter Psychopath war, bevor sie anfing, so mit ihren Gefühlen um sich zu schmeißen und eine Wutbeherrschungs-Gruppe zu leiten. Die Vorstellung, dass Tabitha jemanden im Bus mit ihren Häkelnadeln attackierte, weil er für die älteren Damen nicht aufstand, machte es ihr leichter, sie zu mögen. Joanna machte den Fehler kurz Mike anzuschauen, um zu sehen, wie er auf Tabithas kleine Rede reagierte. Seine Grübchen tanzten einen verächtlichen Tanz, der sagte: „Danke Tabitha. Schön, dass dich meine Geschichte so bewegt hat.“

Er setzte sich wieder auf seinen Platz und streckte seine langen, muskulösen Beine unter dem Stuhl vor ihm aus. Sein Gesicht war teilnahmslos, während die nächste Sprecherin schüchtern zum Podium schritt und er die Arme vor seiner Brust verschränkte. Gerade als die Frau im Hippiekleid anfing sich vorzustellen, drehte er sich gerade so auf seinem Stuhl um, dass er Joanna direkt in die Augen sehen konnte. Für einen Moment war es, als hätte die Luft zwischen den beiden Feuer gefangen.

Er zwinkerte ihr zu. Sein Grübchen mischte sich ein und versprach lange Nächte voller versauten Liebemachens, inklusive Zähne und Seile.

Der Rest des Meetings war unwichtig. Sie wusste, dass sie sich eigentlich konzentrieren sollte, aber ihre Augen wanderten ständig zurück zu Mikes Gesicht, wie ein Schatzsucher, der noch einmal einen kurzen Blick in die verfluchte Grabstätte werfen will. Die Reaktion seines Grübchens auf jede Geschichte, war für Joanna viel interessanter als alles andere hier im Raum. Das Hippiemädchen war gerade dabei zu erzählen, wie sie einen Kunden von ihrem Tomatenstand vertrieben hatte, weil er damit angab, ein Foto von Ronald Reagan auf einem vergoldeten Schrein stehen zu haben, welches direkt neben einem Foto von St. Matthew, dem heiligen Patron der Banker und Buchhalter stand. Mikes Grübchenfalte hob sich zur Bestätigung. Der nächste Typ, der sich fünf Minuten nur darüber beschwerte, dass seine Frau so schlecht kochte, erntete nur Verurteilung durch das Grübchen.

Was würde sein Grübchen wohl über ihre Story denken? Nur der Gedanken daran, zum Podium zu gehen, ließ es ihr eiskalt den Rücken runterlaufen. Hi, Leute. Mein Name ist Joanna und ich habe ein Problem mit meiner Wut. Ich habe eine Frau weggeschubst, die mir auf der Rolltreppe keinen Platz gemacht hat und sie hat mich dafür verklagt, dass ich ihr Handgelenk gebrochen habe. Das Grübchen würde wahrscheinlich nicht gerade freundlich reagieren. Joanna konnte froh darüber sein, dass sie vom Richter nur eine Wutbeherrschungs-Therapie auferlegt und ein Bußgeld hatte zahlen müssen. Ihr Therapeut hatte ihr geraten, sich über ihre Wut hinwegzusetzen und der Frau zu vergeben, aber Joanna konnte nicht wirklich ein angemessenes Maß an Scham aus sich herauszwängen. Die Schlampe sollte wissen, dass man zur Rush-Hour nicht auf der linken Seite einer Rolltreppe stehen bleibt, dachte sie.

Das Meeting endete erst nach einer gefühlten Ewigkeit. Sie ließ sich von Tabitha bescheinigen, am Meeting teilgenommen zu haben und ging zum Tisch mit den steinharten Donuts. Wenn sie es schaffen würde, sich eine Handvoll Gratisessen zu schnappen und verschwunden zu sein, bevor Mike sie erkannte, dann könnte sie sich vielleicht den peinlichen Moment sparen, in dem sie mit ihrer Zunge seinen gesamten Körper von oben bis unten erkundete.

„Hey. Du bist doch Joanna, oder?“

Joanna hielt inne, die Hand mit dem in eine Serviette gewickelten Bananenbrot schon fast in der Handtasche. Sie drehte sich langsam um und fand sich auf Augenhöhe mit ein paar sehr starken Brustmuskeln wieder. Sie hatte irgendwie vergessen, wie groß er doch eigentlich war. Sie neigte ihren Kopf etwas zurück, damit sie ihm ins Gesicht schauen konnte. Ein heißes Kribbeln ging ihr durch den Nacken und die Brust, welches sich langsam nach unter ausdehnte, - vorbei an ihrem Bauch, bis zu der Stelle zwischen ihren Beinen, die schon ganz feucht vor Aufregung war. Sie hoffte, dass sie vor lauter Aufregung nicht rot anlief.

„Hi, ja, ich bin Jo“, sagte sie. Ihre morgendliche Auseinandersetzung kam ihr plötzlich wieder lebhaft in den Sinn und sie merkte, wie sie erst recht rot anlief. „Oh Gott, es tut mir wirklich leid, wegen heute Morgen. Ich habe wahrscheinlich etwas überreagiert. Aber das ist etwas, woran ich arbeite.” Sie machte eine Handbewegung und deutete damit die Wutbeherrschungs-Gruppe an.

Er lächelte und sein Grübchen zeigte als Zeichen ehrlicher Freude nach oben, wobei die Hitze in ihrer Brust sich weiter wohlig und warm ausbreitete. Sie bemerkte, dass sie ihn unterbewusst anlächelte.

„Überhaupt kein Problem. Ich bin Mike, Mike Eld.“ Er hielt ihr die Hand hin. Die Schwielen in seiner Hand kitzelten ihre Handinnenfläche und ihre Fantasien schlugen erneut kleine Wellen. Sie bereute es, seine Hand wieder loszulassen. „Was heute Morgen angeht: Du kannst mir einen Drink ausgeben, um es wieder gut zu machen“, sagte er.

„Sollte es normalerweise nicht anders herum laufen?“ fragte sie. Ihr Lächeln wurde breiter, so als hätte es ein Eigenleben.

„Ahh, ich bin da ein wenig altmodisch. Ich finde, dass immer die attraktivere der weniger attraktiveren Person einen Drink ausgibt. So ist es etwas ausgeglichener.“

Sie brauchte eine Sekunde, um ihr Lust-verdorbenes Gehirn dazu zu bringen, zu verstehen, was er sagte. Aber als sie es schließlich verstand, fühlte sie sich übertrieben euphorisch.

„Wie oft funktioniert der Spruch bei dir?“, fragte sie.

Mikes leises Lachen stellte etwas Komisches mit ihrem Bauch an. „Es funktionierte bei Joan d‘Arc und sie war verdammt schwierig zu kriegen.“ Das sagte er mit so ernster Miene, dass sie überrascht auflachte.

Komischer Kerl. „Na gut, wenn es bei Joan d‘Arc funktioniert hat…“, sagte sie. Er hielt ihr den Arm hin, wie ein Gentleman aus alten schwarz-weiß Filmen und sie hakte sich unter, wobei sie sich albern und glücklich zugleich fühlte.

Tabitha winkte ihnen zu, als sie vorbeigingen, mit einem Grinsen, das weitaus frecher und wissender war, als Joanna es für möglich gehalten hätte.

„Viel Spaß, meine Kleinen“, winkte die alte Dame. „Und vergesst nicht die Gefühle. Gefühle sind alles.“ Für eine Sekunde hätte Joanna schwören können, dass Tabithas Augen leuchtend grün aufblitzten, aber als sie noch einmal hinschaute, waren sie dasselbe, ruhige Blau. Joanna erschauerte.