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Die bösen Jahre Der 2. Weltkrieg, ein politischer und persönlicher Rückblick von Dr. phil. Friedrich Schmidt, fertiggestellt im Jahre 1967 in Lindau/Bodensee. Dr. phil Friedrich Schmidt war Jahrgang 1889 und Teilnehmer im 1. Weltkrieg. Als Sanitäter hatte er die Schrecken des 1. Weltkrieges in der ganzen Grausamkeit erlebt. Er erkannte die dunkeln Wolken der Hitlerzeit und litt wegen seiner Machtlosigkeit. Er hatte mit seiner Frau Clara 6 Kinder, die beiden Söhne wurden Soldaten im 2. Weltkrieg. Gerhard der Jüngere von beiden kam nie zurück. Dr. phil. Friedrich Schmidt wurde im 3. Reich aus verschiedenen öffentlichen Ämtern entfernt, blieb wegen des Lehrermangels aber Lehrer. Er hat bei der Kapitulation 1945 nationalsozialistische Bücher vor der Verbrennung durch die Parteiorgane bewahrt, damit sie als Beweise für deren Sünden der Nachwelt erhalten bleiben. Diese Bücher können heute im Nationalarchiv recherchiert werden. Nach dem Krieg, während der Besatzungszeit, baute Dr. phil. Friedrich Schmidt das Schulwesen in Lindau wieder mit auf. Er verstarb 1968. Seine Tochter Gudrun hat nun in 2021 sein Buch veröffentlichet. Er schreibt darin: "Wer nun diese Broschüre liest, sollte sich ganz in die Lage eines Menschen versetzen, der die Zeit bis 1939 mit Mißtrauen betrachtet hat und sich durch den Kriegsausbruch 1939 gezwungen sah, seine eigenen Auffassungen zu überprüfen und aus den Geschehnissen selbst zu schließen, wohin sie wohl führen möchten."
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Seitenzahl: 95
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Der 2. Weltkrieg, ein politischer und persönlicher Rückblick
von
Dr. phil. Friedrich Schmidt
Fertigstellung im Jahre 1967 in Lindau/B.
*08.07.1889 - † 21.08.1968
Neu herausgegeben im Jahre 2021
zum 96. Geburtstag seiner Tochter Gudrun Nessenius, geb. Schmidt
Die bösen Jahre
Verfasser: Dr. phil. Friedrich Schmidt
© 2021 Dr. phil. Friedrich Schmidt, †1968
1. Auflage
Umschlaggestaltung: Dr. phil. Friedrich Schmidt
Ergänzungen und Klappentext neu zugefügt von Gudrun Nessenius, geb. Schmidt, 37075 Göttingen
Herausgeber: Contrarian GmbH, Im Winkel 10, 38533 Vordorf
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN Taschenbuch: 978-3-347-29582-7
ISBN Hardcover: 978-3-347-29583-4
ISBN e-Book: 978-3-347-29584-1
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Inhalt
Vorwort
I Politik aus erster Hand 3. Oktober 1940
II Über die Beurteilung geschichtlicher Ereignisse 1940
III Anklageschrift gegen Hitler 1940
IV Ein Tagebuch vom 30. Januar – 3. Juni 1943
V Frühling in Rußland 2. April 1944
VI Nachforschung nach einem Vermißten 1944
VII Ein Jahr danach 1945
Nachwort
Ergänzungen 2021
VORWORT
Wenn wir Niederschriften lesen, die Beurteilungen geschichtlicher Ereignisse enthalten, erwarten wir oft eine bessere ursächliche Verknüpfung, da wir selbst im Laufe der Jahre zu richtigeren Erkenntnissen gekommen zu sein glauben.
Wer nun diese Broschüre liest, sollte sich ganz in die Lage eines Menschen versetzen, der die Zeit bis 1939 mit Mißtrauen betrachtet hat und sich durch den Kriegsausbruch 1939 gezwungen sah, seine eigenen Auffassungen zu überprüfen und aus den Geschehnissen selbst zu schließen, wohin sie wohl führen möchten.
Diese überaus erregende, beunruhigende geistige Zwangslage soll wiedergegeben werden; die Blätter sind also eine Dokumentation aus der Zeit, in der es kaum möglich war, Zusammenhänge wirklich klarzulegen. Der nachdenkliche Mensch erscheint daher als Opfer der chaotischen Zerrissenheit zur Passivität auch im Sinne von Leiden verdammt. Die unvereinbaren Gegensätzlichkeiten sollen sich in den Texten spiegeln, die – zufallsgeboren! – nicht fortlaufend sein können. Der wirklich aufmerksame Leser wird, eben wenn er Stöße empfindet und Überleitungen vermißt, den heftigen Fluß und den gebrochenen Rhythmus eines Geschehens verspüren, das, als allgemeines Unheil gewittergleich aufziehend, persönliches Unglück aus sich gebiert – das dann wieder als allgemein schicksalhaft sich darstellt. –
Sämtliche benützten Aufzeichnungen sind in Urschrift vorhanden. Nur eine Betrachtung, die an sich aus jenen Jahren stammt, ist später abgefaßt – was am Ort angemerkt ist.
Natürlich sind da und dort kleine sprachliche Änderungen vorgenommen worden. wenn Inhalt und Gedankenführung dem heutigen Leser sonst unverständlich geblieben wären. Die Sätze sind im übrigen auch da stehen geblieben, wo die beste Form für sie vielleicht noch nicht gefunden war, da Unzulänglichkeit zugleich Hast und Eile des Schreibers spiegelt, oder auch wenn ich den Gedanken heute etwas anders gewendet hätte, was wieder der damaligen Auffassung nicht ganz entsprochen hätte. Zweimal ist allzu Häßliches gestrichen worden.
Doch wozu noch mehr Worte ?
I. Politik aus erster Hand am 3. Oktober 1940
Der Sprecher begann mit England und erklärte, der Führer habe bis zuletzt geglaubt, in England werde die Vernunft siegen. Aber was jetzt dort bestimme, das seien keine Engländer, das habe mit dem englischen Volk nichts zu tun. Ein Unentwegter habe den Führer gefragt, warum der Angriff auf England nicht unternommen werde, im Volke sei die Meinung verbreitet, die Nebel würden den Plan unmöglich machen. Antwort: „Vielleicht warte ich auf den Nebel.“ Schluß !
Im übrigen bewegte sich der Redner in der bekannten Rabbulistik: dem Gegner schob er die Alleinschuld für die schlaflosen Nächte der deutschen Frauen und Kinder zu, die nunmehr vergolten würden. Erschreckender Haß sprach aus seinen Worten. (Als wenn nicht gerade die Nazi für diese Art des Krieges gegen das Hinterland am besten gerüstet gewesen wären !)
Anschließend kam er auf die Gefahrenpunkte, die dem Feind genug schlafarme Nächte bereitet hätten. Man hätte nach Norwegen nicht genügend gewußt, wo man die Sache angehen werde, im Westen oder im Südosten, bis man erfahren habe – auch heute erfahre man noch alles aus London – daß der Feind im Westen angreifen wolle. Ein Kampf im Südosten wäre gar nicht angenehme gewesen.
Heute sei die Lage dort bereinigt, wenn es auch noch Schönheitsfehler gebe. Ungarn, das sei ganz unsicher gewesen, nur auf den zwei Augen des Reichsverwesers Horthy habe die Freundschaft beruht („möge er noch lange in diesem Sinne wirken können“), aber andere, vor allem die Großgrundbesitzer, hätten die Politik in ganz andere Richtung drängen wollen. Die Deutschen dort seien ihres Lebens (!) nicht sicher gewesen, hätten aber jetzt das Recht bekommen, sich nazimäßig zu organisieren.
Schlimm war Rumänien, der Tummelplatz deutschfeindlicher Hetzer; das bewiesen die Sabotageakte an Ölquellen und Ölzügen nach Deutschland, die eventuell leer angekommen seien, bis man Schutzpersonal habe hinbringen können. Jetzt habe Rumänien mit Maßhalten und Vernunft den Anspruch Rußlands befriedigt und eingesehen, daß man das ungerechte Gut aus dem Westfrieden nicht mit Fug beanspruchen dürfe.
Jugoslawien und Griechenland wurden nicht erwähnt. Umsomehr die Türkei. Dieses arme Land habe durch Erdbeben mehr verloren, als wenn es am Krieg teilgenommen. Im übrigen habe es nicht die richtige Führung, und mit Schärfe verurteilte er die Tatsache, daß die Türkei, für die Deutschland seinerzeit viel Opfer gebracht, nun auf der anderen Seite stehe. „Sie werden daher auch aus Europa verschwinden.“ (Dr. B. sagt, Italien werde Konstantinopel kriegen. Im übrigen werde das Land seine Rolle ausgespielt haben.)
Gelobt wurde Bulgarien, das ja auch seinen Lohn erhalten habe.
Eingehend verbreitete er sich über Rußland, da man ihm einmal vorgeworfen habe, daß er darüber nichts gesagt. Die Verständigung beruhe rein auf dem Verstand. Beide Führungen hätten erkannt, daß ein gegenseitiger Kampf unsinnig sei. Stalin habe seine Ziele geändert, die geheime Teilnahme von Deutschen und Italienern in Spanien, die erst den Sieg Francos ermöglicht, hätte dazu beigetragen, ihm diese Einsicht beizubringen. Eins allerdings sei unvereinbar mit dem Pakt, daß Stalin in Deutschland werbe, wie man auch unsererseits darauf verzichte.
Natürlich habe man auch Rußland einige Zugeständnisse machen müssen; mit den baltischen Staaten werde ja auch noch etwas geschehen und im Donaudelta würden die Russen eine Festung erbauen dürfen.
Ganz anders sei es mit Italien; bei dieser Freundschaft spiele der Verstand schon gar keine Rolle mehr, da sei nur das Herz beteiligt. Und es sei selbstverständlich, daß wir gerne zu seinen Gunsten auf ein Teil Kohlen verzichten würden.
Dann wurde das Schicksal weiterer Völker und Staaten festgelegt. Man dürfe ja nicht glauben, daß man von Frankreich etwa Elsaß-Lothringen nehmen werde, da kämen ganz andere Gebiete in Betracht. Es gehe ja auch nicht, daß in einem so großen Land („wer sich nicht zum Kind bekennt, ist erledigt“) phlegmatische Leute einfach Landstrecken unbebaut liegen ließen. Überhaupt scheine man in diesem Land noch wenig dazugelernt zu haben. Der alte Pétain führe die Regierung, ein anderer könne auch nicht mehr machen. Man werde noch etwas zuwarten, und dann würden sie schon sehen. Jedenfalls dürfe das Land niemals wieder Aufmarschgebiet werden. (Widerlich war der Hohn über das von uns geschaffene Chaos.)
Und Holland ? „Die Alte ist fort und der Mann war nichts. Vielleicht ein Protektorat. Man hat damit ganz gute Erfahrungen gemacht, und seit ich in Prag war, ist es dort schon ganz anders geworden. Die Alte kann ja dann in Niederländischindien ihr Leberleiden pflegen. Aus der Hand geben wir’s nicht mehr.“
Belgien wurde nicht erwähnt.
Skandinavien ! „Da bleiben wir nicht; man müßte da schon zu weitgreifende Stellungen unterhalten. Aber für eins werden wir sorgen, daß da keine drei Staaten mehr bestehen, von denen jeder anders will. Der alte Herr wird ja nicht mehr zurückkehren.“ Auf Schweden hätten die Engländer eine schöne Wut, und daher auch die Bomben.
Innenpolitik.
Nach dem Krieg enormes Tempo in Gesetzgebung und Verordnung !
Ihm graue schon vor dem, war er alles durchführen und dem Volk erklären müsse. Adolf Hitler habe zu den Kreisleitern gesagt: „Ich bin 50 Jahre und lebe nicht nochmal 50 Jahre, also werde ich mit jeder Minute geizen und von Euch das Doppelte verlangen.“ Jetzt kämen erst die grundstürzenden Maßnahmen, durch die das deutsche Volk zu dem Ziel geführt werden solle, das ihm vorschwebe. Diese würden so überraschend sein, daß er jetzt schon auf zwei Punkten vorbereitend wirken wolle.
Von der Kirche wolle er sprechen, da herrsche wieder einmal Aufregung: Briefe würden geschrieben wegen einzlener Maßnahmen, die nicht bekannt gemacht würden, aber eben durchgeführt werden müßten. Auch in der Hauptstadt der Bewegung sei wieder etwas vorgekommen. (Er deutete an und verhüllte zugleich.) Nun, er wolle hier nicht alles sagen, was er wüßte, wolle auch nicht aus der Rolle fallen dabei, aber die Belege seien da. Nach wie vor sei der Mann da unten doch die oberste Spitze, dem die Geistlichen gehorsam und hörig sein müßten. Da müsse man sich fragen, wie der sich bisher verhalten habe. Habe man davon gehört, daß er Deutschlands Kampf um sein Dasein gewürdigt und unterstützt habe ? Aber dem schönen Erzbischof von Warschau habe er sein Mitgefühl mit dem polnischen Volk ausgesprochen und den Wunsch, ihn wieder an der Spitze im erneuten Staat zu sehen. Auch der Königin Wilhelmine hat er sein Mitgefühl ausgesprochen. „Da weiß man schon nicht mehr, was man sagen soll. Die ist doch protestantisch. Draußen, die kleinen Pfarrer, bringen sich um, daß nur ja der Unterschied gewahrt bleibt. Im neuen deutschen Reich gibt es das nicht, daß irgendeine Beziehung besteht zu einer solchen Stelle außerhalb, und wer darauf nicht verzichten will, der kann fortgehen.
Man sagt, bei der andern Konfession sei es doch anders. Auch da gibt es die internationale Beziehung, und der Mittelpunkt des Weltprotestantismus ist London. Wir sind nicht an die Herrn herangetreten, daß sie für Deutschland beten. Sollen sie beten, wir brauchen ihr Gebet nicht, wir siegen auch so.
Es könnte dem alten Mann da unten passen, wenn wir anfingen, Priester zu erschießen. Das möchten sie. Wir werden es nicht tun. Wir werden schon Mittel finden, diesen Feind endgültig zu treffen.“
U. a. fielen auch noch folgende Sätze:
1. Die Herren sollten doch froh sein. Wir haben ihnen doch nur Gutes tun wollen, indem wir sie auf ihre eigentliches Gebiet, die Seelsorge, verwiesen. Was war das für einen kleinen Pfarrer für eine Plage, wenn er in der politischen Versammlung auftreten mußte und es kam so ein böser Nazi. Wir dachten an eine Art Wettbewerb, haben aber nicht viel gemerkt (Hier sprach er sehr unbestimmt). Wir habeen auch einmal die Sachen von den barmherzigen Brüdern veröffentlicht, wir tun es nicht mehr, sollen sie machen, was sie wollen usw.
2. Dies große Gebiet, das der Führer dem deutschen Volke geben wird, braucht Menschen. Wir haben höchstens 90 Millionen, kratzen wir alle zusammen, die noch in der Welt sind, so kommen höchstens noch 3 Millionen dazu. Wir brauchen aber 150 Millionen, daß wir ein für alle Mal gesichert sind und das so rasch wie möglich. 60 000 Tote hat der Krieg bisher gekostet, 50 000 unverheiratete, die ihrer Aufgabe noch nicht nachkommen konnten. Dazu kommt noch, was der Kampf gegen England kosten wird. Da muß die deutsche Frau sich einsetzen mit einem Bekenntnis zum Kind. Maßnahmen werden kommen, und wir werden sie durchführen, auch wenn sie den Dogmen der Kirche nicht entsprechen und von den geltenden Auffassungen des Volkes abweichen. (Die Einzelheiten hätte man gern gehört!)
3. Natürlich darf es dies nicht mehr geben, daß irgendwelcher Art unheilbar Kranke künstlich am Leben erhalten und andere Menschen zu ihrer Pflege eingesetzt werden.