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In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. "Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. Der junge Mann, der seinen Fuchswallach eben an einen Baum gebunden hatte und nun am Waldrand rastete, mochte Ende Zwanzig oder Anfang Dreißig sein. Er trug einen schlichten braunen Reitanzug, genauso einen, wie ihn die hier ansässigen Gutsbesitzer trugen. Und doch gehörte er nicht zu diesen Herren; das sah man ihm an. Seine Hände waren schmal und weich, sein bartloses Gesicht eher blaß, so als würde es nur recht selten mit Sonne, Wind und Regen in Berührung kommen. Die dunklen, leicht gewellten Haare waren etwas zu lang, Mund und Nase ebenmäßig. Die Augen allerdings waren ein Kapitel für sich. Sie waren so dunkel wie die Früchte der Schlehen, die am Wegrand wuchsen, und hatten meist einen sanften Ausdruck, der sich aber schnell änderte, wenn er zornig war. Dann funkelten sie vor Wut, allerdings nie lange. Ernst Ullrich von Regenstein erkannte stets rechtzeitig, wann sich die Wut nicht für ihn lohnte, wann er einlenken mußte, um sein Ziel zu erreichen. Erst vor ein paar Tagen hatte er sich dem Befehl seines Vaters beugen müssen, hatte dabei jedoch einen längeren Urlaub herausgehandelt, den er vor allem für die Jagd verwenden wollte. Und diese Jagd beschränkte sich nicht nur auf das heimische Haar- und Niederwild, sondern auch auf Frauen und Mädchen. Es gefiel ihm immer wieder, eine Frau zu erobern, und je länger der Kampf dauerte, um so mehr bemühte er sich und siegte letzten Endes doch. Das weibliche Geschlecht mochte ihn eben, beginnend vom Backfisch bis zur Urgroßmutter. Man betrachtete ihn heimlich oder offensichtlich und fühlte sich geschmeichelt, wenn er diese Blicke auf seine unnachahmliche Art erwiderte. Den jungen Mann störte der Rummel um seine Person nicht, in der Residenz war es nun mal so. Aber hier, in dem kleinen Ort am Meer, konnte er endlich er selbst sein. Hier konnte er sich erholen – und seine Pflichten für eine Weile vergessen. Während er gerade über diese Pflichten nachdachte und dabei seinen Mund mürrisch verzog, war er ein Stückchen in den Wald gegangen, blieb jedoch plötzlich stehen und versteckte sich instinktiv hinter einem Holunderstrauch. Nicht weit von ihm entfernt erblickte er ein Mädchen beim Sammeln von Blaubeeren. Sie war hübsch, soweit er es feststellen konnte, und schlank und blond und anscheinend noch sehr jung.
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Der junge Mann, der seinen Fuchswallach eben an einen Baum gebunden hatte und nun am Waldrand rastete, mochte Ende Zwanzig oder Anfang Dreißig sein. Er trug einen schlichten braunen Reitanzug, genauso einen, wie ihn die hier ansässigen Gutsbesitzer trugen. Und doch gehörte er nicht zu diesen Herren; das sah man ihm an. Seine Hände waren schmal und weich, sein bartloses Gesicht eher blaß, so als würde es nur recht selten mit Sonne, Wind und Regen in Berührung kommen. Die dunklen, leicht gewellten Haare waren etwas zu lang, Mund und Nase ebenmäßig. Die Augen allerdings waren ein Kapitel für sich. Sie waren so dunkel wie die Früchte der Schlehen, die am Wegrand wuchsen, und hatten meist einen sanften Ausdruck, der sich aber schnell änderte, wenn er zornig war. Dann funkelten sie vor Wut, allerdings nie lange.
Ernst Ullrich von Regenstein erkannte stets rechtzeitig, wann sich die Wut nicht für ihn lohnte, wann er einlenken mußte, um sein Ziel zu erreichen. Erst vor ein paar Tagen hatte er sich dem Befehl seines Vaters beugen müssen, hatte dabei jedoch einen längeren Urlaub herausgehandelt, den er vor allem für die Jagd verwenden wollte. Und diese Jagd beschränkte sich nicht nur auf das heimische Haar- und Niederwild, sondern auch auf Frauen und Mädchen. Es gefiel ihm immer wieder, eine Frau zu erobern, und je länger der Kampf dauerte, um so mehr bemühte er sich und siegte letzten Endes doch. Das weibliche Geschlecht mochte ihn eben, beginnend vom Backfisch bis zur Urgroßmutter. Man betrachtete ihn heimlich oder offensichtlich und fühlte sich geschmeichelt, wenn er diese Blicke auf seine unnachahmliche Art erwiderte.
Den jungen Mann störte der Rummel um seine Person nicht, in der Residenz war es nun mal so. Aber hier, in dem kleinen Ort am Meer, konnte er endlich er selbst sein. Hier konnte er sich erholen – und seine Pflichten für eine Weile vergessen.
Während er gerade über diese Pflichten nachdachte und dabei seinen Mund mürrisch verzog, war er ein Stückchen in den Wald gegangen, blieb jedoch plötzlich stehen und versteckte sich instinktiv hinter einem Holunderstrauch. Nicht weit von ihm entfernt erblickte er ein Mädchen beim Sammeln von Blaubeeren. Sie war hübsch, soweit er es feststellen konnte, und schlank und blond und anscheinend noch sehr jung. Ihre schlichte Kleidung – hellblauer Rock und weiße Leinenbluse – bewiesen ihm, daß es sich um ein einfaches Mädchen handeln mußte. Er ging ein paar Schritte weiter und hörte nun, wie es sang:
»Wo de Nordseewellen trecken an den Strand,
wo de gele Ginster bleuht in ’n Dünensand,
wo de Möwen schrieen grell in’t Stormgebrus –
dor is mine Heimat, dor bin ick tau Hus.«
»Du singst sehr schön«, sagte er freundlich, nachdem er sein Versteck verlassen hatte und langsam näher gekommen war.
Sie schrak zusammen und sah ihn ängstlich an. Dabei bemerkte er, daß sie älter sein mußte, als er angenommen hatte, aber sie war nicht nur älter, sondern auch schöner. Sie hatte ihr glattes hellblondes Haar zu einem Knoten zusammengesteckt, der sich jedoch während der Suche nach den kleinen blauen Früchten etwas gelöst hatte, so daß ihr das Haar in Stirn und Nacken fiel. Ihre Augen waren von dichten Wimpern umsäumt und von dunkelblauer Farbe, die Nase schmal und gerade und der Mund so schön geschwungen, daß Ernst Ullrich von Regenstein sofort das Jagdfieber packte.
Und so fuhr er einschmeichelnd fort, als sie nichts sagte und ihn nur verwundert anstarrte: »Du liebst deine Heimat wohl sehr?«
»Ja, sehr«, flüsterte sie. »Hier ist es schön.«
»Wohnst du hier im Dorf?« erkundigte er sich weiter, während er ihr wie absichtslos über das Haar strich.
Sie nickte eifrig. »Bei meinen Großeltern.«
»Und wie heißen deine Großeltern?«
»Warnick, August und Clementine Warnick. Wir wohnen da hinten am Teich.« Sie machte eine unbestimmte Handbewegung zu dem kleine Ort hin, starrte den gutaussehenden Mann aber immer noch an.
Der Baron vermutete, daß er ihr vorkam wie ein Märchenprinz und daß sie von ihm genauso entzückt war wie er von ihr. Das waren ja Aussichten, die er in diesem Nest nie für möglich gehalten hatte, und deshalb beschloß er, den Aufenthalt bei seinen Verwandten möglichst lange auszudehnen. Und dabei war es ihm egal, was sein Vater davon hielt. Der war weit weg und sah nicht, womit sein Sohn sich die Zeit vertrieb.
»Und wie heißt du?« fragte er das Mädchen jetzt und berührte streichelnd ihre Wangen.
»Johanna.«
»Und wie alt bist du?«
»Zweiundzwanzig.«
Er nickte zufrieden und sagte dann leise: »Dann bist du ja schon ein erwachsenes Mädchen, zu dem ich ›Sie‹ sagen müßte. Aber ich muß es nicht, oder doch?«
Sie schüttelte den Kopf. »Sie können mich ansprechen, wie Sie wollen, gnädiger Herr.«
»Dann sage ich Hanna zu dir. Einverstanden?«
»Ja, natürlich«, gab sie verwirrt zurück. »So nennen mich die Leute im Dorf auch.«
»Also, Hanna«, erwiderte er gedehnt und musterte sie ungeniert. »Ich muß dich loben. Du singst nicht nur schön, du bist auch schön. Die Burschen im Dorf beneiden deinen Freund sicherlich.«
»Ich habe keinen Freund.«
»Warum denn das nicht?« fragte er verblüfft. »Ich dachte, du hättest an jedem Finger fünf Stück.«
Sie senkte den Kopf, trat einen Schritt zurück, damit er sie nicht mehr streicheln konnte und antwortete traurig: »Die Männer wollen doch nur – flirten. Heiraten will mich sowieso keiner, weil ich nichts mit in die Ehe bringe. Ich habe doch keine Eltern mehr, und die Großeltern sind arm.«
»Hm, ja.« Der vornehme junge Mann, der überhaupt nicht wußte, was Armut war, setzte eine mitfühlende Miene auf. »Arbeitest du als Magd bei einem Bauern?«
»Nein, ich fange morgen bei der Frau Baronin von Köstritz als Zofe an.«
Dieser kurze Satz wirkte auf Ernst Ullrich von Regenstein wie eine Zauberformel. Das wurde mit dieser Kleinen ja immer besser. Wenn sie die Zofe seiner Cousine war, dann würde es ganz einfach sein, sie für sich zu gewinnen. Und daß er Erfolg haben würde, daran zweifelte er keinen Augenblick –, er hatte bei den Frauen immer Erfolg.
»Nun, das ist ja eine angenehme und saubere Tätigkeit«, erwiderte er und bedachte sie mit einem charmanten Lächeln. »Dann werden wir uns sicher oft sehen. Die Baronin von Köstritz ist meine Cousine, bei der ich diesen Sommer verbringen werde.«
Johanna errötete, was dem
Charmeur nicht entging. Er lächelte ihr zu, hob die Hand zum Gruß und ging dann zu seinem Pferd. Er wußte jetzt genug und war sicher, daß er einen schönen Sommer verleben würde.
*
»Hanna, ich hoffe, Sie können so gut mit Nadel und Faden umgehen, daß Sie dieses Loch stopfen können, ohne daß jemand den Schaden sieht.« Rosalie von Küstritz warf ihrer neuen Zofe ein lavendelfarbenes Ballkleid zu.
»Ich werde mich bemühen, Frau Baronin.« Johanna legte sich das Gebilde aus Seide und Spitzen über den Arm und fragte dann höflich: »Haben Frau Baronin noch weitere Aufträge für mich?«
»Nein, Sie können gehen.« Frau von Köstritz machte eine ungeduldige Handbewegung. »Ich werde später nach Ihnen klingeln.«
Damit war Johanna entlassen und konnte sich endlich in die kleine Kammer zurückziehen, die man ihr zugewiesen hatte. Dort suchte sie Schere und Nähzeug hervor, setzte sich auf einen der schon ziemlich abgenutzten Stühle und begann im Schein der Nachmittagssonne, das Kleid der Frau Baronin auszubessern. Es war eine mühselige Arbeit, die ihr jedoch gut von der Hand ging. Sie machte so etwas nicht zum ersten Mal. Und während sie vorsichtig und akkurat den Riß im Saum stopfte, dachte sie wieder an den jungen Mann, der so freundlich zu ihr gewesen war – und der ihr so gefiel wie noch kein anderer Mann zuvor.
Inzwischen kannte sie seinen Namen und spürte seine Blicke, wenn sie sich zufällig im Haus trafen. Und sie träumte von ihm, stellte sich vor, daß sie auch einmal so ein prachtvolles Ballkleid tragen würde wie die Baronin und daß sie mit Ernst Ullrich von Regenstein tanzen würde – eine ganze Nacht lang. Natürlich würde so etwas nie geschehen, die gesellschaftliche Kluft zwischen ihnen war viel zu groß. Mochte der Herr von Regenstein sie auch noch so hübsch finden, sie würde ihm niemals mehr sein als ein flüchtiges Verhältnis. Und dafür war sie sich zu schade. Ein ehrbares Mädchen tat so etwas nicht.
*
»Heute will’s mal wieder überhaupt nicht gehen«, jammerte die alte Frau und versuchte aufzustehehen. Es gelang ihr jedoch nicht, und sie sank mit lautem Stöhnen auf ihr Bett zurück.
»Nun laß doch, Oma.« Johanna lächelte der Alten aufmunternd zu. »Bleib liegen. Ich mache dir gleich Tee und Schinkenbrote.«
»Schinkenbrote?« In Clementine Warnicks Augen trat ein gieriges Leuchten, das aber schnell wieder erlosch. »Wir haben doch gar keinen Schinken mehr. Die letzten Scheiben hat Opa schon vor acht Tagen aufgegessen.«
»Ich habe welchen mitgebracht, die Mamsell ist nicht so«, versetzte Johanna, während sie in die Küche eilte, um dort das Abendessen für die Großmutter zu richten. Eigentlich war das die Aufgabe des Großvaters, aber August Warnick wußte mit seiner kranken Frau nicht viel anzufangen. Er war trotz seiner siebzig Jahre der Nachtwächter des Ortes und saß in seiner Freizeit lieber am Fluß und angelte, als zu Hause nach dem Rechten zu sehen. Bis jetzt hatte Hanna sich um die Kranke und den Haushalt gekümmert, doch seit sie bei der Baronin in Stellung war, mußte sie ihre Hilfe auf ihren freien Tag und die Abendstunden beschränken.
»Dein Opa ist so ein ungenießbarer alter Kerl geworden«, beklagte sich die Kranke. »Den ganzen Tag meckert er mit mir herum. Ich glaube, unser Schwein behandelt er besser als mich.«
Der Ansicht war Johanna auch, aber sie sagte nichts. Es hatte ja doch keinen Zweck. So lange sie denken konnte, lagen sich die Großeltern in den Haaren. So eine Ehe wollte sie niemals führen. Sie wollte auch keinen Bauern oder Handwerker heiraten. Doch was blieb ihr weiter übrig, wenn sie nicht ewig Zofe bei der Baronin Köstritz bleiben wollte? Dann mußte sie wohl den Antrag von Alfons Menke annehmen, der meinte, er würde ihr etwas Gutes tun, wenn er sie auf den Hof seiner Eltern führte.
»So, Oma, nun iß nur tüchtig«, sagte Johanna und stellte das Tablett auf einen kleinen Tisch, den sie dicht an das Bett herangerückt hatte. »Dann wird es dir bald bessergehen.«
»Schon möglich«, nuschelte die Alte und langte hastig nach einer Schinkenschnitte. Sie hatte zwar Rheuma, aber keine Magenbeschwerden, und verputzte die Brote im Handumdrehen. Dazu schlürfte sie geräuschvoll den Pfefferminztee, von dem ihre Enkelin eine große Kanne gekocht hatte.
»Du bist ein gutes Mädchen.« Die alte Frau wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. »Bist so ganz anders als deine Mutter. Die hat ja keinen Finger für mich krumm gemacht, die feine Dame, die.«
Jedesmal, wenn ihre Großeltern über ihre Mutter schimpften, hätte ihnen Johanna am liebsten ordentlich die Meinung gesagt. Ihre Mutter war nicht schlecht gewesen, aber zu schwach und zu ängstlich, um sich durchzusetzen, und zu zart, um auf dem Lande arbeiten zu können. Deshalb hatte sie für die Dorfbewohner genäht, aber so manche Bauersfrau war ihr den Lohn schuldig geblieben. Und mit den Schwiegereltern hatte sie sich auch nicht verstanden, für die war die Näherei keine Arbeit, so etwas machte man nebenbei. Der Vater hatte seiner Frau nie beigestanden, obwohl er sie auf seine Art wohl recht gern gehabt hatte.
Nun waren sie bereits seit über zehn Jahren tot, waren einer Typhusepidemie zum Opfer gefallen, die damals in der Gegend herrschte. Das wenige Geld, das sie hinterließen, sollte für Johannas Ausbildung zur Zofe genutzt werden. Nur widerstrebend befolgten die Großeltern diesen Wunsch. Nach der Lehre arbeitete Hanna zuerst bei der verwitweten Gräfin Siedenbrück. Und als diese starb, bekam sie die Stellung der Zofe bei Frau von Köstritz. Hier mußte sie wesentlich mehr arbeiten und häufig die schlechte Laune ihrer Herrin ertragen. Abends war sie oft müde und hatte keine Lust mehr, mit den Großeltern zu streiten. Es nützte sowieso nichts. Sie konnten und wollten sie nicht verstehen. Andererseits hatte sie bei ihnen immer noch ein Zuhause. Deshalb sagte sie nur: »Ich räume jetzt noch die Küche auf, hole Holz und Wasser und füttere das Schwein.«
»Ja, ja, mach das nur«, nickte die Alte zufrieden und fragte dann: »Wann kommst du wieder?«
»Ich weiß es noch nicht genau. Spätestens an meinem nächsten freien Tag.«
Die Alte nickte erneut und sprach dann das aus, was ihr schon lange am Herzen lag: »Du solltest den Alfons heiraten. Seine Eltern haben einen schönen Hof. Dort wäre auch Platz für uns.«
Daran glaubte Johanna nun gar nicht. Alfons Menke war zwar ein ansehnlicher Bursche, aber auch ein Muttersöhnchen. Er hörte auf seine Mama wie ein Schuljunge. Und dieser würde es gewiß nicht gefallen, daß die Schwiegertochter noch zwei alte Leute mit in die Ehe brachte.
*
Der Sommernachtsball, zu dem der Baron vom Köstritz und seine Gattin eingeladen hatten, war erst in den frühen Morgenstunden zu Ende gewesen. Danach waren die meisten Gäste nach Hause gefahren, und die übrigen hatten ihre Zimmer aufgesucht, wo sie, genauso wie die Gastgeber, den versäumten Schlaf nachholten.
Währenddessen räumte das Personal auf. Johanna hatte mit der Schadensbeseitigung nur wenig zu tun. Sie war ausschließlich für die Bequemlichkeit und Schönheit der Frau Baronin da. Die erstere herzustellen, war recht einfach, mit der Schönheit jedoch... Johanna lächelte spöttisch, wenn sie daran dachte. Auch die beste Zofe konnte nicht herstellen, was gar nicht vorhanden war. Da mußte man sich auf Pflege, Haarteil, Kosmetik und elegante Kleidung beschränken. Offenbar war ihr das recht gut gelungen, denn Rosalie von Köstritz hatte sie für die nächsten zwölf Stunden gnädig beurlaubt.
»Machen Sie, was Sie wollen, Hanna«, hatte die Gutsfrau leutselig gesagt. »Sie haben gewiß einen Freund, der Sehnsucht nach Ihnen hat.«
»Ich habe keinen Freund, Frau Baronin.« Hanna war vor Verlegenheit rot geworden. Sie ahnte nicht, daß sie innerhalb der nächsten Stunden einen bekam, und daß dieser ihr Leben in ganz andere Bahnen lenken würde.
Sie war an diesem Morgen viel zu müde, um an einen Mann zu denken, auch an denjenigen nicht, den sie heimlich liebte.