Die Feuerschale - Michael Thomsen - E-Book

Die Feuerschale E-Book

Michael Thomsen

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Beschreibung

Michael Thomsen verarbeitet mit seinem neuen Gedichtband die Zeit nach der Corona-Krise sowie die Eindrücke im Zuge der Klima-Krise. Sein Enkel Julius fiel in 2022 direkt vor seinen Augen in eine Feuerschale. Diesen Anblick wird er wohl niemals wieder los. Dieses Erlebnis hat ihn animiert, sich in essayistischer Form erneut mit Bibeltexten auseinanderzusetzen.

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Inhalt

Vorwort

Gedichte

Essayistisches

Liste meiner Buchempfehlungen

„Ob ein Mann, der schreibt,

gut oder schlecht schreibt,

ist gleich ausgemacht,

ob aber einer, der nichts schreibt

und stille sitzt, aus Vernunft

oder aus Unwissenheit stille sitzt,

kann kein Sterblicher ausmachen.“

(G. C. Lichtenberg)

Vorwort

2022 und 2023 waren für mich teilweise grauselige Jahre. In den letzten Jahren erlebten wir: Ständige Infektionserkrankungen und einen operationspflichtigen Bandscheibenvorfall in der Familie und immer wieder Ausfall der Kita, verspätete Züge und Staus auf den Autobahnen, bürokratische Hindernisse bei der Neugestaltung der Zukunft.

Nachwehen von Corona, Krieg in Europa, Inflation und Insolvenzen, weltweit Autokraten auf dem Vormarsch, oder genauer; sie werden gewählt. Nun wissen wir spätestens seit 1933, dass durch demokratische Wahlen ein Rassist und Faschist nicht zum Demokraten wird und dennoch fallen wir als Volk auf solche kranken Seelen rein, von manipulierten Massen gewählt, von Menschen - so sehe ich es -, die es anders wollen, aber nicht klar mehr erkennen können, wer lügt oder irrt, wer nur siegen will oder - mehr noch - Dunkles im Sinne hat, die enttäuscht sind von Bürokratie, gesteuerten Politikern und die sich – oft zu Unrecht – bevormundet fühlen.

Ungeniert lassen sich unsere Politiker als Handlanger von Lobbyisten missbrauchen und predigen weiter das Mantra vom steten Wachstum. Auf der anderen Seite werden Menschen, die dafür streiten, dass die Geschwindigkeit des Klimawandels durch restriktive Maßnahmen gestoppt wird, von konservativ-liberalen Hohlköpfen als Terroristen gebrandmarkt, die Grünen als Besserwisser beschimpft, die Linken- mittlerweile innerlich ob ihrer Erfolglosigkeit zerstritten - noch immer von vielen mehr als Stasi-Partei wahrgenommen als eine Alternative zum Mainstream. Und die SPD biedert sich aus rein taktischen Gründen Neoliberalen und Konservativen an. Viele Intellektuelle haben sich von der Partei längst verabschiedet, werden aber auch mit Linken und Grünen nicht wirklich glücklich. Ihre Stimmen fehlen im öffentlichen Raum oder verzetteln sich in Talk-Shows.

Eine Mehrheit links von der Mitte schafft es nicht, Liberale, Konservative und Nationalisten ob ihrer Irrlehren zu entlarven, weil immer noch alte Glaubenssätze in den Köpfen der Massen ihr Unwesen treiben. Denn nicht allein der technologische Fortschritt wird – wie viele GLAUBEN - die Menschheit retten können, sondern es erfordert vielmehr ein Umdenken und eine kollektive Suche nach dem rechten Maß. Demokratie findet nur noch - ehrlich - statt im Kabarett und die Gebildeten versäumen es aufzuklären und die Irrlehren der Rechten bloßzustellen. Sie wollen sie durch Häme und Missachtung ausschließen, anstatt die ihnen innewohnende, argumentative Kraft zu gebrauchen. Die Presse lobpreist den Skandal und vergisst die Hoffenden, versäumt das Beschreiben vorhandener Lösungswege und Ideen.

Niemand will verzichten, das Streben nach Wohlstand auf Kosten anderer und der Umwelt korrumpiert weiterhin die Urteilskraft vieler Menschen. Sie wissen zwar: Weniger kann mehr sein! Aber sie können nicht loslassen von Konsum und Umtriebigkeit, als sei es eine Sucht. Die Angst vor dem Fall, lässt sie weiter produzieren und konsumieren, um zu betäuben – die tiefe Angst und schwelende Wut.

Anstatt Reichtum zu finden im Miteinander, in Kultur und Kunst, sehen sie Reichtum nur im Besitz und Waren, im neuesten Produkt und Umsatzzahlen, dabei haben sie Müllberge und Ausbeutung von Natur und Mensch aus ihren Sichtfeldern geschoben; Kollateralschäden halt, die man noch zu meistern glaubt mit reinem Ingenieurwissen.

Tatsächlich lebe ich mit meinen Familienangehörigen im Vergleich zu Zeiten vor dem Weltkrieg und dem Kalten Krieg in relativem Wohlstand und Frieden und noch ist scheinbar unsere Rente und mein Umfeld und die Krankenversicherung meiner Enkel sicher.

Vielleicht klagen wir – typisch deutsch - auf einem zu hohen Niveau. Und dennoch lehrt uns die Wissenschaft und der Verlauf der Geschichte, wachsam zu sein. Hier kann ich Reinhard Mey mit seinem Lied „Sei wachsam“ (https://www.youtube.com/watch?v=BVpnrTkQqTI) gut folgen. Sowohl die Parolen der Allgestrigen und von Verschwörungstheoretiker als auch der blinde Glaube der politischen Eliten an die unbegrenzt erscheinende Kraft der technologischen und digitalen Möglichkeiten lassen mich immer wieder kritisch nachdenken und ich lasse meinen Blick schweifen, um dann an die Dinge mein Herz zu heften, die mir Vertrauen und/oder Gewissheit schenken.

Besonders hoch im Kurs stehen da bei mir die Erkenntnisse der Wissenschaften und – ganz irgendwie anders: das Glück-Erleben im Rahmen der Familie. Und ich kann die Aussagen und Schlussfolgerungen von verirrten Seelen wie im Dunstkreis von Querdenkern und rechten Parteien wie der AfD überhaupt nicht nachvollziehen, habe aber Verständnis hinsichtlich ihres Misstrauens gegenüber vielen etablierten und emporkommenden Politikern.

Wem können wir noch vertrauen angesichts der zunehmenden Komplexität des Wissens und der staatsbürgerlichen Praxis? Ist nicht schon längst eine Art virtueller Krieg in unser Zusammenleben eingezogen?

Nicht Waffen allein, sondern viel mehr das Gift in Form von Misstrauen und eingeimpfter Vorteilsnahme, in Form von Geiz und Neid, das unter uns wütet und die Wunden im Geist und unseren Herzen hinterlässt. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr drängt sich mir die Vermutung auf, dass die Veränderung bestimmter Sichtweisen und demokratischer Praxis angebracht scheint, wenn wir unsere Gesellschaft auf einen Weg führen wollen, der menschengemachtes Unrecht möglichst breit verhindert.

Aber in der Rückschau auf die letzten beiden Jahre hat sich bei mir dann doch am nachhaltigsten das Bild eingebrannt, als mein Enkel im Sommer 2022 in die Feuerschale unseres Schrebergartens fiel und sich Verbrennungen zuzog. Der Kleine hat wohl zum Glück keinen merklichen Schaden davongetragen, dennoch mahnt mich dieses Bild: Die meisten Unglücke sind nicht kalkulierbar, vorhersehbar oder verhinderbar. Zu unserem Leben gehören die Schattenseiten dazu; ansonsten müsste es finster bleiben.

Meinem Enkel habe ich ein Gedicht gewidmet, das diesem Gedichtband den Titel verleiht.

Es steht für mich irgendwie symbolisch für die Zeit.

Bissendorf, im September 2023

Gedichte

Wofür

Wofür ich brenne,

das liebe ich.

Wofür ich stehe,

ist nicht hinter mir.

Wofür ich bin,

das ist so viel.

Wofür ich lebe,

das ist bedroht.

Wofür es lohnt,

wird ignoriert.

Wofür ich wähle,

bleibt folgenlos.

Wofür ich streite,

das fällt zurück.

Wofür ich sterbe,

weiß ich nicht.

Wofür ich bleibe,

das zeigt sich nicht.

Wofür noch warten,

das frag ich mich.

Wofür?

Blick zurück

Der Blick zurück bleibt vage,

Wenn ich´s Euch doch sage:

Muss durchdringen lauter Nebel,

Ich finde keinen passend´ Hebel.

Aufzubrechen das Dickicht,

Welches stets blockiert das Licht.

Am Zufall und am Schweigen

Unterbricht es des Wissens Reigen.

Gleiches auf der anderen Seite;

Schweift der Blick ins Weite;

Denn die Zukunft liebt die Breite,

Die wieder zurück uns leite.

Nur noch hier im Jetzt

Gefangen im Diesseits-Netz

Schau ich auf ein Staubeskorn,

Welches vor mir schwebt - da vorn.

Zurück

Zurück an den Anfang reisen:

Konnt´ nicht verhindern den Verlauf.

Könnt´ ich da doch nur bleiben!

So - entflieh´n der Zeiten Kauf.

Konnt´ nicht ahnen den hindernd Weg.

Konnt´ nicht folgen den Spuren der Zeit.

Du warst damals nicht da,

Du warst eben noch nicht da.

Kamst für mich zu spät ins Leben,

Zu hindern ein fehlgeleitet´ Streben.

Konnt´ nicht ahnen den hindernd Weg.

Konnt´ nicht folgen den Spuren der Zeit.

Blieb Wellenwurf der Geschichte,

Hingeschleudert, wo kein Halt.

Hinweggespült schon bald;

Und niemand führte mich ins Lichte.

Konnt´ nie erahnen den anders leitend Weg.

Konnt´ nicht prägen ein Weltenweit.

Begegnung auf Wolke Sieben

Wie hinter gelblich Sonnenlichterglanz

Blaufarben Gebilde - wie zum Tanz -

Durchbohrt mein gerader Blick weit hinten,

Um Horizontgewölk im Blau und Gelb zu finden.

Steigen hell und wolkenstraßig quer

Lilarosa Lichterteile - wie im Meer.

In weiter Ferne Gestalten über wolkig Schnee

Zu tragen wie Eis auf einem Sonnensee.

Und ob ich noch weitersuchend schau,

Seh´ ich spiegelnd sie im Glitzerblau.

Etwas links nach oben wie Taubenschlag

Deren Flug ich so gerne schauen mag.

Ein wenig Wolkenstreif, aber nur vielleicht, Behütet, gestützt von Leinwand – nur ganz leicht. Dort auf dem Oval vier ganz schlanke Figuren, Hinterlassen mir zugeneigt die Schattenspuren.

Schweben alle wie auf Wolke Sieben,

Ein mattstrahlend Bild wie zum Verlieben.

Die zu Dritt scheinbar von dannen gehen,

Weiß nicht, ob der Vierte will zu mir sehn?

Noch ist Luft nach oben zu Wolke Neun.

Doch auch schon auf Sieben sie sich freun.

Wer im Rosaschimmer auf Wolke Vier gerufen,

Vergebens sucht die aufwärtssteigend Stufen.

Ein Treiben

Dem Schnellen hilft nicht -

Vor dem Tsunami sein Fliehen.

Der Starke kann nicht stoppen

Der Regenwolken Ziehen.

Der Begabte kann nicht

Fassen aller Zeiten Geld.

Dem Gerechten widerfährt -

Trotz und Wüten der Welt.

Dem Klugen kein Wissen

In den letzten Winkel fällt.

Der Weise in seinem Leben

Am Ende ums Erbe geprellt.

Alle Kraft und Stärke nicht reicht,

Den Ausgang des Lebens zu schauen.

Stets gefangen inmitten der Zeit,

Beginnen wir uns Leben zu bauen.

Ein einziger Schlag den Takt kann geben

Oder erbarmungslos ein Leben nehmen,

Ob hier und jetzt oder dort und bald,

Wie irgendein gefällter Baum im Wald.

Unser Rufen, ein sichereres Verhallen,

Es wallet und schwebet seicht dahin.

Wir können heraus nicht fallen

Und sind doch nicht mehr darin.

Ob nur ein Wimpernschlag oder lange Reise,

Jeder bekommt auf seine eigne Weise,

Ohne Ansehen der Person ganz ungelenkt,

Mal mehr, mal nichts - vom All geschenkt.

Und all mein Wissen reichet nicht,

Dass ich fülle die Worte im Gedicht.

Es treibt in mir, zu Euch ans Ohr,

Eins zu werden im Wohl-Kling-Chor.

Das Bubersche Du

Was ist am Du,

Das ist wie ich?

Dass es fühlt und denkt,

Lacht und weint,

Hunger hat und Durst?

Dass das Du meine

Aufmerksamkeit genießt,

Mit der ich es belohne?

Dass das Du mir

Zuhört, wenn ich erzähle,

Dass es frei erzählt,

Wenn ich ihm zuhöre?

So sind wir eins -

Aus zwei.

Das Du hat Bedürfnisse

- Wie Ich.

Ich kann fühlen