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U. H. Wilken war einer der ganz großen Autoren, die den Western prägten und entscheidend zum Erfolg dieses Genres beitrugen. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. U. H. Wilken ist zugleich einer der bestinformierten Autoren und kennt sich genau in der Historie des Wilden Westens aus. Was er schreibt, lässt sich hautnah belegen. Ein Meister seines Fachs, der mit Leidenschaft und Herzblut die großen Geschichten nachzeichnet, die sich in der Gründerzeit ereigneten. Sie kamen immer nachts, wenn der Wind die Schreie der toten Seelen über die zerklüfteten Berge trug. Sie starrten immer wieder in das Tal der Goldsucher und beobachteten mit kalten Augen die ruhenden und die wachenden Männer. Und sie verschwanden immer wieder lautlos wie gespenstische Schatten. Brian Badford und die anderen Männer ahnten nicht, dass sich der Tod ihrem Tal näherte. »Los, kriech schon rein, schwarze Saatkrähe!«, fauchte Badford den Neger an. »Oder ich mach' dich lang, verdammter Nigger!« Schlotternd stand der Neger vor dem dunkel gähnenden Felsloch. Zu seinen Füßen lag das herausgeschlagene Geröll. Der Schweißgeruch der weißen Männer wehte herüber. Angst war in den Augen des Negers – Angst vor dem Reich der Dämonen. »Sam Angst haben, Mastah!«, flüsterte er. »Sam braver, guter Nigger, aber großer Feigling.« »Halt's Maul! Du kriechst jetzt ins Loch, schwarzhäutiger Halunke!« Mit hässlich grauem Gesicht stand der Negersklave in der Sonne. Noch hing der Gesteinsstaub im Tal, noch war das Echo der Sprengung zu hören. Die verwitterten Felsen könnten jeden Augenblick das Loch in der zerklüfteten steilen Talwand verschütten. Wütend kam Brian Badford heran und schlug dem Neger die Faust in den Nacken, trat ihm in die Kniekehlen und stieß ihn brutal vorwärts.
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Seitenzahl: 148
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Sie kamen immer nachts, wenn der Wind die Schreie der toten Seelen über die zerklüfteten Berge trug. Sie starrten immer wieder in das Tal der Goldsucher und beobachteten mit kalten Augen die ruhenden und die wachenden Männer. Und sie verschwanden immer wieder lautlos wie gespenstische Schatten.
Jetzt kamen sie zum ersten Mal am helllichten Tag, und sie trugen den Mord im Herzen …
Brian Badford und die anderen Männer ahnten nicht, dass sich der Tod ihrem Tal näherte.
»Los, kriech schon rein, schwarze Saatkrähe!«, fauchte Badford den Neger an. »Oder ich mach’ dich lang, verdammter Nigger!«
Schlotternd stand der Neger vor dem dunkel gähnenden Felsloch. Zu seinen Füßen lag das herausgeschlagene Geröll. Der Schweißgeruch der weißen Männer wehte herüber. Angst war in den Augen des Negers – Angst vor dem Reich der Dämonen. »Sam Angst haben, Mastah!«, flüsterte er. »Sam braver, guter Nigger, aber großer Feigling.«
»Halt’s Maul! Du kriechst jetzt ins Loch, schwarzhäutiger Halunke!«
Mit hässlich grauem Gesicht stand der Negersklave in der Sonne. Noch hing der Gesteinsstaub im Tal, noch war das Echo der Sprengung zu hören. Die verwitterten Felsen könnten jeden Augenblick das Loch in der zerklüfteten steilen Talwand verschütten. Wütend kam Brian Badford heran und schlug dem Neger die Faust in den Nacken, trat ihm in die Kniekehlen und stieß ihn brutal vorwärts.
Zitternd kroch der Neger in das Dunkel hinein. Über ihm grollte es dumpf in den Felsmassen, als tobte in der Ferne ein Unwetter. Sand rieselte aus den Felsspalten. Kleine Steine fielen auf seinen Rücken. Die Zähne schlugen klappernd aufeinander. Angst entstellte das Gesicht. Draußen schrie Badford. Auch die anderen Männer wollten wissen, ob der Neger Goldadern im Gestein erkennen konnte. Sie bekamen keine Antwort. Sam kauerte zwischen den Felsbrocken und presste die Hände zu einem Gebet zusammen. Tränen rannen über das dunkle Gesicht …
Das Loch in der Felswand war wie ein Schlund zur Hölle. Keiner der weißen Männer wagte sich hinein, aber sie alle hatten den wehrlosen Neger dazu gezwungen. Sein Leben war ihnen nichts wert.
Wieder hörte Sam dieses dumpfe Grollen über sich.
Er schlug die Hände vors Gesicht und stöhnte.
In diesen Sekunden peitschten mörderische Schüsse durch das Tal und riefen ein röhrendes Echo wach. Blei klatschte gegen Felsen, Kugeln jaulten bösartig umher.
Draußen vor dem Felsloch zuckten die Goldsucher zusammen. Entsetzt stierte Sam hinaus. Vor ihm im grellen Sonnenschein bäumten sich die Goldsucher auf. Deutlich sah Sam, wie Blei die Gesichter zerriss, wie Kugeln die Körper schüttelten, wie es überall rot vom Blut wurde. Leblos sanken die Männer zu Boden. Zuckend fiel Brian Badford auf den heißen Boden. Die Hände krallten sich in den Gesteinsstaub hinein. Das bärtige Gesicht wurde grau wie kalte Asche und schien zu vereisen. Schwach bewegte er die Lippen und stierte in die Höhle hinein, als könnte er Sam erkennen.
Der Knall der Schüsse verhallte und verlor sich in den fernen Tälern. Totenstille trat ein. Wie Bündel lagen die Goldsucher unter der heißen Sonne.
Sam konnte nicht schreien; die Todesangst krallte die knochigen Hände um seinen Hals und würgte ihn. Der ganze Körper bebte wie im wilden Fieber.
Irgendwo am Talrand wurden Gewehre durchgeladen.
Brian Badfords Augenlider flatterten. Er öffnete die Augen und glotzte in das dunkle Loch hinein.
»Sam …«
Seine Stimme war nur mehr ein Hauch, ein Stöhnen um Hilfe.
Und Sam, der Neger, hörte ihn. Er sah, wie das Gesicht des Weißen immer grauer wurde, wie der Tod den Körper zu besiegen begann – und er wollte Badford helfen. Er hatte vergessen, wie schlimm Badford ihn geschlagen und gequält, misshandelt und erniedrigt hatte.
»Ich kommen, Mastah«, stöhnte Sam. »Ich ganz fix sein. Mastah warten, ich gleich bei ihm sein …«
Im Tal brüllten die Maultiere der Goldsucher. Hufschlag wurde laut. Pferde stampfen über die Pfannen der Goldsucher hinweg. Eisen klirrten über die Felsen.
»Sam!«, wimmerte Badford. »Hilf mir doch, Sam! Bitte, hilf mir!«
Er hatte Sam wie ein Tier behandelt. Sam war sein Sklave. Er hatte ihn ausgepeitscht und getreten, als wäre Sam weniger wert als ein Hund. Jetzt flehte er seinen Sklaven an, und Sam war viel zu gut, um die Bitte eines Sterbenden ablehnen zu können. Doch die fremden Reiter kamen schnell heran. Als Sam loskriechen wollte, tauchten sie unterhalb der Goldsuchercamps auf, trieben die keuchenden Pferde über das Lager hinweg und warfen sich aus dem Sattel.
Sam konnte nicht mehr helfen.
Lähmende Angst erstickte jeden Willen. Er war nicht imstande, sich zu bewegen.
Die Fremden hielten noch immer die Gewehre feuerbereit. Lauernd kamen sie heran. Ihre Schatten wischten über den Felsboden. Derbe Stiefel stießen gegen Gestein. Alte, verschmutzte Hüte warfen Schatten auf die schweißnassen Gesichter.
Zuckend rutschten die Hände des sterbenden Badford über den Boden. Noch immer starrte er zu Sam in die Höhle. Er bewegte die Lippen, doch er hatte schon nicht mehr die Kraft, um rufen und sprechen zu können.
Langsam gingen die Fremden von einem toten Goldsucher zum anderen.
Der Neger rührte sich nicht. Er hatte keine Waffe. Er besaß nur sein Leben.
»He, Deadlock!«, tönte die heisere Stimme eines Fremden zu Sam herein. »Da lebt noch einer!«
»Ja, Buckeye hat recht, Deadlock!«, rief ein anderer. »Da vor dem Loch liegt er!«
Sam krümmte sich zusammen. Er hob die flatternden Hände an und presste sie an das Gesicht. Die Fingernägel gruben sich in die schwarze Haut hinein.
Die Fremden kamen näher. Deutlich konnte er jetzt die zynischen Gesichter erkennen. In den Augen der Fremden war ein furchtbarer Ausdruck von grenzenloser Brutalität erkennbar geworden. Sie erreichten Brian Badford und blickten auf ihn. Einer riss Badford herum und warf ihn auf den Rücken.
Sie grinsten teuflisch.
Badford hatte die Augen halb geöffnet. Der schwere Atem floh über die blutleeren Lippen. Er wollte sprechen, doch er konnte es nicht mehr. Mehrere Gewehre waren auf ihn gerichtet. Das Metall gleißte in der Sonne. Helle Reflexe zuckten in die dunkle Höhle hinein und blendeten Sam.
»Wir wollen nur euer Gold«, sagte einer der Fremden mitleidlos. »Wir haben euch lange genug beobachtet.«
Dann schossen sie.
Brian Badford lag tot in der Sonne …
Lachen folgte den Schüssen und hallte durch das Tal. Das Echo verzerrte das Gelächter. Skrupellos durchwühlten die Fremden die Taschen der Goldsucher, rissen das Gepäck auseinander, öffneten die blechernen Wasserflaschen, fluchten und suchten.
Tote Augen stierten zu Sam hinüber. Der Wind spielte in den Haaren der Toten.
Sam sah und hörte die Fremden. Sie würden auch ihn umbringen, wenn sie ihn entdeckten. Tränen verschleierten seinen Blick.
Er war ein großer und starker Neger, doch er hatte das Gemüt eines Kindes.
Über ihm arbeiteten die Felsmassen. Wieder rieselte feiner Sand aus den Felsspalten hervor und in seinen Nacken. Er schloss die Augen und betete stumm um sein Leben.
Draußen wurden die Flüche lauter. Noch immer nicht hatten die Fremden das Gold gefunden.
Plötzlich kamen zwei Fremde heran und verharrten dicht vor dem dunklen Loch.
»Sie müssen es erst vor Kurzem herausgesprengt haben«, sagte einer. »Wir haben die Explosion gehört.«
»Da kriecht doch kein Mensch hinein, Shannon! Oder bist du lebensmüde? Hörst du, wie die Felsen knacken?«
»Aber vielleicht haben sie das Gold in dieses Loch geworfen!«, ächzte der andere. »Wir müssen es riskieren! Nimm dein Lasso. Ich werde mich festbinden. Wenn was passiert, dann ziehst du mich raus.«
Die Gier nach dem Gold war größer als die Furcht, von den Gesteinsmassen erschlagen zu werden.
Sam sah, wie der eine das Lasso vom Pferd holte und es um seinen Komplizen schlang. Dann ließ der Bandit sich nieder und kroch näher. Deutlich vernahm Sam die rasselnden Atemzüge.
Die Angst ließ ihn zurückweichen. Er schob sich noch tiefer in die Dunkelheit hinein. Vor ihm keuchte der Bandit. Jetzt hatte er den Eingang erreicht und schob sich auf allen vieren über das Geröll hinweg.
Hart stieß Sam gegen die Felswand und konnte nicht mehr weiter. Flach lag er am Boden und wagte nicht, sich zu bewegen. Er hielt den Atem an und stierte zur dunklen Gestalt, die sich vor dem hellen Ausgang abzeichnete.
»Siehst du was?«, krächzte der Bandit draußen.
»Nein, noch nicht.«
Dumpf klang die Stimme in der Felsenhöhle. Tastend griff der Bandit umher. Dabei kroch er weiter. Behutsam räumte er das Gestein beiseite. Heiseres Flüstern kam über seine Lippen. Die Worte waren nicht zu verstehen.
Sam hatte ihn dicht vor sich. Er brauchte sich nur um ein paar Yard zu bewegen, dann könnte er den Banditen berühren. Doch er blieb wie tot liegen und hielt den Atem an.
Wie die Saugnäpfe eines Untiers griffen die Hände des Banditen im Dunkeln umher und suchten. Die Fingerkuppen der rechten Hand berührten Sams Schulter ganz schwach. Sofort wich Sam lautlos um wenige Zentimeter zurück. Wieder griff der Bandit umher. Geistesgegenwärtig hob Sam einen Felsbrocken hoch und legte ihn vor sich nieder. Das Keuchen des Banditen übertönte das leise Geräusch. Dicht vor Sams Gesicht krallte sich die Hand um den Felsbrocken, löste sich davon, wischte umher.
Die Felsmassen rumorten. Sand fiel herunter. Fluchend kroch der Bandit zurück und verließ das dunkle Loch.
»Nichts«, krächzte er.
Sam atmete auf und sah, wie die Banditen weitersuchten.
Einer von ihnen stieß mit den derben Stiefeln die kalte Asche der Feuerstelle auseinander und schrie plötzlich auf, winkte heftig und beugte sich hinunter. Wie verrückt scharrte er mit bloßen Händen. Die anderen Banditen hasteten zu ihm, halfen ihm – und dann holten sie unter dem Sand die Lederbeutel mit dem Gold hervor.
»Diese Kerle lassen sich immer mehr einfallen, um ihr Gold zu verstecken!«, knurrte einer der Halunken. »Jetzt vergraben sie es und machen darüber ein Feuer! Wie hast du es nur gefunden?«
»Ich wollte mir die Zigarre anmachen und suchte nach der Glut.«
»Jetzt kannst du dir tausend der besten Zigarren kaufen!«
Lachen tönte herüber, schallte durch das Tal des Todes. Die Sattelpferde schnaubten dumpf. Gebissketten klirrten. Vor dem Felsloch öffneten die Banditen die Lederbeutel und holten die Nuggets hervor.
Sam hatte von diesem Gold gewusst, doch er hatte nicht gesehen, wo das Gold vergraben worden war.
Seit über einem Jahr hatte er mit Brian Badford und den anderen umherziehen müssen, hatte geschuftet und jede dreckige Arbeit verrichtet. Und er wusste nicht, dass im fernen Osten der Krieg ausgebrochen war, dass die Nordstaaten um die Befreiung der Negersklaven zu kämpfen begonnen hatten.
Zweibeinige Bestien lagerten draußen. Er musste in der kleinen Höhle bleiben und konnte nur hoffen, dass die Felsmassen ihn nicht begruben.
Immer wieder musste er die Zähne zusammenbeißen, damit das Klappern ihn nicht verriet.
Die Stimmen der unmenschlichen Banditen wehten herüber. Er verstand manches Wort, und während die Halunken über den Proviant der Goldsucher herfielen, betete er lautlos um sein Leben.
Am Talrand bewegten sich die Laubbäume im Wind. Buntes Laub trieb über den Talhang. Massive Douglasfichten warfen weite Schatten ins Tal. Der Tag neigte sich seinem Ende zu. In der Ferne dröhnte eine Explosion. Überall in den Bergtälern von Colorado wurde nach Gold gesucht. Zigtausend Menschen waren wie ein Schwarm Schmeißfliegen über das weite zerklüftete Land hergefallen.
Sand fiel auf Sam.
Kleine Steine rollten über seinen Rücken.
Plötzlich brachen die Fremden auf. Sie zogen die Pferde und Maultiere aus seinem Blickfeld. Dann hörte er Hufschlag.
Es wurde still im Tal.
Überall lagen die Toten und blickten in den Abendhimmel. Blutrot sank die Sonne. Fahles Mondlicht erhellte das Tal. Wimmernd strich der Wind über die Felsen und leblosen Männer hinweg.
Sam kroch langsam nach vorn.
Auf einmal hörte er Hufgetrappel.
Sofort lag er still, und die Angst kam wieder.
Der Hufschlag war verstummt …
*
Schlank und sehnig saß er im Sattel. Die dunklen Augen weiteten sich sekundenlang beim Anblick der Toten. Er atmete pfeifend aus und spürte den kalten Schauer im Rücken.
»Mein Gott …!«
Mehr sagte er nicht. Mit der Rechten zog er die Volcanic Rifle aus dem Gewehrschuh hervor und lud durch. Er schluckte schwer und der Kehlkopf trat stark hervor. Im Wind flatterte das schwarze Haar. Die derbe Cowboykleidung war mit einer dicken Staubschicht behaftet.
Lucky war nach Colorado gekommen.
Er kam von den Blaugrasebenen von Kansas; er war über die endlosen Savannen gezogen, um seinen Traum vom goldenen Reichtum wahrwerden zu lassen.
Langsam ritt er weiter und lenkte das Pferd in das Tal hinunter.
Aaskrähen flatterten aus dem Geäst der Bäume und flogen heiser krächzend über das Tal hinweg.
Bleich und groß stand der Mond über den dunklen Bergen. Kalt war der Wind in dieser Nacht.
In den Augen der Toten spiegelte sich das Sternenlicht. Die Gesichter waren eingefallen und grau.
Keiner der Toten hatte eine Waffe bei sich. Im Camp war alles durcheinandergewühlt worden.
Horchend verhielt Lucky.
Kein menschlicher Laut drang an sein Ohr. Er hörte nur den Wind. Steif saß er ab und blieb neben dem Pferd stehen.
Die Toten konnten ihm nicht sagen, was geschehen war – doch er erahnte es. Am Boden lagen drei Nuggets, daneben lag eine Lederschnur. Vor dem dunklen Loch in der Felswand lag ein Lasso.
Mit dem Gewehr im Anschlag ging er umher. Der Sand rieb unter seinen Cowboystiefeln. Die kleinen Radsporen klingelten leise wie fernes Kirchengeläut.
Jetzt stand er still.
Sekundenlang dachte er an das, was hinter ihm lag und zur Vergangenheit gehörte.
Er hatte sich zwei Zähne von einem Brasada-Rindvieh ausschlagen lassen, hatte Old Woman, dem Ranchkoch wegen des miesen, mistigen Scheißfraßes hart in den Hintern getreten und war davongejagt worden. Er hatte alles verloren, nur nicht das Pferd und die Waffen – und nicht sein wildes Herz, seine Sehnsucht und seine Träume.
Zum ersten Mal war er in Colorado.
Er hatte die fantastischsten Märchen über Goldfunde gehört. Es sollte Männer geben, die das Gold nur aufgesammelt hätten, um steinreich zu werden.
Nun stand er vor den Toten, denen das Gold zum tödlichen Verhängnis geworden war.
Das war die Wirklichkeit, das war kein Traum.
Plötzlich zuckte er zusammen und lauschte. Hohles Klappern war zu hören. Im dunklen Loch fielen Steine. Dann war es wieder still.
»Ist da jemand?«, fragte Lucky mit belegter Stimme.
Er bekam keine Antwort.
Langsam stapfte er hin und her. Am Talrand schrien die Aaskrähen. Kalte Winde berührten Luckys Gesicht. Trotzdem schwitzte er.
Wieder hörte er Zähnegeklapper. Suchend sah er umher. Gebeugt trat er an die Höhle heran und versuchte, hineinzusehen.
Irgendetwas Blankes war im Halbdunkel erkennbar.
Die Augen eines Menschen …
Die Felsmassen stöhnten wie sterbende Tiere. Die Talwand erkaltete in der Nacht. Das Gestein arbeitete stärker als vorher. Plötzlich zersprang die Felsenwand. Ein Riss wanderte empor. Steine fielen in das Tal. Luckys Pferd scheute zurück.
»Hilfe!«, flehte jemand. »Ich nicht sterben wollen!«
Lucky zögerte keine Sekunde. Todesmutig kroch er über den Geröllhaufen und streckte die Hand in die Dunkelheit hinein.
»Komm! Pack meine Hand! Ich zieh’ dich raus!«
Er spürte eine Berührung, dann sah er, wie ein Neger hervorkroch. Er riss ihn am Arm mit sich. Beide stolperten über das Geröll, rannten an den Toten vorbei, durch das kleine Camp. Hinter ihnen polterten die Felsmassen hernieder. Dichter Staub schlug in das Tal hinein. Sie hetzten zum Pferd, liefen weiter und blieben endlich am jenseitigen Talhang stehen.
Die Höhle brach zusammen. Alles wurde verschüttet. Die Gesteinsmassen begruben die toten Goldsucher.
Sam sank auf die Knie und stöhnte. Er betete und schluchzte wie ein kleiner Junge.
Erschüttert sah Lucky auf den Neger.
»Komm!«, schrie er und stieß ihn an. »Wir müssen verschwinden, Schneemann! Sonst holt uns der Teufel!«
Sie hasteten weiter. Lucky zog sein Pferd hinter sich her und hielt das Gewehr. Keuchend verließen sie das Tal. Unter den Bäumen ließen sie sich fallen und rangen nach Luft.
»Was stierst du mich so an?«, keuchte Lucky. »Ich tu dir nichts. Oder glaubst du, ich wäre einer der Halunken, die die Männer erschossen haben?«
Sam richtete den Oberkörper auf, kniete vor Lucky und zitterte. Graue Flecken bedeckten sein dunkles Gesicht. Die tiefbraunen Augen schimmerten und schillerten vor Tränen.
»Bitte, Sam nichts tun, Mastah! Sam guter Nigger, Sam für Mastah alles tun.«
»He, was redest du da, Junge?«, flüsterte Lucky betroffen. »Ich brauche keinen Sklaven! Ich hab’ verdammt viel gegen Sklaverei! Die großkotzigen Plantagenbesitzer lassen euch wie Vieh für sich schuften und drücken sich die fetten Ärsche platt beim Sitzen! Da soll ich noch für sie sein? Du bist wohl verrückt!«
»Mastah, bitte nicht so reden!«, stöhnte Sam. »Sam guter Sklave. Sam für Mastah alles tun und immer gut sein, Mastah nicht Sam so quälen.«
Lucky schluckte schwer und schüttelte den Kopf.
»Ich will dich nicht quälen, Sam! Bei Gott, ich will dich auch nicht als Sklave haben! Du glaubst mir nicht. Ich verstehe. Du hast Angst, ich könnte dich belügen und würde dich dann doch als Sklave behalten. Nein, Amigo, du irrst dich. Ich begreife langsam. Unten im Tal liegt dein Herr, wie? Der Kerl, der dich als Sklave gekauft hatte. Aber er kann dich nicht mehr auspeitschen, Sam! Er ist nämlich mausetot, er macht keinen Mucks mehr. Du bist frei, Sam!«
Sam senkte den Blick. Sein krauses Haar glänzte im Sternenlicht, das durch die Baumkronen sickerte. Schweiß rann über die Haut. Der Körper zitterte wie bei einem Schüttelfrost.
Im Tal dröhnte es noch immer.
»In Ordnung«, sagte Lucky auf einmal. »Ich kaufe dich! Du bist mein Sklave! Und du kommst mit mir, hast du verstanden?«
»Ja, Mastah.«
»Dann sind wir uns ja einig. Und jetzt sagst du mir, was im Tal geschehen ist.«
Stockend sprach der Neger.
Lucky hatte sich in die Welt des Farbigen hineinversetzt. Sam konnte einfach nicht so schnell ein freier Mensch sein.
»Du hast die Halunken also gesehen?«
»Ja, alle, Mastah. Sie sehr schlimm und böse ausgesehen haben. Sam furchtbar Angst gehabt.«
»Wir müssen von hier verschwinden. Du wirst mich begleiten, Sam. Komm, steig auf das Pferd.«
»Sam immer laufen, Mastah.«
»Dann wird Sam jetzt reiten, verdammt! Mein Pferd trägt uns beide. Wir reiten nach Fairplay. Ich hab’ einen Mann getroffen, der hat mir gesagt, dass um Fairplay viel Gold gefunden worden ist.«
»Mastah nicht wissen? Dieses Fairplay ein Pfuhl der Hölle sein!«
Lucky lächelte grimmig.