Die grossen Western -105-
Sie kamen und starben
Western von U.H. Wilken
Sekundenlang spürt der Junge ein würgendes Gefühl im Hals. Der Fremde ist so plötzlich im Stall aufgetaucht, dass Cash die Angst nur mühsam unterdrücken kann.
»Was … wollen Sie?«, fragt er dumpf.
»Ich brauche einen neuen Gaul«, ertönt die raue Stimme des Fremden. »Bist du der Sohn von dem Mann, dem die Pferde da gehören?«
»Ja …« Die Stimme des Jungen zittert ein wenig. »Ich muss meinen Vater holen, Sir«, sagt er schnell. »Er wird Ihnen bestimmt ein Pferd verkaufen.« Er will schon gehen, zögert dann aber, weil er an diesem Fremden vorbei muss.
»Wo ist dein Vater?«
»Im Saloon. Es ist nicht weit bis dahin. Ich bin schnell dort.«
Der Fremde nickt. »Ich hörte Stimmen im Saloon. Da ist was los, wie?«
»Ja, Sir. Die Leute feiern meinen Vater!« Stolz klingt in der Stimme des Jungen mit. »Er ist ab heute der Sheriff, Sir. Alle Leute haben ihn gewählt. Ich werde ihn holen, Sir.«
Der Junge sieht nicht, wie das Gesicht des Fremden jäh grau wird, wie er sich ein wenig duckt und ganz steif wird.
In diesem Moment kommen Schritte über den Hof, Sporen rasseln, der Schatten eines Mannes fällt weit über den Platz …
»Da kommt mein Vater!«, ruft der Junge und will aus dem Stall laufen.
Mit einem wilden Sprung ist der Fremde bei ihm, packt mit beiden Händen schmerzhaft zu und hält Cash an den Schultern fest. Der Junge krümmt sich unter dem harten Griff.
»Daddy …!«
Die Stimme gellt aus dem Pferdestall. Schon hat der Fremde den linken Arm um den Hals des Jungen gepresst und mit der Rechten den Revolver gezogen.
Dicht an dem Gesicht des Jungen ragt der kalte bläulich schimmernde Lauf der Waffe vorbei und zeigt auf Jim Long, der geduckt vor dem Stall steht.
»Cash!«, brüllt er. »Cash, was ist los, Cash?«
Hinter dem Jungen knurrt der Fremde bösartig. Er drückt den Jungen vorwärts, mehr ins Licht, und jetzt kann Jim Long das von tiefen Narben entstellte Gesicht des Fremden erkennen. Er sieht das tückische Flirren in den Augen und die dunkel drohende Coltmündung. Sein Junge aber windet sich unter dem brutalen Griff, sein Gesicht schwillt rot an.
Jim Longs Gesichtszüge vereisen jäh. Schwer geht sein Atem. Die grauen Augen verengen sich, die Lider zucken.
»Lassen Sie den Jungen los!«, flüstert er heiser. »Es ist ein Junge, kein Mann! Kommen Sie heraus, oder verschwinden Sie nach hinten, bevor ich …«
Er spricht es nicht aus.
Der Fremde verzieht das knochige Gesicht zu höhnischem Grinsen.
»Damit Sie mich abknallen können, wie?«, ertönt seine lauernde, tückische Stimme. »Damit Sie den Leuten gleich am ersten Tag meine Haut vor die Füße legen können, wie?«
In Jim Long sieht es schlimm aus. Angst erfüllt ihn, Angst um den Jungen.
»Was wollen Sie?«, keucht er. »Was, zum Teufel, haben Sie vor?«
Der Fremde lacht dunkel und zynisch auf. Er drückt noch mehr zu, und Cash hängt nur mehr unter seinem Griff.
»Mein Gaul ist fertig!«, zischt er. »Ich brauche ein neues Pferd!«
Mühsam zwingt Jim Long sich zur Ruhe.
»Nehmen Sie sich ein Pferd und verschwinden Sie!«
Der Fremde schüttelt den Kopf.
»Nein, nicht so, Mr Sheriff, nicht so! Kommen Sie näher! Noch näher! Halt! Schnallen Sie jetzt den Gurt ab!«
Jim Long ist stehen geblieben. Seine Hände sind weit weg von den Waffen. Er zögert.
»Wer sind Sie?«, fragt er düster, um Zeit zu gewinnen.
»Das wissen Sie nicht, Sheriff?« Der Fremde sieht ihn hasserfüllt an. »Jedes Kind weiß das! Sie sind wieder hinter mir her. Ich habe das Pferd zusammengeritten, ich brauche ein neues, um den verdammten Verfolgern zu entkommen! Wissen Sie es noch immer nicht?«
»Mann«, keucht Jim Long, »ich weiß es nicht, es ist mir auch egal, lassen Sie meinen Jungen los und verschwinden Sie!«
»Daddy«, stöhnt der Junge angsterfüllt, »Daddy!«
Jim Long ist nahe daran, die Beherrschung zu verlieren. Hart schlägt das Blut in den Schläfen. Heiß brennt die Sonne. Er ist schweißdurchnässt. Und er sieht, wie sich der Junge quält, wie er auf Hilfe wartet.
Und da ist wieder die mitleidlose Stimme des Fremden:
»Lösen Sie den Waffengurt, Sheriff! Ich muss Sie und Ihren Jungen fesseln. Machen Sie keine Dummheiten, Sheriff! Sonst passiert Ihrem Jungen was!«
Longs Gesicht verzerrt sich etwas. Er kann nichts tun.
Der Fremde steht hinter seinem Jungen. Jeder Schuss würde Cash in Lebensgefahr bringen!
»Gut«, sagt er gepresst, »wie Sie wollen, ich tu’s! Aber wenn Sie meinem Jungen was antun, dann Gnade Ihnen Gott!«
Er legt die sehnigen Hände an den Gurt. Der Fremde beobachtet ihn mit kalten Augen. Cash sackt unter dem brutalen Griff immer mehr nach unten. Einen Atemzug lang zittern Jim Longs Hände. Er spürt die breite Gurtschnalle, die Löcher im Leder, zieht den Riemen nach rechts und will den Gurt schon fallen lassen, als er eine Gestalt im Stall auftauchen sieht.
»Worauf warten Sie noch, Sheriff?«, fragt der Fremde lauernd. »Los, herunter damit!«
»Wie heißen Sie?«, murmelt Long heiser. »Ich will wissen, wer meinen Jungen so gequält hat!«
»Machen Sie keine Dummheiten, Sheriff! Sie sind ein blutiger Narr, wenn Sie …«
Da flammt es im Halbdunkel des Pferdestalls orangefarben auf, laut peitscht der Schuss, der Knall stößt aus dem Stall hervor, zerflattert über den flachen Dächern der flachen Holzhäuser.
Schon hetzt Jim Long in den Stall, reißt seinen Jungen an sich, wirft ihn sanft auf die Strohballen, hat den Coltrevolver in der Faust und schlägt damit auf Tabor Sturgis’ Arm.
»Nicht schießen, Sturgis«, brüllt er. »Schluss jetzt! Der Kerl ist doch schon …«
Tabor Sturgis taumelt zurück, prallt an die Boxwand, starrt Long mit geweiteten Augen an.
»Ich habe Ihren Sohn gerettet, Long!«, ächzt er. »Der Kerl da hat die Kugel verdient!«
»Hör endlich auf, Sturgis!«, brüllt Long bitter und hart. »Aufhören, sage ich!«
Da fällt Tabor Sturgis etwas in sich zusammen und nickt zögernd. Mit fiebrig glänzenden Augen sieht er zu, wie Long den Fremden auf die Seite dreht.
»Tot?«, fragt Sturgis.
»Ja.« Long erhebt sich, strafft die Schultern. »Es hätte genügt, diesen Halunken zu verwunden, Sturgis!«
»Hören Sie auf damit!«, schnappt Sturgis. »Er hätte Ihren Jungen fast erwürgt! Und da kommen Sie und sagen das zu mir! Verdammt, was soll ich denn noch tun, he?«
Long sieht ihn beherrscht an. Schweiß sickert über sein Gesicht.
»Du hast einen Mann getötet, Tabor Sturgis«, spricht er rau, »aber du hättest ihn auch nur zu verwunden brauchen, um uns zu helfen …«
Sturgis schüttelt wie benommen den Kopf.
»Sie sind ein Narr, Sheriff, wirklich – ein Narr!«
Long antwortet nicht. Er beugt sich über seinen Jungen und hilft ihm, aufzustehen.
Und Cash sackt ihm in die Arme und klammert sich an ihm fest.
So stehen sie reglos im Stallgang, und Tabor Sturgis lehnt an der Boxwand und flucht unterdrückt.
»Mein Junge«, flüstert Long froh, »mein Junge.«
Cash spürt das Metallstück zwischen sich und dem Vater, diesen Stern an der Weste, und seine Augen füllen sich mit Tränen. Er schluckt verkrampft und will sprechen, aber er bringt keinen Ton hervor. Und Jim Long klopft ihm sanft auf den Rücken, zieht ihn dann aus dem Stall und geht mit ihm über den sonnenhellen Hof.
Da kommt Katie Long über den Hof gelaufen, schlägt die Arme um den Jungen und presst ihn an sich.
Jim Long wendet sich ab, stapft langsam zurück in den Stall und sieht bitter auf den Toten.
Tabor Sturgis kommt näher, so nahe, dass er mit den Stiefeln fast den Fremden berührt.
»Ich will in der Stadt bleiben, Long. Sie jagen mich nicht hinaus, nicht wahr?«
Long wischt sich mit dem Handrücken übers Gesicht und blickt auf, sieht Sturgis forschend an und schüttelt das Haupt.
»Es bleibt dabei, Sturgis. Ich habe gesagt, du sollst die Stadt verlassen. Nichts ändert sich dadurch, verstanden?«
»Dad!« Cash kommt in den Stall, gefolgt von seiner Mutter. »Dad, er hat mir das Leben gerettet. Lass ihn in der Stadt bleiben!«
»Komm ins Haus, mein Junge«, sagt Katie Long mit erstickter Stimme, »komm, Cash.«
Von der Straße kommen mehrere Leute heran.
Jim Long sieht seinen Jungen ernst an. »Hör auf deine Mutter, geh.«
»Aber …«
»Cash«, unterbricht sie den Jungen etwas schrill, »komm jetzt, bitte! Dad hat recht, komm!«
Der Junge begreift nicht. Immer wieder blickt er auf den Fremden und dann zu Tabor Sturgis hin. In seinem blassen Gesicht zuckt es heftig. Seine Mutter nimmt ihn sanft am Arm. Sie gehen davon, den Leuten entgegen, die zum Stall laufen.
»Sie verlieren den Jungen, Long«, sagt Tabor Sturgis dumpf. »Er versteht mich, aber Sie nicht! Sie wollen jetzt ganz groß herauskommen, wie? Sie und Ihre verdammte Pflicht! Ah, ich gehe schon, Sheriff, ich verschwinde – aber nicht aus der Stadt, Mister! Wir wollen doch mal sehen, wie Sie es machen werden, mich aus Bayou Salade hinauszutreiben!«
»Raus!«, murmelt Long hart.
Sturgis hebt die Schultern an, grinst schwach und geht hinaus. Die Leute machen ihm Platz, bilden eine schmale Gasse, treten wieder zusammen, als er hindurchgegangen ist.
Leblos liegt der Fremde auf dem Rücken. Ein Strohhalm klebt auf seinem knochigen, eingefallenen Gesicht, auf das der Sonnenschein fällt.
»Shanghai-Chess!«, flüstert jemand.
Long sieht den älteren Mann fragend an.
»Du hast ihn schon mal gesehen, Lee?«
»Nicht ihn«, flüstert Lee, »nicht ihn – aber den Steckbrief! Der muss noch im Sheriff’s Office liegen. Ist schon länger her, als ich ihn dort sah. Ja, das ist er – Shanghai-Chess! Er hatte ein paar Digger überfallen. Er hat sich lange genug am Pikes Peak herumgetrieben. Schon im vorletzten Winter waren sie hinter ihm her.«
»Jetzt ist er tot«, sagt irgendwer nachdenklich.
»Ich bin erst kurze Zeit im Office gewesen«, murmelt Long. »Ich habe den Steckbrief übersehen.« Er rückt den Stetson. »Bringt ihn rüber zur Tischlerei. Ich – ich muss zu meiner Frau.«
Schon geht er hinaus.
Sie sehen ihm nach.
»Tabor Sturgis hat ihn erschossen. Vielleicht wird er ihn nicht aus der Stadt jagen …«
In den Boxen rumoren die Pferde.
Das Tier des Banditen steht im Halbdunkel. Zwei Männer heben Shanghai-Chess an und tragen ihn zur Straße hinüber.
Als Long ins Haus tritt, sitzt sein Junge auf dem Lager. Seine Frau Katie steht daneben. Sie hat die Hände ineinander verkrampft. Ihr Gesicht ist blass. Sie sieht älter aus. Voller Sorge sieht sie ihn an. Er nimmt den Stetson ab und hängt ihn an die Wand. Als er am Fenster vorbeigeht, fällt das Licht auf den Stern.
»Gib es auf, Jim!«, sagt sie plötzlich mit zitternder Stimme. »Gib den Stern zurück. Noch ist es nicht zu spät für uns.«
Er lauscht ihrer Stimme nach, steht reglos im Raum und betrachtet seinen Jungen. Cash hat sich ein wenig erholt und wieder Farbe im schmalen Gesicht. Zehn Jahre ist er alt. Dieser Tag hat ihn gewaltsam gereift.
Jim hat eine kleine Familie. Wohin er geht, dahin wird sie ihm folgen. Er sorgt für sie. Was er auch immer tun wird, seine Familie wird immer davon berührt werden.
»Katie«, seine Stimme klingt spröde und ist doch weich. »Katie, ich verstehe dich. Ich …«
»Du versuchst, mich und den Jungen zu verstehen, Jim«, flüstert sie, »aber es gelingt dir nicht immer.«
»Sei nicht verbittert, Katie«, murmelt er. »Jahrelang haben wir uns mit dem Mietstall herumgeschlagen, und es hat oft nicht einmal für Brot und Bohnen gereicht. Aber es ist nicht das, was mich bewog, den Stern anzunehmen, Katie. Ich muss dem Gesetz dienen. Das hört sich nicht gut an, Katie. Ich weiß, aber es ist nun einmal so.«
»Jetzt verstehe ich dich nicht, Jim.«
»Du wirst es eines Tages verstehen, Katie.«
Sie atmet tief ein und legt die Hand auf den Kopf des Jungen, sieht ihn seltsam an und fragt leise:
»Jim, liegt der eigentliche Grund schon Jahre zurück? Du hast mir nie viel über dich erzählt, Jim. Aber ist es das?«
»Ja, Katie, das ist es.«
Sie nimmt die Hand zurück. Cash erhebt sich und geht zur Tür.
»Wohin willst du, mein Junge?«
Cash sieht seinen Vater freudlos an.
»Ich möchte zu Billy und Sid.«
Katie Long will den Jungen wohl zurückhalten, denn sie holt hastig Atem, doch da ist der Junge schon hinausgelaufen. Seine Schritte entfernen sich rasch.
»Oh, Jim!«, seufzt sie. »Jim! Warum sagst du mir nicht alles? Ich weiß doch nur, dass du schon vor unserer Zeit verheiratet gewesen bist, dass deine Frau bei einem Comanchenüberfall umgebracht worden ist. Und der – der Junge ist nicht dein Sohn – das hast du mir gesagt. Du hast ihn mit dir genommen, weil seine Mutter bei diesem Überfall ums Leben kam.«
Er nickt schwach.
»Wir waren drei Ehepaare. Nur der Junge und ich entkamen. Er war noch sehr klein. Ich konnte ihn nicht zurücklassen.«
»Du wärst nicht Jim Long, wenn du das getan hättest.«
Über sein Gesicht gleitet ein schwaches Lächeln.
»Du kennst mich gut, Katie.«
»Ja. Gib den Stern zurück, Jim. Wir könnten doch wegziehen! In Texas gibt es Land genug.«
Ein Schatten fällt auf sein Gesicht. Er wendet sich dem Fenster zu und blickt hinaus. Die Sonne berührt schon die fernen Bergrate, und in den tiefen Schluchten steigt der neblige Dunst auf. Leise Stimmen ertönen in Bayou Salade.
»Es ist Krieg, Katie. Bei Ausbruch des Krieges suchten Tausende in diesen Bergen nach Gold. Sie hatten ihre Familien im Osten und Süden zurückgelassen. Als der Krieg begann, strömten sie alle zurück, um bei ihren Frauen und Kindern zu sein – und auch, um für den Norden oder Süden zu kämpfen. Nein, Katie, dort ist jetzt kein Frieden, und auf dem weiten Land, das niemandem gehört, wird gekämpft. Diese Berge sind richtig für uns, glaub mir das.«
»Aber in Kalifornien, in Oregon, überall gibt es Land, Jim!«
»Warum sollten wir wieder ohne Heimat und Ruhe sein, Katie? Sieh dir dieses Land an! Das findest du nirgendwo.«
»Ach, Jim, du bist ein Dickkopf, aber gerade darum liebe ich dich, Jim! Nein, ich werde dich nicht mehr drängen und dich bitten, dies alles hier aufzugeben.«
Er geht zu ihr und legt die Arme um sie. Und sie sehen sich stumm an und verstehen sich wieder.
Lange Schatten kriechen von den Bergen heran. Am fernen Himmel fließen die leuchtenden Farben des Sonnenuntergangs zusammen. Die Grate und Höhenzüge glühen. Nebel ziehen auf, und der schwere, kräftige Geruch von Erde und Gras breitet sich aus.
In den kleinen Häusern brennt Licht.
Abend in Bayou Salade.
Und Jim Long verlässt sein Haus.
Im Saloon schlurren Stiefel, werden Stühle zurückgeschoben, Männer erheben sich, gehen hinaus.
Tabor Sturgis steht an der Theke. »Feiglinge!«
»Lass es sein«, sagt der Keeper, »geh Jim Long aus dem Weg. Reite zur Ranch deines Vaters, Tabor Sturgis. Dort wirst du wirklich gebraucht, Junge. Sei doch kein Narr, Mann!«
»Hör auf zu schwatzen! Gib mir noch ’nen Whisky.«
»Du musst wissen, was du tust – aber du weißt es nicht. Long ist ein rauer Mann. Der fackelt nicht lange. Darum haben wir ihn auch gewählt, Tabor Sturgis.«
»Du hast dieses Großmaul gewählt, he?«
»Sicher.«
»Du versteckst dich hinter seinem Rücken, du und alle anderen! Ihr schiebt ihn vor und wartet ab, bis er eines Tages abgeknallt wird. Long ist ein Narr, dass er den verdammten Stern genommen hat. Jetzt ist es ruhig in Bayou Salade, aber warte nur – irgendwann geht es hier wieder los, dann kommen die Digger zurück, dann ist hier die Hölle los.«
»Die Zeit ist vorbei, Tabor Sturgis, endgültig vorbei. Die Saloons und Zelte sind schon abgerissen. Bayou Salade ist ruhig geworden.«
Sturgis blickt mit starren Augen in den alten halb blinden Spiegel hinter der Theke.
»Gib mir endlich den Whisky, verdammt!«
»Na schön, wie du willst. Gleich wird Long kommen.«
Sturgis reibt sich nervös übers Gesicht. Er legt den Colt auf die Theke.
»Lass ihn nur kommen!«
Er nimmt das abgestoßene Glas und trinkt.
Draußen klirren Sporen, kommen feste Schritte näher.
Sturgis versteift sich.
»Mach Licht!«, sagt er gepresst. »Los, beeil dich, damit ich ihn gut sehen kann!«
Langsam breitet sich das Licht der Kerosinlaternen aus, kriecht in die Nischen und Ecken und erreicht die Schwelle der Tür. Dort tauchen zwei verstaubte Stiefel auf. Ein hartes Gesicht kommt ins Licht. Die Hände liegen auf den Türflügeln.
Tabor Sturgis atmet schwer. Die Augen flackern. Schweiß zieht schmale Streifen in den Staub, der am Gesicht haftet.
Die Türflügel knarren, gleiten auseinander. Jim Long kommt herein, macht drei Schritte und verharrt. Hinter ihm klappt die Tür. Er sieht Sturgis hart an.
»Es ist so weit, Tabor Sturgis …«