Gräber in der Wüste - U.H. Wilken - E-Book

Gräber in der Wüste E-Book

U. H. Wilken

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Beschreibung

Die neuen großen Western Die neuen großen Western sind von unverwechselbarer Action und Spannung. Sie handeln von den großen Gestalten, die für Freiheit und Gerechtigkeit kämpften, von legendären Revolverhelden, die nicht bereit waren, sich dem Bösen zu beugen – und die den Outlaw vernichteten, der Dörfer und ganze Gegenden tyrannisierte. Diese Westernhelden sind hart, unbezwingbar und in den Waffenarsenalen jener Pionierzeit ganz zu Hause. Was erst heute mit voller Schärfe entdeckt wurde: Diese charismatischen Gunmen haben die Wehrlosen und Schwachen beispielhaft beschützt! Schussexplosionen zerrissen die Stille des beginnenden Tages. Um die Stiefel des Outlaws spritzte der Sand hoch. Ich hätte ihm auch den Kopf von den Schultern schießen können, nicht umsonst hatte ich den Ruf, ein As mit dem Revolver zu sein. Mit rauchenden Colts trat ich auf den Banditen zu, den ich seit drei ­Tagen jagte und nun endlich gestellt hatte. Im bärtigen Gesicht des jungen Burschen zuckte kein Muskel. Langsam hob er beide Hände in Schulterhöhe. »So ist es recht, mein Junge«, sagte ich zu ihm. »Du hättest schon vor drei Tagen aufgeben sollen. Hätte dir und mir 'ne ganze Menge Kummer erspart.« Ich sah zu seinem erschöpften Pferd hinüber. »Die Beute ist in den Satteltaschen, hm?« Auch er schielte zu seinem abgehetzten und völlig erschöpften Pferd, das wenige Yards neben ihm mit hängendem Kopf stand. Der schwarze Rapphengst war am Ende und würde sich vielleicht nach dieser Hetzjagd überhaupt nicht mehr erholen. Der Rappe stieß ein fast menschliches Stöhnen aus und knickte dann auf der Vorderhand ein. Er schaffte es, auf den Hufen zu bleiben und schickte ein Schnauben herüber. »Schade um das Pferd«, sagte ich und musterte den Banditen, der die Bank in Durango überfallen und drei­ßigtausend Dollar dabei erbeutet hatte. Ich selbst hatte mich dem Aufgebot unter Sheriff Collins Führung nicht angeschlossen, denn ich wollte mir die dreitausend Dollar Belohnung, die die Bank ausgesetzt hatte, allein verdienen. »Befindet sich die Beute in den Satteltaschen?«

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Die neuen großen Western – 394 –

Gräber in der Wüste

U.H. Wilken

Serie: Die großen Western 199b

Titel: Gräber in der Wüste

Autor: Frank Callahan

Schussexplosionen zerrissen die Stille des beginnenden Tages. Um die Stiefel des Outlaws spritzte der Sand hoch. Ich hätte ihm auch den Kopf von den Schultern schießen können, nicht umsonst hatte ich den Ruf, ein As mit dem Revolver zu sein.

Mit rauchenden Colts trat ich auf den Banditen zu, den ich seit drei ­Tagen jagte und nun endlich gestellt hatte. Im bärtigen Gesicht des jungen Burschen zuckte kein Muskel. Langsam hob er beide Hände in Schulterhöhe.

»So ist es recht, mein Junge«, sagte ich zu ihm. »Du hättest schon vor drei Tagen aufgeben sollen. Hätte dir und mir ’ne ganze Menge Kummer erspart.«

Ich sah zu seinem erschöpften Pferd hinüber. »Die Beute ist in den Satteltaschen, hm?«

Auch er schielte zu seinem abgehetzten und völlig erschöpften Pferd, das wenige Yards neben ihm mit hängendem Kopf stand. Der schwarze Rapphengst war am Ende und würde sich vielleicht nach dieser Hetzjagd überhaupt nicht mehr erholen.

Der Rappe stieß ein fast menschliches Stöhnen aus und knickte dann auf der Vorderhand ein. Er schaffte es, auf den Hufen zu bleiben und schickte ein Schnauben herüber.

»Schade um das Pferd«, sagte ich und musterte den Banditen, der die Bank in Durango überfallen und drei­ßigtausend Dollar dabei erbeutet hatte.

Ich selbst hatte mich dem Aufgebot unter Sheriff Collins Führung nicht angeschlossen, denn ich wollte mir die dreitausend Dollar Belohnung, die die Bank ausgesetzt hatte, allein verdienen.

»Befindet sich die Beute in den Satteltaschen?«, fragte ich den wie ein Cowboy gekleideten Outlaw noch einmal. Er antwortete nicht und wollte sich wohl stur stellen.

Da war er bei mir natürlich an der falschen Adresse.

Mit einem Satz sprang ich auf den Burschen zu und rammte ihm meinen Revolverlauf in den Magen. Er verbeugte sich artig, stöhnte und wich dann mit entsetztem Gesichtsausdruck einen Schritt zurück.

»Hör zu, mein Junge«, sagte ich. »Wir können eine ganze Menge Ärger miteinander haben, wenn du nicht so willst wie ich. Ob es dir natürlich große Freude bereiten wird, möchte ich bezweifeln. Also spuck schon aus, wo sich die Bucks befinden!«

Er erkannte die Härte, die auf meinem hageren Gesicht lag.

»Das Geld befindet sich in der rechten Satteltasche, Mister«, würgte er hervor. »Dreißigtausend Bucks. Es fehlt kein Dollar. Du kannst dich davon überzeugen.«

Ich lächelte und nickte.

»Das werde ich tun, Bandit. Nun wirst du eine Kehrtwendung machen und dann die Hände auf dem Rücken verschränken, damit ich dich fesseln kann. Du kannst natürlich versuchen, wie ein wilder Mustang nach hinten auszukeilen, mein Junge. Ich verspreche dir schon jetzt, dass ich auf diesen und auch andere Tricks nicht hereinfallen werde.«

Der junge Outlaw drehte sich wortlos um. Wenige Sekunden später hatte ich ihn gefesselt. Dann trat ich zu dem fast zuschande gerittenen Rappen, der nicht einmal den Kopf drehte, als ich aus der rechten Satteltasche die Beute des Banküberfalls herausnahm.

»Okay«, sagte ich. »Nun bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als eine längere Ruhepause einzulegen, damit sich dein Pferd wieder erholt. Dann werden wir nach Durango zurückkehren. Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, die Bank zu überfallen, zu kassieren, einen Mann zu erschießen und einen anderen schwer zu verwunden?«

Die Lippen des Outlaws pressten sich hart aufeinander und wurden zu einem schmalen Strich. Dabei musterte er mich forschend. Ich ahnte schon, welchen Vorschlag er mir unterbreiten wollte.

»Lass mich laufen«, bat er. »Du kannst die dreißigtausend Bucks behalten. Ich will keinen Cent davon. Dann wird es an dir liegen, ob du das Geld ablieferst oder damit verschwindest.«

Wieder schien er über mein hartes Lächeln zu erschrecken.

»Denk doch mal nach, mein Junge«, sagte ich. »Wenn ich wirklich vorhätte, mir die Beute unter den Nagel zu reißen, dann könnte ich keinen Zeugen gebrauchen, der mich vielleicht irgendwann anschwärzen würde. Ich hätte also keine andere Wahl, als dir eine Kugel durchs Gehirn zu blasen und dich irgendwo zu verscharren.«

Der Bandit erschrak noch mehr. Seine Augen traten vor Aufregung und Angst fast aus den Höhlen. Er schluckte mehrmals und wich dann einen Schritt zurück, als rechne er wirklich damit, dass ich ihn über den Haufen schießen würde.

Natürlich dachte ich nicht eine Sekunde daran, meine Worte in die Tat umzusetzen. Ich war zwar ein harter und rauer Bursche, der manchmal auf dem schmalen Grat zwischen Gut und Böse wandelte, doch ich war kein Killer. Natürlich war eine derartige Summe eine Versuchung. Dreißigtausend Dollar waren nach dem Krieg zwischen den Süd- und Nordstaaten ein Vermögen. Es gab bestimmt eine ganze Reihe von Burschen, die an meiner Stelle schwach geworden wären.

Dreitausend Dollar Belohnung waren aber auch nicht zu verachten. Sie würden mich einige Zeit über die Runden bringen, wenn man es einmal so ausdrücken wollte.

»Vergiss es, mein Junge«, sagte ich zu dem Banditen, dessen Gesicht nun langsam wieder eine gesündere Farbe annahm. »Ich bringe dich nach Durango zurück und liefere auch die Bucks ab. Weißt du, Bandit, der Mann, den du bei dem Überfall erschossen hast, ist mein Freund gewesen. Vielleicht hätte ich die Verfolgung schon längst aufgegeben, wenn es nicht so wäre. Du kannst von Glück reden, dass du dich vorhin nicht gewehrt hast, denn sonst müsste ich nun ein Loch buddeln, damit sich die Geier an dir nicht den Magen verdorben hätten.«

Er sagte nichts mehr, setzte sich auf den Boden und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Stamm einer Douglasfichte. Der junge Mörder wusste, dass es auch nichts mehr zu sagen gab.

*

Zwei Tage später ritt ich die Main Street von Durango entlang und zügelte meinen Grauen vor dem Sheriffs Office. Ich ignorierte die Blicke einiger Bürger, die mir und meinem Gefangenen galten.

Ich wusste, dass die Nachricht von meiner Heimkehr innerhalb weniger Minuten die Runde machen würde.

Ken Collins, der Sheriff von Durango, trat aus dem Office hervor und warf mir einen anerkennenden Blick zu, ehe er zu grinsen begann.

»Ich hätte meinen Kopf verwettet, Frank Duncan«, sagte er, »dass du es schaffen würdest.«

Ich lächelte zurück.

»Ist dir nicht in den Sinn gekommen, dass ich vielleicht mit den Bucks abhauen könnte?«, fragte ich.

Er schüttelte den Kopf. Sein bis übers Kinn reichender Texanerbart pendelte hin und her.

»Daran habe ich keine Sekunde gedacht, Frank. Du bist zwar ein verdammt windiger Bursche, doch du hast noch nie auf der anderen Seite des Zaunes gestanden.«

Seine Augen richteten sich auf den Banditen, der gefesselt auf dem Rücken des Rappen saß und einen recht erbärmlichen Eindruck bot.

»Ist das der Kerl?«

»Er ist es, Sheriff. Die dreißigtausend Bucks befinden sich in meiner Satteltasche. Willst du sie haben, oder soll ich sie gleich zur Bank rüberbringen?«

»Ich übernehme den Killer, Frank. Erledige du das mit der Bank. Wie ich dich kenne, hast du bereits die dreitausend Dollar Belohnung abgezogen.«

»Genau so ist es, Ken. Ich kenne diese Geldmenschen zu Genüge. Vielleicht bedauert Howard Stone bereits, eine derart große Summe als Belohnung ausgesetzt zu haben.«

Ken Collins lachte nur, trat vom Side­walk herunter und griff sich die Zügel des Banditenpferdes. Ich kümmerte mich nicht weiter darum, sondern ritt zur First Durango City Bank hinüber, sprang aus dem Sattel und holte das Geldbündel aus der Satteltasche.

Howard Stone eilte mir schon auf seinen zu kurz geratenen Beinen entgegen. Er keuchte und prustete dabei wie eine Lokomotive, die zu sehr unter Dampf stand.

»Haben Sie das Geld?«, fragte er und wischte sich über seine spiegelnde Glatze, auf der eine Unzahl von Schweißperlen schimmerten.

Ich schüttelte den Kopf und sah dabei schmunzelnd zu, wie sich sein Mund vor Entsetzen öffnete. Ehe er etwas sagen konnte, drückte ich ihm die Dollarscheine in seine fetten Finger.

»Zählen Sie nach, Stone. Ich habe mir erlaubt, die dreitausend Bucks Belohnung bereits abzuziehen.«

Er schnaufte schon wieder asthmatisch und presste die Greenbucks fest gegen seinen dicken Bauch, der wie eine Kugel unter seiner Jacke hervorragte.

»Gehen wir ins Haus«, keuchte er.

Ich folgte ihm und sah dann zu, wie er mit gierigen Fingern das Geld zählte. Sein Gesicht glänzte dabei wie eine Speckschwarte, und er erinnerte mich irgendwie an ein dickes rosiges Ferkelchen, das den nächsten Schlachttag nicht überleben würde.

Anschließend unterschrieb ich ihm eine Quittung über die dreitausend Bucks, brachte meinen Grauen in den Mietstall und stiefelte dann zum Sheriffs Office hinüber.

Ken Collins erwartete mich hinter seinem Schreibtisch sitzend und deutete auf ein Wasserglas, das fast bis zum Rand mit goldgelb schimmernden Whisky gefüllt war.

»Trink einen Schluck«, sagte er. »Dann solltest du mir erzählen, wie es dir gelungen ist, diesen Halunken zu schnappen. Ich bin mit meinem Aufgebot bereits vierundzwanzig Stunden später wieder umgekehrt, denn ich verlor schon bald die Fährte des Bankräubers.«

Ich schüttete den Whisky in meine Kehle und schnalzte dann mit der Zunge.

»Ein ausgezeichnetes Tröpfchen, Ken. Ich hoffe nur, dass du noch irgendwo eine Flasche versteckt hast.«

Er nickte grinsend. Dann berichtete ich mit wenigen Worten von meiner Hetzjagd und wie gut ich mit dem Halunken fertig geworden war. Wieder nickte er anerkennend.

»Willst du wirklich nicht mein Deputy werden?«, fragte er anschließend und blickte mich ernst an. »Wenn mich nicht alles täuscht, dann gefällt es dir hier in Durango. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass Mary Stewart ein Auge auf dich geworfen hat. Ich…«

»Tut mir leid, Ken«, sagte ich. »Ich habe keine Lust für fünfzig Dollar im Monat den Kopf für andere Gents hinzuhalten. Darüber haben wir doch schon oft diskutiert. Ich bin nun einmal ein Bursche, der sich ungern irgendwelche Zwänge auferlegen lässt.«

Sein Blick verdüsterte sich, während er nach einer Zigarre griff und sie mir hinhielt.

»Okay, Frank, ich respektiere deine Entscheidung. Du solltest aber stets daran denken, dass du jederzeit diesen Job bekommen kannst. Was hast du vor?«

»Keine Ahnung«, beantwortete ich seine Frage. »Vielleicht werde ich mir woanders ein wenig die Luft um die Nase wehen lassen.«

Der Sheriff schmunzelte und füllte die beiden Gläser nochmals mit dem ausgezeichneten Whisky.

Wir prosteten uns zu. Dann zündete ich mir die Zigarre an und lehnte mich in dem alten Sessel zurück, der verdächtig unter meinen hundertundachtzig Pfund knackte. Da ich aber fast zwei Meter groß war, wirkte ich schlank und rank. Kein Gramm überflüssiges Fett befand sich auf meinen Knochen.

»Ah, beinahe hätte ich es vergessen«, sagte der Sheriff und begann auf seinem Schreibtisch unter Steckbriefen, Protokollen und anderen Papieren zu wühlen.

Endlich zog er einen Brief hervor und wog diesen nachdenklich in der Hand, ehe er ihn mir reichte. Dabei musterte er mich neugierig von der Seite.

Ich blickte forschend auf den Briefumschlag, las die Adresse, die mir galt und dann den Absender.

»George Hamilton«, sagte ich halb­laut. »Der Brief ist in Tucson abgeschickt worden.« Hamilton, dachte ich. Irgendwie kam mir der Name bekannt vor. Ich begann, in meiner Erinnerung zu kramen.

»Willst du den Brief nicht öffnen, Frank?«

»Das ist natürlich auch eine Möglichkeit«, entgegnete ich grinsend und riss den Briefumschlag auf. Dann las ich die wenigen Zeilen, die auf dem Blatt Papier standen.

Mister Duncan, ich möchte Sie bitten, so schnell wie möglich nach Tucson betreffend einer Erbschaftsangelegenheit zu kommen. Mister John Cameron hat Ihnen den Betrag von zehntausend Dollar vermacht. Ich erwarte Ihr Eintreffen bis zum 30. August. George Hamilton, Rechtsanwalt.

Ich las den Brief zweimal, ehe ich so richtig kapierte.

»Heiliger Rauch«, sagte ich dann. »Ken, du wirst es nicht glauben, doch ich habe zehntausend Bucks geerbt. Nun bin ich ein reicher Mann. Der gu­te, alte John hat mich nicht vergessen.«

Ken Collins konnte seine Neugierde nun nicht mehr verbergen. Er erhob sich, trat hinter seinem Schreibtisch hervor und nahm mir den Brief aus der Hand. Nachdem er ihn gelesen hatte, gab er ihn mir grinsend zurück und sagte: »Na, mein Junge, nun hast du wirklich das große Los gezogen, nicht wahr? Nun kann ich dich wohl vollends abschreiben. Mit diesem Haufen Geld wirst du auf keinen Fall mein Deputy werden wollen.«

Ich nickte, faltete den Brief zusammen und schob ihn in meine Jackentasche. »Welches Datum haben wir heute?«

»Den zwanzigsten August, mein Freund. Du musst dich mächtig sputen, wenn du bis zum dreißigsten Tucson erreichen willst.«

Mein Entschluss stand natürlich fest. Ich würde mich so schnell wie möglich auf den Weg nach Arizona machen, und wenn ich mich tüchtig ranhielt, musste ich es schaffen.

Ken Collins sah mich mit schiefgelegtem Kopf an. Er ahnte, was in mir vorging und reichte mir die Hand.

»Lass dir deinen Reichtum nicht zu Kopf steigen, mein Junge«, sagte er. »Wenn du dich beeilst, erwischst du die Mittagskutsche noch. Es wäre schön, wenn du dich irgendwann wieder einmal in Durango sehen lassen würdest.«

Ich nickte und schüttelte seine sehnige Hand. Dann ging ich zur Tür, wo mich seine Stimme einholte.

»Soll ich Mary Stewart etwas von dir ausrichten?«, fragte er mich. Ich wandte mich ihm zu, nagte an meiner Unterlippe und überlegte, was ich sagen sollte.

Dann schüttelte ich den Kopf.

»Ich werde mich persönlich von ihr verabschieden, Ken«, sagte ich leise. »Immerhin hatten wir eine ganze Menge Spaß miteinander.«

Der Sheriff lächelte verhalten.

»Dann lass dir nur nicht die Augen auskratzen, Frank. Das ist ein guter Rat von mir.«

Grinsend verließ ich das Office und spähte zu dem kleinen Haus hinüber, in dem Mary Stewart wohnte. Meine Schritte stockten schon nach wenigen Yards.

»Oh, verdammt«, murmelte ich. »Vielleicht wird sie mir wirklich die Augen auskratzen…«

*

Mary Stewart hatte mir nicht die Augen ausgekratzt und mich sogar zum Abschied zärtlich geküsst. Ich musste unwillkürlich daran denken, als ich in Tucson die Postkutsche verließ und ein blondes Mädchen sah, das Mary ein wenig ähnelte.

Ich holte meinen Sattel vom Dach der Stage Coach, packte ihn auf die Schulter und stiefelte zum Golden Star Hotel hinüber, das einen soliden und einladenden Eindruck machte.

Das Zimmer entsprach meinen Erwartungen. Zuerst nahm ich ein heißes Bad, um den Staub der langen Postkutschenfahrt fortzuspülen. Anschließend ging ich zum Barbier, ließ mich rasieren und mir die Haare schneiden.

Die Abenddämmerung wob bereits ihre dunklen Schleier, als ich die Main Street entlanglief und nach dem Haus des Rechtsanwaltes Ausschau hielt.

Ich entdeckte es schon bald, denn der Hotelclerk hatte es mir genau beschrieben. Nach mehrmaligem Pochen vernahm ich schlurfende Schritte.

Die Tür schwang knarrend zurück. Ein schon älterer Mann mit einem faltenreichen Gesicht und einem Kneifer auf der Nase sah mich argwöhnisch an. »Sie wünschen, Mister?«

»Mein Name ist Frank Duncan«, sagte ich und lächelte. »Sie sind doch Rechtsanwalt Hamilton?«

Der argwöhnische Ausdruck auf seinem Gesicht blieb, während er mich von Kopf bis Fuß musterte. Dann trat er einen Schritt zur Seite und nickte mir zu.

»Okay, Mister Duncan. Bitte treten Sie ein. Mit Ihnen habe ich kaum noch gerechnet. Heute ist bereits der dreißigste August.«

Ich ging an ihm vorbei und zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid, Sir. Schneller ging es nicht. Von Durango bis nach Tucson sind es nun einmal etliche Meilen.«

Er winkte ab. Das Zimmer, das ich betrat, musste sein Büro sein. Ich sah einige Wandregale, in denen sich Bücher stapelten. Der wuchtige Schreibtisch war mit Papieren überhäuft. George Hamilton deutete auf einen Stuhl, auf den ich mich vorsichtig setzte, denn er sah schon recht altersschwach aus. Der Rechtsanwalt nahm hinter seinem Schreibtisch Platz und rückte den Kneifer auf seiner Nase zurecht.

»Können Sie sich ausweisen, Mister Duncan?«

»Würden Ihnen meine Entlassungspapiere aus der Armee genügen, Sir?«, fragte ich.

Er besah sich den zerfledderten Entlassungsschein und nickte mir dann freundlich zu.

»In Ordnung, Mister Duncan. Das genügt.«

Ich atmete auf und fühlte mich bereits um zehntausend Bucks reicher. Fast ungeduldig schaute ich dem Rechtsanwalt zu, der in einem Papierberg zu wühlen begann. Endlich zog er einen Briefumschlag hervor, den er mir reichte.

Ich sah ihn staunend an.

»Da drinnen sind doch niemals zehntausend Dollar«, sagte ich zu ihm. »Um diesen Betrag geht es doch, nicht wahr, Sir?«

»Es hat alles seine Richtigkeit, Mister Duncan. Sie sollten die Anweisungen lesen, die sich im Innern des Briefumschlages befinden. Ich bin nur ein Mittelsmann, der Ihnen diesen Brief übergeben soll.«

Irgendwie hatte ich plötzlich den Eindruck, dass die ganze Angelegenheit einen Haken hatte. Vor meinem geistigen Auge sah ich bereits, wie sich die zehntausend Bucks in Rauch auflösten. Am liebsten hätte ich geflucht, doch es gelang mir, meinen Ärger zu schlucken und mich unter Kontrolle zu halten.

Ich öffnete den Briefumschlag und starrte auf den Zettel, der mir entgegenfiel. Ich las: »Lieber Frank! Bestimmt wirst du enttäuscht sein, nicht sofort die zehntausend Bucks, die ich dir vererbt habe, vorzufinden. Du brauchst den Kopf nicht hängen zu lassen, denn dein Lohn ist dir gewiss. Um Mitternacht geht eine Sonderkutsche ab. Mit dir werden noch sechs Leute reisen. Sie alle sind meine Erben. Jeder von Ihnen erhält einen gerechten Anteil meines Vermögens. Bitte nimm die Kutsche. Am Ziel erwartet dich dein Lohn für alles, was du für mich getan hast. Dein alter Freund John.«

Ich blickte den Rechtsanwalt irgendwie entgeistert an, der auf meinen fragenden Blick nicht reagierte.

»Was soll dieser Unfug?«, fuhr ich ihn ziemlich hart an.