Western Legenden 75: 5000 Dollar für seine Leiche - U.H. Wilken - E-Book
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Western Legenden 75: 5000 Dollar für seine Leiche E-Book

U. H. Wilken

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Beschreibung

5000 Dollar für seine Leiche Der amerikanische Militärgouverneur terrorisiert Kalifornien. Major Hickory und Lieutenant James führen seine Befehle aus und verschonen niemanden. Sie wissen, dass Zurdo, der schwarze Geisterreiter, Kaliforniens Bewohnern helfen wird. Deshalb hat die Armee ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt. Trotzdem wagt sich Zurdo in die Gefahrenzone. Der Mann, den sie Vieh nannten Frank Wilson und seine Mörderbande bringen Tod und Gewalt nach Kalifornien. Sie wollen alle Mexikaner und Indios ausrotten. Dafür ist ihnen jedes Mittel Recht. Sie überfallen kleinere Ortschaften und lassen eine blutige Spur zurück. Zurdo schwört, diesen Terror zu beenden. Zusammen mit seinem Freund Les Shane und dem Indio Chato nimmt er die Spur zu Wilson und seinen Leuten auf.

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In dieser Reihe bisher erschienen:

9001  Werner J. Egli Delgado, der Apache

9002  Alfred Wallon Keine Chance für Chato

9003  Mark L. Wood Die Gefangene der Apachen

9004  Werner J. Egli Wie Wölfe aus den Bergen

9005  Dietmar Kuegler Tombstone

9006  Werner J. Egli Der Pfad zum Sonnenaufgang

9007  Werner J. Egli Die Fährte zwischen Leben und Tod

9008  Werner J. Egli La Vengadora, die Rächerin

9009  Dietmar Kuegler Die Vigilanten von Montana

9010  Thomas Ostwald Blutiges Kansas

9011  R. S. Stone Der Marshal von Cow Springs

9012  Dietmar Kuegler Kriegstrommeln am Mohawk

9013  Andreas Zwengel Die spanische Expedition

9014  Andreas Zwengel Pakt der Rivalen

9015  Andreas Zwengel Schlechte Verlierer

9016  R. S. Stone Aufbruch der Verlorenen

9017  Dietmar Kuegler Der letzte Rebell

9018  R. S. Stone Walkers Rückkehr

9019  Leslie West Das Königreich im Michigansee

9020  R. S. Stone Die Hand am Colt

9021  Dietmar Kuegler San Pedro River

9022  Alex Mann Nur der Fluss war zwischen ihnen

9023  Dietmar Kuegler Alamo - Der Kampf um Texas

9024  Alfred Wallon Das Goliad-Massaker

9025  R. S. Stone Blutiger Winter

9026  R. S. Stone Der Damm von Baxter Ridge

9027  Alex Mann Dreitausend Rinder

9028  R. S. Stone Schwarzes Gold

9029  R. S. Stone Schmutziger Job

9030  Peter Dubina Bronco Canyon

9031  Alfred Wallon Butch Cassidy wird gejagt

9032  Alex Mann Die verlorene Patrouille

9033  Anton Serkalow Blaine Williams - Das Gesetz der Rache

9034  Alfred Wallon Kampf am Schienenstrang

9035  Alex Mann Mexico Marshal

9036  Alex Mann Der Rodeochampion

9037  R. S. Stone Vierzig Tage

9038  Alex Mann Die gejagten Zwei

9039  Peter Dubina Teufel der weißen Berge

9040  Peter Dubina Brennende Lager

9041  Peter Dubina Kampf bis zur letzten Patrone

9042  Dietmar Kuegler Der Scout und der General

9043  Alfred Wallon Der El-Paso-Salzkrieg

9044  Dietmar Kuegler Ein freier Mann

9045  Alex Mann Ein aufrechter Mann

9046  Peter Dubina Gefährliche Fracht

9047  Alex Mann Kalte Fährten

9048  Leslie West Ein Eden für Männer

9049  Alfred Wallon Tod in Montana

9050  Alfred Wallon Das Ende der Fährte

9051  Dietmar Kuegler Der sprechende Draht

9052  U. H. Wilken Blutige Rache

9053  Alex Mann Die fünfte Kugel

9054  Peter Dubina Racheschwur

9055  Craig Dawson Dunlay, der Menschenjäger

9056  U. H. Wilken Bete, Amigo!

9057  Alfred Wallon Missouri-Rebellen

9058  Alfred Wallon Terror der Gesetzlosen

9059  Dietmar Kuegler Kiowa Canyon

9060  Alfred Wallon Der lange Weg nach Texas

9061  Alfred Wallon Gesetz der Gewalt

9062  U. H. Wilken Dein Tod ist mein Leben

9063  G. Michael Hopf Der letzte Ritt

9064  Alfred Wallon Der letzte Mountain-Man

9065  G. Michael Hopf Die Verlorenen

9066  U. H. Wilken Nächte des Grauens

9067  Dietmar Kuegler Die graue Schwadron

9068  Alfred Wallon Rendezvous am Green River

9069  Marco Theiss Die Mathematik des Bleis

9070  Ben Bridges Höllenjob in Mexiko

9071  U. H. Wilken Die grausamen Sieben

9072  Peter Dubina Die Plünderer

9073  G. Michael Hopf Das Gesetz der Prärie

9074  Alfred Wallon Tag der Vergeltung

9075  U. H. Wilken 5000 Dollar für seine Leiche

9076  Lee Roy Jordan Wo Chesterfield geht

5000 DOLLAR FÜR SEINE LEICHE

ZURDO - DER SCHWARZE GEISTERREITER NO. 06

WESTERN LEGENDEN

BUCH 75

U. H. WILKEN

INHALT

5000 Dollar für seine Leiche

Der Mann, den sie Vieh nannten

Anmerkung

Über den Autor

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

In unserem Shop ist dieser Roman auch als E-Book lieferbar.

Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt. Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.

Copyright © 2024 Blitz Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Umschlaggestaltung: Mario Heyer u.V. der KI Software Midjourney

Logo: Mario Heyer

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 978-3-68984-086-0

9075 vom 01.09.2024

5000 DOLLAR FÜR SEINE LEICHE

Der Sensenmann ritt durch Kalifornien.

Reiter in verwaschenen Uniformen preschten auf keuchenden Pferden über den steinigen Hang. Gezogene Säbel funkelten in der Sonne. Fäuste hielten feuerbereite Waffen.

Das Dröhnen der beschlagenen Hufe zerriss die tiefe Stille dieses heißen Mittags. Im kühlen Steinhaus der kleinen Farm erstarrten Mann und Frau. Ihre Augen weiteten sich vor Angst.

Heftig zitternd krampfte die Frau ihre Hände um die Bibel. Der Farmer hastete um den Tisch und dann zur Tür. Der Anblick der schnell nahenden Soldaten ließ ihn erstickt aufstöhnen. Wie von einem Peitschenhieb getroffen, wich er zurück und stieß gegen den Tisch.

„Sie kommen zurück, Dolores!“

Draußen polterten die Hufe über den heißen sandigen Hof. Ein paar Hühner flatterten vor den Reitern davon. Staub schlug ins Haus. Pferde keuchten. Zaumzeug klirrte. Schon sprangen mehrere Reiter ab und rannten auf das Haus zu.

Die beiden älteren Menschen im Haus konnten sich nicht bewegen. Entsetzen lähmte sie. Sie sahen zur hellen Tür, wo die Sonne gleißte, wo der Staub flimmerte. Und dann erblickten sie in der Tür die dunklen Konturen der fremden Soldaten.

„Rauskommen!“, brüllte der junge Lieutenant. „Sofort, oder es gibt hier einen Toten!“

Zitternd drückte der Farmer sich vom Tisch ab und ging mit flachen Schritten zur Tür. Die knochigen Schultern sackten ein, der Rücken wurde krumm, die Hände erschlafften. Vor ihm traten die Soldaten zurück. Langsam drehte er sich um und blickte seine Frau gequält und hoffnungslos an. Er sagte kein Wort, befolgte den Befehl und betrat seinen eigenen Hof als Gefangener. Demütig blieb er stehen.

Vor ihm stand der Lieutenant. Das blonde Haar war staubig. Die blauen Augen blickten streng und verächtlich. Um den verkniffenen Mund grub sich zynisches Lächeln ein. Heißer Atem pfiff über die trockenen Lippen.

„Nun?“, fragte er gedehnt. „Wo sind deine Abgaben? Drüben im Stall? Oder im Haus?“ Der Farmer konnte nicht antworten. Sein Hals war wie zugeschnürt. Schweiß rann über sein aschgraues Gesicht.

Lieutenant James hielt seinen Säbel gesenkt. Er schlug damit gegen das Bein. Das klatschende Geräusch ließ den Farmer immer wieder zusammenzucken.

James lächelte breiter, gehässiger. Er mochte keine Mexikaner. Für ihn waren das Menschen zweiter Klasse.

„Sag nur nicht, dass du nichts hast, alter Kerl“, sprach er mit betont sanfter Stimme. „Das täte mir leid für dich. Du weißt, dass alle Farmer Steuern zahlen oder Abgaben leisten müssen. Du wirst dich wohl nicht weigern, oder?“

Der alte Mexikaner öffnete die Hände. Seine Stimme klang müde und ergeben: „Ich habe nichts, Senor Lieutenant. Das habe ich doch schon gesagt. Die Felder sind steinig. Der Staub weht von den Bergen. Ich bin ein armer Mann, Senor Offizier.“

„Du bist ein verfluchter Scheißkerl und ein verdammter fauler Hund!“, schrie James wütend. „Kalifornien gehört nicht mehr Mexiko. Es gehört zu uns! Du wirst es spüren, Dreckskerl!“

Er machte mit dem Säbel eine heftige Bewegung. Zwei Soldaten stürzten heran und warfen sich auf den ergrauten Farmer, rissen ihn brutal von den Beinen und stießen ihn in den heißen Staub.

„Zum Stall mit ihm!“, befahl James. „Fünfzig Stockhiebe für diesen miesen Hund!“

Sie packten den stöhnenden Mann an den Beinen und schleiften ihn über den Hof. Im Schlagschatten des Stalls ließen sie ihn los und schleppten den Sägebock heran. Wieder wurde der Mexikaner hochgerissen. Bäuchlings warfen sie ihn auf den Bock.

„Nein!“, gellte der Schrei der Frau im Haus. Sie kam hervor und hielt noch immer die Bibel. Der Saum ihres armen Rocks schleifte über den Boden. „Bitte, Señores, bitte nicht schlagen!“

Sie sank vor dem Lieutenant auf die Knie und presste die Bibel an die Brust. Tränen rannen über das faltige Gesicht. Sie flehte um Gnade. Sie kämpfte mit Worten um ihren geliebten Mann. Sie weinte herzzerreißend und küsste die staubigen Stiefel des jungen blonden Offiziers. Doch sie fand kein Gehör, sie weckte kein Mitleid, keine Menschlichkeit. Denn sie war eine Mexikanerin wie ihr Mann.

James blickte auf ihren Nacken, auf das strähnige graue Haar, auf diese einfache Kleidung, die er für dreckig hielt. Um seinen Mund zuckte es.

„Was willst du, Alte?“, fragte er leise, während alle Soldaten schwiegen, stillstanden und den Farmer bewachten.

„Gnade, Senor“, wimmerte die alte Frau.

„Dein Mann hat uns was von seiner Ernte abzugeben, Alte. Das hat er nicht getan. Ich weiß auch, warum. Er hasst uns, weil wir nach Kalifornien gekommen sind.“

„Nein, Senor Offizier!“, beteuerte sie aufschluchzend, ließ die Bibel fallen und umarmte die Beine des Lieutenants. „Wir haben keine Ernte! Nur Hühner haben wir, Senor, keinen einzigen Centimo.“

Er fühlte sich von ihrer Umarmung angeekelt. Zugleich empfand er einen schlimmen Triumph, denn er war Herr über Leben und Tod.

Vergessen war der Friedensvertrag von Guadalupe Hidalgo, der den mexikanischen Kaliforniern das Recht auf Grund und Boden zugesichert hatte. Im fernen Washington belächelten die amerikanischen Politiker diesen Vertrag. Ein neues Gesetz war erlassen worden. Nach diesem Gesetz wurden Engländer, Franzosen, Deutsche und Australier als Amerikaner betrachtet. Die Mexikaner in Kalifornien waren demnach Ausländer. Und James kannte dieses Gesetz genau!

„Nur die Hühner, Alte? Dann werden wir sie schlachten.“

„Ja, Senor! Aber lassen Sie meinen guten Mann frei, bitte!“

Er lächelte ausgesprochen freundlich, als sie den Kopf weit in den Nacken legte und ihn mit tränenverschleierten Augen anblickte.

„Ich habe einen Befehl gegeben, und ich kann ihn nicht zurücknehmen. Das wirst du doch verstehen.“

„Nein.“

„Aber es ist so!“, fauchte er, stieß mit dem Knie gegen ihr Kinn und riss sich los. Ihre Hände rutschten über seine Hosenbeine und Stiefel hinweg. Ihr Flehen und Wimmern nützte nichts. Die Sonne brannte heiß auf ihren Rücken. Sie starrte dem Offizier nach und konnte ihn und die fremden Soldaten kaum erkennen.

Zwei Soldaten standen neben dem Farmer bereit. Einer hielt einen Knüppel. Als James nickte, zerfetzte der andere Soldat das dünne und mürbe Hemd des Farmers und entblößte dessen Rücken. Dann prallte der Knüppel auf den Rücken des Farmers.

Die Frau schrie. Der Mann biss die Zähne zusammen und stöhnte. Er wollte nicht schreien, wollte diesen Soldatos nicht den Triumph geben. Doch als unter den Hieben die Haut zerriss, als der Knüppel auf die Knochen wuchtete, schrie er auf, immer wieder, bis er nicht mehr konnte.

Andere Soldaten trieben die Hühner zusammen und schlachteten sie. Sie köpften die Hühner und ließen auf James’ Befehl hin die Hühner über dem ohnmächtigen Farmer ausbluten.

Die Frau wurde fast wahnsinnig. Sie bekam gar nicht mit, dass die Soldaten davonritten. Plötzlich war es totenstill um sie herum. Schwankend richtete sie sich auf und torkelte zu ihrem Mann, der noch immer auf dem Sägebock lag, zerschunden, zerschlagen und mit Blut überströmt.

Mühsam zog sie ihn herunter, legte ihn auf den Bauch und hastete zum Brunnen, holte aus der Tiefe das weniger Wasser hervor und schleppte den Eimer zum Stall.

Zitternd wusch sie das Blut ab und kühlte den entsetzlich zugerichteten Rücken.

Längst waren die Reiter verschwunden. Keine Staubwolke verriet mehr den Weg, den sie genommen hatten.

Weinend holte die Mexikanerin ein sauberes Leinentuch aus dem Haus und breitete es über dem blutigen Rücken aus. Sie wusch das schlaffe Gesicht ihres Mannes. Und plötzlich erstarrte sie.

Niemand hörte ihren Schrei. Niemand sah, wie sie ihren Mann küsste, ihn umarmte, ihn mit flatternden Händen streichelte. Er war tot. Das Rückgrat war ihm zertrümmert worden.

* * *

Talglichter rußten und streuten ihr trübes Licht in der kleinen Pulqueria aus. Mexikaner hockten an den Holztischen und blickten erschüttert auf die Frau, die sich bis hierhergeschleppt hatte und nun wie geistesabwesend in der hintersten Ecke saß und immer nur auf irgendeinen Punkt starrte.

Kein Wort konnte sie trösten. Ihre knochigen und faltigen Hände hielten den Rosenkranz, doch kein Laut drang über die welken Lippen.

Einer der verarmten Bewohner dieses kleinen und namenlosen Ortes erhob sich und verließ die Pulqueria. Er konnte nicht länger das Elend der Frau mit ansehen.

Draußen atmete er schwer und flatternd ein. Die Sandalen rieben über den steinigen und trostlosen Weg. An einem leeren und windschiefen Stangenkorral blieb er stehen und legte die Arme über die obere Latte. Tränen liefen ihm übers Gesicht. Das Leid der mexikanischen Kalifornier war unvorstellbar groß.

Plötzlich schlugen Hufe näher. Hufeisen klirrten auf dem Weg. Drei Reiter kamen aus der Abenddämmerung hervor. Neben der ersten Hütte blieben zwei Reiter zurück. Der dritte Reiter lenkte einen schwarzen Hengst in die Ortschaft.

Der Mexikaner am Stangenkorral drehte sich um und blickte dem Reiter entgegen. Auf einmal atmete er schneller, und seine Augen begannen zu glänzen. Hastig wischte er die Tränen weg und lief auf die Straße. Dort blieb er stehen, als würde ihn der Anblick eines Wunders überwältigen.

Der schwarze Reiter kam immer näher. Das Fell des Hengstes glänzte bläulich im Sternenlicht. Am Zaumzeug funkelten silberne Verzierungen. Von den Schultern des Reiters wehte ein weiter Umhang. Links an der Hüfte hing die Halfter mit dem schweren Cartridge Colt. Eine zusammengerollte lange Lederpeitsche hing am Sattelhorn. Der Toledostahl des Degens schimmerte matt.

Ergeben kniete der Mexikaner auf der harten Straße nieder. Bewundernd und seltsam scheu blickte er dem Reiter entgegen.

Jetzt hatte der Reiter ihn erreicht. Braune Augen blickten durch die Sehschlitze der schwarzen Ledermaske. Das braungebrannte schmale Gesicht mit dem schwarzen Bart zeigte ein sanftes Lächeln.

„Steh auf, mein Freund“, sagte der Reiter.

„Zurdo“, flüsterte der Mexikaner und richtete sich auf, drehte den Strohhut zwischen den Händen und schluckte.

„So ist es, Amigo mio“, antwortete Zurdo lächelnd. Die Augen blitzten, als er schnell umherblickte. Niemand war vor den Hütten. Verlassen waren die Straße und die Höfe. „Alles in Ordnung hier?“

„Nein, Zurdo!“ Es klang fast wie ein Schrei. „In der Pulqueria sitzt Dona Dolores! Ihr Mann ...“ Er brach ab und schnäuzte sich in den Ärmel.

Das Lächeln des schwarzen Geisterreiters verwischte. Der weiche Ausdruck in den Augen verschwand. „Was ist mit ihrem Mann, mein Freund?“

„Soldatos haben ihn totgeschlagen, Zurdo!“

Zurdos Gesicht verhärtete sich. Unter der schwarzen Maske ritt Miguel Monterrey gegen Kaliforniens Feinde. Er zog den Hengst herum und hob flüchtig die linke Hand. Am Ortsrand verstanden die beiden Reiter das Zeichen. Schon ritt Zurdo an die Pulqueria heran, saß ab und warf den Umhang zurück.

Der junge blonde Les Shane und der stumme junge Indio Chato ritten auseinander und übernahmen Zurdos Rückendeckung.

In der Pulqueria war es still. Man hatte den Hufschlag des Pferdes gehört. Jetzt vernahm man das helle Klirren von Radsporen. Die kleine Tür wurde geöffnet. Und vor ihnen stand groß, schlank und schwarz der Mann, der schon zur Legende geworden war: Zurdo.

Niemand in der kleinen halbdunklen Pulqueria erschrak, denn Zurdo kämpfte für das Recht der Unterdrückten. Ein Raunen ging durch den Raum. Hinter dem Tresen machte die Frau des Besitzers einen Knicks und senkte den Blick. Die Männer tranken nicht mehr. Der Besitzer kam langsam um den Tresen und sah Zurdo mit einem Ausdruck an, als wäre Zurdo wie ein Geist von den Höhen der Sierra Nevada gekommen.

„Guten Abend, meine Freunde“, sagte Zurdo leise. Dann ging er zu Dona Dolores, während alle im Raum den Gruß leise erwiderten. Vor der armen Frau blieb er stehen, zog einen Hocker heran und setzte sich. Behutsam legte er die mit einem Lederhandschuh bedeckte Rechte unter das Kinn der Frau.

„Sehen Sie mich an, Dona Dolores.“

Die Tür stand weit auf. Auf der Schwelle wartete der Mexikaner mit dem Strohhut. Irgendwo in der Nähe der Pulqueria wachten Zurdos Freunde Les Shane und Chato. Der Wind brachte das klagende Heulen ferner Bergwölfe heran.

Die Frau sah ihn an. Die Leere in den Augen verschwand. Weinend legte sie die Arme um ihn.

Als Miguel Monterrey die Pulqueria verließ, wusste er alles. Er traf sich mit Les und Chato und sprach leise und düster. Wenig später schon trommelten die Hufe von drei Pferden davon. Zurdo jagte mit den Gefährten in die Nacht hinaus.

* * *

Die Soldaten lagerten am Weg nach Sacramento. Zwei Feuer flackerten. Darüber standen die Dreifüße mit den hängenden Töpfen, in denen der Kaffee dampfte.

Lieutenant James schritt umher und kontrollierte seine Soldaten. Manchmal gab er Befehle. Schließlich kehrte er an ein Feuer zurück und ließ sich Kaffee geben. Mit dem Blechbecher ging er abseits und setzte sich vor die Sträucher auf einen flachen Felsen.

Bedächtig schlürfte er den Kaffee und dachte dabei an Captain Hickory, dem er direkt unterstand. Hickory hatte eine gute Verbindung zum Militärgouverneur in Sacramento. Er wusste, dass diese Männer nicht anders dachten als er. Lächelnd blickte er in den Blechbecher. Auf dem Weg nach Sacramento gab es noch was für ihn zu tun. An den Vorfall auf der kleinen Farm dachte er kaum mehr. Er wusste nicht, dass der Mexikaner getötet worden war. Es wäre ihm auch ziemlich egal gewesen.

Das Wolfsgeheul kam aus der Ferne. Der Nachtwind war in den Bäumen. Manchmal raschelte und knackte es im Gestrüpp. Einmal glaubte James, Hufschlag zu hören. Doch die Pferde der Soldaten stampften ewig. Auch klapperten die Becher und sprachen die Männer miteinander.

„Vielleicht treffe ich Hickory noch.“ James sprach leise zu sich und verzog das Gesicht. Captain Hickory machte gerade eine Rundreise und benutzte dazu eine Kutsche. Er liebte die Bequemlichkeit, doch er war auch ein gefährlicher Mann für jeden, der ihn reizte.

Wieder raschelte es hinter James. Er wollte sich zurücklehnen, als die Spitze eines Stahldegens zwischen seine Schulterblätter stieß.

„Still und keine Bewegung!“, sagte jemand hinter ihm drohend. „Mein Degen wird Sie sonst durchbohren, Lieutenant James!“

James fiel vor Schreck der Becher aus der Hand. Scheppernd rollte der Blechbecher zwischen die Steine. Kaum ein Soldat blickte herüber. Der Offizier saß steif auf dem Stein, als besuche er den militärischen Unterricht in der Kadettenschule von West Point. Das Gesicht nahm einen leeren Ausdruck an. Nur die Augen verrieten Furcht.

„Sie haben schon von mir gehört, nehme ich an“, tönte die leise Stimme aus dem Strauchwerk hervor. „Man nennt mich Zurdo.“

James zuckte beim Namen zusammen.

„Ah, Sie kennen meinen Namen, Offizier. Das erspart mir die umständliche Vorstellung, und wir beide wollen es ja schließlich kurz machen, nicht wahr? Keine Bewegung, sage ich, verdammt!“

„Was wollen Sie?“, ächzte James. „Meine Männer werden Sie …“

Zurdos leises Lachen unterbrach ihn. „Nichts werden Ihre Männer tun, James! Bestenfalls Sie begraben! Seien Sie also vorsichtig. Ich töte nicht gern einen Mann von hinten.“

„Sie verfluchter ...“ James verstummte und atmete schwer. „Überall in Kalifornien werden Sie gesucht! Eines Tages wird man Sie aufknüpfen und Ihren Kadaver zur Schau ausstellen!“

„Keine Drohungen, mein Guter. Ich warne Sie, James. Sie sind auf der Farm gewesen und haben einen Mann totknüppeln lassen.“

„Das ist nicht wahr! Er ist nicht tot!“

„Doch, James, mausetot. Und darum sag ich Ihnen: Kehren Sie mit Ihren Männern schnellstens nach Sacramento zurück! Reichen Sie Ihren Abschied ein. Wir brauchen Sie nicht in Kalifornien. Wenn Sie meinen gutgemeinten Ratschlag nicht beherzigen, dann werde ich Sie töten müssen, Lieutenant.“

Jäh war der Druck des Degens weg. Trocken raschelte es hinter dem Offizier. James saß noch sekundenlang still, dann sprang er auf, riss den Revolver hervor und feuerte in das Gestrüpp hinein.

„Auf die Pferde!“, schrie er. „Das ganze Gebiet ab-suchen! Legt jeden um, den ihr antrefft! Sucht einen schwarzen und maskierten Reiter!“

Brüllend rannten die Soldaten zu den Pferden, ließen alles stehen und liegen, zurrten die Sattelgurte straff und saßen auf.

Fluchend lief James mit dem rauchenden Revolver zum Pferd und schwang sich in den Sattel. „Ruhe!“, befahl er. Schlagartig war es still. Irgendwo trappelten Hufe. „Vorwärts.“

Die Soldaten jagten los. Im Mondschein entdeckten sie einen Reiter, der einen langen Umhang trug. Der schwarze Reiter raste wie ein Sturmwind dahin. Nach wenigen Sekunden war er unter Bäumen verschwunden. Sofort nahmen die Soldaten die Verfolgung auf.

Hartes Lachen brach aus Zurdo hervor. Im Galopp jagte er zum Treffpunkt, sah Chato und Les Shane warten. Und als er bei ihnen war, ritten sie alle auseinander. Jeder nahm eine andere Richtung. Jeder stieß nach einer halben Meile auf steinigen Boden und konnte damit die Spur verwischen.

James gab auf. „Es kann nicht drei Zurdos geben!“, sagte er. „Es ist wie verhext. Der verdammte Hund hat uns getäuscht. Aber das schwöre ich, wir werden ihn schon bald wie einen tollwütigen Hund jagen und zur Strecke bringen!“

Der junge Lieutenant meinte es höllisch ernst mit seinem Schwur. In dieser Nacht musste er umkehren. Sie erreichten ihr Lager und sammelten alles zusammen. Dann ritten sie auf dem Weg nach Sacramento weiter.

Vom Höhenzug aus beobachteten Zurdo und seine Gefährten das Abrücken der Soldaten. Wieder lachte Zurdo, leise und auch bitter.

„Er wird an seiner Wut noch ersticken, aber er wird nicht aufgeben. Ich kenne solche Burschen. Sie sind hitzköpfig und drehen schnell durch. Gerade deshalb sind sie besonders gefährlich.“

„Was wird nun sein, Miguel?“

Zurdo streifte die Maske vom Gesicht und blickte den jungen blonden Les ernst an. Beide hatten ihr Elternhaus verloren. Beide waren Nachbarn gewesen.

„Ich denke, wir sollten James nicht aus den Augen lassen.“

„Das wollte ich hören, Miguel!“, sagte Les grimmig. „Manchmal bist du zu gutmütig. Ich hätte diesem Lieutenant ein Stück Blei verpasst. Du siehst ja, dass er nicht auf deine Warnung hört und dass er dich töten will! Aber du hast ihn nur mit dem Degen etwas gekitzelt.“

„Das kann sich ändern, Les.“ Miguel Monterrey blickte den stummen Indio an. Chato war jung und geschmeidig. Sein langes Haar flutete im Nachtwind wie die Mähne eines dahinjagenden Pferdes. Das dunkelhäutige Gesicht erschien im Mondlicht wie das eines Vollblutindianers.

Chato war ihm treu ergeben, ein stummer Diener und mehr noch: ein Freund.

Und Chato sprach mit den Händen. Die Fremden waren in dieses Land eingedrungen. Sie hatten die Indios verjagt oder niedergemacht. Sie wühlten in Kalifornien nach Gold und zerstörten das Land. Chato mochte sie nicht. Er war bereit, gegen sie zu kämpfen, immer und ewig.

„Bueno“, sagte Monterrey ernst. „Dann reiten wir also.“

* * *

Niemand konnte wissen, dass alles noch einmal tödlich werden sollte, grausam und blutig.

Im Morgengrauen hörten sie eine nahende Kutsche. Sofort wichen sie vom Weg und verbargen sich unter den Bäumen. Der Staub der Sierra Nevada hatte sich bereits auf das frische Blattgrün gelegt. Die Hitze der Tage verlangte nach Regen.

Monterrey sprang ab und lief geduckt an den Wegrand, verharrte im Schatten der Felsen und spähte der Kutsche entgegen.

Zwei Pferde zogen die moderne Concordkutsche, die von mehreren uniformierten Reitern flankiert wurde. Langsam rollte die Kutsche an Zurdo vorbei. Es blieben ihm nur Sekunden, um in das Innere der Kutsche sehen zu können. Er erkannte einen Captain, der aus dem Wagenfenster blickte. Das Gesicht war faltig und rau gegerbt und erinnerte an die harte Rinde eines Baumes.

Schon war der Captain nicht mehr zu sehen. Die nachfolgenden Soldaten hockten lässig im Sattel. Hinten auf der Kutsche stand ein großer Reisekoffer. In Silberbuchstaben glänzte der Name Hickory.

Miguel hatte von Hickory gehört. Dieser Captain inspizierte die Camps und Forts und sorgte für den Personalausgleich zwischen den Besatzungen. Ein Offizier aus dem fernen Osten, der in Kaliforniens jüngster und trauriger Geschichte kaum hervorgetreten war, dessen Namen man zwar kannte, den man aber nicht für gefährlich hielt.

Lächelnd ging Miguel zu seinem Pferd zurück. Les und Chato blickten ihm fragend und gespannt entgegen. „Captain Hickory, ein harmloser Mann. Er wird sehr wahrscheinlich mit Lieutenant James zusammentreffen.“

* * *

Dunkel und öde gähnten die verlassenen Stollen. Hier hatten tausend und mehr Goldsucher ihr Glück versucht, nichts gefunden und aufgegeben. Sie waren weitergezogen und wühlten jetzt irgendwo auf den Goldfeldern von Kalifornien weiter.

Doch manchmal noch hörte man bei Sonnenaufgang den hallenden Ruf eines abergläubischen Mexikaners, der den Patron San Antonio anflehte, ihm Glück zu schenken und ihn Gold finden zu lassen. Und jeden Abend rief der Mann wieder nach San Antonio.

So hatten die Adobehäuser, die sich um die alte Fonda reihten, ihren Namen bekommen: San Antonio, ein kleines Nest ohne jede Zukunft. Die verarmten Menschen, von Goldsuchern zunächst vertrieben, dann heimgekehrt auf ihre verwüsteten Felder, versuchten verzweifelt, dem Boden karge Ernten abzuringen, und manchmal kamen sie auch zur alten Herberge, um ein klein wenig Mescal zu trinken.

Es war gegen Abend, als die Concordkutsche San Antonio erreichte und vor der Herberge hielt. Im Schatten der staubigen Oleanderbäume und im Schutze der Hütten zügelten drei Männer ihre Pferde. Sie beobachteten, wie Captain Hickory die Kutsche verließ und die Herberge betrat. Zwei Soldaten gingen ihm mit angehobenen Waffen voraus, um ihm notfalls den Weg zu bahnen. Die anderen saßen ab und warteten im Schatten der Vordächer.

„Seltsam“, raunte Les Shane. „Ich kann keinen vom James’ Soldaten sehen. Er wird doch wohl nicht auf den abgetriebenen Pferden weitergeritten sein?“

Miguel Monterrey spähte forschend zur Herberge hinüber. Zwei Soldaten schleppten den Reisekoffer des Captains in die Fonda.

„Ich werde mit dem Captain reden“, murmelte er. „Ihr sucht die Umgebung nach diesem Lieutenant ab. Nicht weit von hier liegen die Felder der Bauern. Ich fürchte, dass James dorthin geritten ist.“

Les nickte entschlossen. „Well, dann verlieren wir keine Zeit. Komm, Chato!“

Sie zogen die Pferde herum, und als sie sich weit genug von San Antonio entfernt hatten, jagten sie in einem harten Galopp in die dunklen Schattenfelder der heranziehenden Nacht hinein.

Als der Hufschlag verklungen war, ritt Miguel langsam hinter den Hütten entlang. Die Bewohner waren auf die Plaza gelaufen und beobachteten die rastenden Soldaten, die ihre Pferde und die Kutsche unter die Bäume neben der Herberge gebracht hatten.

Niemand erblickte Monterrey. Abseits der Hütten stieg er aus dem Sattel. Er streichelte den Hals des schwarzen Hengstes und lauschte. Das kämpferische Pferd schnaubte dumpf und stampfte mit den kleinen harten Hufen.

„O ja, ich weiß“, raunte Monterrey. „Es sind Soldaten, aber ich werde nicht als Zurdo in die Fonda gehen. Du hältst mich doch wohl nicht für so dumm und einfältig, Amigo?“

Der Hengst stieß mit den Nüstern in das lächelnde Gesicht des Mannes, der rastlos für seine Heimat ritt.

„Na also, Amigo!“ Langsam zog Miguel sein Pferd nach den Ruinen der alten Mission hinüber. Er wusste, dass hier einst Franziskanermönche gelebt hatten. In den Hütten hatten die Feldarbeiter schon immer gelebt.

Im Abendwind trieb Sand von den zerfallenen Mauern und zwischen die dachlosen Räume. Alte Lagerstellen verrieten, dass hier Goldsucher gewesen waren. Die dunklen Brandstellen ihrer Lagerfeuer waren noch schwach erkennbar.

Zurdo ließ den Zügel los und durchstöberte die Ruine. Unter Flugsand begraben, fand er den Holzdeckel eines geheimen Zugangs in die Kellerräume. Es war kein Wunder, dass er den Geheimgang fand. Schon sein Großvater hatte die Baukunst und die List der Franziskanermönche genutzt und vor endlos langer Zeit die Hazienda de los Toros mit Geheimgängen versehen lassen. Damals hatte Miguel zugesehen. Auch er kannte die Baukünste und raffinierten Geheimgänge dieser Mönche, die fast immer verschiedene Gänge gebaut hatten, um jederzeit ihren Feinden entkommen zu können. Zu dieser Zeit gab es die Hazienda de los Toros im Tal des Sacramento nur noch als Ruine. Vieles war in Kalifornien dahingegangen und zu Staub geworden.

Er lauschte dem Raunen des Windes und den fern klingenden Stimmen der Soldaten. Niemand war in seiner Nähe. Er kniete nieder und zog den Deckel hoch. Kühl wehte es ihm entgegen. Entschlossen stieg er die steinernen Stufen abwärts.

Seine Schritte hallten. In einem riesigen Gewölbe lagen die Gebeine der vor der Vertreibung verstorbenen Mönche. Das Ewige Licht war längst erloschen.

Tastend ging Miguel Monterrey an der rauen Wand entlang und stieß auf eine Tür. Er öffnete sie mit großer Kraftanstrengung. Dumpf dröhnte es in der unterirdischen Welt. Er fand ein Talglicht und konnte nach wenigen Atemzügen endlich alles im Lichtschein erkennen.

In diesem Raum hatte sich der Wächter der Toten aufgehalten. Es gab weitere Türen. Monterrey gelangte durch den Vorratsraum in den Schlafraum. Alle Räume lagen unter der Erde verborgen. Die Mauern, der Innenhof, die Nischen und Gebetsräume, der kleine Garten und vieles andere hatten sich über diesen Räumen befunden und waren zerstört und zerfallen.

Er war auf die Vergangenheit gestoßen, auf kalifornische Geschichte. Und er fand die alten Kutten und Sandalen, die Bibeln und Kreuze, die weißen Strickgürtel und die braunen Mäntel.

Leise Worte kamen über seine Lippen, als er sich umkleidete. Verkleidet verließ er diese unterirdische Welt.

Der Hengst stampfte und prustete. Miguel zog das Pferd noch weiter in die Ruine hinein. Dann verstaute er seine gewöhnliche kalifornische Kleidung im Bündel auf dem Pferd, wo auch Zurdos Tracht war.

„Eines Tages werden wir zurückkommen und vielleicht hier Menschen antreffen, die glücklicher sind als jene, die heute hier leben“, sagte er zu seinem Pferd, es klang wehmütig. Langsam schritt er davon, und der Strauch, den er in der Hand hielt, verwischte die Fußspur im Sand.

Ungesehen erreichte er die Hütten. Die Soldaten hatten ein Feuer entfacht. Der Funkenflug erreichte die Baumkronen. Aus der Herberge sickerte der Schein der Talglichter. Zwei Soldaten rieben den Staubbelag von der neuen Kutsche. Drei Soldaten patrouillierten als Wachen vor der Herberge.

In den Hütten war Leben. Die Bewohner waren zurückgegangen. Als Miguel langsam vorbeischritt, blickte er durch die geöffneten Türen in die ärmlich eingerichteten Räume. Eine Mexikanerin säugte ihr Baby. Ein alter Mann kaute auf seiner erloschenen Tabakspfeife herum.

Zwischen zwei Hütten lehnten ein junger Bursche und ein Mädchen und flüsterten. Der Hombre legte gerade die Hände an die Wangen seines Mädchens, und die Muchacha ließ sich auf die Stirn küssen.

Beide fuhren zusammen, als der vermeintliche Padre urplötzlich vor ihnen erschien. Das Mädchen barg errötend das Gesicht in den Händen und kniete nieder. Der Bursche blickte schuldbewusst zu Boden.

„Verzeiht mir, Padre“, sagte er.

„Nein, meine Lieben“, antwortete Miguel lächelnd. „Denn was ihr tut, braucht nicht verziehen zu werden. Es herrscht schon zu wenig Liebe in diesem Land. Ich bin froh, dass ich eure Liebe gesehen habe.“ Er ging weiter, überquerte den Platz und erreichte die Herberge.

Ein Posten versperrte ihm den Weg. „Warum trittst du nicht beiseite, mein Freund?“ Miguel blickte den Posten ruhig an. „Glaubst du, dass ich Unfrieden in dieses Haus bringen will?“

„O nein, Padre“, antwortete der Posten hastig. „Wissen Sie, ich komme aus Texas. Wir haben dort viele Padres. Ich habe unserem Padre sogar geholfen.“

Monterreys Gesicht verriet nicht, was er dachte. Wieder einmal trug er eine Maske, diesmal als Padre. Und wieder einmal musste er sich sagen, dass nicht alle Amerikaner schlecht waren. Dieser Soldat war gut. Nicht, weil er einem Padre geholfen hatte. Die Augen verrieten es.

Als Monterrey ihm die Linke auf die Schulter legte, ahnte der Soldat nicht, dass er soeben von dem meistgesuchten und gefürchteten Zurdo berührt worden war.

Zurdo betrat die Fonda. Das alte Haus hatte keinen Komfort. Hier hatten schon die Goldsucher gewütet. Das Gestühl bestand aus Gebälk und Brettern, und alte Fässer dienten als Tische. Doch es war sauber im Haus.

Im Gastraum saß Captain Hickory vor einem Krug Mescal und einer ausgebreiteten Karte. Der amerikanische Personaloffizier trank gedankenlos und studierte gewissenhaft die Karte, machte Striche darauf, Kreise und Kreuze. Neben der Karte lagen mehrere abgegriffene Bücher.

Auf Sandalen ging Monterrey leise durch den Raum und setzte sich an einen der primitiven Tische. Die Hände waren in den weiten Ärmeln des braunen Mantels verborgen. Die Kapuze warf einen Schatten auf das braungebrannte Gesicht. Stilles Lächeln lag um die Lippen und zog den Bart breit.

„Bring mir ein Glas Wasser, mein Freund“, bestellte Monterrey beim Besitzer der Herberge.

Hickory blickte auf, sah zu Monterrey hinüber und nickte knapp. Wieder trank er. Monterrey nickte freundlich zurück. Hickory packte alles zusammen und trug es nach hinten.

Miguel erhob sich und folgte ihm. Der Besitzer kam ihm entgegen. Lächelnd nahm Miguel ihm das Glas Wasser ab und trank. Dann schritt er weiter, kam durch eine Tür, befand sich in einem halbdunklen Gang und hörte, wie Hickory die alte knarrende Treppe emporstieg. Wenig später fiel eine Tür zu.

Geschmeidig und gar nicht mehr würdevoll glitt Zurdo empor. Ohne anzuklopfen, betrat er den Raum, in dem Hickory sich einquartiert hatte. Der Captain drehte sich herum. Ein Talglicht warf seinen zuckenden Schein gegen die Wände.

„Was wollen Sie, Padre?“, fragte Hickory mit einer Reibeisenstimme.

„Mit Ihnen reden, Captain.“

„Sie mit mir?“ Hickory lächelte. „Über welches Thema?“

„Lieutenant James.“

„Was?“ Hickory blickte ungläubig und überrascht. „Ich verstehe nicht.“

„Sie werden es gleich verstehen, Captain. Ihr Kriegsgefährte lässt arme Menschen zu Tode knüppeln.“

„Erstens ist ein Lieutenant nicht mein Kriegsgefährte“, entgegnete Hickory steif. „Zweitens weiß ich nichts davon, und drittens sagen Sie es ihm selber, Padre.“

„Es wäre besser, wenn Sie es dem Lieutenant sagen, Captain“, meinte Monterrey sanft. „Denn auf Sie wird er doch hören, nicht wahr? Sie haben einen höheren Rang.“

Hickory lächelte geschmeichelt. „Padre, vielleicht haben Sie recht. Diese Lieutenants sind manchmal wie die jungen Löwen.“

„Ich muss Sie berichtigen, Captain, wie Berserker und Eintagsfliegen zugleich. Lieutenant James scheint nicht viel Verstand zu haben, denn er hat befohlen, einen armen Mexikaner zu knüppeln. Fünfzig Stockschläge hält kaum jemand aus.“

Monterrey stand etwas gebeugt vor dem Captain. Seine Hände waren nicht zu sehen. Er wirkte in der braunen Kutte viel älter. Auch verlieh der flackernde Lichtschein seinem dunklen Gesicht alternde Schatten.

Der Captain mit dem Baumrindengesicht starrte ihn forschend an und leckte sich dabei die rauen Lippen. „Sie sind ein merkwürdiger Padre. Welchem Orden gehören Sie an? Soviel ich weiß, gibt es hier weit und breit keine Mission mehr.“

„Ich habe Füße, die mich tragen, Captain.“

Hickory wandte sich halb ab. „Also gut, ich werde mit James reden. Das wird sich sicher machen lassen, aber wahrscheinlich erst morgen früh.“

„Der Lieutenant ist nicht in San Antonio?“

„Ja. Er hat seine Befehle, die er ausführen muss.“

„Ich hoffe, Captain, dass er nicht wieder einen armen Mann totschlagen lässt. Sonst wird er sterben.“

Die Worte waren ruhig und sanft gesprochen, doch Hickory ruckte herum und starrte Monterrey durchdringend an. „Warum sollte James sterben, Padre? Verstehe ich Ihre Worte richtig? Sollte das eine Drohung sein?“

„Ja leider“, sagte Monterrey. „Sie sollten alles daransetzen, ein neues Verbrechen zu verhindern, Captain. Schicken Sie Männer Ihres Begleitpersonals los, lassen Sie ihn suchen.“

„Ich denke nicht daran!“, fuhr Hickory auf. „Im Übrigen ist das, was ich zu tun habe, meine Sache. Ich allein entscheide. Lieutenant James ist kein Kind mehr. Er ist Offizier. Mischen Sie sich nicht in militärische Angelegenheiten ein, Padre!“

Monterreys Augen funkelten unter der Kapuze. „Ich habe Lieutenant James gewarnt, Captain Hickory. Und ich warne auch Sie. Die Menschen in diesem Land sind arm und werden auch noch zu hohen Abgaben gezwungen. Ihre Kinder werden verhungern, und die Mütter werden ihren Kindern bald keine Milch mehr geben können, wenn der Terror der Soldaten so weitergeht. Übertreiben Sie das alles nicht, Sie und Ihre militärischen Freunde, Captain.“

„Gehen Sie, Padre, bevor ich zornig werde!“

„Sie würden Ihre Soldaten rufen und mich einsperren lassen, Captain?“

„So ist es!“ Hickory atmete schwer. In seinen Augen war ein Ausdruck, der Miguel nicht gefiel. „Also, verschwinden Sie, Padre!“

Monterrey nickte gelassen und wich zur Tür zurück. Er öffnete sie und blickte den Captain düster an. „Denken Sie an meine Warnung.“

„An Ihre Warnung? Ich muss lachen, Padre! Eine Warnung, die wie eine Drohung klingt, aus Ihrem Mund, Padre?“

„Ja. Der Lieutenant wird durch meine Hand sterben, wenn er auch nur einen einzigen Mann umbringt. Und Ihnen, Captain, rate ich, bald weiterzureisen und Kalifornien zu verlassen.

Hickory hatte sich bisher beherrscht. Er tat immer gern jovial und freundlich und täuschte gern seine Gegner. In diesem Moment aber kam die Wut durch. Er stieß die Bücher weg und langte unter die auf dem Tisch liegende Karte.