Die Hexenjäger von Hannover - Marlisa Linde - E-Book

Die Hexenjäger von Hannover E-Book

Marlisa Linde

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Beschreibung

Lucius weiß, dass sein Vater merkwürdige Dinge tut. Er fängt Frauen von der Straße und hält sie in seinem Keller gefangen. Alles im Namen einer jahrhundertealten Tradition. Ist er wirklich Teil eines Zirkels von Hexenjägern? Und sind es nicht unschuldige Frauen, die da im Keller verwahrt werden? Lucius kommt einem der Opfer seines Vaters näher, doch nun soll er selbst in das Hexenjäger-Geschäft eingeführt werden. Sein erstes Opfer soll eine junge Serviererin werden. Alle Instinkte schrecken ihn ab, doch dann geschieht das Undenkbare... Klappentext: Cornelius heißt der Familienklan, dessen Urvater Ende des 19. Jahrhunderts eine neue Version des historischen "Hexenhammers" herausgebracht hat. Und seine Nachfahren lassen das Machwerk blutige Realität werden. (...)

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Seitenzahl: 380

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Die Hexenjäger von Hannover

Sie entführen und verhören unschuldige Frauen

Die Geschichte einer Familie von Hexenjägern des 21. Jahrhunderts

Roman

MARLISA LINDE

RODRIGO THALMANN

Thalmann-Buch Nr. THE13

Copyright © 2023 Marlisa Linde & Rodrigo Thalmann

Blog: rodrigo-thalmann.blogspot.com, E-Mail: [email protected]

Coverfoto: Collage von Abbildungen von Engin Akyurt und Rodrigo Thalmann. Bearbeitet von Rodrigo Thalmann. Alle Rechte an der Collage/dem Titelbild vorbehalten. Die Vorlage von Akyurt steht in keinem Zusammenhang mit dem Roman. Umschlaggestaltung:  Tarantella Design, Taguig City, Metro Manila, Philippines

Dieser Roman ist vormals auch in anders editierten Auflagen als „Der Neue Hexenhammer“ erschienen

E-Book: Auflage 1 2023

(Originalfassung: Ersterscheinung 2020)

BOD E-Book: ISBN: 9783753403687

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand, Norderstedt

INHALT

Initiation

Die Barfrau

Die Abiturientin

Die Freundin

Wasser ohne Probe

Zwei Hexen

Pro Bono

Epilog

Personenverzeichnis

HINWEIS AN VERSTÖRTE LESER

ÜBER DEN AUTOR

Initiation

Lucius

Lucius Cornelius, 20, weiß genau, was seine Familie seit Jahrhunderten tut. Hexen jagen. Sein Vater August 54, macht den Job mit Hingabe. Genauso wie sein älterer Bruder Adam. Adam, 32, ist zwar glücklich verheiratet und hat zwei kleine Kinder, aber beruflich ist auch er Jäger junger Frauen – die er und sein Vater für Hexen halten. „Wir haben schon einen sehr traditionellen Job“, scherzt August manchmal und während Adam dann meist ernst guckt, grinst Lucius schief und schüttelt den Kopf. Er bevorzugt, das Thema zu ignorieren und ein ganz normales Leben zu führen. Nebenprodukt der Hexenjagd ist auch, dass die Familie immer wieder Geldzuflüsse hat. Wie genau, weiß Lucius andeutungsweise. Details interessieren ihn auch gar nicht. Das Familienvermögen, von Generation zu Generation weitergegeben und meist in Edelmetallen und Immobilien gehalten, ist ohnehin groß.

Manchmal ist es schwer, ein normales Leben zu führen. Jetzt etwa sitzt Cornelius über seinen Informatikbüchern in seinem Zimmer im Obergeschoss der Zwölfzimmer-Villa und will sich konzentrieren, was zur Hölle nun „Pinguin-vollständige Strukturen“ sind – dann sind da diese Schreie. Sein Vater hat ihm immer schon gesagt, dass er überempfindliche Ohren hätte und so versucht er das Geräusch einfach zu ignorieren. Seine Mutter hat übrigens nie etwas über seine Ohren gesagt. Lucius hat keine Ahnung, wer seine Mutter ist. Oder eher „war“. Denn statt verheiratet zu sein, ist sein Vater der alten Familientradition gefolgt, einfach eine der gefangenen Frauen zur Herstellung der nächsten Generation zu benutzen. Nur Adam ist da aus der Art geschlagen mit seiner Heirat, wie Vater immer sagt.

Das leise Schreien aus dem Keller geht weiter und Lucius klappt genervt das Buch zu. Er drückt den Rufknopf auf seinem Schreibtisch. Er sieht sich am Ende seiner Nerven im Zimmer um und lässt seinen Blick über die Poster von weiblichen Popstars streifen, darunter das bekannte „Byongirl“, die lasziv ihre nackte, braune Haut auf einem besonders schönen Poster schimmern lässt. Ihre starken weiblichen Rundungen sind ein herber Gegensatz zu dem, was jetzt gleich vor der Tür steht. Denn man hört schon die hektischen Schritte in hohen Absätzen auf dem Teppich der Treppe und des Flurs hämmern. Una das Dienstmädchen kommt wie immer dienstbeflissen angerannt. Es klopft und Lucius sagt laut „herein!“.

Una bleibt scheu in der Tür stehen, stramm wie ein Soldat. Lucius kann nicht anders, als den Blick von oben nach unten an ihr heruntergleiten zu lassen. Wie anders dieses Wesen namens Una doch ist als die Frau, die hier einst gefesselt und geknebelt von seinem Vater ins Haus geschleppt worden war. Peggy nannte sie sich und hieß wohl eigentlich Petra Schmidt, eine Kosmetikerin, wenn er sich recht erinnert. Vor fünf Jahren war das erst. Doch aus der flippigen, jungen Frau mit erheblichem Widerstandspotential ist nun längst eine sehr gehorsame, ja sogar apathische, junge Frau geworden. Ein Dienstmädchen. Das Hauptdienstmädchen der Familie.

Una ist Ende Zwanzig und hat ihr natürlich strohblondes Haar zu einem Bubikopf geschnitten. Ihr Gesicht ist ohne Schminke, ihre Wangen wirken etwas eingefallen und ihre Augen liegen ungesund mit dicken Augenringen in den Höhlen. Ihre Lippen sehen wieder mal so aus, als ob sie darauf herumgebissen hat. Das erkennt Lucius sogar auf die paar Meter Distanz. Sie trägt ein schlichtes, schwarzes Kleid, das den Schnitt eines dezenten „kleinen Schwarzen“ hat und viel Bein zeigt. Lange, wohlgeformte Beine, die in hochhackigen, schwarzen Sandaletten enden, die viel von ihren kleinen, gepflegten Füßen zeigen, die ohne jedweden Nagellack sind. Eine weiße Dienstmädchenschürze macht das Bild des Dienstmädchens perfekt. Was man vergeblich sucht ist die typische Haube. Darauf verzichtet dieser „moderne Haushalt“, wie ihn Vater immer nennt. Was man auch vergeblich bei Una sucht, sind Brüste. Ihr schwarzes Dienstmädchenkleid zeigt einen völlig flachen Oberkörper. Das allein wäre noch nicht erstaunlich. Aber Una, als sie noch Peggy oder Petra hieß, hatte eine richtig große Brust. Aber die ist nun nicht mehr.

Una ist das, was Cornelius Senior und sein Sohn Adam eine „Exe“ nennen. Ein scherzhafte Abkürzung für „Ex-Hexe“, die sich längst in der Familie eingebürgert hat. Sein Vater hat es Lucius mal erklärt. Die Frauen, die Adam oder sein Vater als Hexen ins Haus bringen, werden im Keller wochenlang „verhört“. Diejenigen, die das lange Verhör überleben und in der Zwischenzeit alles gestanden haben, was Cornelius Senior von ihnen hören wollen, werden manchmal als Dienstmädchen in den Haushalt aufgenommen und eben zu Exen gemacht. Lucius hat noch die grausame Erklärung seines Vaters dazu ihm Ohr.

„Hexen haben die weibliche Seite der Magie für sich waffenfähig gemacht. Sie können sie anzapfen, weil sie eben Frauen sind. Will man sie vom Hexenzustand bekehren, helfen keine Argumente, sondern nur der Chirurg.“

Lucius verdrängt das gerne, aber er weiß, dass Tante Hilde, ihres Zeichens Chirurgin mit einer gut ausgestatteten, eigenen Privatklinik, die Frauen dann umoperiert. „Nullifiziert“ wird das genannt. Ihnen wird das Geschlecht genommen. Dazu werden die Brüste komplett entfernt, die äußeren und inneren Schamlippen und der Kitzler abgeschnitten und sogar die Reste der äußeren Lustlippen vernäht und nur ein winziges Loch für den Abfluss von Urin und sonstigem gelassen. Ihre Eierstöcke und die Gebärmutter werden ihnen auch entnommen. Nach meist ein paar Wochen weiterer Ausbildung im Keller sind sie dann die gehorsamen, ruhigen Dienstwesen, von denen Una so ein perfektes Beispiel ist. Lucius macht das traurig, denn er vermutet, dass Una nur eine Ex-Kosmetikerin ist, die das Pech hatte, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein und irgendwelchen Kriterien zu entsprechen, nach denen die Cornelius-Familie Hexen sucht. Alle bis auf Lucius jedenfalls. Der ist sich zwar nicht ganz sicher, ob es nun Hexen gibt oder nicht – er denkt eher ja – und sich ganz und gar nicht sicher ist, dass Una mal eine war.

Una steht regungslos in der Tür, während Lucius seinen Gedanken nachhängt.

„Una, kannst du nicht dafür sorgen, dass das Geschrei aufhört?“

Die Angesprochene sieht ihn nicht an, macht aber einen tiefen Knicks und sieht weiter auf einen Punkt auf dem Teppich vor ihr. Sie spricht mit lauter, aber monoton klingender Stimme. Ein bisschen wie ein Automat.

„Verzeihung Meister Lucius. Die neue Gefangene ist von ihrem Vater noch im äußeren Keller untergebracht und schreit recht laut!“

Lucius seufzt. „Hat er sie denn nicht ordentlich geknebelt?“ Er schämt sich ein bisschen, dass er nur an seine eigene Bequemlichkeit denkt, während da unten eine vermutlich völlig unschuldige Frau vermutlich Todesängste durchsteht. Er verspürt Ärger aufwallen. Er will sich absolut nicht mit diesem Hexenthema beschäftigen, dass er viel lieber weit von sich weg weiß und so Konflikten mit seinem Bruder und seinem Vater aus dem Wege gehen kann.

„Geh doch einfach hin und knebele sie!“, ruft er unwirsch und fügt ein sanfteres „aber sei vorsichtig, dass sie nicht erstickt“ hinzu.

Una macht wieder einen tiefen Knicks, immer noch regungslos mit den nackten Armen wie ein Soldat an der Seite.

„Verzeihung Meister Lucius, aber ihr Vater hat sie schon mit einem Dentalknebel und Zungengewicht versehen. Sie kann nicht sprechen, aber immer noch Töne produzieren.“

Er seufzt wieder. Natürlich. Sein Vater denkt ja, die Frau sei eine Hexe und könne ihn verzaubern, wenn sie sprechen könnte. Daher ist eine sogenannte Hexe nie ungeknebelt, wenn sie im Keller ist. Oder nur in Gegenwart ihrer Folterer.

„Und du darfst den Knebel auch nicht ändern, oder?“

Er denkt, dass ein Tischtuch im Mund natürlich für Ruhe sorgen würde. Aber dann könnte die Frau ersticken, was er natürlich auch nicht will. Gut, gibt er sich selbst gegenüber zu, eventuell wäre sie damit besser dran, als die nächsten Wochen gefoltert zu werden und dann vielleicht zu sterben. Aber, denkt er, vielleicht wird sie ja auch überleben und dem Haus noch viele, viele Jahre als Dienstmädchen dienen. Obwohl die Villa außer Una mit zwei Gärtnerinnen, zwei Köchinnen, einer Leibzofe von Vater und einer immer parat stehenden Kindschwester für die eventuell zu Besuch kommenden Kinder von Adam momentan übergut ausgestattet ist.

„Eine Chauffeuse vielleicht…“, grübelt Lucius laut. Autofahren mag er nicht so gern als Millennial und ein Auto besitzen will er schon gar nicht. Allein der Umwelt wegen. Wenn ein Dienstmädchen ihn da fahren könnte…

„Wie meinen Sie Junger Herr, Meister Lucius?“, fragt die roboterhafte Una wieder, immer noch wie vorher verharrend und wieder mit einem tiefen Knicks.

„Ach nichts. Hast du eigentlich einen Führerschein, Una?“

Wieder ein Knicks. „Verzeihung Meister Lucius, aber dieses Dienstmädchen darf das Grundstück nicht verlassen.“

Er schüttelt den Kopf. „Natürlich, natürlich. Bring mir doch bitte einen Tee, liebste Una.“

Er merkt, wie die Frau einen roten Kopf bekommt, als er sie „liebste“ nennt.

Wieder ein Knicks, ein gelächeltes „Jawohl Junger Herr“, noch ein Knicks und eine Kehrtwende, wie sie einer Ehrenwache vorm Buckingham-Palast fast würdig wäre.

Eine Stunde später schlägt er entnervt das Buch „Einführung in die KI“ zu. Es nutzt alles nichts. Sicherlich hat er den „Nixon-Diamanten“ verstanden, der den Gegensatz von Prädikatenlogik mit dem realen Leben vergleicht, aber das kleine Prolog-Programm als Hausarbeit, das einen fiktiven Roboter in einer Wohnung einen Fußball suchen lassen soll, ist da doch anderer Tobak. Das Notebook mit blinkendem Cursor steht noch immer offen da. Nicht mal das Grundkonzept hat er. Weil da immer noch dies verdammte Gestöhne aus dem Keller kommt!

Er öffnet die Zimmertür und schreit auf den leeren Hausflur hinaus.

„Halt die Schnauze!“ Und fügt etwas leiser hinzu. „Du bist halt gekidnappt, wirst verstümmelt und vielleicht umgebracht, aber was kann ich dazu?“

Er hört Unas hohe Absätze, die wieder die Treppe hoch gerannt kommt. Eine schlanke, dünne Gestalt mit Schürze, viel Bein und jetzt – wie er verblüfft sieht – einer Reitgerte quer im Mund. Er seufzt. Nicht das wieder!

Una rennt zu ihm hin, geht geschmeidig auf die Knie, spuckt die lange, dünne Reitgerte in ihre vor dem Kinn tellerartig platzierten Hände und präsentiert dann die auf ihren Handflächen liegende Gerte mit großen Augen ihrem „Jungen Herrn“, wie sie ihn meist nennt.

„Meister Lucius, ich bitte um Vergebung. Betrafen Sie dieses Dienstmädchen hart, Junger Herr.“

Seine Wut ist wie verfolgen, als er in die großen Augen der bebend vor ihm knienden Una schaut und sich irgendwie wünscht, der sichtbare U-Ausschnitt ihres Kleides würde ihm den Blick auf zwei Brüste erlauben anstatt der beiden U-förmigen Narben auf flacher Brust, die er da sieht.

„Schon gut, Una. Ich bin nicht auf dich sauer, sondern nur auf das Ding da im Keller.“

„Ja, Junger Herr. Aber die Hexe soll auf Anweisung Ihres Vaters ungestört bleiben. Daher bestrafen Sie bitte mich, wenn sie wütend sind.“

Sie kniet immer noch mit Kaninchenblick da, die Gerte präsentierend.

„Nein! Was soll das helfen?“

„Sie würden sich besser fühlen, Meister Lucius. Sie können mich bitte in den Strafraum bringen, Junger Herr – und sich richtig abarbeiten. Mit dem Rohrstock vielleicht?“

„Nein!“

Er erinnert sich nur zu gut, wie das vor drei Wochen war, als er tatsächlich einmal darauf eingegangen war, Una den Hintern mit dem Rohrstock zu striemen. Zwar nicht im Strafraum im Eins-OG, den er nie betritt, sondern direkt in seinem Zimmer. Una hatte ihm Kaffee über eine gerade geschriebene Hausarbeit gegossen und er hatte vor Wut dem Angebot nicht widerstehen können. Sie hatte sich gehorsam über den Schreibtisch gebeugt und ihr Kleid noch höher geschoben, als es ohnehin schon gerutscht war. Sie hatte sich selbst den weißen Slip runtergezogen und die Beine gespreizt. Dann hatte er ihr mehrere harte Schläge auf den Po gegeben und sich geschämt. Andererseits aber auch die Erektion seines Lebens bekommen. In einem Hormonwahn hatte er seine Hose geöffnet und versucht, die dargebotene Frau von hinten zu nehmen. Doch da war nur das vernähte kleine Loch, in das er nicht hineingekommen war.

„Wenn Sie dieses Dienstmädchen nehmen wollen, Meister Lucius, stehen dafür ihr Mund und ihre Rosette zur Verfügung, junger Herr!“

Sie sieht ihn mit gerötetem Kopf an und es kommt ihm so vor, als würde Una es regelrecht wollen. Seine Hose beult sich etwas aus.

„Prima“, denkt er. „Und das, wo sie weder Titten noch eine Muschi hat.“

„Ich kümmere mich selber drum!“, herrscht er sie an und geht um die kniende Frau herum, auf die Treppe zu. Er hört ihren Protest, von wegen Meister August habe das streng verboten, aber ein geherrschtes „Mund zu und Kopf runter!“ lässt die Frau sofort verstummen. Lucius sieht nicht mal hin, aber er weiß, dass er nachher, wenn er wieder die Treppe heraufkommen wird, die Frau dort immer noch auf Knien vorfinden wird, den Hintern hoch und den Kopf mit Lippen und Nasenspitze in den staubigen Läufer gepresst, die Hände am jeweils anderen Ellenbogen liegend auf dem Rücken.

Unten am Absatz der Kellertreppe liegt zunächst ein kleiner Vorkeller mit ein paar Schuhschränken. An seiner Stirnseite eine massive, grau lackierte Stahltür. Er öffnet sie und durchschreitet ohne Licht zu machen den kurzen, dunklen Kellerflur mit seinen vier abgehenden Türen. An der türlosen Stirnwand des Korridors angekommen bleibt er vor dem alten Ölbild stehen, das eine Tante von ihm im knappen Negligé und mit halterlosen, schwarzen Strümpfen bei der Morgentoilette zeigt. Ein deutlich auszumachender Schrei kommt von jenseits des Bildes. Tante Olga ist wohl auf dem Bild portraitiert, aber das will er nicht wirklich wissen. Ohne zu zögern legt er seine Hand auf die nackte Kellerwand rechts neben dem Bild und fühlt den nackten Stein. Er hört erste Geräusche von jenseits des Bildes und tritt zwei Schritte zurück. Die gesamte Stirnwand schwenkt ihm wie von Geisterhand entgegen und zeigt einen dunklen, kleinen Kellerraum mit einer wiederum massiven Stahltür an ihrer Stirnseite. Und er sieht die sich in der Dunkelheit abzeichnende Gestalt der gefangenen Frau, die in einer Haltekiste sitzt und jetzt dabei ist, ihn leise, aber abgehackt anzurufen. Nicht mehr mit den lauten, gellenden „Ah“-Lauten wie vorher, sondern mit einer „A-a-a“-Kaskade. Lucius sagt nichts, wartet auf das eigenständige Schließen der Kellerwand und betätigt einen Lichtschalter. Dann betrachtet er zunächst einmal schweigend die bettelnde Frau in ihrer Haltekiste.

Die Frau hat schwarze Haare, etwas dralle Wangen und eine Stupsnase. Ihre schwarzen Augen sehen ihn ängstlich an. Von ihr ist nur der Kopf zu sehen, denn sie hockt in der komplett verschlossenen, hölzernen Haltekiste, die nur einen kleinen Ausschnitt für ihren Hals lässt. Ihr Mund ist tatsächlich durch einen stahlblitzenden Dentalknebel aufgesperrt. Im Prinzip besteht so ein Ding aus zwei Stahlbügeln mit einer Arretierung neben dem linken Ohr. Die Zunge der Frau ist auf fast unnatürliche Länge vorgestreckt und man erkennt deutlich einen Zungenstecker, den sie vorne in die Zunge eingesetzt hat. Jemand – also entweder August oder Adam Cornelius – hat einen dünnen Strick an dem Zungenstecker befestigt und dieser verläuft über die Kante der Kiste, wo ein Halbkilogewicht daran hängt. Die Frau kann so nicht reden, aber immer noch recht laute Töne durch ihren geöffneten Mund produzieren.

„Hören Sie“, beginnt Lucius. „Ich weiß nicht wer Sie sind, aber…“

„Aaaah! Aaah! Aaah!“

„Ja schon klar, dass Sie von meinem Vater oder meinem Bruder entführt worden sind.“

Ihre Augen werden jetzt noch größer als vorher und sie gibt einen hustenartigen Laut vor sich.

„Sie sind vermutlich wegen diesem verdammten Zungen-Pin hier drin. Auf die reagiert mein Vater immer allergisch.“

Die Frau antwortet mit einer Kaskade ungläubig klingender Ah-Laute.

„Ich persönlich habe mit dem Familiengeschäft nichts zu tun. Aber Sie werden nun leider als Hexe verhört werden und dann…“

Er seufzt. Erinnert sich, wie solche Gespräche zwischen ihm und anderen Neuzugängen im Keller früher verlaufen sind.

„Ich weiß, Hexerei gibt es nicht, ecetera, ecetera. Aber Sie verhalten sich am besten kooperativ meinem Bruder und meinem Vater gegenüber und dann haben sie eine echte Chance, das hier zu überleben.“

Ihre Augen werden noch größer und er hört etwas wie einen Urinstrahl, der in einen Metalleimer prasselt.

„Ja, praktisch der Eimer da drin, gell?“

Sie sieht ihn noch ungläubiger an.

„Hören Sie, ich würde gerne noch mit Ihnen plaudern, aber ich muss für meine Hausarbeit lernen. Äh… ich meine Klausur lernen und die Hausarbeit machen.“

Sie schüttelt den Kopf. Das Prasseln hat aufgehört, aber ein deutlicher Uringeruch erfüllt jetzt den kleinen Kellerraum und sie gibt wieder frenetische Ah-Laute von sich.

„Befreien kann ich Sie nicht. Aber alles wird gut werden, wenn Sie meiner Familie wahrheitsgemäß antworten, okay?“

Sie schüttelt frenetisch den Kopf, das Speichel fliegt.

„Sie wollen lieber lügen?“

Wieder frenetisches Kopfschütteln.

Er atmet tief durch.

„Hören Sie, ich habe jetzt wirklich keine Zeit, mich mit weiblicher Psychologie auseinanderzusetzen. Bleiben Sie ruhig, dann wird alles gut.“

Kopfschütteln, laute Ah-Kaskaden.

„Also gut“, gibt er genervt von sich und macht Anstalten, an dem Gewicht herumzufummeln, das den Zungenstrick so gespannt hält. Nach einiger Fummelei hat er das Gewicht entfernt und stellt es einfach neben den Kopf der Frau auf die Oberseite der Kiste. Dann nestelt er an ihrer Knebelarretierung und entfernt alsbald den Dentalknebel, was sofort zu einer Spuckorgie der Frau führt. Sofort fängt sie an zu reden wie ein Wasserfall.

-„Bitte, bitte, befreien Sie mich schnell. Ich sage der Polizei, dass Sie mir geholfen haben und dann ist alles okay für Sie. Bitte!“ Ihre Aussprache ist sehr undeutlich und manchmal spuckt sie, schließlich hat sie immer noch den Strick an dem Zungenstecker.

Sie bemüht sich offensichtlich ihn mit einem Dackelblick anzusehen. Er weiß, dass er jetzt großen Ärger mit seinem Vater bekommen kann, wenn dieser erfahren würde, dass er einer vermeintlichen Hexe das Sprechen ermöglicht hat. Ihr Redefluss ist schwer zu unterbrechen und sie bettelt und bettelt.

„Ich glaube ich setze den Knebel wieder ein“, sagt er und macht Anstalten, seinen Worten Taten folgen zu lassen.

Sie atmet tief durch und versucht offensichtlich, ruhiger zu werden. Dann klingt ihre Tonwahl völlig anders.

„Hör zu, Freundchen. Ich weiß nicht, was für ein Fetischding ihr hier abgehen habt, aber fast alle machen ja heute ein bisschen S und ein bisschen M. Also lass mich frei und ich verbuche das Ganze als ein fehlgeschlagenes Date oder dergleichen. Ein Missverständnis, Vater … wie immer ihr auch heißt … wollte SM mit Hexenverhör und ich mache jetzt deutlich, dass ich das nicht will und wir trennen uns als Freunde!“

Ihre Stimme klingt freilich weit weniger selbstbewusst, als ihre Wortwahl nahelegt. Lucius ist ehrlich verwirrt.

„Sie… Sie hatten ein Date mit meinem Vater?“

Die Frau schluckt. „Klar! Mein Name ist übrigens Shantal. Shantal Müller. Ich… ich bin Frisörin. Ich…“

Er schüttelt den Kopf. „Das ist eine neue Strategie, oder? Sie denken, ich kaufe Ihnen ab, dies sei ein fehlgeschlagenes Date und ich lasse Sie dann frei, oder?“

Kommentarlos geht er zur hinteren Tür rüber und berührt sie. Sofort schwingt die Tür in den dahinter liegenden Kellerraum auf. Im Dunkel erkennt man nichts, aber es ist deutlich zu hören, dass gedämpftes Stöhnen aus mehreren Kehlen zu hören ist.

„Ja“, sagt Lucius sarkastisch. „Und das sind seine anderen sechs oder sieben schiefgegangenen Dates. Oder wie viele es gerade sind.“

Die Frau erstarrt förmlich und gibt nur ein deutlich hörbares Schlucken von sich.

„Aber es nutzt wohl alles nichts“, grummelt Lucius, geht in den angrenzenden Kellerraum und kommt nach einigem Herumwühlen mit einer kleinen Glasflasche zurück, die einen Schraubverschluss hat. Nicht größer als ein Daumen, die Flasche. Sie ist deutlich erkennbar mit „Hexenruhe“ beschriftet.

„Hexenruhe Forte wäre zu stark“, murmelt er und hält der jetzt offensichtlich in Panik befindlichen Frau die mittlerweile aufgeschraubte Flasche unter die Nase. Aus der Öffnung kommt ein schwerer, ätherischer Geruch und Lucius wendet angewidert den Kopf ab.

„Ich hasse dieses Zauberzeug, aber es wirkt. Und tatsächlich nur bei Frauen.“

Die junge Frau namens Shantal fängt an zu husten, die Augen zu verdrehen und bewegt dann den Kopf in merkwürdig schlängelnden Bewegungen. Ihr Unterkiefer klappt herunter und sie gibt einen unverständlichen, sehr leisen Stöhnlaut von sich.

„So ist es besser, nicht?“

Sie ist offensichtlich geistig weggetreten. Er streichelt ihr übers Haar. „Hoffentlich schaffst du es. Eine Hausfrisöse könnten wir eigentlich gut gebrauchen.“ Dann macht er sich dran, ihr wieder den Dentalknebel einzusetzen und legt sich auch das Gewicht zurecht. Friedlich sabbelnd lässt er die jetzt apathisch glotzende Frau zurück.

*

„Lucius! Warst du im Keller bei der neuen Hexe?“

Die stämmige, leicht untersetzte Gestalt von Familienoberhaupt August Cornelius steht vor Lucius, der am Schreibtisch sitzt. Lucius klappt lauter als notwendig sein Informatikbuch zu.

„Ich gebe es langsam auf, hier noch zu lernen!“

„Warst du nun bei der neuen Hexe oder nicht?“

Lucius schüttelt den Kopf. „Vater, das ist keine Hexe, sondern eine verdammte Frisöse, die du da im Keller hast. Sie hat übrigens gesagt, sie sei ein schiefgegangenes Date von dir, um das zu zitieren.“

„Was?“ August ist fassungslos.

„Sie hat laufend Krach gemacht und da habe ich ihr etwas Hexenruhe zu schnüffeln gegeben. Schon war sie still.“

August gestikuliert wild in der Luft herum. „Du weißt doch, was passieren kann, wenn diese Hexen ihre Zaubereien sprechen können! Du hast ihr also den Knebel entfernt!“

„Klar Dad, sie hätte mir ja als Frisöse einen Mittelscheitel anhexen können!“

August schnaubt. „Die Hexenindikation war eindeutig! Die Frisörbude war voller Emanzen-Magazine. Gottloses Zeug gegen die natürliche Ordnung. Dann hatte sie so eine Art Gothic-Kleid an und auch noch frech einen Zungenstecker blitzen lassen.“

„Hier in Laatzen?“

„Ja, bei Frisör Schmidtbauer, muss eine Neue gewesen sein“, bemerkt sein Vater in geschäftsmäßigem Ton.

„Und nach dem Haarschnitt hast du sie betäubt und gekidnappt, oder, Dad?“

August nickt. Lucius schüttelt den Kopf und macht ein angeekeltes Gesicht.

„Auch wenn du fünf Euro Trinkgeld gibst, darfst du nicht die Frisöse mit nach Hause nehmen, Dad!“

Lucius grinst schief. Jetzt ist es an seinem Vater, empört zu sein.

„Die Hexenjagd und das Schicksal der Frauen sind nicht witzig, Sohn!“

„Sagt der Mann, der ständig junge Frauen foltert und verstümmelt. Von Ermordung ganz abgesehen.“

„Una!“

August ruft das Dienstmädchen mit energischer Stimme, die sofort auf ihren Highheels angelaufen kommt und sich im Zimmer angekommen vor August auf die Knie wirft, ihn jedoch mit in den Nacken gelegtem Kopf stumm ansieht.

„Warst du früher eine Hexe, Una?“

„Ja, Herr Großinquisitor!“

„Und bist du mir dankbar, dass du noch lebst?“

„Ja sehr, ich danke für die große Gnade, Herr Großinquisitor!“ Una redet automatenhaft, monoton und laut aus ihrer knienden Position heraus.

„Und bist du jetzt glücklich, dass du nach deiner Behandlung im Licht wandeln kannst, statt dem Teufel verfallen zu sein?“

„Ja sehr, Herr Großinquisitor. Diese unwürdige Sünderin dankt für die große Gnade, Herr Großinquisitor!“

Lucius schüttelt den Kopf. „Das beweist doch gar nichts, Dad. Wenn du die Dinger genug folterst, ihnen ihren Leib verstümmelst und sie an deinen magischen Fläschchen schnüffeln lässt, bis ihnen das Hirn zerfressen ist, dann würden sie auch zugeben, die Queen von England zu sein. Oder Jacky the Ripper oder was auch immer.“

August räuspert sich und streicht der vor ihm knienden Una übers Haar.

„Sieh bitte nach Zara, Una. Meine Leibzofe hat nach letzter… hat Schmerzen und muss wohl eingecremt werden etc.“

Nach einem lauten „Ja, Herr Großinquisitor“, verschwindet die Dienstmagd rücklings aus dem Zimmer.

„Lucius, ich bin diesen Mist leid. Du bist alt genug, um langsam deinen Beitrag im Familiengeschäft zu leisten.“

Der Angesprochene sieht ihn entsetzt an. Doch sein Vater fummelt in seiner Jackettasche herum und schiebt ihm einen Schlüsselring mit einem einzelnen Schlüssel rüber.

„Das ist Jessica. Eine niedliche Chinesin in Zelle 4. Sie ist schon gut abgerichtet und nach vielen Wochen langsam am Ende ihrer Lebenszeit angekommen. Voll geständig und eigentlich Material für den Haushaltsdienst hier. Aber weil wir voll besetzt sind, wird sich ihr Leben nun dem Ende nähern und ihre gereinigte Seele wird bald beim Herrgott sein.“

Lucius schnauft, sagt aber nichts. Er unterdrückt mühevoll die zynische Stimme in seinem Geist, die ihn fast hätte fragen lassen, ob diese Jessica einen Führerschein hat.

„Seit wann heißen Chinesinnen Jessica?“

Sein Vater macht ein gequältes Gesicht. „Sie war Bedienung in einer Cocktailbar und nennt sich so. Ihr Chef hat sich kürzlich eine mysteriöse Krankheit eingefangen, die sich niemand richtig erklären kann…“

„Hat Adam nicht gesagt, er hätte es an der Prostata?“ Lucius wirft es ein, weil er sich wirklich an so ein Gespräch erinnert.

„Der Mann ist erst 48, Lucius!“

„Okay Dad, aber du willst mir nicht erzählen, dass du eher an eine verhexte Prostata glaubst denn an eine durch Alkohol und fettes Essen erkrankte, oder?“

August macht eine wegwerfende Handbewegung. „Sie ist voll geständig und sie wird die nächste Woche nicht überleben.“

„Die Prostata?“, fragt Lucius feixend.

„Die Hexe!“, schnaubt sein Vater. „Es sei denn, dass sie sich irgendwie nützlich machen kann. Und wenn ich denke, dass die sehr schicke, schlanke junge Frau meinem Sohn endlich beim Erwachsenwerden helfen kann und er seinen Spaß mit ihr hat, dann lasse ich sie noch leben. Capiche?“

Lucius sieht seinen Vater mit entsetzt aufgerissenen Augen an. Sein Mund geht auf, doch er sagt nichts.

„Fick sie, schlage sie, mach mit ihr was du willst. Wenn sie mir morgen nicht sagt, dass sie von dir ordentlich durchgezogen worden ist oder wenigstens verdroschen wurde, wie es diese kleine Hexe verdient, dann ist ihr Leben schon morgen vorbei. Verstanden?“

Lucius schüttelt nur stumm den Kopf. Doch als sein Vater ihm eröffnet, dass er den Autoschlüssel zu seinem weißen BMW rübereichen muss und kein Taschengeld mehr bekommt, wenn er sich nicht „wie ein Mann“ der gefangenen Jessica annimmt, da macht es Eindruck bei Lucius. Gerade als sein Vater wortlos den auf dem Schreibtisch liegenden Schlüssel zu sich ran zieht.

„Du kannst dich natürlich an der Hausbar bedienen, wenn du einen steifen Drink brauchst, bevor du dich um Jessica kümmerst. Aber bleib von den anderen Gefangenen von. Obwohl die alle sicher in ihren Zellen sind. Nur die Jessica in Nummer Vier. Und bei ihr brauchst du vor dem Sprechen von Zauberformeln keine Angst mehr zu haben…“

„Also wird sie keine geheimen Long Island Tea – Rezepte murmeln…“ fragt Lucius halblaut.

„Was?“

„Ach nichts, Vater“

Die Barfrau

Lucius

Als Lucius in den Keller kommt, ist er nicht unzufrieden, dass die Haltekiste leer ist, die vorher die dralle Frisöse beherbergt hatte. Irgendwie rührt es ihn immer merkwürdig an, die Frauen in diesem weggetretenen Zustand zu sehen, wenn sie unter Einfluss von Hexenruhe so etwas wie ein Equilibrium finden im Folterkeller, in dem sie eben noch in Panik mit weit aufgerissenen Augen gesessen haben. Es gibt auch ihm ein eigenartiges Gefühl des Friedens und der Geborgenheit, das er immer wieder schnell verdrängt. Das Bild der drallen Frau, von der nur der Kopf sichtbar war, hat ihn noch lange verfolgt. Wie er zugeben muss nicht einmal als schlimme Erinnerung. Sondern wie ein Hort des Friedens. Der geöffnete lippenstiftrote Mund, die Zähne und das feine Rosa des Mundes, die langgezogene Zunge mit dem Pin vorne drin und der Strick daran mit dem Zungengewicht. Dazu die leicht verdrehten und ins Nichts starrenden Augen zu ruhigen Atemzügen und der Sabbel, der stille Bächlein bildet und sich in kleinen Teichen auf der Oberfläche der Kiste sammelt.

Er schüttelt sich, verdrängt den Gedanken.

Im inneren Kellerraum gehen nicht weniger als acht Zellentüren ab – und eine, die in ein WC und eine, die in einen Lagerraum führt. Zu diesem Zweck gehen noch eine Nische und ein längerer Flur von dem inneren Vorkeller ab. Ein muffiger Kellergeruch liegt über allem und er hört gedämpftes Stöhnen aus der Eins und der Drei. Die Eins, das ist wohl die besondere Zelle, in der es wenig Fluktuation gibt. Oder gar keine? Sein Vater ist dort immer selbst tätig, nie Adam. Das hat er schon mitbekommen. Und irgendwie herrscht große Geheimniskrämerei um den Gast in Zelle Eins. Noch mehr als um die Gäste in den anderen Zellen. Lucius stützt sich in Gedanken auf einem Sammelsurium von Folterstühlen und Prangern ab, die hier im inneren Vorkeller wüst ineinander stehen und von Staub und teils von Lumpen bedeckt sind. Stahlnoppen auf der Lehne eines Folterstuhls drücken ihm unangenehm in die Handfläche. Die setzen sich auch auf der Sitzfläche, Lehne und einer Platte für die Füße fort. Der Stuhl sieht uralt aus, riecht alt und fühlt sich auch so an.

Gedankenverloren starrt er auf die Stahltür mit der Vier. Eine graue, fleckige Stahltür wie die anderen auch. Darin ist also eine zierliche, chinesische oder chinesischstämmige Barfrau aus Hannover gefangen, wenn er das richtig verstanden hat. Die völlig unschuldig ist, denn die Geschichte von der angehexten Prostatavergrößerung ist ja nun wirklich blanker Unsinn. In der Zelle wird nun eine Frau warten, die vermutlich von seinem Vater und seinem Bruder schon in ein apathisches, unterwürfiges Etwas verwandelt worden ist. Die ihn in der Zelle sicher an irgendeiner Kette liegend oder hängend apathisch angucken wird und die er schlagen und ficken soll. Schlagen auf jeden Fall, damit sie frische Spuren hat. Und damit sein Vater sie dann noch leben lässt, weil sie dann in seinen Augen als erzwungenes Spielzeug von Lucius eine neue Bestimmung gefunden hat. Für eine Weile.

Er steckt den Sicherheitsschlüssel in die Tür und schließt auf. Das Anklopfen hat er mühevoll unterdrückt. Im Raum ist es völlig dunkel und es riecht irgendwie nach Schweiß und Frau. „Weibliche Pheromone“, sagt sein Hirn. Eine gewisse Note Parfüm liegt auch in der Luft. Hat sein Vater die Gefangene extra für ihn hergerichtet? Nervös tastet seine Hand nach dem Lichtschalter.

Der Raum ist ein kahler Kellerraum mit nackten Steinen. Diverse Stahlringe an den Wänden, der Decke und auf dem Boden. Alles um Frauen an ihnen zu befestigen. Es gibt kein Fenster. Es ist feuchtwarm. Die Wärme ist einem elektrischen Heizkörper in einer Ecke geschuldet. Der Raum hat einen alten, fleckigen Stoffsessel – an den sich Lucius noch als Teil der Wohnzimmereinrichtung erinnert – und als Hauptmöbel einen gynäkologischen Stuhl. Oder etwas in der Art. In diesem ist in der Art eine junge, zierliche Asiatin mit leichtbrauner Haut festgeschnallt, die obendrein in einer Zwangsjacke steckt und ihn mit großen Augen ansieht. Kurzes, lockiges Haar in Schwarz klebt ihr etwas schweißverklebt am Schädel, auch wenn sie eine hübsche rote Schleife drin hat. Ihr Gesicht hat ein paar Flecken wie von Schmieröl, trotzdem hat sie roten Lippenstift frisch aufgelegt. „Eine richtige Kellerblume“, denkt sich Lucius. Ihr Gesicht ist recht breit, aber mit starken Wangenknochen und geraden, schmalen Augen. Ihre Nase eine nett anzusehende Stupsnase und ihr Mund klein, aber mit vollen Lippen. Sie zwingt sich zu einem Lächeln, doch sein Blick gleitet weiter an ihrem Körper entlang. Die weißlich-graue Zwangsjacke, die sie trägt, bedeckt komplett ihren Oberkörper und zwingt ihre Arme übereinander vor dem Körper. Ihre Hände sind entsprechend verdeckt. Er sieht Reißverschlüsse dort, wo ihre kleinen Brüste sein müssen. Denn in Tantes Privatklinik zum Neutern war sie ja noch nicht. Ihr Hals hat ein massives braunes Lederhalsband, das sie mit Lederstrippen am Oberteil der Liege hält. Die Zwangsjacke endet an der Leistengegend und ein zwei Finger breiter Streifen aus dem Zwangsjackenmaterial geht über ihre kahlrasierte Pflaume, die man wegen der gespreizten Beine gut sieht. Der Streifen ist fest angezogen und schneidet ein, so dass er die Muschi in zwei Teile separiert. Ihre Füße sind auf den Beinhaltern, die die Beine wie zur Untersuchung angezogen und gespreizt halten, mit Lederfesseln und Sicherungen an den Fußgelenken und vor und unter den Knien. Ihre kleinen, sehr adretten Füße sind nackt. Sie wackelt leicht mit den Zehen.

„Hallo junger Herr.“

Ihre Stimme ist leise und hoch und hat einen exotischen Akzent.

„Ihr Vater sagte mir schon, dass sie kommen werden.“

*

August

Louise serviert ihrem Herrn, dem Großinquisitor, seinen Kaffee im Speiseraum neben dem Salon. Die Frau mit den rotblonden, kurzgeschnittenen Haaren steht steif wie ein Brett neben dem Inquisitor, der genüsslich seinen Kaffee schlürft und am Gebäck knabbert. Louises Kleid ist mit dem vom Una identisch, auch wenn Louises Aufgaben im Bereich der Küche liegen und nicht allgemeine Dienstmädchenangelegenheiten beinhalten, wie bei Una. August lässt seinen Blick etwas genervt am Körper Louises entlanggleiten.

„Hübsch bist du wirklich nicht.“

Die junge Frau macht einen tiefen Knicks, bleibt aber wortlos.

In der Tat hat Louise eigentlich kein hässliches Gesicht, aber eine deutlich hervorstehende, etwas übergroße Adlernase. Diese kontrastiert mit der eher starken Schminke, die die Frau wie alle Dienstmädchen im Hause aufgelegt hat. Auch Louise ist ohne Brüste und hat die Radikalbeschneidung durch das familieneigene Institut erfahren.

„Lucius redet nicht mehr mit dir, oder?“

Traurig sieht Louise ihren Herrn an und kurz sieht man ihre grünen Augen tränenschwer.

„Nein, Herr Großinquisitor. Nur das Nötigste, Herr Großinquisitor.“

Sie macht einen Knicks und verharrt wie vorher.

August lacht, dass sein Kaffee gluckert, den er gerade trinkt.

„Schon kurios. Warst platonisch mit meinem Sohn befreundet, wohntest nur ein paar Kilometer von hier in der Südstadt und heute stehst du hier als totalbeschnittenes Dienstmädchen mit dem Hirn eines Goldhamsters.“

Louise macht einen noch tieferen Knicks und man sieht Tränen, die ihr über die Wangen kullern. Sie wischt sie kurz weg, steht dann aber wieder soldatisch starr. Ein leises „Ja Herr Großinquisitor“ war zu hören.

„Man denkt gar nicht so drüber nach, wenn man dich hier jeden Tag so unauffällig werkeln sieht. Kochen, backen, servieren und putzen und dann brav in der Nische in der Küche stehen, bis du gebraucht wirst.“

Wieder das „Ja Herr Großinquisitor“, verbunden mit einem unsicheren „Danke Herr Großinquisitor“ und zwei tiefe Knickse.

„Wenn ich daran denke, was du früher für eine selbstbewusste Biene warst. Auf seiner letzten Geburtstagsfeier, der von Lucius meine ich, hast du große Reden über Emanzipation geschwungen und anklingen lassen, dass du lieber Frauen als Männer magst.“

Ein neuerlicher, tiefer, wortloser Knicks.

„Ich weiß noch deine letzte Rede. Wozu man Männer überhaupt noch braucht, wenn es künstliche Befruchtung gibt, hast du gefragt.“

Sie starrt nach einem neuerlichen Knicks zu Boden, ihr Kopf ist rot und sie zittert.

„Keine Angst mein Täubchen, wir haben dir ja nun die Flügel so umfassend gestutzt, da hast du keine Strafe mehr dafür zu befürchten. Ist ja schon Jahre her.“

Sie sieht ihn mit tränenschweren Augen an und bittet um Verzeihung.

„Welches Gebiet der Hexerei hattest du dir damals doch gleich ausgesucht?“

Er rührt wie nebensächlich im Kaffee. Als sie nicht antwortet setzt er ein „Sehe dich noch vor mir, mit grünem Pulli, Cordhose und braunen Entenschuhen. Ein Mannweib mit großer Klappe, das den Männern ihre Männlichkeit abhexen wollte. Im übertragenen Sinn jedenfalls.“

„Ja Herr Großinquisitor. Ich war des Teufels und bin dankbar, von Ihnen auf den Pfad des Lichts geführt worden zu sein.“

Der Satz klingt geleiert und auswendig gelernt.

„Ach was soll’s“ sagt August, wischt sich den Mund ab und steht auf. Im Weggehen schiebt er eine Hand unter ihr kurzes Dienstmädchenkleid und tätschelt ihre nackten Pobacken darunter, die vom G-String nicht verdeckt werden.

„Jetzt gehe ich Zara ficken. Die sieht wenigstens noch wie eine Frau aus.“

Ein tiefer Knicks der rotköpfigen Louise verabschiedet ihn.

*

Lucius

Lucius ist verblüfft. Die an den Sitz gebundene Chinesin antwortet ihm ruhig und freundlich, immer mit einem Lächeln im Gesicht. Gar nicht wie eine verängstigte Gefangene in einem Folterkeller und auch nicht wie eine bereits hirnkonditionierte Frau. Letzteres hat er eigentlich erwartet. Er fragt sie geradeheraus, ob sie eine Hexe gewesen sei. Sie antwortet mit einem unterwürfigen „Ja Junger Herr“ ohne Lächeln. Ob sie tatsächlich ihren Chef verhext habe. Da antwortet sie verblüffend ausweichend.

„Er war schnell in meinem Bann“, antwortet sie. Lucius entgegnet unwirsch, er wolle wissen, ob sie ihn nun mit ihrem Körper oder mit Magie verzaubert habe. „Mit weiblicher Magie“ antwortet sie, was wieder ein Ausweichen ist, denkt er sich. Er stellt sich neben sie und sie dreht den Kopf zu ihm herum und lächelt ihn an.

„Hast du dich wirklich dem Teufel verschrieben gehabt?“

Ihr Lächeln erstirbt. „Ich war ein teuflisches Weib“ ist ihre Antwort. Die wieder ein Muster an Ausweichtaktik darstellt. Unterdessen hat er begonnen, ihre schwarzen, verklebten Haare zu streicheln und merkt, wie ihn die Berührung erregt.

„Weißt du, was mein Vater und mein Bruder mit dir machen wollen?“

Sie antwortet, dass sie wisse, dass für eine Hexe der Foltertod als letzte Sühne vor dem Herrgott oder aber der Dienst in der Familie des Inquisitors am Ende stehe.

„Weißt du, was sie mit dir machen, bis du in der Familie dienen darfst? Weißt du, wie sie dich –umbauen- vorher?“

Sie sieht ihn entsetzt an und wird bleich.

„Umbauen, junger Herr?“

„Ja, du wirst in die Familienklinik gebracht, die meiner Tante gehört und du wirst … beschnitten und kastriert.“

Ihre Augen füllen sich mit Tränen und ihr Mund steht offen, ihre Unterlippe zittert.

„W…was wird…?“ fragt sie und lässt die Frage unvollendet.

„Es tut mir leid, Jessica. Die Brüste. Die Schamlippen. Der Kitzler. Eierstöcke. Alles.“

Ihre Antwort ist nur ein Krächzen.

*

August

Zara steht sofort auf, als August ins Schlafzimmer kommt. Das große Schlafzimmer im Haus, das das Zentrum des Lebens Zaras ist. Denn sie verlässt es fast nie, vom angeschlossenen Badezimmer abgesehen. Zara hat eine richtiggehend riesige Frisur aus roten Locken, die stark nach Haarspray duftet. Die Mode der 80er Jahre. Ihr Gesicht ist schmal, aber hübsch. Starker blauer Liedschatten, lange falsche Wimpern und viel Rouge an den Wangenknochen verstärken noch den Eindruck einer Frau aus den 80ern. Oder eher einer Prostituierten. Zara trägt ein enges rosa Minikleid, das ein paar dekorative Querfalten hat und sonst jede Rundung ihres Körpers zeigt. Und das beinhaltet feste, runde Brüste, die als fast perfekte Halbkugeln durch den dünnen Stoff drängen. Sogar ihre Nippel zeichnen sich deutlich ab. Ihre Beine sind lang und wohlgeformt und stecken in rosa Pumps. Ungewöhnlich sind freilich ihre Arme. Sie hat nur Oberarme. Beide Armstümpfe sind völlig gleichlang und stecken bis fast oben an die Schultern in rosa Überziehern, die zu allem Überfluss unten mit kurzen Schnüren mit je einer rosa Bommel versehen sind, an der auch noch je ein Glöckchen hängt. Unter Glöckchengeläut steht Zara jetzt auf. Ohne Arme ist das nicht ganz so einfach. Sie schiebt sich nach hinten gegen die Sofalehne und stemmt sich mit ihren langen Beinen hoch, bis ihr Oberkörper langsam nach oben rutscht und sie mit wedelnden Armstümpfen auf die Füße kommt. Dabei streckt sie die ganze Zeit ihre Zungenspitze keck aus dem leicht geöffneten Mund. Das macht sie allerdings nicht mit Absicht, sondern die Zungenheraussteckerei ist dem Umstand geschuldet, dass sie einen dicken Stahlring in der Zungenspitze stecken hat.

„Gnä..ige ..ell“ stößt sie unter leichtem Speichelspucken hervor und kommt wacklig auf den Pumps zur Ruhe. August nimmt sie sofort in den Arm lässt spielerisch die Glöckchen an ihren Armstümpfen bimmeln. Dann hebt er ihren Mini hoch und seine Rechte greift fest zwischen ihre Beine, was sie aufstöhnen lässt. Seine Zunge sucht ihren offenen Mund und er schmeckt ihren süßlichen, aber auch herben Geschmack.

„Na kleine Verkehrsberuhigerin, ich hoffe du wirst mich jetzt gut bedienen. Denn langsam überlege ich, ob noch genug Saft bei dir in der Dose ist. Oder ob ich dich gegen meinen Dauergast in Zelle Eins austausche. Wie würde es dir gefallen, dein Leben im Keller zu beenden?“

Das hat die Frau in Rosa wirklich erschreckt, so dass sie anfängt, praktisch Unverständliches von sich zu geben und unter Tränen um Gnade zu wimmern. Unterdessen gräbt sich seine Hand tiefer in ihre Lustgrotte und sie erzittert unter seinen Fingernägeln, die grob eindringen. Kurz darauf hat er ihre Brüste aus ihrem Ausschnitt befreit. Sie sind ihm sofort zugänglich, denn bei diesen festen Brüsten trägt sie keinen BH. Sie sitzt wieder auf dem Sofa, doch seine Linke ist an ihrem Hals und drückt ihr die Luft ab. Ihr hochgerutschter Rock zeigt ihren Tanga, den er an die Seite geschoben hat und sein Kopf nähert sich ihrer Futt. Seine Zunge leckt begierig über die noch kalte Scham, dringt zwischen die äußeren Lippen ein, teilt die inneren und er schmeckt den irgendwie salzig Rindfleisch-artigen Geschmack der jungen Frau, die verzweifelt nach Luft ringt, während ihre Armstümpfe glöckchenklingend vor und zurück schlagen. Später legt er sich ihre langen, nackten Beine über die Schultern und dringt in sie ein. Mit etwas gelockertem Griff um ihren Hals kann sie etwas Luft bekommen, doch immer noch japsend und röchelnd lässt sie ihre Füße und Armstümpfe hilflos wackeln. Ob aus Verzweiflung oder reiner mechanischer Bewegung durch seine Stöße ist allerdings unklar.

*

Lucius

Jessica weint. Sie ist immer noch auf dem Untersuchungsstuhl angebunden. Lucius verspürt eine eigenartige Ruhe, als er die weinende Frau beguckt. Er streichelt ihr sanft die zarte Schulter, als sie sich wieder in einer sinnlosen Argumentationslinie verliert, dass sie doch alles getan habe, was von ihr verlangt worden sei und alles „brav“ zugegeben habe.

„Das nützt alles nichts, es ist wie es ist“, erklärt Lucius und denkt, es könne sie trösten. Er lässt seinen Blick dabei auf ihren kleinen, festen Brüsten ruhen und insbesondere den dicken Knospen auf ihren kleinen Vorhöfen. Knospen, die sicher schon viel Aufmerksamkeit durch streckende und quetschende Finger und Klammern und Klemmen erfahren haben. Durch seinen Vater und seinen Bruder.

„Es tut mir leid, Mädchen“, sagt er und kommt sich bei dem gönnerhaften Tonfall selbst merkwürdig vor. „Es ist ungerecht, aber ich kann nichts tun. Du bist natürlich gar keine Hexe. Nicht mal mein Vater glaubt ja daran, dass du zaubern kannst. Sonst hätte er dich nicht ohne irgendeine Sprechbehinderung wie einen Knebel zurückgelassen…“

Was dann passiert, hat er nicht erwartet.

„Ihr verfluchten Spinner! Ihr mit euren verfluchten Hexen-Masche. Was ist das für ein Schwachsinn? Es gibt keine Hexen, ihr Verrückten! Lass mich frei, du Irrer. Ich habe nie irgendjemanden etwas getan! Ihr…“

Sie schreit so laut, dass ihr Wutgerede ab einer gewissen Stelle rein unverständlich wird. Als sie schließlich japsend aufhört um Luft zu schnappen, öffnet sich die Tür. Es kommt ein Rollstuhl hereingefahren. Und in diesem sitzt niemand anders als die Frisöse aus dem Vorkeller, die apathisch im Stuhl sitzt. Geschoben wird der Stuhl von Adam. Der adrette Mann im dunklen Anzug komplett mit weißem Hemd und schwarzer Krawatte kommt lächelnd in den Raum und wirft einen Blick auf die vor Schreck jetzt mucksmäuschenstille Chinesin und den verdatterten Lucius.

„Entschuldigt, wenn ich eure Party hier unterbreche. Aber die anderen Zellen sind voll, nachdem ich unerwartet eine Anhalterin mitgebracht habe und Shantal hier oder wie dies Gerät hier heißt, dringend einen Platz für die Nacht braucht.“

Verdattert betrachtet sich Lucius die Frau im Rollstuhl, die nun einen gänzlich anderen Eindruck macht als vorhin im Vorkeller. Ein paar Stunden in der Hand von Adam haben offensichtlich einen großen Unterschied gemacht. Ihr leicht untersetzter Körper mit dicken Brüsten und starken Nippeln auf großen, bräunlichen Vorhöfen ist von unzähligen frischen Striemen verunziert und Lucius erkennt sogar einige Nadeln, die die Vorhöfe und Nippel der Frau zieren. An manchen Stellen hat sie etwas Blut auf der Haut, gerade an den Brüsten in der Nähe der Nippel. Ihr Kopf hängt schräg zur Seite und ihre Auge blicken leicht verdreht ins Nichts. Die Zunge ist im rechten Mundwinkel gefangen und sie sabbelt. Er sieht ihren Zungen-Pin glänzen.

„Mach dir keine Sorgen, Lucius“, lacht Adam. „Die Kleine hier kann dir eine fiese Dauerwelle anhexen, aber mehr auch nicht.“

Lucius räuspert sich. „Den blöden Witz habe ich vorhin selbst schon gemacht.“

Während Adam den Rollstuhl irgendwo in die Ecke stellt und einen Dentalgag und ein paar Handschellen aus der Anzugtasche fummelt, fragt Lucius.

„Was soll sie denn nun angestellt haben?“

„Ach nichts wichtiges, Adam. Nur ihre unsterbliche Seele dem Teufel verschrieben und den ganzen Jazz…“

„Und das wisst ihr wie? Kaffeesatz oder fummelt ihr wieder mit der alten Fernbedienung herum?“

Adam dreht sich um und sieht seinen Bruder böse an. „Wenn du den Hexenzeiger meinst, der in dem Neuen Hexenhammer erwähnt ist und aus einem heiligen Gewölbe in unserem Familienbesitz stammt und mit unbekannter, gottgefälliger Technologie funktioniert, dann… nein.“

„Ja ja ich weiß, die Batterien sind alle…“, gibt Lucius sarkastisch von sich. Adam reagiert nicht, sondern zieht der Frau ein Augenlied auf.

„Die döst noch zwei Tage…“

Hinten am Rollstuhl fummelnd zaubert er schließlich eine Flasche Portwein und ein Glas hervor und stellt beides auf einen hölzernen Tisch, der unauffällig neben dem alten Sessel steht.

„Mit Empfehlungen von Vater und mir. Macht die erste Folternacht leichter.“

Dann geht er.

*

Für Lucius vergeht die Zeit wie im Wahn. Viel getrunken hat er nie und entsprechend gut wirkt der Port. Er erinnert sich dunkel, wie sein Verstand und sein Trieb gegeneinander kämpfen. Zwei Advokaten im Widerstreit. Unschuldige Opfer seien die beiden Frauen, sagt der eine. Warmes, zitterndes Frauenfleisch, reif um die aufgestauten Gelüste zu stillen, sagt der andere und fügt schelmisch hinzu, dass er ja doch nichts am Schicksal der Frauen ändern könne. Jedenfalls nicht, wenn er sein komfortables Leben behalten will. Und den schönen, weißen BMW. Was sollte es werden, wenn er die Polizei verständigen würde? Vater und Bruder im Gefängnis, er selbst auf allen Titelseiten als aus der Art geschlagener Spross einer gefährlichen Sadistenfamilie. Würde er das wirklich wollen? Das Familienvermögen beschlagnahmt und er selbst von der Fürsorge lebend. Aber er müsste es tun, nach allem was Recht ist. Das weiß er natürlich. Aber dann prostet ihm der dunkle Advokat des Teufels zu. Jawohl, der Teufel will, dass er bei seiner Inquisitorenfamilie bleibt. Das wird ihm bewusst und er erkennt kurz den Widerspruch, der sich darin verbirgt. Dann nimmt er noch ein volles Glas. Irgendwann später küsst er die praktisch bewusstlose Shantal, knetet ihre schweren, dicken Brüste mit den großen Vorhöfen und knabbert an ihren fleischigen Nippeln. Irgendwann ist er draußen gewesen im Vorraum und hat einen Schiebewagen mit Sexspielzeugen, Foltergerätschaften und Reizwäsche mitgebracht. „Oh-oh“, gibt Jessica in ihrer Zwangsjacke von sich.