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Die Jünger Jesu sollen nach der bisher gültigen Lehrmeinung der Theologen eine einheitliche Botschaft verkündet haben. Doch bei einer sorgfältigen Analyse der Lehren der Jünger Jesu, Petrus, Johannes und Judas, unter Berücksichtigung des historischen und heilsgeschichtlichen Kontextes, ist diese These nicht haltbar. Vielmehr zeigt sich, dass jeder der Jünger seine eigenen Schwerpunkte hatte und den Umständen angepasste Aufgaben verfolgte. Aus ihren Briefen ergeben sich außerdem deutliche Anzeichen eines Kampfes gegen aufkommende Auflösungserscheinungen und der Entstehung eines Christentums, welches die ursprünglichen Lehren zunehmend missachtete. Es begann sich ein Drama von weltgeschichtlicher Tragweite abzuspielen, das bis in die Neuzeit nachwirkt.
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Seitenzahl: 521
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Roman Nies
Die Jüngerbriefe
Petrus, Johannes, Judas
© 2020 Roman Nies
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-347-08087-4
Hardcover:
978-3-347-08088-1
e-Book:
978-3-347-08089-8
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer-tung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbe-sondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Ver-breitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Die Jüngerbriefe
Petrus, Johannes, Judas
Ein heilsgeschichtlicher Kommentar
von
Roman Nies
Inhalt
Die Petrusbriefe
Vorbemerkungen
Der erste Petrusbrief
Die Sonderstellung
Heil und Erbe
Heiliger Wandel
Gericht und Endzeit
Der zweite Petrusbrief
Erkennen des Herrn
Vermächtnis
Warnung
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
Die Johannesbriefe
Vorbemerkungen
Der erste Johannesbrief
Lichtgemeinschaft
Sündengemeinschaft
Antichristentum
Wahrheit oder Irrtum
Mensch ohne Gott
Heil und Heiligung
Nahegekommensein
Wer den Geist Christi hat
Der zweite Johannesbrief
In der Lehre bleiben
Der Dritte Johannesbrief
Der letzte Aufruf
Der Judasbrief
Die andere Kirche entsteht
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
Vorbemerkungen
Die Lebensgeschichten der Jünger Jesu sind hochspannend. Leider weiß man nicht viel über die meisten Jünger. Aber selbst von den bekannteren von ihnen und bei denen, von denen Briefe erhalten sind, tun sich mehr Fragen auf, als man beantworten kann. Das gilt auch für Petrus, dem seit jeher in der Kirchentradition ein hoher Rang unter den Aposteln eingeräumt wurde. Es gibt sogar eine Kirche, die ihn als ihren ersten und größten Führer betrachtet. Ob man dabei Petrus immer richtig eingeordnet und verstanden hat, ist allerdings ein Kasus für sich.
Von Petrus gibt es nur zwei kurze Briefe. Wer sie auslegen oder kommentieren möchte, vor allem, wer sie verstehen möchte, der muss sich aus den übrigen Schriften des Neuen Testaments informieren. Dabei ist zu beachten, dass es für die Jünger Jesu gewissermaßen ein Leben vor der Auferstehung Jesu gab und eines danach. Die Briefe wurden danach geschrieben von einem Apostel, der jedenfalls schon einen langen, beschwerlichen Weg mit seinem Glauben gegangen war. Das, was nach der Auferstehung Jesu geschah, steht nur in den Briefen und der Apostelgeschichte des Lukas. Diese wird man daher auf die Biographie von Petrus hin untersuchen müssen, um schwerpunktmäßig folgenden Fragen nachgehen zu können:
- wie ist das geistliche Wachstum von Petrus?
- was sind seine Aufgaben?
- was sind seine Erfolge?
- was sind seine Schwierigkeiten?
- in welcher Beziehung steht das zum Werdegang des messianischen Judentums
- in welcher Beziehung steht das zur Verkündigung seines Evangeliums
- in welcher Beziehung steht das zur Verkündigung durch Paulus
Danach wird man besser verstehen können, wie Petrus gedacht hat und was ihn bewegt hat, als er die Briefe an die Juden in der Diaspora schrieb.
Petrus war einer der ersten, die verstanden haben, dass Jesus der Messias und lebendige Sohn Gottes ist (Mt 16,16). Er verstand seinen Herrn zunächst oft nicht. Später erging es ihm selber ganz ähnlich. Im Allgemeinen haperte es nicht nur Petrus, sondern auch den anderen Jüngern oft an Verständnis. Das bekamen sie von Jesus sogar noch nach der Auferstehung zu hören: „Nachher offenbarte er sich den Elfen selbst, als sie zu Tisch lagen, und schalt ihren Unglauben und ihre Herzenshärtigkeit, dass sie denen, die ihn auferweckt gesehen, nicht geglaubt hatten.“ (Mk 16,14) Jesus hatte ja Seine Auferstehung angekündigt und dennoch hatten Ihm die Jünger nicht geglaubt. Sie reagierten wie durchschnittliche Menschen, die ohne den Geist Christi auch nur in einem oberflächlichen Glaubensverhältnis zu Gott stehen können. Als sich einmal Leute bei Jesus beschweren, dass die Jesu Jünger nicht in der Lage waren, einen Dämon auszutreiben, gilt der Kommentar sicher nicht nur denen, die ihn ansprechen, sondern auch den Jüngern, die ebenfalls zu diesem „ungläubigen Geschlecht“ dazugehören: „Er aber antwortete ihnen und spricht: Ungläubiges Geschlecht! Bis wann soll ich bei euch sein? Bis wann soll ich euch ertragen?“*1
Dass die Jünger ihren Meister oft nicht verstanden haben, belegen die Evangeliumstexte vielfach. Nach diesem Bekenntnis, dass Er der Messias sei, sagte Jesus zu Petrus: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.“ (Mt 16,18)
Petrus ist nicht immer bei diesem Bekenntnis für Jesus geblieben, denn er hat dann Jesus am Todestag Jesu verleugnet. Und er hat sich wie die anderen Apostel ängstlich und zweifelnd hinter verschlossenen Türen verbarrikadiert, aus Sorge, dass man sie abholt und ebenso hinrichtet. Das zeigt schon einmal eine gewisse Unkenntnis und Unaufgeklärtheit über die Aufgaben des Messias. Das passt zu dem, dass Petrus dem Jesus ausreden wollte, sich in Jerusalem töten zu lassen und am dritten Tag aufzuerstehen. Jesus nannte ihn deshalb Satan (Mt 16,21-23). Drei Jahre war Petrus bereits mit Jesus zusammen und war immer noch nicht so weit, dass er vollends Jesus vertraute. Er schenkte den Worten Jesu nicht vollumfänglich Glauben. Man kommt zu der ernüchternden Feststellung, dass die Jünger ein limitiertes Leistungsvermögen hatten und dass ihr Glauben an den Messias oberflächlich zu nennen ist.
Wenn man nun aber annimmt, dass dann mit der Auferstehung und Himmelfahrt für die Apostel alles klar gewesen wäre, hat man den Bericht von Lukas über die späteren Ereignisse in der sogenannten Apostelgeschichte nicht richtig gelesen.
Die Schwierigkeiten, mit denen Petrus später konfrontiert wurde, werden von Kirchenleuten meist nicht thematisiert. Sie passen nicht in das Bild einer Gemeinde, mit der es ständig aufwärts ging. Dieses Bild ist nicht biblisch, sondern traditionell. Angeblich soll Petrus dann das Haupt der Kirche gewesen sein. Das hatte doch Jesus selber angekündigt, oder nicht? Nicht ganz! „Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen." (Mt 16,18) Wenn jemand eine Gemeinde mit Jesus als Haupt bauen will, dann weiß er, dass das nicht mit einer einzigen Person zu machen ist, weil die einzige Person, auf der alles aufbaut, bereits als Grundstein vorliegt. Die Steine, die darüber gelegt werden sind hingegen viele. In einer Gemeinde gibt es viele Aufgaben und Funktionen wie in einem Leib eines Lebewesens.
War Petrus ein Führer der Gemeinde? Petrus war nicht derjenige, der bestimmte, wer der zwölfte Apostel sein sollte. Das überließ man dem Los (Ap 1,24-26). Es waren die Apostel insgesamt, denen Jesus zusicherte, den zwölf Stämmen Israels im Reich des Messias vorzustehen (Mt 19,28) und die bestimmten, dass Petrus und Johannes nach Samaria zum Predigen gehen sollten (Ap 8,14). Paulus nennt sie in seinem Brief an die Galater „Säulen", stellt ihnen aber den Nichtapostel Jakobus voran. Jakobus, der Halbbruder Jesu, war keiner der Jünger Jesu gewesen.
Es sind dann auch Brüder aus der Jerusalemer Gemeinde, die Petrus, als er wieder nach Jerusalem kommt, zur Rede stellen, warum er mit unbeschnittenen Männern Gemeinschaft gehabt hatte. Abgesehen davon, dass man daran ersehen kann, dass Petrus eben kein Oberhaupt dieser Jerusalemer Gemeinde war, zeigt das, dass man nach wie vor daran glaubte, dass ein Messiasjünger beschnitten sein müsse, denn das war das Zeichen des Bundes mit Gott. Ein Anhänger des Messias Jeschua zu sein, bedeutete einen Bund mit Gott JHWH zu haben. Und dieser Bund verlangte die Torah zu befolgen. Das war der Konsens unter allen Juden und Jesus hatte nichts Anderes gelehrt.
Petrus war in späteren Jahren in der jüdischen Diaspora, also auch da, wo Paulus unterwegs war, bekannt. Paulus tadelte die Korinther für ihre Unsitte, dass sie Anhänger von jemand anderem als Jesus sein wollten (1 Kor 1,12). Er nennt dabei sich selber, Apollos und Kephas, den aramäischen Namen des Petrus. Vielleicht ist das eine leise Andeutung, dass Paulus ihn nicht als Verkündigung unter den Griechen sah, weshalb er den griechischen Namen nicht benutzte. Dass es in der Diaspora welche gab, die Petrus besonders anschauten und verehrten, erklärt sich bereits durch die Tatsache, dass er am längsten mit Jesus zusammen war. Petrus war seine rechte Hand. Und Petrus hatte viel zu erzählen als Augenzeuge über die drei Jahre, die er mit Jesus zusammen verbracht hatte. Da konnte ein Paulus natürlich nicht mithalten. Das, was Paulus über sein Verhältnis mit Jesus sagen konnte, war zumindest zweifelhaft. Jesus sei ihm erschienen! Klar, wenn man nach der Himmelfahrt Jesu zum Glauben an Ihn gekommen war, dann konnte man nur behaupten, dass man Ihm begegnet war, wenn es der verherrlichte Jesus war. Aber warum sollte Jesus ausgerechnet einem Christenverfolger diese Ehre erweisen und nicht Petrus oder Jakobus? Wollte Paulus sich wichtigmachen oder seine theologischen Sonderlehren stützen? Er war ja keiner der zwölf und er war ehrgeizig. So haben damals sicherlich viele gedacht, das kann man daher wissen, weil heute ganz genau so gedacht wird.
Nach dem biblischen Befund hat es den Anschein, dass Jakobus, ein Bruder von Jesus, der Oberhirte der Jerusalemer Gemeinde geworden war. Jakobus hatte nicht wie die zwölf Jünger von Jesus den Auftrag bekommen, in ganz Israel das Evangelium zu verkündigen. Das Amt von Jakobus tritt dem Bibelleser erstmals in Ap 15 richtig vor die Augen, wird ihm aber schon in Ap 12,17 nahegelegt. Die Jünger Jesu befolgten ihren Missionsauftrag, dem Volk Israel das Evangelium zu verkündigen in zwei Abteilungen. Erstens dem Volk Israel in Israel und zweitens dem Volk Israel in der Diaspora.
Dass Jakobus der Gemeindeleiter in Jerusalem wurde, mag einerseits damit zusammenzuhängen, dass Jakobus der Bruder von Jesus war und außerdem für seine Torahfrömmigkeit bekannt war. Er war also der ideale Mann, um die junge Gemeinde davor zu bewahren, von den Juden verfolgt zu werden, denn seine Frömmigkeit bot wenig Angriffsfläche und wirkte wie ein Schutz. Würde es die Obrigkeit wagen nach Jesus auch noch dessen Bruder zu ermorden?
Petrus hatte vielleicht auch wegen seiner Leugnung Jesu an Glaubwürdigkeit und Autorität bei der Gemeinde verloren, später kam noch sein Verhalten gegenüber Nichtjuden dazu, das Kritik hervorrief. Er stellte sich theologisch, jedenfalls zum Teil, an die Seite von Paulus und verteidigte den in Jerusalem Ungeliebten vor den Brüdern in Jerusalem. Diese waren mehrheitlich gebürtige Jerusalemer, die es gelten lassen konnten, dass ein Bruder von Jesus, somit auch ein Galiläer, der aber seine Wurzeln eindeutig in Bethlehem in Judäa hatte, die Leitung der Gemeinde übernahm. Aber alle anderen Jünger und Apostel waren Galiläer, damit Angehörige aus einer Region deren Bewohner man, ähnlich wie den Samaritern, nicht selten vorwarf, dass sie keine reinen Juden seien. Dass man als Jude aus Jerusalem auf die Galiläer herabsah, zeigt sich auch bei Nathanael, der sagte: „Was kann aus Nazareth Gutes kommen!“ (Joh 1,46) Wie Gott die Dinge fügt, zeigt sich oft sogar mit dem Anschein von Witz und Ironie.
Nachdem die Juden im Jahre 70 von den Römern ganz aus Jerusalem herausgetrieben worden waren und es nur noch wenige Überlebende gab, zogen sich die restlichen Pharisäer zunächst in die Schefela zurück. *2 Dann aber wanderte das Pharisäertum für die nächsten Jahrhunderte nach Tiberias und Zafed weiter, beide Städte sind in Galiläa gelegen, wo die Pharisäer ihre Lehrtradition weiter bewahrten. Sadduzäer gab es keine mehr. Sie waren mit dem Tempel untergegangen. Paulus stammte sogar aus der der stark hellenisierten Diaspora. Zwischen Diasporajuden, zumal den hellenisierten Juden und den Jerusalemer Juden, gab es ohnehin immer Standesdünkel.
Man könnte an dieser Stelle einwenden, was hat das mit den tatsächlichen Verhältnissen zu tun? Die Gemeinde Jesu untersteht doch Gott und was Er beschließt, wird ausgeführt. Dann muss man aber auch den Gegeneinwand gelten lassen. Der fragt, wann denn im Alten Testament irgendwann einmal eine Gemeinde Gottes oder ein Haufen Israelis genau das getan hat, was Gott wollte?
Die Kirchentradition hat es fertiggebracht, ein gewisses Exklusivitätsdenken in Bezug auf die Apostel Jesu zu protegieren. Das sollen ehrwürdige Geistesgrößen gewesen sein. Und so werden sie dann auch in den Kirchen als Skulptur oder auf Gemälden dargestellt. Sie sind von stattlichem Wuchs und haben einen beträchtlichen Bart. Diese Vorstellung mag inzwischen einer stattlichen Anhängerschaft zugewachsen sein und hat eben auch einen beträchtlichen Bart. Wenn man das Neue Testament aufmerksam durchliest, bleibt von dieser Legende nicht viel übrig. Der christliche Glauben hat sich zum Teil auch „wegen“ der Apostel ausgebreitet, gerade bei Paulus kann man das gut nachvollziehen. Jedoch hat er sich auch „trotz“ der Apostel ausgebreitet. Die Verhältnisse damals sind mit denen von heute vergleichbar, denn es handelten „Menschen wie du und ich“.
Aber, entscheidend dafür, dass Petrus nicht der große Kirchenführer geworden ist, dürfte gewesen sein, dass die zwölf Jünger von Jesus den Auftrag bekommen hatten, zu missionieren! Was zu missionieren? Die Städte Israels und das ganze Land Israel, wie sich aus Ap 1,8 ergibt, wenn man nicht eine Übersetzung hat, die hier anstatt „Land" „Welt" oder „Erde" stehen hat. *3 Jesus hatte ja gesagt, sie würden mit den Städten Israels nicht fertig werden, bis er zurückkäme (Mt 10,23). Und in Mt 10,5 ist zu lesen: „Diese zwölf sandte Jesus aus und befahl ihnen und sprach: Geht nicht auf einen Weg der Nationen, und geht nicht in eine Stadt der Samariter."
Wenn sie nicht einmal mit den Städten Israels fertig werden, was bedeutete dann der Missionsauftrag, den Jesus später gab und von dem die ganze Welt betroffen sein sollte? Dieser Welt-Missionsauftrag kann nur im Kontext des Königreichs des Messias gesehen werden, der bei seiner Rückkehr die Herrschaft von Jerusalem aus antreten würde. Dieses Königreich beginnt zu einem konkreten historischen Ereignis, das im Jahre 2020 noch aussteht. Es hat aber auch eine vorbereitende Vorlaufzeit. So sagte Jesus selber bereits in Mt 24,14: „Und dieses Evangelium des Reiches wird gepredigt werden auf dem ganzen Erdkreis … und dann wird das Ende kommen.“ Welches Ende? Das Ende des jetzigen Äons.
Zwischen den Jahren der Auferstehung Jesu und der Zerstörung des Tempels und Jerusalems im Jahre 70 hatte das Volk Israel die Gelegenheit auf das Evangelium zu reagieren und das Angebot, sich zum Messias zu bekennen, wahrnehmen können. Wäre das geschehen, dann wäre auch der Messias gekommen, denn genau das hatte er ja gesagt (Mt 23,39): „Denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht: "Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn.“ Innerhalb dieser heilsgeschichtlichen Rahmenbedingungen handelten die Jünger auftragsgemäß. Auch Paulus, der vermutlich deshalb auf seiner Missionsreise von Stadt zu Stadt zog, weil es in diesen Städten Diasporagemeinden gab, ging zuerst nach seiner Gewohnheit in die Diasporasynagogen. Der einzige Ort, wo man garantiert Juden antreffen konnte. Es war immer klar gewesen, wer der erste Adressat der Verkündigung des Evangeliums sein sollte! Jesus war zuerst der Messias Israels, dann der Nationen.
Petrus war jedenfalls der oberste der Jünger Jesu, der Oberste der Zwölf, aber nicht der oberste der Gemeinde von Jerusalem. Er war eine Säule wie auch der Apostel Johannes eine Säule war (Gal 2,9). Johannes war aber auch nicht der Gemeindeälteste, wozu er schon wegen seines Alters nicht geeignet war. Und zunächst gab es nur eine Gemeinde in Jerusalem. Diese Gemeinde hatte Bestand bis Ende der sechziger Jahre des ersten Jahrhunderts. Im Jahre 70 war Jerusalem zerstört und nahezu alle Juden deportiert oder umgebracht worden.
Die Schwierigkeiten, die dem Petrus in seinem Glaubensleben begegneten, waren vielfältig und sie waren nicht mit der Himmelfahrt Jesu abgeschlossen. Und das führte dazu, dass Petrus irgendwann, wie ich es einmal ausdrücken will, „zwischen allen Stühlen“ saß. Nein, Petrus wurde vieles geschenkt, aber vieles wurde ihm nicht geschenkt! Petrus ist eine tragische Figur und die hat wenig mit dem Bild zu tun, welches die Tradition aus ihm gemacht hat. Der historische Petrus passt aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in das Bild der Tradition.
Die Apostelgeschichte des Lukas fängt damit an, dass die Jünger Jesu ihn fragen, wann er das Reich Israel wiederaufrichten werde (Ap 1,6). Das zeigt, dass ihre Gedanken um Israel kreisten, nicht um eine Kirche, nicht um Weltmission. Nicht um die Erlösung der Welt, geschweige denn um die Heiden, die Nichtjuden, die Nationen und auch nicht um die evangelische oder katholische Kirche. Wenn man im 21. Jhdt. Predigten über die Jünger Jesu und Jesu hört, dann gehen über neunzig Prozent davon aus, als ging es den Jüngern Jesus um die Kirche und man meint, Jesus hätte irgendwann kurz vor dem ersten Weltkrieg gelebt, und zwar in Palästina, genauer gesagt in einem von Juden zu Unrecht besetzten Palästina, weshalb Jesus die Juden anklagte. Aus Legenden werden Traditionen.
Die Theologie ist das Wissensgebiet der Universitäten, in dem am meisten herumfantasiert und herumgestümpert wird. Man sollte sich jedoch auf die Bibel konzentrieren, denn wer das Wort Gottes betrachtet, wird zum Realisten. Sobald wir hingegen das Wort der Bibel verlassen und die kirchliche Überlieferung hören, werden wir von Realisten zu Traditionalisten!
Tatsache ist, dass die Apostel bis zur Auferstehung Jesu noch nicht einmal die Kraft des heiligen Geistes auf sich hatten (Ap 1,8). Das erklärt zum Beispiel auch das frappierende Unverständnis und die geistliche Schwerfälligkeit der Jünger in den dreieinhalb Jahren, die sie an der Seite von Jesus verbrachten.
In Ap 2 kommt es dann beim jüdischen Schawuot-Fest zur Geistausgießung, die nur Juden betraf (2,5ff) und der Verheißung entsprach, die dem Propheten Joel für die letzten Tage gegeben worden war. Das hat mit einer Gemeindegründung nichts zu tun, weil sich dabei der Kreis der messiasgläubigen Juden lediglich vergrößerte und hier ja Petrus genau genommen auch einer Hoffnung Ausdruck verleiht, die sich vorerst nicht bewahrheitet hat. Nein, Israel ist nicht erwacht, auch wenn Tausende bereit waren, daran zu glauben, dass Jesus der Messias war. Wie stark dieser Glauben war, ist nicht überliefert. Die Einwohnerzahl Jerusalems war damals nicht unter 40.000, aber sicherlich nicht über 100.000 und die Christen waren zur Zeit der Apostel immer eine Minderheit. Und an was waren sie gläubig? Wenn man als frommer Jude eine Predigt hört, wonach der Messias in Jesus gekommen sein soll, dann wird man am Ende der Predigt entweder das nicht glauben, oder man wird genau das glauben. Genauer gesagt, man fängt an, es zu glauben. Dieser Glauben ist aber noch sehr rudimentär und entwicklungsbedürftig und in vielen Fällen ebenso leicht zu erschüttern wie zu festigen.
Hier am Schawuot-Fest, als es noch keine organisierte Gemeinde gab, tut sich Petrus als Führer der Apostel mit seiner Predigt hervor. Jakobus spielt hier noch keine Rolle. Vielleicht musste er sich von dem Schock erholen, dass der Bruder, dem er die ganzen Jahre nicht geglaubt hatte, doch einen anderen Vater hatte als er!
„Ihr Männer von Israel“ spricht Petrus die Zuhörer an. Es geht um die Gabe des heiligen Geistes, deren Empfang notwendig ist, damit man Angehöriger des verheißenen Neuen Bundes ist, den schon Jeremia vorausgesagt hat (Jer 31,31). Dieser Neue Bund war ausdrücklich Israel und Juda bestimmt. Als Petrus von den Männern Israel gefragt wird, was sie tun sollen, sagt er, dass sie umkehren und sich taufen lassen sollen zum Empfang des heiligen Geistes. Umkehren, Taufen - nichts Neues für die Juden, denn das ist ihnen ja bereits von Johannes dem Täufer gesagt worden, dass sie umkehren sollen und sich zum Zeichen dafür im Wasserbad reinigen lassen sollen. Und auch Johannes hatte das nicht neu eingeführt! Im Alten Bund gab es bereits die Verheißung des Neuen Bundes. In diesem Neuen Bund wird der Mensch vom Geist Christi erfüllt, doch dazu musste der Messias erst zum Himmel aufgefahren sein. Zum Neuen Bund wurde also der heilige Geist benötigt, denn wie sonst sollte das Vertrauen in Gott ins Herz der Gläubigen gesenkt werden? Israel hatte mehr als tausend Jahre lang das nicht aus eigener Kraft geschafft, ganz und gar auf Gott zu vertrauen. Es war auf ganzer Linie gescheitert.
Auch in der zweiten großen Predigt in Ap 3 lautet die Botschaft von Petrus für die Juden in Jerusalem: „Und es wird geschehen: Wer diesen Propheten nicht hören wird, der soll vertilgt werden aus dem Volk.«“ (Ap 3,24). Der Prophet ist Jesus. Es geht wieder um Buße, um Israel, um die Verheißungen und in dem Zusammenhang um alle Nationen, weil allen Nationen schon bei Abraham Heil zugesprochen worden ist (3,25). Das musste den Juden immer wieder gesagt werden! „Ihr habt viel Verantwortung, nicht nur für euch, sondern für alle Nationen!“ Aber das war alles nichts Neues für die Juden. Das wesentlich Neue war tatsächlich nur, dass angeblich der Messias in Jesus gekommen sein sollte. Das bedeutete auch, dass nun das erhoffte und herbeigesehnte messianische Reich unmittelbar bevorstand. Das waren sensationelle Nachrichten!
Darauf hatte doch das religiöse Judentum gewartet, oder nicht? Diese sensationellen Nachrichten hatte aber schon Jesus gepredigt und sie waren nur zum geringeren Teil begrüßt worden. Die Verkündigung Jesu hatte mit seinem Tod geendet und den Rufen „Kreuziget ihn!“
Die Situation am Ende des Äons, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, könnte ganz ähnlich sein. Es gibt eine kleine Gruppe von Menschen, die ein baldiges Kommen des Messias begrüßen, aber die große Mehrheit wird sich nicht den Messias wünschen, dem sie vorher schon nicht gefolgt sind. Das Gleichnis vom treuen und untreuen Knecht (Mt 24,45ff) bezieht Jesus genau auf diese Zeit des Endes. Der böse Knecht spricht: „Mein Herr lässt auf sich warten.“ Und er nutzt die herrenlose Zeit, um selber Herr zu sein und seine Untugend auszuleben. Kirchen, die wissen, dass sie nicht schriftgemäß sind, wollen gar nicht, dass Jesus zurückkehrt. Und da dieses Wollen am erfolgreichsten ist, wenn es diesen Messias und sein Reich gar nicht gibt, glaubt man an beide nicht oder vergeistigt sie. Das sicherste Mittel eine Realität zu beseitigen, wenn man sie nur formal bestehen lassen will, ist, sie zu vergeistigen. Jesus ist tatsächlich auferstanden, wenn Er in unseren Herzen auferstanden ist, heißt es dann. Da drinnen kann Er dann auch nicht wehtun!
Passend zu seinen Reden bezeugte Petrus mit Johannes, nachdem sie einen Kranken geheilt hatten, vor den Hohepriestern, dass Jesus der Messias ist. Petrus wurde zu einem Propheten, vor dem sogar Menschen tot umfielen, die er der Sünde überführte (Hananias und Saphira; Ap 5,1ff). Petrus stand gewissermaßen voll im Saft der Zuversicht und war beseelt von der Heiligkeit seines Auftrags. Und das zurecht!
Die sadduzäischen Hohepriester sahen das anders und ließen die Apostel ins Gefängnis werfen. Ein Engel befreit sie wieder (Ap 5,17ff). Gegenüber den Hohepriestern verteidigte Petrus seine Predigt und sagte ihnen, wer Jesus war: „Den hat Gott durch seine rechte Hand erhöht zum Fürsten und Heiland, um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu geben.“ (Ap 5,31). Wieder steht Israel im Mittelpunkt.
„Und sie hörten nicht auf, alle Tage im Tempel und hier und dort in den Häusern zu lehren und zu predigen das Evangelium von Jesus Christus.“ (Ap 5,42) Bis hierher sagt die Bibel klar, was das Evangelium Jesus Christus beinhaltet. Israel solle umkehren zu Gott JHWH, denn der Messias war gekommen, um die Sündenvergebung in Kraft zu setzen. Jetzt konnte das messianische Reich anbrechen, jetzt musste nur das Volk sich zu Gott bekehren und Jesus huldigen, dann würde das Reich mit Macht und Herrlichkeit kommen können. Das war das Evangelium von Jesus Christus.
Alles was Jesus gepredigt hatte, passt dazu. Die Apostel legten vehement los und sorgten mit diesem Evangelium für einige Aufregung in Jerusalem, aber sie hatten auch ein Problem, das immer größer wurde.
Zwar kamen immer mehr „Gläubige" zum Kreis der Jesusjünger in Jerusalem und den umliegenden Orten hinzu, aber sie blieben in der Minderheit und es war klar, solange sich das nicht änderte, kam der Messias nicht! Es bedurfte einer nationalen Erhebung! Die Jünger erkannten irgendwann, die Rückkehr Jesu rückte in weite Ferne. Sie mussten eine bittere Pille schlucken. Das Volk bekehrte sich nicht! Im Gegenteil, es entstanden sogar innerhalb der messianischen Juden Streitereien. Und dann erfasste der Zwist auch nichtjüdische Christusgläubige.
In Ap 6,1 erfährt man zum ersten Mal etwas über Streit innerhalb der Gemeinde. Die hellenistischen Juden aus der Diaspora sahen sich benachteiligt gegenüber den hebräischen Juden.
Es wurden Männer gewählt, die das regeln sollten. Stephanus war einer von ihnen. Er wurde von den Hohepriestern festgesetzt, vermutlich, weil er für ihren Geschmack ein loses Mundwerk hatte. Dass Jesus der Messias gewesen sein sollte, hatte man zur Kenntnis genommen, aber man wollte sich keinesfalls so bloßstellen und beleidigen lassen. Bei dieser Gerichtssache, die späteren Christen aus sicherer zeitlicher und örtlicher Entfernung sehr imponiert hat, fällt zweierlei auf. 1. In seiner langen Verteidigungsrede befindet sich Stephanus voll auf der Linie des Alten Testaments. Es geht wieder nur um Israel. 2. Von einer Unterstützung durch die anderen Gemeindemitglieder oder die Apostel erfährt man nichts.
Stephanus wird gesteinigt und man fragt sich, ist er der einzige Messiasgläubige in Jerusalem? Und sogleich gibt die Schrift die Antwort: Nein, denn „Von da an beginnt eine große Verfolgung gegen die Gemeinde" (Ap 8,1). Sie wurde zerstreut über Judäa und Samarien, nur die Apostel blieben in Jerusalem. Und sie dachten sicherlich darüber nach, wie man sich künftig verhalten sollte, denn wer verfolgt wir, kann nicht verkündigen. Man musste jeglichen Konflikt mit der Obrigkeit vermeiden, wenn man in Jerusalem und in Israel unbehelligt bleiben wollte. Man hatte ja seinen Auftrag zu erfüllen. Und man erinnerte sich, dass auch Jesus lange gewartet hat, bis er es kundgetan hat, dass Er der Messias war. Immer wieder hatte Er den Jüngern verboten, es in der Öffentlichkeit zu offenbaren.
Da fehlen uns von Lukas wichtige Informationen. Stephanus steht allein vor dem Richter wie Jesus damals, aber nicht, weil er der einzige Jesusgläubige weit und breit ist, sondern weil die anderen einfach nicht präsent sind.
Wie ist das heute, wenn wieder gegen Israel gehetzt wird oder ein bibeltreuer Pastor mit Schmutz von den Medien beworfen wird. Nutzen wir dann unsere Kanäle und Möglichkeiten des Einspruchs? Ist es richtig, wenn wir uns gänzlich heraushalten aus den Auseinandersetzungen zwischen den Mächten der Welt, Satan, dem Antichristentum, dem Anti-Israelismus und dem Volk Gottes oder den Gliedern des Leibes Christi auf der anderen Seite, zu denen wir uns doch auch zählen? Sind wir nicht einmal in der Lage, dem Bäcker, der ein „Boykottiert Israel Aufkleber" an seiner Ladentür angebracht hat, unsere Meinung zu sagen? Für manche gute Christen gilt es als klug, wenn man keine Spuren im Internet hinterlässt und deshalb auch nie einen kritischen Kommentar abgibt. Jesus sagte einmal solchen Menschen, die ihn als Herrn anerkannt haben, aber dabei anonym geblieben sind: „Ich kenne euch nicht", weil sie nicht da gewirkt haben, wo sie hätten wirken können. Und auch sie hatten die Ausrede, „Wo soll das gewesen sein? Wir haben doch jede Tür aufgemacht, wo Jesus Christus draufstand!“ Ja, aber Jesus schreibt nicht auf jede Tür, hinter der er steht, Jesus Christus drauf! Da soll sich jeder selber überprüfen.
Wenn Stephanus ein Schweiger und Verheimlicher gewesen wäre, wäre er nicht dazu gekommen, vor Gericht gestellt zu werden. Er wäre dann aber auch nicht dazu gekommen, zu einem echten Zeuge Christi zu werden und den Himmel offen stehen zu sehen!
Ab Ap 9, gleich nach der Hinrichtung von Stephanus, der Saulus noch beigewohnt hat, erfolgt die Bekehrung des Saulus. Die Jünger waren zunächst skeptisch und fürchteten sich sogar vor ihm (Ap 9,26). Als die hellenischen Juden ihn töten wollen, bringen ihn die Brüder ans Meer, nach Cäsarea und: „so hatte nun die Gemeinde Frieden in ganz Judäa und Galiläa und Samarien.“ (Ap 9,31) Sie waren sicherlich ganz froh, dass dieser schwierige Paulus weg war, denn nun hatten sie wieder Ruhe. Dieser Paulus war ja auch noch sehr klug und gelehrt, während die Jünger Jesu sicherlich noch keine so hervorragenden Bibelkenntnisse hatten wie er. Da braucht es sowieso eine gewisse Zeit, bis man sich versteht! Man bedenke, bisher hatte man viel Ärger mit den sogenannten Schriftgelehrten und Pharisäern. Jesus hatte vor ihnen gewarnt und Paulus war ein Pharisäer und Schriftgelehrte in einem!
Die Frage musste gestellt werden: war es möglich ein Pharisäer, Schriftgelehrter und Anhänger Jesu zu sein? Vielleicht hatten sie ja bereits solche in ihren Reihen, aber klar ist, dass die Jünger Jesu wussten, dass es allein auf die Aufrichtigkeit des Glaubens an Jesus Christus ankam. Aber das war eine Theorie, bei der es nicht immer sicher war, wie man sie in der Praxis anwenden musste. Und dabei muss man bemerken: es gibt Störenfriede, es gibt aber auch solche Störenfriede, die nur einen faulen Frieden stören!
Und was machte Petrus inzwischen? Nach 9,32 zog Petrus überall im Land umher. Gemeint ist das Land Israel. In Lydda heilt Petrus einen Lahmen und in Joppe weckt er ein Mädchen von den Toten auf (Ap 9,32ff). Man kann sagen, das war ein Höhepunkt im Leben des Petrus. Er hatte unzweifelhaft Vollmacht von Jesus. Und genau hier kommt es zu einem Einschnitt im Leben des Petrus, denn nun kommt die Geschichte von Ap 10 mit dem Hauptmann Kornelius. Petrus hat eine Vision über unreine Speise, die zeigt, dass er an der Torah festhielt, denn nach der Torah war es verboten, diese Tiere zu essen und Petrus weigert sich mehrfach. Petrus rätselt, was diese Vision zu bedeuten hat, denn sie kann ja nicht das bedeuten, was sie aussagt! Mochte ja sein, dass man nur dann wirklich verunreinigt wird, wenn das böse Herz etwas aus sich herauslässt, unabhängig davon, was man in den Magen tut (Mk 7,19). Aber das hebt ja dennoch nicht die rituelle Ordnung auf! Da wird er zu dem Heiden Kornelius abgeholt und endlich versteht er, dass die Torah bezüglich des Umgangs mit unreinen Heiden nicht mehr gültig war!
„Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und Recht tut, der ist ihm angenehm." (Ap 10,34-35) Eigentlich eine überraschende Aussage, denn die Wahrheit dieses Satzes konnte man bereits im Tenach bestätigt finden. Leider hatte man sich als Angehöriger Israels bei all den nationalen Katastrophen der letzten Jahrhunderte so sehr auf Israel und das Heil für Israel konzentriert, dass man die bösen Nationen aus den Augen der Gnädigkeit verloren hatte. Man muss an dieser Stelle wissen, dass es den Juden seit Jahrhunderten klar war, dass man nur als Jude, und zwar als Torah-Bund-Jude, vor Gott wohlgefällig sein konnte. Und so dachte auch der Jude Petrus und die anderen Apostel. Gute Werke waren für die Juden nichts Anderes als Werke, die die Torah anwies. Das zeigt ja auch Jakobus in seinem Brief an die Juden in der Diaspora, wenn er schreibt: „Wenn ihr wirklich das königliche Gesetz ‘Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst’ nach der Schrift erfüllt, so tut ihr recht.“ (Jak 2,8) Die Torah ist für Jakobus das königliche Gesetz. Oder: „Denn wer das ganze Gesetz hält, aber in einem strauchelt, ist aller Gebote schuldig geworden.“ (Jak 2,10) Wenn man also das Sabbatgebot nicht befolgt, hat man sich an dem ganzen Gesetz versündigt, weil alles, was die Torah gebietet, Gottes Willen ist. Welche Kirche hält sich an das Sabbatgebot? Die messianisch - jüdischen Gemeinden tun es! Das ist das, was Jakobus sagt, man muss jedes einzelne Gebot halten! Und er sagt es, weil er es so meint.
Oder: „Ihr seht also, dass ein Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein.“ (Jak 2,24) So wie Jakobus dachten alle zwölf Apostel und all die anderen messianischen Juden in Jerusalem. Davon ist jedenfalls auszugehen. Das ist immer die jüdische Geisteshaltung gewesen: Vertraue Gott und beweise das durch das Befolgen Seines Willens, der sich in der Torah ausgedrückt hat. Ebenso klar ergibt sich aber aus der Bibel, dass Paulus das Verhältnis Mensch-Torah-Gott in Bezug auf die Nichtjuden anders sah, denn er sagte: „Ihr seid von Christus abgetrennt, die ihr im Gesetz gerechtfertigt werden wollt; ihr seid aus der Gnade gefallen.“ (Gal 5,4) Oder: „Wenn ihr aber durch den Geist geleitet werdet, seid ihr nicht unter dem Gesetz.“ (Gal 5,18) Klar, dass Paulus der am meisten gehasste Mensch unter den Juden wurde und darin Jesus ablöste. Jesus hatte nie die Torah kritisiert und betont, dass Er nicht gekommen war, die Torah abzulösen (Mt 5,17). Aber Jesus beschämte die Juden ebenso durch sein Auftreten und durch seine Wahrheit wie später Stephanus oder Paulus.
Warum verkündigte aber Jesus etwas Anderes als Paulus? Weil Paulus einen ganz anderen Auftrag hatte als Jesus. Paulus hatte eine frohe Botschaft für die Nationen. Und darin spielte die Torah nicht die gleiche Rolle wie für das Bundesvolk Israel.
Auch die gläubig gewordenen Juden, die mit Petrus gekommen waren, „entsetzten“ sich, weil auch auf die Nichtjuden die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen wurde (Ap 10,45). Man entsetzt sich nicht über Dinge, die schon längst bekannt sind! Petrus taufte die Heiden konsequenterweise, denn sie hatten ja schon den Geist. Die Taufe gehörte zur Symbolik der Reinigung von den Sünden und des Beginnes des Umkehrweges dazu.
Wie ist man bisher mit Heiden umgegangen? Sie durften an den Gott Israels gläubig werden, aber wenn sie eine Teilhabe an den Verheißungen Israels haben wollten, dann mussten sie sich beschneiden lassen und wie jeder andere Jude die Torah einhalten. Petrus und die anderen Jünger hätten hinzugefügt: und sich dem Messias Jesus Christus anvertrauen!
Zum Brauchtum gehörte auch das Bad in der Mikwe *4 als Symbol für den Umkehrweg. Aber den heiligen Geist hatte man deshalb noch lange nicht. Jesus hatte diesen heiligen Geist Seinen Jüngern zugesagt, wenn er in den Himmel aufgefahren sein würde und Petrus selber hatte die Geistwirkungen in Jerusalem am Schawuot bezeugt. Das Neue war also für Petrus und seine Gefährten, dass es nun Nichtjuden gab, die den heiligen Geist zuerst bekommen hatten, noch ehe sie Juden geworden waren, denn wenn der Hauptmann ein Jude gewesen wäre, hätte Petrus nicht darauf hinweisen müssen, dass es ihm verboten gewesen war, ins Haus des Kornelius hinein zu gehen. Das war Juden nach ihrem Brauchtum verboten (Ap 10,28).
Was Petrus und die anderen Apostel aus dieser Episode mit Kornelius nicht folgerten, ist, dass man keine Beschneidung benötigte oder dass die Torah nicht mehr galt. Dass dies stimmt, kann man an ihren Reaktionen sehen und daran, dass es zur Apostelkonferenz kommen sollte, wo man diese Thematik erst erörterte.
Doch vorher schon berichtet Petrus in Jerusalem der Gemeinde, was vorgefallen war. Er wird dafür getadelt, denn er hatte Kornelius nicht beschnitten (Ap 11). Aber die Konsequenz lautet für die Gemeinde in Jerusalem:
„So hat Gott auch den Nationen die Umkehr gegeben, die zum Leben führt!“ (Ap 11,18). Das ist eine erstaunliche Feststellung, die aber beweist, dass die Jünger Jesu die ganze Zeit vorher geglaubt hatten, dass nur ein Jude umkehren und das Leben – gemeint ist das Leben im messianischen Reich - haben könnte. Nein, jetzt sah es so aus, als ob auch die Nichtjuden umkehren könnten von ihren gottlosen Wegen, noch bevor das messianische Reich gekommen war.
Jetzt stellte sich nur die Frage, was dann mit der Torah geschehen sollte. Die meisten vertraten zunächst die Auffassung, dass sie von Nichtjuden ebenso zu halten war wie von Juden. Was diese Aussage, dass Gott „auch den Nationen die Umkehr gegeben hat“, nicht bedeutet, ist, dass man nicht mehr gemeint hätte, Nichtjuden noch beschneiden und in die Torah, dem Bund mit Gott, einweisen zu müssen, denn vor der Apostelkonferenz von Ap 15 war dies die gültige Lehre: Umkehr, Beschneidung, Taufe, Torahbund mit Gott und das Bekenntnis zu Jesus, dem Messias.
Man kommt daher zu dem eher niederschmetternden Ergebnis, dass die Jünger Jesu einen Glauben gehabt hatten, dass nur Juden erlöst werden und eine Auferstehung ins messianische Reich erleben könnten und dass sie jetzt vorerst nur insoweit ihren Glauben korrigierten und erweiterten, als sie auch anerkannten, dass auch Nichtjuden bereits vor dem Kommen des messianischen Reichs erlöst werden konnten. Sogenannte Gottesfürchtige, also Nichtjuden, die solange in die Synagoge gingen, bis sie sich zu Juden transformieren ließen, hatte es schon immer gegeben. Und auch Kornelius war ja so ein Gottesfürchtiger in Wartestellung gewesen. Aber er hatte den heiligen Geist bekommen, ohne vorher Jude geworden zu sein. Der heilige Geist wehte offenbar doch, wo er wollte! Dennoch war es für die jüdischen Apostel undenkbar, dass nun die Torah, deren Bestandteil ja auch das Gebot der Beschneidung war, nicht auf die Heiden anzuwenden gewesen wäre. Das kam ihnen nicht in den Sinn. Noch nicht! Das bedeutet außerdem, dass Jesus den Jüngern, als er mit ihnen zusammen war, nichts davon gesagt hatte. Warum kann er diesen wichtigen Umstand verschwiegen haben? Weil es heilsgeschichtlich noch nicht Offenbarungszeit war!
Fast wie zur Bestätigung, heißt es gleich im nächsten Vers in Ap 11,19, dass die Gemeinde, die sich bis nach Phönizien und Zypern und Antiochia in die Zerstreuung begeben hatte „das Wort niemand verkündeten als allein den Juden.“ (Ap 11,19) Es ist völlig abwegig, sagen zu wollen, dass man verkündet hätte, dass man die Torah nicht mehr halten müsste. Und zur Torah gehörte die Vorschrift der Beschneidung! Erst in Vers 20 heißt es dann, dass einige auch den Griechen predigten. Ob damit nur hellenische Juden gemeint waren, ist nicht sicher. Es heißt nicht, dass sich einer der Griechen bekehrte. Denkbar ist, dass Nichtjuden, die zum Judentum übergetreten waren und nun Christen wurden, ihre Kenntnisse über das Evangelium ihren nichtjüdischen Mitbürgern weitergegeben haben. An Predigten in der Öffentlichkeit ist dabei nicht zu denken.
Die Ereignisse in Jerusalem gingen weiter. Dort streckte König Herodes seine Hand nach den Christen aus, weil er sah, dass das den Juden gefiel (Ap 12,1ff). Petrus wurde inhaftiert, ein Engel des Herrn befreite ihn. Aus 12,17 ergibt sich auch, dass Jakobus bereits der Gemeindevorstand gewesen sein kann.
Die Apostelgeschichte fährt fort mit der ersten Missionsreise des Paulus nach Zypern. Er geht dort in die Synagogen und seine erste Predigt fängt an mit „Ihr Männer von Israel und ihr Gottesfürchtigen!“ (13,16) Und was ist der Inhalt seiner Predigt? „Und wir verkündigen euch die Verheißung, die an die Väter ergangen ist, dass Gott sie uns, ihren Kindern, erfüllt hat, indem er Jesus auferweckte; wiedenn im zweiten Psalm geschrieben steht (Psalm 2,7): »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.«“ (13,32-33) Paulus predigt hier also ebenso, wie das andere Apostel taten, als ein Jude den Juden. Er bezieht außerdem die Zeugung Jesu auf das Ereignis der Zeugung zwischen Gott Vater und der Jüdin Maria. *5
Und erstmals sagt Paulus auch etwas, was noch unerhört war in Bezug auf den Glauben an Jesus Christus: „und in all dem, worin ihr durch das Gesetz des Moses nicht gerecht werden konntet, ist der gerecht gemacht, der an ihn glaubt.“ (13,38-39) Wie? Die Torah konnte nicht gerecht machen, aber der Glaube an Jesus kann es?
Das hatte noch niemand so gesagt! *6 Hier ermahnt Paulus auch die Juden und sagt ihnen, da sie das Evangelium zurückweisen würden, würde es den Nationen verkündet werden (13,46). Paulus war nicht nur Lehrer, sondern auch Prophet, denn genauso kam es!
Ab hier wird die Apostelgeschichte zu einer Paulusgeschichte. Petrus erscheint nur noch einmal bei der Apostelkonferenz in Ap 15. Da waren von der Gemeinde in Jerusalem Brüder nach Antiochien gekommen und hatten gesagt: „Wenn ihr euch nicht beschneiden lasst nach der Ordnung des Moses, könnt ihr nicht selig werden. " (Ap 15,1)
Paulus hat dem heftig widersprochen. Was die Brüder von Jerusalem vertreten, ist also genau das Gegenteil von dem, was Paulus bereits den zyprischen Juden gesagt hat. Doch die Beschneidungsbefürworter stammten von der Gemeinde in Jerusalem. Dass sie so auftreten konnten, zeigt, dass die Jünger in Jerusalem, vereinfacht gesagt, Jesus plus Torah lehrten, Paulus lehrte jedoch Jesus ohne Torah.
Paulus und Barnabas wurden nach Jerusalem geschickt „um dieser Frage willen“. Daraus muss man folgern, dass diejenigen, die aus Jerusalem gekommen waren, sich lehrmäßig weitgehend mit den Jüngern in Jerusalem auf einer Linie befanden. Wie sonst hätten sich die Brüder aus der Gemeinde in Jerusalem trauen können, nach Antiochien zu reisen und die Beschneidung zu fordern, auch wenn sie niemand dazu ermächtigt hatte! Wie sonst wäre man überhaupt in Jerusalem auf die Idee gekommen, Paulus und Barnabas einzubestellen, wenn das Halten oder Nichthalten der Torah bereits so vertreten wurde wie bei Paulus? Es ging hier nicht um Kleinigkeiten! Juden waren schon immer diskussionsfreudig. Abweichende Meinungen stellten kein Problem dar, es sei denn es ging um Grundlagen des Glaubens. Die Juden hatten damals nicht weniger Respekt vor der Torah als gläubige Juden heute. Die Torah war heilig und unantastbar. Das übersehen Christen oft heutzutage.
Die Geschichte mit Kornelius war also nicht so ausgelegt worden, dass man nicht mehr beschneiden oder nicht mehr die Torah lehren müsste. Das sagt die Bibel zur Geschichte um Kornelius auch gar nicht, sondern es geht nur darum, dass man begriff, dass die Nichtjuden sehr wohl gerettet werden konnten und zwar auch schon in diesem Äon! Nicht erst im messianischen Reich. Das wusste man aus den Propheten, dass sich im messianischen Reich die Nationen dem Messias unterordnen würden. Aber doch nicht schon vorher! Doch, jetzt wusste man es, einzelne durften dazu gehören.
Als Paulus und Barnabas in Jerusalem ankommen, ergreifen Gläubige aus der Gruppe der Pharisäer, das waren ja die Hüter der Torah, das Wort und sagen: „alles schön und gut, wenn so viele Heiden gerettet werden wollen“, und „aber man muss sie beschneiden und lehren die Torah zu halten“ (15,5). Anstatt, dass die Apostel nun gesagt hätten, „nein, nein, der Paulus hat Recht, selbstverständlich müssen sie sich nicht beschneiden lassen und selbstverständlich müssen sie nicht die Torah halten, mit all diesen Feiertagen und Speisevorschriften“, usw., heißt es: „Da kamen die Apostel und die Ältesten zusammen, über diese Sache zu beraten." (15,6) Nicht nur das, man „stritt" sich sogar darüber (Vers 7)! Was gab es da zu streiten? Entweder man ist sich völlig eins, dass alles so weiterläuft wie bisher: Torah mit Beschneidung! Oder man hat bereits das gelehrt, was dann die spätere Amtskirche lehrte: nur ein Teil der Torah sei noch gültig. *7 Nichts von alledem!
Wenn man sich aber darüber stritt, bedeutet das, dass man sich nicht im Klaren war und es unterschiedliche Positionen gab! Wie deutlich braucht man es eigentlich noch, um zu verstehen, dass die Jünger Jesu und die Jerusalemer messianischen Juden ein anderes Evangelium verkündeten als Paulus? Im Kern war es die gleiche Botschaft über den Messias Israels als Retter Israels und der Nationen. Sie verkündeten aber Christus plus Torah. Man kann das bei Jakobus in seinem Brief an die jüdische Diaspora in Kap 2 bestätigt finden!
Und an dieser Stelle, wo sie sich stritten, ergreift Petrus wieder das Wort. Aus dem, was er sagt, ergibt sich, dass die Geschichte mit Kornelius schon lange zurückliegt! Petrus bezeugt, dass Gott die Herzen der Heiden durch den Glauben reinigte (15,8)! Das ist paulinisch! Durch den Glauben reinigte, nicht durch Werke! Nicht durch Einhalten der Torah! Und dabei macht Petrus die erstaunliche Aussage: „Warum versucht ihr denn nun Gott dadurch, dass ihr ein Joch auf den Nacken der Jünger legt, das weder unsre Väter noch wir haben tragen können?“ (15,10). Was meint Petrus mit dem Joch? Natürlich die Torah! Nicht einen Missbrauch oder ein falsches Verständnis der Torah, denn als Gott die Juden anwies, die Torahgebote zu halten, gab Er ihnen kein falsches Verständnis davon und hieß sie auch nicht zum Missbrauch an! *8 Und Petrus fragt: „Warum sucht ihr…?!“ Also „ihr“, nicht die Sadduzäer, nicht die Juden aus der Synagoge, sondern „ihr“!!! Die Angesprochenen waren also dafür, dass die Nichtjuden die ganze Torah halten sollten. Und hier kommt das Glaubensbekenntnis von Petrus „Vielmehr glauben wir!“: „Vielmehr glauben wir, durch die Gnade des Herrn Jesus selig zu werden, auf gleiche Weise wie auch sie." (15,11) Das verblüffte die Anwesenden so, dass zunächst einmal alle schwiegen. Die waren fassungslos! Aber keiner gab Petrus Recht!
Jetzt hätte doch eigentlich ein klares Ja, kommen müssen, wenn die Brüder in Jerusalem wirklich geglaubt hätten, dass der Glaube in Jesus gereicht hätte. Dass war natürlich nicht ihr Glauben! Jetzt hätte doch ein klares Bekenntnis zu Petrus kommen müssen, wenn man wirklich dies in seiner Evangeliumsverkündigung gehabt hätte, dass der Glauben an Jesus ausreicht! Es kam auch nicht das, was heutzutage gerne gesagt wird: Der Glauben an Jesus allein rettet, aber das beinhaltet ja das Halten seiner Gebote. Aber anscheinend ist es nicht ganz so einfach, denn sonst würden nicht manche am Sabbat ruhen und andere am Sonntag.
Petrus vertritt hier in seiner Ansprache anscheinend die „sola gratia“ der Reformationssprache! Aber nein, es kommt nichts von den Brüdern, keine Zustimmung, und zur Ablehnung hatte es ihnen die Sprache verschlagen, denn hier sprach Petrus, der ein besonderes Vertrauensverhältnis zu Jesus gehabt hatte und zwei Mal in Jerusalem öffentlichkeitswirksam eine Rede ganz im Geist der alten Propheten gehalten hatte.
Weil die Brüder so reagierten und sich über das Neue in der Verkündigung stritten, kann dieses Neue auch nicht Bestandteil des Evangeliums der Brüder in Jerusalem gewesen sein. Man kam auch nicht auf die versöhnliche Formulierung, dass doch Glauben und Werke im Grunde eins waren. Das hätte niemand geholfen. Dass hier Petrus etwas ganz Neues angesprochen hat, ergibt sich logisch aus der Darstellung der Ereignisse, es entspricht jedoch keiner Kirchentradition. Zwar hat die Kirche einerseits die menschliche Vernunft mit ihren Vernunftschlüssen nicht als maßgeblich für den Gottesmenschen bezeichnet, andererseits hat sie griechischer Vernunft-Philosophie gegenüber dem biblischen Wort den Vorzug eingeräumt. Ein Großteil der kirchlichen Theologie baut auf hellenistischem Gedankengut der ersten Jahrhunderte.
Jakobus, den man hinsichtlich der Beeinflussung durch den Hellenismus, dem viele seiner Landsleute erlegen waren, bescheinigen kann, dass er ein „Reiner“ war, stimmte mit Paulus nicht überein. Paulus war ein Schriftgelehrter, der sich auch in griechischer Philosophie auskannte. Musste man ihn deshalb eines Tabubruchs verdächtigen, wenn er den Griechen nicht gebot, die Torah zu halten, wenn sie sich dem einzig richtigen Glauben, nämlich den Glauben an den Gott Israels, zuwenden wollten?
Bevor es dazu kommen konnte, hat der heilige Geist an dieser Stelle eingegriffen und Jakobus inspiriert. Jakobus gab Petrus nicht wie selbstverständlich recht, er, von dem wir ja persönlich wissen (Jak 2), dass er der Meinung war, dass die Erfüllung der Torah zum Erwerb des Heils dazugehörte. Aber er gab ihm indirekt doch recht, als er die Devise ausgab, dass man doch diejenigen aus den Nationen, die sich zu Jesus und dem Messiasglauben bekehrten „nicht beschweren soll, sondern ihnen schreibe, dass sie sich enthalten sollen von Befleckung durch Götzen und von Unzucht und vom Erstickten und vom Blut.“ (15,19-20)
Was ist darüber schon gerätselt worden! Dabei sind das Vorschriften, die den Juden den Umgang und die Mahlsgemeinschaft mit Nichtjuden erleichtern sollten.
Es sind Torahvorschriften, bei denen es Sinn machte, dass man sie einhielt und daher wollte man ausdrücklich darauf hinweisen. Die ganze Torah hätte die Nichtjuden, jedenfalls vorerst, nur beschwert und abgeschreckt. So war außerdem gewährleistet, dass diejenigen Juden, die sich als Juden identifizieren wollten, das weiter leicht tun konnten. Das war notwendig zum Überleben in der Diaspora und um unter den Juden überhaupt noch gehört werden zu können. Und sie brauchten vor allem auch nicht in der Diaspora Angst haben, dass die Torah plötzlich abgeschafft würde, denn, Jakobus betont: „Denn Mose hat von alten Zeiten her in allen Städten solche, die ihn predigen, und wird an jedem Sabbat in den Synagogen gelesen.“ (15,21) Die Torah war also nicht in Gefahr.
Zu diesem Zeitpunkt konnte Jakobus noch nicht absehen, wie schnell sich das nichtjüdische Christentum entwickeln würde. Für ihn war nur ersichtlich, dass der Anteil an nichtjüdischen Gläubigen gering war. Die Apostel erwarteten doch Jesus zurück, wenn Israel sich zu Ihm bekehrte, nicht wenn die Nationen sich bekehrten. Es kam also auf die Missionierung der Juden an, nicht der Nichtjuden! Das messianische Reich war ein Reich, in dem Israel die erste Geige spielte. Schriftgelehrte hatten zu allen Zeiten gelehrt, dass der Messias kommen würde, wenn die Torahfrömmigkeit des Volkes ein bestimmtes Vollmaß erreicht haben würde.
Deshalb hatten die Jünger Jesu den Missionsbefehl auch richtigerweise so verstanden, dass er nichts daran änderte, dass sie das Volk Israel zur Umkehr predigen sollten und erst dann also, später, wenn der Messias wieder da war, würde man die Nationen unterrichten und zu Jüngern machen. Die Frage, wie sich die gläubigen Nichtjuden verhalten sollten, hatte sich bisher nicht gestellt, weil man seit Jahrhunderten dazu die gleiche Antwort gehabt hat.
Man muss sehen, dass das Herzukommen von Nichtjuden zur Gruppe der Messiasgläubigen eher als eine störende und auch nicht unbedingt sehr willkommene Begleiterscheinung der Evangeliumsverkündigung aufgefasst werden konnte, die mit der pragmatischen Hoffnung verbunden war, dass bei einer Gemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden, die Juden dank ihrer Torahkenntnisse die geistliche Oberhand behalten würden, denn so war es doch die letzten Jahrhunderte auch immer gewesen. Nichtjuden wurden immer zu Juden, niemals wurden Juden zu Nichtjuden! Man kann ja auch ein abgeschnittenes Teil nicht wieder ankleben!
In dem Sendschreiben an die Gläubigen in Antiochien, lässt Jakobus ausrichten, dass „einige von den Unseren“ (15,24) sie mit Lehren irregemacht und verwirrt haben. Er sagt nicht ausdrücklich, dass das Irrlehren waren, sondern dass man sie irregemacht hat. Man hat ihnen ein schlechtes Gewissen gemacht. Wem sollte man jetzt glauben? Paulus oder denen aus Jerusalem um Jakobus? Aber indem die messianischen Juden aus Jerusalem den Gläubigen in Antiochien gesagt hatten, dass sie sich beschneiden lassen und die ganze Torah halten müssten, hat man ihnen auch etwas Falsches gesagt. Jakobus hat nicht behauptet, dass es falsch war. Er hätte das auch gar nicht behaupten können, weil er niemals die Sicht hatte, dass es falsch sei, wenn man die Torah hielt.
An dieser Stelle ist es wichtig, zu erkennen, dass Jakobus diese Nachricht nicht allen überbringen ließ. Er war also nicht der Meinung, dass sich Juden nicht mehr beschneiden lassen oder nicht mehr die Torah halten müssten, sondern nur den Nichtjuden gestand er das zu. Nichtjuden gehörten nicht zum Bundesvolk. Dennoch sollten sie Jesus, den Sohn Gottes anerkennen und daran glauben, dass ihre Sünden durch ihn getilgt waren. Aus dieser zweifachen Ausrichtung des Gottessohnes: Gottessohn und Erlöser für alle Menschen und Messias Israels und der Nationen ergab sich zwangsläufig die Verkündigung zweier Evangelien. Eines nach Paulus und eines wie gehabt. Das Letztere vertrat Jakobus. Diese Schlussfolgerung ist zwingend und dennoch wird sie von den meisten Kirchentheologen geleugnet. In Kurzform lautet das Evangelium von Paulus, „Jesus genügt!“ Das Evangelium von Jakobus lautete Umkehr, Beschneidung, Torah und der Glaube an Jesus als den Messias Israels. Dieses Evangelium sah Jakobus für die Juden vor. Er erlaubte andererseits aber auch dem Paulus sein Evangelium den Nichtjuden zu bringen.
Und jetzt versteht man vielleicht auch, warum die Position von Petrus eine besondere war. Er hatte zwar erkannt, dass die Nichtjuden von Paulus zurecht etwas Anderes zu hören bekamen, aber was sollte nun den Juden gegenüber gelten, deren heiligstes Heiligtum schon immer die Torah gewesen war? Auch der Tempel in Jerusalem stand noch. Das wird von den Christen meist übersehen oder unterschätzt. Alles drehte sich in Israel um den Tempel. Deshalb gingen die Jünger Jesu auch jeden Tag zum Tempel, um dort zu predigen oder zu diskutieren. Der Tempel war Bestandteil der Torah, viele Vorschriften der Torah konnte man nur einhalten, wenn man diesen Tempel hatte. Daraus folgt, dass nach dem Verlust des Tempels das gläubige Judentum vor gewaltigen Glaubensproblemen und natürlich auch theologischen Problemen stand.
Nichtjuden durften diesen Tempel gar nicht betreten, außer den Vorhof. Das waren gewissermaßen Menschen zweiter Klasse. Unreine eben! Paulus würde geschrieben haben, dass dieser Vorhof nicht mehr bestand, weil nun jeder den direkten Zutritt zum Vater hatte. Eine solche Sichtweise war und ist für das Judentum ein Sakrileg.
Petrus befand sich also in einer Zwickmühle. Und deshalb kam es zu dem, was Lukas in seiner Apostelgeschichte nicht erwähnt, aber Paulus in seinem Brief an die Galater nicht auslässt: *9 Paulus redet folgerichtig von zwei Evangelien, einem der Beschneidung, „Evangelion tes peritomes“, für das er ausdrücklich Petrus als zuständig bezeichnet und das Evangelium der Vorhäutigkeit, „Evangelion tes akrobystias“ (akrobystia für Vorhaut), das er sich selber zuschreibt. Dem Petrus wirft er in Gal 2,11ff Heuchelei vor. Bevor nämlich die Brüder der Gemeinde von Jerusalem nach Antiochien gekommen waren, war Petrus mit seinen Leuten schon da gewesen und hatte Tischgemeinschaft mit den Nichtjuden gehabt. Petrus kannte natürlich die Torahfrömmigkeit der Jerusalemer. Als sie ankamen, setzte er sich weg, so wie noch ein paar andere jüdische Gläubige auch. Es heißt ausdrücklich, dass Petrus die „aus der Beschneidung fürchtete“ (Gal 2,12). Das hätte er nicht müssen, wenn er mit ihnen ein Herz und eine Seele war. Er wollte von diesen Eiferern für das Gesetz nicht zur Rede gestellt werden, warum er sich mit diesen Unreinen an einen Tisch gesetzt hatte.
Da war sie wieder diese alte Furchtsamkeit von Petrus, die Angst des alten Adam in Petrus, dem Petrus, dem schon Engel erschienen waren; dem Petrus, der schon Tote auferweckt hatte; dem Petrus, der schon Menschen geheilt hatte; dem Petrus, der sich erkühnte, vor den Hohepriestern seine eigene Meinung zu vertreten; schließlich dem Petrus, dem der auferstandene Christus Sonderlektionen gegeben hatte. Wie kann man da noch Angst vor Menschen haben? Haben ihn seine Glaubenserfahrungen überfordert? Er war vermutlich der einzige der zwölf Apostel und wahrscheinlich der einzige der Brüder in Jerusalem, der wusste, dass Paulus Recht hatte.
Aber warum hatte Gott diesen Paulus erweckt? Ausgerechnet diesen Paulus, der vorher ein Erzfeind der Jünger gewesen war! Ahnt man, in welcher Position Petrus sich wähnte? Ahnt man, warum Jesus ihn drei Mal gefragt hatte, ob er Ihn liebe?
Man ersieht an der Furcht und dem feigen Verhalten von Petrus, dass die Fraktion der Torahfrommen in der christlichen Gemeinde mächtig war und einen starken Einfluss ausübte. Ihnen gegenüber konnte sich Petrus nicht durchsetzen. Und auch nicht er war irdisches Haupt der Gemeinde in Jerusalem, sondern Jakobus, der an der Torah festhielt, wie ja auch sein Brief an die Juden in der Diaspora zeigt. Petrus wusste, dass Paulus Recht hatte, aber er hatte nicht die Mittel, die anderen Juden davon zu überzeugen, die in Jerusalem das Sagen hatten. Erst auf der nachfolgenden Apostelkonferenz, unter der Schirmherrschaft des heiligen Geistes, traute er sich, aufzustehen und ein klares Bekenntnis abzugeben, vielleicht auch schon wieder geläutert nach dem Versagen im Angesicht des Paulus.
Paulus, nein, Jesus hatte etwas „gut“ bei Petrus. Paulus hatte dem Petrus vorgehalten: „weil wir wissen, dass der Mensch durch Werke des Gesetzes nicht gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, sind auch wir zum Glauben an Christus Jesus gekommen, damit wir gerecht werden durch den Glauben an Christus und nicht durch Werke des Gesetzes; denn durch des Gesetzes Werke wird kein Mensch gerecht.“ (Gal 2,16) Man stelle einmal dem das gegenüber, was Jakobus sagte: „Ist nicht Abraham, unser Vater, durch Werke gerecht geworden, als er seinen Sohn Isaak auf dem Altar opferte? … So seht ihr nun, dass der Mensch durch Werke gerecht wird, nicht durch Glauben allein." (Jak 2,21.24) Und nun stelle man es noch dem gegenüber, was Petrus bei der Apostelkonferenz sagte: „Vielmehr glauben wir, durch die Gnade des Herrn Jesus selig zu werden, auf gleiche Weise wie auch sie." (Ap 15,11)
Wer nun glaubt, dass das Problem des Widerspruchs auf der Apostelkonferenz gelöst war, sieht sich bald eines Besseren belehrt. Den Ältesten der Gemeinde in Ephesus, bei der er sehr lange gelehrt hatte, sagte Paulus: „Denn das weiß ich, dass nach meinem Abschied reißende Wölfe zu euch kommen, die die Herde nicht verschonen werden. Auch aus eurer Mitte werden Männer aufstehen, die Verkehrtes reden, um die Jünger an sich zu ziehen.“ (Ap 20,29-30) Damit ist biblisch belegt, dass die dortige Gemeinde bald keine paulinische Gemeinde mehr war. Wenn das schon für Ephesus galt, der Gemeinde, die von Paulus überfüllt wurde mit tiefen Erkenntnissen über das Wirken Gottes und Gottes Heilsplan, was ist dann für die anderen Gemeinden zu denken? Viele Bibelausleger meinen ja, mit dem Neuen Testament und vor allem mit der Missionierung durch Paulus habe das Zeitalter der Kirche angefangen. Nur stellt sich die Frage, was war das für eine Kirche, wenn sie nicht mehr Paulinisches lehrte und von Wölfen durchsetzt war? Was war da am Entstehen, was nach Paulus kommen würde, nachdem er nicht mehr da war? Die Frage ist leicht zu beantworten. Sie wird durch die Geschichte beantwortet.
Aufschlussreich ist auch noch, wie Paulus nach Jerusalem zurückkehrt und der dortigen Gemeinde und Jakobus berichtet, was er alles bei den Nationen erreicht hat, denn da gibt ihm Jakobus eine beinahe provokante Antwort:
„Da sie aber das hörten, lobten sie Gott und sprachen zu ihm: Bruder, du siehst, wie viele Tausende unter den Juden gläubig geworden sind und alle sind Eiferer für das Gesetz." Diese Antwort passt eigentlich gar nicht an der Stelle und muss Paulus wie Hohn in den Ohren geklungen haben. Wenn Jakobus sagt, dass in Jerusalem tausende Juden Messiasgläubig geworden sind, ist das zunächst einmal eine gute Sache. Doch Jakobus sagt nicht: Tausende haben sich zu Jesus als ihrem Messias bekannt, sondern er sagt: „alle sind Eiferer für das Gesetz" (21,20). Wenn sich also die Gläubigen in Jerusalem irgendwie auszeichnen, dann dadurch, dass sie für die Torah eifern! „Jetzt, Paulus, erzähle du mal, wie sehr deine bekehrten Heiden für die Torah eifern!?“ Natürlich überhaupt nicht!
An dieser Stelle sei vermerkt, dass die Gemeinden von Paulus noch eine Weile nach Paulus Tod weiter existierten, während die Gemeinde in Jerusalem noch vor der Tempelzerstörung Jerusalem verließ und mit der Tempelzerstörung verschwand. Einzelne Gläubige mögen es überallhin geschafft haben, aber die Gemeinde ging mit Jerusalem im Jahre 70 unter.
Aber Jakobus sagt das nicht, um Paulus zu reizen, sondern er fährt fort, dass der Gemeinde in Jerusalem berichtet worden sei, dass Paulus die Juden in der Diaspora den Abfall von Mose lehren würde (21,20). Es ist bemerkenswert, dass Jakobus Paulus gar nicht fragt, ob das stimmt und auch Lukas berichtet nicht davon, dass Paulus die Vorwürfe abgestritten hätte. Nein, sondern Jakobus geht es um den lieben Frieden in Jerusalem. Er fordert Paulus auf, in Jerusalem etwas zu tun, was die Gemeinde beruhigt. Er schlägt deshalb eine Schauveranstaltung vor, bei der sich herausstellt, dass Paulus das jüdische Brauchtum respektiert und unterstützt (Ap 21, 23ff). Über Petrus erfährt man in diesem Zusammenhang nichts.
Paulus wird dennoch vom aufgewiegelten Volk verfolgt und daher von den Römern in Sicherungsverwahrung genommen. Ähnlich wie bei Stephanus so auch bei Paulus. Während die jüdische, religiöse Obrigkeit Paulus bis nach Cäsarea, wo der Statthalter der Provinz residiert, nachreist, um ihn dort anzuklagen, lässt sich kein Jünger Jesu dort blicken. Paulus bleibt zwei Jahre gefangen. Von einem Besuch der Jünger sagt Lukas nichts. Lukas berichtet nur davon, dass die Hohepriester es wieder mit einer Anklage versuchten und wieder zogen sie von Jerusalem nach Cäsarea und wieder hört man nichts von Jüngern, die Paulus unterstützt hätten. Manchmal bekommt man Informationen über die Informationen, die man nicht bekommt!
Und Petrus? Petrus hat seinen letzten Auftritt in der Apostelgeschichte des Lukas auf der Apostelkonferenz. Es gibt keine Apostelgeschichte, die von Petrus oder Markus, seinem Begleiter verfasst worden wäre. Und auch die Überlieferung gibt nichts Zuverlässiges her. Hat er Besuch bekommen, als er in seiner Zelle in Rom auf seine Hinrichtung gewartet hat? Ist er so einsam gestorben wie Jesus damals am Kreuz? Vielleicht ist es besser, dass man nicht mehr weiß!
Dem Petrusbiographen stehen aber noch zwei Briefe von Petrus zur Verfügung. Jetzt erst, nachdem einige Stationen im Leben des Petrus beleuchtet worden sind, kann auch der Inhalt der Briefe des Petrus in Augenschein genommen werden.
Der erste Petrusbrief
Die Sonderstellung
1 Pet 1,1 -3
Diese Briefe sind an die Juden in der Diaspora gerichtet. Dass Petrus selber in der Diaspora war, ergibt sich aus einem dieser Briefe, sonst wüsste man es nicht. in 1 Pet 5,13 grüßt Petrus: „Es grüßt euch aus Babylon die Gemeinde, die mit euch auserwählt ist." Ob mit Babylon das Babylon im Zweistromland gemeint ist, wo es zur Zeit Petri eine große jüdische Gemeinde gab, oder ob Rom gemeint ist, das für viele Juden das neue Babylon war, ist unklar. Jedenfalls gab es in Rom die größte jüdische Diasporagemeinde überhaupt, die ja auch Paulus zu sich zitiert hatte und in einem Brief angeschrieben hatte. Im ersten Fall wäre Petrus auf den Spuren der orientalen Diasporagemeinden gewandelt, im anderen Fall hätte er die größte Diasporagemeinde überhaupt aufgesucht. das soll hier nicht entschieden werden. Wichtiger ist, was Petrus den Juden zu sagen hatte.
Der Name von Petrus ist eigentlich Schimon. Das ist übersetzt der „Hörende“. Schimeon war ein Sohn Jakobs. Demnach hieß auch ein Stamm so. Da die zwölf Jünger Jesu die zwölf Stämme regieren sollten, ist es naheliegend daran zu denken, dass Schimon für Schimeon zuständig sein wird, wenn sich im messianischen Reich alle Stämme Israels um den Messias versammelt haben. Petrus wurde auf aramäisch Kefas genannt, was „Fels“ bedeutet. Das griechische Petros macht davon quantitative Abstriche, denn es bedeutet „Stein“ oder sogar „Kiesel“.
Petrus war wie sein Bruder Andreas ein Anhänger von Johannes dem Täufer gewesen. Das bedeutet, dass er schon von der Verkündigung des Propheten Johannes über die Notwendigkeit der Umkehr Israels informiert war. Daran hatte Jesus unmittelbar angeknüpft. Mehr noch, Johannes der Täufer hatte ja gegenüber