Die Liebe der Kaffeehändlerin - Christa Kanitz - E-Book
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Die Liebe der Kaffeehändlerin E-Book

Christa Kanitz

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Beschreibung

Der Skandal im 19. Jahrhundert: Eine Frau geht mutig ihren Weg! „Die Liebe der Kaffeehändlerin“ von Christa Kanitz jetzt als eBook bei dotbooks. Es ist ein schwerer Schicksalsschlag für die reichste Kaffeehändlerfamilie Hamburgs: Der Patriarch erkrankt schwer, sein Stammhalter ist noch zu jung, um die Geschäfte zu übernehmen. So kommt es, dass die älteste Tochter in die Fußstapfen ihres Vaters tritt. Im feinen Villenviertel Teufelsbrück wird die Nase gerümpft – eine Frau gehört in die Küche oder das Klavierzimmer, nicht ins Kontor! Doch Melanie gelingt es, sich gegen jeden Widerstand durchzusetzen und verhilft dem Familienbesitz zu neuem Glanz. Als jedoch die Franzosen in Hamburg einmarschieren, brechen gefährliche Zeiten an. Ist damit auch alles verloren, für das die selbstbewusste junge Frau gekämpft hat? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Die mitreißende Familiensaga „Die Liebe der Kaffeehändlerin“ von Christa Kanitz wird Fans von Anne Jacobs begeistern. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 386

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Über dieses Buch:

Es ist ein schwerer Schicksalsschlag für die reichste Kaffeehändlerfamilie Hamburgs: Der Patriarch erkrankt schwer und sein Stammhalter ist noch zu jung, um die Geschäfte zu übernehmen. So kommt es, dass die älteste Tochter in die Fußstapfen ihres Vaters tritt. Im feinen Villenviertel Teufelsbrück wird die Nase gerümpft – eine Frau gehört in die Küche oder das Klavierzimmer, nicht ins Kontor! Doch Melanie gelingt es, sich gegen jeden Widerstand durchzusetzen und verhilft dem Familienbesitz zu neuem Glanz. Als jedoch die Franzosen in Hamburg einmarschieren, brechen gefährliche Zeiten an. Ist damit auch alles verloren, für das die selbstbewusste junge Frau gekämpft hat?

Über die Autorin:

Christa Kanitz (1928 – 2015) studierte Psychologie und lebte in der Schweiz und Italien, bis sie sich in Hamburg niederließ. Sie arbeitete für den Südwestfunk und bei den Lübecker Nachrichten; 2001 begann sie in einem Alter, in dem die meisten Menschen über den Ruhestand nachdenken, mit großem Erfolg, Liebesromane und historische Romane zu schreiben. Unter ihrem Pseudonym Christa Canetta veröffentlichte sie bei dotbooks die Romane Das Leuchten der schottischen Wälder, Schottische Engel, Schottische Disteln, Die Heideärztin, Die Heideärztin unter dem Kreuz des Südens und Der Tanz der Flamingos.

***

Originalausgabe August 2015

Copyright © 2015 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Redaktion: Christina Seitz

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung eines Bildmotivs von shutterstock/Masson.

ISBN 978-3-95824-239-5

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Christa Kanitz

Die Rivalen von Teufelsbrück

Roman

dotbooks.

Kapitel 1

Melanie Meiendorf stand am Fenster des Salons und sah hinunter zur Elbe, wo gerade ein Unwetter herannahte. Wie ein Trauertuch wanderte die schwarze Gewitterwand von Nordwesten über den Fluss heran. Die Sonne hatte sie schon verschluckt und das Land rechts und links vom Wasser ebenfalls. Melanie öffnete eilig das Fenster, schloss dessen Holzläden und verriegelte sie. Gewitter, die aus dieser Himmelsrichtung herankamen, konnten sehr heftig werden, und vermutlich würde auch der Fluss wieder über die Ufer treten. Sie ging ins Nebenzimmer und beobachtete nun von dort aus den Verkehr unten an der Anlegestelle des kleinen Dorfes Teufelsbrück. Die Fähre hinüber nach Finkenwerder hatte längst abgelegt, die Fährmänner wussten, was ein Unwetter von Nordwest bedeutete. Aber die Fußgänger und Reiter, die Kutschenfahrer und die Händler mit ihren Karren nahmen die Gewitterwand nicht ernst. Sie plauderten sorglos miteinander und blieben stehen, um das Geschehen am Fluss zu bestaunen, der nun doch schon über das Ufer strich, aber noch keine Gefahr bedeutete. Sie begrüßten einander, winkten sich zu und verabschiedeten sich wieder. Zwei dänische Soldaten tränkten vier Pferde, die einen schweren Planwagen ziehen mussten.

Melanie lächelte. Es war immer das gleiche friedliche Bild um diese Zeit am späten Nachmittag. Die einen kamen heim von der Arbeit in den nahe gelegenen Dörfern. Andere waren unterwegs zur Arbeit, und ein paar genossen einfach nur die Abendluft nach einem heißen Tag. Die Kutscher hatten ihre Aufträge erledigt, und die, die keine Passagiere beförderten, hielten an, um den Pferden eine Verschnaufpause zu gönnen, bevor es hinauf in die umliegenden Dörfer Klein Flottbek, Othmarschen, Nienstedten oder nach Blankenese ging.

Die Wegkreuzung in Teufelsbrück mit dem Fähranleger war auch die tiefste Stelle des Sandweges, der entlang der alten Heerstraße Karls des Großen verlief, und sehr oft überschwemmt. Sehr viel Verkehr ging dort zum Glück nicht entlang, denn die Straße war ein Privatweg der angegliederten Dörfer, und wer durchfahren wollte, musste in Ottensen Wegegeld für die Nutzung bezahlen. Viele reiche Hamburger, die die stille Schönheit des Elbufers bevorzugten, hatten diese Exklusivität genutzt und ihre Residenzen gerade hier erbaut, um vor den Blicken neugieriger oder neidischer Menschen geschützt zu sein.

Eines dieser prachtvollen Häuser war die Villa der Meiendorfs. Mit Blick auf den steigenden Fluss stellte Melanie nun fest, dass sie heute wohl keine Möglichkeit mehr hätte, das Haus zu verlassen. Die Villa lag zwar etwas erhöht gegenüber der schmalen Landstraße, war aber trotzdem bei Hochwasser von allem abgeschnitten. Von daher mochte Melanie Hochwasser gar nicht, sie fühlte sich stets wie eine Gefangene, und das behagte ihr wenig. Sie hatte zwar einen feinen Blick vom Haus zum Fähranleger, zum Fluss und zu der Straße hinunter, aber eine Freiheitsberaubung mochte sie nicht. Schon allein die geschlossenen Fensterläden bedrückten sie.

Sie ging ins kleine Zimmer nebenan, wo die Läden noch geöffnet waren, und beobachtete Hunde, die im flachen Wasser tobten, und einen Fischer, der sich mit geblähten Segeln beeilte, vor dem Unwetter seinen kleinen Hafen in Övelgönne zu erreichen.

Melanie zog an der Klingelschnur, und als die Haushälterin erschien, sagte sie zu ihr: „ Emma, ich glaube, wir bekommen ein schweres Unwetter. Sind Stephanie und Johannes im Haus? Ich habe sie heute Nachmittag weder gehört noch gesehen.“

„Nein, Melanie, die beiden sind noch im Stall, Carina bekommt ein Fohlen, und das wollten sie nicht verpassen.“ Emma, die Melanie großgezogen hatte, streichelte ihr über die Wange und sagte freundlich, aber bestimmt: „Du musst dir nicht mehr so viele Sorgen um deine Schwester und deinen Bruder machen, sie sind doch inzwischen schon siebzehn und fünfzehn Jahre alt, und ich bin schließlich auch noch da.“

„Ja, Emma, natürlich, aber du weißt ja, dass ich den Eltern versprechen musste, auf die beiden aufzupassen, und so wild, wie sie sind, da komme ich kaum hinterher.“

„Melanie, bitte mach dir keine Sorgen, wir haben die Gouvernante und den Lehrer, und der Kutscher im Stall passt auch auf, die beiden sind gut behütet, da kannst du ganz sicher sein.“

Draußen grummelten die ersten Donner durch die dunklen Wolken, und im Haus wurde es merklich dunkler. Emma zündete die Petroleumlampen in den Wandhaltern an. Melanie war zwar eine gestandene junge Frau, aber bei einem solchen Gewitter hätte sie sich am liebsten unter dem großen Esstisch verkrochen, wie sie es früher immer getan hatte. Aber jetzt, mit neunzehn Jahren, war sie einfach zu alt dafür. Sie wollte nicht, dass Emma sie auslachte, und nahm sich vor, tapfer zu bleiben.

„Ob die Mädchen überall die Fenster geschlossen haben?“

„Ich habe es ihnen gesagt und ich bin sicher, dass sie alles dichtgemacht und auch die Abdeckplatten über die Kellerfenster gelegt haben. Außerdem kümmert sich der Gärtner darum.“

„Nur gut, dass unser Haus so erhöht steht. Ich möchte bei solchen Unwettern nicht unten am Wasser wohnen.“

„Melanie, hab nur keine Angst, dein Vater ist ein kluger und weitsichtiger Mann. Er hat das Grundstück gekauft, als Herr Voght nebenan die vier Gutshöfe erwarb und sein Sommerhaus darauf baute. Die befreundeten Herren haben oft über die Nutzung der Ländereien geredet und ihre Häuser nach englischem Vorbild gebaut. Das war damals in den feinen Kreisen so üblich. Den Engländern verdanken wir auch die Wasserleitungen, die Spültoiletten und die Kamine.“

„Mutter ärgert sich, wenn sie zu den feinen Herrenabenden in dem Sommerhaus vom Herrn Voght nicht eingeladen wird. Vater erzählt uns dann oft von den Treffen mit Herrn Klopstock und Herrn Poel und Herrn Sieveking. Aber das sind die Abende eines Freundeskreises, in dem Frauen nichts zu suchen haben.“

Emma lächelte. „Aber manchmal treffen sich die Herren auch hier bei uns auf der Terrasse – und dann ist deine schöne Frau Mama der Mittelpunkt.“

„Das stimmt.“ Melanie schaute durch die Terrassentür hinaus in den großen Garten und bis hinunter zur dicken Mauer, die das Grundstück zur Elbe hin abschloss. „Mutters Rosen lassen schon die Köpfchen hängen, die wissen genau, was so ein Unwetter anrichten kann.“

„Aber morgen früh heben sie dann wohlbehalten ihre Blüten und lachen der Sonne entgegen“, beruhigte sie Emma. Dann bestätigte sie aber Melanies Befürchtung: „Die Elbe ist heute wieder unberechenbar und steigt ganz schön, die Leute da unten haben sich alle schnell verzogen.“

„Die Elbe weiß bei solchem Wetter einfach nicht, wohin mit ihrem Wasser. Von hinten drängt der Fluss und von vorn kommt das Meer, wohin soll sie dann auch fließen, wenn nicht nach nebenan.“

„‚Nebenan‘ ist gut gesagt“, lachte Emma. „Ich gehe lieber und schau im Keller noch einmal nach dem Rechten. Was soll die Köchin heute Abend servieren?“

„Etwas Kaltes“, bat Melanie und schaute der Haushälterin nach, die trotz ihrer Rundungen und der fünfzig Jahre, die sie bereits zählte, noch sehr flink und gewandt durch die Halle eilte. Ach Emma, dachte Melanie, gut, dass es dich gibt. Und heimlich gestand sie sich ein, dass sie Emma mehr liebte als die eigene Mutter.

Emma war immer da, wenn Melanie sie brauchte. Emma Rübenkamp verstand es, Tränen zu trocknen und Wehwehchen zu heilen. Sie hörte zu, wenn eines der Kinder traurig war, und sie tröstete, wenn jemand keinen Rat wusste.

Melanies Mutter war dagegen immer die feine englische Lady geblieben, auch wenn sie bereits viele Jahre in Hamburg lebte. Sie ging gern auf Reisen, sie fuhr oft zum Einkaufen in die Stadt, und ihre Teestunden mit Freundinnen liebte sie am allermeisten. Dabei durfte sie niemals gestört werden, nicht einmal, wenn eines der Kinder gerade vom Pferd gefallen war und sich dicke Beulen geholt hatte. Nur die englische Sprache, die mussten alle ihre Kinder bei ihr lernen. Da gab es kein Pardon, auch wenn das Wetter noch so schön war und zum Baden in der Elbe einlud. Der Englischunterricht hatte immer Vorrang.

Dabei fand Melanie Französisch viel schöner. Und die Franzosen waren zudem in Hamburg viel beliebter als die Engländer. Ihre Herkunft konnte Melanies Mutter nicht verleugnen, und ihr Vater stand natürlich stets auf deren Seite.

Melanie gefielen die gutaussehenden Franzosen, die sich in Hamburg niedergelassen hatten. Nach der Revolution hatten sie Frankreich verlassen müssen und vergnügten sich nun oft und gern in den neuen französischen Gastwirtschaften an der Elbe. Und der neue Alsterpavillon am Jungfernstieg war, soweit sie wusste, 1799 auch von einem Franzosen eröffnet worden. Damit war Leben in die Stadt gekommen, was Melanie freute. Was sie dabei allerdings nicht ahnte, war, dass die Hanseaten den Franzosen viele Courantmark zahlten, um ihre Neutralität zu bewahren, denn zwischen England und Frankreich brodelte die Feindschaft, und an der Stadt Hamburg mit ihrem großen Hafen hatten beide Länder ein außerordentlich großes Interesse.

Melanie warf einen kurzen Blick über das Flüsschen Flottbek hinüber zum anderen Ufer. Dort hatte der Teehändler Rönneburg eine Villa für seine Familie errichtet. Aber wie so oft waren alle Fenster von Holzläden verdeckt. Es wirkte fast so, als wäre das Haus unbewohnt. Dabei lebten dort zwei gutaussehende Jungen in Melanies Alter. Melanie hätte sich gern mit Gleichaltrigen angefreundet, die, wie sie, ziemlich vereinsamt hier in Teufelsbrück lebten. Aber ihr Vater war strikt dagegen und hatte ihr jeglichen Kontakt zu diesen „räuberischen Rönneburgs“, wie er abschätzend sagte, verboten. Melanie war sehr erschrocken, als ihr bei diesem Gespräch die harten Züge im Gesicht ihres Vaters auffielen. Von dem Tag an, an dem die Rönneburgs in die elegante Villa eingezogen waren und nun nächste Nachbarn waren, hatte der Vater stets diesen drohenden Ausdruck in den Augen, sobald der Name Rönneburg fiel.

Als die Köchin zum Abendessen gongte, ging Melanie hinüber in den Frühstücksraum, der ihnen als Speisezimmer diente, wenn die Eltern nicht anwesend waren. Stephanie und Johannes saßen bereits mit Mademoiselle Nadine, der Gouvernante, die für den französischen Sprachunterricht, für deutsch-französische Geschichte und für Handarbeiten zuständig war, und mit Pieter Voss, dem Lehrer, am Tisch. Selma, die Köchin, trug kaltes Huhn und frischen Salat auf, und Emma nahm den Platz der Hausfrau ein, denn schließlich musste sie diese Position ausfüllen, solange die Hausherrin abwesend war. Während des Essens war es den jungen Leute nicht erlaubt zu sprechen, aber Melanie sah nur allzu deutlich, wie ihre Geschwister vor Aufregung fast explodierten.

Als die Nachspeise gegessen und Emma Rübenkamp ein Dankgebet gesprochen hatte, gab es dann für Stephanie und Johannes kein Halten mehr. „Wir haben ein Fohlen, ein neues Pferd, und der Name muss mit Ch anfangen, und wir haben es gleich Chianti genannt. Vater trinkt doch so gern den Chianti-Wein aus Italien, da wird ihm der Name bestimmt gefallen“, überfielen die beiden die ältere Schwester. Melanie lachte. „Warum muss der Name denn ausgerechnet mit Ch anfangen? Das ist doch sehr schwierig. Ist es denn überhaupt ein Hengst?“

„Na klar, wir sind doch nicht dumm. Und das Ch muss sein, weil das so in den Papieren steht, hat der Arzt gesagt. Und ich will mal ein Tierdoktor werden, das weiß ich jetzt ganz bestimmt“, rief Johannes überschwänglich.

„Du musst die Rösterei übernehmen“, unterbrach Stephanie den Bruder.

„Nein, ich werde ein Tierdoktor, das macht mir Spaß, Kaffee rösten kann jeder, Tiere gesund machen ist viel wichtiger, das kann nur ein guter Doktor“, wollte Johannes nicht aufgeben.

„Du wirst wirklich einmal Vaters Geschäfte übernehmen müssen, und dazu gehört auch die Kaffeerösterei. Vater zählt auf dich, du bist doch der einzige Sohn.“

„Ich will aber nicht. Ich werde den Vater schon überreden, wenn es so weit ist. Jetzt bin ich erst fünfzehn. Ich habe noch viel Zeit zum Überreden.“

Melanie schwieg. Sie wusste, wenn ihr Bruder sich etwas in den Kopf setzte, war er nicht davon abzubringen. Außerdem steckte er nach wie vor mitten im Trotzalter, da konnte er sehr stur werden. Es war aber die Aufgabe ihres Vaters und nicht ihre, ihm die Leviten zu lesen. Sie beachtete es also nicht weiter und wandte sich der Schwester zu. „Hast du etwa auch schon Pläne für später?“

„Na klar, ich werde eine feine Frau. Eine schöne Dame, wie Mutter.“

Melanie lachte: „Weiter nichts?“

„Ist doch genug! Ich flaniere durch die Straßen, bis die reichen Männer mich sehen, und dann habe ich alles, was ich will.“ Auch Stephanie hatte ihr Trotzalter noch nicht ganz hinter sich gelassen. Melanie lächelte über diese Naivität und fragte so harmlos wie möglich weiter: „Und was willst du dann machen, wenn du so fein und schön bist?“

„Ich will viel Geld haben, schöne Kleider, ein elegantes Haus am Elbufer, so eins wie das hier, und ich will natürlich auch viele Reisen machen und die ganze Welt kennenlernen.“

„Ach Stephanie, Arbeit steht wohl gar nicht auf deinem Zukunftsplan?“

„Warum denn? Ich brauche nicht zu arbeiten, wir sind reich, da muss man sich doch nicht mit irgendwelcher Arbeit abplagen. Außerdem nehme ich den armen Leuten nicht die Arbeit weg, die haben sie viel nötiger als ich.“

Melanie schüttelte leicht verärgert den Kopf. „Hättest du denn gar keine Lust, irgendetwas zu tun?“

„Puh, warum sollte ich. Das Leben ist so schön, da muss man doch keine finsteren Gedanken an Arbeit verschwenden. Was willst du denn mal tun, Melanie? Arbeiten etwa?“

„Ich weiß es noch nicht, aber arbeiten will ich schon, vielleicht Geschäfte führen, wie Vater das macht.“

„Das ist doch Männerarbeit.“

„Na und?

„Wenn du nicht wie eine Frau lebst, kriegst du keinen Mann ab.“

„Ach was. Vor allem will ich ein zufriedenes Leben führen, da braucht man nicht unbedingt einen Mann. Hauptsache, man ist zufrieden“, sagte Melanie.

Aber Stephanie war ganz anderer Ansicht: „Das ist nicht genug für mich. Ich will auch mal einen Mann, denn Männer verwöhnen ihre Frauen, und das würde mir gefallen. Schau dir Papa an, wie der die Mama verwöhnt, sie braucht nur mit den Augen zu blinzeln, und schon hat sie alles, was sie will.“

„Ich würde mir lieber selber alle Wünsche erfüllen. Männer haben nämlich auch ihre Ansprüche, wenn sie die Frauen verhätscheln“, gab Melanie zurück.

„Ach, was können die schon wollen, ein Küsschen hier und eins da und schon sind sie zufrieden.“

Melanie lachte insgeheim. Sie fand ihre kleine Schwester noch sehr dumm und sie befürchtete, dass Stephanie sich sehr wundern würde, wenn ihr mal wirklich der Ernst des Lebens begegnete. Sie dagegen kannte sich ja aus … Heimlich las sie in den, wie sie fand, wunderbaren und sehr ausführlichen Aufklärungsbüchern ihrer Mutter, was sie aber nur tun konnte, weil die Mutter so oft verreist war. Längst wusste sie auch nur zu gut, wo sie nachschlagen musste, wenn sie gewisse Fragen plagten.

***

Die Standuhr in der Halle schlug zehn Mal, begleitet vom Donnergrollen des Gewitters, das draußen tobte. Es wurde Zeit für Stephanie und Johannes, ins Bett zu gehen. Pünktlich wie an jedem Abend erschien Emma Rübenkamp, um die beiden auf ihre Zimmer zu bringen, und Melanie rief nach dem Hund, woraufhin der Pointer aus einer Lücke zwischen Truhe und Garderobenschrank gekrochen kam. Sie streichelte ihn. „Dir geht es wie mir, beim Gewitter verkriechen wir uns lieber. Trotzdem, du musst noch mal kurz raus, sonst wird die Nacht zu lang. Aber beeile dich.“ Sie öffnete die Haustür. Jogas stürmte in den strömenden Regen hinaus, schüttelte sich, suchte einen Lieblingsbaum, verrichtete sein Geschäft und kam zurück. Pitschnass stürmte er zurück in die Halle, rutschte über den Marmorboden, stieß sich an der Truhe und schüttelte vor Melanie das Wasser aus dem Fell.

„Das könntest du auch woanders machen, jetzt sind wir beide nass. Komm mit rauf, ich trockne dich ab und dann nichts wie ins Körbchen mit dir.“ Melanie lachte und lief mit dem großen Hund um die Wette die breite Treppe hinauf.

Ein Hund war vor einigen Jahren der größte Wunsch der hübschen, aber burschikosen Melanie gewesen. Und dass Jogas bei ihr im Schlafzimmer übernachten durfte, hatte sie mit viel Trotz bei den Eltern durchgesetzt. „Wenn Jogas nicht bei mir schlafen darf, schlafe ich bei ihm im Stall“, hatte sie erklärt, als sie den jungen, zehn Wochen alten Pointer geschenkt bekam. Und tatsächlich machte sie wahr, was sie angedroht hatte. Als die Eltern ihr an ihrem vierzehnten Geburtstag abends gute Nacht sagen wollten, fanden sie ihr Bett leer vor. Melanie war in den Pferdestall umgezogen, wo der Pointer in einer leeren Pferdebox untergebracht war. Als sie sich mit viel Geschrei dagegen wehrte, ohne den Hund in ihr Zimmer zurückzukehren, gab die Mutter schließlich nach. Der Gedanke, ihrer tierliebenden Tochter einen englischen Rassehund zu schenken, war ihre Idee gewesen, und sie wollte verhindern, dass durch das Geschenk eine Missstimmung in der Familie aufkam. Mrs Beatrice Meiendorf kannte ihre Tochter, die Familie hätte eine schlaflose Nacht und einen übellaunigen Tag und, wer weiß, vielleicht noch mehrere schlaflose Nächte erleben müssen, Melanie hätte nicht nachgegeben. Eine Tatsache übrigens, auf die Mrs Meiendorf sehr stolz war, denn diese Hartnäckigkeit hatte Melanie neben den zarten Gesichtszügen von ihr geerbt.

Immerhin war es ihr mit dieser Eigenschaft, nie aufzugeben, gelungen, den gutaussehenden, reichen Hamburger Geschäftsmann Hermann Meiendorf zu ehelichen. Eine wunderbare Möglichkeit hatte sich ihr damals geboten, dem alten, verstaubten Castle ihrer Familie in Ipswich zu entfliehen und die Eleganz einer Weltstadt auf dem Festland zu genießen.

***

Melanie ging zum Gutenachtkuss in die Zimmer ihrer Geschwister, Johannes schlief schon und sie störte ihn nicht mehr, aber Stephanie war noch wach.

„Na, meine Liebe, schläfst du noch nicht?“

„Nein, das Gewitter hält mich wach.“

„Aber es ist fast vorbei, es tobt sich jetzt über Hamburg aus.“

„Sind wir etwa nicht in Hamburg?“

„Doch, schon, aber ganz am Rande.“

„Vorhin haben wir doch über das Leben gesprochen, und was wir einmal damit anfangen wollen.“

„Ja, das stimmt, und du hattest ganz genaue Vorstellungen von der feinen Dame, die du mal werden möchtest.“

„Du etwa nicht?“

„Nein, ich würde gern eine Geschäftsfrau werden.“

„Für die Geschäfte sind allein die Männer zuständig, die Geschäftsmänner meine ich.“

„Und warum können Frauen keine Geschäfte machen?“

„Weil sie die Männer versorgen müssen und ihre Kinder und ihre Haushalte und ich weiß nicht, was noch alles. In den Büros und Kontoren haben sie nichts zu suchen.“

„Schade, liebe Schwester, ich dachte, du unterstützt mich in meinen Träumen?“

Stephanie steckte den Kopf unter die Bettdecke und kicherte. „Du hast Ideen.“

„Also, ich finde meine Ideen gut. Eine Frau kann doch genauso gut rechnen und diskutieren und Vorzüge von Nachteilen unterscheiden wie die Männer.“

„Ach, wie dumm, Melanie, kein Mensch hört auf die Ansichten einer Frau, auf ihre Berechnungen und ihre Ideen. Du träumst wirklich! Und jetzt lass mich schlafen, du regst mich auf mit diesen konfusen Vorstellungen.“

Kapitel 2

Melanie konnte nach dem Gespräch mit ihrer Schwester lange nicht einschlafen. Das Gewitter, obwohl draußen längst wieder alles zur Ruhe gekommen war, hatte sie innerlich aufgewühlt, und ihre Gedanken fanden keine Ruhe. Jogas, der die Unruhe spürte, kam mehrmals an ihr Bett, stellte sich leise winselnd davor und legte eine Pfote auf den Bettrand. Geh in dein Körbchen, du weißt, dass du nicht ins Bett darfst, befahl Melanie müde und drehte sich auf die andere Seite. Jogas schlich gehorsam und mit eingeklemmter Rute zurück in seinen Korb bis zum nächsten Versuch.

Draußen regnete es weiterhin heftig. Von Sturmböen gestärkt, trommelte der Regen gegen die Fensterläden, und Melanie wagte nicht, ein Fenster zu öffnen, obwohl sie die stickige Zimmerluft hasste.

Sie dachte an die Eltern. In drei oder vier Wochen werden sie wieder zurück in Hamburg sein, rechnete sie sich aus. Dann kommt wieder Leben ins Haus. Papa ist immer für Überraschungen gut.

Sie dachte an den gutaussehenden Vater, auf den sie so stolz war, wenn sie ihn irgendwohin begleiten durfte. Da ihre Mutter kein Interesse an seiner Arbeit hatte, nahm er seine älteste Tochter gern mit, der das einen riesigen Spaß machte, mit so einem eleganten Mann unterwegs zu sein. Sie sah den Vater vor sich, der, groß gewachsen und sehr charmant, die Blicke vieler Frauen auf sich zog. Obwohl der Bart für die meisten Männer ein absolutes Muss war, verzichtete der Vater darauf, und Melanie fand das sehr gut so. Ihrer Ansicht nach verbargen die meisten Männer nur irgendwelche Missbildungen oder Hautausschläge hinter ihren Bärten, das hatte ihr Vater nicht nötig. Sie war sehr stolz auf sein offenes, wohlproportioniertes Gesicht mit einem hübschen Mund und einer geraden Nase. Trotz seiner dunklen Haare hatte er ganz blaue Augen, genau wie sie. Das hatten Vater und Tochter gemeinsam. Ihre Mutter hatte ihre rötlich-blonden Haare an Stephanie und Johannes weitergegeben, die ganz stolz darauf waren, weil sie damit ein wenig englisch aussahen. Von den Engländern stammten die Wasserspülklosetts und noch andere Neuigkeiten, da durften sie sich schon etwas darauf einbilden. Sie dachte weiter an ihre englischstämmige Mutter, die sich immer so reserviert gab. Eigentlich hatte sie sie noch nie in die Arme genommen. Höchstens könnte sie Melanie getragen haben, als sie ganz klein war, aber daran konnte sie sich überhaupt nicht mehr erinnern. Sie war eben eine feine Dame nicht nur in Melanies Augen und nun auch Stephanies großes Vorbild.

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