Die Stellings - Christa Kanitz - E-Book

Die Stellings E-Book

Christa Kanitz

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Beschreibung

Hamburg um 1850: Das bekannte Handelshaus Stelling ist eines der ältesten und einflussreichsten in Hamburg. Bedroht wird seine führende Stellung durch die Familie Brennicke, die ehrgeizige Pläne hat. Nach der Brandkatastrophe von 1842, die einen großen Teil Hamburgs, das Haus und die Speicher der Stellings zerstörte, herrscht offene Feindschaft zwischen den beiden Handelshäusern. Sie haben alles verloren, aber beide Familien wagen sofort wieder einen Neubeginn. Johannes Stelling und seine Frau Annette wollen ihre Position durch ihre Kinder festigen: Beide Söhne sollen später die Firma leiten, die zwei Töchter in wohlhabende Familien einheiraten. Doch keines der Kinder fügt sich den Wünschen der Eltern. Da kündigt Viktoria, die jüngste und auch eigenwilligste Tochter, an, dass sie sich für den Kaufmannsberuf interessiert und die Geschäfte übernehmen möchte - ein Schock für die konventionelle Hamburger Gesellschaft. Doch Viktoria geht unbeirrt ihren Weg. Christa Kanitz versteht ihren Roman als Liebeserklärung an eine Stadt, die ihr zur Heimat wurde. Neben präzisen Recherchen zeichnet den Roman Sensibilität und Einfühlungsvermögen aus. Außerdem gibt er Einblick in das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben der damaligen Zeit in Hamburg. Die wechselhafte Geschichte der Stellings spiegelt, einfühlsam und lebendig erzählt, die Situation einer alteingesessenen hanseatischen Familie wider.

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Seitenzahl: 508

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© für die Originalausgabe: 2002 LangenMüller in der F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München © für das eBook: 2013 LangenMüller in der F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München Alle Rechte vorbehalten

Inhalt

Johannes Stelling ging nachdenklich die knarrende Holztreppe hinauf. Wie jeden Abend hatte er seinen Rundgang durch die Kontorräume beendet. Obwohl er wusste, dass Jens Alberti zuverlässig und korrekt war, fand er keine Ruhe, wenn er nicht selbst noch einmal nach dem Rechten sah. Er hatte das Türschloss und die Fensterriegel überprüft, den Kassenschrank kontrolliert und die beiden Kamine, die die Schreibräume mit Wärme versorgten.

Johannes Stelling war müde. Der lange feuchte Winter steckt mir in den Knochen, dachte er, und die Probleme mit den Schiffen auf der Unterelbe machen mir Angst. Die Piraterie hört einfach nicht auf. Wir müssen uns etwas einfallen lassen, um diese Räuber endlich zur Ruhe zu bringen. Damals, vor vierhundert Jahren, als Klaus Störtebeker starb, war dieses Unwesen ja keinesfalls zu Ende gewesen. Johannes Stelling seufzte. Er spürte seine fünfundfünfzig Jahre. Und dann die ständige Konkurrenz zwischen ihm und dem alten Reeder Brennicke — ein Kampf, der nun in der dritten Generation unterschwellig brodelte.

In der Wohnung über dem Kontor war es still. Annette und die Kinder waren zu Bett gegangen. Die Kerzen waren gelöscht bis auf die eine, die Annette für ihn stehen gelassen hatte. Er nahm den Halter und ging mit dem flackernden Licht durch die Wohnräume. Das kleine Boudoir seiner Frau, in dem noch der Duft ihres Jasminwassers hing, das Speisezimmer mit dem Geruch des köstlichen Abendessens, der Salon, der ein wenig nach seinem türkischen Tabak roch — sein Zuhause. Er rückte die Schutzgitter vor den Kaminen noch einmal zurecht, zog die Standuhr auf, sah nach den Fensterläden und nach dem Hund, der artig auf der Decke lag und seinen Herrn aufmerksam beobachtete. Johannes beugte sich zu dem Setter und kraulte ihn hinter den Ohren. »Benno, du hast auch schon bessere Zeiten gesehen. Erinnerst du dich an die Hetzjagden in Wulfswede? Nun ja, aus dem Alter sind wir beide heraus.«

Die Kerze brannte herunter und er musste sich beeilen, wollte er nicht im Dunklen die Treppe zu den Schlafräumen hinauf steigen. Er sah sich noch einmal um. Alles am rechten Platz, dachte er und sog den leichten Duft von Bienenwachs ein, mit dem die Holzböden und die Treppe poliert wurden, damit das alte Holz nicht zu sehr knarrte. Oben warf er einen Blick auf die Stiege, die zu den Zimmern der Hausangestellten in der Mansarde führte. Da oben müssen sie selbst für Ordnung sorgen, dachte er und schaute kurz zu seinen Kindern. Patrizia und Viktoria schliefen bei leicht geöffneten Fenstern. Er schloss sie und sah in das Zimmer seiner Söhne. Anfang Mai ist es einfach noch zu früh für die feuchte Nachtluft, die von der Elbe und von den Fleeten hereinzieht, überlegte er, und morgens wabert noch immer dichter Nebel durch die Gassen.

Es war fast Mitternacht, als Johannes den ehelichen Schlafraum betrat. Auf dem Nachttisch seiner Frau brannte die Kerze, die sie für ihn stehen gelassen hatte. Auch sie hatte ein Fenster geöffnet, das er nun schloss. Dabei warf er einen Blick auf die schlafende Stadt. Von hier oben konnte er bis zum Hopfenmarkt und zur Nikolaikirche sehen. In den engen Gassen mit den dicht aneinander gebauten schmalen Häusern herrschte tiefe Nacht. Bis auf die Eckleuchten waren auch die Straßenlaternen gelöscht. Beruhigt kleidete er sich aus, legte seine Beinkleider und den Gehrock sorgfältig gefaltet über den Stuhl, band den Bartschoner um und löschte das letzte Licht. Denn er hatte es nicht gern, dass Annette ihn mit dem Bartschutz sah. Müde schlüpfte er in seinem wieder einmal zu hart gestärkten Hemd unter das dicke Federbett und legte sich auf die Seite, darauf bedacht, mit seinen langen Beinen nicht gegen das hölzerne Fußende des Bettes zu stoßen. Seine Frau hatte einen leichten Schlaf und er wollte sie nicht wecken.

Johannes war ein großgewachsener Mann von kräftiger Statur, der immer ein bisschen mit seinem Gewicht kämpfte. Aber, er lächelte in die Dunkelheit hinein, Annette mag mich so wie ich bin und sorgt dafür, dass die Köchin täglich eines meiner Leibgerichte zubereitet.

Mit Annette habe ich wirklich eine gute Frau gefunden, stellte er zufrieden fest. Seit zweiundzwanzig Jahren waren sie jetzt verheiratet und richtigen Streit hatte es nie gegeben, höchstens etwas Ärger, wenn sie zuviel Geld für zuviel Tand ausgab. Sie wollte eben immer etwas Besonderes sein, eine Frau möglichst an der Spitze der Honoratioren, ganz weit oben in der gehobenen Gesellschaft. Johannes lächelte vor sich hin. Dabei war er nur ein Reeder, der eher mit bescheidenen als mit großen Schiffen seinen Handel trieb. Auch sein Speicher in der Steintwiete war einer von der kleineren Sorte, dafür aber wohlgefüllt mit exklusiven Waren. Vor allem seltene Gewürze aus Madagaskar waren es, die sein Geld vermehrten, und natürlich Kaffee, Kakao und chinesischer Tee.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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