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Dies ist der 1. Teil der »Reise durch den Weltraum«
Ende des 22. Jahrhunderts wird im fernen Weltraum ein wohlgeordneter Ring aus Sternen entdeckt, der nur eine künstliche Schöpfung sein kann. Wer sind jene mächtigen Wesen, die sogar Sterne verschieben können? Eine Expedition bricht auf, dieser Frage auf den Grund zu gehen.
Unterwegs erlebt die Besatzung manches Abenteuer. Ihr fällt etwa eine Ping-Geräusche sendende Blackbox in die Hände, welche von Wesen stammt, die ebenfalls versuchten, den Sternenring zu erreichen.
Die Herren der neuen Technik sind die Adonianer. Sie vermitteln den Besuchern ganz neue Einblicke in Sein und Zeit und in den uns alle verbindenden Kosmos …
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Gerd Maximovic
Die Reise durch den Weltraum
Teil 1
Klassische Science-Ficton
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer, 2024
Korrektorat: Katharina Schönfeld
Dieser Band ist auf ausdrücklichen Wunsch des Autors in der alten deutschen Rechtschreibung verfasst und veröffentlicht.
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
www.baerenklauexklusiv.de / [email protected]
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Die Reise durch den Weltraum
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
Weitere Romane und Erzählungen von Gerd Maximovic, einem Meister der klassischen Science-Fiction, sind erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung
Dies ist der 1. Teil der »Reise durch den Weltraum«
Ende des 22. Jahrhunderts wird im fernen Weltraum ein wohlgeordneter Ring aus Sternen entdeckt, der nur eine künstliche Schöpfung sein kann. Wer sind jene mächtigen Wesen, die sogar Sterne verschieben können? Eine Expedition bricht auf, dieser Frage auf den Grund zu gehen.
Unterwegs erlebt die Besatzung manches Abenteuer. Ihr fällt etwa eine Ping-Geräusche sendende Blackbox in die Hände, welche von Wesen stammt, die ebenfalls versuchten, den Sternenring zu erreichen.
Die Herren der neuen Technik sind die Adonianer. Sie vermitteln den Besuchern ganz neue Einblicke in Sein und Zeit und in den uns alle verbindenden Kosmos …
***
Teil 1
Lange schon hatte die Menschheit ihren Blick hinaus in den Weltraum geworfen, zuerst, ohne zu begreifen, was die vielen Sterne dort oben wohl zu bedeuten hatten, die den Himmel in klaren Nächten bedeckten. Darum wob sie Mutmaßungen und Legenden um jene hellen Punkte und stattete sie mit Bedeutungen aus, die sich von der Wirklichkeit oft sehr weit entfernten. So sollten jene flimmernden Lichter als Symbole der Götter gelten. Man schrieb ihnen zu, daß sie die Getreideernte, das Wetter und gar die persönlichen Geschicke der Menschen unmittelbar beeinflussen würden.
Doch die Entwicklung ging voran. Es erweiterte sich Schritt für Schritt der Horizont der Betrachter. Mit neuem Wissen wurden die alten Vermutungen, soweit sinnvoll, in zunehmendem Maße in den Rahmen höherer Erkenntnis eingebunden. Jedenfalls verstand man jetzt, daß die Erde keine Scheibe ist, wie lange Zeit vermutet, sondern eine Kugel, und gewiß nicht die einzige im Weltraum. Denn wie die ersten Fernrohre aufkamen, verzeichnete man zuerst um Jupiter das Wechselspiel des größten Planeten mit seinen Monden. Es verschwand der vom Augenschein getragene Gedanke, die Erde sei gar der Mittelpunkt des Universums, um den sich alles andere drehe. Von nun an galt der eigene Planet in zunehmendem Maße gleichsam nur noch als Staubkorn im Kosmos.
In diesem Zusammenhang beschäftigten weitere, naheliegende Fragen, so etwa jene, wie wohl Ebbe und Flut – also infolge der Anziehung des eigenen Mondes – zustande kämen. Probleme der Schwerkraft wurden aufgegriffen, um sie in bis dahin in bestmöglicher Weise zu durchdenken. Denn der Erdboden pflegt ja bekanntlich auch unsere Antipoden, die Gegenfüßler etwa in Australien, festzuhalten, welche demnach keineswegs in namenlose Abgründe hinunterfallen, bloß, weil sie aus unserer Sicht auf dem Kopf zu stehen pflegen.
Überdies gelangte man zugleich zur Erkenntnis, daß das All nicht so unveränderlich und festgefügt ist, wie bis dahin angenommen. Denn bietet der Himmel dem ungeschulten Auge in seiner Majestät nicht einen ehernen Anblick, als wäre er auf diese Weise wie für alle Zeiten über unseren Köpfen festgeschrieben? Doch selbst die hellen Sonnenlichter unterlagen bisweilen einem überaus sprunghaften Wechsel. Dann nämlich, wenn einzelne, besonders grelle neue Sterne (Novas oder Supernovas) in ihren gewaltigen Ausbrüchen mitunter selbst den hellen irdischen Tag zu beleuchten pflegten.
Nach und nach begriff man auf diese Weise, wie eng Erde und Menschheit mit dem Kosmos verflochten sind, wie abhängig von ihm, und in ihn eingebunden. Auf dieser Grundlage entstand ein neues Weltbild, das den Menschen mitten hinein in das Universum stellt. Wir alle stammen demnach von den Sternen ab, sind folglich Staub aus dem Kosmos, welcher letztlich über sich selbst nachsinnt.
Inzwischen entfalteten sich Wissenschaft und Technik auf der Erde in rasanter Weise. Längst schon schwebten die ersten Sonden in nahen und fernen Umlaufbahnen. Raumfahrer – auch auf der Suche nach außerirdischem Leben, und wäre es nur in Spurenelementen vorhanden – setzten ihren Fuß auf fremde Himmelskörper und die sie umkreisenden Begleiter. Um Signale intelligenter Formen aufzuspüren, lauschte man nachhaltig in den Kosmos hinaus. Auch die zu diesem Zwecke benutzten Geräte entwickelte man, dem jeweiligen Höchststand der Technik folgend, rasant weiter. Nun wandte man überreichweite Antennen, Funkmeßpeiler und Lichtsensoren an, welche ganz andere Leistungen als die überkommenen einschlägigen Instrumente erzielten.
Solche Messungen nahm man mit fortschreitender Entwicklung zunehmend an geschützten, sonnenfernen Stellen vor, wie etwa Pluto, doch mit negativem Ergebnis. Das, wovon alle träumten und worauf jede und jeder insgeheim hoffte, wollte einfach nicht gelingen: nämlich das Auffangen erster unmißverständlicher Signale oder doch wenigstens eindeutiger Zeichen von anderem, intelligentem Leben im Weltraum. Denn strahlte die Menschheit nicht auch schon seit Jahrhunderten – zur allerdings eher unabsichtlichen Kenntnisnahme – ihre Rundfunk- und Fernsehprogramme in den Weltraum hinaus? Und wo blieb dann die Antwort?
Dahinter verbarg sich eine grundlegende Frage. Wäre es denkbar, daß die Menschheit als hochentwickelte Gattung alleine im Kosmos wäre? In Anbetracht der unvorstellbar großen Zahl von Sonnen im Universum ergibt sich die Antwort darauf ganz eindeutig. Man betrachte also auch nur die Statistik: Schon die Masse an Milchstraßen, welche jeweils mehrere hundert Milliarden Sterne enthalten, ist größer als die Anzahl der Sonnen in unserer eigenen Galaxis. Es gibt demnach buchstäblich mehr Sterne im Kosmos als Sandkörner an sämtlichen Stränden dieser Erde. Selbst wenn man viele lebensfeindliche Doppelsterne abzieht und andere – natürliche – Unwägbarkeiten einräumt, bleiben auf Grund der reinen Mengenvorstellung unerhört viele geeignete Sonnen, umkreist von Leben bergenden Planeten, übrig.
Dazu ist zu gewärtigen, daß sich alle Sterne auf dieselbe Weise entwickeln, wie auch unserer dies getan hat. Kosmischer Staub zieht sich unter Einwirkung der Schwerkraft zusammen. Es kommt dabei zu einer Art sich beschleunigender Karussellbewegung, die Hauptmasse des Materials stürzt in die entstehende Mitte. Draußen wird Stoff infolge der zunehmenden Drehbeschleunigung abgestoßen. Aus ihm bilden sich Planeten in einem entsprechenden Vorgang, und – in einem weiteren gleichlaufenden Unterprozeß – deren Monde. Im Inneren der Anordnung selbst flammt mit zunehmender Verdichtung nach einiger Zeit der Zentralkörper auf. Das Sonnensystem ist entstanden.
Diese Vorstellung von der Bildung unserer kleinen Weltenfamilie bestätigt die Drehbewegung seiner Planeten. Denn diese wirbeln nicht willkürlich und beliebig – etwa wie auseinanderspritzende Billardkugeln – um ihren Mutterkörper, sondern sie kreisen, streng geordnet, auf einer flachen Scheibe alle in dieselbe Richtung. Alleine schon aus dem heutigen Drehmoment der Planeten läßt sich demnach die Art vom Werden unseres Weltensystems bereits nachvollziehen und mithin begründen.
Was für unsere Planetengruppe gilt, ist für alle entsprechenden Ansammlungen dort draußen triftig. Im Weltraum vollziehen sich – wie könnte es auch anders sein – überall dieselben Prozesse, was uns zur ungemein fesselnden Betrachtung anderen Lebens im Kosmos zurückbringt. Ist schon die Menge der Sterne im Weltraum unvorstellbar, so wird deren Anzahl von der Masse der Planeten noch um ein Vielfaches übertroffen! Und da soll es nicht wenigstens einen einzigen anderen Himmelskörper in den schier uferlosen Weiten des Kosmos geben, auf dem sich Leben, gar wie auf der Erde, entwickelt hätte? Die Statistik spricht deutlich gegen einen solch nachteiligen Vorschlag, auch wenn man dabei noch andere Gesichtspunkte in die Betrachtung einbeziehen muß – wie etwa Alter und mithin Entwicklungsstand der jeweiligen Sonnen und also auch ihrer Planeten. Und selbstverständlich ist hiermit überhaupt nicht nachgewiesen, daß Leben nur auf Planeten wie unserer Erde entstehen könnte.
Jedenfalls erscheint es in diesem Zusammenhang auch wenig sinnvoll, die Erde in den Mittelpunkt des Universums zu rücken (wie etwa im Mittelalter gern geschehen). Denn die Sterne drehen sich bekanntlich nur scheinbar um unseren Planeten, und unsere zugehörige Sonne befindet sich nicht im Zentrum unserer Galaxis, sondern – allem Augenschein nach, höchst unbedeutend – irgendwo an ihrem Rande. Zudem, um allen Übermut zu dämpfen, ist Sol im Vergleich zu anderen Sternen von nur geringer Größe. Diese Tatsache bedeutet indes einen wesentlichen Vorteil. Sterne solcher Klasse wie der unsere Leben erheblich länger als die übergewichtig großen, welche also deutlich schneller sterben.
Unsere Sonne stellt jedenfalls weder von Lage noch Größe etwas Besonderes im Weltraum dar. Sie ist eher Durchschnitt, und dies gilt gewiß auch für uns, die zugehörigen Menschen. Geht man davon aus, daß es, den allgemeinen Entwicklungsspuren des kosmischen Stoffes folgend, sehr viel Leben im Universum geben muß, so erscheint es also unmittelbar sinnvoll, von der anmaßenden Vorstellung unserer alles beherrschenden zentralen Sonne oder Erde abzurücken, mithin auch von der Erwägung, daß wir, die Menschheit, im Kosmos herausgehoben wären. Das sind wir ganz sicher nicht, wir gehören – aller Veranlagung nach – allenfalls zum Durchschnitt!
Das sind im Wesentlichen die Gedanken, die auch die Menschen der Zukunft in dieser Hinsicht bewegten. Man unternahm also in den kommenden Jahren und Jahrzehnten, selbst das ganze einundzwanzigste Jahrhundert hindurch, erhebliche Anstrengungen, anderes Leben im Kosmos aufzuspüren. Eine reguläre Raumfahrt, welche weit über die Bereiche im Umkreis der Sonne hinausgriff, begann auch zu diesem Zwecke sich zu entfalten und lieferte – in geologischer Hinsicht und bezüglich der Vermessung des Sternenzeltes – manch schönes Ergebnis. Doch auf diese wohl alles entscheidende Frage – sind wir alleine im Universum? – antwortete der Kosmos den unentwegt strebenden Forscherinnen und Pionieren von der Erde zunächst noch immer mit Schweigen.
*
Der entscheidende Durchbruch in dieser Entwicklung läßt sich auf den 18. Januar 2117 datieren. Da arbeitete nämlich Gustav Gulbransson, ein Physiker, auf Pluto-B, einer der drei bis dahin errichteten Außenstationen im Weltraum. Zusammen mit seinen Kollegen versuchte er, unter erschwerten Bedingungen, Strahlungsdurchflüsse in sonnenabgewandten Magnetfeldern zu ergründen.
Diesen Forschungen lag die Tatsache begrenzter Geschwindigkeiten im normalen physikalischen Bereich zugrunde. Man kann das Tempo von irgendwelchen Gegenständen bekanntlich nicht beliebig steigern. Das Licht gibt für jede Schnelligkeit den obersten Maßstab vor. Auch wenn es mit ungefähr dreihunderttausend Kilometer pro Sekunde für unsere alltäglichen Vorstellungen recht geschwind ist, so wirkt es im überaus ausgedehnten Universum doch äußerst langsam. Dies setzt natürlich jeglicher Bewegung im All deutliche Grenzen und sorgt etwa auch dafür, daß wir das Licht der Sterne aus deren ferner Vergangenheit empfangen.
Man bemühte sich also, den Tatbestand der scheinbar unüberwindlichen Lichtschranke zu umgehen. Tatsächlich wußte man längst aus dem atomaren Mikrobereiche, daß – entgegen allem gängigen Verständnis – bestimmte einzelne Partikel auf ungewöhnliche Weise korrespondieren, zusammenhängen oder miteinander in Verbindung treten. Und zwar dergestalt, als existiere die räumliche Distanz nicht zwischen ihnen. Diesen Umstand galt es also zur Überwindung beträchtlicher Entfernungen auszunutzen.
Auf Pluto-B waren in sonnengeschützten Feldern demnach grundlegende, einleitende Versuche im Gange, zunächst geringe Distanzen dadurch zu überwinden, daß man zwei korrespondierende Partikel merkbar entfernt voneinander postierte. Es handelte sich dabei aber, wohlgemerkt, nicht um atomare Erscheinungen, sondern bereits um Gegenstände von faßlicher Größe, so zunächst etwa um zu diesem Zwecke künstlich erzeugte Kristalle. Beide versah man mit einander entsprechenden Ladungen, so daß die Reaktion des einen wahrnehmbaren Körpers stets der des anderen entspräche oder in genau meßbarer Weise von ihr abwich. In der Folge – den Erkenntnissen im Mikrobereich entsprechend – wüßte man jeweils, was Partikel B tat, sofern man nur Partikel A studierte, in diesem Falle also bewegte.
Die vergleichsweise erst winzige Distanz zwischen beiden Körpern im Pluto-Labor ließe sich – bei erfolgreichem Abschluß der Experimente – dann leicht steigern und, wie gewünscht, gar ins Gewaltige überhöhen. Aufgrund der verhältnismäßig langen Lichtlaufzeiten im bis dahin raumfahrttechnisch erschlossenem Sonnensystem würde sich das Verfahren bereits dort bewähren, benötigt das Licht vom Muttergestirn zur Erde zwar nur wenige Minuten, doch bereits Stunden hinaus zu den fernen Planeten.
Mit der Vorstellung, Entfernungen vorerst über das Reaktions- und Wirkungsvermögen von zunächst zwei zusammengekoppelten Partikeln zu überwinden, verbanden sich natürlich sehr weitreichende und hochgespannte Hoffnungen und Erwartungen. Denn wenn es gelänge, die natürliche Lichtschranke sprunghaft zu überwinden, stünde – so viel war klar geworden – das Tor zu den Sternen weit offen.
Gulbransson und seine Leute bemühten sich zunächst, die Molekularstrukturen der vorgesehenen Partikel also wechselweise wirken zu lassen. Dazu packte man sie in einen abgegrenzten, doch überschaubaren Energiekäfig, welchen man insbesondere von jeglichem störenden Außeneinfluß (wie etwa dem der zwar entfernten, doch in ihrem Wirkvermögen nach wie vor gewaltigen Sonne) abschloß.
Es war dieser 18. Januar 2117, als Gulbransson, das Sub- und Elektronenmikroskop vor Augen, zunächst alleine vor besagter, ein wenig sperrig wirkender, Anordnung hockte. Nicht wirklich gefaßt auf das, was ihn erwartete, wunderte er sich doch einigermaßen über das, was sich im klobigen Kasten vor ihm zutrug. Denn die meisten Nadeln der umfänglichen Meßgeräte zitterten, und etliche Zeiger der Kontrollapparatur zuckten, während die Leuchtdioden in allen Farben glühten und sprühten. Dies alles geschah aber nicht, weil es dem Forscher gelungen wäre, wie gewünscht, eine verändernde Übertragung der Molekularstruktur vorzunehmen. Denn eindeutig vollzog sich hier, vor seinen geweiteten Augen, etwas ganz anderes, nämlich etwas selbst für ihn Unerwartetes und demnach höchst Überraschendes.
»Merkwürdig, kann das sein?«, murmelte Gulbransson vor sich hin und strich dabei sinnend über die wenigen ihm noch verbliebenen Haare.
»Habe ich an der Außenabschirmung gerüttelt?«, überlegte er dann perplex, die nächstliegende, wenn auch völlig unwahrscheinliche, ja absurde Begründung für das unerklärliche Ereignis in Erwägung ziehend.
Nun erwies sich die Apparatur jedoch, wie erwähnt, als von beträchtlichem und zugleich klobigem Ausmaß, so daß der verblüffte Forscher diesen doch unsinnigen Gedanken mithin nach kurzer Bedenkzeit (und nachdem er den Würfel mit wenigen Handgriffen einmal mehr überprüfte) wieder aufgab (so leicht vermochte man die Struktur des Aufbaus denn doch nicht zu erschüttern).
»Oder ob«, sprach er weiter zu sich selber, »einzelne Meßinstrumente oder Fühler versagt haben sollten? Da ist der Energiehebel«, murmelte er, »ich will einmal separat Spannung an ihn legen.«
So geschah es, doch mit negativem Ergebnis. Auf dieses Meßgerät ließen sich die überraschend hohen Spannungswerte jedenfalls nicht zurückführen, und auch nicht auf andere mechanische Zubehörteile. Vermutlich brauchte er aber bloß etwas Zeit, sich auf die wirkliche Bedeutung dieses Ereignisses einzustellen. Denn gewiß ahnte er wohl bereits, ihm war – per Zufall oder Glücksgriff, entgegen jeglicher Erwartung, doch höchst willkommen – eine außerordentliche Entdeckung gelungen. Er hatte über der Kennzeichnung vehementer Spannungsbögen nämlich das gefunden, was wenig später als die raumzeitliche Struktur in ihrer substellaren Verbindung in die Literatur eingehen sollte. So weit, dies genau zu erkennen und in aller Schärfe zu formulieren, war er allerdings noch nicht.
Stattdessen steckte, womöglich von seinem selbstverlorenen, indes aufreizenden Gemurmel angezogen, Lydia Morena, eine Kollegin, ihren Kopf durch die abgeschirmte Türe, um lieber doch einmal nach dem Rechten zu sehen.
»Gustav«, sprach ihn die hübsche Frau mit den roten Haaren an, »ist alles in Ordnung?«
Gulbransson, der sich bereits auf der richtigen Spur befand und sich soeben also mit dem elektronischen Distanzmeter beschäftigte, schrak hoch.
»Nichts ist in Ordnung«, gab er geradezu schroff zur Antwort.
Lydia schloß derweil die Türe in ihrem Rücken und trat in das deutlich abgedunkelte Zimmer. Angesichts der ihr wohlvertrauten Versuchsanordnung wagte sie gleichwohl kaum zu atmen.
»Und was ist wirklich los, Gustav?«, wollte sie dann mit milder Stimme wissen.
Der Forscher, wie übermüdet, strich sich, matt und schier verzagend, über die Augen. Gleich darauf wandte er sich, die Umrisse seiner Besucherin wohl erkennend, halb zu ihr um.
»Hier, siehst Du diese beiden Kristalle?«, erkundigte er sich wie fürsorglich bei der in vorliegendem Verfahren sehr wohl beschlagenen Kollegin.
»Ja«, hauchte sie, auf seine Stimmung Rücksicht nehmend, ergeben.
Natürlich erkannte sie die beiden berüchtigten Partikel in dem Kasten. Wer wüßte in der Station Pluto-B nicht von ihnen, und vor allem von ihrem Zweck und ihrer Bestimmung?
»Wir wollten ihre Molekularstruktur in Einklang bringen«, erklärte er verdrossen.
»Ich weiß«, stimmte sie nach wie vor demütig zu.
»Das sollte über geregelte Distanzen zwischen beiden geschehen.«
»Ja. Na und?« Nun öffnete sie doch neugierig ihr Herz.
»Hier, schau Dir dies Blatt an!«, forderte er sie auf.
Er reichte seiner Kollegin eine Folie, welche die genaue Anordnung beider Kristalle vor Beginn des Versuches auswies. Anschließend deutete er mit einem Filzstift, den er wie nachlässig aus der Westentasche hervorzog, auf die innerhalb der Apparatur derzeit tatsächlich unverkennbar gegebene Lage der zwei Körper.
»Diese Position war nicht für sie vorgesehen«, stellte Lydia Morena mit in ihr anwachsender Spannung gleichwohl ruhig fest.
»Ich habe schon die meisten mir zugänglichen Fehlermöglichkeiten für den ungewöhnlichen Ortswechsel überprüft«, erklärte Gulbransson heiser und mußte, seine Stimme wiederzufinden, sich räuspern.
Lydia Morena, ansatzweise allerdings die sich anbahnende Sensation ahnend, überlegte erst einen Augenblick.
»Die Strecke zwischen beiden Kristallen hat sich entschieden vergrößert, Gustav.«
»So ist es, meine Liebe.«
»Ohne daß Du auf mechanische Weise von außen in ihre Lage eingegriffen hättest?«, verlangte sie, auf den nächstliegenden Punkt abhebend, zu wissen.
Und nun, noch bevor eine Antwort erfolgte, mußte sie selber schlucken.
»Genau darum geht es, Lydia.« Jetzt drehte sich der Forscher voll zu seiner Kollegin um, damit er im inzwischen angemachten Lichte ihre Augen erkennen konnte.
Sie selbst sann über diese vorgestellte Unregelmäßigkeit. Denn, obwohl sie sich mit dem eigentlichen Geschehen nicht unmittelbar befaßt hatte, dämmerte in ihr etwas. Erst aber griff sie nach zerstreuten Tabellenblättern, wie um sich zur Absicherung oder Schonung aus ihnen etwas zu ihrer persönlichen Unterstützung herauszulesen.
»Du hast alle zugänglichen Fehlermöglichkeiten überprüft und ausgeschieden?«, wiederholte sie seine eigenen Worte und ließ dabei das Hauptprotokollblatt sinken.
»Ich habe alles, was im Bereich meiner Möglichkeiten liegt, in dieser Hinsicht unternommen«, versicherte er hinter blitzenden Augengläsern.
»Und es liegt auch kein Defekt vor?«, fragte sie weiter, denn das wollte ihr keine Ruhe lassen.
Er schüttelte seinen recht kahlen Schädel. »Nein, nicht daß ich wüßte.«
Sie holte tief Atem. »Du wolltest in die Molekularstruktur beider Objekte eingreifen?«
»So ist es.«
Sie strich behutsam über die schlichte, insbesondere Strecken hervorhebende Meßtabelle an der Außenwand des Kastens. »Dabei aber hast Du das zweite Objekt um gut einen halben Meter verlagert?«
»So ist es.«
Der hochgradige Wissenschaftler sprach zunehmend tonlos. Das lag wohl an der ihm inzwischen geleisteten Gesellschaft, welche den Vorfall – über das sachlich Wesentliche hinaus – erst richtig spannend machte.
Seine Kollegin, wie nebenbei die Protokollblätter umschichtend, erwies sich als hartnäckig. »Es erfolgte kein Zugriff von außen?«
»Nein, Lydia.« Er lachte, und er war, wie sie sehr wohl wußte, stets ehrlich.
Sie, wissenschaftlich zur Sache kommend, gab sich einen Ruck. »Hast Du schon versucht, den Vorgang mit der Hochgeschwindigkeitskamera zu überprüfen?«
»Nein, noch nicht«, bekannte der allerdings zerstreute Professor. »Ich wollte erst einige Grundlagen klären.«
Jetzt erwies sie sich als nicht weniger vom Fieber der Entdeckung gepackt als ihr Kollege. Dabei hatte er selbst dafür gesorgt, daß alle solch entscheidenden Feldversuche an Bord der Station von entsprechend hochleistungsfähigen Einrichtungen begleitet wurden, mit Hilfe derer man selbst winzigste Sekundenbruchteile jeglicher Entwicklung auch nachträglich aufs genaueste überprüfen konnte.
Mit wenigen Schritten gelangte Lydia, die sogleich anbot, dies zu übernehmen, zu den Bedienungsknöpfen auf dem Instrumentenbrett des entsprechenden Gerätes.
»Es ist alles aufgezeichnet«, verkündete sie kurz darauf voller Behagen, während sie sich erwartungsvoll über die Kontrollen beugte.
»Dann wollen wir einmal sehen«, stimmte Gulbransson, auch er mit erheblicher Hoffnung, schlicht zu.
Sogleich sank das Licht nahezu in den Zustand völliger Dunkelheit, wie er eben bei dem ursprünglichen Experiment herrschte, wieder herunter. Die rückwärtige Wand des ausgeklügelten, freilich äußerst sparsam ausgelegten Raumes verwandelte sich wie unter Zauberhand in eine Projektionsfläche. Dann schon lief der computergesteuerte Bildgeber deutlich leise, wenngleich seufzend.
»Das bezeichnet die Ausgangsposition der Kristalle«, hauchte Lydia Morena, die eingeblendeten Koordinaten vergleichend.
Gustav Gulbransson pflichtete ihr bei. »Dort befanden sie sich, scheinbar fest verankert.«
Das Bild, der Routine gehorchend, lief sanft weiter.
›Achtung, Versuch!‹, flammte dann eine gelbe, der besseren Lesbarkeit halber schwarz umrandete Schrift vor dem hellen Schirm auf.
In der umfassenden Aufnahme erkannte man sogar Gulbranssons Hände. Er hantierte leicht und locker an Leuchttasten und an die Stromzufuhr regelnden Dioden. Nur wenige Vergleichssekunden auf der Seitenskala verrannen, seit der Fachmann seine Tätigkeit aufgenommen hatte.
»Siehst Du«, sagte da Gulbransson plötzlich zu der Morena.
Der das Impulsmuster empfangende Kristall in dem Gefäß hatte die ihm zugespielten Informationen nicht nur empfangen, sondern sich – trotz der auf die Hochgeschwindigkeitskamera zurückzuführenden Zeitverzögerung – selbst übergangslos verlagert.
»Ein halber Meter«, stellte die Morena fest. »Wie ist das möglich? Man hat ihn gar nicht verschwinden sehen. Dabei verlangsamt die beschleunigte Kamera um das Millionenfache.«
»Er ist nur so gesprungen«, pflichtete Gulbransson schier ehrfürchtig bei.
Sie starrten beide den zweiten Kristall an, welcher jetzt unzweifelhaft einen halben Meter von seiner ursprünglichen Position entfernt hing, also an einer in jeder Hinsicht deutlich unterscheidbaren Stelle.
»Ohne einen Eindruck zu hinterlassen«, seufzte die Morena.
»Also?«
»Die Versuchsanordnung ist intakt, Gustav.«
Der Angesprochene, ihre Gedankengänge erratend, lachte. »Du willst es erneut versuchen?«
»Warum nicht?«, entgegnete sie. »Wenn es einmal klappt, wird es wieder gelingen. Und vielleicht können wir bei dieser Gelegenheit mehr und Genaueres von dem wirklichen Vorgang erkennen.«
»Einverstanden«, sagte der Forscher, kurz entschlossen.
Sie beratschlagten für einen knappen Zeitraum über den Fortgang des Experimentes.
»Woran dachtest Du, Gustav?«, wollte Lydia Morena dann wissen.
»Ob wir einen weiteren Durchgang mit höherer Energie versuchen sollten? Was meinst Du?«
»Unbedingt, Gustav.«
Jetzt bemühten sich also zwei fachlich hochqualifizierte Leute sorgfältig um den alsbald einer deutlich höheren Belastung zu unterziehenden Aufbau, indem sie alle Instrumente sowie alle einschlägigen Meßfelder immer wieder gewissenhaft kontrollierten, galt es doch, jegliche sich wie nebenbei einschleichende Fehlermöglichkeit auszuschließen. Sogar die Ventilatorschlitze an den Wänden hoch unter der Decke unterzogen sie dabei einer wenn auch nur flüchtigen Überprüfung, damit selbst der geringste Luftstrom die Versuchsbedingungen nicht verfälschen könne.
Dann, um in das eigentliche Verfahren einzutreten, hinterlegten sie zwei weitere, gleichartige, doch etwas größere Kristallpartikel an der nämlichen Stelle im vorliegenden Magnet- und Beschreibungsfelde, nachdem jede Spur der alten und bis zu einem gewissen Grad verdächtigen Anordnung gelöscht war. Die Koordinatenpunkte, den Raumverbleib in der Gitterstruktur aufs Genaueste bestimmend, wurden selbstverständlich elektronisch eingelesen, sollten zur Vorsicht aber auch mit einem höchst altmodischen Maßstab ermittelt werden können.
»Sind wir so weit, Lydia?«
»Fertig, Gustav.«
Zudem also führten sie deutlich höhere Energie zu, nicht nur die Möglichkeiten der Apparatur, sondern vornehmlich die Tragweite ihrer bis dahin vorliegenden theoretischen Erwägungen auszuloten. Gustav Gulbransson drückte erwartungsvoll, ja ausgesprochen begierig den Knopf, welcher die elektrischen Verbindungsstränge bediente. Das empfangende Partikel, dessen Bewegung sie unter anderem mit Hilfe der schnellaufenden Hochgeschwindigkeitszähler so sorgfältig im Auge zu behalten gedachten, wechselte sprunghaft und ganz übergangslos seine Stelle, ohne die geringste Spur dieses Vorganges zu hinterlassen, ganz so, als hätte es sich niemals an seinem ursprünglichen Ort befunden.
»Siehst Du?« Der angestrengte Forscher, im Übrigen mit dem mittlerweile Erreichten also höchst zufrieden, krächzte ein wenig.
Statt einer Antwort ließ Lydia Morena abermals alle bisher eingesetzten sowie sämtliche neu zugeschalteten Meßgeräte laufen, um dem erfreulichen, doch beunruhigenden Rätsel auf den Grund zu gehen. Selbst die Ventilatorbeschichtung einschließlich anderer äußerlicher Vorrichtungen in diesem Raume, sofern sie auch nur entfernt den geringsten Einfluß auf den Verlauf des offensichtlich gelungenen Versuches hätten nehmen können, unterzog man einer wenn auch nur oberflächlichen Prüfung. Dies, wie alle zusätzlichen Maßnahmen, erbrachte nicht das geringste Ergebnis, die scheinbar völlig sprunghafte, unbegründete Ortsveränderung jeweils eines Partikels aufzuklären.
Gustav Gulbransson, der Urheber und mithin Verantwortliche des Ganzen, wischte sich, abermals vom Forschungsfieber gepackt, nunmehr den Schweiß von der Stirne.
»Noch ein Versuch, Lydia?«, fragte er darum erwartungsvoll, galt es doch, dies Phänomen möglichst umgehend aufzuklären.
»Wir müssen die einschlägigen Objekte entschieden vergrößern, Gustav«, verkündete sie hoffnungstrunken.
Er nickte schlicht, entsprach das doch seiner eigenen Erwägung. »Und eine wesentlich höhere Stromzufuhr ist auch unter den uns derzeit zur Verfügung stehenden Bedingungen möglich, meine Liebe.«
»An welche Art von Partikel dachtest Du?«
Er blickte sich suchend um, sprang dann geradezu elastisch, federnd auf, trat an die Schublade eines der Verstauschränke heran, öffnete dieselbe sachte und zog ein Paar im Laborlicht golden glänzender Manschettenknöpfe hervor, welche er entschieden hoch über seinen eher kahlen Schädel reckte.
»Die sind irgendwann liegen geblieben«, erklärte er, ohne sich auf die entsprechenden Umstände besagten Vorganges näher einzulassen.
Lydia glühte über beide Ohren.
»Das sind aus dem Stegreif gegriffene, unbeeinflußte Objekte«, hauchte sie, wissenschaftlich schon weiter wägend.
»Somit für einen echten Versuch, nein, ich möchte sagen, für eine Bewährungsprobe geeignet«, ergänzte er begeistert und brachte die im Übrigen teuren, die kostbaren Manschettenknöpfe (wahrhaft schöne Stücke) sogleich im Magnet- und Beschreibungsfeld des aufnahmebereiten klobigen Kastens unter.
Sie schauten – beide – noch ein wenig nach den kleinen, mit etwas Patina überzogenen Kostbarkeiten.
»Hängen sie richtig? Was meinst Du?«
»Ihre Position ist günstig.«
Besagte Objekte schwebten nämlich, elektromagnetisch gehalten, unübersehbar inmitten des Behälters. Da schlugen die Herzen der beiden Forscher, wie sie wissenschaftliches Neuland betraten, höher. Die Spannungskurve des Stromverbrauchs, da Gulbransson erneut die Instrumente bediente, schnellte, ganz wie vorgesehen, beträchtlich in die Höhe.
»Wo ist er?«, wollte Lydia Morena sogleich verblüfft wissen.
Auch Gustav Gulbransson wirkte zunächst wie vor den Kopf geschlagen. Denn etwas gänzlich Unerwartetes war geschehen. Der empfangende und mithin im Rahmen der überschaubaren Möglichkeiten zu verlagernde Manschettenknopf hatte sich in der ausgeklügelten Anordnung nicht, wie vorgesehen, um eine überschaubare Strecke verschoben, sondern er war schlicht und einfach verschwunden.
Beide starrten wie verzweifelt in den Kubus.
»Der erste Manschettenknopf befindet sich noch an seiner ursprünglichen Stelle«, bemerkte die Forscherin bezüglich des sachgerecht dort schwebenden Objektes.
»Was war das?«, wollte Gulbransson da wissen.
»Was meinst Du, Gustav?«
»Da war doch vorhin, unmittelbar nachdem ich den Strom eingeschaltet habe, ein Klacken. Hast Du nichts vernommen?«
»Die Geräte, bei aller elektronischen Verfeinerung, verursachen manchmal Geräusche«, versuchte sie sich in einer Erklärung und ihren Kollegen gleichzeitig zu beschwichtigen.
»Darauf ist es nicht zurückzuführen.«
Er blieb beharrlich, begann vielmehr bereits, das Labor – und zwar in aller Kühnheit außerhalb des für die eigentliche Versuchsfolge vorgesehenen Kastens – mit seinen Augen abzusuchen. Und wie von ihm angesteckt, folgte sie seinem Bemühen, um alsbald aufzuschreien.
»Was ist denn?«
»Da liegt er!«
»Wo?«
»Dort drüben!«
Tatsächlich, mit einer den unwahrscheinlichen Umständen geschuldeten Verzögerung sichtete nun auch Gustav Gulbransson das kostbare Schmuckstück, und zwar weit außerhalb des Kastens, dessen Geräusch er beim Niederfallen freilich schon wahrgenommen hatte.
»Wie ist das möglich?«
Der zerstreute und in der Tat überarbeitete Wissenschaftler war wie vor den Kopf geschlagen. Doch vorsichtshalber mit ferngesteuerten Greifzangen barg er sehr wohl das kostbare Stück, welches sich – entgegen allen Erwartungen – etliche Meter neben der Anordnung auf einem der Labortische niedergelassen hatte. Wie es hochgehoben wurde, funkelte es im künstlichen Lichte und zitterte unter der Bewegung selbst noch ein wenig.
Der Professor und Wissenschaftler, seinen Fund mit aller derzeit möglichen Sorgfalt untersuchend, schluckte. »Er hat die soliden strahlenabgeschirmten, mithin nach allem Dafürhalten undurchdringlichen Wände des Kastens überwunden.«
Wie er diesen unabweisbaren Tatbestand feststellte, stammelte der Professor ein wenig.
Seine derzeitige Partnerin erwies sich im Übrigen als nicht weniger erschrocken denn der Forscher. »Die umfassende Abschirmung dieses Kubus hat also nicht gehalten.«
»Noch niemals hat jemand oder etwas diesen Hochsicherheitskasten verlassen«, bekräftigte er.
Nun, nachdem sie weitere Gedanken in dieser Hinsicht ausgetauscht hatten, machten sie sich einmal mehr daran, den rätselhaften Sachverhalt mit allen ihnen momentan zur Verfügung stehenden Mitteln zu überprüfen. Währenddessen aber lockten der vermehrte Stromverbrauch sowie die überall wahrnehmbaren, für Uneingeweihte unerklärlichen Spannungsverläufe und nicht zuletzt weitere abträgliche Effekte wie in angrenzenden Räumlichkeiten und abgeschirmten Zellen auftretende Verwischungs- und Verschmierungsspuren andere Mitarbeiter der Station Pluto-B von ihren angrenzenden, oftmals vergeblich abgedichteten Posten. Ausgerechnet Samuel Campbell, der Außenstellenleiter, öffnete vorsichtig die Pforte zu Gulbranssons Labortrakt, um festzustellen, was an Abenteuerlichem sich jetzt schon wieder in diesem abgeschirmten Versuchsbereiche zutrug.
»Sie kommen gerade recht, Samuel«, begrüßte Gulbransson ihn hocherfreut und erfrischend in der weltabgewandten Art des echten Wissenschaftlers, der sich weder der sachlichen Bedeutung noch der publizistischen Wirkung seiner großen Entdeckung in vollem Umfange bewußt ist.
Im Übrigen sah sich der kühne Forscher nach wie vor von großer Hoffnung, aber auch von einem gewissen Zweifel durchdrungen. So gab er seinem Vorgesetzten einen kurzen Abriß vom zwischenzeitlichen Stand des überaus interessanten, doch durchaus heiklen und weiterhin schwer abschätzbaren Unterfangens.
Nun kannte sich Samuel Campbell, der den Ausführungen seines hervorragenden Mitarbeiters höchst gespannt lauschte, aber nicht mit jeder Einzelheit des kritischen Feldversuches aus, zumal sein eigener derzeitiger Zuständigkeitsbereich auf dem Gebiet der Forschung andere Schwerpunkte einnahm. So zog er sogleich Roy Jenkins, einen Experten auf dem Gebiet der angestrebten sonnenfernen Kälteexperimente, hinzu (dies geschah, während Elisa, Gulbranssons treue Sekretärin, Kaffee in genügenden Mengen hereinbrachte, damit die Fachwelt sich hinreichend besprechen könne).
Jenkins, wie vor den Kopf geschlagen, forderte, die vorliegenden schlüssigen Beweise wägend, gleichwohl ein weiteres Zeugnis der vorgefundenen raumzeitlichen Beschaffenheiten, um welche es sich hierbei eindeutig handeln mußte.
»Woran dachten Sie, Roy?«, erkundigte sich Campbell in vorsichtiger Weise.
»Mir schwebt eine Entladung oder Verlagerung in weitere, außerhalb der Station liegende Bereiche und somit außerhalb ihrer schirmenden Wirkung vor«, antwortete, mit dem nötigen Maß an Kühnheit gesegnet, dieser.
»Und wie wollen Sie das machen?«
»Hier, sehen Sie diese Synapsen und jene Spulen, dort etliche Feldwirkungsgeneratoren – wenn man sie mit dem Hochgeschwindigkeitsregler verbindet …«
Kurzum, man nahm diesmal gleich zwei von zurückliegenden Wartungsarbeiten stammende und noch immer in der Ecke verbleibende Stahlträger. Da, wie Gulbransson bemerkte, »die Feldgleichungen immer identisch sind in ihrer Wirkung, egal, welche Objekte Sie nehmen, meine Damen und Herren«. Man polarisierte besagte Träger in dem rasch erweiterten Versuchsbehälter und schoß endlich, eben wie vorgesehen, einen von ihnen nach weit außerhalb des Labors. Ja, er verließ sogar die Pluto-Station selbst, mithin ihre Abschirmungsmaßnahmen, wie gewünscht, glänzend überwindend. So gelangte er in den Weltraum, wo er in einer eigenen Umlaufbahn im leeren Raume schwebte, als wolle er auf diese Weise entsprechende Vorgänge für die Zukunft verkünden.
Während sie über die Bildschirme in den Kosmos starrten und dies neu eingetretene Wunder an Bewegungstechnik zu begreifen suchten, faßte Jenkins die bis dahin vorliegende Abfolge der Experimente zusammen.
»Also, wir haben«, eröffnete er, sich selbstgefällig einbeziehend, »unabhängig von den angestrebten Plänen, Partikel von unterschiedlicher Größe durch ein Schwingungsfeld in dem Glaszylinder befördert, ohne je eine nachvollziehbare Spur zu hinterlassen. Ist das richtig?«
»Das ist richtig«, bestätigte der führende Wissenschaftler. »Selbst Körper von beträchtlichem Ausmaß ließen sich auch außerhalb der ursprünglichen Versuchsglocke mittels des Resonanzfeldes ohne merkliche Verzögerung augenblicklich bewegen.«
»Also instantan, als ob keinerlei Strecke zwischen den beiden Bewegungspunkten läge?«
»Genau so, Herr Kollege.«
Und Lydia Morena, sie war ja als erste mit dabei gewesen, bekräftigte dies, beifällig nickend. Sie starrten wieder auf den nicht nur schweigend, sondern geradezu herausfordernd kreisenden Stahlträger dort draußen.
»Mel, wie würden Sie das deuten?«, fragte Jenkins dann seinerseits zu einer anderen, im Ringfunkverkehr ebenfalls angeschlossenen Sektion hinüber.
»Das ganze Verfahren ist mit einem hohen Aufwand an Energie und Kraft verbunden?«, erkundigte sich Mel Brauer, ein Fachmann auf dem Gebiet der Hochenergiephysik.
»So ist es«, bestätigte Campbell, nun seinerseits wieder das Wort ergreifend (das, der hohe Energieaufwand, war es ja, was ihn hierher gerufen hatte).
Mel Brauer sann für eine kurze Weile nach. Dann gab er sich sichtlich einen Ruck.
»Das läßt sich ohne Wellenbewegung im Raum-Zeit-Spektrum nicht begründen«, erklärte er dann.
Damit fiel dieser entscheidende Hinweis zum ersten Male, wie Gulbransson und seine Kollegin ihn erhofft oder vielleicht gar befürchtet hatten.
»Und wie sollten wir das, Ihrer Meinung nach, überprüfen, Mel?«, wollte der sichtlich angestrengte Entdecker des Phänomens dann wissen.
»Schauen Sie einmal, ob Sie in der Feinauflösung auf den Hochanalysebildern nicht eine geringe unterschwellige Wellenbewegung ermitteln«, empfahl dieser.
Abermals, das wahre Geschehen zu dokumentieren, wurde das Hochgeschwindigkeitsmodell aufgerufen. Und tatsächlich, wie man die mit der Schnellbildkamera aufgenommenen Eindrücke nach mehreren vergeblichen Versuchen mittlerweile unter Ultralichtdämpfung in äußerster Zeitverzögerung abspielte, verzeichnete sich eine Kräuselung eben von der Art, wie Mel Brauer sie erwähnte.
»Was hat das, Ihrer Einschätzung nach, zu bedeuten, Mel?«, wollte Samuel Campbell daraufhin wissen.
Der Fachmann für Hochenergiephysik, Gulbransson anstarrend, wagte sich zu Recht, wie sich später herausstellen sollte, weit vor. »Sie haben in die Raumzeitstruktur des Feldausschnittes eingegriffen.«
»Was heißt das?«, beharrte der Chef der Station.
Mel Brauer wandte sich ihm wieder über den Bildschirm zu. »Das bedeutet, daß die Energie in eine andere Abstufung der uns geläufigen Dimensionen abfließt, Chef.«
»Man hat über die Wellenbewegung in das Raum-Zeit-System eingegriffen?«, wiederholte Campbell.
»So in etwa.«
Allmählich dämmerte den Anwesenden, Elisa sowie zusätzlich allen, die dies über die Rundspruchverbindung verfolgten, die ungeheure Bedeutung des Vorgetragenen. Abgesehen vom im eigentlichen, von Gulbransson benutzten Versuchslabor tätigen Personal, handelte es sich dabei immerhin um mehrere Dutzend hochqualifizierter, auch auf solchen Spezialgebieten beschlagener Leute (Assistenzpersonal und andere nicht gerechnet). Denn mittlerweile waren in die Ringschleife praktisch alle einschlägigen Forscherinnen und Spezialisten eingebunden.
»Sie meinen damit, wir haben auf Grund der günstigen Bedingungen unseres hier draußen weit abgelegenen Postens womöglich eine Brücke geschlagen, wie man Teile des Raumes außerhalb der üblichen Ordnung überwindet?«, wollte Campbell, äußerst vorsichtig formulierend, wissen.
»So muß es nach allem bislang vorliegendem spärlichen Informationsmaterial sein«, erwiderte Brauer.
»Und was denken Sie, Gustav?«, wollte Campbell dann vom eigentlichen Urheber dieses entscheidenden Verfahrens wissen.
Dieser, der inzwischen nachgedacht hatte, lächelte dünn.
»Die Brücke zu den Sternen ist eröffnet«, verkündete er unumwunden.
Samuel Campbell – womöglich wegen so viel Unverfrorenheit – lachte.
»Aber wenn dem so wäre«, vermutete der Leiter des Außenpostens schließlich hoffnungsvoll, doch mit gehöriger Vorsicht, »so sind die zukünftigen Folgen des Fluges der Manschettenknöpfe unseres verehrten Herrn Kollegen«, er verneigte sich vor Gustav Gulbransson, aber auch vor der Morena in gehöriger Weise, »namentlich etwa für die Raumfahrt, überhaupt noch nicht abzusehen.«
Dann, sich bereits mit den näheren Einzelheiten des zukünftigen Großprojektes beschäftigend, wurde er wieder sachlich.
»Dem liegen die vor Ort derzeit offenbar herrschenden günstigen Bedingungen zugrunde?«, erkundigte er sich nochmals ausdrücklich bei Gulbransson.
»Die höchst effektive Abschirmung vom Sonnenwind sowie andere, der Abgeschlossenheit des Postens geschuldete Verhältnisse deuten entschieden auf diesen Umstand hin«, gab Gulbransson geradezu demutsvoll zur Antwort.
»Aber das entsprechende Vorgehen beansprucht ein Übermaß an Energie«, sann der Stationsleiter weiter, als arbeite er bereits am Rechenschaftsbericht den Erdbehörden gegenüber.
Der Wissenschaftler, sich über den spärlichen Haarwuchs streichend, erschrak ein wenig (denn mit einem Mal sah er die Weiterentwicklung seines sich abzeichnenden Projektes gefährdet). »So ist es.«
Darum leckte er sich über die Lippen, nahm sich kraftvoll zusammen und gab sogleich zu bedenken: »Wir sollten auf dem eingeschlagenen Wege fortfahren, solange die Bedingungen so günstig sind. Meinen Sie nicht, Samuel?«
»Ja, natürlich.« Campbell nickte in voller Übereinstimmung. »Wir halten schnellstmöglich Rücksprache mit der Erde bezüglich der Energiezuführung, machen uns aber zunächst unabhängig von ihr. Denn dies würde eine stundenlange Verzögerung mit sich bringen. Wer weiß schon, wann die noch näher zu bestimmenden Umstände für das Experiment je wieder in solch einzigartiger Weise zusammentreffen werden.«
Die ausdrückliche Genehmigung von der Erde, alle Umstände betreffend, sollte zu dem der Entfernung geschuldeten, erwartet späteren Zeitpunkt gewiß eintreffen. Gleichwohl wurde die Versuchsanordnung dieser folgenreichen Januartage des Jahres 2117 – nunmehr unter Mitwirkung der gesamten Belegschaft, die alle anderen Projekte vorerst ruhen ließ – auf Veranlassung Samuel Campbells also mit großer Entschiedenheit wieder aufgenommen.
*
»Was ist das?«, wollte Jenkins im Verlauf dieser Arbeiten einige Tage später neugierig wissen.
Gleich mehrere Köpfe beugten sich über den mittlerweile ganz neu eingerichteten Schacht, durch welchen die Energieströme nunmehr in einer erweiterten und höchst ausgeklügelten Anlage, freilich genau meßbar, flossen (die Manschettenknöpfe von Professor Gulbransson, hätte man meinen können, oder gar die Stahlträger waren längst vergessen).
»Das klingt wie ein dumpfes Rauschen«, murmelte Lydia Morena, stärker als vorher in das Projekt eingebunden, mit leicht unschuldigem Augenaufschlag.
»Oder wie die Verzerrung hypersonarer Schwingung«, versetzte Mel Brauer.
»Meinst Du?«
»Das Objekt ist jedenfalls verschwunden«, erklärte Gulbransson bezüglich der beträchtlichen Stahlkugel ernüchtert, welche sie eigentlich durch besagte Röhre eine fest umrissene Strecke hatten schicken wollen.
»Verschwunden? Unmöglich!«, rief der Meßtechniker William Dubroyle aus.
»Können Sie die dem zugrunde liegende Raumstruktur ermitteln, William?«, fragte Campbell eben diesen.
»Wir wollen unser Bestes versuchen«, antwortete der Meßtechniker kopfschüttelnd.
Im Handumdrehen zog er, unterstützt von seinen Mitarbeitern, die bereits vielbenutzten elektromagnetischen Periskope, aber auch die herkömmlichen, suprastrukturell ausgerichteten geometrischen Winkel- und Richtungsmesser hervor. Darunter befand sich auch ein Lichtbrecher, ein Gerät also, das dazu diente, Bruchkanten oder verschmierte Undichtigkeiten im Energiehaushalt aufzuspüren, indem es den einwandfrei ermittelten Verfließgeschwindigkeiten des Vorlagemusters folgte. Denn man wußte schon seit längerem, daß Energie an bestimmten Knotenpunkten des Raum-Zeit-Gefüges abzubrechen oder in irgendeiner Weise zu versickern pflegte, ohne daß man sich diesen Vorgang bis dahin auch nur im Geringsten hätte erklären können.
»Und?«, fragte der Stationsleiter, ungeduldig werdend, während William Dubroyle nach wie vor über die raffinierte Optik eines seiner Geräte in das geheimnisvolle Innere eines sich in den Dimensionen verlierenden Schachtes starrte.
»Sehen Sie selber, bitte«, beschied der Meßtechniker, der sein Okular herabnahm.
Jetzt oblag es Campbell, in eine äußerst nahe und doch so seltsam ferne Welt zu spähen, wo sich alle gewohnten Ansichten merkwürdig verschoben und über welcher sich doch gerade der wirkliche Aufbau des kosmischen Gefüges bestimmte. Mit wenigen Handgriffen gelang es den Experten, das einschlägig ermittelte Bild auch allen anderen Beteiligten zur Verfügung zu stellen. Spektrometrische Messungen nämlich warfen nun den von Campbell erlangten Eindruck sogleich zusätzlich auf einen rasch hinzugezogenen Monitor.
»Wofür würden Sie das halten?«, verlangte Campbell geradezu atemlos zu wissen, während er begierig, aber doch ratlos über die ihm von Dubroyle zugewiesenen Lichtpunkte tippte und mittels Leuchtdioden mehr Schärfe und somit mehr Kenntnis über das dort – nahbei – verborgene Unbekannte herauszuholen suchte.
»Es handelt sich um Krümmungen und Linien auf dem Schirm«, äußerte sich Lydia Morena erklärungshalber, die sich in der Gruppe vor der improvisierten Leinwand drängte.
»Das wirkt wie gewaltige, erstarrte Meeresbrandung, wenn nicht alles täuscht«, erklärte Campbell zögernd.
»Wellenschlag in der Tiefe des Raumes?« Elisa, die Sekretärin, die sich ob des beträchtlichen Spektakels ihre Anwesenheit nicht nehmen ließ, wollte es nicht glauben.
»Der Raum ist dort wahrnehmbar gekrümmt«, bekräftigte Campbell mit roten Ohren und gab Dubroyle das Okular wie entrüstet zurück.
Dieser reichte es an Gulbransson weiter, also wiederum dem eigentlichen Entdecker des Ganzen, auf dessen Urteil jetzt nicht nur die Fachwelt brannte. Gulbransson selbst, wie geschäftsmäßig, warf nur einen äußerst knappen Blick durch die zur Erzielung von überragenden Ergebnissen gestaltete Optik. Er, der jetzt wieder ganz ruhig wirkte, schien von allen am wenigsten überrascht.
»Dort in der Tiefe des Raumes«, stellte der Professor, ohne zu zögern, fest, »an seinen raumzeitlichen Verbindungsstellen, toben gewaltige Stürme.«
Die allermeisten hatten noch gar nicht richtig aufgefaßt, was er vortrug.
»Das sieht wie ein Schwingungsprozeß aus«, versuchte sich Mel Brauer, der Hochenergiephysiker, mit einer Erklärung.
»Und was folgern Sie daraus, Mel?«, wollte der Stationsleiter von ihm wissen, dem allerdings die von Gulbransson angeführten interkosmischen Stürme nachhaltig durch den Kopf glitten.
»Ein solcher Vorgang schaukelt sich leicht auf, Chef.«
»Er kann sich selbständig machen?«
»So ist es, Chef.«
»Und darin ist unser letztes Objekt verschwunden?«
»So sieht es aus, Chef.«
»Chef«, meldete sich Dubroyle.
»William?« Der Stationsleiter wandte sich zu seinem Meßtechniker um.
»Die Meiler sind unruhig, Chef«, erklärte dieser, auf die Anzeigetafeln verweisend, welche die anderen allerdings auch bemerkt hatten.
»Es sieht aus«, fügte er hinzu, »als ob sie bald durchbrennen würden.«
»Die Aktivität in den Konvertern nimmt seit Öffnung des Schachtes zu«, bemerkte Lydia Morena.
»Ja, dafür sind sie ja da«, erwidert Campbell, denn jeder wußte, daß die entsprechenden Anlagen eben den Strom zur Aufrechterhaltung des künstlichen Tunnels lieferten.
»Mir scheint indes, sie haben sich einigermaßen selbständig gemacht.«
»Wirklich?«
Samuel Campbell also, der zweifellos auch über dieses erforderliche Fachwissen verfügte, überprüfte in sachkundiger Weise sogleich eigenhändig die Kontrollschalter, das Instrumentenbrett sowie vornehmlich die mittlerweile verdächtigen Lichttabellen.
»Die Beanspruchung hält sich in Grenzen«, stellte er dann fest.
»Kein Grund zur Notabschaltung?«
»Nein, der Hauptregler dürfte sich vor dieser Beanspruchung hinsichtlich des Schachtes jedenfalls mühelos behaupten.«
Da stand sie nun, die ganze Gruppe atemloser Forscherinnen und Experten, und starrte in eine seltsam verschlungene Tiefe, wie sie aus den Experimenten mit korrespondierenden Materieteilchen wie etwa Manschettenknöpfen hervorgegangen war und wie sie bis dahin noch niemand zuvor betrachtet hatte. Die zu diesen Zwecken jetzt aufgebotene Stahlkugel indes blieb zumindest vorerst verschwunden.
»Das da drin stellt die Dimension dar, welche die Welt im Innersten verbindet«, gab Gulbransson endlich hinsichtlich dessen, was sie alle beschäftigte, ungerührt Auskunft.
Er wies in den künstlichen Schacht hinunter, und selbst im Ansatz schon schien sich sein Arm auf einmal wie in einem Zerrspiegel zu verkürzen.
»Chef«, meldete sich da abermals Dubroyle.
»William?«
Der Meßtechniker bezog sich auf den von Gulbransson vorgebrachten Gedanken. »Der Sturm da drinnen …«
»Ja?«
»Ob wir ihn mit unserem Zugriff nicht selbst ausgelöst haben?«
»Wir haben eine Stahlkugel hindurch geleitet.«
»Ja, eben. Doch da, sehen Sie bitte, die Masseschreiber, sie regen sich unaufhörlich.«
»Tatsächlich.«
Die feinen Nadeln, das wußten wiederum alle, bezeichneten mit ihrem dünnen Ausschlag den Verbleib des entsprechenden stählernen Teilchens.
»Sie befinden sich in erheblicher Unruhe.«
»Diese Erscheinung dürfte, wie so alles, wohl kaum aus dem Nichts kommen.«
»Also?«
Sie zögerten wieder fast alle. Freilich, nur einer muß die doch im Grunde einfachen, auf der Hand liegenden Tatsachen aussprechen - dann begreift es plötzlich jeder. Gulbransson hatte anscheinend nur darauf gewartet.
»Das Partikel und die Unruhe dort drinnen, sie beeinflussen sich gegenseitig«, erklärte er nämlich. »Enorme Spannweiten beherrschen die innere, von uns unzureichend erschlossene Zone.«
»Sie meinen die Stürme da drinnen?«
»Wenn das Partikel dort« – Gulbransson wies in den langen, gekrümmten Schacht hinunter – »verschwindet und sich infolge seiner Bewegung hier drinnen elektronische Stürme regen, so muß es doch möglich sein, im Umkehreffekt genau das Gegenteil herbeizuführen.«
»Und wie, bitte, stellen Sie sich das vor, Herr Kollege?«
Gulbransson lächelte dünn. »Über die Elektrostatik.«
»Und wie genau, bitte?«
»Wir ernten die elektrostatischen Effekte auf Grund der Vorgänge dort drinnen. Entsprechend wirken wir elektrostatisch von außen nach innen.«
»Das klingt logisch.« Samuel Campbell wirkte regelrecht erschrocken ob der unglaublichen, ihnen hier wie nebenbei dargebotenen Vision.
»Schon mit dem geringsten Zugriff durchmessen wir beträchtliche Strecken«, fuhr Gulbransson fort, anscheinend schon in der konkreten Projektplanung begriffen.
»Und?«
»Damit setzen wir zugleich enorme Kräfte in Bewegung.«
»Und welche Mittel«, Campbell leckte sich die Lippen, »gedenken Sie dafür einzusetzen?«
»Ah, die Mittel.« Der Professor selbst zeigte sich nur für einen kurzen Augenblick verlegen. »Hier, diese Hydro-Spulen. Dort, die überzähligen Akkumulatoren. Überhaupt alles, was Feldfluß und elektrostatische Spannung erzeugt.«
Der Stationsleiter, dies ohne weiteres einsehend, winkte sogleich besonders für solche unmittelbaren Aufgaben ausgebildete Fachkräfte herbei. Diese machten sich daran, das bezeichnete Material und andere derzeit brachliegende Reserven in das weiter kurz umrissene Projekt direkter Einflußnahme auf den substellaren Sektor einzubauen. Auf Grund der Einfachheit des Vorschlags, aber auch wegen der längst stattgefundenen Feldversuche stellte es tatsächlich das Werk bloß von wenigen Minuten dar, alles für den allerdings höchst kühnen Eingriff in den nach wie vor offenen Schacht vorzubereiten.
»Können wir beginnen?«
»Alles fertig.«
»Was, genau, haben Sie als erstes vor, Gustav? Ich darf Sie doch Gustav nennen?«
»Gerne, Sam. Ich gedenke die Stromzufuhr zu erhöhen.«
»Das dürfte aber ein ganz schönes Gewitter ergeben. Meinen Sie nicht?«
»Das soll es ja, Chef.«
»Haben Sie Schutzbrillen dafür vorgesehen, Gustav?«
»Schutzbrillen wären nützlich.«
Die entsprechenden Besorgungen waren schnell erledigt, und wenige Momente später starrten sie alle – wohlbewahrt – auf einen Schacht, dessen Ränder schon nach dem ersten Hebeldruck in hellen Flammen brannten.
»Gustav?«
»Das reicht nicht, Chef.«
»Was meinen Sie?