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Sieben ist die Zahl des Unheils, sieben Runen des gerechten Gottes Zeichen. Sieben Flüche in sieben Zeiten, sieben Mal ein Ende bereiten. Maondny schickt ihre Krieger durch die Zeit. Sieben mächtige Flüche, die von den Pashatvas gewirkt wurden, müssen verhindert werden. Dadurch besteht größte Gefahr für die Zeitkontinuität dieser Welt. Zu allem Überfluss befinden sich Sayid und seine Freunde unter erheblichem Druck, denn wenn Zoi’ron nicht innerhalb einer Woche beschworen wird, muss Maondny sterben und alle Mühen waren umsonst … Ca. 57.000 Wörter Im gewöhnlichen Taschenbuchformat hätte dieser Roman ca. 285 Seiten
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Sieben ist die Zahl des Unheils,
sieben Runen des gerechten Gottes Zeichen.
Sieben Flüche in sieben Zeiten,
sieben Mal ein Ende bereiten.
Maondny schickt ihre Krieger durch die Zeit. Sieben mächtige Flüche, die von den Pashatvas gewirkt wurden, müssen verhindert werden. Dadurch besteht größte Gefahr für die Zeitkontinuität dieser Welt. Zu allem Überfluss befinden sich Sayid und seine Freunde unter erheblichem Druck, denn wenn Zoi’ron nicht innerhalb einer Woche beschworen wird, muss Maondny sterben und alle Mühen waren umsonst …
Ca. 57.000 Wörter
Im gewöhnlichen Taschenbuchformat hätte dieser Roman ca. 285 Seiten
von
Alexandra Balzer
Inhalt
Zusammenfassung – was bisher geschah
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Zusammenfassung – was bisher geschah
Meine lieben geduldigen Leser,
leider habe ich euch sehr viel länger mit diesem Buch warten lassen, als ich gehofft habe. Die letzten eineinhalb Jahre waren die schlimmsten meines Lebens und vieles ist nicht so gekommen, wie ich es mir erhofft habe.
Aber ich langweile euch jetzt weder mit Details noch Entschuldigungen. Da der letzte Teil der Zorneszeichen schon eine Weile zurückliegt und der erste noch viel, viel länger, will ich eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Details geben, damit ihr möglichst nicht gezwungen seid, alle Bücher noch einmal zu lesen. Es sei denn, das ist genau das, was ihr gerne möchtet. Wer noch gänzlich im Thema drin ist, kann diese Zusammenfassung beherzt überspringen und sofort mit Kapitel 1 beginnen. Ich wünsche auf jeden Fall ungehemmtes Lesevergnügen. Bleibt mir gewogen!
Alles Liebe,
Alexandra Balzer
Teil 1: Todfeinde
P’Maondny, die Traumseherin, wurde von den Göttern in diese Welt geholt, um Zoi’ron zu beschwören. Der gerechte Gott soll jeden strafen, der seine Magie missbraucht, um anderen Lebewesen vorsätzlich und ohne Not Schaden zuzufügen. Damit dieses scharfe Kontrollinstrument nicht missbraucht werden kann, haben die Götter hohe Hürden gesetzt, die von Normalsterblichen eigentlich nicht überwunden werden können.
Maondny wurde gerufen, um das Volk der Pashatvas – auch Tyrannen oder schlicht Magier genannt – aufzuhalten. Diese haben das gesamte Nordernreich unterworfen, Elfen, Drachenreiter und Drachen mittels Fluchmagie vernichtet und sowohl Menschen als auch die magielosen Halbelfen zu ihren Sklaven und Spielzeugen erkoren. Anash, der geheime Führer dieses Volkes, ist seelenlos geboren. Er lässt sowohl nach dem letzten Drachenreiter der Welt als auch der Traumseherin suchen, und dies bereits seit vielen, vielen Jahren.
Sayid ist dieser letzte Drachenreiter. Er hat keinen Seelengefährten, da die Drachen ausgestorben sind, darum fehlt ihm jeder Zugang zur Magie. Er lebt als Dieb in den Städten der Menschen und zieht dabei von einem Ort zum nächsten, immer auf der Flucht vor den Pashatvas. Eines Tages wird er von der Halbelfin Yllanya aufgespürt. Sie zwingt ihn mithilfe eines Fluchsteins dazu, die letzte Elfensiedlung aufzusuchen und dort nach den Zorneszeichen zu fahnden. Anash hat sie geschickt. Er will Yllanya als Spionin in den Umkreis der Traumseherin einschmuggeln, um eine gewisse Kontrolle zu behalten.
Maondny lebt in dieser Elfensiedlung. Sie ist noch ein Kleinkind, eigentlich viel zu jung, um das große Spiel um die Macht zu beginnen. Dennoch lässt sie sich darauf ein, weil die von ihr ausgewählten Spieler größtenteils sterben würden, wenn sie noch länger wartet. Sie schickt Anthanael, den einzigen noch geistig gesunden Elf des Nordernreiches in den Wald. Auch er steht unter einem Fluch, genau wie alle Mitglieder seines Volkes, doch er wird auf besondere Weise beschützt. Sayid kann Anthanael vor einem Rudel Magierhunden retten. Dabei kommt er selbst zu Tode, doch als Drachenreiter stört ihn das nicht weiter. Anthanael entdeckt, was er ist und will ihn eigentlich töten. Stattdessen raufen sie sich zusammen – sie sind tatsächlich Halbbrüder – und nehmen Maondnys Queste zur Erweckung der Zorneszeichen an. Unterwegs stößt Yllanya zu ihnen, außerdem ein überlebender Magierhund. Sie nennen ihn Khun und er wird zu einem wertvollen Mitglied ihrer Gemeinschaft.
Aus einem von Pashatvas vernichteten Bauerndorf retten sie Hojin. Auch er ist ein Magier, der sich gegen Anashs Befehle gewehrt hatte, schuldlose Menschen zu foltern und zu töten, um den Drachenreiter zu suchen. Hojin hatte sich in eine menschliche Bäuerin verliebt und einige Jahre mit ihr zusammengelebt, bis seine ehemaligen Gefährten kamen, alle Menschen umgebracht und Hojin grausam gequält und verflucht haben. Auch er ist bereit, sich der Mission anzuschließen.
Ohne es zu wissen, haben sie damit das erste Zeichen des Zorns erfüllt – Todfeinde aus verschiedenen Völkern mussten sich finden und zusammenarbeiten, um den wahren Feind besiegen zu können.
Teil 2: Magiesuche
Nur wer selbst Zugang zur Magie besitzt, kann ein Geweihter des Zoi’rons sein. Hojin und Anthanael verfügen darüber, Yllanya und Sayid hingegen nicht.
Auf Maondnys Befehl trennen sich die Gefährten. Anthanael fällt dabei einer Gruppe Pashatvas in die Hände. Bei der Befreiung verschont Sayid einen sehr jungen Magier, der fast noch ein Kind ist und gegen seinen Willen in den Kampf gezwungen wurde. Sein Name lautet Kiomy, ein verstörter Junge, der die Gelegenheit zur Flucht gerne nutzt.
Hojin und Yllanya begegnen hingegen einem Elementargeist. Diese Geschöpfe waren einst zu den Wächtern über die Naturelemente bestimmt worden. Als sie begannen, sich gegen die Sterblichen zu wenden, erschuf Shilauty Dämonen. Diese Kreaturen sollten die Elementargeister in Schach halten. Dies ist gelungen, doch seitdem haben die Dämonen keine Aufgabe mehr, dafür die Macht von Halbgöttern. Man nennt sie nicht umsonst Schadensdämonen. Auch die Elementare sind sehr gefährlich und sie fürchten zurecht, dass Zoi’ron sie nach seiner Erweckung beseitigen wird. Der Blitzelementar, dem Hojin und Yllanya begegnen, erweist sich allerdings als Verbündeter.
Sayid und Anthanael fallen derweil einem der Schadensdämonen in die Hände. Er treibt grausamste Spiele mit ihnen, versucht ihren Willen zu brechen, foltert sie auf jede erdenkliche Weise. Es stellt sich heraus, dass er unfähig ist, sie tatsächlich sterben zu lassen. Illoziz – den Namen nimmt er willkürlich an – ist der Schöpfung zugetan und er will die Zoi’ron-Geweihten nicht vernichten. Auch dann nicht, wenn es ihn und seinen Geschwistern das Leben kosten wird. Maondny überredet ihn dazu, sich ihnen anzuschließen.
Unterwegs gelingt es ihnen, einen von Pashatvas gefangenen Greif zu befreien. Diese Geschöpfe sind die Erben der Drachen und der besondere Fluch, der auf Drachen und Drachenreitern lag, zwingt den Greif dazu, Sayids Seelenbruder zu werden. Damit erwacht Sayids Magie und er gewinnt sehr viel Kraft dazu. Illoziz beichtet beschämt, dass er diesen Fluch vor langer Zeit versehentlich gewirkt und damit das Volk der Drachenreiter geschaffen hat. Zugleich macht ihn dies zum Hauptschuldigen für die Vernichtung von drei Völkern. Die freien Drachen konnten nicht zwischen Drachenreitern und Pashatvas unterscheiden. Letztere lebten im Upakani-Gebirge, in der Nachbarschaft der Drachen, und wurden immer wieder von den riesigen Geschöpfen angegriffen. Anash hatte sein Volk in die Täler geführt, um diesem Treiben ein Ende zu bereiten. Illoziz‘ Fehler hat somit zum Aufstieg der Pashatvas geführt.
Nach einer heftigen Konfrontation mit den Elementargeistern führt Maondny ihre Truppe in eine Höhle. Dort steht die Statue von Nakoio, dem Gott der Diebe und der Lügen. Er ist ein gefallener Gott, vom Schöpfervater Shilauty verstoßen und in der Statue gefangen. Maondny befreit ihn. Nakoio muss im Körper eines jugendlichen Menschens leben und sich vor seinem Göttervater versteckt halten, der ihn lieber vernichten als frei sehen will. Dennoch ist er bereit, Yllanya magisch zu prägen. Dabei geht Nakoio äußerst brutal vor, womit er sich Hass und Ablehnung der gesamten Gruppe sichert.
Teil 3: Zepter und Schwert
Anash belegt die Gruppe mit einem Schadensfluch, unter dem besonders Sayid zu leiden hat. Damit er eine Chance zu überleben hat, verpflichtet Maondny den Gott Nakoio dazu, das Quinaua-Amulett zu suchen. Es ist das mächtigste Glücksamulett der Welt, das seinen Träger allerdings bei Neumond unausweichlich tötet. Als Drachenreiter hat Sayid mit diesem kleinen Detail kein Problem.
Hojin und Yllanya lernen derweil Blütenfeen und Kobolde kennen und erhalten beide einen Tränenanhänger, in denen ihre tiefe Trauer eingeschlossen wird – Yllanya trauert um ihren Sohn, den sie zurücklassen musste, Hojin um seine ermordete Frau. Auf der Suche nach Zepter und Schwert der Gerechtigkeit lernen sie einiges über die Vergangenheit von Elfen und Kobolden, begegnen Kiomy wieder, der über einzigartige Magie verfügt und belegen Anash mit einem Fluch, um ihn am Massenmord zu hindern: Er wird fortan todkrank werden, sollte er versuchen, einen Blutfluch zu wirken oder einen seiner Getreuen dazu anzustiften.
Neben Zepter und Schwert findet Sayid noch einen Kristall, in dem Jannos, der Fürst der Drachenreiter, einst das gesamte geheime Wissen seines Volkes niedergelegt hat.
Teil 4: Wächter des Reiches
Die Gefährten müssen die magischen Wächter des Nordernreiches erwecken. Das geht teilweise mit viel Getöse und Opfern zur Sache, teils ohne weitere Schwierigkeiten. Anthanael lernt die Wahrheit über eine alte Lüge kennen und erfährt, wie seine geliebte Frau, sein bester Freund und das Volk der Drachenreiter tatsächlich vernichtet wurden. Sayids Seelengefährte, der Greif, opfert sich, um Kiomy und Nakoio zu beschützen. Der gefallene Gott und der verstörte Junge sind ein seltsames Paar, das vielleicht gerade deshalb sehr gut funktioniert. Sollte Nakoio in Anashs Hände fallen, hätte dieser damit ein mächtiges Werkzeug, mit dem Maondnys Untergang erzwungen werden könnte. Ein zweiter Schadensdämon betritt die Bühne, der sich auf die Gegenseite verschlägt und Marauven wird erweckt – der erste und letzte aller Drachen. Er wird Sayids neuer Seelengefährte.
Teil 5: Die versunkene Stadt
Einst haben die Götter eine große Schar aus dem Volk der Rataumi verführt und sie dazu gebracht, ihre gesamte Magie und ihr Leben für den Bau der Stadt des Zoi’rons zu opfern. Nach Fertigstellung ist diese Stadt im Nichts zwischen Raum und Zeit versunken und die Rataumi blieben zurück, um auf den Tag zu warten, an dem das fünfte Zeichen des Zorns beschworen werden soll – ohne zu wissen, ob dies jemals geschehen wird. Die Gefährten müssen diese Stadt aus den Fluten der Ewigkeit bergen. Währenddessen spielt Nakoio ein höchst riskantes Spiel, um seinen Schützling Kiomy vor Schaden zu bewahren. Als Gefangene von Anash, bewacht von einem Dämon, kann – oder will? – der Gott der Lügen dennoch nicht verhindern, dass Maondny durch Kiomys Magie attackiert wird. Er selbst hat keinen Zugriff mehr auf seine Macht, es würde ihn sofort seinem göttlichen Vater offenbaren, der ihn sucht. Sein einziger Schutz ist es, unauffällig unter den Sterblichen zu bleiben, eine Ameise in einem wimmelnden Ameisenhaufen. Am Ende zwingt Kiomy Maondny in ein magisches Koma, ein Schicksal, das er mit ihr teilt. Innerhalb einer Woche müssen die beiden letzten Zorneszeichen beschworen werden, oder Maondny wird sterben – und mit ihr die treuen Gefährten.
„Wenn keine Hoffnung mehr bleibt, marschiere ohne sie. Manchmal ist das, was wie ein Verlust erscheint, in Wahrheit große Erleichterung. Manchmal ist das, was Sicherheit verspricht, in Wahrheit eine eiserne Fessel mit magischem Schloss, die dich nie wieder freigeben will. Manchmal finden wir in der Verzweiflung unsere wahre Bestimmung.“
Zitat aus „Das Komplott“, kriminalistisches Theaterstück von Yubeck Haradstochter; uraufgeführt 297 vor dem Krieg
ayid blickte aus schwindelnder Höhe auf die Stadt des Zoi’ron hinab. Die einst verschwundene Stadt, auf deren Wiederauferstehung ihre Erbauer viele tausend Jahre lang hatten warten müssen. Die Rataumi, die von den Göttern um ihr Leben wie auch ihre Magie betrogen worden waren, hatten vor einer unfassbaren Ewigkeit alles aufgeben müssen. Zwanzigtausend Jahre. So lange war es her, dass die Rataumi, die zum ersten kulturschaffenden Volk dieser Welt gehört hatten, von Nakoio betrogen worden waren. Der Gott der Lügen hatte ihnen auf Geheiß Shilautys gesagt, dass die Götter ihre Dienste benötigten, um eine Stadt für Zoi’ron zu erbauen. Jeder einzelne Stein war von etwa fünftausend Rataumi mit Magie erschaffen und belegt worden, bis jeder von ihnen ein eigenes Haus besaß und für jeden Hauptgott ein himmelhoher Tempel erschaffen worden war. Selbst die Nebengottheiten hatten ihre eigenen Gebetshäuser erhalten. Danach hatte Nakoio die Stadt in den Limbus zwischen Raum und Zeit versenkt und die Rataumi ihrer Magie beraubt. Sie hatten in einer Zone der völligen Magielosigkeit ausharren müssen, in dem kein anderes Lebewesen für längere Zeit existieren konnte. Mit dem Abbau und Handel von Edelsteinen hatten sie ertauscht, was sie zum Leben benötigten – und zwanzigtausend Jahre damit zugebracht, auf diese Weise zu existieren. Neben ihrer Magie hatten sie auch jene Art von Unsterblichkeit verloren, die den älteren Völkern wie Elfen und Pashatvas zueigen war. Die Rataumi alterten, starben an Krankheiten und Verletzungen, begingen oft genug auch Selbstmord, nur um sofort wiedergeboren zu werden. Nach der Geburt waren ihnen ungefähr fünfzehn Jahre geblieben, in denen sie sich nicht an das erinnerten, was sie verloren hatten.
Dieses Volk war nicht mehr gewachsen, hatte sich nicht entwickelt, nichts Neues gelernt. Nicht einmal die Sprachen jener Völker, mit denen sie Handel getrieben hatten. Was konnte trauriger und sinnloser sein als ein solches Dasein?
Nun waren sie also heimgekehrt und besiedelten ihre Stadt. Von der Magie waren sie weiterhin abgeschnitten und wer von jetzt an starb, für den gab es keine Wiederkehr. Ein verlorenes, verschwendetes Volk waren sie. Kaum mehr als wandelnde Statuen, die auf ihre Zerstörung warteten.
„Die Götter benötigen sie nicht mehr“, sprach Maondny in sein Bewusstsein. „Sie haben ihr Werk getan, indem sie gewartet haben, bis die Stadt aus ihrer Versunkenheit erwacht ist. Von nun an sind sie überflüssig. Wer stirbt, dessen Seele wird in Goyashs Armen Trost finden.“
„Werden sie Kinder zeugen? Echte Kinder, keine Wiedergänger, die sich nach fünfzehn Jahren an ihre zahllosen vorherigen Leben erinnern?“
„Das können sie nicht und es ist auch unerwünscht. Sie sollen verschwinden und keine Spuren hinterlassen. Das Volk der Rataumi ist schon vor langer Zeit vom Antlitz der Erde verschwunden. Diese Relikte einer vergangenen Zeit müssen zügig nachfolgen. Wenn sie ihre Götter wirklich erfreuen wollen, sollten sie allesamt Selbstmord begehen, dann ist die Sache endlich erledigt.“
„Wie wundervoll es doch ist, von den Göttern geliebt zu werden. Da muss man keine Sorgen mehr haben“, knurrte Sayid übellaunig.
„Nicht wahr? Aber tröste dich, sie gehen auch nicht liebevoller miteinander um als mit der ihnen anvertrauten Schöpfung. Nakoio hat die Verantwortung für all das hier tragen müssen. Das Belügen der Rataumi, die Verbannung der frisch erbauten Stadt in den Limbus, die notwendige Magie, damit ein reibungsloser Ablauf während der benötigten Wartezeit bis hin zur Wiedererweckung der Stadt gewährleistet ist. Er hat es gehasst und es wurde zu einer schwelenden Wunde, bis er sich schließlich gegen Shilauty aufgelehnt hat.“
„Es ist erschreckend zu sehen, welche Macht er einst besessen hat, unser junger kleiner Gott …“
Das war es tatsächlich. Nakoio, dieser trotzige, verlogene Bastard im Körper eines sehr jungen Menschenmannes, er hatte eine Menge aufgegeben. Die Allmacht eines Gottes für die Freiheit, nicht länger dem Willen seines Schöpfervaters dienen zu müssen. Dafür war er hart bestraft worden und musste jetzt auf jegliche Magie verzichten, um noch ein wenig länger auf der Flucht vor Shilauty durchzuhalten. Es war seltsam zu begreifen, dass auch Götter sich nach Freiheit sehnten.
„Völlige Freiheit ist eine Illusion. Niemand ist frei, nicht einmal der Weltenschöpfer. Alles und jeder sind miteinander verbunden, das Schicksal treibt uns zusammen wie ein Hirte seine Schäfchen. Was der Sklave ersehnt, ist Freiheit von Zwang, Strafe, Erniedrigung und Schmerz. Was der Herr ersehnt, ist Freiheit von zu viel Verantwortung. Jeder Sterbliche ist zu einem gewissen Teil auch ein Sklave und jeder Gott sowohl Sklave als auch Herr. Nakoio hat die Verantwortung ebenso gehasst wie den Zwang, den Shilauty ihm auferlegt hatte. Das, was jeden von uns fesselt, kann leicht der Garant für Glückseligkeit sein. Nicht jeder Schmerz ist unerträglich, nicht jede Verantwortung eine Last. Nakoio fehlte es als Herrscher über die Lügen an der Möglichkeit, sich selbst zu beirren. Sich einzureden, dass sein Werk dem höheren Zweck dient, dem Wohl aller. Sich daran zu berauschen, was er mit der ihm gegebenen Macht tun konnte, so wie es seinen göttlichen Geschwistern möglich ist. Darum musste er letztendlich fallen. Ihm ist es nicht gegeben, glücklich zu sein. Auch oder gerade weil er momentan lernen darf, was Liebe ist.“
„Er liebt Kiomy?“, fragte Sayid verdutzt. Dieser wunderbare Junge mit dem absolut einzigartigen magischen Talent und der gefallene Gott, der alles und jeden hasste, sich selbst am meisten – das klang absolut widersinnig.
„Es ist keine romantische Liebe und frei von körperlichen Aspekten. Kiomy liebt ihn voller Verzweiflung, wie man einen strengen Vater liebt – Abhängigkeit, Angst und Hörigkeit spielen darin die Hauptrollen. Das ist Nakoio bewusst, darum macht es ihn auch nicht stolz oder glücklich, dieses Herz gewonnen zu haben. Er selbst trägt das Bild von der Liebe zwischen Mensch und Kätzchen in sich und ja, das trifft es. Trotzdem, es ist Liebe. Ein echtes, wahrhaftiges Gefühl. Eine Fessel, die Nakoio gründlicher bindet als jedes Eisen, jeder magische Fluch, selbst die Hand seines Vaters es könnte.“
„Nakoio hat dafür gesorgt, dass wir nun kaum noch Zeit haben, um unsere Bestimmung zu erfüllen. Er und Kiomy hatten vielleicht keine andere Wahl, das sehe ich ein, doch was wird aus uns?“
„Ihr werdet in die Vergangenheit reisen und Flüche aufheben“, erwiderte Maondny. Er konnte regelrecht spüren, wie sie bei diesen Worten strahlte. „Es wird ein niederhöllisches Spektakel werden! Die ganzen Prädestinationsparadoxa, die ihr auslösen, wieder gutmachen und bestmöglich umschiffen müsst, bereiten mir die herrlichsten Kopfschmerzen, die man sich nur vorstellen kann.“
„Was auch immer Prädatilliparoxa sein mögen, ich will ihnen nicht begegnen!“, knurrte Sayid. „Und kein lebendiges Wesen, wirklich, gar keines, freut sich über Kopfschmerzen!“
„Du bist zu negativ eingestellt. Kopfschmerzen können großartig sein, um sich zu vergewissern, dass man überhaupt noch einen Kopf besitzt. Das ist für jemanden wie mich, dessen Bewusstsein die meiste Zeit über körperlos am Schicksalsstrom dahinwandert, ein rundum schönes Gefühl.“
„Du zählst nicht, Liebes. Du bist weder ein richtiges Lebewesen, egal nach welcher Definition, noch bist du irgendwie normal.“ Sayid schnürte sich das erste Seil ab, das er sich in dicken Lagen um den Körper gewickelt hatte. Allein fünf von jeweils dreißig Schritt Länge hatte er am Leib, fünf weitere befanden sich in einem riesigen Tragebeutel auf seinem Rücken. Das zusätzliche Gewicht war entsprechend groß und beeinträchtigte seine Beweglichkeit. Leider war es laut Maondny notwendig, dass er die Tempelaußenmauer hinabkletterte und dabei Kletterseile für seine Freunde spannte. Warum genau das unumgänglich war, hatte er noch nicht wirklich verstanden, doch er hatte auch keine Lust, es genauer zu hinterfragen.
Illoziz hatte sie im Tempel des Zoi’ron abgesetzt. Das schien der einzige in der dem gerechten Gott geweihten Stadt zu sein, der keine Treppen oder sonstige Verbindungen mit der Außenwelt besaß. Sprich: Man konnte das Heiligtum, das sich dreihundert Schritt über dem Erdboden befand – genauer gesagt, auf einem steilen Hügel, der bereits fünfhundert Schritt in die Höhe ragte – entweder mit Flügeln oder mittels Magie betreten oder verlassen. Marauven, Sayids Drachengefährte, hatte sich noch nicht blicken lassen und reagierte nicht auf seinen Ruf. Sie hatten ihn in dieser Ebene zurückgelassen, als sie für die Initiierung des fünften Zoi’ron-Zeichens fortgehen mussten. Vermutlich war er auf Spazierflug irgendwo in dreitausend Meilen Entfernung, jagte ein wenig und sah sich die Welt an, die ihm nach wie vor fremd war. Unglaublich, dass dieses Geschöpf praktisch seit dem ersten Tag aller Dinge existierte, aber nie in Freiheit leben durfte …
Sayid befestigte das Seil mittels Magie im Tempelgestein. Inzwischen musste er nur noch kurz darüber nachdenken, was er erreichen wollte, was richtiggehend unheimlich war. Wie ihre Magie immer weiter anwuchs, dass sie nicht einmal Worte der Macht rufen mussten – konnte das richtig sein? Allmählich verloren sie ihre Sterblichkeit, zumindest war das sein Empfinden.
Seufzend packte er das Seil und rannte kopfüber dem Abgrund entgegen. In dieser Hinsicht kannte er keine Angst, im Gegenteil: Er suchte den Rausch, um sich lebendig zu fühlen. Das hatte er sein ganzes Leben lang getan. Während er sich breitbeinig gegen die Tempelmauer stemmte, mit einer Hand festhielt und mit der anderen Hand das nächste Seil befestigte, folgte ihm Anthanael nach. Yllanya würde die nächste sein und Hojin das Schlusslicht bilden. Maondny lag weiterhin in tiefem Koma im Heiligtum des Zoi’ron, bewacht von Khun, dem treuen Magierhund. Illoziz hingegen, der sie eigentlich mit einem Blinzeln an den richtigen Ort hätte transportieren können, würde hier im Tempel ausharren. Warum, das begriff Sayid bislang noch nicht, aber es war offenkundig der Grund für diese spaßige Kletterpartie.
„Er wird sich magisch im Heiligtum verankern“, sprach Maondny. „Er ist die Verbindung zwischen euch und dieser Stadt, und das durch alle Zeiten. Sobald ihr durch das Stadttor schreitet, werdet ihr willkürlich in die Vergangenheit versetzt. Jeder von euch betritt eine andere Zeitphase, es sei denn, ihr haltet euch an den Händen und geht gemeinsam. Ohne einen Halbgott als Magieanker würdet ihr in der Vergangenheit verschollen bleiben. Illoziz garantiert, dass ihr in der Gegenwart landet, sobald ihr das Tor von der anderen Seite durchschreitet.“
„Was ist denn klüger: Sollen wir geeint oder getrennt marschieren?“, fragte Sayid halblaut und stoppte erneut, um das nächste Seil anzubringen. Der Wind zerrte gewaltsam an seinem Körper, peitschte seine Haut, versuchte alles, um ihn fortzutragen und in den Tod zu stürzen. Das hier war Leben. Hoffnung. Pure Freude!
„Klug wäre es, geeint zu handeln. Es vergrößert die Chancen, dass ihr überlebt“, erwiderte Maondny.Sayid spürte die Gedanken seiner Gefährten, die an dem Gespräch beteiligt wurden. „Das Problem ist die Zeit. Dank Illoziz wird ein Tag in der Vergangenheit genauso vergehen wie ein Tag in der Gegenwart. Verbringt ihr eine Woche mit der Fluchauflösung, wird auch im Hier und Jetzt eine Woche vergehen. Ihr müsst schnell genug sein, damit ihr auch das siebte Zeichen noch vor meinem Tod initiieren könnt. Also trennt euch und geht allein oder zu zweit, wie ihr es für richtig haltet.“
Na, wenn das nicht ein weiteres Mal großartige Aussichten waren!
„Wird Marauven uns begleiten?“, fragte Sayid.
„Nein. Er bereitet den Boden für das siebte Zeichen. Würde er mit dir gehen, wäre der Untergang unausweichlich – schließlich kehrt ihr in Zeiten zurück, in denen das Volk der Drachen stark und zahlreich war. Sie würden ihn als das erkennen, was er ist: der erste aller Drachen. Das würde eine Reihe von Ereignissen in Gang setzen, die letztendlich dazu führen müssten, dass ihr Marauven nicht aus seiner Verbannung befreien könntet. Wodurch alles, was ihr seit seiner Freisetzung getan habt, hinfällig wäre und das Universum in Stücke gerissen wird. Einen solchen Fehler bezeichnet man als Prädestinationsparadoxon. Zeitreisen sind eine heikle Angelegenheit.“
„Wundervoll! Wo wir von Natur aus so zurückhaltend und vorsichtig sind und gar niemals dazu neigen, irgendetwas zu zerstören oder gleich ganze Dörfer abzufackeln …“, brummte Sayid.
„Ihr schafft das.“ Maondny kicherte. Das bedeutete vermutlich, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sie es tatsächlich schafften, irgendwo zwischen null und fünf Prozent lag. Das mit den Prozenten hatte Sayid auch noch nie begriffen, doch er wusste, je weniger, desto geringer war der Grund zur Hoffnung.
„Meine Gedankensplitter werden euch mit Rat zur Seite stehen. Macht euch keine Sorgen, es wird am Ende alles gut. Sehr wahrscheinlich.“
Er verzichtete auf jede weitere Antwort, bis sie erst das Felsplateau erreichten, auf das die Tempel magisch errichtet wurden, und eine Weile später am Fuß des Hügels in der Stadt angekommen waren.
Die Rataumi schwärmten um sie herum, plapperten in ihrer eigenen Sprache und freuten sich sichtlich, die Göttergesandten wiederzusehen.
„Was machen die jetzt eigentlich den ganzen Tag? Sind sie wieder zum Edelsteinabbau zurückkehrt?“, fragte Sayid halblaut. Da keiner der Rataumi seine Sprache verstand, musste er nicht fürchten, irgendjemanden zu beleidigen.
„Sie haben es versucht, bislang allerdings noch keine Steine gefunden. Und das werden sie auch nicht. Die zahlreichen Vorkommen, mit denen sie zwanzigtausend Jahre lang ihr Überleben gesichert hatten, sind in Raum und Zeit verschollen. Die Hügel sind leer, dort gibt es lediglich Geröll und wertloses Gestein.“
„Aber die Händler, die seit Ewigkeiten hergekommen sind, können das nicht wissen!“, rief Yllanya entsetzt. „Nun, da diese Ebene wieder zur normalen Welt gehört, hindert nichts und niemand die anderen Leute, in diese Stadt einzudringen und mit Gewalt nach dem zu suchen, was sie haben wollen.“
„So einfach ist das nicht, nein“, widerprach Maondny. „Nur die Rataumi, die Geweihten Zoi’rons und Wesen von großer Macht können die heilige Stadt betreten. Schwieriger ist, dass die Rataumi nicht nach draußen gehen können, ohne sich Feinden gegenüber zu sehen. Innerhalb der Stadtmauern ist es ihnen nicht möglich, Nahrung anzupflanzen. Sie müssen von den Tieren leben, die hier eindringen.“
„Also werden sie verhungern oder getötet werden und innerhalb kürzester Zeit ausgerottet sein?“, fragte Anthanael und strich einem jungen Mädchen über den Kopf, das ihm eine aus Stein geformte Figur aufdrängen wollte.
„Ihr könnt dieses Schicksal hinauszögern, indem ihr ihnen magisch Nahrung zur Verfügung stellt. Obstbäume, die im Wochenrhythmus tragen, Fischteiche, Vieh, Gemüsebeete. Eurer Fantasie ist keine Grenze gesetzt. Dahinschwinden werden sie dennoch, da es keine Aufgabe mehr für sie gibt und die Verlockung, endlich sterben zu dürfen, sehr bald wie eine Seuche um sich greifen wird.“
„Mit vollem Bauch stirbt es sich deutlich fröhlicher“, brummte Sayid und blickte Anthanael an. Sie beide waren auf Erdmagie spezialisiert, dies war genau die richtige Aufgabe für sie. Sein Bruder fasste ihn an der Hand, sie nutzten einen Moment, um ihre Gedanken zu verschmelzen und zu arrangieren, wer für was zuständig sein sollte. Gemeinsam knieten sie anschließend nieder, hieben mit der jeweils freien Faust in genau dem gleichen Moment auf den Erdboden ein. Eine magische Druckwelle rollte durch die Stadt. Die Rataumi wichen schreiend zurück. Sie waren Magie nicht mehr gewohnt und verbanden sie mit Schrecken mit Zerstörung. Doch die Angst hielt nicht lange vor, denn mit der Welle kam der Segen der Erdmagie über sie: Blühende Bäume brachen an allen freien Plätzen durch das Gestein, das die Flächen zwischen den Häusern bedeckte. Buschwerk folgte, dazu magische Pflanzen, die es sonst nirgends im Nordernreich gab. Neben Schönheit brachten sie vor allem Nahrung mit sich – Obst, Bohnen, Linsen und Kohl in sämtlichen Formen und Ausführungen. Dazu gab es einen Bach, den Anthanael erschaffen hatte. Er durchquerte die Stadt und führte zahlreiche Fische mit sich. Auf weitere Nutztiere hatte Sayid seinem Bruder zuliebe verzichtet, der als Elf darunter litt, wenn intelligente Lebewesen gegessen wurden. Stattdessen hatte er Schilf ans Bachufer gebracht, das für viele Dinge nützlich sein würde, und Anthanael hatte Stauden erschaffen, deren Blüten von wollartiger Struktur waren, aus denen Kleidung gesponnen werden konnte.
Yllanya und Hojin hatten sich ebenfalls an den Händen gefasst. Sayid sah, dass Yllanya aus einem kleinen Schnitt am Arm blutete – dies würde also ein Fluch werden, wie nur die Pashatvas sie wirken konnten. Was hatte Hojin vor?
„Flüche können auch segensreich wirken“, sagte Maondny. „Die beiden zwingen den Rataumi das Wissen auf, moderne Spinnräder und Webstühle und einige andere Werkzeuge zu bauen und zu benutzen. In ihrer eigenen Zeit gab es solche Gerätschaften noch nicht und seit sie Geiseln des Zoi’ron waren, haben sie entweder fertige Stoffe gegen Edelsteine getauscht oder altertümliche Geräte zur Hand genommen.“
Zufrieden blickten sie sich um, als ihr Werk vollbracht war. Sie hatten eine Wüste zum Blühen gebracht und ein Volk aus grauer Vorzeit in die moderne Welt transportiert. Das wäre normalerweise ein nicht wieder gut zu machender Frevel, doch da die Götter die Rataumi sowieso lieber heute als morgen vergessen wollten, bedeutete es keinen Unterschied.
Während die Rataumi noch weinend vor Glück auf den Knien lagen und ihnen für diese Gaben dankten, schritten Sayid und seine Gefährten auf das Stadttor zu. Es war riesig, an die zehn Schritt hoch und mehr als fünf Schritt breit. Das dunkle Holz, aus dem es bestand, erkannte er nicht, mit Sicherheit war Magie im Spiel gewesen, als es gebaut wurde. Es war verschlossen, wurde allerdings nicht bewacht. Sayid öffnete es, was geräuschlos und ohne Mühe vonstatten ging.
Dahinter lag die karge, baumlose Ebene.
„Wie machen wir es?“, fragte er seine Freunde.
„Jeder für sich, würde ich sagen“, erwiderte Yllanya. „Es gilt sieben Flüche zu brechen. Wenn wir vier auf einmal wegschaffen können, wäre das ein gewaltiger Gewinn.“
„Es ist riskant, denn wer in Schwierigkeiten gerät, ist völlig auf sich allein gestellt“, sagte Sayid.
„Wir sind daran gewöhnt, einsam zu kämpfen. Jeder von uns war viele Jahre lang allein auf sich gestellt. Du und Yllanya habt es sogar niemals anders gekannt, bevor wir zusammen gekommen sind.“ Anthanael rückte Bogen und Köcher zurecht. „Lass uns beginnen. Es wird Zeit.“
Zeit. Noch so ein Konstrukt, das vollkommen selbstverständlich sein sollte und irgendwie kompliziert war. Sayid versuchte nicht, darüber nachzudenken. Stattdessen marschierte er durch das Tor.
„Wenn du nicht weißt, wo du bist, lauf einfach geradeaus. Entweder du fällst die nächste Klippe herab oder du kommst ans Ziel. Egal welches.“
Sinnspruch, an der Ostküste allgemein verbreitet.
llanya blickte sich suchend um. Um sie herum war nichts als dichter Wald. Es war schweißtreibend heiß, sehr schwül und drückend. Das erlösende Gewitter konnte nicht mehr weit entfernt sein. Von dem Tor, das sie vor einem Atemzug erst durchschritten hatte, war genauso wenig zu sehen wie von der Stadt des Zoi’ron. Das beunruhigte sie erst einmal nicht weiter – Maondny würde schon dafür sorgen, dass sie zur Stadt zurückkehren konnte, sobald sie ihre Aufgabe erfüllt hatte. Ihrem Gefühl nach war sie im weiteren Umkreis allein. Allerdings waren ihre Sinne merkwürdig gedämpft, beinahe, als wäre sie in Schleier gehüllt.
„Du kannst keine Magie anwenden, Liebes“, hörte sie Maondny sagen. „Die wird vollständig benötigt, um dich in dieser Umgebung und dieser Zeit am Leben zu erhalten. Du wirst mit den Talenten zurechtkommen müssen, die du im Laufe deines Lebens erworben hast.“
Das gefiel Yllanya nicht wirklich – gerade in dieser Situation häte sie gerne auf die Magie zurückgegriffen, um sich sicher zu fühlen. Aber nun, wünschen und jammern brachte sie nicht voran, also spannte sie ihren Bogen, nahm zwei Pfeile zur Hand und folgte dem schmalen, nahezu zugewucherten Waldweg. Der Wind schwieg, kein Blatt regte sich. Mücken waren die einzigen Tiere, die sich noch nicht verkrochen hatten – sie umschwirrten Yllanya, versuchten trotzdem nicht einmal, sie zu stechen. Selbst diese niedersten Lebensformen spürten offenkundig, wie viel Magie in ihr steckte, wie wenig sie in diese Zeit gehörte, wie falsch alles an ihr war. Kein Mensch, kein Elf und auch sonst kein Wesen sollte die Runenzeichen eines Gottes auf dem Körper tragen.
Wohin dieser Weg wohl führte? In welcher Zeit war sie gelandet? Gab es bereits Menschen, oder würden die Elfen sie für eine bedauernswerte, verkrüppelte Missgeburt halten, die mit Mitleid bedacht gehörte? Und welcher Fluch war wohl geeignet, dass er von ihr aufgehoben werden konnte? Was bedeutete es eigentlich, wenn sie etwas, was in der Vergangenheit geschehen war, zunichte machte?
„Ganz einfach, Liebes: Die Zeitströmungen ändern sich und das, woran du dich erinnerst, ist niemals passiert. Du wirst dich daran erinnern, ich, einige der Götter, und sonst niemand.“
„Ich ahne, was du damit meintest, dass wir schlimmstenfalls unsere eigene Geburt verhindern könnten“, sagte Yllanya laut und blieb erschrocken stehen. „Wir können also die wirklich furchtbaren Taten der Magier nicht rückgängig machen. Das Volk der Elfen bleibt verloren, die Drachen werden nicht verschont, all die Zerstörung, die zahllosen Toten … Ich hatte so sehr gehofft, dass wir die unzähligen Leben retten werden und dieser Welt echten Heilung bringen!“
„Das ist nicht der Sinn eurer Aufgabe, so leid es mir tut“, erwiderte Maondny. „Auch ich wünschte, es wäre möglich.“
„Welchen Sinn hat diese Aufgabe dann? Was können wir tun, außer in den Zeitebenen herumstochern und die Dinge womöglich noch schlimmer machen, als sie bereits vorher waren? Warum müssen es sieben Flüche sein? Als diese Zeichen des Zorns festgelegt wurden, konnte man ja nicht einmal wissen, dass das Volk, das die Magie missbraucht, so viel Freude an Fluchmagie hat.“
„Das ist wahr. Hätten beispielsweise die Drachenreiter ihre Macht missbraucht, wäre sehr viel Gewalt im Spiel gewesen und kein einziger Fluch. In diesem Fall wäre eine andere Weisung der Götter in Kraft getreten. Shilauty hat damals alles gefügt, was benötigt wird, um Zoi’ron zu erwecken.“
„Wie komfortabel“, knurrte Yllanya. Sie war mittlerweile zu der Erkenntnis gelangt, dass sie sich einer menschlichen Siedlung näherte. Elfen hätten ihren Waldweg nicht derartig nah an einem großen Ameisenbau angelegt beziehungsweise ihn sofort aufgegeben, sobald sich ein Ameisenvolk dort niedergelassen hätte. Menschen kümmerten solche Kleinigkeiten nicht.
„Die Flüche, die ihr angehen müsst, dienen in erster Linie der Schwächung der Pashatvas. Das Fatale ist: Mehrere dieser Taten wurden bereits begangen. Nicht unbedingt von euch, denn dass ihr diejenigen seid, die in die Vergangenheit reisen würden, steht noch nicht lange fest. Doch sie müssen begangen worden sein, sonst wäre die Zeitkontinuität nicht gewahrt. Bei anderen, kleineren Taten besteht tatsächlich Wahlfreiheit für dich und deine Gefährten. Sie werden die Zukunft verändern und am Ende werdet lediglich ihr, ich und einige Götter sich daran erinnern, dass es jemals anders gewesen ist.“
„Ich verstehe kein einziges Wort.“ Yllanya spähte zwischen einigen Bäumen hindurch auf das Dorf, das sich in einer Talsenke ausbreitete. Eine trostlose Ansammlung von Lehmhäusern, zwischen denen sich einige dutzend menschlicher Gestalten zeigten. Die Form der Häuser, die Kopftracht der Frauen, das Werkzeug der Männer, alles deutete daraufhin, dass Yllanya nicht allzu weit in die Vergangenheit gereist sein konnte. Zwanzig, dreißig Jahre vielleicht.
„Gut geschätzt, Liebes. Du befindest dich im äußersten Westen des Nordernreiches, keine dreißig Meilen von der Küste entfernt und siebzehn Jahre vor deiner persönlichen Gegenwart. Diese einfachen Leute haben noch nie Pashatvas gesehen, aber einige Gerüchte von den goldfarbenen Tyrannen gehört, die mit Feuer und Magie Menschen ermorden, um irgendetwas oder -jemanden zu finden.