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Die Mettlacher St. Josef-Kapelle ist 1864 in Wallerfangen als private Schlosskapelle erbaut, 1878/79 dort abgetragen worden und bis 1882 in Mettlach wieder aufgebaut worden. Dabei wurde der Außenbau reichlich mit neugotischer Terrakotta-Bauzier versehen. Auch der Innenraum wurde neugotisch gestaltet und ausgestattet. Ein bedeutendes Ausstattungsteil der Kapelle ist ihr neugotischer Terrakotta-Kreuzweg aus dem 19. Jahrhundert. Über seine Herkunft ist bisher nichts Zutreffendes bekannt gewesen. Deshalb liegt der Schwerpunkt dieses Buches auf der umfassenden Darstellung dieses Kreuzweges und füllt so eine bisher bestehende Kenntnislücke.
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Seitenzahl: 45
Vorwort
1 Die außergewöhnliche Geschichte der Kapelle
2 Die Ausstattung mit einer Kreuzwegdarstellung
3 Die Frage nach der Herkunft der Kreuzwegstationen
4 Die Identifizierung
5 Die Entwurfs-Vorlage
6 Stil- und Gestaltungsfragen
7 Die Herstellung
8 Die Bewertung
9 Der Problempunkt
Quellen- und Literaturverzeichnis
Bildquellenverzeichnis
Die St. Josef-Kapelle in Mettlach zählt zu den wenigen gut erhaltenen und kunsthistorisch geschätzten frühhistoristischen Sakralbauten an der Saar.
Das Bauwerk ist in Vergangenheit und Gegenwart mehrfach ausführlich beschrieben worden, sodass es hier nicht hauptsächlich um eine weitere Darstellung dieser Art gehen kann.
Zu einem wesentlichen Ausstattungsstück der Kapelle, einem neugotischen Terrakotta-Kreuzweg, gibt es allerdings die beiden unbeantworteten Fragen nach seiner Herkunft und Entwurfsurheberschaft. Diese Fragen sollen im Folgenden geklärt werden. Dazu braucht es aber dennoch eines kurzen Blickes auf die interessante Geschichte und das Erscheinungsbild dieses Mettlacher Gotteshauses.
Mein Dank für die Bereitstellung von Bild- und Informationsmaterial gilt insbesondere Agnes Müller (Archiv der Villeroy & Boch AG, Merzig), Dr. Claudia Maas (Institut für aktuelle Kunst im Saarland, Saarlouis) sowie Dr. Peter Winter und Friedel Jacob (Archiv des Vereins für Heimatforschung Wallerfangen).
Der Autor
Die Entstehungsgeschichte der Mettlacher St. Josef-Kapelle begann auf dem Gelände des Schlosses Villeroy de Galhau in Wallerfangen1 und setzte sich auf dem Firmenareal des Keramikunternehmers Eugen Boch in Mettlach fort.
1864 (oder 1868) hatte die damalige Besitzerin des Schlosses, Barbara Céphalie Thierry, geborene von Lasalle, zum Andenken an ihren 1850 verstorbenen Mann, den Gutsbesitzer Henry Thierry aus Metz, eine dem hl. Josef geweihte Kapelle an den Nordflügel ihres Anwesens in Wallerfangen-Niederlimberg anbauen lassen.
Die Kapelle stand auch den Barmherzigen Schwestern vom heiligen Karl Borromäus, die im nahen Krankenhaus wirkten und mit denen Madame Thierry gute Beziehungen pflegte, als Klosterkapelle zur Verfügung.2
Die 1864 oder 1868 erbaute Schlosskapelle der Madame Thierry am Schloss Villeroy in Wallerfangen
Franz Georg Himpler, der Architekt der Schlosskapelle St. Josef in Wallerfangen
Das kleine Gotteshaus war von dem Architekten Franz Georg Himpler geplant worden.3 Er lehnte sich dabei formal an die hochgotische Sainte Chapelle in Paris an, interpretierte sie jedoch in wesentlich schlichterer neugotischer Formensprache.
Der frühhistoristische Saalbau der Kapelle ist vierachsig, kreuzgewölbt und besitzt einen dreiseitigen polygonalen Chorabschluss. Der nur etwa fünf Meter breite Kirchenraum ist relativ hoch, sein Satteldach sehr steil.4 Außer der aufwändig gestalteten Eingangsfassade, war das Bauwerk eher spärlich mit neugotischer Bauzier versehen.
Lageplan der St. Josef-Kapelle am Schloss Villeroy in Wallerfangen von 1870
Céphalie Thierry starb 1870. In ihrem Testament hatte sie verfügt, dass die Kapelle den Wallerfangen Borromäerinnen gehören soll.5 Dieser Plan kam nicht zur Ausführung, weil an anderer Stelle in Wallerfangen ein neuer Krankenhausbau (das St. Nikolaushospital) mit Schwesternhaus und Kapelle geplant und 1882 dann auch realisiert worden ist.
So erhielt ein Familienmitglied, Ernest Villeroy, damaliger Leiter der Wallerfanger Steingutfabrik, 1875 das Schloss zum Eigentum. Er begann 1878 mit weitgehenden Um- und Erweiterungsbauten am Gebäude. Dabei stand auch die Schlosskapelle zur Disposition.
Ernest Villeroy, der Erbe des Schlosses Villeroy in Wallerfangen. Er überließ 1878 die Schlosskapelle seinem Onkel Eugen Boch.
Nun ohne Nutzung und störend für das neu geplante Gesicht des Anwesens, sollte sie beseitigt werden.6
In Mettlach hatte Eugen Boch (ab 1892 von Boch) 1857 ein Krankenhaus gegründet und Ordensschwestern, Borromäerinnen, 1858 zur Krankenpflege nach Mettlach geholt. Der Niederlassung der Ordensfrauen aber fehlte noch eine Kapelle. Zwanzig Jahre lang hatten sie sich mit einer provisorischen Kapelle in ihrem Kloster begnügen müssen.
Da erfuhr Eugen Boch von den Plänen Ernest Villeroys in Wallerfangen und erkannte die Chance, den geplanten Abbruch der dortigen Villeroy'schen Kapelle für eine Klosterkapelle in Mettlach, die gleichzeitig auch als Krankenhauskapelle dienen konnte, zu nutzen.
Nach dem bereits 1836 vollzogenen Unternehmenszusammenschluss mit dem Keramikunternehmen in Wallerfangen zu „Villeroy & Boch" entstand auch eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen beiden Familien: 1842 hatten sich Sophie Octavie Villeroy und Eugen Boch geheiratet. Eugen Boch war der Onkel von Ernest Villeroy. Dieser war bereit, Eugen Boch seine Kapelle zu überlassen.
In den Jahren 1878/79 wurde das Gebäude abgebrochen. Es gibt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten plausible Hinweise darauf, dass dabei nur die Formsteine der Eingangsfassade, die Gewände und das Maßwerk der Fenster sowie die Formstücke der Gewölbe und Wandsäulen geborgen und in ihrem Gefüge zur authentischen Wiederverwendung gekennzeichnet worden sind.
Das Material wurde in Kähnen auf der nahen Saar nach Mettlach getreidelt. Die (Wieder-)Errichtung der Kapelle in Mettlach begann 1879 im Klostergarten, nordwestlich dicht neben dem Klostergebäude, wobei das einfache Sandstein-Mauerwerk samt Streben in neuem Haustein aus einem Steinbruch des Bauherrn ausgeführt worden ist. 1882 war der Kapellenbau in Mettlach weitgehend abgeschlossen.7 Das Gotteshaus wurde in die Obhut der Ordensschwestern übergeben, blieb aber im Eigentum Eugen Bochs. In Familienbesitz ist es noch heute.
Abbruch der St. Josef-Kapelle am Schloss Villeroy in Wallerfangen. Die wertvollen Formsteine wurden per Saarschiff nach Mettlach getreidelt.
In der Mettlacher Klosterchronik berichten die Schwestern dazu: „Im nämlichen Jahr (1882) war die schöne Kapelle und ihre Ausschmückung beendet. Feierlich wurde das Gotteshaus eingeweiht. Jeden Donnerstag las der hochwürdige Herr Pastor [von Mettlach; eig. Anm.] jetzt die hl. Messe.8
Der Wiederaufbau der Kapelle aus Wallerfangen in Mettlach erfolgte von 1879 bis 1882.
Eugen von Boch
Fachlicher Planer und Betreuer der Wiedererrichtung der Kapelle in Mettlach war der Architekt Carl Friedrich Müller.9