Die Teufelsjagd - Paul Harding - E-Book
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Die Teufelsjagd E-Book

Paul Harding

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Beschreibung

Wenn die Toten zurückkehren … Der spannende historische Kriminalroman »Die Teufelsjagd« von Paul Harding jetzt als eBook bei dotbooks. Oxford, 1303. Grausame Todesfälle werfen einen Schatten auf die renommierte Universitätsstadt: Immer wieder werden die abgetrennten Köpfe von Bettlern aufgefunden, an Bäumen aufgehängt wie faulige Äpfel. Gleichzeitig versetzt ein mysteriöser Dichter die Bewohner der Stadt in Aufruhr mit seinen Pamphleten, die die Rückkehr des totgeglaubten Revolutionärs Simon de Montfort verkünden. Nur widerwillig nimmt sich Sir Hugh Corbett, der einstige Meisterspion der englischen Krone, des neuen Falles an. Bald schon muss er erkennen, dass sich unter den lupenreinen Fassaden der Akademiker allerhand dunkle Geheimnisse verbergen – und plötzlich scheint auch Corbett selbst ins Visier des Mörders zu geraten … Jetzt als eBook kaufen und genießen: »Die Teufelsjagd« von Paul Harding, der fulminante abschließende Band der historischen Krimi-Reihe um dem englischen Meisterspion Hugh Corbett, die unabhängig voneinander gelesen werden können. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 360

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Über dieses Buch:

Oxford, 1303. Grausame Todesfälle werfen einen Schatten auf die renommierte Universitätsstadt: Immer wieder werden die abgetrennten Köpfe von Bettlern aufgefunden, an Bäumen aufgehängt wie faulige Äpfel. Gleichzeitig versetzt ein mysteriöser Dichter die Bewohner der Stadt in Aufruhr mit seinen Pamphleten, die die Rückkehr des totgeglaubten Revolutionärs Simon de Montfort verkünden. Nur widerwillig nimmt sich Sir Hugh Corbett, der einstige Meisterspion der englischen Krone, des neuen Falles an. Bald schon muss er erkennen, dass sich unter den lupenreinen Fassaden der Akademiker allerhand dunkle Geheimnisse verbergen – und plötzlich scheint auch Corbett selbst ins Visier des Mörders zu geraten …

Über den Autor:

Paul Harding – auch bekannt unter seinem Pseudonym Paul Doherty, wurde 1946 in Middlesbrough geboren und studierte Geschichte an der Liverpool University und in Oxford. Unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlichte er zahlreiche Bücher, so zum Beispiel mehrere historische Krimi-Reihen, für welche er vielfach ausgezeichnet wurde – unter anderem mit dem Pulitzer Preis. Viele seiner Fälle basieren auf ebenso wahren wie schockierenden Ereignissen.

Die Website des Autors: www.paulcdoherty.com/

Bei dotbooks erschien die mittelalterliche Spannungsreihe um den englischen Meisterspion Hugh Corbett:

»Die Tote im Kloster«

»Der Kapuzenmörder«

»Der Mörder von Greenwood«

»Das Lied des Todes«

»Der Schwur des Templers«

»Die Teufelsjagd«

***

eBook-Neuausgabe März 2022

Die englische Originalausgabe erschien erstmals 1996 unter dem Originaltitel »The Devil’s Hunt« bei Headline, ein Imprint von Hachette, London. Die deutsche Erstausgabe erschien 1999 unter dem Titel »Teufelsjagd« bei Droemer Knaur, München.

Copyright © der englischen Originalausgabe 1996 by Paul Harding

The right of P. C. Doherty to be identified as the Author of the Work has been asserted by him in accordance with the Copyright,

Design and Patents Act 1988.

Übersetzung von Holger Wolandt

Copyright © der deutschen Erstausgabe 1999 bei Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München

Copyright © der Neuausgabe 2022, dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung einer Illustration aus dem Codex Manesse

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ah)

ISBN 978-3-96655-990-4

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Paul Harding

Die Teufelsjagd

Ein Fall für Hugh Corbett, Meisterspion von Edward I – Band 6

Aus dem Englischen von Holger Wolandt

dotbooks.

Für meine »geliebten« Ekene, Ebele

und Victor jr. und ihre Eltern

Christine und Victor Ikwuemesi

Prolog

»Ein gewaltsamer, plötzlicher Tod«, hatte Pater Ambrose, der Gemeindepfarrer von Iffley, erklärt, »soll jede lebende Menschenseele auf Gottes schöner Erde ereilen.«

Piers, der Ackerknecht, lehnte gegen einen Pfeiler der Gemeindekirche und lauschte im Halbschlaf der Predigt oder warf Edigha, der Tochter des Schmieds, heiße, lüsterne Blicke zu. Er hatte die flachshaarige Edigha beim Dorfbrunnen näher kennengelernt. Sie hatten sich an den Galgen vorbei aus dem Dorf gestohlen in ein Feld mit reifem Korn. Kichernd hatte Edigha Piers hinter sich hergezogen.

»Ich sollte nicht mitgehen«, flüsterte sie, und ihre blauen Augen strahlten freudig. »Mein Vater wartet auf mich!«

»Dein Vater löscht gerade die Asche in seiner Schmiede«, erwiderte Piers mit einem so breiten Grinsen, daß seine schadhaften Zähne sichtbar wurden, »während dort unten die Flammen meiner Liebe, Edigha, um so heißer brennen.« Er wiederholte Worte, die fahrende Sänger in der Goat’s Head Tavern zu einem der Schankmädchen gesagt hatten, als er vergangenen Montag nach dem Pflügen dort eingetreten war. Piers’ kurze elegante Rede hatte den gewünschten Effekt. Edigha kicherte und trottete weiter neben ihm her. Mit gesenkten Köpfen bewegten sie sich durch ein Meer aus reifem Korn. Kaninchen und Mäuse brachten sich aufgescheucht in Sicherheit, und über ihnen suchten die Waldtauben pfeilschnell dem Schatten eines kreisenden Habichts zu entkommen. Piers blieb stehen und schaute zu ihnen auf. Aus einem seltsamen Grund erinnerte er sich an die Worte Pater Ambroses: Der Habicht schwebt vor einem blauen Himmel und wartet, um sich dann auf seine Beute hinabzuwerfen und sie zu töten. Piers schauderte es.

»Was ist los?« Edigha drückte sich an ihn. »Ist das Feuer schon erloschen?« Sie legte ihre Arme um ihn und berührte mit einer Hand seine Leiste. »Wir müssen bei Sonnenuntergang zurück sein«, flüsterte sie.

Piers starrte in die Sonne, die, ein glühender Feuerball, gerade unterging und den Himmel rot verfärbte. Er drehte sich um und schaute in Richtung des kleinen Gehölzes, und die Brise fuhr ihm durch die Haare.

»Irgendwas stimmt nicht«, flüsterte er. »Es ist so still.«

»Du machst mir angst«, gab Edigha nicht ganz ernst zurück, ließ sich jedoch von seiner Stimmung anstecken. Sie hatte sich ein Schäferstündchen mit Piers vorgestellt, aber hier draußen im im Winde raschelnden und schwankenden Korn war sie sich ihrer Sache nicht mehr so sicher. Sie schaute auf die Bäume. Da drinnen würde es kühl und dunkel sein, und ihr wurde plötzlich ganz mulmig, als ihr klar wurde, daß sie denselben Weg zurücknehmen mußten. Falls sie jemand sah, dann würde am Dorfbrunnen und im Goat’s Head noch wochenlang geflüstert und gespottet werden.

»Können wir nicht den kleinen Pfad zurücknehmen?« murmelte sie.

»Dort kann man uns sehen.« Piers nahm ihre Hand.

Er wollte schon anfangen zu rennen, aber da erinnerte er sich an die unheimlichen Geschichten. Ralph, der Vogt, hatte mit einem Krug in der Hand in der Schenke gestanden und flüsternd von den zerstückelten Leichen erzählt, die in den letzten Wochen in den Wäldern bei der Stadt gefunden worden waren.

»Geblutet haben sie wie abgestochene Schweine«, hatte Ralph warnend gesagt. »Das Blut floß wie Wein aus einem zerbrochenen Krug. Die Köpfe waren an den Haaren an Ästen aufgehängt.« Ralph hatte warnend einen Finger erhoben. »Das sind diese verdammten Tagediebe!« hatte er geschrien. »Diese sogenannten Gelehrten aus der Stadt mit ihrer Hochnäsigkeit.«

Alle hatten genickt. Oxford war ein seltsamer Ort – eine Stadt mit eigenen Rechten und Privilegien, mit eigenartigen Gerüchen und unerwarteten Eindrücken. Alle Städte waren schlimm, überall eingebildete Händler und durchtriebene Kaufleute, aber Oxford mit seinen Gelehrten, darunter viele Fremde, die sogar aus dem Ausland übers Meer gekommen waren, war schlimmer als Sodom und Gomorrha, das hatte zumindest Pater Ambrose behauptet. Die Gelehrten waren mit ihrer Vogelsprache und bunten Kleidern wie leibhaftige Teufel. Gelegentlich kamen sie nach Iffley und stolzierten, Messer und Schwerter in den Gürteln, umher wie die Pfauen. Sie begafften die Mädchen und sahen sich nach etwas zum Stehlen um. Natürlich gab man jetzt diesen Studenten die Schuld an den verstümmelten Leichen, die auf dem Land in der Umgebung der Stadt gefunden worden waren.

»Wenn sie schon so scheußliche Morde verüben«, hatte der Müller Bartholomew geknurrt, »dann sollten sie wenigstens ihre eigenen umbringen.«

»Aber warum? « war ihm Pater Ambrose ins Wort gefallen.

»Ich habe gehört, bei den Toten hätte es sich um Bettler gehandelt. Manche behaupten auch«, hier senkte er die Stimme zu einem Flüstern, »sie seien für fürchterliche satanische Riten mißbraucht worden.«

»Piers! Piers!«

Der Ackerknecht erwachte aus seinen Gedanken.

Edigha fingerte an den Schnüren ihres Mieders, und seine Lust entflammte erneut.

»Komm!« murmelte er mit heiserer Stimme. Er berührte sanft ihre üppigen Brüste und fuhr anschließend mit den Fingerspitzen um ihre schlanke Taille. Dann zog er sie an sich. »Du bist unwiderstehlich!«

»Ich werde doch deine Frau, oder?« fragte ihn Edigha dringlich und hielt seinen Blick mit ihren blauen Augen fest. »Das hast du gesagt. Du wirst dich mit mir verloben. Vor der Kirche und noch vor Allerheiligen?«

Piers beugte sich hinab, um sie zu küssen, machte dann aber einen Satz. Er riß den Kopf hoch und schaute nach oben. Ein Tropfen Blut fiel auf sein Gesicht, und eine Feder schwebte nach unten. Ein Habicht hatte sich auf seine Beute geworfen. Piers wartete nicht länger. Schließlich könnte Edigha es sich anders überlegen. Sie eilten weiter durch das Kornfeld und blieben nur ab und zu stehen, um sich zu umarmen und zu küssen. Mit seinen verschwitzten Fingern machte sich Piers an den Schnüren von Edighas Mieder zu schaffen. Endlich hatten sie den Waldrand erreicht und traten in das kühle grüne Dunkel. Piers zog Edigha auf sich herab. Sie kicherte und wehrte sich, befreite sich und rannte davon. Piers seufzte. Mädchen taten das immer. Sie verwandelten das Werben so in ein Jagdspiel. Piers stand auf und lief hinter ihr her. Auf einer kleinen Lichtung bekam er sie zu fassen. Er seufzte zufrieden. Ihre Haare hatten sich gelöst und hingen herab – goldene Wogen, die ein gerötetes und schweißglänzendes Gesicht umrahmten. Darin leuchteten ihre blauen Augen. Er nahm ihre Hand und zog sie an sich. Sie gingen zwischen den Bäumen hindurch. Er begann sie zu küssen und atmete dabei den süßen Duft ihrer Haut ein. Aus der Halsbeuge leckte er ihr den Schweiß. Plötzlich erstarrte Edigha. Sie stieß ihn weg und trat einen Schritt zurück. Ihr Blick war auf etwas hinter ihm gerichtet. Gleichzeitig wurde sie aschfahl. Dann schloß sie fest die Augen, schnappte entsetzt nach Luft und stieß seltsame Geräusche aus.

»Was ist los, Liebe. Was ist los?«

Sie hob etwas die Hand. Piers drehte sich langsam um, als wüßte er schon, was für ein Anblick ihn erwarte. Anfänglich sah er nichts, aber dann schaute er hoch. Aus einer alten Eiche ragte ein Ast heraus wie ein Speer, und an seinem Ende baumelte an den eigenen Haaren ein abgetrennter Kopf. Piers trat einen weiteren Schritt heran. Die Augen waren halb geöffnet, die grauen Wangen eingefallen, der Mund hing offen wie bei einem geschlachteten Stück Vieh. Der Hals, unsauber vom Rumpf getrennt, war blutverschmiert. Piers schluckte trocken. Seine Beine begannen zu zittern. Edigha nahm ihn bei der Hand, und sie drehten sich um, um dem Schrecken und dem Wald zu entfliehen.

In der Sparrow Hall in der Nähe der Turl Street in Oxford hatte der Tod ebenfalls seine Fratze gezeigt. Der Archivar Ascham wußte, daß er sterben würde. Vom Schmerz verkrümmt lag er da und rang nach Luft. Er wollte sich zu einem Schrei zwingen, wußte aber, daß das sinnlos war. Niemand würde ihn hören, denn Türen und Fenster waren geschlossen. Lautlos war der Tod durch die Luft gekommen. Der Armbrustbolzen hatte ihn voll in der Brust erwischt.

Ascham wußte, daß er im Sterben lag. Er hatte den Geschmack von Blut auf der Zunge und weiter hinten im Hals salzig und wie Eisen. Höllische Schmerzen schüttelten ihn. Er schloß die Augen und murmelte die Worte des Confiteor, das Gebet um die Vergebung Gottes: »Herr, mein Gott, vergib mir alle meine Sünden und alle Sünden meiner Jugend ...« Er verlor sich in Gedanken, obwohl sein Körper vor Schmerzen zitterte. Bilder aus der Vergangenheit tauchten vor seinem inneren Auge auf – seine Mutter, die sich über ihn beugte, die Rufe seines Bruders, seine ersten Jahre in Oxford, sorgenfrei und voller Leben. Das Mädchen, das er beinahe geheiratet hätte und schließlich doch mit traurigen Augen und fassungslos zurückgelassen hatte. Henry Braose, seinen großen Freund, den Gelehrten, Soldaten und Gründer von Sparrow Hall, in der er nun im Sterben lag. Es gab jetzt so viel Böses! Groll, Wut und Haß. Der Bellman bekannte sich öffentlich zur Bösartigkeit des Teufels und versuchte alles zu zerstören, was Henry aufgebaut hatte.

Ascham öffnete die Augen. In der Bibliothek war es dunkel. Erneut versuchte er zu schreien, aber jeder Laut erstarb auf seinen Lippen. Die Kerze flackerte unter ihrem Metallschirm auf dem Tisch und gab nur wenig Licht. Er sah das Stück Pergament, das sein Angreifer auf den Tisch geworfen hatte. Ascham verstand jetzt, was zu seinem Tod geführt hatte. Er hatte die Wahrheit herausgefunden, war aber so dumm gewesen, über seine Nachforschungen zu sprechen. Wenn er doch nur eine Feder hätte! Er griff nach der sprudelnden Wunde in seiner Brust. Seine Tränen liefen hinunter, als er über den Fußboden und auf den Tisch zukroch. Er ergriff das Pergament, zog sich mit letzter Kraft am Tisch hoch und schrieb ein paar Buchstaben, aber der Lichtkegel schien schwächer zu werden. Er hatte jedes Gefühl in den Beinen verloren, und diese wurden starr wie Eisenstangen.

»Genug«, flüsterte er. »Ah, Jesus ...«

Ascham schloß die Augen, hustete und starb, und das Blut wallte ihm über die Lippen.

Kapitel 1

Der Geächtete auf dem Wagen unter dem Galgen bewegte den Kopf, als sich die rauhe Schlinge um seinen Hals zusammenzog. Er räusperte sich, spuckte und schaute Sir Hugh Corbett an, ehemals Gesandter und Hüter des Geheimsiegels, jedoch immer noch mächtiger Besitzer des Herrenhauses von Leighton in Essex. Neben Corbett stand der Mann, der ihn verfolgt, gestellt und dem Gericht von Sir Hugh vorgeführt hatte, Ranulf-atte-Newgate, früher Beamter der Kanzlei des Grünen Siegels, Corbetts Gefolgsmann, Amtmann und Verwalter. Der Verurteilte leckte sich seine rissigen Lippen und schaute Ranulf haßerfüllt an.

»Komm schon, du rothaariger Bastard!« rief er. »Häng mich auf, oder laß mich gehen!«

Corbett trieb sein Pferd vorwärts.

»Boso Deverell, du bist ein Geächteter, Vogelfreier, Dieb und Mörder! Du bist schuldig befunden und zum Tod durch den Strang verurteilt!«

»Geh zum Teufel!« erwiderte Boso.

Corbett fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Er schaute Pater Lukas an, den Dorfgeistlichen, der neben dem Karren stand.

»Haben Sie ihm die Absolution erteilt, Pater?«

»Er hat sich geweigert, die Beichte abzulegen«, erwiderte der bleiche Priester. Seine Augen funkelten, und er war außer sich vor Wut.

Pater Lukas schaute zum Gutsherrn auf und betrachtete eingehend dessen bläßliches, glattrasiertes Gesicht. Das schwarze Haar war leicht ergraut, und eine spitze Nase dominierte dünne Lippen. Pater Lukas blickte Corbett in die Augen. Er kannte diesen Mann. Er gab sich nach außen hart, war aber im Grunde weich.

»Ihr werdet ihn doch nicht etwa begnadigen, Sir Hugh?« flüsterte er. »Oder seine Strafe mildern?« Der Geistliche griff nach den Zügeln von Corbetts Apfelschimmel. »Er hat zwei Frauen ermordet«, zischte er. »Er hat sie vergewaltigt und dann aufgeschlitzt wie Hühner.«

Corbett nickte und schluckte.

»Und das ist erst der Anfang«, fuhr der Geistliche mitleidslos fort. »Für andere Morde ist er auch verantwortlich.« Pater Lukas deutete auf die wenigen Dorfbewohner, die sich kurz nach Morgengrauen versammelt hatten, um der Vollstreckung der Strafe des Königs beizuwohnen. »Wenn Ihr ihm Gnade zuteil werden laßt«, erklärte der Geistliche und legte Corbett seine Hand aufs Knie, »dann wird jeder Vogelfreie ...«, und er wies mit einer dramatischen Geste in Richtung Wald, »... dann wird jeder Vogelfreie davon erfahren.« In den Augen des Geistlichen standen Tränen. »Ich will nicht noch weitere meiner Schäfchen begraben müssen. Ich will nicht noch weiteren Ehemännern, Vätern, Geliebten erzählen müssen, daß ihre Frauen vergewaltigt wurden, ehe man ihnen die Kehle durchschnitt! Hängt ihn!«

»Liegt Euch so viel an seinem Leben?« fragte Corbett, seinen Blick nicht einen Moment von Boso abwendend.

»Gott will es«, antwortete Pater Lukas und fragte den Geächteten. »Bist du bereit zu sterben, Boso?«

Der Geächtete hustete, legte den Kopf in den Nacken und spuckte. Er erwischte den Geistlichen auf der Wange. Ranulf kam mit seinem Pferd näher.

»Wie viele hast du auf dem Gewissen, Boso?«

»Mehr als du je erfahren wirst.« Deverells Blick richtete sich wieder auf Corbett. »Schade, daß Ihr nicht zu Hause wart, Herr über die Erde! Sonst hätte ich diese strohblonde Frau von Euch aufgesucht!«

Corbett wendete sein Pferd. Er schaute auf die Dorfbewohner mit ihren schmutzigen braunen Gesichtern, die keine Gemütsregung verrieten. Seine Verwalter und Amtmänner standen etwas von ihnen entfernt. Corbett zog sein Schwert und hielt es hoch. Er umklammerte das Querstück.

»Ich, Sir Hugh Corbett, ergebener Diener des Königs und Herr über Leighton Manor, verurteile dich, Boso Deverell, mittels der Gewalt, die mir über Axt, Strick und Schinderkarren gegeben ist, zum sofortigen Tod durch den Strick für verschiedene und fürchterliche Verbrechen wie Mord, Vergewaltigung und Diebstahl!«

Nachdem Corbetts Todesurteil verklungen war, senkte sich eine seltsame Stille über die Wegkreuzung. Selbst die Vögel in den Bäumen und die Krähen, die über dem Galgen kreisten, verstummten. Corbett schaute zum Geistlichen hinüber.

»Pater, sagt ein Gebet! Ranulf, häng ihn!«

Corbett wendete erneut sein Pferd, ritt den Weg zurück und wartete nach einer Kurve hinter ein paar Bäumen. Er schloß die Augen und griff nach seinem Sattelknauf. Kurz darauf hörte er das Knirschen der Wagenräder und das darauffolgende zustimmende Gemurmel.

»Gott sei seiner Seele gnädig!« flüsterte Corbett.

Er haßte Hinrichtungen! Boso hatte sterben müssen, ja, aber sein Tod bescherte ihm unangenehme Erinnerungen – die verregneten Wälder Schottlands, in denen die Leichen zu Dutzenden gehangen hatten, nachdem Edwards Truppen die schottische Rebellion unter Wallace niedergeschlagen hatten; Kornfelder, die in Flammen aufgegangen waren, und Dörfer, über denen schwerer Rauch gehangen hatte; Brunnen, in denen Leichen gelegen hatten, und Frauen und Kinder sterbend in den Gräben.

»Gott sei Dank!« murmelte Corbett. »Gott sei Dank bin ich nicht dort!«

»Es ist vollbracht.«

Corbett öffnete die Augen und blickte Ranulf-atte-Newgate an, das lange rote Haar unter einer Kapuze verborgen und das bleiche Gesicht ernst. Seine grünen Augen verrieten jedoch, daß er mit sich zufrieden war.

»Es ist vorbei, Herr. Boso ist jetzt in der Hölle. Pater Lukas ist froh darüber, und das sind die Leute aus dem Dorf auch.« Ranulf richtete sich hoch im Sattel auf und schaute durch die Äste über ihnen. »Heute abend wird es ganz Epping wissen. Die anderen Geächteten werden sich dann hüten, Leighton zu nahe zu kommen. Ihr werdet Euer Versprechen doch halten, Herr?«

Corbett zog Stulpenhandschuhe aus Leder aus seinem Gürtel.

»Ich werde mein Versprechen halten, Ranulf. Noch diese Woche werde ich eine Vollmacht zur Vorführung ausstellen. Du kannst alle kräftigen Männer mit in den Wald nehmen und den Rest von Bosos Gefolgschaft zur Strecke bringen.«

Ranulf lächelte.

»Ist es dir so langweilig?« fragte Corbett.

Das Lächeln erstarb auf Ranulfs Zügen. »Es sind jetzt drei Monate, Herr, daß Ihr den Dienst des Königs verlassen habt. Der König hat in dieser Zeit fünfmal an Euch geschrieben.« Er bemerkte Corbetts verärgertes Stirnrunzeln. »Ja, mir ist langweilig«, meinte er noch eilig. »Ich bin eben gerne Beamter des Königs, Herr, und gerne im Auftrag des Königs unterwegs.«

»Wie damals in Schottland?« fauchte Corbett ihn an.

»Das war Krieg. Wir bekämpften die Feinde des Königs zu Wasser und zu Lande – wir hatten einen Eid geschworen.«

Corbett sah Ranulf nachdenklich an. Sein Gefolgsmann war längst kein Grünschnabel mehr, sondern ein ehrgeiziger Beamter. Er war in London buchstäblich in der Gosse geboren, hatte sich jedoch selbst beachtliche Kenntnisse angeeignet, sprach Französisch und Latein und beherrschte die Kunst, Briefe zu verfassen und zu siegeln. Schlicht gesagt haßte Ranulf Landleben und Landwirtschaft und wurde deswegen immer ungeduldiger. Langsam streifte Corbett sich seine Handschuhe über.

»Ich könnte Briefe schreiben«, erbot er sich. »Der König würde dich wieder in seine Dienste nehmen. Du könntest ein hohes Amt bekleiden, Ranulf.«

»Seid nicht dumm!«

Corbett grinste. Er beugte sich zur Seite und faßte Ranulf am Handgelenk.

»Als die Truppen des Königs Dundee plünderten«, sagte er, »sah ich den Leichnam einer Frau mit einem Kind in den Armen, das keine drei Jahre alt war. Wie konnten sie um Himmels willen Feinde des Königs sein?«

»Ihr findet also, daß der König den Rückzug antreten soll? Daß er auf Schottland verzichten soll?« Ranulf nahm seine Kapuze ab und kratzte sich am Kopf. »Einige Richter des Höchsten Gerichts würden das als Hochverrat bezeichnen.«

»Ich finde nur, daß es eine bessere Lösung gibt«, erwiderte Corbett. »Die Kriege haben die Finanzen erschöpft. Trotzdem führt Wallace noch immer den Aufstand an. Der König sollte abwarten und verhandeln.«

»Warum sagt Ihr dem König das dann nicht?« wollte Ranulf wissen. »Warum kehrt Ihr denn nicht in die Dienste des Königs zurück, unter der Voraussetzung, daß Ihr alles tut, außer in Schottland Krieg führen?«

»Jetzt bist du dumm.« Corbett nahm die Zügel seines Pferds. »Du weißt auch, daß der höchste Beamte seinem König überallhin folgen muß. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«

Corbett ritt langsam weiter. Ranulf fluchte, zog seine Kapuze über und gab seinem Pferd ebenfalls die Sporen. Sie waren kaum durchs Tor, das in den Park des Herrenhauses führte, da merkte Corbett, daß etwas nicht in Ordnung war. Ein Dachdecker, der Strohbündel auf dem Rücken trug, trat beiseite, rief aufgeregt etwas und deutete den Weg entlang. Corbett ritt weiter. Plötzlich kam eine Gestalt wie aus dem Nichts hervor und sprang winkend in die Luft. Corbett zügelte sein Pferd und schaute seinen Stallmeister Ralph Maltote an, der alles über Pferde, aber wenig über die Natur des Menschen wußte. Maltotes rundes, jungenhaftes Gesicht war rot und schweißbedeckt. Er rang nach Luft und klammerte sich an den Zügeln von Corbetts Pferd fest.

»Sag bloß nicht, daß wieder eine Stute ein Fohlen wirft«, murmelte Ranulf. »Sonst gerätst du doch nie dermaßen aus der Fassung, Maltote.«

»Der König«, Maltote wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Sir Hugh, der König. Er ist hier mit dem Earl of Surrey und dem Earl of Lincoln und den anderen. Lady Maeve bewirtet sie. Sie schickt mich.«

Corbett beugte sich vor und klopfte ihm auf die Schulter. »Zumindest keine Stute, die wirft, Maltote. Das wäre für einen Tag zuviel der Aufregung.«

Corbett ritt weiter, und Maltote trottete hinter ihm her. Sie kamen um eine Kurve und hielten inne. Der breite gepflasterte Weg, der zum Portal des Herrenhauses führte, war jetzt voll von Soldaten, Gefolgsleuten und ritterlichen Bannerträgern, die alle die prächtige Livree von Edward von England trugen. Pferde bewegten sich unruhig unter den Bannern und Wimpeln hin und her, auf denen der goldene Leopard der Plantagenets im Sprung zusammen mit den Wappen Englands, Frankreichs, Schottlands und Irlands zu sehen war. Kammerherren und Beamte des königlichen Haushalts riefen Befehle und versuchten für Ordnung zu sorgen. Packpferde wurden losgebunden und Karren und Planwagen hin und her geschoben.

»Wo Edward hinzieht«, seufzte Corbett, »dorthin folgt ihm das Chaos.« Er stieg ab und warf die Zügel seines Pferdes Maltote zu. »Ranulf, du kommst besser mit.«

Er bahnte sich einen Weg durch die Menge und trat auf die Haustür zu. Gelegentlich fing einer der Ritter Corbetts Blick auf und begrüßte ihn, und dieser erwiderte den Gruß. Er ging die Stufen hinauf und durch die halbgeöffnete Tür. Seine kleine Tochter Eleanor stand in der Diele und hopste herum wie ein Grashüpfer. Sie war das Ebenbild Maeves, und ihr blondes Haar fiel ihr in dicken Zöpfen auf die Schultern. Sie strahlte die Puppe, ein Geschenk des Königs, an, die sie an einer Hand hielt.

»Schau! Schau!« Sie tanzte auf Corbett zu. »Schau, eine Buppe!«

Corbett kniete sich hin. »Eleanor, bleib stehen.«

Die Kleine sprang nur noch wilder herum, warf sich dann in seine Arme und drückte ihr heißes, klebriges Gesichtchen an seines.

»Eine Buppe! Eine Buppe!«

Corbett schaute auf das kostbare, in Taft gehüllte Spielzeug.

»Ja.« Er seufzte und nahm seine Tochter an der Hand. »Es ist eine Buppe, und sie erinnert mich an die Damen am Hof von König Edward.« Er sah zum Kindermädchen hoch, das in der Nähe geblieben war. »Paß auf sie auf«, flüsterte Corbett. »Nimm dich vor den Soldaten in acht!« Er grinste, als er den verblüfften Gesichtsausdruck des sonnengebräunten Kindermädchens bemerkte. »Du wirst viele Einladungen zu einem Kuß erhalten, Beatrice«, murmelte er. »Aber jedes Mädchen, das Ranulf überlebt hat ...«

Die junge Frau schien zu wissen, wovon die Rede war, denn sie schaute Ranulf erzürnt an.

»Ja, jetzt weißt du, worum es geht«, meinte Corbett. »Und Lady Maeve?«

Beatrice deutete auf die Tür, die von zwei Soldaten mit gezogenen Schwertern bewacht wurde. Corbett ging auf sie zu, die bewaffneten Krieger öffneten sie, und er betrat die Haupthalle seines Hauses. Direkt hinter der Tür standen einige Ritter und königliche Beamte, und Corbett hielt inne, um sie zu begrüßen.

»Sir Hugh?«

Ein zerzauster Beamter mit von Tinte fleckigen Händen drängte sich zu ihm vor. Corbett schüttelte die Hand von Simon, einem von Edwards persönlichen Schreibern. Simon nickte in Richtung des Absatzes, auf dem der König und seine beiden Earls saßen und Lady Maeve Komplimente machten. Sie hatten noch nicht bemerkt, daß Corbett eingetroffen war.

»Es ist gut, Euch zu sehen, Sir Hugh.« Simon fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. »Der König hat gute Laune, er hat erfreuliche Nachrichten aus Schottland erhalten, aber sein Bein tut ihm weh und auch die Wunde in seiner Seite, wo er sich die Rippe gebrochen hat. Er kann von einem Augenblick auf den nächsten schlechte Laune bekommen.«

»Er hat sich also nicht verändert?«

Corbett drängte sich zwischen den anderen hindurch und ging die Halle entlang. Auf dem Absatz saßen drei grauhaarige Männer in von der Reise schmutzigen Kleidern an einem Tisch, die Mäntel nachlässig umgehängt, und hatten nur Augen für Maeve. Diese saß wie eine Königin auf Corbetts Stuhl, das silberne Haar unter einer perlengeschmückten Haube hochgesteckt. Die Haut ihres Gesichts, sonst mit einem Elfenbeinschimmer, war leicht gerötet, da sie einer Geschichte Henry de Laceys, des Earl of Lincoln, lauschte. Neben ihr saß beifällig nickend Edward.

»Komm schon, Henry!« Der König schlug mit der Faust auf den Tisch. »Erzähl ihr, was der Klosterbruder der Äbtissin gesagt hat.«

»Sir!« rief Corbett. »Ihr bringt doch nicht etwa meine Frau mit Euren Lagerfeuergeschichten in Verlegenheit?«

Der König riß den Kopf herum, und Maeve schaute auf. Du bist so wunderschön, dachte Corbett. Er bemerkte, daß ihre Hand auf ihrem leicht gerundeten Bauch ruhte. Ihre Finger spielten mit einer goldenen Kordel, die um ihre Taille lief.

»Hugh!« Sie wollte sich erheben, aber der König hielt sie zurück.

»Ihr hättet hier sein sollen, Corbett.« Der König stand auf, reckte seine kräftigen, gedrungenen Glieder und strich das eisengraue Haar zurück, das sein Gesicht umrahmte.

Du siehst alt aus, dachte Corbett. Das Gesicht des Königs war so grau, als wäre es von feinem Staub bedeckt. Sein Bart war zerzaust, und seine schweren Lider hingen herab, als wollte er alle daran hindern, in seine Seele zu blicken. Corbett verbeugte sich.

»Sir, wenn ich gewußt hätte, daß Ihr kommt ...«

»Ich habe Euch einen von diesen verdammten Boten geschickt!« Der König sah finster zu seinen Dienern am anderen Ende der Halle hinüber.

»Herr, er ist hier nie eingetroffen.«

»Dann hat sich der dumme Kerl wohl verirrt.« Der König wischte sich die Hände an seinem Umhang ab. »Oder er sitzt bei einem Mädchen in der Schenke. Wie du immer, was, Ranulf?« Der König zwang sich zu einem Lächeln und kam um den Tisch herum. »Ich habe Eurer Frau schöne Augen gemacht, Corbett. Wenn ich nicht verheiratet wäre, dann würde ich Euch umbringen und sie selbst zur Frau nehmen.«

»Dann würden zwei gute Männer eines gewaltsamen Todes sterben«, meinte Maeve hinter ihm kühl.

Edward lächelte hinterhältig und streckte seine Hand aus, damit Corbett sie küssen konnte. Hugh kniete nieder, und der König stieß seine Finger dermaßen gegen seinen Mund, daß sein Ring Corbett die Lippe ritzte.

»Das war nicht nötig«, murmelte Corbett, als er sich wieder erhob.

»Ihr habt mir gefehlt«, zischte der König, über ihn gebeugt. »Ranulf!«

Erneut streckte er seine Hand aus. Ranulf küßte eilig den Ring und trat dann sofort zurück, ehe Edward ihm ebenfalls etwas tun konnte. Der König bemerkte das wütende Funkeln in Corbetts Augen. Er trat von dem Absatz herunter, legte Corbett einen Arm um die Schultern und führte ihn zum anderen Ende der Halle.

»Ihr habt mir gefehlt, Corbett.« Sein Griff wurde fester. Er zog Hugh so nah an sich, daß dieser den Geruch von Leder, Schweiß und einem widerlich süßen Parfüm wahrnehmen konnte, der in den Kleidern des Königs saß. »Ich habe Euch Briefe geschickt, aber Ihr antwortet nicht. Ich lade Euch zu Ratssitzungen ein, aber Ihr kommt nicht. Ihr seid ein launischer, wehleidiger Bastard.« Edward krallte sich in Corbetts Schulter fest.

»Was wollt Ihr deswegen tun, Euer Gnaden?« erwiderte sein ehemals höchster Beamter. »Mit mir sprechen oder mich erdrosseln?«

Edward lächelte träge und ließ seine Hand sinken. Er beabsichtigte gerade wieder etwas zu sagen, da wurde die Tür aufgerissen, und Uncle Morgan ap Llewellyn stürzte mit einem wehenden braunen Militärumhang und klirrenden Sporen, im übrigen gekleidet in lächerliches Lincolngrün, in die Halle. Eine der Sporen verfing sich in den Binsen, die den Fußboden bedeckten. Uncle Morgan strauchelte, und Corbett biß sich auf die Unterlippe, um nicht laut herauszulachen.

»Verdammte Binsen!« fluchte Morgan und fing sofort damit an, den Ärgernis erregenden Bodenbelag beiseite zu treten. Sein Gesicht war verschmutzt, und große Schweißflecken verfärbten sein Hemd. Er nahm den Umhang ab und warf ihn auf den Tisch. »Hugh, warum kannst du dir keine türkischen Teppiche leisten ...?«

Morgan wurde sich plötzlich bewußt, in welcher Gesellschaft er sich befand. Er warf sich dem König fast an die Brust, als er sich vor ihm auf ein Knie sinken ließ und dabei sein schweißnasses Haar zurückstrich.

»Hoheit, ich wußte nicht, daß Ihr hier seid«, sagte der Waliser erstaunt. »Ich komme eben von der Jagd ...« Edward nahm Morgans Hand, zog ihn hoch und umarmte ihn.

»Ich wünschte, ich hätte dabeisein können.« Edward küßte Morgan auf die Wangen und stieß ihn dann weg. »Diese jungen Hunde können nicht so jagen wie wir, was, Morgan. Sie sind verweichlicht!«

Corbett schloß die Augen und betete, daß ihm nicht der Geduldsfaden reißen würde. Der König war wie gewöhnlich den Leuten gegenüber charmant, bei denen er es nicht nötig hatte. Jetzt würde Morgan vermutlich wieder mit dieser alten Leier anfangen, was für Waschlappen Corbett und alle anderen geworden seien.

»Hoheit, das habe ich mir auch schon gesagt.« Morgan hob einen seiner Wurstfinger, und auf seinem runden, freundlichen Gesicht breitete sich ein wissendes Lächeln aus. »Waschlappen, nicht so wie die Männer in Wales, was, Hoheit? Damals, als Ihr mich gejagt habt und ich Euch.« O Gott, betete Corbett, bitte laß ihn nicht wieder damit anfangen!

»Hört!« Der König nahm Morgan freundschaftlich am Arm und zwinkerte Corbett zu. »Mein Gefolge wartet draußen – alles Faulpelze! Sorgt dafür, daß sie etwas zu essen und zu trinken bekommen, und bringt ihnen Disziplin bei.«

Maeves Onkel wurde gleichsam einen Kopf größer. Er plusterte sich auf wie eine Waldtaube und legte außer sich vor Freude den Kopf in den Nacken, daß gerade ihm diese verantwortungsvolle Aufgabe übertragen wurde. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und lief wie ein Jagdhund zur Tür.

»Teuerster Morgan«, sagte Edward leise.

»Teuerster Morgan«, entgegnete Corbett, »von wegen, ein ständiges Ärgernis ist er. Tagsüber hält er mir dauernd Vorträge, und nachts betrinkt er sich und erzählt allen seine Lebensgeschichte!« Corbett sah sich um und hoffte, daß Maeve ihn nicht gehört hatte. »Aber er ist trotzdem ein guter Mann«, fuhr er fort. »Er liebt Maeve und Eleanor – obwohl er und Ranulf nur Unsinn im Kopf haben.«

Edward hakte Corbett unter und ging mit ihm durch die Halle.

»Ein guter Soldat«, sagte er, »verschlagen und beherzt. Er hat lange und hart gekämpft, ehe er die königliche Amnestie annahm. Wie so viele! Und alle fort!« Edward sah Corbett direkt an. »Alle fort, Hugh! Burnell, Peckham, mein Bruder, Edmund ...«

Jetzt kommen die Tränen, dachte Corbett. Er wird sie sich aus den Augen wischen und dann meinen Arm umklammern.

»Ich bin einsam«, sagte der König heiser. »Ihr fehlt mir, Hugh.« Er wischte sich die Augen und ergriff Corbetts Arm. »Ihr habt andere Beamte«, entgegnete Corbett. »Hoheit, ich kann nicht wieder in den Krieg ziehen. Ich habe immer noch Alpträume – das Land ein Flammenmeer, die Städte voller schreiender Frauen und Kinder.«

Corbett hatte beschlossen, den König mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, aber Edwards Augen leuchteten nur vor Freude.

»Der Krieg in Schottland ist vorüber, Hugh. Wallace ist gefangengenommen worden. Die schottischen Adligen streben nach Frieden. Ich brauche Euch nicht in Schottland, sondern in Oxford.« Der König drehte sich um und schaute zum anderen Ende der Halle, wo de Warrenne und de Lacey wieder ihre launische Unterhaltung mit Maeve aufgenommen hatten. »Ihr habt davon gehört?«

»Ja«, antwortete Corbett. »Ein wandernder Geselle war letzte Woche hier, um Pergament und Velinpapier zu verkaufen. Ihr sprecht von diesen Gerüchten über die Leichen? Über die verräterischen Erklärungen einer gewissen Person, die sich der Bellman nennt?«

»Bettler«, unterbrach ihn der König. »Armenhäusler. Viele von ihnen versammeln sich beim St. Osyth’s Hospital unweit von Carfax. Bisher hat man vier gefunden. Die Köpfe hingen vom Rumpf getrennt wie faulige Äpfel von den Bäumen.«

»Direkt in der Stadt?«

»Nein, außerhalb. Im Norden, aber auch im Westen.«

»Warum bringt jemand einen Armenhäusler um?« fragte Corbett.

Er bemerkte, daß sich Ranulf auf Maeves Einladung hin jetzt ebenfalls auf den Absatz gesetzt hatte. Er sagte ein stilles Gebet. Ranulf konnte es nicht lassen, de Warrenne Komplimente zu machen, und der alte Earl war weder für sein Aussehen noch für seine Geduld bekannt.

»Ich weiß nicht«, erwiderte Edward. »Der letzte war allerdings Adam Brakespeare. Ihr erinnert Euch doch an Adam, Hugh?«

Der König gab Corbett ein Zeichen, sich auf eine Bank zu setzen. Corbett erinnerte sich an einen frettchenhaften Mann mit dunkelblondem Haar und einem haselnußbraunen Gesicht. Als Verwalter der Waffenkammer war er mit ihm zusammen in Wales gewesen. Einmal hatten die schwer zu greifenden Waliser sie in einen Hinterhalt gelockt, und Brakespeare hatte ihn aus einem stinkenden Sumpf gezogen, während ihnen die Pfeile um die Ohren gepfiffen waren.

»Adam war Soldat.« Corbett spielte mit dem Ring an seinem Finger. »Er war einer Eurer Favoriten. Es war doch sogar die Rede davon, ihn zum Ritter zu schlagen?«

»Als die Armee in Wales aufgelöst wurde«, antwortete Edward, »kehrte Adam nach Hause zurück. Er verlor alles beim Spiel. Er zog umher, ein landloser Edelmann, bis er krank wurde und sich an die Kanzlei um Hilfe wandte. Als mich die Bittschrift erreichte, war Brakespeare bereits tot. Er war die dritte Leiche, die man bei Oxford gefunden hat.« »Und der Bellman?« fragte Corbett.

Edwards Miene verfinsterte sich. »Richtig, der Bellman.« Er zog wie ein wütender Hund die Lippen zurück. »Er ist ein Dichter, unser Bellman. Von Sparrow Hall aus gibt er Erklärungen ab und schreibt Briefe, in denen er den Geist des toten de Montfort beschwört.« Edwards Stimme wurde lauter, und das fröhliche Geplapper am anderen Ende der Halle verstummte.

Corbett rückte von dem König ab, als dieser seinen Alpträumen nachhing.

»De Montfort! De Montfort!« Der König schlug mit der Faust auf den Tisch. »Immer dieser verdammte de Montfort! Er ist tot! Verstehen die das denn nicht? Ich habe ihn in Evesham in eine Falle gelockt, Hugh. Ich habe seine Armee in blutige Schnipsel verwandelt. Ich habe ihn sterben sehen.« Der König schäumte vor Wut. »Er wurde nicht einmal begraben«, sagte er heiser. »Es war nichts von ihm übrig.« Er sah Hugh mit seinen blutunterlaufenen Augen an. »Ich habe ihn getötet, Corbett, ihn und seine gesamte verräterische Familie. Ich habe seine Leiche in Streifen geschnitten und den Hunden zum Fraß vorgeworfen, und jetzt ist der Bastard zurück.« Er griff in seinen Umhang, zog eine Pergamentrolle hervor und warf sie Corbett zu. »Ich habe Sparrow Hall gedroht«, sagte er, »obwohl sie von meinem guten Freund Braose gegründet worden ist. Sie sollen bei sich für Ordnung sorgen, oder ich schließe das College. Ich habe einen Brief an Copsale, den Rektor, geschickt. Dieser starb jedoch im Bett. Dann schickte ich an den Bibliothekar und Archivar Ascham eine ähnlich lautende Aufforderung, und er wurde ermordet. Ich werde Sparrow Hall niederbrennen.«

Corbett spielte mit dem Pergament.

»Tut das nicht, Hoheit«, riet er. »Tut nichts übereilt. Oxford weiß, wie man sich rächt. Sie werden denken, daß Ihr Angst habt, daß Ihr versucht, etwas zu verbergen. Außerdem wißt Ihr nicht, ob sich der Bellman wirklich in Sparrow Hall aufhält, obschon er das vorgibt.«

Der König nahm Corbetts Hand. »Geht dorthin, Hugh«, bat er. »Ihr seid mein bester Jagdhund. Geht dorthin, und findet ihn für mich. Rächt den Tod von Brakespeare. Findet den Bellman!«

»Ich habe den Dienst des Königs verlassen.«

Der König suchte in seinem Beutel. Er zog das Geheimsiegel und den Ring des Bevollmächtigten hervor und drückte beides Corbett in die Hand.

»Hier ist Eure Vollmacht. Tut das für mich, Hugh. Ich werde dann Pate Eures nächsten Kindes.«

Corbett wußte, daß er nicht ablehnen konnte. Dem König war es ernst. Er bat ihn um etwas und würde sich an ihm rächen, wenn er ablehnen würde. Uncle Morgan, Maeve, Eleanor, Ranulf und Maltote würden alle seine Wut zu spüren bekommen.

»Ich gehe.«

»Gut!« Edward strahlte und klopfte Corbett energisch auf die Schulter. »Mein guter Jagdhund, mein scharfäugiger Bluthund. Ihr wißt doch, daß sie Euch so nennen, Corbett?« Edwards plötzliche Freundlichkeit hatte etwas Bösartiges. »Sie nennen Euch den Bluthund des Königs.« »Ich bin ein Untertan des Königs«, erwiderte Corbett. Der König beugte sich ganz nahe zu ihm. Corbett konnte seinen von Wein geschwängerten Atem spüren.

»Ich weiß, Corbett. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, Bluthund in einer Bande von Kötern zu sein – das habe ich ihnen so gesagt. Reist nach Oxford, und findet heraus, wer diese armen Bettler auf dem Gewissen hat, aber denkt daran, ich will den Bellman, ich will ihn mit eigenen Händen aufknüpfen!« Der König erhob sich. »Ich werde noch vor Ende dieser Stunde aufbrechen, aber Simon wird hierbleiben. Jetzt will ich nur hoffen, daß dieser Bastard de Warrenne meine Geschichte nicht zu Ende erzählt hat. Habt Ihr sie gehört, Hugh? Über die Äbtissin, den Klosterbruder und die Schachtel Feigen?«

Noch bevor die Stunde um war, war der König tatsächlich unter Umarmungen, Küssen und Beteuerungen der königlichen Gunst aufgebrochen. Sein Gefolge bestieg die Pferde und galoppierte in einer Staubwolke davon. Der König rief, er sei in seinem Palast in Woodstock anzutreffen. »Hier residiere ich, um die Sache im Auge zu behalten.«

Corbett atmete erleichtert auf und umarmte Maeve. Sie kehrten in die Halle zurück, Corbett, um zu frühstücken. Dann befahl er allen zu gehen. Nur Maeve, Ranulf und ein ängstlich aussehender Simon blieben.

»Gehst du nach Oxford?« fragte Maeve schroff.

»Es scheint mir nichts anderes übrigzubleiben.«

Simon lächelte schwach. »Gott sei Dank, Sir Hugh. Über eine Weigerung würde sich der König fürchterlich ärgern. Er hat gestern seine Schreiber nur für die geringsten Fehler von ihren Hockern gestoßen.«

»Du hast das Siegel und den Ring also angenommen?« beharrte Maeve. »Ist es das, was du willst?« Maeve preßte verärgert die Lippen zusammen, ehe sie zu lachen anfing. »Ich bin nicht dumm, Hugh. Wenn du dem König diesmal nicht gehorchen würdest ...«

»Willst du, daß ich gehe?« Corbett beugte sich zu ihr hinüber und tätschelte ihr den Bauch.

»Ja, das will ich«, antwortete Maeve. Sie nickte in Richtung Ranulf, der gespannt wie eine Katze dasaß. »Zum einen wäre es schön, endlich wieder einmal ein Lächeln auf Ranulfs Gesicht zu sehen, und du langweilst dich ebenfalls, Hugh. Schließlich schaut, wie Ranulf so richtig bemerkt hat, doch ein Schaf aus wie das andere.«

Corbett drückte ihre Hand. Er zog die Pergamentrolle hervor, die der König ihm gegeben hatte. Er rollte sie vorsichtig auf und studierte sie. Es war die Schrift eines Schreibers.

»Kanzleischrift«, murmelte er. »Das könnte also jeder routinierte Schreiber geschrieben haben.«

»Falls es einer der königlichen Schreiber war«, meinte Simon finster, »muß er damit rechnen, gehängt, gerädert und gevierteilt zu werden. Lest, Sir Hugh.«

»›An den Bürgermeister, die Ratsherren und den Kanzler der Universität Oxford und an die Rektoren der Colleges‹«, fing Corbett an, »›sendet der Bellman brüderliche Grüße. Wieder einmal beschwere ich mich und weise auf die Untaten unseres Kӧnigs und seines adeligen Rates hin.

Item: Zumindest einmal im Jahr sollte ein Parlament zusammentreten, bei dem der König den Petitionen seiner guten Ratsherren und Bürger lauschen sollte.

Item: Die Heilige Mutter, die Kirche, sollte von Steuern befreit und ihre Einnahmen sollten nicht angetastet werden, es sei denn, die Convocation der Geistlichkeit hätte zugestimmt.

Item: Der König verschwendet seinen Reichtum bei einem sinnlosen Krieg gegen die Schotten und schließt gleichzeitig Augen und Ohren vor den vielfachen Untaten seiner Beamten zu Hause.

Item: Der König sollte die Klauseln der Magna Charta bestätigen und die Privilegien der Universität ...‹«

Die Proklamation führte weitere wirkliche oder vorgebliche Mißstände auf, erst der letzte Absatz fiel Corbett wieder besonders ins Auge.

»›Erinnert Euch in Euren Gebeten an den heiligen Simon de Montfort, den Earl of Leicester, der von Besagtem König Brutal ermordet wurde. (Die Maßnahmen des Earls, wie sie hier in der Stadt veröffentlicht wurden, hätten zu einer guten Regierung dieses Reiches geführt.) Niedergeschrieben in Sparrow Hall am Feiertag des heiligen Bonaventura, den 15. Juli 1303, zur Bekanntgabe in der Stadt und Universität Oxford, unterzeichnet: The Bellman of Oxford.‹«

Corbett betrachtete das Schreiben genau. Das Velinpapier war von guter Qualität mit gerade beschnittenen Rändern. Die Tinte war bläulichviolett, die Buchstaben waren sauber und die einzelnen Sätze deutlich gegeneinander abgehoben. Oben eine gemalte Glocke, sonst nichts, die von einem Nagel durchstoßen war, mit dem die Erklärung an der Tür irgendeiner Kirche befestigt worden war.

Corbett gab das Schreiben an Maeve weiter. Sie las es und schob es dann Ranulf zu.

»Was hat das zu bedeuten?« fragte sie.

»Vor fast vierzig Jahren«, fing Corbett an, »führte Simon de Montfort, der Earl of Leicester, einen Aufruhr gegen den jetzigen König und seinen Vater an. De Montfort war ein brillanter, charismatischer Rädelsführer. Er kümmerte sich nicht weiter um die Adligen, sondern wandte sich an die Ratsherren und Bürger in Städten wie Oxford und London. Er versicherte sich ihrer Unterstützung und der eines Großteils der Geistlichkeit, die ein eigenes Parlament hat, das Convocation heißt. De Montfort war der erste, der die Theorie eines Parlaments vortrug, in dem Nichtadlige und Adlige in verschiedenen Sitzungen zusammenkommen sollten, um dem König Petitionen vorzutragen und sich auf die Besteuerung zu einigen.«

Maeve zuckte mit den Schultern. »Aber das ist doch nur gerecht.« Sie kniff die Augen zusammen. »Hat nicht einer von Edwards Richtern gesagt, daß das, was alle betrifft, von allen gebilligt werden muß?«

»Oh, Edward war damit einverstanden. Er hat diese Idee aufgenommen. Parlamente werden regelmäßig einberufen, obwohl sie nicht die Bedeutung haben, die de Montfort ihnen geben wollte.« Corbett spielte mit dem Krug Ale, den ein Diener ihm eingeschenkt hatte. »Was de Montfort wollte«, fuhr er fort, »war, daß das Parlament den König und alle königlichen Beamten kontrollieren sollte, aber, noch wichtiger, de Montfort wollte auch das Parlament kontrollieren.«

»Aber warum hat der König solche Angst vor so einer Idee von einem Mann, der vor fast vierzig Jahren getötet wurde?« fragte Maeve.

Corbett zuckte mit den Schultern. »Weil de Montfort fast Erfolg gehabt hätte, und wenn das der Fall gewesen wäre ...«

»Und wenn das der Fall gewesen wäre«, unterbrach ihn Ranulf, »wäre de Montfort König geworden und Edward ...«

»... Edward«, beendete Corbett seinen Satz, »wäre auf irgendeinem Castle verschwunden und hätte dort irgendeinen unglücklichen Unfall gehabt. Es hätte eine neue Dynastie gegeben, und dieser Alptraum quält die Krone noch heute!«

Kapitel 2

Corbett las die Erklärung des Bellman ein weiteres Mal.