Die Totenfeier des Kaisers Napoleon - Gerik Chirlek - E-Book

Die Totenfeier des Kaisers Napoleon E-Book

Gerik Chirlek

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Beschreibung

Neuausgabe des Buches »Die Todtenfeier des Kaisers Napoleon« aus dem Jahr 1841. Aus dem Inhalt: Begräbnis des Kaisers auf St. Helena, Rückführung seiner irdischen Reste nach Frankreich und deren Beisetzung im Dome der Invaliden zu Paris. Mit Berücksichtigung der offiziellen Berichte und des Tagebuchs des Baron Emmanuel de Las Cases. Von einem Augenzeugen. Mit vielen Abbildungen nach den Original-Zeichnungen von Horaz Vernet.

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Die Totenfeier des Kaisers Napoleon

TitelseiteErstes Kapitel: Kammerverhandlungen. Vorbereitungen. Abfahrt der Belle Poule.Zweites Kapitel: Ankunft auf St. Helena. Ausgrabung.Drittes Kapitel: Ankunft in Cherbourg. Fahrt auf der Seine. Beisetzung im Dome der Invaliden.Impressum

Die Totenfeier des Kaisers Napoleon.

(unbekannter Verfasser)

gerik CHIRLEK

Original: Die Todtenfeier des Kaisers Napoleon. Verlag der J. J. Weber’schen Buchhandlung, Leipzig, 1841. Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig.

Erstes Kapitel: Kammerverhandlungen. Vorbereitungen. Abfahrt der Belle Poule.

»Ich wünsche, dass meine Asche an den Ufern der Seine ruhe,  in Mitte des französischen Volkes, das ich so innig geliebt habe.«

NAPOLEONS CODICILL.

Gegeben, am 15. April 1831 [sic: 16. April 1821]

Beherrscher und Völker, Kronen und Reiche werden von der Zeit, wie sie in ihrem Schoße erzeugt worden, auch wieder verschlungen; Weltteile selbst, traut man der Sage von der versunkenen Atlantis, sind vor solchem Schicksale nicht sicher, und die Forschungen der neueren Erdlehre haben bewiesen, dass vor Jahrtausenden das Meer die höchsten Gipfel der Alpen überdeckte, woraus folgt, dass es sie dereinst wieder überdecken könne. Nichts ist auf Erden ewig, wenn anders sie selbst es ist, als die Naturgesetze, welche schaffen, aber auch zerstören, Vergänglichkeit ist das Los alles Irdischen, und auch der Ruhm, ewig, unsterblich genannt, unterliegt diesem allgemeinen, diesem furchtbaren Verhängnisse. »Wie lange dauert ein Gemälde?«, fragte Napoleon einst, als er im Louvre einen Raphael betrachtete. »Vier-, höchstens fünfhundert Jahre«, war die Antwort. »Armselige Unsterblichkeit!«, rief der stolze Imperator aus. Er gedachte der Jahrtausende, die sein eigener Name leben werde, der Reihe von Weltherrschern, die ihn als Ahnherrn verehren würden. Aber was weiß die Menschheit von den großen und weisen Herrschern des alten Orients, den welterobernden Pharaonen, den Königen Assyriens und Indiens, lange bevor es ein Hellas und ein Rom gab? Kaum die Namen. Und doch sind seit ihnen nur vier-, höchstens fünftausend Jahre verflossen. »Armselige Unsterblichkeit!«, möchte ein höheres Wesen ausrufen.

Wollte man aber menschlichen Ruhm nach diesem Maßstabe messen, nach der Zahl der Jahrtausende, die ein Name fortlebt, würde man eine begleitende Zufälligkeit mit dem inneren Wesen verwechseln. So lange man den Namen Markus Aurelius Antoninus noch nennt, wird auch Commodus nicht vergessen sein, und so lange die Welt Belisars gedenkt, wird auch seine gekrönte Peinigerin genannt werden. Ruhm besteht in allgemeiner Anerkennung großer Eigenschaften und über Weltteile sich verbreitender Würdigung großer Taten. Ruhm ist die bewundernde Stimme des Menschengeistes, und gleichwie es für den Ruhm eines großen Mannes gleichgültig ist, ob die Negerhäuptlinge im Inneren von Afrika von ihm etwas wissen, ist es auch völlig unwesentlich, ob nach Jahrtausenden sein Name genannt werde oder nicht. Was ist uns Sesostris? Ein Schall. Was würde Napoleon nach Jahrtausenden der Menschheit sein, wenn nicht zugleich die Sprache noch verstanden wird, in welcher seine Taten aufgezeichnet sind? Ein Hauch. Das Wesen des Ruhmes ruht also darin, dass der gebildete und stimmfähige Teil der Menschheit, es sei der Zeit nach ferne oder nahe, sich gezwungen fühlt, vor einer großen, welteinwirkenden Persönlichkeit Ehrfurcht zu empfinden. Und die Unsterblichkeit des Ruhmes besteht in der Unsterblichkeit des Menschengeistes selbst, nicht aber darin, dass vielleicht nach vier oder fünf Jahrtausenden gelehrte Altertumsforscher aus Bruchstücken uralter Übersetzungen weniger Stellen aus längst vernichteten Werken in vergessenen Sprachen untergegangener Völker, einen großen Herrscher der Vorzeit herausbuchstabieren, welcher Napoleon oder Apollyon geheißen habe.

Wenn es sich daher ereignen möchte, dass in Folge irgendeiner totalen Umwälzung der Menschheit oder der Erde selbst, Napoleons Name nach vier bis fünf Jahrhunderten nicht mehr genannt würde, so wäre dies noch immer keine »armselige Unsterblichkeit«. So lange eine einzige der lebenden europäischen Sprachen, und wäre es die des ihm feindseligst gewesenen Volkes, noch geredet, ja nicht einmal mehr geredet wird, sondern zu einer Sprache geworden ist, wie jetzt der Sanskrit, das Altarabische oder Altgriechische, so lange wird auch die Würdigung der Taten Napoleons und die Bewunderung seiner großen Eigenschaften fortdauern. Zwar werden die Jahrhunderte den Enthusiasmus mäßigen, aber die Geschichte wird immerdar von ihm berichten, dass der Hass mit seinem Tode verstummte, dass sein Name, während Millionen noch lebten und leben, die durch ihn gelitten, selbst bei diesen zum Kultus geworden, sei, dass er dadurch eine Apotheose erhalten, wie vor ihm noch kein Sterblicher. Was ist es, das den Deutschen, den Engländer wie mit einem Zauber bestrickt, wenn der große Name Napoleon ausgesprochen wird? Das erhebende Gefühl ist es, dass unsere Zeit einen Mann hervorgebracht habe, welcher, weitab vom Purpur geboren, sich zum Throne emporschwang, der als Feldherr und Regent seines Gleichen jetzt nicht hat, noch jemals gehabt hat, Cäsar etwa ausgenommen, dem zur vollen Glorie des Ruhmes fehlt, dass er nicht wie Napoleon durch die allgemeine, laute Stimme des Volkes, sondern durch Auflehnung gegen die Gesetze, durch Bürgerkrieg zur höchsten Gewalt gelangt ist. Gibt es einen Russen, einen Spanier, einen Moslim, der nicht wünschte, ein Mann von Napoleons großen Eigenschaften möchte auf dem Throne seiner alten Herrscher sitzen? Sein beispielloses Unglück, das er mit der Standhaftigkeit eines Prometheus trug, hat gesühnt, was er als Oberhaupt der unruhigsten Nation der Erde, durch seine ganz eigentümliche Lage gezwungen, gegen die Freiheit der Völker gefrevelt. Hierzu kommt, dass Napoleon der Nation, an deren Spitze er stand, und die Deutschland seit Jahrhunderten so große Unbilden zugefügt hat, durch Abstammung und Geburt gar nicht einmal angehörte: Er war Korse! Man darf ihn in Deutschland verehren, ohne den Vorwurf auf sich zu laden, dass man deshalb die gegen unser Vaterland gerichteten Gesinnungen und Bestrebungen derjenigen teile, die er so lange beherrscht hat. Es ist eine lediglich der Größe des Menschengeistes, nicht aber dem Franzosentume dargebrachte Huldigung.

Wenn der Ausländer so fühlt, welches müssen wohl die Empfindungen des Franzosen sein, wenn der Name Napoleon ausgesprochen wird! So unleugbar, so groß sind die Wohltaten, welche dieser gewählte Fürst Frankreich als Ordner zerrütteter Zustände, als Verwalter, als Schöpfer materieller Wohlfahrt, als Gesetzgeber, erwiesen hat, dass die Franzosen hauptsächlich das zu bedauern haben, was dieses so leicht vom Glanz bestochene Volk höher als alles schätzt, den Kriegsruhm, den als Kaiser zu erwerben, Napoleon durch Verhältnisse der inneren und äußeren Politik, beide ein Vermächtnis der Revolution, sich hingerissen, ja gezwungen gesehen hat. Wie schmerzlich tief auch in die Seele jedes Deutschen die Namen Ulm, Austerlitz, Jena, Wagram schneiden, ist es doch nur natürlich, dass sie den Franzosen als die höchste Verklärung ihres Nationalruhmes strahlen. Mit gerechtem Stolz denkt jeder Franzose der Zeit, wo Amsterdam und Rom, Hamburg und Turin, Brüssel und Florenz »gute Städte« des Reiches waren; mit Stolz der Zeit, wo Napoleon Königreiche verschenkte und Monarchen in seinem Vorzimmer harren sah; mit Stolz der Zeit, wo Frankreich allgewaltig in Europa war, und über Holland, Deutschland, die Schweiz, Illyrien, Italien und Spanien sein eisernes Zepter ausstreckte. Und des Mannes, der das alles vollbrachte, sollten sie nicht mit feuriger Liebe gedenken, mit einer Liebe, die im Vergleich zu dem Hasse anschwellte, den ihnen die Bourbonen, und zu der Gleichgültigkeit, die ihnen deren Nachfolger einflößten! und mussten sie nicht stets die tiefste Demütigung fühlen, so lange die Asche ihres größten Mannes als Trophäe in britischer Erde versenkt blieb!