Die vielen Gesichter der Religion - Thomas Klinger - E-Book

Die vielen Gesichter der Religion E-Book

Thomas Klinger

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Beschreibung

Religion ist ein altes und anhaltendes Thema des Menschen, das Verehrung, Ignoranz und Kritik auch heute noch auf sich zieht. Dieses Buch stellt 16 Erscheinungsformen der Religion dar und bietet damit eine sinnvolle Differenzierung, nicht nur für den an Religion interessierten, sondern gerade auch für den Kritiker derselben. Die Entwicklung des Menschen scheint in Stufen zu verlaufen, und seine Denkweisen unterscheiden sich charakteristisch. Daher bleibt der Mensch auf einer Suche, die sich unterschiedlich zeigt, und er findet etwas, das ihm Frieden, Vertrauen und Glück vermittelt. Das Buch geht diesen Unterschiedlichkeiten der Suche nach und regt an das Thema Religion differenziert zu betrachten.

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Die vielen Gesichter der Religion

Bücher von Thomas Klinger

Im Mensaion Verlag:

Die Schwäne der stillen Gewalt.Über die Psychologie der Mobber

Von den Dingen und dem Sinn. Kommentare zu Leben, Mensch, Natur und Klima

Über die Tragödien.Und die Notwendigkeit eines friedvollen Lächelns

Menschentiefen.Gedichte

170 Aspekte.Über die Moderne und ihre heilige Kuh

Im Werner Kristkeitz Verlag:

Zazen ∙ Gedichte

Thomas KlingerDievielen Gesichterder ReligionEine sinnvolle Differenzierung

Mensaion Verlag

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragungdurch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form(durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren)ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziertoder unter Verwendung elektronischer Systemeverarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Originalausgabe – im Mensaion Verlag© 2023 by Thomas KlingerISBN-978-3-757559-33-5 (print)ISBN-978-3-757559-94-6 (E-Book)Satz: LaTeX, ebgaramond and TeX4ebook, stix2Herstellung: epubli, ein Service der neopubli GmbH, BerlinUmschlaggestaltung: © by Mensaion Verlaghttps://www.mensaion.de/Umschlagbild: © by Symmetric World Art®https://symmetric-world-art.de/Besuchen Sie uns im Internet

»Was ist Religion?«:„Der Begriff [Religion] wurde auf alles Mögliche angewandt, von dogmatischen Überzeugungen bis zur mystischen Erfahrung, von Mythologie bis zum Fundamentalismus, von glühendem Idealismus bis zur inbrünstigen Gläubigkeit.“1 (Ken Wilber)

Ihr seid das Licht und die Schatten der Welt

Der Mensch, er neiget zum Begriff,den meist er monoton gebraucht,ihm fehlt der Perspektiven Schliff,der ihm die weiteren Welten haucht.Drum soll er Perspektiven schauen,verstehen die Farben und Strukturen,um somit sich und Welt zu trauenim Gehen entlang der Weisheit Spuren.

CoverVorwort1 Der organisierte Terrorismus2 Der starre Fundamentalismus3 Die mythisch-magische Denkweise4 Der gehorsame Glaube5 Die inbrünstige Gläubigkeit6 Das innere, innige Gespräch7 Die Verbundenheits- und Naturreligion8 Der atheistische Skeptizismus9 Der glühende Idealismus10 Der dogmatische Szientismus11 Der monolithische Rationalismus12 Der natürliche Realismus13 Die philosophische Haltung14 Die tiefe Selbsterfahrung15 Die lehrende Erfahrung16 Die umfassende WeisheitslehreAnmerkungenLiteraturImpressum

Vorwort

Was Religion in ihrem Kern bedeutet und uns sagen und geben kann – und was die Religionen der Welt gemeinsam haben und gemeinsam tun – steht kaum in Interesse der Aufmerksamkeit. Denn es sind die Unterschiede, die meist herausgehoben werden. Es sind die traditionell gewordenen Differenzen und anscheinenden Unvereinbarkeiten der Weltreligionen die betont werden. Und die uns Menschen voneinander trennen, statt verbinden.

Es kommen nur äußerst selten die sie einigenden Prinzipien, die möglichen Erfahrungen und die ethischen Grundannahmen zur Sprache, die alle Religion verbindet. Es kommt das Menschliche zu kurz, weil das speziell Göttliche zu sehr betont wird. Es kommt die Liebe zu kurz, weil zu viele glauben, sie hätten sie bereits in ihrer spezifisch, religiösen Hingabe gefunden.

Doch die Religion hat Licht und Schatten, zeigt Glanz und Dunkel, zeugt Freude und Leid, spendet Liebe und schürt Hass. Doch damit muss Religion noch kein vollkommener Widerspruch sein oder inkonsequent. Wir werden das Menschliche der Religion herausarbeiten und es in sechzehn Kapiteln besprechen.

Religionen gelten als dogmatisch zerstritten, vielfältig zersplittert und abergläubisch zerfahren, sodass schon seit fast 300 Jahren eine Moderne den nachhaltigen Feldzug eröffnet hat, der Klarheit bringen soll und Vernunft, statt Glaube, Dogma, Gewalt und die religiös motivierten Kriege. So wird auch behauptet, Religion hätte immer etwas mit Glauben zu tun und mit einem Gott oder mehreren Göttern.

Ich werde versuchen zu zeigen, dass Religion mehr ist als Glaube, mehr ist als einen Gott anzunehmen oder Götter, in die der Mensch sich hinein projiziert. Wir werden hier und da erfahren, warum er das tut und worin dabei seine tiefe Religion besteht.

Zudem ist die Tendenz zu erkennen, Religion mit Äußerlichkeiten und den Institutionen, mit bekannten Konfessionen und geschichtlich entstandenen Zusammenhängen in Verbindung zu bringen und so die Form vor dem Inhalt, das Äußerliche vor dem Innerlichen, das Wort vor der Bedeutung, den Sinn vor der Tiefe, die Oberfläche vor dem Grund, zu bevorzugen.

Dadurch wird das (innerlich) Gemeinsame und (menschlich) Verbindende ignoriert und die Unterschiede der Äußerlichkeiten und der Worte über Gebühr betont. Was insgesamt, im Speziellen und Allgemeinen, nicht förderlich ist, da sein Verstehen auf der Strecke bleibt, das nötig wäre, um einen Frieden zu erlangen und eine Liebe zu praktizieren.

Doch es ist gerade die inhaltliche, innerliche Essenz, die uns etwas Wesentliches über Religion sagen kann, denn die äußeren Formen der bekannten und alten Religionen haben die Wirkung lediglich als eine Art Blendwerk aufzutreten, dass die gewordenen Religionen damit voneinander trennt und das Verbindende vernachlässigt.

Dass der religiöse Mensch auf der Suche ist, stellt ein geflügeltes Wort dar und soll dem Kern der Religionen nahe kommen. Da der suchende Mensch auch etwas findet, mit dem er sich zu identifizieren sucht, ist sein Erfolg, der mit mehr oder weniger Genugtuung und Erfüllung, Anerkennung und Glück, belohnt ist.

Religion ist daher nicht nur die Suche nach einem Sinn und einer Bedeutung, sondern auch das Finden von Sinn und Bedeutung, in einer Welt, die als sinnlos und sinnentleert empfunden wird, mit Leid, Krankheit, Armut, Streit, Kampf, Krieg, Tod und all der Agonie der Ungerechtigkeiten und Plage des täglichen Strebens zu überleben und zu leben. Die Suche des Menschen nach Sinn in diesem Kósmos, ist also durch unterschiedliche Grade des Erfolges belohnt.

Was die Vielfalt der Menschheit aber als Erfolg empfindet unterscheidet sich im Wesentlichen stark voneinander und zeigt unterschiedliche Formen der Anschauung und Äußerung. Aber nicht nur dies unterscheidet sich, auch die Denkweisen und das Herangehen an die Suche nach Sinn und Bedeutung unterscheiden sich.

So erscheinen in der globalen Welt unterschiedliche Gesichter der Religion, die zu kennen von gewisser Wichtigkeit wird, denn da die Welten der Religion sich durch die modernen Medien und Techniken näher kommen, sind die Berührungspunkte zunächst nicht immer klar ersichtlich und daher die Gefahr der Konfrontation, Ignoranz und Intoleranz die Folge, die schlicht durch Unwissen gespeist werden. Aber dass die Gesichter der Religion sich berühren und begegnen ist unausweichlich, gerade in einer zunehmend global werdenden Welt der modernen Kommunikation.

Die Möglichkeit zu verstehen, ist jedem gegeben, ein Sinn wartet auf jeden und jede. Was jeweils als „Verstehen“ verstanden wird ist wiederum von dem Sinn bedingt, der jedem Gesicht der Religion zu eigen ist. Das Finden von Sinn und das sich daraus ergebende Verstehen, bedingen einander; Sinn und Verstehen gehen Hand in Hand.

Die Suche nach Sinn und das Finden von Sinn, sind aber auch eine Suche und das Finden von Bedeutung, wie gesagt wurde, in diesem doppelten Sinne: als eigenes Deutungsmuster, das zufrieden stellt und: als empfundene Wichtigkeit und Anerkennung der eigenen Person, Gruppe und Gemeinschaft.

Die vielen Gesichter der Religion sind also in der globalen Welt zu finden und zu erkennen, sie kursieren als bekannte oder weniger ersichtliche Auffassungen und beobachtbare Variationen des Begriffs „Religion“ und unterscheiden sich daher signifikant voneinander. Sie zeigen uns ihr Antlitz offen und im Stillen, direkt und indirekt, in den Medien und überall, wo Menschen wirken und sich äußern. Die vielen Gesichter der Religion sind Ausformungen des menschlichen Bewusstseins, das sich evolutionär entfaltet und entwickelt, wie ein immenses, lebendig-geistiges Gewächs des Kósmos. Sie sollen die Erkenntnis über Religion schulen und eine Differenzierung ermöglichen, um einer kritischen Betrachtung über Religion die sinnvolle Unterscheidung zu gewähren und daher das Fehlurteil und die Verwechslung zu ersparen. Die vielen Gesichter der Religion sollen daher zu einem differenzierten Besinnen über das Thema Religion beitragen und einer möglichen Vorverurteilung entgegen wirken. Und daher das Verstehen fördern.

Aber die Gesichter der Religion sollen auch Inspiration bieten, um der Weiterentwicklung von Religion Möglichkeit zur Verwirklichung zu spenden. Wer die individuelle Entwicklung vom Säugling zum Kleinkind, zum Kind, zum Jugendlichen, zum jungen Erwachsenen, zum Erwachsenen, zum erwachsenen Erwachsenen, zum Älteren, zum Alten und zum Greis ignorieren sollte, wird auch die Entwicklung der Religion nicht gebührend annehmen können. Doch dass auch Religion und die Gesichter der Religion sich entwickeln, ist zu beobachten und nachzuvollziehen. Das Individuelle und das Kollektive entwickeln sich, und der Mensch ist diese mit Bewusstsein begabte „Pflanze“, die hier wächst und sich entwickelt.

Denn der Mensch ist nicht einfach der Mensch, der schon immer so war, wie er gerade ist und sich zeigt. Er war auch einmal anders und wird morgen anders sein. Wer das Gestern aber lediglich in die Zukunft hinein extrapoliert, wird wohl das Heute und die Gegenwart vergessen und daher unvollständige und nicht gare und nicht klare Schlussfolgerungen ziehen, wie der Mensch sich entwickeln wird.

Die Ignoranz gegenüber dem Heute und der Gegenwart, dem jetzigen Augenblick aber, ist eine große Täuschung der Geistes und Herzens mancher Menschen, wenn sie glauben, prognostizieren zu können, ohne das Naheliegende zu beachten. Die vielen Gesichter der Religion bieten hier Gelegenheit Notwendiges kennen zu lernen, um dieser Ignoranz zu begegnen und das leidliche Vergessen der Gegenwart und des Augenblicks, mit Wissen und Weisheit, zu heilen.

Und der Mensch ist auch ein Mensch unter vielen und vielem. Er ist kein pauschales Wesen, das eine Einheit oder Gleichheit darstellte, er ist nicht verallgemeinerbar. So auch seine älteste Hingabe, die Religion genannt wird und gleichsam seine umstrittenste ist. Religion ist nicht einfach Religion, sie wird durch das Denken, Fühlen und Handeln, den Herz-Geist des Menschen bestimmt, durch seine Offenheit oder Verschlossenheit sich selbst und der Welt, durch sein Interesse oder Desinteresse dem eigenen Inneren und der äußeren Wirklichkeit gegenüber; und besitzt eine Seele und tiefere Dimensionen und Ebenen des Bewusstseins, bis hin zu einem angenommenen und erfahrenen Höchsten, das verschiedene Begriffe umfasst, von denen „Gott“ ein inflationärer ist in unserem Kulturkreis und den monotheistischen Religionen.

Das Bewusstsein des Menschen gestaltet seine Fragen und Antworten, die ihm Sinn oder Unsinn vermitteln. Mit manchem kann der Mensch sich identifizieren und mit anderem weniger oder gar nicht, bis hin zu Aversionen und Feindschaften gegenüber Dingen, die seine Ehre oder Pflicht beleidigen oder ihn schlicht nicht interessieren. Manche Menschen werden einander unverständig gegenüber stehen oder sich gar bekämpfen oder bekriegen.

Dieser Text will dagegen vermitteln und die Chance spenden, dass der Kampf nicht notwendig scheint und Frieden und Glück für alle möglich sein wird. Jeder sucht dabei ein Verstehen, dass ihm Sinn spendet, und jeder wird sich auf die eine oder andere Weise sinnhaft zum Ausdruck bringen. Jedem ist ein Gesicht der Religion gegeben. Jeder Mensch sucht etwas, das ihm selbst entspricht und aus dem er Sinn und Bedeutung für sich, seine Familie, seine Gemeinschaft und seine Kultur beziehen kann.

Wir werden daher fragen: Wie denkt der Mensch? Wie denken jene Menschen, die fern von uns sind und die ein anderes Gesicht zeigen als das eigene? Wie denken Menschen, die andere Erfahrungen gemacht haben, die uns nicht geläufig sind? Wie denken die Menschen über sich, den anderen, die Welt und die Wirklichkeit? An was glauben sie? An was glauben sie nicht? An was glauben andere, die uns fern erscheinen? Und an was glauben andere Menschen nicht? Und warum?

Und weshalb denkt der Mensch gerade so, wie wir das etwa gelesen, gehört und erfahren haben? Wie verharrt er bei seinen Überzeugungen? Und inwieweit ist es uns Menschen möglich, andere und uns selbst zu verstehen? Wie können wir andere in ihrem Anderssein tolerieren?

Denn: was ist das höchste Andere nichts anderes, als das uns allen Gemeinsame und Eigene? Wie kann es uns daher gelingen, genau darüber gemeinsam zu sprechen? Was könnte dem Menschen helfen, sich selbst, das Leben, die Natur, die Welt und den Kósmos besser zu verstehen? Auf der Suche nach Antworten, werden wir manches finden und nach und nach die vielen Gesichter der Religion kennen lernen.

Wer glaubt, er bedürfe keines Verständnisses, ist sich nicht klar darüber, dass niemand sich fern eines sinnhaften Verständnisses befindet. Jeder versteht etwas. Jedem ist ein Sinn gegeben. Jeder identifiziert sich mit etwas, hat seine Vorlieben und Abneigungen. Und jeder sieht in etwas oder jemandem einen Sinn.

Die Gesichter der Religion sind alle in eine Sinngebung involviert, die ihren eigenen Charakter besitzt. Religion ist der Ausdruck einer stattfindenden Suche nach Sinn, die zuweilen behauptet, diesen oder jenen Sinn schon gefunden zu haben. Religion zeigt damit in der Folge die Struktur von spezifischen Überzeugungen und angenommenen Glaubensinhalten, sowie von spezifischen Denkweisen, die hier beschrieben werden. Und besonders zeigt Religion ein Bewusstsein, das aus Erfahrung gewachsen ist und sich daran misst, sie würdigt und verstehend zu durchdringen sucht.

Wir werden feststellen, dass die Menschheit unterschiedliche Ausformungen des Begriffs „Religion“ besitzt und dass wir angehalten sind, über diese Verschiedenheiten zu lernen und uns zu lehren und wir aufgefordert sind uns mindestens schlicht zu informieren. Dieses Buch dient daher der Vermittlung und Information.

Wir werden erkennen, dass ein Verständnis der (religiös motivierten) Probleme auch darin zu finden ist, diese vielen ausgeformten und langfristig uns gewordenen Gesichter der Religion zu vergegenwärtigen, um besser orientiert zu sein und um klarer zu erkennen, um was es sich handelt. Denn im Lernen ist stets ein Moment der Überraschung zu finden, der uns erfüllt und uns näher zu Frieden und Glück verhilft.

Wir Menschen neigen dazu, uns mit allgemeinen Begriffen zu schnell zufrieden zu geben und keine weiteren Fragen zu stellen, wir werden den sinnhaften Dingen und bewussten Bedeutungen kaum nachzuspüren suchen. Die Verallgemeinerungen, die so rasch im Geist und entlang der einfachen, meist nur halbbewussten oder noch unbewussten Handhabung von Zielen des Frustes und des Ärgers zu finden sind, stören allerdings das Verständnis für die Vielfalt der menschlichen Wirklichkeiten und damit auch das Verständnis für das Vorhandensein der vielen Gesichter der Religion.

Die Beobachtung der menschlichen Welten und deren Gedanken und Ideen, deren Ansichten und Meinungen, deren Handlungen und Begründungen für Taten, Praxis, Glauben, Weisheit und Fragen und die damit verwobenen Lebensentscheidungen, zeigen vielfältig verschiedene Ausprägungen, die uns die Welt als Ganzes ungeordnet, durcheinander, uneins, zerstritten und in Lager zergliedert erscheinen lässt. Der Mensch sieht sich meist in einem Chaos verhaftet und von ihm umgeben, sodass er es zu ordnen sucht, und er sucht so nach Orientierung und Halt, nach Sicherheit und Verstehen.

Wer diese vielfältigen Erscheinungen wahrnimmt und zu verstehen sucht, hat mehr davon und wird Gewinn daraus ziehen, als jemand, der, sanft gesagt, lediglich den Kopf schüttelt über die „missratene oder verfeindete“ Kommunikation, die wir zuweilen über die Medien, in Büchern und in Geschichten erzählenden Filmen erfahren. Die Verständnislosigkeit ist weit verbreitet, doch die noch nicht geordnete und verstandene Wirklichkeit, ist der Gegenstand, der zu Verstehen und Verständnis einlädt.

Dieses Buch möchte für den Bereich dessen, was mit dem Begriff „Religion“ bezeichnet wird, differenzierte Klarheit spenden und eine Ordnung anbieten, die Orientierung sein kann. Denn es ist die Gefahr zu beachten, dass der Begriff „Religion“ noch nicht gut genug verstanden ist und in einer ungünstigen Weise immer wieder nur tendenziös benutzt wird, sodass die Kommunikation die Menschen unversöhnlich aneinander vorbei reden lässt oder:– dass eine Verwechslung der Kategorien den Menschen Ungerechtigkeiten angedeihen lässt.

Die Pauschalverurteilungen eines Begriffes (wie dem der „Religion“) und die Ignoranz gegenüber seinem differenzierten Sinn, laden dazu ein, die Unordnung ungeordnet zu belassen und damit das Unverständnis und Unwissen. Die vielen Gesichter der Religion dagegen wollen helfen zu ordnen und Wissen und Weisheit zu spenden.

Was jemand unter dem Begriff „Religion“ versteht wird in den meisten Fällen für einen anderen nicht den gleichen Rang besitzen. Ein Gespräch zeigt oftmals unversöhnlich erscheinende Auffassungen dessen, was beide mit demselben Begriff bezeichnen. So referenzieren beide auf den Begriff „Religion“ und meinen doch signifikant Verschiedenes. Das ist ein Problem, das in diesem Buch beleuchtet werden wird und das stattdessen Ordnung anbieten möchte.

Der Leser kann diese Ordnung als einen begründeten Vorschlag zur besseren Orientierung verstehen, die dabei helfen kann, nicht nur Verstehen, Frieden, Sicherheit und Glück für den einzelnen zu verwirklichen, sondern auch gesellschaftlichen weltweiten Frieden Realität werden zu lassen. Denn wer in einem kontinuierlichen Verstehen des Gegebenen ruht, der wird keine Gründe anführen, nicht im Frieden bleiben zu wollen, er wird friedlich sein, denn er hat in diesem Verstehen keinen Grund einen Krieg zu beginnen.

Wer schon jetzt den Kopf schütteln sollte über eine vermeintliche Unmöglichkeit der Menschheit zukünftig einen Frieden zuzutrauen, mag nur nicht genug Hoffnung besitzen und obendrein auch keinen Beitrag zur Versöhnung leisten, wie dies dagegen durch differenzierte Sinnstiftung geschehen kann. Es besteht immer die Chance, dass Versöhnung gelingt. Wer zu früh den Kopf hängen lässt, hat schon aufgegeben. Denn ist nicht das Leben eine dauernde Chance zu mehr Frieden? Zu mehr Glück? Wartet dies nicht auf jeden von uns? – Nur die Zyniker haben andere Antworten.

Ich möchte in diesem Buch, für den Begriff Religion und dessen vielfältige, menschliche Verwendung, eine gewisse Klarheit schaffen, da die Gefahr besteht und zu beobachten ist, dieser Kulturerrungenschaft des Menschen, nicht die Aufmerksamkeit zu widmen, die sie eigentlich verdient. Denn Religion ist nicht wegzudenken aus dem menschlichen Leben, da selbst Menschen, die sich fern von dem glauben, was sie Religion nennen, dennoch in anderer Weise das tun und praktizieren, was ihnen ihre Seele befriedet, ihr Herz beruhigt, ihren Geist inspiriert und ihnen Mut spendet. Dass sie also in etwas Sinn und Zufriedenheit finden, vielleicht Ausblick und Offenheit und wahrscheinlich Vertrauen, Sicherheit und Geborgenheit erfahren. Dass sie also religiös sind, ohne es zu wissen.

Denn dies tut Religion im Allgemeinen: die Seele befrieden, das Herz beruhigen, den Geist inspirieren und den Mut spenden, der dabei unterstützt mit schwierigen Lebenssituationen oder Bedingungen umzugehen und dennoch und gerade daher lebendig und zuversichtlich weiter gehen zu können.

„Religion“ bietet Halt und Orientierung im Inneren, durch äußere Rituale und Formen, Räume und Gemeinschaften, in einer unordentlich erscheinenden Welt der Unruhen da draußen und: da drinnen, im sich fürchtenden Herzen, im chaotischen Geist, in der leidenden Seele. Religion sucht Frieden und Ruhe, Seelenruhe und Glück, und findet es im Sich-selbst-gefunden-haben, darin, der zu sein und sein zu dürfen, der wir sind und werden können, von Augenblick zu Augenblick.

Da wir ein körperlich-geistig-seelisches Gewächs sind, finden die Blüten sich zuweilen als die verschiedenen Gesichter – den Blüten – wieder; und es gibt Rosen und Kakteen, Margeriten und Orchideen, Obstbäume, Sträucher und die verschiedenen Gräser. Und da wir der Tierwelt ihren eigenen Sinn andichten, gibt es natürlich Hyänen und Wölfe, Tiger und Elefanten, Schnecken und Heuschrecken, Schweine und Ratten, sowie Edle und Feine, Grobe und Ungehobelte.

Die vielen Gesichter der Religion zeigen daher auch natürliche Unterschiedlichkeiten, die nicht einfach durch Belehrung oder Bestrafung gebessert und nach Belieben verändert werden könnten. Der Ausblick auf Frieden und Glück scheint aber allen gleich zu sein. Eine Besserung des Menschen wiederum, scheint unter diesem Gesichtspunkt dem Bild gleich zu sein, ein pflanzliches Gewächs zu veredeln, einen Obstbaum zu pflegen und eine Hecke zu schneiden. Es bedarf nicht nur der Geduld, sondern auch des Wissens, wie dies geschehen kann und soll. Es bedarf nicht einfach eines guten Zuredens, sondern eines formenden Beitrags, die auf Erfahrung und Wissen beruht. Und eben nicht lediglich auf einem übernommenen Glauben, sondern aus einem Berufen auf Erfahrung, die dem echten Wissen dient und damit der Erkenntnis.

Wir Menschen können gar nicht anders als das zu tun, was religiös ist – was der eine oder andere vielleicht noch von sich weist, weil er ein bestimmtes Verständnis des Religiösen besitzt und er dem Religiösen ablehnend gegenüber stehen könnte – und dies sollte uns einen tieferen Blick als gewöhnlich auf Religion ermöglichen, von dem wir profitieren können. Denn wir könnten uns irren, aus einem Mangel an Wissen über die vielen Gesichter der Religion. Wir könnten Fehler begehen, denn da wir nicht genügend wissen und den Begriff „Religion“ zu eng und einseitig benutzen könnten, fiele uns gar nicht auf, wie ungerecht wir insgeheim und wie unabsichtlich wir andere diskriminieren, die wir, bei wissender Betrachtung, vielleicht respektieren könnten, wenn wir sowohl Verstehen als auch Ordnung und Orientierung finden könnten.

Alle Feindschaft in der Welt des Menschen, stammt aus der voreiligen Vorverurteilung und der ungerechte Vereinnahmung von diesen, zum Zwecke, dem eigenen und schmerzlich erfahrenen Leiden und der Agonie damit entlastend ein kämpferisches und kriegerisches Ventil zu sein. Und: weil zur Abwehr einer Not und dem Vorhandensein eines Entscheidungszwanges, mit Verstehen und Verständnis scheinbar nicht gewartet werden kann. So meint man, so kann es erkannt und verstanden werden.

Ich möchte aber in diesem Buch zeigen, dass die religiöse Hingabe und Haltung jeden betrifft und wir Menschen uns gar nicht frei machen können davon, religiös zu sein. Der Unterschied aber, von Mensch zu Mensch, soll in diesem Buch ebenso deutlich werden, sodass ein differenzierteres Bild des Begriffs „Religion“ und der menschlichen Wirklichkeiten gespendet und angeboten wird. Ich möchte den Blick weiten auf die Vielfalt der religiösen Wirklichkeiten und gleichsam ein erweitertes und differenziertes Verständnis des Begriffs „Religion“ anbieten. Das wird manche überraschen, weil sie den Begriff Religion für etwas angewandt sehen könnten, das sie so ohne Weiteres nicht mit Religion in Verbindung bringen würden. Dennoch: die Suche nach Sinn und das Finden von Sinn, sind religiöse Eigenschaften, die fundamental erscheinen, wenn es um den Menschen geht, und sie sind allen Gesichtern der Religion gegeben, jedem Gesicht auf seine Weise.

Dies bedeutet nicht, dass alle in diesem Buch beschriebenen Gesichter der Religion gleichrangig seien. Dem ist nicht so. Das Buch gibt – in etwa – aufsteigend entlang des Textes, eine Wertung mit, die mit zunehmender Höhe und zum Ende des Buches hin, mehr und mehr als befreiter Charakter verstanden werden kann. Wogegen in den unteren Regionen und anfänglichen Kapiteln des Buches das beschrieben wird, was dazu tendiert eine unfreie Hierarchie zu etablieren, die der Unterdrückung dient, anstatt der Befreiung und dem Glück. Je weiter dieses Buch vorangeht, desto eher werden Befreiungsideen und Haltungen der reifer werdenden Liebe und Wahrhaftigkeit deutlich werden. Je mehr das Buch voranschreitet, desto eher wird eine Freiheit verwirklicht, die stetig umfänglicher und allumfassender agiert, differenzierter und zunehmend rationaler denkt und deren Bewegung nicht mehr wegzudenken ist und daher vom Kósmos selbst verwirklicht werden will.

Je mehr wir vorankommen, werden Frieden und Glück realer und tiefer, weitreichender und nachhaltiger erscheinen, bewusster gelebt und differenzierter empfunden werden, sodass Integration und Vermittlung erfolgreich geschehen und Gemeinschaften zunehmend einig und daher in Frieden und Glück dies Leben leben werden können. Und sie nicht lediglich gegeneinander um ein Überleben glauben kämpfen zu müssen.

Da Religion aus dem Menschenleben nicht wegzudenken ist, ist es wichtig, über dieses stufenförmige Werden des Religiösen Kenntnis zu besitzen. Gleichsam ist eine Inspiration mitgegeben, die anbietet, als Mensch sich mit den jeweils oberhalb liegenden Regionen des Religiösen der jeweiligen Gesichter der Religion mehr und mehr zu beschäftigen und ihren wirklichen und authentischen Wert für die gesamte Menschheit und das Leben auf dieser Erde zu verstehen zu suchen.

Aber die Kenntnis der Gesichter der Religion ergibt noch keine direkte Lösung, wie die Uneinigkeit zwischen ihnen vereinigt und befriedet werden könnte. Aber je höher und edler das Gesicht der Religion sich verwirklicht, desto eher werden solche Lösungen ersichtlich und gangbar. Da die Schau der Gesichter der Religion ihre Struktur und Dynamik offenbart und zudem ihre Inhalte geistig und seelisch fassbar werden lässt, ist damit die Chance gegeben, dass befriedende Vermittlung zwischen den Gesichtern der Religion geleistet werden kann. Damit kann eine gesellschaftliche Ordnung, die in Richtung Frieden, Glück und Freiheit wirkt, eher erlangt werden. Und das ist die Hoffnung aller Religion. Die Unterschiede liegen im spezifischen Weg und den spezifischen Ansprüchen an andere und sich selbst.

Und gerade die Vielfältigkeit von religiöser Überzeugung und Praxis macht eine solche Ordnung für jedes dieser Gesichter der Religion nötig und kann im Erfolg der Vermittlung zwischen den Gesichtern abgelesen werden und dient als Vorbild. Wer Verstehen und Verständnis findet, wird näher an seinem privaten Glück und einem tiefen Frieden sein, als wenn er durch Unwissen und Ärger über die unordentliche Vielfalt der Welt sich verloren findet.

Da nach dem Mythos der Jüngling Narzissus an der Schönheit seines eigenen Bildes im Wasser erstarrte und ertrank, sei uns die Warnung gegeben, nicht zu sehr in das Antlitz der Schönheit des eigenen Sinnes zu schauen, denn solange wir nicht erkennen, dass die Liebe der Nymphe Echo, die Liebe eines Anderen, uns befreien und zu Glück und Erfüllung verhelfen kann, werden wir in die Gefahr der Erstarrung geraten können und uns um das Beste bringen, unser eigenes, wahres Selbst, das auch in der Lage ist, andere zu gewahren, zu erkennen, anzunehmen, zu respektieren und zu lieben. Wir können nicht ohne die anderen, die anderen und wir, gehören zusammen. Die Frage ist, welches Verständnis nötig ist, das uns in diesen Frieden setzt, das Andere und das Eigene gleichsam gelten zu lassen.

Wie können wir Menschen also nicht gegeneinander, sondern mindestens nebeneinander leben, ein Nebeneinander, das zu einem Miteinander werden soll und werden will? Ich denke, nur durch ein wechselseitiges Verstehen kann dies möglich sein. Was heißt es also, zu verstehen? Die Antworten werden verschieden ausfallen und die vielen Gesichter der Religion zeigen diese Vielheit an Antworten. Es ist also das Verstehen zu verstehen, dann werden wir verstehen. Und in Frieden miteinander leben können.

Solange wir den Homo sapiens „Mensch“ nennen, werden wir die vielfältigen, religiösen Ausdrucksweisen und Motivationen des Religiösen erfahren können und unser Verständnis des Menschen perspektivisch erweitern. Dies ist Aufgabe und Verantwortung, dies ist Dienst am Menschlichen und Dienst am Frieden und Glück zwischen den Gesichtern der Religion. Wir können damit über uns selbst lernen und sehen eine Menschheit, die eins ist und doch in sich verschiedene Formen und Farben, Inhalte und Herangehensweisen entwickelt hat. Religion ist die Heimat jedes Menschen, in der er seine je eigene Weise über sich und die Wirklichkeit zu lernen anwendet und immer wieder glaubt Sinn für sich zu finden. Das Paradoxon des Lebens – unsere Gleichheit in Verschiedenheit – wird uns leiten und zu einem Verstehen und Verständnis führen, das unserem Frieden und Glück dienen wird.

Den Frieden und das Glück zu erlangen, ist das einigende Thema der Gesichter der Religionen, denn der Mensch will den individuellen Frieden des seelischen Glücks und den gesellschaftlichen Frieden der gerechten Ordnung und daher auch respektvolle kommunikative Beziehungen. Was die Gesichter der Religion voneinander trennt, ist der Weg, wie dieser individuelle und gesellschaftliche Frieden erreicht werden kann.

Wo das Ziel also klar erscheint, trennen noch die Wege die Menschen voneinander, die in den vielen Gesichtern der Religion deutlich werden. Gerade eine Vermittlung der gemeinsamen Zielsetzung, unter Beachtung der unterschiedlichen Methoden und Mittel, der zahlreichen Wege und Herangehensweisen, ist eine Chance für die nächsten Jahrhunderte, dass sich verwirklichen kann, was erkämpft, gewollt, geahnt, erhofft, ersehnt, gedacht, erkannt, erfahren und gelehrt werden will: ein ewiger Frieden auf Erden (und vielleicht einst anderswo in diesem Kosmos).

Es sei also nochmals darauf hingewiesen, dass wir allein durch die Kenntnis der Vielfalt der Perspektiven der Religion, noch nicht die Einigung innerhalb dieser Vielfalt der Gesichter des Religiösen erreicht haben werden. Die Beschreibung eines bunten, aber einigermaßen geordneten Bildes der vorhandenen Auffassungen des Religiösen und der damit einhergehenden, menschlichen Realitäten, von denen wir selber uns nicht wegdenken und freimachen können, wird in diesem Buch versucht werden. Wir sind irgendwo in ihnen zu finden, vielleicht auch ein wenig bei den Nachbarn, oberhalb und unterhalb.

Wer sich diesen Gesichtern und Perspektiven öffnet, kann eher Toleranz erkennen und gleichsam doch deren Grenzen wohl begründen, als jemand, der die Vielfalt der religiösen Wirklichkeiten ignorierte oder der gar nichts davon weiß, gar nichts davon wissen will oder gar nichts davon hält. Allein zu beginnen, dieses Buch zu lesen (und die Bücher im Literaturverzeichnis), damit sei schon Hoffnung gegeben, ein Anfang, der nie endet. Wer es ignorierte, mag sich selbst beschneiden oder aber sich die Gelegenheit und Chance nehmen, hier etwas Neues dazu zu lernen. Wir können nicht stehen bleiben und nichts tun, wir müssen etwas tun, denn wir suchen den Sinn, der uns erfüllt und befriedet. Die Suche nach Sinn ist jedem Menschen gegeben, und sie ist jedem Gesicht der Religion ganz innig und eigen.

Eine globale Welt des Internetzeitalters, der weltweiten Kommunikation und der vielfältigen Möglichkeiten der Begegnung und des Austausches, hat, im Angesicht des Bedarfes an Wissen und Erkenntnis und des Bedürfnisses nach Frieden und Glück, ein Lernen über die vielen Gesichter der Religion dringend nötig. Dass die Notwendigkeiten zu Frieden und Glück, in den verschiedenen Gesichtern der Religion, unterschiedlich bewertet wird, macht ein Wissen über diese verschiedenen Gesichter der Religion damit natürlich nicht obsolet, sondern vielmehr zur Aufgabe einer Vermittlung.

Die hier angebotenen und beobachteten, sowie beobachtbaren Gesichter der Religion, sind weniger eine Typologie, als mehr eine aufsteigende Hierarchie, bei der mit zunehmendem Fortschritt die ethische Reife und Tiefe, Weite und Schlüssigkeit der Argumentation und Darlegung zunehmen und umfassender, tiefgängiger und nachhaltiger werden. Dies ist ethisch daher fortschreitend und aufsteigend zu nennen, da durch ein zunehmendes und vertieftes Verstehen und Verständnis des Menschlichen und der geordneten Vielfalt des allumfassenden Lebenszusammenhangs und der Erkenntnisse der Natur, des Bewusstseins und des Kósmos, eine ethische Komponente hinzukommt, die nicht vernachlässigt werden darf.

Denn wer dieses Dasein mit seiner Vielfältigkeit immer besser versteht und eine Ordnung darin zu erkennen in der Lage ist, wird eher friedlich und glücklich sein und verbleiben und anderen dazu verhelfen können, friedlich und glücklich zu sein, als wenn der vielfältige Lebenszusammenhang als ungeordnetes Chaos und daher als Bedrohung und mit Unsicherheit und Furcht wahrgenommen würde. Wer die vielfältigen Ordnungen der vielen Gesichter der Religion erkennt, wird nicht oder weniger am aufdringlichen Chaos der offensichtlichen Welt verzweifeln, weil er ein orientiertes Bewusstsein besitzt und damit Verstehen kann, was es zu verstehen gibt; was bedeutet, dass er weniger sich gezwungen sieht gegen andere zu agitieren oder gegen sie zu kämpfen. Denn wer von solchem Verstehen durchdrungen ist, ist von Friedfertigkeit durchdrungen. Und das ist Erfahrung und Erkenntnis. Denn die Erfahrung zeigt, dass wer auf seiner Suche ein Verstehen gefunden hat, er innig aufgefordert wird, dieses Verstehen anderen mitzuteilen. Wer dann noch offen bleiben kann für Anderes und Weiteres, das ihm bisher noch entgangen sein kann, wird weiter im Frieden bleiben können, da er auch von anderen wird lernen können und wollen.

Um diese ethisch wirksame und aufsteigende Hierarchie des Menschlichen aber zu begründen, müsste eine ausführlichere Betrachtung an anderer Stelle erfolgen. Entlang des Inhaltsverzeichnisses dieses Buches ist aber, für den Verständigen einigermaßen nachvollziehbar, dass eine aufsteigende Hierarchie des Menschlichen gegeben ist und die ethischen Argumente an Gehalt und Wert fortlaufend zunehmen und gewichtiger werden, da das menschliche Vermögen diese Vielfalt zu erfassen, zu verstehen und sich darin zurecht zu finden, sowie Ordnung und Orientierung zu spenden, ebenfalls zunimmt.

Dies mag im vorliegenden Text für den einen oder anderen noch nicht ganz schlüssig erscheinen, stellt aber einen ersten Vorschlag für eine geordnete Betrachtung der religiösen Sinnsuche und Sinnfindung des Menschen dar, wie sie in der Welt beobachtet werden kann. Wer nachsichtig ist, wird derzeit noch darin vorhandene, etwaige Unstimmigkeiten nicht pauschal verurteilen, sondern sich selbst auf den Weg begeben, sie zu ergänzen und zu korrigieren. Inspiration zum Weiterdenken ist damit allemal gegeben.

Dies bleibt eine Hoffnung, auf dem Weg zu Frieden und Glück, für eine Menschheit, die nicht anders kann, als Sinn zu suchen und Sinn zu finden und sich damit religiös zu äußern und zu verorten. Dass diese Verortung dabei nicht in erster Linie willentlich geschieht, sondern dem sich entfaltenden Bewusstsein geschuldet ist und entspricht und damit keine willentliche Identität spendet, sondern eine Weise des Denkens, Fühlens und Handelns zum Ausdruck bringt, die in der Wirklichkeit vorhanden ist, ist das Merkmal aller in der Natur des Bewusstseins gefundenen Hierarchien, die damit einer Wirklichkeit entsprechen und keiner bloßen Idee, fiktiven Erfindung oder anzuhängenden Ideologie.

Es dürfte damit schon klar geworden sein, dass im Folgenden nicht von Konfessionen oder Religionen im herkömmlichen und tradiert bekannten Sinne zu sprechen sein wird, sondern von Weisen der Sinnsuche und Sinnfindung. Dass damit das Verständnis der Gesichter der Religion auf eine gemeinsame Basis gestellt wird, nämlich auf die des Charakters der Sinnsuche und Sinnfindung, gibt dem Begriff der „Religion“ eine sinnvolle Differenzierung an die Seite und ermöglicht, die uns alle bewegende Suche nach Sinn als das Gemeinsame und Verbindende zu erkennen. Und wer wollte behaupten, dass im Gemeinsamen und Verbindenden keine Basis für gemeinsames Glück und Erfüllung, Anerkennung und Wertschätzung, zu finden sei?

Was zu der weiterführenden Frage führte, wie wir die Schönheit jedes Gesichtes des Menschen erkennen können, ohne uns in die Wertung einer abneigenden Abwehr und der widerständigen Ablehnung zu begeben oder in die der unkritischen Erhöhung oder der blinden Anbetung. Wir sind aufgefordert, zu erkennen, was es zu erkennen gibt, und zu verstehen, was es zu verstehen gibt. Denn Sinn findet sich in der Wahrnehmung von Erkenntnis und im Verstehen des Eigenen, Anderen, Fremden, Ungewohnten und Unbekannten, das bekannt wird, fassbar und nachvollziehbar. Und das sich evolutionär entwickelt.

Dass wir daher allerdings aufgefordert sein werden, uns auch das Hässliche und Widerständige anzuschauen, das Unangenehme und Fremde, das Gewalttätige und Arrogante, sowie das Ungemütliche und so manches Abstrakte, wird uns von Anfang an begleiten. Aber es wird nicht durchgängig so sein, denn wir werden schließlich zu unserem eigenen Gesicht der Religion finden und uns damit gleichsam zu Hause finden und erkennen.

Dass der Mensch schon lange sich ein Zuhause geschaffen hat, schon seit der Zeit, als er sesshaft wurde, zeigt sich auch im Zuhause des eigenen Gesichtes der Religion, im Spiegel seines eigenen seelischen Zimmers. Doch zur Erinnerung: durch den Mythos des Narzissus, sei damit gleichsam eine Mahnung mitgegeben: Wenn wir zu sehr in unser eigenes Gesicht der Religion verliebt sein sollten – egoisch-narzisstisch – werden wir uns nicht mehr erkennen, wenn uns natürlich ein Spiegel gehalten wird, der sich von dem unsrigen unterscheidet. Wir werden nicht erkennen, was wir da tun, wenn wir das Bild im Spiegel anbeten und vergöttern. Wir werden erstarren an unserem vorgestellten Bild. Und wir werden ertrinken im Teich der Ruhe und Stille, wir werden sterben an unserer Unbeweglichkeit.

Die klare Beschreibung dieser Gesichter der Religion, die hier versucht wurde, beschönigt nicht und verurteilt nicht, sondern sucht (auch mit psychologischem Verständnis und charakterlicher Beschreibung) deutlich zu machen, wie das Denken, Fühlen und Handeln eines Gesichtes der Religion zum Ausdruck kommt und wie es zu erkennen ist. Wer offen ist sein Verständnis von Religion, im Sinne der Suche nach und des Findens von Sinn und Bedeutung zu erweitern und zu vertiefen, wird hier Anregungen finden können, die er an der Wirklichkeit erfahrend prüfen wird können. —

Das Manuskript des Buches wurde hauptsächlich zwischen Oktober 2021 und Oktober 2022 geschrieben. Es wurde von Ulrich Mack freundlich gelesen und erhielt so ein paar dankenswerte Anmerkungen, die berücksichtigt wurden.

Die Intention des Buches besteht in der Vermittlung und Aufklärung, es ist ein Vorschlag das Thema „Religion“ etwas entspannter zu sehen, als es in der Moderne stellenweise gesehen wird. Gerade die zu alte Feindschaft zwischen Prä-Moderne und Moderne sollte endlich beendet sein und werden und zu einem neuen Verständnis und Verstehen gelangen.

Konstruktive Kritik ist gerne willkommen. Das Literaturverzeichnis am Ende beinhaltet Werke, die zu empfehlen sind. Ich habe aber darauf verzichtet daraus zu zitieren, sie dienten meiner Orientierung und sind nicht als vollständige Referenzliste zu verstehen.

Thomas Klinger, im Juni 2023

Kapitel 1Der organisierteTerrorismus

Das imperialistische, nekrotische Feinddenken, ist die augenscheinliche Gefahr für die freie Welt und die offene Gesellschaft. Religion ist für dieses Gesicht ein heiliger Krieg. Wer seinerseits den Begriff „Religion“ nur als Feindbild benutzt, hat vielleicht nur dieses Gesicht der Religion im Sinn. Und sät, unter Umständen, langfristig, denselben Samen.

Der Terrorismus ist immer gewalttätig. Und der religiöse Terrorismus hat immer ein Ziel, das nach der Zerstörung des Anderen, des Fremden und des Feindes trachtet, die er zuvor ausgemacht und definiert, sich erwählt und ausgespäht hatte und die als „Ungläubige“, „Abweichler“, „Dissidenten“ und „Verräter“ aus seinem kognitiven Konstrukt der Negativität erwachsen sind.

Es ist das Übermorgen, das er anstrebt, und das Morgen und Heute dient dem Kampf, dem Krieg und der Vernichtung. Es werden Eroberungsfeldzüge geführt und in befriedeten Ländern Angriffe und Anschläge inszeniert und verübt, um die Zerstörung auch taktisch auszudehnen und das Chaos des Krieges, in dem es sich selbst befindet, zu intensivieren und zu erhöhen. Durch die Gewalt wird ein Gehorsam und eine Unterdrückung des Anderen und Fremden erzwungen und gefordert, es sei denn, die „Ungläubigen“ würden sich freiwillig zum kognitiven Konstrukt der angenommenen Positivität der, sich selbst als religiös verstehenden, Terroristen bekennen und zu „Gläubigen“, „Gehorsamen“ und „Angepassten“ werden.

Die Feinde, die sich nicht belehren lassen wollen, werden vernichtet oder vertrieben oder in einen Krieg hinein gezwungen und von den religiösen Terroristen durch ihren spezifischen Terror auf ihre Ebene der Gewalt und des Hasses hinunter gezwungen und durch Demütigung und Erniedrigung zum Krieg und Gegenkrieg provoziert. Die Projektionen der Schuld, auf diese eingebildeten Feinde, sind das Feuer, das sich selbst entfacht, immer wieder, bis zur Vernichtung und zum Suizid.

Adolf Hitler wurde hier zum Terrorführer, der es erreichte, bei seinen fanatischen Anhängern schon zu Lebzeiten einen quasi-religiösen Status als Gott zu erlangen. Er wurde als der Heilsbringer gehandelt, der für die Deutschen, die an ihn glaubten, ein neues Zeitalter versprach, das tausendjährige Reich. Der Preis des erhofften Wohlstandes erzwang sich über die Eroberung und den Krieg und über die Unterwerfung der angeblich minderwertigen, anderen Völker und „Rassen“. Die Reden Hitlers erschienen dem großen Teil des deutschen Volkes als eine Offenbarung, obwohl (und vielleicht weil) sie von harter, aggressiver und rigoroser Rede, von Drohungen und Kampfgebärden, durchzogen waren.

In den Anfängen formierte Hitler handelnde Gruppen (die SA und die SS), die den Terror in die Bevölkerung hinein trugen, um dort, sowohl durch Einschüchterung, als auch durch seine verbale Gewalt unterstützt und durch die Anwesenheit dieser gewaltbereiten Gruppen, Zwang zu erzeugen und das terroristische Argument der Erpressung durch Gewalt ins Spiel zu bringen. Offene und plakative Gewalt, gepaart zunächst mit der Wiederholung verbaler Drohungen, ist das Kennzeichen dieses Gesichtes der Religion, die durch diese Einschüchterungen in die Wege geleitet wurde und in die Vernichtung von Minderheiten und selbst definierten Feinden führte.

Wo Hitler einen gewaltbereiten Tenor erzeugte, zog er all jene an, die in der Gewalt Größe und Stärke erblickten, die ein großes Mundwerk als beeindruckend empfanden und die in der Pose dieser kruden Stärke für sich selbst einen Trost und eine Befreiung verspürten. Dies entlastete sie quasi vom Druck zu leben und enthob sie der Agonie des Lebensleidens, das durch ein psychisches Erhoben-Sein durch die „phantastischen“ und phantasierten Reden der Führergestalt, aus der Kleinheit und Verworfenheit heraus, bewirkt wurde. Hitler inszenierte sich als Alleinherrscher und installierte sich politisch als Diktator und Führer seiner Nation. Daraus ergab sich ein unbedingter Gehorsam gegenüber diesem Alleinherrschaftsanspruch, und die hierarchisch sich ordnende Gesellschaft diente allein und bedingungslos diesem Führerwillen.

Die Geschichte zeigt, was daraus geworden ist. Und wo wir aufgeklärt und vertrauensvoll dem geschichtlichen Narrativ zuhören, können wir über diese erste offenkundig gewalttätige, religiöse Haltung, auch etwas über den Alleinherrschaftsanspruch der monotheistischen Religionen lernen, der besonders im Christentum des Mittelalters seinen organisierten, inquisitorischen Terror und im terroristischen Islamismus der heutigen Zeit, sein Pendant vorfindet.

Wo immer eine fundamentalistische Verabsolutierung der eigenen Religion und Überzeugung stattfindet und gleichzeitig Abweichler als „Feinde“ und „Ungläubige“ gebrandmarkt und bekämpft werden, ist der Weg in den organisierten Terrorismus nicht weit und stellt bereits einen Terrorismus dar, der stets verbal beginnt, wenn ihm nicht früh genug entschiedener Gegenwind begegnet, der stark genug ist seiner verbalen Gewalt zum Opfer zu fallen.

Der Weg, der hierbei von den späteren Terroristen gesellschaftlich eingeschlagen wird, ist zunächst 1. die dekonstruktive und destruktive Kritik an der geltenden Macht, unter Hinzunahme politischer Hetze und irrationaler Beschuldigung, bewusster oder unbewusster Lüge und persönlicher Denunziation; 2. das Versprechen besserer Zustände, gepaart mit Größenaussagen, Heilsversprechen und Hinweisen der Notwendigkeit Veränderungen herbei zu reden; 3. die allmähliche Einführung von Vorschriften und Gesetzen, die vor allem Verbote und harte Strafen (wie Todesstrafen) vorsehen; 4. die Durchsetzung der rigorosen Gesetze und Einschüchterung, Unterdrückung, Ächtung und Tötung von Abweichlern und Kritikern und 5. die Etablierung eines gesellschaftlichen Übereinkommens für einen heiligen Krieg zur Erreichung der Forderung nach dem Paradies und den besseren Lebensumständen durch Ausmerzung allen selbst ernannten Bösen, Fremden und Anderen.