Die Wahrheit hat viele Gesichter - Patricia Vandenberg - E-Book

Die Wahrheit hat viele Gesichter E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Dr. Norden – Unveröffentlichte Romane Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. Professor Hallström war dafür bekannt, daß er immer sehr sachlich und reserviert blieb, wenn er neue Mitarbeiter begrüßte. Die ihn so kannten, wären sehr verwundert gewesen, hätten sie ihn jetzt gehört, als er die junge Ärztin Dr. Paula Fredell willkommen hieß. Seine Stimme klang warm und herzlich, und seine Augen hatten einen ganz besonderen Ausdruck, als er Paula betrachtete. Sie traf ihn erst zum zweiten Mal und wußte nicht, wie man ihn sonst einschätzte. Ihr war er sympathisch, und die Freude auf die Zusammenarbeit war ihr anzusehen. »Ich möchte Ihnen auch sagen, daß mit Ihnen erstmals eine Frau die Leitung der Chirurgie übernimmt«, fuhr Professor Hallström nach einer kurzen Gedankenpause fort. »Sie werden sich bestimmt mit den männlichen Kollegen arrangieren.« »Ich hoffe, daß die Kollegen mich akzeptieren«, sagte Paula. »Ihnen bin ich sehr dankbar für Ihr Vertrauen, Herr Professor.« »Sie haben immerhin Erstaunliches zu bieten. Mit knapp fünfundzwanzig Jahren Ihren Doktor cum laude, und jetzt mit knapp dreißig Jahren bereits erfolgreiche Chirurgin, mir ist noch kein Kollege begegnet, der das geschafft hätte. Ich möchte Sie jetzt gern mit den anwesenden Kollegen und dem Pflegepersonal bekannt machen.« »Gern, ich hoffe, daß ich willkommen bin.« Eine kurze Befangenheit hatte sich schnell verflüchtigt. Sie war selbstbewußt und ohne Vorurteile, aber auch vorsichtig in persönlichen Kontakten. »Ich sollte Sie noch fragen, ob wir Ihnen bei der Wohnungssuche behilflich sein können.« Arne Hallström sah sie fragend an.

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Dr. Norden – Unveröffentlichte Romane – 29 –

Die Wahrheit hat viele Gesichter

Patricia Vandenberg

Professor Hallström war dafür bekannt, daß er immer sehr sachlich und reserviert blieb, wenn er neue Mitarbeiter begrüßte. Die ihn so kannten, wären sehr verwundert gewesen, hätten sie ihn jetzt gehört, als er die junge Ärztin Dr. Paula Fredell willkommen hieß. Seine Stimme klang warm und herzlich, und seine Augen hatten einen ganz besonderen Ausdruck, als er Paula betrachtete. Sie traf ihn erst zum zweiten Mal und wußte nicht, wie man ihn sonst einschätzte. Ihr war er sympathisch, und die Freude auf die Zusammenarbeit war ihr anzusehen.

»Ich möchte Ihnen auch sagen, daß mit Ihnen erstmals eine Frau die Leitung der Chirurgie übernimmt«, fuhr Professor Hallström nach einer kurzen Gedankenpause fort. »Sie werden sich bestimmt mit den männlichen Kollegen arrangieren.«

»Ich hoffe, daß die Kollegen mich akzeptieren«, sagte Paula. »Ihnen bin ich sehr dankbar für Ihr Vertrauen, Herr Professor.«

»Sie haben immerhin Erstaunliches zu bieten. Mit knapp fünfundzwanzig Jahren Ihren Doktor cum laude, und jetzt mit knapp dreißig Jahren bereits erfolgreiche Chirurgin, mir ist noch kein Kollege begegnet, der das geschafft hätte. Ich möchte Sie jetzt gern mit den anwesenden Kollegen und dem Pflegepersonal bekannt machen.«

»Gern, ich hoffe, daß ich willkommen bin.« Eine kurze Befangenheit hatte sich schnell verflüchtigt. Sie war selbstbewußt und ohne Vorurteile, aber auch vorsichtig in persönlichen Kontakten.

»Ich sollte Sie noch fragen, ob wir Ihnen bei der Wohnungssuche behilflich sein können.« Arne Hallström sah sie fragend an.

»Vielen Dank, aber dafür haben schon gute Freunde gesorgt. Wie Sie wissen, hatte ich mehrere Angebote. Ich war festentschlossen, in München zu bleiben.«

»Dann kann ich mich um so mehr freuen, daß Sie sich für unsere Klinik entschieden haben.«

Er begleitete sie zum Ärztezimmer, und auch darüber war man erstaunt. Paula wurde teils skeptisch, teils bewundernd gemustert. Das gab es ja wirklich höchst selten, daß eine so attraktive Frau in einer so verantwortungsvollen Position Anerkennung fand, noch dazu in so jungen Jahren. Dazu hatte Paula eine so gewinnende Art, daß keine Gehässigkeit aufkommen konnte. Die zwei anwesenden Assistenzärzte, die ein paar Jahre älter als Paula waren, schienen zu überlegen, wie man bei ihr Eindruck schinden könnte. Sie bemühten sich sehr, sich von ihrer liebenswürdigsten Seite zu zeigen. Die Schwestern waren wohl eher geneigt, irgendein Härchen zu finden, das den Gesamt­eindruck störte, aber sie mußten später eingestehen, daß Paula Fredell eine tolle Frau sei. Man wolle abwarten, ob sie wirklich eine so gute Ärztin wäre, wie geredet wurde.

Drei Tage blieben Paula, bis sie ihren Posten in der Klinik übernehmen konnte. Professor Hallström wartete schon ungeduldig auf diesen Tag, denn Paulas Vorgänger fehlte schon seit Wochen. Er war durch das Parkinson Syndrom behindert, was er aber lange nicht wahrnehmen wollte, bis es dann zu einem Kunstfehler hätte kommen können, wenn Professor Hallström nicht wachsam gewesen wäre. Darüber wurde jedoch an diesem Tag nicht gesprochen.

Während Arne Hallström überlegte, wer wohl die guten Freunde von Paula sein mochten, war sie schon auf dem Weg zu Fee Norden, um ihr von dem Gespräch mit Hallström zu berichten. Das Verbindungsglied zu Fee und Daniel Norden war Dr. Johannes Cornelius.

Er war nicht nur ihr Taufpate, er war auch ihr Vorbild und Mentor. Sein Wirken als Arzt hatte ihren Weg bestimmt, wenn sie auch den anderen Weg zur Chirurgie eingeschlagen hatte. Für Johannes Cornelius war die Psyche des Patienten am wichtigsten. Paula wollte die organische Ursache eines Leidens ergründen.

Sie war oft gefragt worden, ob sie sich der riesigen Verantwortung gewachsen fühle, denn manchmal wäre ein kleiner Fehler entscheidend über Leben und Tod.

Viele Menschen würden sterben, wenn es keine Ärzte gäbe, die sich dieser Verantwortung bewußt wären, war ihre Antwort gewesen. Dr. Cornelius hatte gesagt, daß es Ärzte geben müsse für das Seelenleben und andere für den menschlichen Körper, aber beides müsse auch in Einklang gebracht werden.

Fee Norden hatte sich erst an den Gedanken gewöhnen müssen, daß dieses zerbrechlich wirkende Mädchen diese Entscheidung getroffen hatte. Der Anlaß war allerdings verständlich, denn Paulas Mutter war an Krebs erkrankt und innerhalb weniger Monate gestorben, aber der Vater hatte es nicht mal fertiggebracht, wenigstens diese Monate bei ihnen zu bleiben. Er hatte das Weite gesucht, wie auch die zwei Jahre ältere Schwester Carla, die gerade eine erste kleine Filmrolle bekommen hatte. Von beiden hatte Paula dann lange nichts mehr gehört, denn zu holen gab es nichts mehr, und Paula hatte ein Stipendium in München bekommen.

Fürsprache hatte Paula nicht gebraucht, obgleich sich Dr. Cornelius und auch Daniel und Fee Norden für sie eingesetzt hätten. Aber sie hatte gelernt, sich durchzusetzen, hatte Mut und Kraft und den ungeheuren Ehrgeiz, besser zu sein als die anderen. Sie verzweifelte nicht, für sie gab es nur das Studium. Sie gönnte sich wenig Ablenkung. Die einzigen Kontakte, die sie pflegte, waren die zu Dr. Cornelius und seiner Familie, zu der ja auch Fee und Daniel und ihre Kinder gehörten.

Sie wurde von Fee empfangen, die schon voller Ungeduld auf sie gewartet hatte.

»Ich brauche dich wohl gar nicht erst zu fragen, ob es mit der Stellung klappt«, sagte Fee lächelnd, »man sieht es dir an.«

»Es war ein gutes Gespräch. Professor Hallström war sehr freundlich. Ich hatte soviel Entgegenkommen gar nicht erwartet.«

Fee war auch erstaunt. »Man sagt ihm nach, daß er sehr reserviert ist«, bemerkte sie.

»Davon war nichts zu merken. Er ist sehr sympathisch. Ich dachte nur, daß er älter wäre.«

»Mitte Vierzig wird er schon sein. Die Klinik hat er von seiner Tante übernommen, die die Witwe des Bruders seines Vaters war.«

»Das muß ich erst einordnen«, sagte Paula mit einem leisen Lachen. »Mit den Verwandtschaftsverhältnissen hatte ich schon immer Schwierigkeiten.«

»Hast du außer deinem Vater und deiner Schwester eigentlich gar keine Verwandten mehr?«

»Wenn welche vorhanden sind, habe ich sie nicht kennengelernt. An Mamas Eltern habe ich noch eine vage Erinnerung, sie sind bei dem Lawinenunglück ums Leben gekommen. Deshalb hatte sich ja dein Vater meiner angenommen.«

Fee kämpfte mit sich, denn sie wußte, daß es heikel war, Paula auf ihren Vater anzusprechen, aber sie fragte dann doch stockend, ob sein Aufenthaltsort nicht festgestellt worden wäre.

»Er galt als verschollen, vielleicht hatte er auch eine andere Identität angenommen. Ich will damit nichts zu tun haben, das kannst du doch verstehen, Fee?«

Fee nickte. Sie wechselte auch das Thema und erwähnte Paulas Schwester Carla nicht. Anneka und die Zwillinge kamen. Paula hatte Anneka zuletzt gesehen, als sie ein Baby war. Nun waren die Zwillinge schon fünf und dazu sehr wissensdurstig. Ob Paula auch eine Praxis hätte, fragten sie, und dann wollten sie genau informiert werden, was sie in der Klinik alles machen mußte.

Paula war nicht gewöhnt, mit Kindern umzugehen, aber sie staunte doch, daß die Kleinen alles zu verstehen schienen, was sie sagte.

»Das ist ja wie bei Tante Jenny«, meinte Jan, »warum bist du nicht zur Behnisch-Klinik gegangen, Paula?«

Es war ihnen auch selbstverständlich, alle, die von den Eltern geduzt wurden, auch gleich zu duzen, aber das gefiel Paula.

Sie erklärte den Kindern, daß sie sich auf eine Annonce beworben hätte, weil sie lieber an einer kleineren Klinik arbeiten wolle.

»Die Behnisch-Klinik ist auch nicht groß, und Tante Jenny ist sehr nett«, erklärte Désiree.

»Dr. Graef auch«, fügte Anneka gleich hinzu.

»Wenn es Paula an der Hallström-Klinik nicht gefällt, kann sie ja wechseln«, warf Fee ein. »Und jetzt möchten wir uns noch allein unterhalten.«

Die beiden verabschiedeten sich ohne Widerspruch, und Dési sagte mit ihrem schelmischen Lächeln: »Auf bald, Paula.«

»Sie sind reizend«, sagte Paula zu Fee. »Mir wird jetzt erst bewußt, wie lange wir uns nicht gesehen haben. Daß Danny Medizin studiert, weiß ich von Hannes und Anne. Was macht Felix?«

»Er bereitet sich auf’s Abi vor und lernt fleißig. Er hätte nur früher damit anfangen müssen«, stellte Fee fest.

»Du nimmst es aber doch gelassen.«

»Wozu sollte ich mich aufregen? Jeder geht letztlich seinen Weg, wenn die Zeit gekommen ist. Felix weiß noch nicht, was er mal werden will, bei Danny war es längst klar.«

»Wie bei Mario. Ich finde es großartig, wie Hannes und Anne ihn erzogen haben.«

»Er hat ihnen nie Sorgen bereitet, und für ihn war es ein Glück, solche Eltern zu bekommen. Er kannte es nicht anders, und Paps war immer sein Vorbild.«

»Wie er auch mein Vorbild war und ist. Ich werde nie vergessen, was ich ihm zu verdanken habe. Du kannst dich glücklich schätzen, diesen Vater zu haben, Fee. Er hat schon vielen geholfen. Er ist ein wundervoller Mensch.«

»Es ist seltsam, wie unser und dein Leben miteinander verknüpft sind«, sagte Fee gedankenvoll. »Deine Großeltern starben durch die Lawine, wie Annes Mann, und so lernten wir dich kennen.«

»Und Hannes hat mir den Weg geebnet. Wer weiß, was sonst mit mir geschehen wäre. Ich kann es ihm wirklich nicht genug danken.«

»Das hast du doch schon, indem du eine so tüchtige Ärztin geworden bist.«

»Das war mein einziger Wunsch, mögen das andere auch als karrieresüchtig bezeichnen. Aber darum ging es mir nicht, ich will einfach nur eine gute Ärztin sein, wie Johannes, Daniel und du. Du bist dazu auch noch eine vorbildliche Mutter geworden.«

»Möchtest du auch mal Kinder haben, Paula?«

»Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Mir ist noch kein Mann begegnet, mit dem ich das Leben verbringen würde. Heute, als Anneka und die Zwillinge vor mir standen, habe ich eigentlich zum ersten Mal gedacht, daß es schön sein müßte, solche Kinder zu haben, aber weiß man denn, wie sie geraten? Mich verbindet nichts mit Carla, das ist doch traurig.«

»Ihr seid halt unterschiedliche Wege gegangen.«

»Die nur auseinanderführten, aber es scheint unabänderlich zu sein. – Gibt es das eigentlich oft, Fee?«

»So traurig es auch sein mag, manchmal bringen sie sich innerhalb einer Familie sogar gegenseitig um. Männer ihre Frauen oder auch Kinder, und es gibt auch Mütter, die ihre Kinder töten, weil sie ihnen im Wege sind. Und herzlose Menschen reißen Familien ins Unglück, weil sie ihnen ihre Kinder nehmen, auf welche Weise auch immer. Aber wir sollten unser Wiedersehen nicht mit einem so traurigen Epilog beschließen. Ich glaube, jetzt kommt Daniel.«

Er kam, und das war gut so, denn nun gab es ein ganz anderes Gespräch zwischen ihm und Paula, bei dem Fee nur Zuhörerin war, denn es ging um Krankheiten und auch um Professor Hallström. Daniel war sichtlich überrascht, daß Paula ihn so sympathisch schilderte.

»Man sagt ihm nach, daß er äußerst kühl und reserviert sei«, bemerkte er.

Darauf meinte Paula, daß sie anderer Meinung sei.

»Du hattest wohl etwas anderes erwartet, mein Schatz«, meinte Fee, als sie später mit ihrem Mann allein war. »Paula scheint von Hallström ziemlich beeindruckt zu sein.«

»Er von ihr vielleicht auch«, sagte Daniel nachdenklich, »aber wichtig ist ja nur, daß sie die richtige Wahl getroffen hat mit dieser Klinik.«

»Die Kinder meinten, daß sie auch an die Behnisch-Klinik hätte gehen können.«

Daniel schüttelte den Kopf. »Es geht selten gut, wenn zwei starke Frauen aufeinandertreffen, aber in diesem Fall könnte Jenny Komplexe kriegen und um ihre gute Zusammenarbeit mit Michael bangen.«

Fee warf ihm einen Seitenblick zu. »Paula ist nicht interessiert, Kollegen den Kopf zu verdrehen, falls du das meinst.«

»Es wird nicht an ihr liegen, Fee. Ich denke, man wird sie respektieren.«

»Ich hoffe, daß sie keine Schwierigkeiten bekommt in dieser Männergesellschaft. Sie ist die einzige Ärztin in der Hallström-Klinik.«

Daniel lachte leise. »Du hast dich doch auch durchgesetzt, Feelein. Hast du das vergessen?«

»Die kurze Zeit, in der ich mein Praktikum machte, da hat mich doch keiner ernstgenommen.«

»Ich habe jedenfalls nicht vergessen, wie umschwärmt du warst.«

»Unsinn«, winkte sie ab.

»Vielleicht wolltest du mich auch bloß eifersüchtig machen«, scherzte er.

»Kann schon sein«, gab Fee lachend zurück.

Einige Minuten gaben sie sich ihren Erinnerungen hin, aber dann fing Daniel wieder von Paula an.

»Weißt du eigentlich, was zwischen ihr und ihrer Schwester vorgefallen ist?« fragte er.

»Paula hat nicht darüber gesprochen. Ich denke, sie waren zu verschieden, und Carla wollte im Showgeschäft Karriere machen.«

»Hat sie das?«

»Ich weiß es nicht, ihr Name ist mir nie untergekommen in Illustrierten. Allerdings habe ich auch nicht danach gesucht. Ich glaube, sie ist irgendwo im Ausland.«

»Wenn sie und auch Paulas Vater tot wären, hätte Paula es bestimmt erfahren. So fatal es auch ist, nach Angehörigen von Toten wird intensiv gesucht.«

»Ich weiß, es soll ja jemand für die entstehenden Kosten aufkommen«, sagte Fee ironisch, »und für etwaige Schulden.«

»Oder es gibt etwas zu erben. Stell dir mal vor, Fredell ist in der Ferne zu einem reichen Mann geworden und stirbt als solcher, da würde Carla doch auf der Matte stehen…«

»Laß uns über solche Möglichkeiten lieber nicht sprechen, Daniel. Für Paula war es schlimm genug, mit den Gegebenheiten fertigzuwerden. Interessieren würde es mich allerdings, ob Carla Kontakt zu ihrem Vater hatte.«

Dann wurde ihr Gespräch unterbrochen, denn Anne rief an. Sie erzählte, daß sie gerade mit Paula telefoniert und erfahren hätten, daß sie eine Stellung in München bekommen hätte und froh darüber wären.

»Es ist eine gute Klinik«, erklärte Fee, »und wir hoffen, daß wir uns jetzt öfter sehen werden.«

»Darüber würde Hannes sich auch freuen. Ihr wißt ja, wie ungern er telefoniert. Er war grad vor dem Fernseher wieder eingeschlafen, als Paula anrief. Ich habe euch hoffentlich nicht gestört, Fee?«

»Keine Sorge, wir haben uns auch über Paula unterhalten. So früh gehen wir nicht zu Bett.«

Sie sprachen noch über die Kinder, und da gab es doch immer etwas zu erzählen. Fee wußte nur zu gut, wie gern Anne und Hannes die Kinder öfter sehen würden, und das sagte Daniel dann auch.

»Es wird doch hoffentlich eine Erleichterung für Paps sein, wenn Mario ihm zur Seite steht«, meinte Daniel.

»Wir dürfen nicht vergessen, daß die Jahre nicht spurlos an ihm vorübergehen, und er hat seine eigenen Vorstellungen. Mario ist jung und könnte manches anders machen, als Paps es sich vorstellt.« Fee seufzte, denn darüber machte sie sich ernsthaft Gedanken. Sie kannte ihren Vater am besten und wußte, daß er lieber Daniel als Nachfolger hätte, weil Mario ihm doch noch zu jung und unerfahren war, gerade erst fertig mit dem Studium. Aber das Thema war zwischen ihr und Daniel tabu, denn er wollte seine Praxis nicht missen und die Kinder konnten sich gar nicht vorstellen, ständig auf der Insel zu leben.