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Eigentlich könnte sie mit ihrer Schönheit jeden Mann um den Finger wickeln, doch Susanne von Barkau stößt jeden Bewerber, der auch nur das geringste Interesse an ihr zeigt, vor den Kopf. Ihre Mission ist die Gleichberechtigung - im Beruf, im Alltag und in der Liebe. Bereit, Kompromisse zu schließen, ist sie nicht. Lieber bleibt sie allein, als "nur die unbedeutende Frau" an der Seite eines Mannes zu sein.
Ich bin zu beneiden, versucht sie sich einzureden, ich kann tun und lassen, was ich will. Ich verdiene mein eigenes Geld und bin niemandem Rechenschaft schuldig.
Wie kommt es dann nur, dass sie sich seit einiger Zeit immer einsam fühlt? Und dann ist eines Morgens da der Gedanke, dass Arbeit vielleicht kein Ersatz für Liebe und Glück ist ...
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Seitenzahl: 141
Cover
Eine emanzipierte Frau
Vorschau
Impressum
Eine emanzipierte Frau
Verzichtet sie auf Liebe und Geborgenheit?
Eigentlich könnte sie mit ihrer Schönheit jeden Mann um den Finger wickeln, doch Susanne von Barkau stößt jeden Bewerber, der auch nur das geringste Interesse an ihr zeigt, vor den Kopf. Ihre Mission ist die Gleichberechtigung – im Beruf, im Alltag und in der Liebe. Bereit, Kompromisse zu schließen, ist sie nicht. Lieber bleibt sie allein, als »nur die unbedeutende Frau« an der Seite eines Mannes zu sein.
Ich bin zu beneiden, versucht sie sich einzureden, ich kann tun und lassen, was ich will. Ich verdiene mein eigenes Geld und bin niemandem Rechenschaft schuldig.
Wie kommt es dann nur, dass sie sich seit einiger Zeit immer einsam fühlt? Und dann ist eines Morgens da der Gedanke, dass Arbeit vielleicht kein Ersatz für Liebe und Glück ist ...
»Mach nicht so ein enttäuschtes Gesicht«, bat Brigitte Kramer schmunzelnd, als Ingeborg von Barkau ihr die Wohnungstür öffnete. »Hattest du Susanne erwartet?«
»Ja«, bekannte Frau von Barkau. »Komm herein, Brigitte. Nett, dass du dich bei mir sehen lässt. Ich wollte mir gerade eine Tasse Kaffee aufgießen.«
»Das habe ich wohl geahnt«, meinte die etwas rundliche Frau lächelnd. »Will dein Fräulein Tochter dir heute wieder einmal die Ehre geben?«
»Sie hat gestern angerufen«, erwiderte Frau Ingeborg seufzend. »Sie führt ein schreckliches Leben, finde ich.«
»Ansichtssache«, verteidigte Brigitte Kramer das junge Mädchen. »Ich beneide Susanne um ihren Job. Sie langweilt sich nie. Das möchte ich wetten!«
»Sie ist heute hier und morgen dort. Aber man sieht es ihr auch an. Sie ist blass, schmal und nervös.«
Brigitte Kramer folgte ihrer Freundin in die Küche und lachte.
»Nun übertreibst du aber, Ingeborg. Susanne fühlt sich in ihrem Beruf wohl. Sie will es gar nicht anders haben.«
Frau Ingeborg stellte den Wasserkessel auf den Herd.
»Bei dem unsteten Leben kann sich ein Mensch doch nicht wohlfühlen«, widersprach sie traurig. »Der Mensch braucht Regelmäßigkeit.«
»Du brauchst sie, aber nicht alle Menschen.«
»Würde es dir denn gefallen, wochenlang in der Weltgeschichte herumzureisen und fremde Menschen zu interviewen?«
»Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht. Ich bin ein bisschen wie du, eine geborene Glucke. Dabei siehst du eigentlich gar nicht so aus«, stellte sie fest und betrachtete anerkennend Frau Ingeborgs tadellose Figur. »Wie machst du es nur, so schlank zu bleiben?«, fragte sie ein wenig neidisch. »Dabei weiß ich, dass du gern ein Stück Kuchen isst.«
»Ich habe Glück, dass bei mir nicht alles gleich ansetzt.« Frau Ingeborg wusste, dass sie noch sehr gut aussah, aber sie wollte sich nichts darauf einbilden. »Ich habe Zeit, mich zu pflegen«, sagte sie und schüttete das Kaffeepulver in die Filtertüte. »Ich habe den ganzen Tag nichts zu tun.«
»Beneidenswert.« Brigitte Kramer seufzte. »Eigentlich hast du Glück gehabt im Leben. Dein Mann ist zwar früh gestorben, aber er hat dich gut versorgt zurückgelassen. Und du hast eine wohlgeratene Tochter.«
Das Wasser kochte. Ingeborg goss es in den Filter. Ein aromatischer Duft breitete sich in der Küche aus.
»Nimmst du etwas Gebäck dazu?« Ohne Brigittes Antwort abzuwarten, stellte Ingeborg eine Keksdose auf den Tisch.
»Führe mich nur nicht in Versuchung«, murmelte ihre Freundin und schob sich einen Keks in den Mund. »Süßigkeiten gehen bei mir sofort auf die Hüften. Trotzdem kann ich einfach nicht widerstehen. Nimm nur die Keksdose wieder weg.«
Ingeborg von Barkau war in Gedanken versunken, und dabei lag ein sehr ernster Ausdruck auf ihrem Gesicht.
»Die Kinder sind noch in der Schule«, erzählte Brigitte. »Man hat eigentlich gar nichts mehr von seinen Kindern. Kommen sie nach Hause, stürzen sie sich auf das Essen und zerstreuen sich dann in alle Winde.«
»Und doch ist es die schönste Zeit im Leben«, sagte Ingeborg. »Man wird gebraucht.«
»Man wird missbraucht und ausgenutzt. Meinst du, die Kinder sagen auch nur ein einziges Mal Danke? Oder es hat uns geschmeckt? Sie denken gar nicht daran.«
»Wir waren auch nicht anders«, warf Ingeborg ein.
»Vielleicht hast du recht. Und wenn mein Mann nach Hause kommt, ist er abgearbeitet und mürrisch. Er will nur sein Bier und seine Ruhe haben. Man hätte niemals heiraten sollen. Also, wäre ich noch mal jung ...«
»Wo Susanne nur so lange bleibt?«, murmelte Ingeborg von Barkau. Sie hatte der Freundin gar nicht mehr zugehört, denn das Lied kannte sie allmählich zum Mitsingen genau.
»Deine Tochter wird schon kommen. Ich möchte wetten, du siehst sie schon als Unfallopfer im Operationssaal liegen.«
»Susanne fährt viele Hundert Kilometer, und oft genug ist sie abgespannt und müde. Warum macht sie das nur? Sie könnte als Sekretärin arbeiten, dann würde sie auch gut verdienen und hätte ein ruhiges Leben.«
»Sie wird schon wissen, was sie will. Susanne kommt herum. Und was für interessante Menschen sie kennenlernt!«
Ingeborg warf ihrer Freundin einen fragenden Blick zu. So wie Brigitte »Menschen« gesagt hatte, konnte sie nur Männer meinen.
»Ich habe sie nicht so erzogen.«
»Sie werden heute nicht mehr von ihren Eltern erzogen. Die jungen Dinger wissen bestimmt mehr über Männer als wir alte Ehefrauen. Was für Erfahrungen hatten wir denn schon, als wir heirateten?«
Ingeborg von Barkau hatte keine Erfahrungen gehabt. Sie war noch sehr jung gewesen, als Walter von Barkau sie geheiratet hatte. Viel zu jung. Mit ihrer heutigen Erfahrung hätte sie ihn nie genommen. Aber damals erschien ihr der reife Mann als Inbegriff der Sicherheit.
»Ich war schön dumm, als ich heiratete«, fuhr Brigitte fort. »Du, halte ich dich auch nicht auf?«
»Nein, überhaupt nicht. Bleibe nur, wenn du kannst. Ich freue mich immer, wenn mal jemand zu mir kommt. Sonst sitze ich hier den ganzen Tag allein herum. Man kann nicht immerzu putzen, nicht wahr?«
»Bei dir wird ja auch nichts schmutzig. Du, das wird Susanne sein«, vermutete Brigitte, als das Telefon klingelte. »Ihr ist bestimmt wieder etwas dazwischengekommen.«
Frau Ingeborg lief hinaus und nahm hastig den Hörer ab.
»Susanne ist aufgehalten worden.«, erzählte sie, als sie nach dem kurzen Gespräch zurückkehrte. »Sie kommt erst morgen. Morgen Abend.« Frau Ingeborg setzte sich an den Tisch. »Sie war sehr in Eile.«
»Ferngespräche kosten viel Geld.«
»Ja.« Ingeborg von Barkau schaute vor sich hin. »Wie oft hat sie schon im letzten Augenblick abgesagt. Und wenn sie kommt, dann plant sie schon ihre nächste Reportage. Sie ist furchtbar ehrgeizig.«
Sie hatte sich so sehr auf das Wiedersehen gefreut. Dabei müsste ich mich an solche Enttäuschungen allmählich gewöhnt haben, dachte die Mutter.
»Mein Leben ist eigentlich ziemlich sinnlos«, sagte sie aus ihren Gedanken heraus. »Niemand braucht mich. Susanne könnte hier ebenso gut im Hotel leben wie in anderen Städten.«
»Du müsstest mehr aus deinem Leben machen. Verreise doch einmal.«
»Wenn ich woanders bin, sehne ich mich bald wieder nach Hause zurück. Woanders ist es auch nicht schöner als hier. Und allein ist man überall.«
»Hast du denn niemals daran gedacht, es noch einmal zu versuchen?«, fragte Brigitte.
»Noch einmal heiraten?« Frau Ingeborg lachte kurz auf. »Niemals wieder. So dumm ist man nur einmal im Leben.«
»Und die einzige Entschuldigung dafür ist unsere Jugend«, stimmte Brigitte ihr zu. »Ich muss jetzt gehen. Wenn meine Familie kommt, soll das Essen auf dem Tisch stehen. Die Herrschaften lieben es nicht zu warten. Nur mich lassen sie oft genug warten. Vielen Dank für alles, Ingeborg. Lass dich doch mal bei mir sehen.«
Ingeborg von Barkau brachte die Freundin zur Tür, verabschiedete sich von ihr und ging dann in die Küche. Soll ich die beiden Teller und die Tassen abwaschen?, fragte sie sich. Es lohnt sich eigentlich gar nicht.
Sie tat es doch. Dann habe ich wenigstens etwas zu tun, dachte sie dabei.
♥♥♥
»Tag, Mutti.« Am nächsten Abend nahm Susanne von Barkau ihre Mutter in den Arm und gab ihr einen Kuss auf jede Wange. »Schön, mal wieder zu Hause zu sein. Wie geht es dir? Du siehst prächtig aus«, fuhr sie fort, ohne der Mutter Gelegenheit zu geben, ihre Frage zu beantworten.
»Du siehst ziemlich müde aus«, stellte ihre Mutter in strengem Tonfall fest. »Warum hetzt du dich so ab?«
»Weil es anders nicht geht, Frau von Barkau. Mach mir bitte heute keine Vorwürfe. Ich kann keine mehr hören. Ich war heute Nachmittag noch im Funkhaus bei meinem Herrn Redakteur. Den möchte ich am liebsten mit dem Hackebeil erschlagen.« Ihre Augen blitzten.
»Bist du schon wieder mit ihm aneinandergeraten?«
»Nein, er mit mir. Er weiß alles besser. Einem männlichen Mitarbeiter nimmt er jeden Dreck ab. Aber wenn eine Frau kommt und ihm etwas anbietet, dann wird er plötzlich kritisch. Dabei braucht man sich nur die Sendungen anzuhören, für die er verantwortlich ist. Aber dass er mir gute Ratschläge geben will, dieser Nichtskönner, dieser Dummkopf!«
Die junge Frau ballte beide Hände zu Fäusten. Der Zorn hatte ihr Gesicht leicht gerötet, und Frau Ingeborg musste denken, wie ungewöhnlich hübsch ihre einzige Tochter war. Und wie schade, dachte sie gleichzeitig, dass so viel Schönheit einfach verschwendet wurde.
Susanne machte sich nichts aus Männern. Sie stieß Männer vor den Kopf, weil sie immer und überall um ihre Gleichberechtigung kämpfte.
Frau Ingeborg wusste, dass eine hübsche Frau jeden normalen Mann um den Finger wickeln konnte. Susanne wusste es leider nicht. Sie eckte überall an. Es mochte sein, dass sie tüchtiger war als viele Männer. Frau Ingeborg war davon sogar überzeugt. Aber was half es ihr, wenn sie es nicht verstand, sich Freunde zu schaffen?
»Ich kümmere mich jetzt um das Abendessen. Hoffentlich hast du viel Hunger mitgebracht.«
»Mein Hunger hält sich in Grenzen.« Susanne schlenderte hinter ihrer Mutter her in die Küche. »Hast du nicht einen kleinen Schluck zum Entspannen?«, fragte sie, als sie sich auf einen Küchenstuhl gesetzt hatte. »Ein Betrieb war das wieder heute auf der Autobahn.«
Schweigend holte Ingeborg von Barkau eine Flasche aus dem Kühlschrank und stellte sie vor Susanne auf den Tisch.
»Vor dem Essen solltest du nicht rauchen«, mahnte sie. »Ich glaube, du rauchst zu viel.«
»Du glaubst richtig, liebe Mutter, aber was hilft es mir? Den ganzen Tag bin ich in Trab. Es gibt Tage, an denen alles schiefgeht. Heute Morgen fing es schon an. Der Motor meines Autos sprang nicht an. Ich habe eine halbe Stunde gebraucht, bis er endlich lief.«
»Hast du selbst ...?«
»Meinst du, ich würde mich hinstellen und einen Mann bitten, mir zu helfen? Diese Herren der Schöpfung bilden sich ein, wir Frauen seien totale Idioten, was Technik angeht. Es war nur etwas Feuchtigkeit in den Verteiler gekommen.«
»Hättest du dir einen vernünftigen Beruf gesucht ...«
»Ich habe einen vernünftigen Beruf. Meine Reportagen sind ausgezeichnet. Alles ist hieb- und stichfest.«
»Rückst du mal zur Seite? Ich muss an den Schrank.«
»Bitte.« Susanne setzte sich auf einen anderen Stuhl. »Manchmal packt mich die Verzweiflung. Wo man hinkommt, trifft man auf Männer. Alle Zuständigen sind Männer. Und ich als Frau dazwischen ...«
»In zwanzig Minuten ist das Essen fertig. Ich fürchte, du isst nicht regelmäßig. Warum gibst du deinen Beruf nicht auf? Du könntest es so gut haben, Susanne. Herr Jörgensen hat heute Morgen angerufen und sich nach dir erkundigt.«
»Wie geschmeichelt ich mich fühle.«
»Du hättest allen Grund, dich geschmeichelt zu fühlen.« Manchmal ist Susanne richtig unausstehlich, dachte Frau Ingeborg. Sie lebt mit sich selbst in Unfrieden. Natürlich war auch sie dafür, dass die Frauen gleiche Rechte bekamen, aber musste ausgerechnet Susanne dafür kämpfen?
»Ich bin aus der Art geschlagen, wie?«, fragte die Tochter und versuchte zu lächeln. »Wie war mein Vater eigentlich? Du erzählst selten von ihm. Fast nie.«
»Es ist schon so lange her. Dein Vater war ein tüchtiger und ordentlicher Mann.«
»Das klingt furchtbar.«
»Das finde ich nicht, mein Kind. Erzähle mir von deiner Arbeit. Was hast du gerade gemacht?«
»Etwas über ledige Mütter, aber darüber darf man mit dir nicht sprechen, Mutti. Gefallene Frauen ... Pfui, pfui.«
»Hältst du mich für engstirnig?« Ingeborg schaute ihre Tochter ernst an. Einen Moment ruhten ihre Blicke ineinander, und es war Susanne, die als Erste den Kopf senkte.
»Entschuldige, ich bin heute einfach abgespannt. Ich habe mich zu sehr über den Kerl im Funkhaus geärgert. Was versteht der schon von Frauen und ihren Problemen? Er hat keine Ahnung und weiß alles besser. Mir will er sagen, wie ich die Reportage aufbauen muss! Mir!«
»Reg dich nicht auf, Susanne. Wie lange bleibst du diesmal zu Hause?«
»Weiß ich noch nicht. Ein paar Tage auf jeden Fall. Ich habe einfach keine Ruhe, wenn du das verstehst, Mutti.«
Ob sie wohl unterwegs mal einen netten Mann kennenlernte?, fragte Frau Ingeborg sich. Aber kann man seine Tochter danach fragen?
»Was siehst du mich so an?«, erkundigte sich Susanne. »Sind Flecken auf meinem Pulli?«
»Nein. Ich dachte nur ... Eigentlich nichts. Die Kartoffeln kochen schon.«
»Du bist nicht mit mir zufrieden? Eigentlich schade. Früher haben wir uns so gut verstanden, Mutti. Ich habe zu dir emporgeschaut. Für mich warst du immer die letzte Instanz. Du warst nie um eine Antwort auf eine Frage verlegen.«
»Und jetzt hältst du mich für ein bisschen dumm. Nur weil es mir genügt, im Haushalt zu arbeiten. Ihr versucht, den Frauen klarzumachen, dass Hausarbeit entwürdigend ist. Für mich war sie es nie. Wenn man für andere Menschen sorgen und es ihnen gemütlich machen kann, ist das denn gar nichts?«
»Es genügt nicht. Man muss die Welt verändern.« Susannes Gesicht wirkte hart und verbittert. Sie war kein unbeschwertes Mädchen. Sie war auch keine zufriedene Frau.
Mitleidig legte Ingeborg ihrer Tochter die Hände auf die Schultern.
»Warum machst du es dir so schwer, Kind?«, fragte sie. »Du könntest es so gut haben.«
»Indem ich Jörgensen heirate? Ihm die gewünschte Anzahl an Kindern schenke, wie du es sicherlich ausdrücken würdest, ihre Windeln wechsele und sie zu ordentlichen Menschen erziehe?«
»Was hast du gegen Herrn Jörgensen?«
»Nichts. Ich will ihn nur nicht heiraten.«
»Einen anderen?«, fragte Frau Ingeborg so beiläufig, dass ihre Tochter stutzte.
Zum ersten Mal lächelte sie wirklich entspannt zu ihrer Mutter empor.
»Nein. Es gibt keinen, falls dich das beruhigen sollte. Ich mache mir nun einmal nichts aus Männern.«
»Warte, bis der Richtige kommt.«
»Der Märchenprinz. Darüber werde ich sterben, fürchte ich. Märchenprinzen gibt es nicht.«
»Es ist schrecklich, allein zu sein, Susanne. Du hast deinen Beruf, aber eines Tages wirst du merken, dass er dich nicht ausfüllt. Dann wirst du noch mehr arbeiten, um die Leere zu betäuben. Doch du wirst unzufrieden sein und verbittert. Man muss im Leben halt Kompromisse schließen.«
»Nicht in lebenswichtigen Angelegenheiten. Sprechen wir nicht weiter davon. Was gibt es hier Neues? Was hast du die ganze Zeit gemacht?«
»Ich habe an dich gedacht.«
»Das ist nicht viel«, versuchte Susanne zu scherzen.
»Stimmt.« Ihre Mutter nickte. »Es ist nicht viel. Und manchmal frage ich mich ...«
»Was?«, drängte Susanne, als ihre Mutter abbrach.
»Ob ich mir nicht eine Arbeit suchen soll.«
»Du?« Völlig fassungslos schaute Susanne ihre Mutter an. »Du hast doch keinen Beruf. Willst du in deinem Alter noch einmal in die Lehre gehen?«
»So alt, wie ich dir vielleicht vorkomme, bin ich nicht. Du sagst, ich hätte keinen Beruf? Ich bin Hausfrau.«
»Nun ja ...«
»Gerade ihr Frauenrechtlerinnen besteht doch darauf, dass die Hausarbeit ein richtiger Beruf sein soll.«
»Willst du dich als Dienstmädchen verdingen?« Susanne konnte nicht anders, als ihre Frage so ironisch zu formulieren. Sie fühlte sich nämlich gar nicht wohl bei dem Gedanken, ihre Mutter könne plötzlich nicht mehr allein für sie da sein.
Diese Wohnung hier war der feste Halt in Susannes Leben, der sichere Hafen, nach dem sie sich oft sehnte, wenn sie abends in den tristen Hotelzimmern herumsaß. Allerdings hätte sie sich lieber die Zunge abgebissen, als das einzugestehen.
»Ich möchte das Gefühl haben, gebraucht zu werden«, sagte Ingeborg von Barkau befangen. »Und es gibt sicher genug Menschen, bei denen ich ...«
»Nein, das tust du nicht.« Susanne stand nervös auf. »Wenn du Geld brauchst, du weißt, ich verdiene gut. Ich gebe dir ein paar Hundert Mark mehr im Monat. Wenn du dich langweilst, dann verreise.«
»Ich möchte Pflichten haben, Susanne. Du brauchst mich nicht. Ja, wenn du hier leben würdest und ich für dich sorgen müsste. Aber so? Alle paar Wochen kommst du einmal vorbei, und die ganze übrige Zeit? Ich weiß, dass du mich nicht verstehst. In deinen Augen bin ich wahrscheinlich ein bisschen dumm.«
»Das ist nicht wahr!« Susanne nahm ihre Mutter rasch in den Arm.
»Ich habe da eine Anzeige gefunden! Ganz zufällig. Heute Morgen. Da sucht ein Mann jemanden für den Haushalt und sein Kind. Eine Tochter, fünf Jahre alt. Und da dachte ich ...«
»Also doch Dienstmädchen«, knirschte Susanne. »Du willst fremden Menschen den Dreck nachräumen?«
»Wenn sie mich brauchen ... Ich habe angerufen. Morgen am späten Nachmittag fahre ich hin.«
»Du bist verrückt geworden, Mutti! Wenn du es nötig hättest, dann könnte ich es verstehen.«
»Ich habe eine Beschäftigung nötig. Es hat lange gedauert, bis ich es selbst merkte. Mach nicht so ein entsetztes Gesicht, Susanne. Ein Dienstmädchen bin ich deshalb noch lange nicht.« Frau Ingeborg lachte. »Die Kartoffeln sind gleich gar.«
♥♥♥
Susanne hatte am nächsten Tag keine Zeit, ihre Mutter mit dem Wagen zu diesem Herrn Albrecht zu fahren.