Dreamland Billionaires - Terms and Conditions - Lauren Asher - E-Book
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Dreamland Billionaires - Terms and Conditions E-Book

Lauren Asher

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Beschreibung

Wenn aus vorgetäuschten Gefühlen echte werden ...

Declan Kane ist dazu auserkoren, der nächste CEO seines Familienimperiums zu werden. Das einzige Problem? Die Bedingungen seines Großvaters, um das Erbe antreten zu können. Declan soll heiraten und Kinder bekommen. Für den überzeugten Junggesellen undenkbar. Als seine Assistentin Iris einwilligt, eine Fake-Ehe mit ihm einzugehen, scheint die perfekte Lösung gefunden. Sie setzen einen Vertrag auf, definieren Regeln. Alles ist geklärt. Echte Gefühle zu entwickeln, war niemals Teil des Deals. Aber je häufiger er so tut, als wäre er in Iris verliebt, desto mehr ist Declan versucht, jede einzelne der vereinbarten Regeln zu brechen. Als seine Vergangenheit ihn einholt, wird ihm klar: Er will Iris auf keinen Fall verlieren. Doch ist es dafür vielleicht schon zu spät?

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Das Buch

Declan Kane ist dazu auserkoren, der nächste CEO seines Familienimperiums zu werden. Das einzige Problem? Die Bedingungen seines Großvaters, um das Erbe antreten zu können. Declan soll heiraten und Kinder bekommen. Für den überzeugten Junggesellen undenkbar. Als seine Assistentin Iris einwilligt, eine Fake-Ehe mit ihm einzugehen, scheint die perfekte Lösung gefunden. Sie setzen einen Vertrag auf, definieren Regeln. Alles ist geklärt. Echte Gefühle zu entwickeln, war niemals Teil des Deals. Aber je häufiger er so tut, als wäre er in Iris verliebt, desto mehr ist Declan versucht, jede einzelne der vereinbarten Regeln zu brechen. Als seine Vergangenheit ihn einholt, wird ihm klar: Er will Iris auf keinen Fall verlieren. Doch ist es dafür vielleicht schon zu spät?

Die Autorin

Lauren Asher hat eine überbordende Fantasie und verbringt ihre Freizeit mit Lesen und Schreiben. Ihr Traum ist es, an all die Orte zu reisen, über die sie schreibt. Sie genießt es, Figuren mit Ecken und Kanten zu erschaffen, die man einfach lieben muss. Wenn sie nicht gerade schreibt, durchforstet Lauren YouTube, schaut alte Episoden von »Parks & Recreation« und sucht nach neuen Restaurants auf Yelp. Sie arbeitet am liebsten direkt nach ihrem Morgenkaffee und würde nie ein Nickerchen verweigern.

LAUREN ASHER

DREAMLAND BILLIONAIRES

TERMS AND CONDITIONS

BAND 2

Roman

Aus dem Amerikanischen von Melike Karamustafa und Bettina Hengesbach

WILHELMHEYNEVERLAGMÜNCHEN

Die Originalausgabe TERMSANDCONDITIONS erschien erstmals 2022.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Deutsche Erstausgabe 09/2023

Copyright © 2022. TERMSANDCONDITIONS by Lauren Asher

Copyright © 2023 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Lisa Scheiber

Umschlaggestaltung: zero-media.net nach dem Originalcoverdesign von Books and Moods

Satz: Leingärtner, Nabburg

ISBN: 978-3-641-30063-0V001

www.heyne.de

Playlist

The Man – The Killers

I Am not a woman, I’m a God – Halsey

If I Ever Feel Better – Phoenix

Glitter – BENEE

Enemy – Imagine Dragons, JID & League of Legends

Wicked Games – Kiana Ledé

Fallen Star – The Neighbourhood

Altar – Kehlani

Slow Dancing in a Burning Room – John Mayer

Trip – Ella Mai

Shivers – Ed Sheeran

Angels Like You – Miley Cyrus

Animal – Neon Trees

Unlearn – benny blanco & Gracie Abrams

Earned It – The Weeknd

safety net – Ariana Grande ft. Ty Dolla $ign

Iris – Goo Goo Dolls

Daylight – Taylor Swift

Someone to Stay – Vancouver Sleep Clinic

Great Ones – Maren Morris

Marry Me – Train

Paper Rings – Taylor Swift

Für all diejenigen, die einen unsichtbaren Kampf führen. Ich sehe euch.

KAPITEL EINS

Iris

Es ist ein Verbrechen, einen Tag wie heute ganz alleine zu feiern«, unterbricht mich Cal, mein bester Freund und Bruder meines Chefs.

Trotz des zerknitterten Zustands seines Anzugs und seiner schmutzig-blonden Haare zieht er die Aufmerksamkeit mehrerer Kellnerinnen, die an unserem Tisch vorbeigehen, auf sich.

Ich sperre das Display meines Handys und bringe ein Lächeln zustande. »Ich bin nicht diejenige, die heiratet.«

Er mustert mich. »Nein, aber du bist die Puppenspielerin, die das Unmögliche möglich gemacht hat.«

»So schlimm war es auch wieder nicht.«

»Jetzt weiß ich sicher, dass mit dir was nicht stimmt. Bist du etwa … traurig, dass Declan heiratet?« Seine Stimme fällt eine Oktave tiefer.

Ein Lachen bricht aus mir heraus. »Was? Nein.«

»Was ist dann los?«

Ich senke den Kopf, sodass mir ein paar meiner Korkenzieherlocken vor die Augen fallen, und fahre mit der Hand über mein Kleid, um nicht vorhandene Falten zu glätten. Der Stoff in fröhlichem Lavendelton hebt sich von meiner braunen Haut ab und lässt mich viel glücklicher erscheinen, als ich mich fühle. »Ich habe gerade eine E-Mail bekommen, dass ich den Job nicht gekriegt habe.«

»Scheiße. Das tut mir leid. Ich weiß, wie gründlich du dich auf das Vorstellungsgespräch vorbereitet hast.«

Nachdem ich monatelang an der Bewerbung für einen Job in der Personalabteilung der Kane Company gebastelt habe, wurde meine Bitte um Versetzung auf die Stelle abgelehnt. Was mehr wehtut, als es sollte. Mit einer Einstiegsposition im Personalbereich wollte ich zwar nicht gerade nach den Sternen greifen, aber es schien mir eine gute Idee mit einer vielversprechenden Zukunft. Eine Idee, die unzähligen Menschen mit Legasthenie zugutekommen könnte, die im Hamsterrad eines großen Unternehmens mitlaufen. Mein Plan könnte das Unternehmen auf die nächste Stufe heben, wenn sie mir nur eine Chance geben würden.

Du kannst es beim nächsten Mal wieder versuchen.

Mein Lächeln beginnt zu wackeln. »Es hat wohl einfach nicht sein sollen.«

»Das ist Bullshit, wenn du mich fragst.«

Ich lache. »Aber dennoch wahr. Immerhin hat Declan es nicht rausgefunden. Kannst du dir vorstellen, wie es gewesen wäre, wenn ich es ihm gesagt und dann nicht mal den Job bekommen hätte? Das hätte er mich nie vergessen lassen.«

»Er hat definitiv einen Hang zur Schadenfreude.«

»Daher die Party.« Mit einem breiten Grinsen deute ich auf den riesigen aus Ballons geformten Bogen.

Cal hebt angesichts des flackernden Neonschilds mit der Aufschrift Sie hat Ja gesagt eine Augenbraue. »Sehr dezent. Er wird begeistert sein.«

Ich klimpere unschuldig mit den Wimpern. »Ich habe nicht mehr getan, als eine Party zu planen, genau so, wie er es von mir verlangt hat. Er hätte mir eben sagen sollen, welche Art von Event er sich genau vorstellt.«

»Erinnere mich dran, dich niemals zu verärgern.«

»Für den Tag hab ich schon einen Plan in der Tasche.«

Cal tut so, als würde er vor Angst schaudern. »Wo ist denn überhaupt die zukünftige Braut?«

»Declan wollte sich vor der großen Ankündigung mit ihr unterhalten.«

Seine Augen weiten sich. »Warum zum Teufel lässt du das zu?«

»Ähm … weil er sie bisher noch nicht kennengelernt hat?«

»Exakt! Deshalb ist es ja so eine verdammt schlechte Idee!« Cal fährt sich mit beiden Händen durch die dichten, welligen Haare.

»Glaubst du, er wird sie dazu bringen, ihre Meinung zu ändern?«

»So wie ich meinen Bruder kenne, würde das nicht viel Überzeugungsarbeit erfordern.«

»Sie hat einen Vertrag unterschrieben. Der Deal ist beschlossene Sache.«

»Wenn du meinst …« Er zuckt mit den Schultern.

»Vielleicht sollte ich nach ihnen sehen.« Ich wende mich den Aufzügen zu.

Cal hakt sich bei mir unter. »Auf keinen Fall. Du nimmst dir heute Abend frei.«

»Aber …«

»Wahrscheinlich hast du recht. Declan würde nicht riskieren, alles zu verlieren, indem er etwas Dummes tut. Sogar er weiß, wann er sich zurückhalten muss.«

»Jetzt weiß ich, dass du lügst.«

Er kichert. »Na los. Lass uns reingehen und auf Declan warten. Stell dir einfach vor, was für eine Mühe er sich geben wird, keine finstere Miene zu machen, und wie er auf ganzer Linie damit scheitern wird. Ich glaube nicht, dass ich ihn auf andere Weise als höhnisch jemanden habe anschauen sehen, seit …« Er unterbricht sich.

»Seit?«

Er vermeidet es, mir in die Augen zu sehen. »Schon immer. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sein Schwanz schon ganz wund davon ist, dass er sich jeden Abend einen runterholt.«

Lachend klopfe ich ihm auf die Schulter. »Sag so was nicht, er ist mein Boss.«

»Das macht es nicht weniger wahr. Ich bin überrascht, dass ihm das Ding noch nicht abgefallen ist.«

Ich muss schon wieder kichern.

»Callahan«, dröhnt Declan hinter uns.

Beim Klang seiner Stimme huschen ein paar Nachzügler in den Ballsaal.

»Er weiß auf jeden Fall, wie man seine Gäste auf ihre Plätze verweist«, bemerkt Cal.

Das fröhliche Glitzern in Cals Augen erlischt in dem Moment, als Declan mit gerunzelter Stirn neben uns stehen bleibt. Die Luft um uns herum scheint sich auf einmal auf Minusgrade abzukühlen, als hätte Declans eisiger Blick die Macht, den Klimawandel umzukehren. Sein muskulöser Körper versperrt mir die Sicht auf die Lobby. Der Scheinwerfer hinter ihm hebt die Schärfe in seinen Gesichtszügen hervor und bringt die Dunkelheit in seinen Augen und an den Rändern seines Kiefers zum Vorschein.

Im Vergleich zu Cals Goldjungen-Look mit blonden Haaren und blauen Augen erinnert mich Declan an den tiefsten Teil des Ozeans – kalt, dunkel und verstörend ruhig. Wie ein Monster, das in Reichweite lauert, nur einen Atemzug davon entfernt, jemanden zu seiner Beute zu machen. Von seinen dunklen Haaren bis zu der permanenten Grimasse, die in sein Gesicht geätzt zu sein scheint, strahlt er etwas aus, das jeden Menschen, der ihm begegnet, dazu bringt, sich in die entgegengesetzte Richtung zu wenden.

Nun, alle außer mir. Einige würden vielleicht behaupten, dass er sich meine Loyalität durch einen Gehaltsscheck verdient, aber das ist nicht der Fall. Wir teilen einen gegenseitigen Respekt füreinander, der über die Zeit Bestand hatte und noch immer hat. Während die ersten Monate unserer Zusammenarbeit steinig waren, hat mein Ehrgeiz, eine gute Assistentin für ihn zu sein, dazu beigetragen, den Weg für unsere heutige Beziehung zu ebnen.

Irgendwie passen wir zusammen, obwohl wir in fast jeder Hinsicht sehr verschieden sind. Ich bin eine Schwarze Frau. Er ist ein weißer Mann. Ich lächle, er macht ein finsteres Gesicht. Er steht jeden Morgen früh auf, um zu trainieren, während mich keine zehn Pferde ins Fitnessstudio bringen, es sei denn, um mir an der Bar einen Smoothie zu holen. Selbst wenn wir uns Mühe geben würden, könnten wir nicht unterschiedlicher sein, und dennoch bekommen wir es irgendwie hin. Zumindest bekomme ich es irgendwie hin.

Ich trete zwischen die beiden Brüder. »Mr. Kane, was machen Sie hier draußen? Ist es schon Zeit für die Ankündigung?«

Declan wendet seinen Blick von Cal ab und richtet ihn auf mich. Die meisten Leute ducken sich unter seinem Blick, aber ich strecke den Rücken durch und erwidere ihn, wie es mir meine Nana beigebracht hat.

»Sie ist raus.«

Ich blinzle. »Wer ist raus? Die Hochzeitsplanerin?«

»Nein. Die Frau. Belinda.«

»Bethany hat hingeschmissen?!«

Cal wagt es tatsächlich, selbstgefällig dreinzuschauen.

Declan macht sich nicht mal die Mühe, diskret oder im Mindesten verlegen den Blick zu senken, während er meinen sorgfältig ausgearbeiteten Plan implodieren lässt.

»Ja. Die.«

»Das darf nicht wahr sein.« Ich weigere mich zu glauben, dass er gerade Monate harter Arbeit ruiniert hat. Meiner Arbeit. Eine Frau zu finden, die bereit war, ihn zu heiraten und ein Kind mit ihm zu bekommen, damit er sich sein Erbe verdienen und CEO werden kann, war beinahe ein Ding der Unmöglichkeit.

Deine Weigerung, die Tatsachen anzuerkennen, ändert nur leider nichts an ihnen.

»Ich weise dich natürlich nur ungern darauf hin, dass ich es dir gesagt habe …«, bemerkt Cal.

»Das ist alles deine Schuld.« Ich starre ihn an.

Cal hebt abwehrend die Hände. »Ist es nicht! Was kann ich dafür, dass das Ego meines Bruders größer ist als sein Schwanz?«

Declan versetzt Cal mit der flachen Hand einen Schlag auf den Hinterkopf. Ich ignoriere ihr Gezänk, während ich im Kreis um sie herumlaufe.

»Du hättest abhauen sollen, als du die Chance dazu hattest.« Cal leert sein Glas, bevor er sich meine noch zur Hälfte gefüllte Sektflöte schnappt.

»Sprichst du aus Erfahrung?«

Cals Nasenflügel beben, während er die Hände an seinen Seiten zu Fäusten ballt, bevor er tief Luft holt und die Wut in sich schmelzen lässt. Er richtet seine Aufmerksamkeit auf mich. »Und das ist der Grund, aus dem unser Grandpa überhaupt erst diese Erbschaftsklausel in sein Testament eingefügt hat. Er wusste, dass Declan noch nicht bereit ist, CEO zu werden, und dachte, eine Familie zu haben, könnte ihn weicher machen. Ich meine, wie soll jemand wie er die Massen inspirieren, wenn er ständig versucht, jeden um sich herum zu zerstören?«

Declan spannt sichtlich den Kiefer an, worauf Cal in stummem Hohn eine Augenbraue hebt.

Ich deute auf Cal. »Hör auf, dich wie ein Kind zu benehmen, und benutz dein Großhirn, um uns aus diesem Schlamassel rauszuhelfen.« Declans Blick ist auf mich gerichtet, als ich mich wieder ihm zuwende. »Und Sie hören auf, Ihre Wut an anderen auszulassen. Ihr Scheitern hat nichts mit Cal zu tun, sondern allein mit Ihnen.«

Er starrt mich nur mit diesem leeren Blick an, den ich mehr als alles andere hasse.

»Natürlich hat er die Sache vermasselt«, mischt sich Cal erneut spöttisch ein. »Sein neuestes Software-Update verfügt eben über kein Handbuch, wie man zu einem anständigen Menschen wird.«

»Es ist hoffnungslos. Mit dir und mit Ihnen«, grummele ich leise, während ich mein Handy raushole und Bethanys Nummer wähle. Es klingelt lediglich zweimal, bevor die Mailbox anspringt. Ich lege auf und rufe erneut an, aber diesmal geht sofort die Mailbox dran. »Scheiße!«

»Geht niemand ran?« Cal besitzt tatsächlich die Frechheit, amüsiert zu klingen.

»Was haben Sie getan?«, fahre ich Declan an.

Declan zupft an einem unsichtbaren Fussel am Ärmel seines Anzugs, als wäre dies das langweiligste Gespräch, das er heute geführt hat. »Sie war ungeeignet für den Job.«

»Und was soll ich mit dieser Information angesichts der Tatsache, dass da drin hundert Leute darauf warten, von Ihrer Verlobung mit einer mysteriösen Frau zu erfahren, anfangen? Ich bin ganz Ohr.«

Er sieht mich aus zusammengekniffenen Augen an, und ich erwidere sein Starren, die Hände in die Hüften gestemmt.

Cal räuspert sich, als wollte er uns an seine Anwesenheit erinnern. »Ich wäre auch daran interessiert, zu erfahren, wie es jetzt weitergehen soll. Vater wird begeistert sein, von Declans gescheiterter Verlobung zu hören.«

O mein Gott. Auch wenn Declans Vater nichts von Brady Kanes Brief an Declan weiß, in dem er die Bedingungen zum Antritt seines Erbes aufgeführt hat, ist er nicht dumm. Nicht umsonst ist er ein erfolgreicher Geschäftsmann. Ich habe keinen Zweifel daran, dass er, wenn er auch nur den leisesten Hinweis darauf findet, dass die geplante Verlobung nur inszeniert war, zu Bradys Anwalt rennen wird. Und wenn der Anwalt ihm glaubt, könnte Declan alles verlieren.

Denk nach, Iris. Denk. Nach.

Ich versuche es noch einmal unter Bethanys Nummer in der Hoffnung, dass sie meinen Anruf beim dritten Versuch magischerweise entgegennimmt.

Die Mailbox-Ansage ist laut und deutlich über den Lautsprecher des Telefons zu hören.

Cal pfeift, bevor er ein Explosionsgeräusch ausstößt. »Das ist der Klang von Declans bevorstehendem Tod.«

»Müsstest du nicht irgendwo sein? In einer zwielichtigen Bar zum Beispiel?«, fährt Declan ihn an.

»Warum für Alkohol bezahlen, wenn ich ihn auf deine Kosten umsonst abstauben kann?« Cal schwenkt grinsend sein Glas.

Ich versuche, die Stimmen der beiden auszublenden, während ich meine Optionen durchgehe.

Was kannst du tun? Ein für alle Mal hinschmeißen?

Nein. Ich weigere mich, jetzt aufzugeben. Nicht, wenn ich so nah dran bin, Declan dabei zu helfen, sein Ziel zu erreichen.

Du könntest die Nummer zwei auf der Liste anrufen, allerdings hat Declan sie zum Weinen gebracht …

»Wusstest du eigentlich, dass Iris Single ist?« Cals Lächeln hat etwas Unheilvolles. »Sie ist wie geboren für die Rolle; niemand kennt dich besser als sie.«

»Auf keinen Fall«, grollt Declan.

Moment mal.

Ja.

Ich!

Es ist nicht so, als gäbe es vieles, das mich davon abhält, als Ersatz einzuspringen. Ohne festen Freund oder sonstige Verpflichtungen könnte ich Bethany ohne Schwierigkeiten ersetzen.

Nur weil du es kannst, heißt das nicht, dass du es tun solltest.

Aber wenn nicht ich, wer dann? Uns läuft die Zeit davon, und weitere passende Kandidatinnen für die Rolle als zukünftige Ehefrau von Declan Kane haben wir auch nicht.

Ich öffne meinen Mund, nur um im selben Moment von einer kreischenden Tati, Declans Hochzeitsplanerin, unterbrochen zu werden. »Da sind Sie ja! Ich habe mich schon gefragt, wo sich der Bräutigam versteckt hat.« Tatis hohe Stimme hallt von den Wänden wider.

»Diese Show ist besser als alles, was man für Geld bekommen kann.« Cal leert mein Glas, bevor er sich mit einem Lächeln an den nächstbesten Stehtisch lehnt.

»Wo ist denn die Verlobte, über die ich bisher so wenig gehört habe?« Tati schwenkt ihr Klemmbrett wie einen Zauberstab.

Ich bin froh, dass ich Bethanys Identität geheim gehalten habe, nur für den Fall, der nun tatsächlich eingetreten ist.

Du kannst nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, ihn zu heiraten. Du liebst ihn nicht einmal.

Ich muss auch nicht in ihn verliebt sein. Es wäre ein Vertrag, keine Liebesbeziehung.

Declan unterbricht meine Gedanken: »Bea…«

»Sie heißt Tati, mein Schatz.« Ich lege eine Hand auf seine Brust. Als er sich versteift, tätschele ich ihn zusätzlich auf eine Weise, die sagt: Verhalte dich ganz natürlich.

Er starrt mit zusammengezogenen Brauen auf meine Hand, als wollte er sie Finger für Finger von seiner Brust reißen. »Was machst …«

Hastig falle ich ihm ins Wort. »Dir die Mühe ersparen, mich vorzustellen und unsere Geschichte zu erzählen.« Ich schenke ihm das süßeste Lächeln, das ich angesichts der Umstände zustande bringe.

Willst du das wirklich durchziehen, Iris?, erkundigt sich meine Stimme der Vernunft.

Ich wüsste nicht, wie die Alternative aussehen sollte.

Es geht um eine Ehe! Aus der kannst du dich nicht einfach so verabschieden, wenn du es irgendwann mit der Panik zu tun bekommst.

Ich schiebe jeden Gedanken beiseite, der gegen meinen Plan spricht. Es geht lediglich um ein paar Jahre meines Lebens.

Und was ist mit der Sache mit dem Kind?!

Ich wollte immer Kinder.

Ja. In einigen Jahren!

Immerhin kann ich so schon etwas früher mit der Umsetzung meines Fünfjahresplans beginnen.

Ich schlucke den Kloß in meinem Hals runter und richte meine Aufmerksamkeit wieder auf Tati. Dann löse ich mich aus Declans steifer Umarmung und greife nach seiner Hand, worauf er die Muskeln, die sich sichtlich unter dem Stoff seines Jacketts abzeichnen, anspannt.

Großartig. An seiner deutlichen Abneigung gegen jede Art von Berührung durch dich müssen wir auf jeden Fall noch arbeiten.

»Tati, ich muss zugeben, dass ich am Telefon nicht ganz ehrlich zu Ihnen war.«

Ihr Lächeln wird etwas blasser. »Oh.«

»Ich habe gezögert, mich als jemand anderes als Declans Assistentin vorzustellen, bevor ich Sie persönlich kennenlerne. Sehen Sie, ich arbeite seit geraumer Zeit bei der Kane Company, und Sie wissen, wie leicht sich Klatsch und Tratsch verbreiten.«

Sie nickt, das Klemmbrett fest an die Brust gedrückt. »Natürlich. Ich verstehe.«

»Ich hatte solche Angst davor, was die Leute vielleicht über mich denken würden, darüber, dass ich mit meinem Chef zusammen bin … Aber nun können wir nicht länger damit hinterm Berg halten. Wir möchten es nicht mehr.« Meine Stimme rutscht ein wenig höher, ohne dass ich es beabsichtigt habe.

Das einzige Anzeichen, das verrät, dass Declan angespannt ist, ist sein zweimaliges Blinzeln. Ich habe ihn noch nie zweimal blinzeln sehen. Nicht als ein Geschäftsdeal, an dem er zwei Jahre lang gearbeitet hatte, geplatzt war, und schon gar nicht, als sein Großvater gestorben ist. Es … verunsichert mich.

Ich straffe die Schultern und wende mich wieder Tati zu. »Wir sind bereit, unsere gemeinsame Zukunft zu gestalten. Es gibt keinen Grund mehr, unsere Liebe geheim zu halten.«

Cal reckt hinter Tatis Rücken zwei Daumen. Oscar-würdig formt er stumm mit den Lippen, was Declan dazu veranlasst, ihm beide Mittelfinger zu zeigen.

Tati strahlt übers ganze Gesicht. »Wow! Der heutige Abend ist also aus mehreren Gründen eine große Sache für Sie beide.« Ihr Blick fällt auf meinen nackten Ringfinger.

»Oh, richtig. Der Ring!« Ich sehe Declan an. Das Zucken seines Kiefers ist für alle sichtbar.

Tut mir leid, Declan, aber ich bewahre dich davor, deine gesamte Zukunft wegzuwerfen, auch wenn es im Moment vielleicht nicht danach aussieht.

Declan entzieht mir seine Hand und nimmt einen Platinring mit einem wunderschönen einzelnen Diamanten aus seiner Tasche. Ich bin etwas überrascht angesichts der Eleganz des Rings. Er ähnelt in keiner Weise der gottlosen Monstrosität, die ich für seine zukünftige Frau ausgesucht habe. Was mich verwirrt. Hat er beim Juwelier das falsche Schmuckstück abgeholt? Mir war von Anfang an klar gewesen, dass ich ihm eine so wichtige Aufgabe nicht anvertrauen durfte, aber er hat darauf bestanden.

Tati hebt eine Augenbraue zu einer stummen Frage und reißt mich damit aus meinen Gedanken.

»Ich habe Declan gebeten, ihn erst einmal wieder an sich zu nehmen, da wir ihn anpassen lassen müssen. Das verdammte Ding ist mir regelrecht vom Finger geflogen, als ich mich nach dem Antrag in seine Arme geworfen hab.«

»O nein!« Tati verzieht mitleidig die Lippen.

Cal tritt einen Schritt vor, um Tatis Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Ich habe meinem Bruder noch gesagt, dass es eine ganz schlechte Idee ist, den Antrag während eines Regengusses zu machen, aber er hat darauf bestanden, dass es der perfekte Moment ist, weil Iris Gewitter liebt.«

»Ich habe noch nie jemanden gesehen, der schneller auf die Knie gegangen ist als er.« Ich zwinkere Tati zu, und ihre Wangen färben sich leicht rot.

Declans Stirnrunzeln wird tiefer, was mich zum Lachen bringt.

»Mein Bruder hat fast seine Tom-Ford-Hose in zwei Hälften gerissen, als er dem Ring hinterhergehechtet ist. Er ist noch nie dermaßen in Panik gewesen, also ist es gut, dass er das gute Stück erwischt hat, bevor es im nächsten Gully verschwinden konnte.« Cal legt einen Arm um Declans Schultern, doch er stößt ihn weg.

»Haben Sie den Antrag auf Video? Es wäre schön, ihn den Gästen zu zeigen.« Tati strahlt wieder bis über beide Ohren.

Mir wird am ganzen Körper heiß. »Nein. Declan hat den Antrag ganz spontan gemacht. Es war so romantisch …« Ich hole scharf Luft, als der Teufel meine linke Hand packt und damit eine Gänsehaut bei mir auslöst. Er streicht über meinen Handrücken, als er den Ring an meinen Finger steckt.

»Oh, sehen Sie, er passt doch!« Tati klatscht begeistert in die Hände. Ich könnte schwören, dass sie lediglich zwei Lautstärkeeinstellungen hat – laut und ohrenbetäubend.

»Er muss in seinem vollen Terminkalender endlich eine Minute Zeit gefunden haben, ihn anpassen zu lassen.« Meine Wangen werden noch heißer.

Declan dreht den Ring, als wollte er testen, ob er nun tatsächlich passt, bevor er seine Hand in die Tasche steckt.

Ich fahre den Diamanten mit einem Finger nach, bevor ich am Ring ziehe. Der sich keinen Millimeter bewegt. Ich räuspere mich und zwinge mich zu einem Lächeln. »Er klemmt.«

Wie es aussieht, hat Bethany schmalere Finger als ich. Gönnt man mir heute Abend denn gar nichts?

»Du steckst definitiv in der Klemme«, sagt er so leise, dass nur ich ihn verstehen kann. Etwas an der Tiefe seiner Stimme jagt mir einen Schauer über den Körper. Als er einen Schritt zurücktritt, hole ich tief Luft.

Er streicht sein Jackett glatt. »Zeit, mit der Show weiterzumachen.«

Eine Show. Nicht mehr, nicht weniger. Eine Scheinehe, die meinen Boss davor bewahren soll, alles zu verlieren, wofür er sein ganzes bisheriges Leben gearbeitet hat.

Der Gedanke lässt erneut Panik in mir aufsteigen, größere als jemals zuvor. Ich versuche mir einzureden, dass es nur eine Ehe auf dem Papier ist, aber nichts scheint das Tempo meines Herzschlags drosseln zu können.

Declan fängt meinen Blick auf, als könnte er meine wachsende Angst spüren, und die Realität bricht über mich herein wie eine riesige Welle. Mit jeder Sekunde, die vergeht, fällt mir das Atmen schwerer.

Ich habe mich gerade freiwillig gemeldet, Declan beizustehen – im Guten wie im Schlechten.

Bis dass der Tod uns scheidet.

KAPITEL ZWEI

Declan

Ich hätte gerne einen Moment, um mit meiner Verlobten unter vier Augen zu sprechen.« Die Worte kratzen wie Sandpapier über meine Zunge.

Iris’ Blick verschränkt sich mit meinem. Ihre Augen weiten sich, bevor sie in einem stillen Hilferuf Cal ansieht. Ihre Fähigkeit, mich wie ein Lügendetektor zu durchschauen, macht sie in ihrem Job unglaublich effizient, doch in diesem Moment ist sie einfach nur unangenehm.

Cal öffnet den Mund, doch der Blick, den ich ihm daraufhin zuwerfe, veranlasst ihn, langsam zurückzuweichen. »Wir sehen uns drinnen.« Er nickt Iris halbherzig zu, bevor er den Ballsaal betritt.

Die Hochzeitsplanerin wirft einen raschen Blick auf ihre Uhr. »Ich bin in fünf Minuten zurück, um Sie zu holen. Laufen Sie mir bloß nicht wieder davon.« Sie zwinkert uns zu, bevor sie Richtung Küche verschwindet.

Mein Herz pocht viel zu schnell in meiner Brust, und ich versuche, dreimal tief durchzuatmen, um meinen Puls zu beruhigen.

Du hast ihr den Auftrag gegeben, jemanden mit einem XX-Chromosom und der Fähigkeit zur Fortpflanzung für dich zu finden. Es ist allein deine Schuld.

Ich habe den Punkt überschritten, ab dem es kein Zurück mehr gibt. Niemals hätte ich gedacht, dass Iris auf einen solchen Plan zurückgreifen könnte, ohne mich vorab zu fragen, ob ich damit einverstanden bin. Das Ganze ist eine furchtbare Idee, die alles aufs Spiel setzt, was wir im Laufe der Jahre gemeinsam aufgebaut haben.

Beruhig dich.

Eins … zwei …

Scheiße!

»Was zum Teufel haben Sie sich dabei gedacht?«

Iris verzieht angesichts meines Tonfalls keine Miene, schürzt nur vor Abscheu ihre vollen Lippen. »Ihren Arsch zu retten, daran habe ich gedacht.«

»Ich fürchte, es fällt mir schwer zu erkennen, wie das funktionieren soll.«

»Dann sollte ich eventuell einen Termin beim Augenarzt für Sie vereinbaren. Ich habe gehört, dass die Sehkraft mit dem Alter nachlässt.« Ihre übliche humorvolle Anspielung darauf, dass ich zwölf Jahre älter bin als sie, aber der Effekt verpufft.

Ich funkele sie aus zusammengekniffenen Augen an. »Fordern Sie mich nicht heraus.«

»Und wagen Sie es nicht, mich so anzusehen.« Sie stemmt eine Hand in die Hüfte, als würde sie in Kampfhaltung gehen. Der Diamant an ihrem Finger reflektiert das Licht und lenkt damit meine Aufmerksamkeit auf ihn. »Hätte ich nicht eingegriffen, hätten Sie einem Raum voller erwartungsvoller Gäste erklären müssen, wo Ihre Verlobte abgeblieben ist. Was hätten Sie denen antworten wollen? Dass sie in der Post verloren gegangen ist?«

»Nein.« Ich beiße so fest die Zähne zusammen, dass sie knirschen. »Obwohl mir eine Versand-Verlobte aus dem Katalog im Moment als die bessere Alternative erscheint.«

Ihre dunklen Augen funkeln. »Sehen Sie den Tatsachen ins Auge, Ihnen sind sowohl die Zeit als auch die Optionen ausgegangen.«

»So scheint es, ja.« Ich werfe ihr einen kurzen Blick zu.

Etwas blitzt in ihren Augen auf, verschwindet jedoch gleich wieder. Dann reckt sie trotzig das Kinn und sieht mir fest in die Augen. »Eine wunderbare Art, einer Frau das Gefühl zu geben, etwas ganz Besonderes zu sein.«

»Besonders ist das letzte Wort, mit dem ich Sie beschreiben würde.« Es fühlt sich viel zu banal für jemanden wie Sie an.

Sie wirft mit einem lauten Stöhnen die Hände in die Luft. »Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, warum ich das für eine gute Idee gehalten habe.«

»Damit sind wir immerhin schon zu zweit. Was genau ist Ihr Motiv bei der Aktion?«

»Ich mag Sie genug, um Sie vor sich selbst retten zu wollen. Das muss an irgendeinem chemischen Ungleichgewicht in meinem Körper liegen; gleich am Montag werde ich meine Therapeutin konsultieren.«

Ich blinzle sie an. »Behaupten Sie jetzt nicht, dass Sie mich aus reiner Herzensgüte heiraten wollen.«

Sie zieht die dunklen Brauen zusammen und drückt den Rücken durch. »Und wenn doch?«

»Sparen Sie sich die Show. So was gibt es nur in Dreamland-Filmen.«

Ihre Lippen teilen sich. »Das ist keine Show. Auch wenn ich mir angesichts Ihrer Reaktion wünschen würde, es wäre eine.«

Irgendetwas an dieser ganzen Sache irritiert mich. Warum meldet sich Iris nach monatelanger Suche nach der perfekten Kandidatin plötzlich freiwillig selbst für den Job?

Weil sie nicht mitansehen wollte, wie du jemand anderen heiratest, meldet sich eine sehr leise Stimme in meinem Kopf zu Wort.

Nein. Das kann nicht sein.

Oder doch?

Das könnte ihr unberechenbares Verhalten erklären.

Als ich ihrem Blick folge, fällt mir auf, dass sie ihn auf den Verlobungsring gerichtet hat. Langsam fährt sie die abgerundeten Kanten des Diamanten nach. Die Geste hat beinahe etwas Ehrfürchtiges.

Verdammt.

Sich von jemandem angezogen fühlen ist eine Sache. Verliebtsein dagegen ein ganz anderes tödliches Spiel, an dem ich in absehbarer Zeit kein Interesse habe.

Ich spanne den Kiefer an. »Tun Sie das alles, weil Sie heimlich in mich verliebt sind?« Die Worte kommen mir hastig über die Lippen. Mein Herz schlägt hart gegen meinen Brustkorb, als würde es einen Weg hinaus suchen.

Dass sie mir gegenüber irgendwelche starken Gefühle abgesehen von Gleichgültigkeit hegt, habe ich nie in Betracht gezogen. Verdammt, ich wollte nie darüber nachdenken, aus Hunderten unterschiedlichen Gründen, aber vor allem, weil sie die beste Assistentin ist, die ich je hatte. Sie als Mitarbeiterin zu verlieren, ist keine Option. Vor allem nicht, wenn sie ein wesentlicher Bestandteil meines Plans ist, die Position meines Vaters zu übernehmen.

Meine Gedanken werden in tausend Stücke zerschmettert, als Iris sich vorbeugt und laut losprustet. In den drei Jahren, die ich in ihrer Gegenwart verbracht habe, habe ich sie nie unvernünftig erlebt. Wer hätte gedacht, dass es nur meinen Ring an ihrem Finger braucht, um einen kompletten Zusammenbruch bei ihr auszulösen?

Hilfe suchend tastet sie nach Halt und greift nach dem Erstbesten, das sich in Reichweite befindet, und das bin zufällig ich. Jeder Muskel in meinem Körper spannt sich an, während Hitze meinen Arm hinaufwandert, als würde ich von Flammen verzehrt. Ich bleibe stocksteif und kerzengerade stehen, als sich ihr Lachen in ein asthmatisches Keuchen verwandelt.

Anstatt erleichtert zu sein, bin ich von ihrer Reaktion fast ein wenig enttäuscht. Angesichts der Tatsache, dass sie die Vorstellung, in mich verliebt zu sein, dermaßen lächerlich findet, zieht sich mein Magen auf unangenehme Weise zusammen.

Du wirst es niemals wert sein, geliebt zu werden. Die Stimme meines Vaters schleicht sich wie immer im ungünstigsten Moment in meinen Kopf und jagt mir einen Schauer über den Rücken.

Ich zupfe Iris’ Finger einen nach dem anderen von meinem Bizeps. »Haben Sie gerade eine Art Zusammenbruch?«

»Nein, Sie Idiot. Und ich bin auch nicht in Sie verliebt.« Sie muss schon wieder lachen; jedes Mal, wenn sie einatmet, gibt sie ein furchtbares pfeifendes Geräusch von sich. »Ich tue das, weil wir Freunde sind.«

»Ich werde niemals Ihr Freund sein.« Und ich will es auch niemals sein.

Sie verzieht spöttisch die Lippen. »Lügner. Freunde helfen Freunden, wenn sie krank sind.«

»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«

»Erinnern Sie sich daran, als ich die Grippe hatte?«

Ich verschränke die Arme. »Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob Sie die wirklich hatten.«

»Also erinnern Sie sich!« Ihr Lachen verwandelt sich in ein kratziges Husten.

»Nur weil ich eine ganze Reinigungsmannschaft anheuern musste, um zu gewährleisten, dass jeder Quadratzentimeter des Büros desinfiziert wird.«

»Okay. Was ist mit dem Mal, als ich Ihnen geholfen habe, nachdem Sie sich auf dieser Geschäftsreise so wahnsinnig betrunken haben?«

»Ich habe nie um Ihre Hilfe gebeten.«

»Sie sind über Ihre eigenen Füße gestolpert und haben mich gebeten, Ihnen meinen Zwilling vorzustellen.«

Meine Alkoholtoleranz ist ungefähr genauso hoch wie meine Toleranz gegenüber Menschen – gegen null gehend.

»Ihr betrunkenes Ich ist sehr viel netter. Sie haben mich gebeten, Sie ins Bett zu bringen und Ihnen ein Schlaflied vorzusingen.«

»Jetzt weiß ich, dass Sie lügen. Sie sind eine der schlechtesten Sängerinnen, die ich kenne.« Meine Lippen drohen sich zu einem Lächeln zu verziehen, aber ich rette mich stattdessen in eine Grimasse.

Sie wirft ihre Hände in die Luft. »Okay, schon gut. Ich habe gelogen. Aber ich hätte es getan, wenn Sie mich gefragt hätten! Weil Freunde einander helfen.«

Ich bin versucht, jeden Preis dafür zu zahlen, das Wort Freunde aus sämtlichen Wörterbüchern entfernen zu lassen. Ich habe keine Freunde. Ich will keine Freunde. Und ich will auch niemandes Freund sein, schon gar nicht ihrer.

Ein weiteres krächzendes Lachen verwandelt sich in einen Hustenanfall. Bevor ich mich selbst daran hindern kann, nehme ich ihre winzige Handtasche vom Tisch und drücke sie ihr in die Hände. »Unternehmen Sie was gegen dieses gottverdammte Geräusch.«

Sie durchsucht die Tasche nach ihrem Inhalator. »Sorgen Sie sich etwa um mein Wohlbefinden?«

»Ausschließlich zu meinem eigenen Vorteil.«

»Natürlich. Wie konnte ich das vergessen.« Sie verzieht die Lippen um die Öffnung des Inhalators zu einem Lächeln, bevor sie das Medikament einatmet.

»Lassen Sie uns ein paar Dinge klarstellen.«

Sie zieht die Brauen zusammen, und ihr Mund öffnet sich, aber ich bringe sie zum Schweigen, bevor sie etwas erwidern kann. »Jede Freundlichkeit, die ich Ihnen in der Vergangenheit entgegengebracht habe, hat ausschließlich aus Respekt vor Ihnen als meiner Assistentin hergerührt. Ich verschwende meine Zeit nicht mit etwas so Sinnlosem wie Freundschaft. Wenn Sie also glauben, dass zwischen uns etwas in dieser Richtung existiert, dann liegt das an Ihnen, nicht an mir.«

Im Gegensatz zu den meisten Leuten, die unter meinem scharfen Ton in der Regel in sich zusammensinken, wenn nicht sogar in Tränen ausbrechen, zuckt Iris nur mit den Schultern. »Wie dumm von mir, anzunehmen, Sie könnten tatsächlich irgendwelche Gefühle außer Verachtung für jemanden hegen. Ich kann Ihnen versichern, dass ich nie wieder auf so eine absurde Idee kommen werde.«

»Ich empfinde nichts außer dem brennenden Verlangen, mein finales Ziel zu erreichen.«

Sie seufzt. »Das Leben hat Ihnen mehr zu bieten, als Ihren Vater zu zerstören.«

Ich ignoriere sie, indem ich auf meine Uhr schaue; die Zeit läuft uns davon. »Ich muss ein paar Grundregeln aufstellen.«

»Regeln.« Ihre Augen werden riesig.

»Jeder Blick.« Der unstete Schlag meines Herzens wummert in meinen Ohren. Ihr stockt der Atem, als ich ihre Wange berühre, mit dem Daumen ihre weiche Haut streichle, als könnte ich meinen Namen allein mit dieser Geste in sie hineinbrennen. »Jede Berührung.« Ihre Augen schließen sich. Jede Zelle meines Körpers verlangt danach, mich zurückzuziehen, Abstand zwischen uns zu bringen, weil ich sie nicht so anfassen sollte. Es verwischt zu viele Grenzen. Aber meine Vernunft wird ausgeschaltet, als ich ihren Kokosduft einatme und meine Lungen gegen die Invasion protestieren. »Jeder Kuss … Das alles ist nichts weiter als eine Lüge.« Als ich mit den Lippen über ihre Mundwinkel streiche, fühlt es sich an wie Hunderte kleiner Stromschläge, die durch meinen Körper fahren.

Sie reißt die Augen auf, als ich mich zurückziehe. Es ist ihr deutlich anzusehen, dass in ihrem Kopf ein wahrer Sturm wütet. Ich stecke die Hände in die Taschen und gebe mich unbeeindruckt, während sich ihre Brust mit jedem abgehackten Atemzug, den sie ausstößt, heftig hebt und senkt.

»Sie … Ich … Was …« Ihr Gestammel ist so wirr, wie es vermutlich auch ihre Gedanken sind. Ich sollte mich geschmeichelt fühlen, in der Lage zu sein, sie dermaßen außer Gefecht setzen zu können, aber es bringt mich im Gegenteil vollkommen aus der Fassung. Meine Berührungen sollten nicht diese Art von Reaktion bei ihr hervorrufen. Nicht, wenn sie ehrlich war, als sie behauptet hat, sie tue all das nur, weil sie uns als Freunde betrachtet.

Ich versuche, die Situation wieder in den Griff zu bekommen, so etwas wie eine Barriere um mich herum zu errichten. »Es gibt nichts, was ich nicht tun würde, um mir mein Erbe zu verdienen. Rufen Sie sich das in Erinnerung, wenn Sie vergessen sollten, dass dies nicht mehr als ein Spiel für mich ist.«

Ihr Mund öffnet sich, aber sie wird von dieser schrillen Stimme unterbrochen, die mich für immer verfolgen wird.

»Wollen wir dann? Die Gäste werden langsam unruhig. Alle möchten wissen, wer die zukünftige Mrs. Kane ist«, unterbricht die Hochzeitsplanerin unser Gespräch und richtet ihr Klemmbrett wie eine Militärkommandantin auf den Eingang zum Ballsaal.

»Sind Sie bereit?« Iris klammert sich an meine Hand. Ihr Lächeln ist eine verwässerte Version von dem, das sie Cal zuvor geschenkt hat.

Ich antworte nicht, weil ich weiß, dass alles, was aus meinem Mund kommen würde, eine Lüge wäre.

KAPITEL DREI

Iris

Bitte begrüßen Sie mit einem warmen Applaus: das zukünftige Ehepaar Mr. und Mrs. Kane.«

Meine Augen weiten sich bei der Ankündigung des DJs.

Wir werden das wirklich durchziehen? So?

Du bist diejenige, die diese Party geplant hat.

Ich verpasse mir für diese schreckliche Verlobungsfeier gedanklich einen Tritt in den Hintern. Wenn ich gewusst hätte, dass ich diejenige sein würde, die im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit aller steht, hätte ich mich für eine simple Ankündigung der anstehenden Hochzeit auf Social Media entschieden.

Meine Knie sind weich, als ich den Blick über das Publikum wandern lasse. Um nicht ohnmächtig zu werden, spanne ich die Beine an. Die Menge an sündhaft teuren Designerklamotten, die in diesem Raum versammelt ist, hat etwas Abstoßendes, und das falsche Lächeln auf den Gesichtern bringt meine Haut zum Kribbeln.

Declans Blick kollidiert mit meinem. Es ist wie ein Reflex, mit einem einzigen Blick teilen wir hundert Worte.

»Tief durchatmen.« Er nimmt meine linke Hand in seine, und die Hitze seiner Handfläche dringt in meine Haut ein. Es ist beunruhigend, wie schnell er gemerkt hat, dass ich nervös bin, ohne dass ich auch nur etwas in die Richtung angedeutet hätte.

Du arbeitest seit drei Jahren für ihn. Natürlich merkt er, wenn du nervös bist.

»Iris und ich werden Ende des Monats heiraten.«

Ende des Monats? Das ist in zwei Wochen!

Die Musik bricht abrupt ab. Jemand hustet. Ein Kellner lässt sein Tablett fallen. Wir sind mit einer Reihe von Reaktionen konfrontiert, von denen eine schockierter als die andere ist. Ich mache ihnen keinen Vorwurf daraus. Selbst ich bin davon ausgegangen, wir hätten einen Monat Zeit, um uns daran zu gewöhnen, verlobt zu sein, und alles zu regeln, aber jetzt sind es plötzlich nur zwei Wochen.

Die Stille ist ohrenbetäubend. Mein Magen droht, seinen Inhalt auf den glänzenden Marmorboden zu ergießen, aber irgendwie schaffe ich es, den Geschmack von Galle, der mir in die Kehle gestiegen ist, herunterzuwürgen.

Du schaffst das.

»Überraschung!« Ich strahle in der Hoffnung, Declans wenig begeisterte Ankündigung etwas aufzupeppen, befreie meine Hand aus seiner und recke sie in die Höhe, damit jeder meinen Verlobungsring sehen kann. Eine Million Farben verfangen sich in dem Diamanten, bringen ihn zum Funkeln und lenken die Aufmerksamkeit aller auf das Symbol meines bevorstehenden Untergangs.

»Willkommen in der Familie, Iris.« Rowan, Declans jüngster Bruder, tritt aus der Menge hervor. Während die meisten Leute denken, dass er mit seinen braunen Haaren und dem dunklen Blick wie Declan aussieht, sind sich die beiden in meinen Augen kein bisschen ähnlich. Denn wo Rowan Anzeichen von Menschlichkeit zeigt, lässt Declan jegliches Mitgefühl vermissen.

Cal kommt ebenfalls auf uns zu, seinen Drink in die Luft gereckt. »Die Familientherapie findet immer donnerstagabends statt. Komm nicht zu spät!«

Ein paar Leute lachen, und meine Anspannung löst sich zumindest so weit, dass mir das Atmen wieder leichter fällt.

»Eine Stunde, dann gehen wir«, zischt mir Declan zu, so leise, dass nur ich ihn hören kann.

»Ich hätte eine halbe Stunde vorgeschlagen, aber wenn Sie darauf bestehen.«

»Halbe Stunde hin oder her, du solltest dich darauf einstellen, mich ab sofort zu duzen – sonst haben wir einiges zu erklären.« Er lächelt nicht, aber seine Augen leuchten. Wir wissen beide, dass wir es niemals in einer halben Stunde hier rausschaffen. Nicht, wenn Declan dreißig Jahre nach Seth der erste Kane ist, der heiratet. Diese Neuigkeit ist in etwa so spektakulär, wie wenn der Prinz von England ein Kind bekommt, und jeder der anwesenden Gäste wird ein paar Minuten mit ihm verbringen wollen.

Was auch immer Declan vielleicht noch hinzufügen wollte, bleibt ungesagt, als sein Vater Seth Kane die Menge teilt wie Moses das Meer. Die Intensität seines finsteren Blicks würde jeden schwächeren Menschen dazu bringen, in die Knie zu gehen.

Ich dagegen straffe die Schultern. Ich habe genug Zeit mit ihm verbracht, um zu begreifen, dass er sich von den Schwächen der Menschen um ihn herum ernährt.

Declan täuscht Gleichgültigkeit vor, abgesehen von dem winzigen Zucken in seinem Kiefer. Er ist ein Meister darin, seine Gefühle zu verbergen, aber hin und wieder schafft es dennoch eine Regung an die Oberfläche. Ein kaum merkliches Zusammenbeißen der Zähne. Ein schnelles Beugen und Strecken der Finger. Seine Augen verengen sich für einen Moment, bevor er wieder seinen gewohnt kühlen Blick aufsetzt.

»Entspann dich.« Ich lehne mich an ihn und streiche mit meiner Hand über seine Brust, genau an der Stelle, an der sein Herz pocht.

Du bist also nicht die Einzige, die nervös ist.

Anscheinend ist Declan menschlicher, als ich bisher dachte.

»Sohn.« Wie üblich macht sich Seth nicht die Mühe, meine Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen. Da ich für ihn keinen Zweck erfülle, existiere ich nicht. So einfach ist das.

»Vater.« Declan senkt sein Kinn.

Sie haben beide braune Haare und den gleichen finsteren, leeren Blick, aber damit enden ihre Ähnlichkeiten auch schon. Ich bin mir sicher, dass Seth in seinem früheren Leben ein gut aussehender Mann war, aber sein Alkoholmissbrauch hat ihn auf eine Weise altern lassen, gegen die Botox machtlos ist.

»Ich nehme an, es sind Glückwünsche angebracht.« Seth lächelt mich an, zum allerersten Mal überhaupt. Die falsche Geste löst Übelkeit in mir aus. »Mein Sohn kann sich glücklich schätzen, Sie in seinem Leben zu haben.«

Schon klar. Der Mann weiß nichts über mich. Nach drei Jahren nennt er mich immer noch Irene, wenn er anruft, um zu Declan durchgestellt zu werden.

»Heb dir deine falsche Freundlichkeit für die Kameras auf.« Declan legt seinen Arm um mich. Die Geste wirkt roboterhaft, doch ich weiß es zu schätzen, dass er zumindest versucht, diese ganze Sache so echt wie möglich wirken zu lassen. Die Betonung liegt auf versuchen. Er ist steifer als die Cocktails meiner Grandma, und die hauen jeden nach nur einem Glas um.

»Ein großartiger Rat von jemandem, der gerade eine ziemliche Show abzieht«, bemerkt Seth.

Declans Hand schließt sich fester um meine Hüfte. »Nur weil du in Bezug auf die Liebe so verbittert bist, heißt das nicht, dass der Rest von uns genauso denkt.«

»Du weißt überhaupt nichts über Liebe«, stößt Seth spöttisch aus.

»Es heißt, dass man viel aus den Fehlern anderer lernen kann, also vielen Dank dafür.«

Ein Riss zeigt sich in Seths wölfischem Lächeln. Nur ganz kurz, sodass ich beinahe glaube, ihn mir lediglich eingebildet zu haben, aber der Schmerz in seinen Augen bringt mich aus der Fassung.

Fall nicht darauf rein.

»Du weißt nichts darüber, was deine Mutter und ich durchgemacht haben, und ich hoffe sehr, dass du so etwas in deiner Ehe niemals durchmachen musst.« Mit diesen Worten macht Seth auf dem Absatz kehrt und verlässt den Ballsaal, ohne die Leute, an denen er vorbeikommt, auch nur eines Blickes zu würdigen.

So viel dazu, in der Öffentlichkeit wie eine glücklich vereinte Familie zu erscheinen.

Es gibt nicht viele Dinge, die Seth Kane unter die Haut gehen, aber die Erwähnung seiner Frau tut es jedes Mal. Es ist schwer, kein Mitleid mit ihm zu haben, nachdem er seine Frau an den Krebs verloren hat. Aber dann erinnere ich mich daran, was für ein Arschloch er gegenüber seinen Söhnen war, und all mein Mitgefühl ist wie weggewischt.

Jemand nähert sich uns und ruft Declans Namen.

»Lass uns das hinter uns bringen«, murmelt Declan leise.

»Ich hätte niemals gedacht, dass ich den Tag erleben würde, an dem sich Declan Kane verlobt …« Der Mann ignoriert mich, während er Declan auf die Schulter klopft und ihm etwas ins Ohr flüstert.

Ein Gast nach dem anderen kommt zu uns, um zu gratulieren. Oder besser gesagt, Declan zu gratulieren, mich übersehen sie allesamt, während sie ihm den Hintern küssen. Wodurch das drückende Gefühl tief in meinem Magen immer mehr zunimmt. Das Einzige, was ich an diesem Abend zu tun habe, ist, Declan dabei zuzusehen, wie er sich durch jede einzelne Unterhaltung quält, aber selbst das verliert nach einer Stunde den Reiz des Neuen.

Du könntest genauso gut unsichtbar sein.

* * *

Der DJ fordert alle Anwesenden auf, die Tanzfläche zu räumen, als eine langsame Melodie aus den Lautsprechern tönt.

Ich weiß sofort, dass wir in Schwierigkeiten stecken. Und Declan scheint es ebenfalls zu realisieren, als sich unsere Blicke durch den Raum hinweg begegnen. Normalerweise würde ich über das winzige Zucken in seinem Kiefer lachen, aber da ich Teil dieser Folternummer bin, kann ich mich kaum zu einem Lächeln aufraffen.

Er kommt auf mich zu und nimmt meine Hand.

»Kannst du tanzen?«, murmele ich.

»Natürlich kann ich tanzen.« Obwohl Declans Miene leer wie eine weiße Leinwand bleibt, macht die Art und Weise, auf die er meine Hand im Würgegriff hält, deutlich genug, wie er sich bei all dem fühlt.

Er hasst die Aufmerksamkeit, die auf uns liegt, genauso sehr wie du.

Mein Körper fühlt sich an, als hätte ihn jemand angezündet. Hunderte Blicke durchbohren mein sorgfältig hergerichtetes Äußeres, und meine Nervosität nimmt nur noch zu, als Declan mich an sich zieht. Eine seiner Hände schlängelt sich um meinen Rücken, während er mit der anderen meine zitternden Finger umklammert, fest genug, um das Blut darin abzuschnüren.

Als er mit den Fingerspitzen den Ansatz meines Pos streift, schießen Funken über meine Haut, und ich schnappe nach Luft.

»Lass das«, presse ich durch meine zu einem gezwungenen Lächeln verzogenen Lippen hervor.

»Was soll ich lassen?«

»Mich so zu berühren.«

»Du bist meine Verlobte«, antwortet er, als würde das alles erklären.

Doch er zieht die Hand zurück, und ich seufze erleichtert auf, nur um erneut zusammenzuzucken, als er mich so plötzlich an sich zieht, dass kein Blatt mehr zwischen uns passen würde. Atmen ist ab diesem Zeitpunkt offiziell optional.

»Was soll das denn bitte für ein Tanz sein?«

»Die Art, bei der uns alle filmen.«

Mein Gesicht fühlt sich wie geschmolzen an, als ich mich umsehe. »O Gott.«

Er schmiegt seine Wange an meinen Kopf, und ich könnte schwören, dass ich ab diesem Punkt praktisch über die Tanzfläche schwebe. Für jemanden, der kein Interesse an einer Beziehung hat, leistet er großartige Arbeit darin, eine vorzutäuschen. Es bringt mich dazu, unser ganzes bisheriges Verhältnis zueinander infrage zu stellen – wo hat sich dieser Mann bis heute versteckt? Und noch wichtiger, wieso hält er ihn versteckt?

Warum spielt das überhaupt eine Rolle? Es ist alles nur gespielt.

Der Gedanke ernüchtert mich, und mein Magen zieht sich vor Enttäuschung zusammen. Das hier ist nichts anderes als eine Show zum Vergnügen aller anderen. Ich habe mich vielleicht einen Moment lang darin verfangen, aber ich muss mich daran erinnern, warum ich der ganzen Sache zugestimmt habe. Dies ist keine echte Beziehung. Daran ändern auch noch so viele Küsse auf die Stirn oder intime Berührungen nichts.

Halt dich an die Regeln, und du wirst nicht verletzt.

Dieses Mantra wiederhole ich immer und immer wieder, während Declan uns zu dem Lied über die Tanzfläche führt. Am Ende des Songs fühle ich mich stärker als vorher und bereit, Fakten von Fiktion zu trennen.

Auf in den Kampf.

* * *

Ich stehe eine weitere halbe Stunde schweigend an Declans Seite, bevor ich es endlich schaffe, auf die Toilette zu flüchten. Im Waschraum schöpfe ich kaltes Wasser in meine Hände und kühle mir damit die Wangen. »Du hast die Sache im Griff, Iris. Lass dich nicht aus dem Konzept bringen.«

Leichter gesagt als getan.

Auch wenn keiner der Gäste mehr als ein paar Worte zur Begrüßung an mich gerichtet hat, beobachten sie mich wie eine Laborratte. Es ist erstaunlich, wie viele der Frauen versuchen rauszufinden, an welchem Getränk ich nippe und ob mein aufgeblähter Bauch von einer Schwangerschaft oder einer Riesenportion Pasta herrührt. Ich habe mir nie Gedanken um meine Figur gemacht, aber die Art und Weise, wie sie mich von oben bis unten taxieren, führt dazu, dass mir unter meinem Seidenschal heiß wird.

Sie können dir egal sein. Es spielt keine Rolle, was sie denken.

Ich straffe die Schultern und ziehe meinen Lippenstift nach, bevor ich den Waschraum verlasse. In dem Moment, als ich mich wieder Richtung Ballsaal wenden will, packt mich jemand am Ellbogen und bringt mich damit beinahe aus dem Gleichgewicht.

»Wie viel zahlt er Ihnen?« Declans Vater dreht mich zu sich herum, damit ich ihn ansehe.

Ich ziehe meinen Arm aus seinem Griff. »Ich habe keine Ahnung, von wem oder was Sie sprechen.«

»Ich bin bereit, Ihnen das Doppelte von dem zu zahlen, was er Ihnen angeboten hat, um diese Verlobung zu lösen.«

Meine Augen weiten sich. »Wie bitte?«

»Sie können unmöglich dermaßen beschränkt sein.«

»Sie sollten darauf achten, Klartext mit mir zu sprechen, ich habe meine Schwierigkeiten mit komplexen Zusammenhängen.«

»Declan muss ziemlich verzweifelt sein, dass er sich ausgerechnet für Sie entschieden hat.«

Die Unverschämtheit dieses Mannes kennt keine Grenzen. »Ich kann mich sehr glücklich schätzen. Ihren Sohn zu heiraten, ist wie ein wahr gewordener Märchentraum.«

Er stößt ein undefinierbares Geräusch aus. »Machen Sie sich nichts vor. Declan heiratet Sie lediglich wegen seines Erbes.«

»Was?« Ich verleihe meiner Stimme den perfekt entsetzten Tonfall.

»Sie wissen nichts davon.« Er zieht die Brauen zusammen.

Jetzt habe ich ihn genau dort, wo ich ihn haben will. »Wovon reden Sie? Er hat keine Erbschaft erwähnt.« Ich bringe meine Unterlippe zum Zittern, und das Ergebnis ist ein Wunder.

»Der einzige Grund, aus dem er Ihnen einen Ring an den Finger gesteckt hat, ist der, dass er scharf auf meinen Posten ist. Ohne Sie hat er keine Chance, CEO zu werden.«

Ich blinzle zweimal. »Ich verstehe nicht ganz …«

Sein bitteres Lachen lässt mich zurückschrecken. »Sie können doch nicht ernsthaft angenommen haben, dass er Sie aus Liebe heiratet?«

»Warum sonst, wenn nicht aus Liebe?« Ich presse eine Hand auf meine Brust, kratze mit den Nägeln über den Stoff meines Kleides, als wollte ich mir das Herz herausreißen. Wenn Cal hier wäre, würde er mir garantiert eine Medaille für meine schauspielerischen Leistungen verleihen. Vielleicht würde Declan mir sogar eine Gehaltserhöhung anbieten.

»Warum sonst? Für sein Erbe. Ohne Frau und Kind hat er keine Chance, CEO zu werden.«

»Ist das Ihr Ernst? Was ist nur mit Leuten wie Ihnen los?« Meine Stimme wird immer zittriger, als könnte ich jeden Moment in Tränen ausbrechen.

Er schiebt die Hände in die Hosentaschen. »Bedauerlicherweise.«

»Woher wissen Sie das alles?«

»Wie ich es herausgefunden habe, spielt keine Rolle.«

Ich widerstehe dem Impuls, die Augen zu verdrehen. »Haben Sie Beweise? Sie können nicht ernsthaft annehmen, dass ich dumm genug bin, Ihnen mehr Glauben zu schenken als meinem Verlobten.«

Seine Augen verengen sich ganz leicht, als wollte er sagen, Doch, ich denke, dass Sie so dumm sind. Zumindest führen seine falschen Annahmen über mich dazu, dass diese Unterhaltung umso besser für mich läuft.

»Er und ich haben über all das gesprochen, als er mich um meinen Rat gebeten hat. Ich habe versucht, ihn zu warnen, die Sache durchzuziehen, aber er hat mir nicht zugehört.«

Erwischt! Declan würde niemals mit seinem Vater über sein Erbe sprechen, was bedeutet, dass Seth Kanes Annahmen ausschließlich auf Spekulation beruhen. Angesichts dieser Erkenntnis muss ich beinahe lachen, aber ich bin noch nicht bereit, aus meiner Rolle zu schlüpfen. Dafür macht es mir viel zu viel Spaß, mit Chicagos größtem Arschloch zu spielen.

Ich tupfe mir vermeintlich verstohlen die Augenwinkel. »Verzeihung. Ich fühle mich von alledem nur so überwältigt.«

Mr. Kane schüttelt den Kopf, als wäre er von Declans Lebensentscheidungen aufrichtig angewidert. Angesichts seiner eigenen Geschichte dürfte er sich eigentlich nicht so weit aus dem Fenster lehnen, aber er liefert eine ziemlich gute Show ab. »Mein Sohn sollte es besser wissen, als mit den Gefühlen einer unschuldigen Frau zu spielen. Ich dachte, ich hätte ihn anders erzogen.«

Ein Satz, an dem so viel falsch ist, dass ich nicht mal im Ansatz weiß, wie ich darauf reagieren soll.

Lass seine Worte nicht an dich ran. Er versucht nur, dich einzuschüchtern, damit du die geplante Hochzeit absagst.

Ich strecke den Rücken durch. »Es gibt nur eine Person, die mit meinen Gefühlen spielt, und die steht in diesem Moment vor mir. Dennoch vielen Dank für die Informationen. Ich bin mir sicher, dass Declan sehr daran interessiert sein wird, alles über Ihren Versuch, unsere Verlobung zu ruinieren, zu erfahren.«

Seine Miene verwandelt sich in etwas, das aus dem Albtraum eines Kindes stammen könnte. »Sie halten sich also für clever?«

»O nein, ich weiß, dass ich es bin.«

»Ich habe versucht, Sie vor einer lieblosen Ehe zu retten, aber wie es scheint, habt ihr beide einander verdient.«

»Da wir heiraten werden, hoffe ich das sehr.«

»Er wird Sie niemals lieben. Dazu ist er nicht in der Lage.«

»Wenn ich einen väterlichen Rat von einem Versager-Vater haben wollte, würde ich meinen eigenen anrufen.« Ein Schlag unter die Gürtellinie für all den Mist, den Seth Kane seinen Kindern angetan hat.

Sein Kiefer spannt sich deutlich an. »Wir sind noch nicht miteinander fertig.«

Ich schenke ihm ein strahlendes Lächeln, als ein paar Gäste an uns vorbeigehen, und erwidere dann mit gesenkter Stimme: »Das hoffe ich. Ich genieße es sehr, Ihnen dabei zuzusehen, wie Sie sich zum Narren machen.«

Damit lasse ich Declans Vater stehen und in dem Shitstorm schmoren, den er selbst heraufbeschworen hat.

* * *

»Dein Vater weiß Bescheid«, ist das Erste, was ich sage, als Declan ins Auto steigt. Harrison, Declans Chauffeur, schließt die Tür, bevor er sich auf den Fahrersitz gleiten lässt.

Declan legt den Kopf schief. »Was meinst du mit ›er weiß Bescheid‹?«

»Sagen wir einfach, er und ich hatten eine Unterhaltung unter vier Augen, nachdem er mich vor der Damentoilette in die Enge getrieben hat.«

Sein angewiderter Blick spiegelt meine Gefühlslage wider. »Erzähl mir ganz genau, was er gesagt hat.«

Ich gebe das gesamte Gespräch wieder, von den Vermutungen seines Vaters bis zu seinem Angebot, mir das Doppelte zu zahlen, damit ich die Verlobung löse. Declan schweigt, bis ich fertig bin.

»Er hat keine Beweise.«

Ich ringe meine Hände im Schoß. »Das heißt nicht, dass er aufgibt, bevor er welche findet.«

»Dann werden wir allen die Show liefern, auf die sie so scharf sind.«

»Machst du dir keine Sorgen, dass er irgendetwas vollkommen Irrationales tun könnte?«

Seine Augen leuchten auf, als hätte er gerade eine besondere Herausforderung angenommen. »Ich sehe ihm gerne dabei zu, wie er es versucht. Es gibt nichts, was ich lieber täte, als ihn ein für alle Mal fertigzumachen.«

Ein Schauer läuft mir über den Rücken. »Okay. Und wie sieht unser Plan aus?«

»Unser Plan?«

Ich wackle mit meinem Ringfinger. »Der hier macht dich automatisch zum Teamplayer.«

Die Muskeln in seinem Kiefer verkrampfen sich sichtlich. »Du hast keine Ahnung, worauf du dich einlässt.«

»Wenn ich Cals Geschichten Glauben schenken darf, dann dürfte ich die haben.«

»Was auch immer Cal dir erzählt hat, ist eine verwässerte Version der Wahrheit.«

Ich runzele irritiert die Stirn. »Wie meinst du das?«

Declan presst die Lippen zusammen. Schweigen breitet sich zwischen uns aus. Offensichtlich hat er nicht vor, auf meine Frage zu antworten.

Ich verdrehe die Augen. »Na dann, ich weiß deine Besorgnis zu schätzen, aber dein Vater macht mir keine Angst. Du kannst dir deine Warnungen also sparen.«

»Du musst eindeutig an einer Art Todessehnsucht leiden. Eine andere Erklärung fällt mir für dein irrationales Verhalten nicht ein.«

Ich muss lachen. »Offensichtlich tue ich das, sonst hätte ich niemals eingewilligt, dich zu heiraten.«

KAPITEL VIER

Iris

Du bist was?!« Moms dunkle Augen werden groß. Sie flicht ihre Hände ineinander, als wollte sie sich davon abhalten, sich durch die Korkenzieherlocken zu fahren.

»Sie hat gesagt, sie ist verlobt«, antwortet Nana an meiner Stelle, bevor sie ihren Kaffee schlürft. Ihre ergrauenden Locken, die ein Erbe ihrer senegalesischen Abstammung sind, fallen ihr über die Schulter, als sie auf dem Korbstuhl ihre Sitzposition verändert.

»Wie? Wo? Mit wem? Soweit ich mich erinnern kann, hast du vor Kurzem noch behauptet, Single zu sein.« Feine Falten haben sich in die Haut um die Augen meiner Mutter gegraben.

»Es ist kompliziert.« Das ist zumindest eine Art, auf die man es ausdrücken kann.

Vielleicht hat mich meine Verlobungsfeier aus der Hölle doch noch nicht gut genug auf diese Art von Gespräch vorbereitet.

»Dann rück endlich mit der Sprache raus. Ich weiß nicht, wie lange ich noch auf dieser Erde weilen werde, und so wie du herumstammelst, wirst du vor deiner Hochzeit noch eine Beerdigung organisieren müssen«, fügt Nana mit ernster Miene hinzu. Wahrscheinlich ist allein sie der Grund dafür, dass ich es geschafft habe, einem Haufen Fremder vorzutäuschen, eine Verlobung zu feiern.

»Es gibt nicht viel zu planen; wir werden ganz intim heiraten, nur wir zwei.«

»Wie bitte?!« Moms Keuchen lässt mein Lächeln verblassen. »Das werdet ihr nicht. Du bist mein einziges Kind, und ich werde nicht zulassen, dass du den Bund der Ehe in irgendeinem Hinterzimmer eines Gerichtsgebäudes schließt.«

»Was soll denn verkehrt daran sein? So hab ich schließlich auch geheiratet.« Nana klingt tatsächlich beleidigt.

»Eben, Mutter«, sagt meine Mom.

»Die Location war toll. Ich habe meinen frisch verheirateten Hintern auf die Bourbon Street geschwungen, und dein Vater und ich hatten eine wilde Nacht.«

»Ich kenne die Geschichte meiner Zeugung bestens, kein Grund, sie noch mal aufzuwärmen.«

Ich habe keine Ahnung, wie es die beiden unter einem Dach aushalten, seit ich nicht mehr hier wohne und zwischen ihnen vermittle. »Wollt ihr meine Geschichte hören, oder möchtet ihr mich für den Rest meines Lebens traumatisieren?«

»Deine Geschichte«, antworten sie wie aus einem Mund.

Ich erzähle ihnen, wie Declan und ich auf einem gefährlich turbulenten Flug nach Tokio unsere wahren Gefühle füreinander erkannt haben. Wie ich in Tränen ausgebrochen bin aus Angst, bei einem Flugzeugabsturz zu sterben, und Declan mich geküsst hat, um mir meine Panik zu nehmen. Der schwierigste Teil meiner Lüge ist der, vorzugeben, unsere Beziehung ein Jahr lang geheim gehalten zu haben, weil ich mir nicht sicher gewesen sei, wie sie sich entwickeln würde. Es ist schon beinahe witzig, dass sie angesichts meiner Erfolgsbilanz mit Männern dennoch die glaubwürdigste von allen ist.

»Du willst mir sagen, dass du mit Declan Kane verlobt bist? Freiwillig?«, keucht meine Mutter.

»Ist das so schwer zu glauben?«

Mom hört auf, in der Küche auf und ab zu gehen, um mich anzusehen. »Nein. Um ehrlich zu sein, nicht wirklich.«

Mir fällt die Kinnlade herunter. »Was?«

Meine Grandma lacht. »Ach, komm schon. Du hast letztes Weihnachten bei uns ausfallen lassen, um Zeit mit ihm in Tokio zu verbringen.«

»Ich habe gearbeitet.«

Nana lacht noch lauter. »Genau. Wir arbeiten alle gerne, Liebling. Einige mehr als andere. Und am besten mehrmals am Tag.«

Ich verschlucke mich an meinem Kaffee. »Ich dachte, die Libido nimmt mit dem Alter ab.«

»Ich verfüge über Erinnerungen, die mich ein Leben lang begleiten.«

Mom stöhnt auf. »Und die nimmst du bitte mit ins Grab.«

Inzwischen heult Nana vor Lachen.

Mom setzt sich neben mich und greift nach meiner linken Hand, um den Ring von allen Seiten zu begutachten. »Bist du dir sicher?«

Ich nicke. »Natürlich.«

Dafür, dass du deine eigene Mutter anlügst, wirst du in der Hölle schmoren.

Wenigstens können Declan und ich dann im Jenseits zusammenbleiben.

»Das kommt so völlig …«, meine Mutter kämpft sichtlich darum, die richtigen Worte zu finden.

»Aus heiterem Himmel?«

»Ja.«

»Es ist etwas … Besonderes. Ich liebe ihn wirklich.« Es kostet mich meine ganze Willenskraft, die Sätze mit aufrichtiger Miene herauszubringen.

Sie neigt den Kopf. Meine Mutter hat es immer geschafft, die Wahrheit aus mir herauszukitzeln, auf die eine oder andere Weise. Ich beiße mir auf die Lippe, um mich davon abzuhalten, etwas Dummes zu sagen.

Wie zum Beispiel die Wahrheit?

Ach, halt denMund, verbanne ich mein schlechtes Gewissen in die hinterste Ecke meines Kopfes.

»Er ist dein Vorgesetzter.«

»Ich weiß.«

»Er ist viel älter als du.«

»Soll das was Schlechtes sein? Ich kann nämlich nur Positives daran finden«, wirft Nana ein.

»Wir suchen uns nicht aus, in wen wir uns verlieben.«

Mom seufzt. »Nein, das tun wir nicht.«

Die Schuldgefühle sind zurück und ziehen sich wie ein Lasso immer fester um mein Herz zusammen. Meine Mutter ist das Aushängeschild dafür, was es bedeutet, sich in jemanden zu verlieben, in den man sich nicht verlieben sollte, und ich war das unerwartete Ergebnis dieser Liaison.

Sie drückt beruhigend meine Hand. »Solange du glücklich bist, freue ich mich für dich.«

Ich nicke nur, weil ich Angst habe, welche Worte aus meinem Mund kommen könnten. Würde meine Mutter den wahren Grund für meine Verlobung kennen, wäre sie vermutlich weit weniger begeistert. Wenn sie wüsste, dass ich vorhabe, mich an einen Mann zu binden, der mich nicht mal wirklich mag, und an ein Baby, das er nicht will, würde sie sich mit Sicherheit die größten Sorgen um mich machen. Sie würde mehr für mich wollen, als in ihre Fußstapfen zu treten.

Und meine Panik wird noch größer, als Nana den Mund öffnet und fragt: »Und wann lernen wir ihn kennen?«

* * *

Als ich meine Haustür öffne, sehe ich Cal im Rahmen lehnen. »Du bist mir aus dem Weg gegangen«, sagt er.

»Ich hab mich mit den Folgen meiner Entscheidungen befasst.« Ich mache einen Schritt zur Seite, damit er meine Wohnung betreten kann. Er lässt den Raum sofort zehnmal kleiner erscheinen. Meine Wohnung ist nichts Besonderes, aber sie gehört allein mir – nach Jahren harter Arbeit und vielen Menschen, die an mir gezweifelt haben.