Drei Musketiere - Eine verlorene Jugend im Krieg, Band 19 - Frank Hille - E-Book

Drei Musketiere - Eine verlorene Jugend im Krieg, Band 19 E-Book

Frank Hille

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Beschreibung

Ohne es zu wissen, liegen Fred Beyer und Günther Weber mit ihren Einheiten im Bereich der Heeresgruppe Mitte recht nah voneinander in ihren Bereitstellungsräumen. Die HG Mitte befindet sich in einer exponierten Position, sie steht von den deutschen Verbänden am weitesten ostwärts. Eine in diese Richtung zeigende "Ausbeulung" des deutschen Herrschaftsbereiches wirkt wie eine Einladung an die Sowjets, eine Zangenoperation auszuführen. Momentan sammelt der Gegner aber Kräfte, er wird vermutlich demnächst offensiv wirksam werden. Martin Haberkorn soll den Bau der neuen Elektroboote als Kommandant und Ingenieur auf den Werften mit begleiten. Davor steht noch eine Feindfahrt, die ihm nochmals zeigt, wie chancenlos die deutsche U-Bootwaffe mittlerweile ist.

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Impressum

Drei Musketiere

Eine verlorene Jugend im Krieg

Band 19

1944

Copyright: © 2019 Frank Hille

Published by: epubli GmbH, Berlin

www. epubli.de

Martin Haberkorn, 21. April 1944, Brest

Fred Beyer, 21. April 1944,

Günther Weber, 21. April 1944,

Martin Haberkorn, 21. April 1944, Brest

Fred Beyer, 25. April 1944, Russland

Martin Haberkorn, 26. April 1944, Brest

Günther Weber, 26. April 1944, westlich von Kowel

Martin Haberkorn, 29. April 1944, Biskaya

Ostukraine, Mai 1944

Martin Haberkorn, 3. Mai 1944, Brest

Fred Beyer, 15. Mai 1944, östlich von Minsk

Martin Haberkorn, 15. Mai 1944, Brest

Fred Beyer, 15. Mai 1944. Marsch zur Front

Günther Weber, 17. Mai 1944, Minsk

Martin Haberkorn, 21. April 1944, Brest

Das Gespräch beim Flottillenchef hatte in einer sehr angenehmen, aber auch nachdenklichen Atmosphäre stattgefunden. Der Grund dafür war sicher auch der gewesen, dass sich die beiden Männer schon lange kannten und schätzten. Vollkommen zwangslos hatten sie auf zwei gegenüberstehenden Ledersofas Platz genommen, eine Ordonanz war schnell mit Kaffee und Cognac dagewesen, einen Aschenbecher auf den kleinen Tisch gestellt und war dann wieder sofort verschwunden. Martin Haberkorn war ein mäßiger Raucher und Trinker, der sehr bewusst und genussvoll konsumierte, und so konnte er durchaus einschätzen, dass der Cognac zu einer der weitaus besseren als in den Messen zu bekommenden Sorten zählte, und die Zigarren eine ausgezeichnete Qualität aufwiesen. Er hielt nicht allzu viel davon wie andere Kommandanten beim Einlaufen großspurig auf dem Turm zu posieren und eine Zigarre zu paffen. Vielmehr war es einzig und allein eine ganz pragmatische Entscheidung von ihm gewesen sich für die Stumpen zu entscheiden, und da er nun einmal gern rauchte und auf den Reisen eben wenig Gelegenheit dazu da war, hatte er Zigarren ausgewählt, weil die länger als eine Zigarette brannten und nicht bei jedem Windzug zerbröselten oder gar ausgingen. Sich eine Pfeife zu stopfen war ihm viel zu umständlich, und er musste ständig an ihr herumnuckeln, um den Tabak am Glimmen zu halten. Mit einer Zigarre in der Hand konnte er sich bei Überwasserfahrt in ruhigen Gewässern eine Weile auf dem Turm oder im Wintergarten aufhalten und den Rauchkringeln nachsehen. Anfangs hatte er mit dem doch recht starken Tabak seine Probleme gehabt, aber dann den Bogen rausgekriegt, und nicht jeden Zug auf Lunge genommen. Haberkorn wusste sehr genau, dass ein starker Raucher zu Beginn des Seekrieges durchaus öfter einmal am Oberdeck seinem Laster nachgehen konnte, aber diese Zeiten waren längst vorbei. Jetzt wurden die Boote bei Tag und Nacht in den wichtigen Gebieten der Geleitzugrouten ständig unter Wasser gezwungen, und schon das Auftauchen an sich war immer eine kritische Situation. Hatten sich früher etliche Männer auf dem Oberdeck zum Rauchen aufhalten können war jetzt eine Art Ablösesystem für einzelne Leute eingeführt worden, weil Haberkorn so wenig Matrosen als möglich oben haben wollte, denn dann mussten bei Alarm auch mehr Männer einsteigen und das kostete lebenswichtige Zeit. Heute waren die Normzeiten längst von der Realität eingeholt worden und es gab das Ziel, diese größtmöglich zu unterschreiten. Jede Sekunde späteres Wegtauchen war für eine anfliegende Maschine des Gegners ein wichtiger, und für das Boot möglicherweise ein tödlich wirkender Streckengewinn. Die Alliierten hatten mächtig aufgerüstet und die herkömmliche Art des Abwerfens von Bomben auf ein Boot war schon lange nicht mehr das einzige Angriffsverfahren. Der Einsatz von Raketen war nunmehr sehr intensiviert worden, und obwohl die Treffgenauigkeit noch nicht allzu hoch war und den Besatzungen der Flugzeuge noch die ausreichende Erfahrung fehlte hatte der geballte Einsatz dieser Waffen schon einige deutsche U-Boote auf den Grund geschickt. Manchmal erlaubte Haberkorn den Männern in der Zentrale an der „Zimmerlinde“, dem Schacht für die Ausfahrgeräte, und unter dem offenen Turmluk eine kurze Smoketime.

Jetzt saß er entspannt im Dienstzimmer des Flottillenchefs und hielt eine dampfende Zigarre in seiner linken Hand, in der rechten ein bauchiges Cognacglas. Der Schnaps schimmerte goldgelb und in einer Intensität, die er bei so einem Getränk noch nicht gesehen hatte. Er hob das Glas etwas an, bewegte es leicht und ließ die Flüssigkeit dadurch ein wenig kreisen. Das Licht brach sich vielfach und er meinte ein intensives Farbenspiel zu erkennen.

„Das ist schon ein edler Tropfen“ sagte der Korvettenkapitän „nicht so eine Plörre wie in der Messe. Das sind ja ganz üble Verschnitte, die aus allem Möglichen zusammengemischt sind. Aber, sie machen eben schnell besoffen, allerdings auch ordentliche Kopfschmerzen. Doch wen interessiert das schon, wenn er von einer ganz üblen Reise zurückkommt, und gerade noch einmal davongekommen ist. Da müssen doch die schlechten Erinnerungen erst einmal schnell vertrieben werden. An den Kater denkt da noch keiner. Aber wie gesagt, das hier ist ein guter Schluck und ich halte es mit der Devise, dass man für einen wahren Genuss eben auch bezahlen muss. Warum ich Sie eingeladen habe? Nun, Herr Oberleutnant, es stehen Veränderungen an. Gestern ist endgültig die Entscheidung durch die Werftkommission und die Herstellerwerft getroffen worden, Ihr Boot als nicht mehr fronttauglich zu erklären. Man hat mir deshalb vorgeschlagen es aus dem aktiven Bestand herauszunehmen und als Teilespender zu nutzen. Der Stab beim BdU hat auch schon zugestimmt. Warum jetzt so erstaunt? Sie haben das doch auch geahnt, oder etwa nicht? Als der Schlitten nach der letzten Reise so lala wieder repariert worden war stand doch schon fest, dass er durch die heftigen Waboangriffe strukturell nur noch mäßig belastbar war. Wenn man die Garantie der maximalen Tauchtiefe von 200 Metern auf 160 verringert heißt das doch nichts weiter, als dass das Boot wie eine weiche Matratze ist und durchhängt. Aber bei Preußens ist ja alles geregelt. Also erklärt man das Fahrzeug für einsatzfähig, aber eben mit dieser Einschränkung. Und beim Tieftauchversuch hatte sich ja dann auch gezeigt, dass mehr wirklich nicht drin gewesen war. Ich habe mich also für eine erneute Überprüfung des Bootes stark gemacht, denn ich bin für die Boote und das Leben deren Besatzungen verantwortlich und lasse es in so einem Zustand nicht auf eine neue Reise gehen. Jedenfalls haben dann wohl doch einige kalte Füße wegen der miesen Ergebnisse gekriegt. Tja, jetzt stehen Sie erst mal ohne Boot da. Aber mal ganz ehrlich, hätten Sie noch ein gutes Gefühl mit diesem morschen Schlitten gehabt?“

„Nein, Herr Kapitän.“

„Na also. Ich muss ausdrücklich anerkennend sagen, dass die Führung sofort reagiert hat. Der BdU hat doch schon lange begriffen, dass unser wichtigstes Kapital, wenn man das mal so sagen darf, das Personal ist. Ihnen muss ich das ja nicht erzählen, aber wer weiß von den anderen denn schon, wie lange die Ausbildung und das Einfahren einer Besatzung dauert? Vor ein paar Jahren mag das ja noch nicht so kritisch gewesen sein, wenn die Leute an Bord noch nicht gleich zu Beginn so spurten. Heute wird aber jeder Fehler sofort bestraft. Und zwar so, dass die Drei-Sterne-Meldungen drastisch zunehmen. Manchmal sitze ich dann abends allein hier und warte auf eine Meldung eines Bootes. Na klar, da kann ja der Funkpeiler abgesoffen sein, oder das Boot wird seit vielen Stunden unter Wasser gejagt und kann sich nicht melden. Oder die Wabos haben die ganze Funkerei zerdeppert. Es gibt ja viele Möglichkeiten, was alles zu Bruch gegangen sein kann.“

Der Mann griff sich die Cognacflasche und schenkte nach.

„Natürlich kann man sich kaltschnäuzig geben und ein paar Sprüche wie „wo gehobelt wird fallen Späne“ oder was Ähnliches von sich geben“ fuhr er fort „aber hinter jedem Verlust stehen die Schicksale von vielen jungen Männern und ihren Familien. Ich selbst bin mit der klaren Gewissheit Marineoffizier geworden, dass es mich auch auf einer Reise erwischen kann. Das gehört eben dazu, wenn man sich für so einen Beruf entscheidet. Ich bin seit Anfang an in der U-Boot-Waffe dabei. Man hat uns zu dieser Zeit ja gar nicht ernst genommen, natürlich vor allem die Leute auf den großen Überwassereinheiten. Für die sind wir lange diejenigen gewesen, die mit Heimtücke angreifen und ein ehrenvolles Gefecht scheuen. Das soll mir mal einer definieren, zum Beispiel solche Begriffe wie ritterlicher Kampf. Das ist doch totaler Quatsch. Wenn die auf ihren dicken Pötten die schweren Koffer ihrer Hauptartillerie abfeuern sehen die vom Gegner doch rein gar nichts, das erledigen die Funkmessanlagen. Dann gehen die Granaten 20 Kilometer weit entfernt hoch, und treffen vielleicht auch. Was bitteschön soll daran ritterlich sein? Da ist das bei uns doch n bisschen anders. Wir müssen eben nah ran. Dass wir aus der Deckung heraus angreifen, na und, so ist unsere Waffe eben konzipiert. Dabei sind unsere Boote doch wesentlich seetüchtiger als die Überwasserschiffe. Ein Hauch von Sturm, und die Herren bleiben lieber in den Häfen, es könnte ja ungemütlich werden. Wir knüppeln uns bei jedem Wetter fast die Knochen aus dem Leib um den Gegner zu stellen. Es ist eine zutiefst verlogene Debatte.“

Der Kapitän trank den Cognac aus, er schenkte nochmals nach.

Haberkorn schwieg.

„Im April 1937 bin ich als II. WO mit U 27 zu Tauchübungen in der Biskaya ausgelaufen, dann haben wir vor La Coruna an der Seeüberwachung vor Spanien teilgenommen. Nach 4 Wochen waren wir wieder zurück. Dann hieß es immer wieder Tauch- und Geleitübungen, alles trainieren, bis es im Schlaf saß. Anstrengend, aber auch sehr befriedigend. Im Herbst 1938 bin ich zum Kommandantenlehrgang abkommandiert worden, im Juni 1939 konnte ich mein eigenes Boot übernehmen. Sie wissen ja wie man sich dann fühlt, man ist auf einmal der Alte! Obwohl man eigentlich noch nicht alt ist. Vergleichsweise zu einem Zivilisten an Land. Zu Kriegsbeginn haben wir dann richtig unter den Frachtern gewildert. Mit Torpedos, mit dem Deckgeschütz. Manchmal war es ein Scheibenschießen. U 27 ist schon im September 1939 versenkt worden. Ich habe es damals als Schicksal gesehen, dass ich vorher von Bord kommandiert worden war. Heute weiß ich aber, dass vieles zusammenkommt, was über den Ausgang einer Reise entscheidet. Und dazu gehört ein technisch einwandfreies Boot, und vor allem eine erfahrene Besatzung und ein Kommandant, der immer abwägen kann, was mehr zählt: ein Versenkungserfolg, oder das Leben von 50 Männern. Nein, Herr Oberleutnant, so habe ich nicht immer gedacht. Natürlich wollte ich auch die Blechkrawatte haben, ich hab‘ sie schnell um den Hals tragen können. Auf einmal gehörte man zu den „Assen“, man war wer. Ein Name, der in der ganzen Marine bekannt war, auch darüber hinaus. Und das polierte Stück Blech am Band sagte den anderen: das kannst du auch schaffen, dann steigst du in den Kreis der Besten auf. Tue alles, um dazu zu gehören. Einige haben es geschafft, viele andere sind abgesoffen. Abgesoffen, weil ihnen ein Stück Blech für drei Reichsmark Herstellungskosten wichtiger war als ihr eigenes und das Leben der anderen Männer. Das möchte ich Ihnen ersparen, Herr Oberleutnant. Nein, Sie sollen noch nicht ganz aussteigen und sich an Land in der Verwaltung langweilen, Sie erhalten eine neue Aufgabe nach noch einer letzten Reise. Waldmann ist im Urlaub bei einem Luftangriff ums Leben gekommen. Dumme Sache. Das war ein guter Mann. Überlegt, kein Hasardeur. Und nun hat’s ihn auch erwischt. Sie übernehmen sein Boot noch einmal für Ihre vorläufige Abschiedsreise. Von Waldmanns Leuten schicken wir 11 auf Lehrgänge, 16 gehen in Gruppen auf andere Boote, und von Ihrer Besatzung werden wir auch einige Männer zu Qualifizierungen befehlen oder auf andere Boote versetzen. Das heißt also, dass sie auf dem Boot dann ungefähr die Hälfte von Waldmanns Männern haben, und die andere Hälfte Ihre Leute stellen. Ob das gut ist weiß ich nicht, aber es ist einen Versuch wert. Jedenfalls sind es alles erfahrene Leute, das ist schon was heutzutage. So, wir trinken jetzt den letzten für heute, dann erzähle ich Ihnen alles in Ruhe. Wissen Sie, wenigstens sind die Verlustzahlen ein wenig zurückgegangen, aber man kennt doch fast jeden hier in der Flottille. Und wenn dann wieder einer draußen bleibt ist das schon eine bittere Sache. Na gut, beenden wird das Thema. Prost!“

Die beiden Männer tranken.

Haberkorn hatte großen Respekt vor dem ungefähr 10 Jahre älteren Mann. Der Kapitän zählte mit zu den Pionieren beim Aufbau der deutschen U-Boot-Waffe nach dem verlorenen Krieg mit all seinen Restriktionen im militärischen Bereich. Fast aus dem Nichts heraus war diese Truppengattung erneut entstanden und schnell gewachsen. Als einer der besten Kommandanten in den Jahren von 1939 bis 1941 hatte der Kapitän große Versenkungserfolge erzielen können, aber war nach dem Tod von Prien und Lemp schnell an Land versetzt worden. In dieser Verwaltungsstellung musste er miterleben, wie sich das Blatt zugunsten der Alliierten wendete, und die Jäger zu Gejagten wurden. Aber diese Abkommandierung hatte seinen Grund gehabt, man wollte nicht noch mehr der „Asse“ verlieren.

„So, zur eigentlichen Sache jetzt. Wir haben ja alle über den Buschfunk vom Bau neuer revolutionärer Boote gehört. Sicher hat jeder so seine eigenen Vorstellungen davon gehabt. Wir beide wissen ganz genau, welche Forderungen erfüllt werden müssen. Eine höhere Unterwassergeschwindigkeit, demzufolge eine deutlich größere Batterie, eine größere Tauchtiefe, eine höhere Torpedokapazität, bessere Ortungsmittel, etwas bessere Bedingungen für die Besatzung. Eigentlich müsste ein zeitgemäßes Boot in der Lage sein, längere Zeit unabhängig von der Außenluft zu operieren. Die Typen, die wir momentan haben sind doch nur Tauchboote, keine richtigen Unterseeboote. Nach einer bestimmten Zeit müssen wir hoch um die Batterien zu laden. Der Gegner braucht doch eigentlich gar keine Wasserbomben zu werfen, er muss nur geduldig sein und warten. Und mit der geringen Unterwasserfahrt können wir ihn niemals abhängen.“

Der Kapitän legte eine kurze Pause ein und sog an seiner Zigarre.

„Was Sie jetzt von mir hören werden bleibt hier im Raum. Im Dezember vorigen Jahres sind die Konstruktions- und Fertigungsanlagen für einen neuen U-Boot-Typ fertiggestellt worden. In den Werften und bei den Zulieferfirmen sind die vorbereitenden Arbeiten bereits angelaufen. Erklärtes Ziel ist, zur Jahresmitte die ersten Boote vom Stapel laufen zu lassen. Und Sie werden mit einer der Kommandanten sein, die bei der Erprobung dabei sein sollen. Also die ganze übliche Geschichte. Baubelehrung, Einfahren, viele Tests. Sie müssen wissen, dieser Typ hat ein ganz neues Konzept, er wird ein Elektroboot sein. Ganz anderer Querschnitt des Bootskörpers, nämlich mit zwei übereinander liegenden Decks. Den Querschnitt muss sich wie eine große Acht vorstellen. Der größere Kreis liegt logischerweise unten und nimmt vor allem die Batterie auf.

In den Decks wird also die Batterie installiert sein, und deren Kapazität übersteigt die der jetzigen Boote um ein extremes Maß. Es ist eine Kalotte von zweimal jeweils dreimal 62 Zellen, insgesamt also 372. Jede wiegt“, er griff sich ein Blatt, „620 Kilogramm, alle bringen somit mehr als 230 Tonnen auf die Waage. In Ihrem Typ IX, aber das wissen Sie ja besser als ich, sind 124 Zellen mit einem Gewicht von knapp 75 Tonnen verbaut. Die E-Maschinen in unseren aktuellen Booten vom Typ IX leisten jeweils 500 PS, die im neuen Typ pro Maschine knapp 2.500 PS. Für mich als Seemann, der nur wenig Bezug zu technischen Dingen hat, klingt das schon mal beeindruckend. Der neue Typ soll so um die 2.000 Tonnen verdrängen, Ihrer hat ungefähr 1.100. Für die Unterwasserfahrt rechnen die Konstrukteure mit 16 bis 18 Knoten Geschwindigkeit. Jetzt sind ja grade mal so 7 Knoten drin. Man muss sich das mal überlegen: wenn diese Werte tatsächlich erreicht werden könnten, wären wir unter Wasser so schnell, wie jetzt über Wasser. Ich habe hier eine streng vertrauliche Information von der Führung über den neuen Typ. Aber entschuldigen Sie, ich rede und rede, aber Sie müssen mir auch die Freude nachsehen, dass wir womöglich bald wieder über Boote verfügen könnten, die das Blatt noch einmal wenden können. Jedenfalls habe ich empfohlen, Sie mit einem Kommando auf einem der neuen Boote zu betrauen. Das ist vom BdU sofort bestätigt worden. Allerdings scheint es beim Anlauf der Fertigung wohl noch etliche Probleme zu geben, die, so wie es aussieht, vor allem aus der grundsätzlich neuen Organisation herrühren. Das heißt, dass vermutlich noch einige Zeit vergehen wird, bis Ihre Abkommandierung Sinn macht. Der BdU hat den Flottillenchefs empfohlen, die für die Erprobung der Boote vorgesehenen Kommandanten selbstverständlich weiter in den Dienstbetrieb einzugliedern aber eigenständig zu entscheiden, ob dieser an Bord oder an Land geleistet werden soll. In dieser Angelegenheit, Herr Oberleutnant, lasse ich Ihnen freie Hand. Sagen Sie mir morgen Bescheid, wie Sie sich entschieden haben. Egal wie Ihre Antwort lautet, ich werde sie in jedem Fall verstehen und akzeptieren können.“