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Pfarrer Oskari Huuskonen ist sauer. Sein Gottesdienst wird durch einen Stromausfall unterbrochen. Schuld daran ist der tragische Tod der Dorfköchin Astrid Sahari. Sie war in Panik vor einer wild gewordenen Bärenmutter auf einen Strommast geflüchtet und dort zusammen mit dem grimmigen Tier verglüht. Die zwei aufgeweckten Bären-Jungen, die die Bärin hinterlässt, stellen die Dorfgemeinde vor ein Problem. Doch bald ist für eines ein Platz im Tierpark gefunden - und das andere schenkt man kurzerhand Pfarrer Huuskonen zum runden Geburtstag ...
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Seitenzahl: 325
Cover
Titel
Impressum
Erster Teil – Der verwaiste Teddy
Vom Schicksal einer Bärin
Pastor Oskari Huuskonen vollzieht eine Zwangstrauung
Sapperlot, das Geschenk zu Pastor Huuskonens fünfzigstem Geburtstag
Eheliche Konflikte, neue Sportarten
Ein seelsorgerisches Gespräch
Jesu militärisches Wirken
Ein Teddybär rettet dem Pastor das Leben
Der Bischof erlegt einen Elch, Huuskonen den Bischof
Vorbereitung auf den Winterschlaf
Der Bau der Bärenhöhle
Emsiger Höhlenbetrieb unter dem Schnee
Die Pastorengattin tritt aus der Kirche aus
Zweiter Teil – Der tanzende Petz
Heimatlos
Des Bären Ausbildung
Über das Zähmen von Tieren
Freuden eines sommerlichen Waschtages
Der Pastor fährt zur See
Leben auf See in Arktischen Gewässern
Der Bär verschwindet im Wald
Die neuen Gefangenen von Solowezk
Kosakentänze in den Wäldern von Solowezk
Die Waldschule
Sapperlot baut eine Höhle
Ein langer Winter in Solowezk
Flucht über das Weiße Meer
Dritter Teil – Der fromme Petz
Vom Weißen zum Schwarzen Meer
Missionierung auf den Straßen Odessas
Ein reeder hofft auf Fürbitte
Der gläubige Petz
Ein finnischer Sauna-Abend auf Malta
Kampf mit der Geistlichkeit
Beelzebubs einsame Wanderung
Die Oihonna sinkt
Saimi Rehkoilas Begräbnis
Satteltaschen für einen Reitbären
Eine ergreifende Botschaft aus dem All
Arto Paasilinna
Ein Bär im Betstuhl
Roman
Aus dem Finnischen von Regine Pirschel
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
Copyright © 1995 Arto Paasilinna
Die finnische Originalausgabe erschien 1995 unter dem Titel ROVASTI HUUSKOSEN PETOMAINEN MIESPALVELIJA bei WSOY, Helsinki, Finnland.
Copyright © 2005/2013 für die deutschsprachige Ausgabe:
Bastei Lübbe AG, Köln
Aus dem Finnischen von Regine Pirschel
Titelillustration: © shutterstock/Velazquez77, © shutterstock/Natali Snailcat
Titelgestaltung: FAVORITBUERO, München
E-Book-Produktion: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN 978-3-8387-5094-1
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
»Satan wütet unter uns wie ein brüllender Löwe!«
Pastor Oskari Huuskonen stützte sich mit beiden Händen auf den Rand der Kanzel und sandte einen grimmigen Blick nach unten in die Gemeinde. Die Gottesdienstbesucher hockten schuldbewusst in ihren Bänken. Die Kirche war aus geteerten Balken gezimmert. Außen war sie mit rotem Ocker, drinnen blaugrau in der Farbe des Himmels gestrichen, der Altar und die Kanzel bestanden aus patinierter Kiefer mit hohem Kernholzanteil. In den vorderen Bänken saßen die Honoratioren der Gemeinde Nummenpää: Landwirtschaftsrat Lauri Kaakkuri, Betonfabrikant Onni Haapala, Generalmajor Hannes Roikonen, Doktor Seppo Sorjonen, außerdem der Apotheker, die Lehrer, der Bauinspektor, der Chef der Feuerwehr … und Saara Huuskonen, die Gattin des Pastors, eine schöne, hochnäsige Frau, die stets peinlich berührt wirkte, wenn sie die Verkündigungen ihres Mannes anhörte.
»Aber wenn die Peitsche Gottes den Hintern des Satans streift, dann stiebt das Fell, und die losen Haare rieseln in seine Hose!«
Oskari Huuskonen predigte scharfzüngig, anders als die meisten heutigen Geistlichen schonte er seine Gemeinde nicht. Harte Zeiten verlangten nach einem strengen Pastor, und das war Huuskonen.
In derselben Gemeinde brachte an ebendiesem Morgen eine kluge Bärin ihren Jungen die wichtigsten Lebensregeln bei: Am besten geht man nachts, wenn die barbarischen Menschen schlafen, auf Nahrungssuche, um dann tagsüber in den dunklen Tannenwäldern zu schlummern. Im Winter liegt man in seiner Höhle, und im Sommer streift man nach Art eines freien Raubtieres durch die Gegend.
Es herrschte Frühsommer. Die braune Bärin war vor anderthalb Monaten in ihrer Winterhöhle erwacht. Sie hatte zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen, die im Winter in der Höhle unter dem Schnee geboren worden waren und jetzt die Größe von kleinen Hunden hatten, es waren rührende, niedliche Teddybären. Der Geburtsakt war in jeder Weise gut verlaufen, ohne Aufregung und Komplikationen. Bärinnen brauchen keine Hebammen, und die Väter sind nicht bei der Geburt dabei. Alles passiert in der stockdunklen Höhle, die Bärin wacht kaum auf, wenn sie ihre Jungen, die die Größe von Garnknäueln haben, in die Welt wirft. Die ganze Babypflege besteht darin, ihre Kleinen an die Zitzen zu drücken.
Jetzt herrschten bereits die hellen Nächte, es war Ende Mai. Die drei Pelztiere trotteten unterhalb der Starkstromleitung entlang, die sich quer durch die Gemeinde Nummenpää zog. In dieser Gegend wuchs dichter Birken- und Ebereschen-Wald, und an den trockneren Stellen Wacholdersträucher und Tannenschösslinge. Nummenpää ist die Nachbargemeinde von Sammatti und Somero im Südwesten der Provinz Uusimaa. Die Stromleitung, die von den Kraftwerken im Norden kommt, durchquert diese Gegend und führt in die Hauptstadt, wo der meiste Strom verbraucht wird. Die Bärin unterhielt ihre Winterhöhle etwa zehn Kilometer vom Kirchdorf entfernt in einem dichten, hügeligen Fichtenwald, und sie ging jeden Sommer in dieser Gegend auf Beute, streifte außerhalb der kleinen Dörfer umher, riss manchmal einen Elch oder ein Ren, und jetzt lehrte sie ihre Jungen, wie man Ameiseneier fraß. Unter der Stromleitung befand sich nämlich ein Ameisennest, und, dort angelangt, räumte die Bärin den Hügel beiseite und demonstrierte, dass man recht tief graben muss, vorsichtig, bis man mit der Tatze in die weiße, wimmelnde Schicht der Ameiseneier langen kann. Dann schaufelt man sich flugs die Delikatessen ins Maul, wobei man aufpassen muss, dass man nicht zu viele Tannennadeln und anderen Abfall herunterschluckt. Man bedient sich am besten in den frühen Morgenstunden an den Nestern, wenn die Arbeitsameisen schlafen und die Larven hübsch geordnet in den Tiefen des Nestes liegen. Die beiden Bärenkinder wühlten eifrig in der Erde und kosteten die Delikatessen, wie ihre Mutter es ihnen gezeigt hatte. Die Dinger schmeckten besser als Frösche und nicht so bitter wie die überjährigen Moosbeeren.
Als alle drei genug geschlemmt hatten, scharrte die Bärenmutter den Hügel wieder zurück, zum Zeichen, dass sie nicht das ganze Nest hatte zerstören, sondern nur die Eier hatte haben wollen, die den Bären zustanden.
Als Nächstes kamen sie in ein Rodungsgebiet, wo die Bärin von den Baumstümpfen Borke abriss und diese nach weißen, fetten Maden mit Scherenkiefern absuchte. Die Maden schmeckten den Kindern mindestens ebenso köstlich wie die Ameiseneier. Bären sind von klein auf Leckermäuler.
Bei Tagesanbruch gelangten sie an den Rand des Kirchdorfes, wo die Bärenmutter geübt zwei Bienenkörbe leerte. Sie riss in den Maschendrahtzaun des Gartens ein Loch, trabte dann mit ihren Kleinen auf das Gelände, stieß einen der Körbe um und zog geschickt die Waben heraus, die sie, ohne Rücksicht auf den Widerstand der Bienen, sorgfältig und genießerisch ausleckte. Die geleerten Waben stapelte sie neben sich auf, ohne sie zu zerbrechen. Diese Bärin war kein boshafter und zerstörerischer Charakter.
Nach Genuss der Leckereien zogen die drei unter der Starkstromleitung weiter und näherten sich den ersten Häusern des Dorfes. Ein Hund, ein Spitz, begann zu bellen. Die Bärin kommandierte ihre Jungen hinter einen Baum und legte sich selbst ebenfalls auf die Erde, aber als sich der Hund nicht beruhigte, begann sie leise und warnend zu brummen. Dem Hund sträubte sich das Fell, er kniff den Schwanz ein und verschwand in seiner Hütte, aus der nur noch seine furchtsame, feuchte Schnauze herauslugte.
Nach einer Weile erhob sich die Bärin, witterte lange, und als sie feststellte, dass sich die Situation entspannt hatte, zog sie mit ihren Kleinen weiter. In der Nähe der Transformatorenstation standen ein Einfamilienhaus und, weiter hinten am Waldrand, mehrere Wirtschaftsgebäude, eines davon diente der Hausbier- und Malzextrakt-Kommanditgesellschaft von Nummenpää als Brauerei. Aus dem Gebäude wehte ein so anregender Duft, dass die Bärin nicht widerstehen konnte. Sie umrundete das Objekt, um den Eingang zu suchen, doch da sämtliche Türen verschlossen waren, blieb ihr nichts weiter übrig, als einzubrechen: Sie erhob sich auf die Hinterbeine und drückte mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Blechtür, die langsam nachgab und sich nach innen bog, wobei kaum Geräusche entstanden. Die Bärin horchte eine Weile, dann schob sie sich durch die Öffnung, und die Kleinen huschten hinterher.
Drinnen war es dunkel, aber mit dem untrüglichen Instinkt der Waldtiere fanden die Bären schnell den Bottich, der mit zweihundert Litern einer dicken Flüssigkeit gefüllt war. Das kam ihnen sehr zupass, denn sie hatten großen Durst. Die Bärenmutter schlappte gierig die schäumende Würze, und auch die Kleinen erhoben sich auf die Hinterbeine und steckten ihr Maul in den Behälter. Prustend und schnaubend labten sie sich am Inhalt. Die Mutter trank ausgiebig. Ein köstliches Getränk, das sie da gefunden hatte! Später sahen sich die Bären genauer in dem Lager um. Sie fanden eine große Kiste, halb gefüllt mit Gerstenmalz, das sie in sich hineinstopften, dann kehrten sie wieder an den Bierbottich zurück. Das Gebräu stieg ihnen zu Kopf, sie wurden ausgelassen und vergaßen ihre angeborene Vorsicht. Die Kleinen begannen herumzutollen, und auch die Mutter verspürte Lust, ringsum ein wenig Kleinholz zu machen, aber als ältere und vorsichtigere Bärin konnte sie sich vorläufig noch beherrschen.
Die Kleinen bekamen Durchfall, doch was machte schon das bisschen Bärenscheiße aus. Teddys tragen keine Hosen, die schmutzig werden, wenn mal ein Malheur passiert.
Als sich die Mutter satt getrunken hatte, scheuchte sie ihre Jungen nach draußen und kehrte mit ihnen wieder an die Stromleitung zurück, um sich ein wenig auszuruhen. Die Bärin war ein großes Tier, sie wog mindestens hundertfünfzig Kilo, ihre Risthöhe betrug an die achtzig Zentimeter, sie hatte einen dicken Pelz und buschig bewachsene Wangenknochen. Mit all ihren Reizen stand sie bei den männlichen Tieren der Gegend hoch im Kurs; während der Brunstzeit musste sie nicht extra weibliche Mittel einsetzen, um ein Männchen anzulocken, im Allgemeinen trotteten gleich mehrere Exemplare hinter ihr her.
Die Bärin und ihre Jungen waren tüchtig betrunken. Sie hatten keine Lust, in den Wald zurückzukehren, sondern trabten kühn weiter und gelangten zur Trafostation und zum Haus der Köchin Astrid Sahari. Beim Lebensmittelspeicher nahmen sie wieder Witterung auf: Herrliche Düfte lockten, und die Bärenmutter beschloss, in Astrids Speicher einzubrechen, obwohl bereits helllichter Tag war. Geübt riss sie die Tür aus ihren Angeln. Mit vor Eifer bebenden Nüstern krochen die Tiere in den Speicher, in den Astrid am vergangenen Abend Dutzende von Schüsseln mit den verschiedensten Gerichten getragen hatte: Da waren Puddings, Aufläufe, diverse Soßen, Braten und Salate, Weizenzöpfe, Torten, Kuchen und Gebäck, die Gerüche machten die drei Raubtiere nur noch benommener. Sie versenkten ihre zottigen Mäuler in herrlichen Puddings, leckten glücklich Fleischsoßen und wabbelnden Aspik auf und verschlangen unbekümmert kalt geräucherte Lammkeulen. Die herrlichen Ergebnisse der wochenlangen Bemühungen von Köchin Astrid Sahari wurden auf einen Schlag zunichte gemacht. Die Delikatessen waren für eine Hochzeitsfeier bestimmt: Am heutigen Tag sollte der Baggerfahrer Hannes Loimukivi, ein allseits bekannter Windhund, mit Marketta Haapala, der einzigen Tochter des Besitzers der Betongießerei, einer etwas einfältigen, aber reizenden und liebenden Frau, vermählt werden, beide stammten aus der Gemeinde und waren vierzig Jahre alt. Onni Haapala, der Betonfabrikant, wollte die Riesenhochzeit finanzieren, und Astrid Sahari, Köchin für Feiern aller Art, hatte sie vorbereitet. Die betrunkenen Raubtiere aber hatten all die Delikatessen in Windeseile vertilgt.
Vom Kirchturm der Gemeinde Nummenpää ertönte Glockengeläut, aber das kümmerte die Bären nicht. An dieses Geräusch waren sie gewöhnt, im Winter bei strengem Frost war der metallische Klang manchmal bis in ihre Höhle hinübergeweht. Ungefährlich war das Dröhnen der Glocken des Herrn, so besagten es die Erfahrungen der Bären.
Aber angespornt von ihrem ersten Rausch, konnten es die Bärenkinder nicht lassen, zu brummen und herumzutollen, die Tische kippten um, Schüsseln zerbrachen, und Soßentöpfe rollten scheppernd umher. Köchin Astrid Sahari kam im Morgenrock herbeigerannt, um nachzuschauen, was der Lärm zu bedeuten hatte.
Großer Gott! Der ganze Speicher war voller Bären, und alle hatten das Maul voller Pudding und Sahne!
Astrid Sahari griff nach dem Besen, der an der Tür lehnte, und machte sich daran, die Räuber zu verscheuchen. Man muss wissen, dass Astrid keine ängstliche Frau war, sie hatte in ihrem fünfzigjährigen Leben allerlei mitgemacht, auch war sie zweimal verheiratet gewesen, und es sei erwähnt, dass beide Ehemänner Baggerfahrer, Vielfraße und große Säufer gewesen waren.
Sie verpasste der Bärin einen wütenden Besenhieb aufs Maul. Die Kleinen suchten bei ihrer Mutter Schutz, sie winselten vor Angst, als sie die wütende Frau sahen, die in der Tür stand und wild mit dem Besen fuchtelte.
Die Bärin wurde nervös und begann ihre Kleinen zu verteidigen. Sie packte zu und bekam Astrids Dauerwelle zu fassen, Astrid warf den Besen weg und wurde anschließend selbst zur Tür hinaus und weit auf den Hof geschleudert. Dann schickte die Bärin ihre Kleinen auf den Baum, der mitten im Hof stand. Die jaulenden Teddys kletterten flink in die dicke Fichte. Astrid nutzte die Gelegenheit und ergriff laut kreischend die Flucht. Sie rannte zum Schutzzaun der Trafostation und betete unterwegs, dass das Tor nicht abgeschlossen sein möge. Es war offen, denn in der Not wird dem Menschenkind geholfen. Die Hilfe war jedoch nur von kurzer Dauer, denn die Bärin folgte Astrid und kam ebenfalls zur Trafostation. In ihrer Not blieb Astrid nichts weiter übrig, als auf den stählernen, mehr als zwanzig Meter hohen Hochspannungsmast zu klettern.
Das Weib voran, die Bärin hinterher.
Im Glockenturm von Nummenpää begann gerade in diesem Moment die Totenglocke zu läuten. Ein gewisser Aarno Malinen, Betreiber einer Schottermühle, war vor anderthalb Wochen gestorben, und Pastor Huuskonen sprach jetzt an seinem Sarg:
»Von Erde bist du genommen, zu Erde sollst du wieder werden. Jesus Christus, unser Erlöser, wird dich am Jüngsten Tag auferwecken.«
Huuskonen dachte bei sich, dass er in diesem speziellen Fall besser hätte sagen sollen, Malinen solle zu Schotter werden, doch die Anforderungen der Liturgie verboten solche Eigenmächtigkeiten.
Malinen war gestorben, und auf seiner Reise ins Totenreich blieb er nicht allein. Astrid Sahari kletterte flink am Hochspannungsmast immer höher und höher hinauf, die Bärin mit aufgerissenem Schlund dicht auf ihren Fersen. Astrid musste sich entscheiden, was besser war, sich an die Stromleitung zu klammern oder sich von einem blutrünstigen Raubtier hier zwischen Himmel und Erde zerreißen zu lassen. Mit der Logik, die Frauen eigen ist, packte sie mit beiden Händen die Leitungen, die vom starken Strom nur so vibrierten. Es gab einen gewaltigen Lichtbogen: Die arme Frau versengte und wurde rosig wie Roastbeef, dann saftig wie Schmorbraten und schließlich hart und trocken wie eine geröstete Maräne.
Auch der Bärin erging es nicht besser. Sie schlug ihre Zähne ins Bein der röstenden Köchin und bekam dadurch einen womöglich noch schlimmeren Stromschlag: Es entstand scharfer Bärenbraten, der dichte Pelz flammte auf wie eine Fackel. Der verkohlte Kadaver der Bärin klebte am Hochspannungsmast, in seinem Schlund hing die rußige Leiche der Köchin.
Wegen des schrecklichen Unglücks fiel in der ganzen Gemeinde der Strom aus, das Licht erlosch, und auf der Bettenstation des Gesundheitszentrums geriet der an eine Beatmungsmaschine angeschlossene ehemalige Besamungstechniker Yrjänä Tisuri in große Bedrängnis. Dem Hausmeister gelang es nämlich nicht, den für die Notstromversorgung wichtigen Dieselmotor in Gang zu setzen, und so musste man den Besamungstechniker mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung am Leben halten. Das macht keiner Krankenschwester Spaß, wenn man bedenkt, dass Tisuri zeit seines Lebens ein ungepflegter, stinkender Geselle gewesen war, der tunlichst das Zähneputzen vermieden hatte, besonders im hohen Alter.
Neben der Trafostation, auf Astrid Saharis Hoffichte, winselten zwei schrecklich verängstigte Bärenkinder. Die beiden armen Teddys begriffen nicht, dass sie soeben Waisen geworden waren.
Die Balkenkirche von Nummenpää war im siebzehnten Jahrhundert errichtet worden. Die Überlieferung besagte, dass an derselben Stelle früher eine kleine Holzkapelle gestanden hatte, in der zur Sommerzeit, aber auch an hohen Festtagen im Winter seitens der Muttergemeinde Somero Gottesdienste abgehalten worden waren. Doch inzwischen hatte Nummenpää eine eigene Kirchengemeinde, der Pastor Huuskonen als Geistlicher vorstand. Er war verheiratet und hatte mit seiner Gattin zwei Töchter, die längst aus dem Haus und ihrerseits verheiratet waren. Das Leben in dieser abgelegenen Dorfgemeinde in Uusimaa bot wenig Erfreuliches, oft fühlte sich der Pastor einsam und niedergeschlagen. Er war ein temperamentvoller Kirchenmann, zu dem es besser gepasst hätte, Gottes Wort in einer größeren und wichtigeren Gemeinde zu verkünden oder an höherer Position in der Hierarchie des Bistums zu wirken. Doch trotz wiederholter Versuche war es ihm nicht gelungen, Nummenpää zu verlassen. Lag es vielleicht an seinen bisweilen eigenwilligen Bibelinterpretationen, seinen häufig vom vorgeschriebenen Text abweichenden Predigten oder seinen kritischen und galligen Stellungnahmen in der christlichen Presse? Oskari Huuskonen war Doktor der Theologie und hatte seine Dissertation über die Apologie, die Verteidigung der christlichen Wahrheit, geschrieben. Er hatte diese Wahrheit in seiner Forschungsarbeit belegt und bestätigt. Das war allerdings eine Weile her, und er war sich seiner Behauptung geschweige denn der Wahrhaftigkeit des gesamten christlichen Glaubens längst nicht mehr sicher.
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