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Einmal im Jahr treffen Weihnachtsmann und Elf aufeinander und lassen es ordentlich krachen. Doch dieses Mal gilt es mehr auszutesten als die Trinkfestigkeit des anderen.
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„Nur noch ein Gläschen“, bettelt Fabi und ist heute hartnäckiger denn je.
„Ich penn ein, wenn ich noch zwei Minuten länger hier sitze.“ Ich gehe gern mit meiner Crew aus, aber es ist längst nach zwei Uhr morgens. Selbst als zweiundzwanzigjähriger brauche ich meinen Schlaf, wenn ich morgen halbwegs tauglich meinen Job antreten soll. Außerdem sind wir mal wieder die letzten aus dem Feierabendtrupp.
Fabis Kopf landet mit einem dumpfen Knall auf dem Tresen, dann hebt er seine Hand und bedeutet mir eine eins.
„Alter, wir dampfen jetzt ab. Komm schon“, zerre ich ihn vom Stuhl. Nur widerwillig schlüpft er in seine Jacke und folgt mir nach draußen. „Teilen wir uns ein Taxi?“
„Nein, ich glaube…ich gehe heute mal zu Fuß.“
„Zu Fuß?“, frage ich skeptisch. Fabi kenne ich seit etwa drei Jahren und er will selbst den kürzesten Fußweg mit dem Auto fahren.
„Ja. Ist eine schöne Nacht.“
„Es hat geschätzte minus fünfzehn Grad“, weise ich auf das offensichtliche hin.
„Meine Schwester hat mich rausgeworfen“, nuschelt Fabi.
„Die Kids mitten in der Nacht aus den Betten geholt?“
„Wer stellt denn den Wäschekorb mitten auf die Treppe?“
„Ein fieser Troll, der den Elfen nicht leiden kann“, grinse ich.
„Alter, das war auch mein erster Gedanke.“ Mission erfüllt, Fabi fühlt sich schon besser und den Rest kriegen wir auch noch hin.
„Du kannst bei mir pennen. Is zwar eng…“
„…aber warm. Das passt schon. Taxi?“ Grinsend nicke ich. Fabi und ich ticken in vieler Hinsicht gleich, auch wenn wir uns in der ersten Weihnachtssaison arg in die Haare gekriegt haben. Das war im Grunde genommen der Start dieser Freundschaft und auch wenn wir uns während des Jahres so gut wie nie sehen, war klar, dass wir im Dezember wieder miteinander arbeiten würden.
„Danke, Mann“, sagt Fabi, als wir im Taxi sitzen.
„Dank mir nicht zu früh. Wenn ich eng sage, meine ich das auch so. Ein winziges Bad, ein Zimmer und eine Couch.“
„Ausziehbar?“ Ich nicke nur. „Dann ist alles klar.“
Normalerweise erwache ich nach solchen Nächten frierend und mit hämmernden Kopfschmerzen, vielleicht hat sich mein Körper an die alljährlichen Eskapaden gewöhnt? Trinke ich während des Jahres kaum etwas, lasse ich es mit meiner Crew regelmäßig krachen und büße sonst immer dafür. Aber heute ist es mollig warm, mein Kopf zwar müde, aber schmerzfrei. Seufzend kuschle ich mich noch einmal ein und bemerke erst jetzt den Widerstand. Ein fremder Arm lugt unter meinem Kopfkissen hervor und ein anderer liegt locker auf meinem Bauch. Warmer Atem trifft auf meinen Nacken und jetzt fällt mir auch alles wieder ein. Fabi ist wohl ein Kuschler. Grinsend schließe ich die Augen, genieße die Nähe und seine Wärme und döse ein wenig.
„Oh fuck“, vernehme ich es irgendwann später gedämpft hinter mir. Gegen meinen Hintern drückt sich eine stattliche Erektion. Etwas, dass mich sonst schlagartig aus dem Bett befördert hätte, macht mir gerade gar nichts aus. Ist ja nur Fabi und es macht höllisch Laune sich ihn abmühen zu hören. Er will mich nicht wecken, zieht langsam seinen Arm unter meinem Kopfkissen hervor und bleibt dann reglos sitzen. Offenbar wähnt er sich in Sicherheit, denn jetzt dreht er sich komplett, nicht ohne dass sein Schwanz über meine Pobacken reibt. Gänsehaut überzieht meinen Körper und auch wenn ich nicht verstehe warum, fühlt es sich richtig sexy an.
Stöhnend sinkt Fabi wieder aufs Bett, Zeit für mich aufzuwachen. Gleich nachdem ich das dämliche Grinsen abgestellt habe. „Morgen“, nuschle ich halb ins Kopfkissen.
„Auch“, stöhnt Fabi und hält sich mit einer Hand den Kopf.
„Tablette?“
„Nö. Alles gut. Bei dir?“
„Auch. Du musst unbedingt weiter hier pennen“, necke ich ihn und Fabi grinst schwach.
„Das werde ich auch müssen. Außer ich suche mir anständige Arbeit.“
„Als hätte ein Weihnachtself keine Daseinsberechtigung“, empöre ich mich.
„Genau das habe ich meiner Schwester auch gesagt. Sie meinte nur, dass Elfen bestimmt weniger oft betrunken nach Hause kommen, als ich.“
„Was scheren uns die anderen Elfen?“
„Es ist gruselig, wie gleich wir ticken“, lacht Fabi und dreht sich auf die Seite. Nur einen kleinen Augenblick erhasche ich auf die kleiner werdende Beule in seiner Hose. Tatsächlich finde ich es schade, aber was sollte ich auch mit einer ausgewachsenen Latte anfangen? Hab ich doch selber.
„Frühstück, Duschen und dann zur Arbeit?“
„Du bist Santa und stellst die Regeln auf“, lächelt Fabi und krabbelt von der Couch. „Was hast du da? Cornflakes?“
„Ja, aber die Milch ist alle. Zweiter Schrank von rechts.“
„O-Saft?“
„Joghurt.“
„Du ernährst dich viel zu gesund.“
„Ich bin wohl der erste Weihnachtsmann, der sich hauptsächlich flüssig ernährt, da brauche ich schon etwas gesundes Zwischendurch.“ Fabi greift in die Cornflakesschachtel, zieht seine Faust heraus und befiehlt: „Schnabel auf.“ Ich dreh mich auf den Rücken, öffne bereitwillig meinen Mund und Fabi lässt die Flakes in selbigen rieseln. Sein konzentriertes Gesicht dabei bringt mich zum Lachen und prompt verschlucke ich mich. Prustend setze ich mich auf, klopfe gegen meine Brust und verteile jede Menge Cornflakes über das Schlafsofa.
„Ähm…ich geh dann mal duschen“, höre ich Fabi kichern und gleich darauf das Tapsen auf dem Laminatboden. Na toll, sauber machen kann ich wohl alleine.
„Bereit?“, will ich von meiner Mannschaft wissen und mustere meine Elfen alle ein letztes Mal. Santa ist in diesen Breiten nicht gern gesehen und wenn wir schon auftreten, dann muss es perfekt sein. Zumindest kostümmäßig.
„Perfekt. Linda du hast heute deinen Flüstertag“, bestimme ich.
„Wieso!?“ Ihr Brüllen löst vereinzelt Kichern aus.
„Ist ein…Initiierungsritual. Haben wir alle hinter uns. Sogar ich als Santa.“
„Kann mir gar nicht vorstellen, wie dein „Hohoho“ geklungen hat!“
„Besser so. Deine Zeit läuft ab jetzt, ja?“ Linda nickt und ich schicke Fabi und Olivia als Vorhut raus. Sie begrüße die Leute, erklären die Regeln, heizen den Kindern ein und geben mir mein Stichwort. Auch wenn die Eltern lieber das Christkind, als den Weihnachtsmann sehen würden, sind die Kinder begeistert. Die meisten, denn gleich mein erster Fratz ist einer von der neunmalklugen Sorte.
„Nimmst du dem Christkind den Job weg?“
„Nein, natürlich nicht, hohoho. Es hat nur so furchtbar viel zu tun und ist ganz alleine, da helfe ich gelegentlich aus.“
„Papa sagt, dass ist dasselbe wie bei den Wirtschaftsflüchtlingen.“ Das der Kleine das Wort ohne stolpern schafft, beeindruckt mich doch. Wie alt ist er? Fünf, höchstens sechs? Die Bedeutung wird er wohl nicht verstehen, außer Papa hat ihm die auch gegeben.
„Du kannst deinem Papa sagen, dass das nicht vergleichbar ist und dass man nie – egal ob Menschen oder Situationen – alles über einen Kamm scheren kann.“ Der Junge wendet den Blick ab, kräuselt die Stirn und bewegt lautlos seine Lippen.