Zurück an Weihnachten - Manuela Mair - E-Book

Zurück an Weihnachten E-Book

Manuela Mair

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Beschreibung

 Nach dem jähen Ende ihrer Karriere flüchtet Hanna nach Hause und hofft dort zur Ruhe zu kommen. Doch nicht nur ihre Brüder erwarten sie in dem kleinen Dorf, sondern auch ihr Erzfeind Klaus. Wie soll Hanna so wieder auf die Füße kommen? Und dann ist da auch noch Weihnachten…

 

 

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Manuela Mair

Zurück an Weihnachten

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Kapitel 1

 

Hanna

 

Weihnachten.

Eigentlich liebe ich dieses Fest und all das Drumherum davor. Weihnachtsmärkte, die Einkäufe für meine Lieben, Dekoration der Wohnung und schließlich die Fahrt zu meinem Elternhaus. Meine beiden Brüder und ich feiern dort jedes Jahr das Fest der Liebe. Peter, der Jüngste, führt Mamas Garni weiter und sorgt über die Feiertage für unser leibliches Wohl, während Joe uns abends regelmäßig vorliest. Die beiden sind so verschieden wie Tag und Nacht und seit uns auch meine Mutter verlassen hat, bin ich zur Schlichterin aufgestiegen. Nicht dass ich mich um den Job gerissen hätte, er ist mir vielmehr zugefallen.

Aber ob ich die Kraft dieses Jahr aufbringen kann? Gerade fühle ich mich wie das Wetter. Es ist grau, trüb, die Berge mit Wolken verhangen und es ist viel zu dunkel für die Tageszeit. Die Felder leuchten in trockenen Brauntönen, die Fußgänger laufen mit eingezogenen Köpfen neben der Hauptstraße und ich fahre viel zu früh nach Hause. Fast genau ein Monat noch bis Weihnachten und habe ich mich sonst über die Staus vor den Feiertagen beschwert, sehne ich sie jetzt herbei. Peter wollte mich schon am Telefon ausquetschen und ich habe etwas von Auszeit gemurmelt. Wenn man genau darüber nachdenkt, ist es nicht mal gelogen. Meine Zeit in der Kanzlei ist aus. Endgültig.

Noch vor ein paar Tagen war ich mir sicher, befördert zu werden. Ich hätte es verdient, wurde schon zwei Mal übergangen und als mich schließlich einer der Partner in sein Büro rief, war ich mir so sicher. Breit lächelnd betrat ich den edel möblierten Raum, nur um ihn zehn Minuten später mit Trauermine wieder zu verlassen. Sparmaßnahmen. Mein Unwort des Jahres. Ach was, des Jahrzehnts!

Aber diese aufgeblasenen, privilegierten, weißen Säcke können mich mal kreuzweise. Vermutlich könnte ich ihnen sogar einen Strick aus meiner Kündigung drehen, aber viel lieber sehe ich von außen zu, wie der neue Abteilungsleiter alles in die Binsen setzt. Die werden sich noch wünschen, dass ich zurückkomme. Werden betteln, dass ich sie rette, aber darauf können die lange warten. Keinen Fuß setze ich mehr in dieses Stockwerk! Ach was, in dieses Gebäude!

 

Peter

 

Gehetzt sehe ich auf die Uhr. Gleich will meine Schwester hier aufschlagen und ich bin noch nicht annähernd mit den Vorbereitungen für das Mittagessen fertig. Hoffentlich lässt sie sich ein bisschen Zeit, denn es muss perfekt werden. Damit sie endlich mit der Wahrheit rausrückt. Es ist untypisch für sie, so früh nach Hause zu kommen. Normalerweise kriegt man Hanna nicht aus der Großstadt oder ihrem Büro heraus. Sie legt sich mächtig ins Zeug, um ihren Bossen zu gefallen, dabei sieht ein Blinder wie der Hase dort läuft. Nicht eine Frau sitzt da in höheren Positionen. Hanna selbst wurde zwei Mal von Männern ausgebotet. Liegt doch auf der Hand, dass sie dort nie Karriere machen wird, aber davon will sie nichts hören. Inzwischen habe ich es aufgegeben, ihr die Augen öffnen zu wollen. Als würde sie jemals auf ihren jüngeren Bruder hören.

Ich kann das Geräusch eines Wagens draußen hören und ich wette darauf, dass es Hanna ist. Natürlich kommt sie pünktlich, Verspätungen liegen meiner Schwester nicht.

Dürftig wische ich mir die Hände an der Schürze ab, renne den Flur entlang zur Haustüre und reiße sie freudestrahlend auf. Hanna grinst mich breit an, ehe ich sie in eine feste Umarmung ziehe, sie hochhebe und mich mit ihr umdrehe, um sie im Haus wieder abzustellen.

„Du hast mir gefehlt“, sage ich, während ich die Türe schließe und dann fällt mein Blick auf den großen Koffer, der noch draußen steht. „Willst du hier einziehen?“

„Bis Weihnachten bin ich auf jeden Fall hier“, sagt sie, nachdem sie trocken geschluckt hat. Meine Geschwister halten mich zwar für oberflächlich, aber mir entgeht nicht die kleinste Kleinigkeit. Irgendetwas macht Hanna zu schaffen und nichts entlockt die Wahrheit so einfach, wie ihr Lieblingsessen samt einem Glas Wein.

 

„Eine Auszeit also?“, komme ich gleich auf den Punkt, nachdem sie es sich auf der Küchenanrichte bequem gemacht hat und mir bei der Arbeit zusieht.

„So zu sagen.“

„Ich hab' dir ja immer gesagt, dass du zu viel arbeitest und irgendwann den Spaß daran verlieren würdest.“

„Das ist es aber gar nicht“, seufzt sie und reagiert überhaupt nicht wie erwartet. Normalerweise kanzelt sie mich nach so einem Vorwurf ab und wirft mir diesen Hanna-typischen Blick zu, der mich viel zu sehr an Mama erinnert, wenn sie Joe und mich bei irgendeinem Blödsinn erwischt hat.

„Sondern?“

„Ich werde da nicht mehr hingehen“, antwortet Hanna hastig und trinkt ihr Glas in einem Zug fast leer.

„Du hast gekündigt? Endlich“, versuche ich sie aufzuheitern, aber Hanna schüttelt den Kopf.

„Ich dachte, ich würde endlich die Beförderung kriegen, stattdessen war es die Kündigung.“

„Solche Arschlöcher“, schimpfe ich und sehe beklommen zu Hanna. Sie hat für die Kanzlei gelebt und jetzt werfen die sie einfach raus! Die müsste man …

„Vielleicht hattest du immer recht. Du und Joe.“

„Natürlich haben wir das, aber trotzdem ist es scheiße. Du solltest sie verklagen, oder zumindest öffentlich anprangern. Geh zur Zeitung, oder …“

„Ich hab' dich lieb“, unterbricht mich Hanna lächelnd und wirft mir eine Kusshand zu. Grinsend erwidere ich die Geste.

„Und was jetzt?“

„Ich habe keine Ahnung. Ich dachte, ich könnte dir ein bisschen zur Hand gehen bis Weihnachten und mir darüber klar werden.“

„Mi Garni es su Garni“, zwinkere ich, dass Hanna alles andere als beruhigt oder zufrieden aussieht bemerke ich, aber darauf rumreiten bringt nichts. Lieber kümmere ich mich darum ihr zu zeigen, wie schön es zu Hause ist. Angefangen mit einem guten Essen.

 

Hanna

 

Peter hat versprochen Joe vorerst nichts zu sagen. Schließlich steckt der knietief in seinem neuen Roman. Ich will die Pferde nicht scheu machen. Was macht es schon, Ende Dezember ohne Job dazustehen? Es wäre das erste Mal in meinem Arbeitsleben und vermutlich wird es so weit nicht kommen. Es gibt genügend andere Kanzleien und ich bin mir sicher, dass mich zumindest eine davon liebend gern beschäftigen würde. Ich muss nur noch meinen Lebenslauf auf den neuesten Stand bringen und ein Bewerbungsschreiben tippen und schon kann es los gehen.

Aber zuerst genieße ich einen freien Tag. Den habe ich mir mehr als verdient.

 

„Wir haben nur ein liebeshungriges Pärchen, die machen nicht viel Arbeit“, zuckt Peter tags darauf die Schultern. Kurz nach neun und all die Arbeit im Garni ist erledigt. Genügend Zeit, um mich um meine Bewerbungsunterlagen zu kümmern.

„Ich könnte die Deko aus dem Dachboden holen und es ein bisschen weihnachtlicher Gestalten“, biete ich meinem Bruder dennoch an.

„Aber das machen wir doch immer zusammen mit Joe.“

„Schon, aber ich bin mir sicher, deine Gäste werden es lieben. Da kommt man doch gleich in die richtige Stimmung.“

„Weil das Wohnzimmer dekoriert ist? Mehr haben wir nämlich nicht.“

„Dann fahr ich in die Stadt und besorge ein paar Sachen. Girlanden für das Treppengeländer, ein paar Weihnachtssterne und vielleicht sogar Lichterketten für die Balkone? Das würde doch was hermachen“, lasse ich mich nicht so schnell von meinem Plan abbringen. Immerhin läuft mir nichts davon und warum nicht ein paar gute Bewertungen für das Garni meines Bruders einheimsen?

„Es ist Samstag, Hanna. Urlauberwechsel, du wirst ewig im Stau stehen und …“

„Macht doch nichts. Ich habe Zeit“, grinse ich und lasse Peter stehen, bevor er es sich noch anders überlegt. Shopping und dekorieren helfen mir sicher über die miese Stimmung hinweg.

 

Oder ich hätte auf Peter hören sollen. Der Stau talauswärts ärgert mich maßlos, die beschissene Musikauswahl der Radiosender genauso. Kurzerhand fahre ich von der Hauptstraße ab und steuere den hiesigen Baumarkt an. Weit davon entfernt mit dem Sortiment der Großstadt mithalten zu können, aber wesentlich nervenschonender. Mir war nicht wirklich bewusst, dass schon Anfang Dezember so viele Touristen hier sind. Ich würde sie ja verteufeln, würden wir Einheimischen nicht davon leben.

Am Baumarkt herrscht emsiges Treiben, allerdings anders als in der Stadt. Hier kaufen die Leute hauptsächlich Schneefräsen und Streusalz, während die Städter eher auf Lichterketten und Baumschmuck stehen. Trotzdem finde ich eine kleine Auswahl an weihnachtlicher Beleuchtung, Girlanden und schön kitschige Figürchen. Selbst die Weihnachtssterne gibt es im Überfluss und ohne lange zu überlegen, hamstere ich was das Zeug hält. Alles für den guten Zweck.

„Hallo, Frau Nachbarin“, begrüßt mich Klaus, als ich mich hinter ihm in die Schlange an der Kasse einreihe.

„Ex-Nachbarin“, zische ich. Klaus ist seit unserer gemeinsamen Schulzeit ein rotes Tuch für mich und auch ein Grund, warum ich es so eilig hatte aus unserem Seitental so schnell wie möglich zu verschwinden.

„Hab' gehört, der Umstand hat sich geändert.“ Klar, Peter, die Petze. Meine Brüder verstehen sich mit Klaus hervorragend und verbringen in meinen Augen viel zu viel Zeit mit diesem prahlerischen Möchtegern.

„Vorübergehend“, presse ich mühsam hervor.

„Hab' ja immer gesagt, die große Stadt ist nichts für uns.“

„Für mich gilt das nicht.“

„Haben die dich nicht gerade mit Schimpf und Schande davongejagt?“, lacht er und begrüßt die Kassiererin, ehe er wieder mich ansieht.

„Man hat mir gekündigt, was wohl weitaus weniger schlimm ist.“

„Wie sie daherredet, als wäre sie was Besseres“, amüsiert sich Klaus kopfschüttelnd. „Dabei bist du auch nicht anders als wir.“

„Anders als du auf jeden Fall“, speie ich verächtlich aus. So ein blödes Arschloch. So war er schon immer. Hackte auf mir rum, verspottete mich, erzählte den anderen Kindern Lügen und brachte sie dazu mit dem Finger auf mich zu zeigen. Mieser Drecksack. Der würde doch gut in meine Kanzlei passen. Ex-Kanzlei.

Zwinkernd verlässt Klaus gutgelaunt das Geschäft, während ich noch meine Taschen packe und winkt mir auch noch zu. Das kann ja eine fröhliche Auszeit werden. Besser ich setze mich doch gleich an meine Unterlagen und verschwinde wieder in die Stadt.

 

Joe

 

„Und sie erzählt mir kein Wort davon?“, fahre ich Peter, meinen jüngeren Bruder, an, obwohl er am wenigsten dafür kann. Hanna, meine Schwester, ist eben so. Sie will alles mit sich ausmachen und hält nicht viel davon zu reden. Oder ihren Bruder darüber zu informieren, dass sie arbeitslos ist.

„Vielleicht, weil du ihr einen Einlauf verpassen würdest, großer Bruder?“

„Als hätte ich je die Chance dazu gehabt! Ich erfahre doch alles erst hinterher.“ Vor ein paar Jahren die Sache mit dem Herzensbrecher. Hanna hat nichts gesagt, als der Arsch ihre Verlobung löste. Erst Monate später, als es ihr besser ging, hat sie mir davon erzählt. Dabei hätte ich dem Kerl gerne die Leviten gelesen.

„Und das liegt daran, dass du dich sonst überall einmischen würdest. Seit Papa nicht mehr lebt …“

„Erfahre ich nichts mehr. Irgendwer muss doch auf euch aufpassen.“

„Wir sind erwachsen, Joe. Hanna kriegt das schon auf die Reihe.“

„Aber ich könnte zumindest ihre Bewerbung Korrekturlesen. Sie bewirbt sich doch schon fleißig?“

„Gerade ist sie shoppen.“

„Shoppen“, schnaube ich. Sie sollte sich lieber um einen Job kümmern.

„Sei kein Miesepeter, Joe. Lass sie sich doch ein bisschen ausruhen.“

„Und wovon will sie leben, wenn sie keinen Job hat?“

„Den hat sie ja offiziell noch, da schaden ein paar Tage Auszeit wirklich nicht.“

„Oder es gefällt ihr nichts zu tun und bleibt dabei.“

„Schwarzmaler“, lacht mein jüngerer Bruder. „Ich halte dich auf dem Laufenden. Gerade kommt sie zurück und wehe du verrätst, dass ich gepetzt habe.“ Ich brumme mürrisch, was alles heißen könnte, denn ich bin mir nicht sicher, was ich zu tun gedenke. An meinem neuen Buch arbeiten fällt schon mal aus, dafür fehlt mir gerade die Konzentration, aber ich könnte ein paar Leute anrufen und mich nach einem neuen Job für Hanna umsehen.

Oder hat Peter recht? Schieße ich zu schnell? Bin ich zu überbehütend? Ach Quatsch, jemand muss sich doch um die zwei Kindsköpfe kümmern.

 

Peter

 

„Was hast du Klaus erzählt?!“, brüllt mir Hanna entgegen, als ich ihr die Haustür öffne, weil sie voll beladen mit Einkaufstüten ist. Ihr Kopf ist beinahe dunkelrot und ich habe wirklich Angst, dass ihr gleich eine Ader platzt.

„Nur, dass du bis Weihnachten bei uns bleibst.“

„Ha! Du lügst doch!“

„Warum sollte ich?“, bleibe ich ruhig, nehme ihr ein paar der Taschen ab und schubse die Tür mit meinem Fuß zu.

„Ich habe ihn gerade im Baumarkt getroffen und er scheint mehr zu wissen.“

„Naja, natürlich habe ich ihm gesagt, dass du gekündigt wurdest. Kam halt so zur Sprache. Ist ja nichts Schlimmes.“

„Nicht schlimm? Und als nächstes rufst du Joe an, oder was?“. Oh, oh. Sie kennt mich verdammt gut, obwohl wir uns nicht oft sehen.

„Hast du schon, oder?“ Hanna stellt die Tüten ab, kickt ihre Stiefel von den Füßen, schlüpft aus ihrer Jacke und fixiert mich dann mit ihrem speziellen Blick. Ich schlucke trocken. Ich hasse es zu lügen, aber bleibt mir gerade eine andere Wahl? Hanna traue ich im Moment alles zu, sogar einen Mord.

„Mensch, Peter“, jammert sie dann und tritt halbherzig gegen die Einkaufstüten am Boden. Eine fällt um und ein paar Weihnachtskugeln rollen über die Dielen im Flur.

„Kommt er her?“

„Nein. Er wird gar nichts tun, hat er versprochen. Ist nichts dabei ihn mal an deinem Leben teilhaben zu lassen.“

„Und dann reißt er das Ruder an sich und will über meinen Kopf hinweg entscheiden. Vielen Dank, aber ich weiß selbst, was ich will.“

„Und das wäre?“

„Halt die Klappe, Nervensäge.“ Hanna lässt mich mit samt ihren Einkäufen stehen und stürmt über die Treppe nach oben. Ihre Zimmertür knallt zu und ich entlasse seufzend die Luft aus meiner Lunge. Frohe Festtage.

 

Hanna

 

Als hätte sich die ganze Welt gegen mich verschworen, dabei will ich nichts weiter als ein bisschen Ruhe, mich finden, neu orientieren und weiter machen. Wäre nicht das erste Mal. Ich schaffe das allein, ohne meine Brüder. Immer schon. Aber wann sehen die zwei Hornochsen das ein?

Und irgendwie bin ich wohl selbst schuld an dem Schlamassel. Ich hätte in der Stadt bleiben sollen, anstatt mir Trost bei Peter zu erhoffen. Es tut zwar irgendwie gut hier zu sein, aber Ruhe finde ich bestimmt nicht. Das hätte mir vorher schon klar sein müssen. Da sind meine Brüder, der Dorftratsch und nicht zuletzt Klaus. Ich bin nicht geschaffen für das Landleben, ich bin eine Großstadtpflanze. Ich mag es laut und anonym, statt leise und gemeinschaftlich.

Das Klopfen an der Tür reißt mich aus den Gedanken und seufzend bitte ich den Störenfried herein. Natürlich ist es Peter und er hat heiße Schokolade mitgebracht. Er lächelt entschuldigend und ich erwidere es schwach.

„Tut mir leid wegen Klaus. Ich weiß ja …“

„…, dass wir Todfeinde sind?“

„Übertreib nicht, Hanna.“

„Tu ich nicht“, murmle ich und nehme Peter eine der Tassen ab.

„Er ist kein schlechter Kerl.“

„Das sagt ihr mir andauernd, aber euch drangsaliert er auch nicht.“

„Vielleicht solltest du … ach, vergiss es.“

„Sehr gern, auf eine weitere Predigt kann ich getrost verzichten.“ Wäre nicht das erste Mal, dass Peter oder Joe versuchen würden mir Klaus schön zu reden. Funktioniert nur leider nicht. Kaum dass wir uns sehen, fliegen die Fetzen. Wir kämpfen, messen uns und es muss immer einen Sieger geben. Ich setze mich auf mein Bett und klopfe auf den Platz neben mir. Grinsend macht es sich Peter gemütlich, früher haben wir oft so zusammengesessen. Das ist Jahrzehnte her, fühlt sich aber zu meiner Überraschung noch immer gut an. Ich liebe meine Brüder und auch wenn es manchmal zwischen uns kracht, haben wir unsere friedlichen Momente.

„Und? Wie sieht dein Plan aus?“, will Peter vorsichtig wissen.

„Ich weiß nicht“, seufze ich tief und schüttle den Kopf. „Ich weiß ja nicht mal wirklich, warum ich überhaupt so früh hierherkommen wollte.“

„Weil du deine Brüder brauchst“, grinst Peter, schlingt einen Arm um mich und drückt mich an sich.

„Ich brauche euch nicht“, protestiere ich halbherzig.

„Tust du wohl, du kleine Lügnerin. Es ist nirgendwo so schön wie zu Hause.“

„Seit wann bist du denn so sentimental?“

„Ich weiß nicht, vielleicht steckt eine Frau dahinter?“ Ich mache mich von Peter los, der mich breit anlächelt.

„Mein kleiner Bruder ist als erster unter der Haube?“, kichere ich, dabei ist das keine Überraschung. Joe und ich sind gebrannte Kinder und haben der Liebe abgeschworen.

„Könnte gut sein. Rosi ist …“

„Die kleine pummelige Rosi unten an der Straße?“

„Wie lange hast du sie denn schon nicht mehr gesehen?“, lacht Peter. „So klein ist sie gar nicht mehr.“

„Sie hat sich ja nie blicken lassen, als ich hier war.“

„Sie war auch nicht hier, sondern ist dir in die große Stadt gefolgt. Erst dieses Jahr ist sie nach Hause geflüchtet.“

„Scheint ein Homecomming-Jahr zu sein“, seufze ich.