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Das Leben könnte so einfach sein, findet Sunny. Wären da nicht ihre Mutter, die sie ständig unter die Haube bringen will, oder ihr Chef, Weiberheld und neuerdings ziemlich attraktiv. Als dann noch der gut aussehende Alex in ihr Leben tritt, scheint das Chaos perfekt. Gut, dass ihre Freunde ihr zur Seite stehen, oder doch nicht?
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„Langsam wird‘s Zeit, dass ich jemanden für die Büroarbeit finde. Mir hängt sie zum Hals raus“, stöhnte Ben, als ich gerade von der Toilette zurückkam.
„Noch keine Bewerbungen eingetroffen?“, mischte ich mich ein.
„Doch aber nur Nieten. Entweder sie können nichts oder ich kann nicht mit ihnen.“
„Warum fragst du nicht Sandra“, hatte Kevin eine seiner glorreichen Ideen.
„Mich?“, wurde ich fast hysterisch. „Kommt nicht in Frage.“
„Warum denn nicht? Du jammerst ständig, dass dir dein Job keinen Spaß macht und Ben sucht eine kompetente, junge, witzige und hübsche Bürokraft. Passt perfekt“, verteidigte Kev seinen Vorschlag.
„Tut mir leid, Ben, wenn ich das so sagen muss, aber mit einem wie dir könnte ich nie zusammenarbeiten“, erklärte ich selbstbewusst.
„Wie einem mit mir? Was soll das denn jetzt bedeuten.“
„Du hast doch nur deine Weiber im Kopf. Abgesehen davon, denke ich nicht, dass ich mit einem Macho als Chef zurecht käme.“
„Ich bin kein Macho“, verteidigte sich Ben ganz entrüstet.
„Nein? Was dann? Du solltest dich mal sehen, wie du mit den Mädels umgehst.“
„Ach was,“ winkte er ab, „frag die doch mal, Die brauchen das.“
„Das denkst du also? Sie sind alle ganz scharf darauf, mit dir oder deinen Kumpels ins Bett zu gehen, in eurem Ranking bewertet und abserviert zu werden?“, steigerte ich mich hitzig in das Gespräch.
Ben nickte überzeugt und Kevin pflichtete ihm bei: „Das ist wirklich so. Tatsache. So wahr ich hier sitze.“
„Für dich würde ich nicht arbeiten. Niemals“, unterstrich ich nochmals meine Meinung und schloss eine weitere Diskussion aus.
Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Keine vier Wochen später ging der Laden, in dem ich arbeitete, in Konkurs und ich verlor meinen Job. Da stand ich nun, ohne große Aussicht mein Gehalt zu bekommen. Die Miete für meine Wohnung war fällig und der Kühlschrank wollte auch wieder mal gefüllt werden. Ich heulte mich bei meiner Freundin Mel aus. Geduldig wie immer hörte sie sich mein Klagen an.
„Hör mal“, begann sie mich zu trösten, zumindest dachte ich das jedenfalls, „du hast mir vor ein paar Tagen erzählt, dass dir Kevs Bruder einen Job angeboten hat.“
„Ja, aber da werde ich nicht fragen. Ich hab ihm gesagt, ich würde niemals für ihn arbeiten und das kann ich auch nicht. Stell dir mal vor, ich müsste es den ganzen Tag mit diesen dummen Tussis aushalten, mit denen er sich ständig umgibt. Und dann noch seine Ansichten über Frauen... Das geht mir total gegen den Strich.“
„Aber du könntest die Miete bezahlen und abgesehen davon hätte ich nichts dagegen, als Eintrag auf seiner Liste zu enden.“
Ungläubig starrte ich Mel an.
„Das ist nicht dein Ernst, oder?“
„Warum nicht? Er ist scharf, ich bin alleinstehend und ich wüsste ja, worauf ich mich da einlasse.“
Langsam begann ich zu verstehen, was mir die Brüder vor Kurzem klar machen wollten.
„Du findest es nicht verwerflich, wie er mit den Mädels umgeht?“
„Ach Sunny, manchmal bist du schon mehr als ein Moralapostel. Die Mädels wissen doch mittlerweile alle, wie der Hase bei Ben und seinen Jungs läuft. Und du weißt, dass Ben kein schlechter Mensch ist.“
Vielleicht hatte Mel ja Recht und ich brauchte nur einen anderen Blickwinkel. Oder ich war einfach nur zu spießig?
„Okay. Einen Versuch ist es wert. Ich werde das Angebot, sofern es noch steht, annehmen“, sprang ich über meinen eigenen Schatten.
„Das, meine liebe Sunny, ist die richtige Entscheidung“, grinste Mel.
Ich suchte meine Bewerbungsunterlagen zusammen, überarbeitete sie, warf mich in Schale – wenn schon förmlich, dann aber richtig. Zufrieden mit meiner Vorbereitung und meinem Aussehen ging ich zu Bens Laden. Auf dem Weg dorthin rief mich Kev an.
„Hi, du fleißige Biene. Was machst du gerade?“
„Ich bin auf dem Weg zu deinem Bruder und versuche einen Job zu kriegen.“
„Du verarscht mich“, lachte er lauthals auf.
„Nein. Mein voller Ernst.“
„Wie jetzt?“
„Die Kurzfassung: Mein Chef ist pleite. Ich hab keinen Job. Die Miete ist zu bezahlen und Mel hat mich davon überzeugt, dass ich mich bewerben soll.“
Er lachte schallend.
„Ja, ja unsere Mel", wollte er schon zu einer seiner ausschweifenden Reden ausholen, die ich aber gleich im Keim erstickte.
„Ich muss Schluss machen, bin gleich da“, verabschiedete ich mich von ihm.
„Viel Glück.“
Ich bedankte mich, legte auf und atmete nochmal tief durch, bevor es losging. Als ich die Ladentür öffnete, klingelte eine kleine Glocke um meinen Besuch anzukündigen.
„Komme gleich“, rief Ben aus einem Hinterzimmer.
Plötzlich rutschte mir mein Herz in die Hose und ich fragte mich, was ich hier eigentlich machte. Aber noch bevor ich zu einer Antwort kam oder die Flucht ergreifen konnte, stand Ben schon vor mir.
„Sunny“, freute er sich, „was kann ich für dich tun?“
Ich kramte schweigend die Bewerbungsmappe aus meiner Tasche und hielt sie ihm hin. Er lächelte spöttisch.
„Ist es das, wofür ich es halte?“
„Wofür hältst du es denn?“, fragte ich ein wenig schnippisch.
„Du willst dich bewerben?“
Ich nickte. Selten war mir eine Situation so peinlich, wie diese. Hatte ich doch noch immer meine hochtrabenden Worte im Ohr – niemals würde ich für dich arbeiten... Niemals!
„Dann komm mal mit ins Büro“, sein Ton war nun sehr geschäftsmäßig. Gott, wie ich ihn hasste. Natürlich hasste ich ihn nicht wirklich. Ich fand ihn sogar ganz toll, mit Ausnahme von seiner Einstellung zum weiblichen Geschlecht. Ich mochte ihn nur auf einer anderen Ebene als die Frauen, die ihn ständig umschwirrten.
Er bot mir einen Stuhl an und ich setzte mich widerwillig. Ben blätterte meine Unterlagen durch.
„Du hast also schon in einer Buchhandlung gearbeitet?“
Diese Frage war völlig überflüssig, schließlich war ich seit dem ersten Schultag mit seinem Bruder Kev befreundet und da ich auch Ben mittlerweile zu meinem Freundeskreis zählte, kannte er die Antwort genau.
„Ja, da hab ich meine Lehre absolviert.“
„Als Buchhändler?“, grinste er frech.
„Nein, in der Buchhaltung. Ich bin Bürokauffrau“, presste ich verärgert hervor. So ein Blödmann!
„Und was hast du dann gemacht?“
„Den gleichen Job in anderen Firmen.“
„Und warum hast du so oft die Stelle gewechselt?“
„Das weißt du alles.“ Nun war ich schon richtig zornig.
„Ich wollte nur mal sehen, wie lange du durchhältst“, lachte Ben.
„Schönen Dank auch. Krieg ich nun den Job?“
„Willst du ihn denn?“
„Ich brauch ihn.“
„Ach, sieh an. Wie kommt’s?“
„Die Firma ist pleite.“
„Weißt du was ich am meisten liebe?“ Ich schüttelte den Kopf.
„Wenn Frauen mich brauchen“, grinste er dreckig.
Ich setzte mein strahlendes Lächeln auf: „Mein lieber Freund, ich brauche nicht dich, sondern diesen Job“, entgegnete ich in souveräner Manier.
„Ach Sunny, irgendwann wird sich das auch noch ändern“, stichelte er weiter. Das war die Art Konversation, die wir schon immer führten.
Ich griff nach dem Foto bei meinen Unterlagen.
„Steck es dir in die Brieftasche, denn ich möchte, dass du es jeden Tag siehst und dir dabei folgender Satz durch den Kopf geht: Die Frau krieg ich nie!“
Ich strahlte ihn zuckersüß an und Ben lachte.
„Ich denke, wir werden viel Spaß miteinander haben.“
Die Tage und Wochen vergingen wie im Flug und ich hatte mich schnell eingearbeitet. An die zahlreichen Mädchen hatte ich mich gewöhnt, auch wenn es mir immer noch nicht gefiel, und auch an Bens Freunde, die einmal die Woche vorbeikamen. Alles in allem war es ein toller Job. Ich hatte eine Menge Spaß.
„Na, mein Sonnenschein, wie geht’s uns diese Woche?“, begrüßte mich Frank, einer von Bens Freunden, und hielt mir wie jeden Montag eine Tasse Kaffee unter die Nase.
„Du bist montags mein Lichtblick.“
„Lass das bloß nicht Ben hören“, zwinkerte er mir zu, „sonst wird er noch eifersüchtig.“
„Ach, woher denn. Der wär doch froh, wenn du eine wie mich zum Ranking anschleppen würdest“, lachte ich.
„Nanana, verkauf dich nicht unter Wert.“