Emotionale Rhetorik im Leben und rund um den Tod 2100 - Horst Hanisch - E-Book

Emotionale Rhetorik im Leben und rund um den Tod 2100 E-Book

Horst Hanisch

0,0

Beschreibung

"Ich kommuniziere - also bin ich!" Diese Aussage ist an das Zitat "Cogito ergo sum" ("Ich denke, also bin ich") des Philosophen René Descartes (1596 - 1650) angelehnt. Sie drückt aus, wie wichtig der zwischenmenschliche Austausch ist. In mehreren fiktiven Interviews werden die Leserin und der Leser zu unterschiedlichen Themenbereichen aus dem großen Feld der wunderbar vielfältigen Rhetorik geführt. Nicht umsonst ist Rhetorik, die Redekunst, lebenswichtig; sie beeinflusst das Leben in vielfacher Weise. Sie teilt mit, überzeugt, begeistert, inspiriert ein Leben lang, von logisch, illusionsreich, erotisch, investigativ über gehörlos und wortlos, bis trügerisch und verwirrend, sogar tödlich. Nach gängiger Überlegung scheint Rhetorik im Tod nicht mehr möglich. Wohl aber gibt es zahlreiche Gespräche rund um den Tod, und manchmal auch 'mit dem Tod' - er steht ebenso zu einem Interview bereit. Hierzu gestellte Fragen werden von Berühmtheiten wie Ludwig van Beethoven, Leonardo da Vinci, Christoph Kolumbus, Sokrates, Schinderhannes, Kaspar Hauser, Johannes Gutenberg, Jeanne d'Arc beantwortet, aber auch von Menschen, die mit Berühmtheiten zu tun hatten, wie Mona Lisa oder Michelangelos Skulptur, David. Freuen Sie sich auf den Austausch mit Charon, dem Fährmann der Unterwelt, auf Lady Liberty aus New York und auf William, den Henker von Maria Stuart oder auf Inspektor Abberline, der (vergeblich) Jack the Ripper jagt(e). Lassen Sie sich auf dieses 'Spiel' ein, erhalten Sie einen kleinen Einblick in die große Gedankenwelt der imaginären Gesprächspartner. Es zeigt sich, wie Rhetorik für das Leben dieser Persönlichkeit wichtig, bedeutend und ausschlaggebend ist. Jeder Interviewte gibt der Leserschaft einen Lebenstipp. Schließlich soll eine gewisse Kurzweil vermittelt werden und - hoffentlich - hin und wieder ein Lächeln auf die Lippen der Leserin und des Lesers zaubern.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 343

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

VORWORT

R

HETORIK

DIE GROßARTIGE

R

EDEKUNST – UND GLEICHZEITIG DIE KOMMUNIKATIVE

E

NDLICHKEIT IM

L

EBEN

Machtvolle Veränderung, versteckte Erotik und überlegenswerte Lebenserkenntnisse

KOMMUNIKATIVE RHETORIK

E

VOLUTIONÄRE

R

HETORIK

Interview Lucy Dinknesh – Der erste Mensch

L

OGISCHE

R

HETORIK

Interview Sokrates – Die Logik erklärt alles

Ä

STHETISCHE

R

HETORIK

Interview David – Kunst und Schönheit

P

ERFEKTE

R

HETORIK

Interview Leonardo da Vinci – Das Genie der Menschheit

G

EHÖRLOSE

R

HETORIK

Interview van Beethoven – Akustische Freude

M

USIKALISCHE

R

HETORIK

Interview Edith Piaf– Eine große Kleine

S

CHRIFTLICHE

R

HETORIK

Interview Johannes Gutenberg – Der Jongleur der Buchstaben

ILLUSIONIERENDE RHETORIK

Interview Harry Houdini – Der Mann in Ketten

P

ANTOMIMISCHE

R

HETORIK

Interview Oleg Popow – Der unvergessliche Clown

MANIPULIERENDE RHETORIK

P

RUNKHAFTE

R

HETORIK

Interview Ludwig II. – Der träumende Monarch

P

RAHLENDE

R

HETORIK

Interview Nero – Der kaiserliche ,Künstler'

E

INNEHMENDE

R

HETORIK

Interview Alexander – Der Große

ÜBERZEUGENDE RHETORIK

Interview Jeanne d'Arc – Die Jungfrau von Orleans

P

OWERVOLLE

R

HETORIK

Interview Granny Nanny – Freiheitsnehmende, Gemeinschaft' mit Jamaikas Nationalheldin

A

UTHENTISCHE

R

HETORIK

Interview Dana – Die Mega-Influencerin

VÖLKERVERBINDENDE RHETORIK

Interview Christoph Kolumbus – Viele Wege führen zum Ziel

ERNÜCHTERNDE RHETORIK

H

OFFNUNGSVOLLE

R

HETORIK

Interview Lady Liberty – Die Freiheitsstatue begrüßt die Immigranten

H

ERZLICHE

R

HETORIK

Interview Christiaan Barnard – Der Arzt mit Herz

V

ERGEBLICHE

R

HETORIK

Interview Sitting Bull – Der ,Held' am Little Bighorn

U

NVERSTÄNDLICHE

R

HETORIK

Interview Kaspar Hauser – Der verlorene Sohn

A

UTOKOMMUNIKATIVE

R

HETORIK

Interview Hoces – Der einsame Verschollene

I

NNERE

R

HETORIK

Interview Innerer Schweinehund – Freund oder Feind?

S

TATISTISCHE

R

HETORIK

Interview Durchschnittsmensch, Sam Dummy und Erika Mustermann – Statistische Figuren

S

ELBSTBEWUSSTE

R

HETORIK

Interview Clärenore Stinnes – Die Frau steht ihren Mann

BEGEHRENDE RHETORIK

V

ERSCHWIEGENE

R

HETORIK

Interview Mona Lisa – Die lächelnde Schönheit

E

ROTISCHE

R

HETORIK

Interview Maryiin Monroe – Das Sexsymbol

S

ELBSTVERLIEBTE

R

HETORIK

Interview Narziss – Verliebt in sich selbst

S

ENSIBLE

R

HETORIK

Interview Domina Vanessa – Die Herrin des Hauses mit Befehlskraft

UNBEGRENZTE RHETORIK

H

ELLSEHERISCHE

R

HETORIK

Interview Pythia – Das geheimnisvolle Orakel

V

ERGÄNGLICHE

R

HETORIK

Interview Peter Henlein – Der Erfinder der tragbaren Zeit

V

ERTRAUENSVOLLE

R

HETORIK

Interview Gagarin – Der erste Mensch im Weltall

S

UPERLATIVE

R

HETORIK

Interview Luka – Willkommen auf dem Mars

Z

UKÜNFTIGE

R

HETORIK

Interview Kim – Hybrid mit Künstlicher Intelligenz

WAHRHEITSSUCHENDE RHETORIK

G

EHEIMDIENSTLICHE

R

HETORIK

Interview Pheidippides – der schnellste Mann der Welt

T

RÜGERISCHE

R

HETORIK

Interview Loreley – Die traurige Jungfrau vom Rhein

L

ÜGNERISCHE

R

HETORIK

Interview Freiherr von Münchhausen – Herr der Lügen

I

NVESTIGATIVE

R

HETORIK

Interview Journalist – Die vierte Gewalt

H

ILFLOSE

R

HETORIK

Interview Inspektor Abberline – Auf der Jagd nach Jack the Ripper

GRAUSAME RHETORIK

B

ELEIDIGENDE

R

HETORIK

Interview Götz von Berlichingen – Herr der Kraftausdrücke

F

ESSELNDE

R

HETORIK

Interview Chang und Eng – Die Siamesischen Zwillinge

K

OMPROMISSLOSE

R

HETORIK

Interview Schinderhannes – Der Räuberhauptmann

B

LUTIGE

R

HETORIK

Interview Fürst Vlad III. Draculae – Sohn des Teufels

V

ERSCHWÖRERISCHE

R

HETORIK

Interview Brutus – Der ,Sohn' Caesars

Z

ERSTÖRENDE

R

HETORIK

Interview Lee Harvey Oswald – Das Attentat

U

NMISSVERSTÄNDLICHE

R

HETORIK

Interview Dayak – Der Kopfjäger

TÖDLICHE RHETORIK

E

ISKALTE

R

HETORIK

Interview Juan-ita – Das Mädchen aus dem Eis

F

INALE

R

HETORIK

Interview William – Der Henker Maria Stuarts

E

WIGE

R

HETORIK

Interview Tutanchamun – Der unsterbliche Pharao der Ägypter

G

EFÜRCHTETE

R

HETORIK

Interview Charon – Der Fährmann zur Unterwelt

U

NAUSWEICHLICHE

R

HETORIK

Interview Tod – Für alle Ewigkeit

STICHWORTVERZEICHNIS

K

NIGGE ALS

S

YNONYM UND ALS

N

AMENSGEBER

– U

MGANG MIT

M

ENSCHEN

Adolph Freiherr Knigge

Vorwort

Rhetorik – die großartige Redekunst – und gleichzeitig die kommunikative Endlichkeit im Leben

Reden lernt man nur durch reden.Marcus Tullius Cicero, röm. Philosoph (106 v.Chr. - 43 v.Chr.)

Machtvolle Veränderung, versteckte Erotik und überlegenswerte Lebenserkenntnisse

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Cogito ergo sum" („Ich denke, also bin ich"), meinte der Philosoph René Descartes (1596 – 1650). Ich passe das Zitat an: „Ich kommuniziere – also bin ich!"

Die Aussage soll ausdrücken, wie immens wichtig der zwischenmenschliche Austausch ist.

Das Thema lautet „Emotionale Rhetorik im Leben und rund um den Tod". Nicht umsonst ist Rhetorik, die Redekunst, lebenswichtig; sie beeinflusst das Leben in vielfacher Weise. Sie teilt mit, überzeugt, begeistert, inspiriert ein Leben lang, von logisch, illusionsreich, erotisch, investigativ über gehörlos und wortlos, bis trügerisch und verwirrend, sogar tödlich.

Die Kunst zu reden kann auch prahlerisch, drohend sein, ja sogar den Krieg auslösen. Emotionen aller Art werden berührt.

Nach gängiger Überlegung scheint Rhetorik im Tod nicht mehr möglich. Wohl aber gibt es zahlreiche Gespräche rund um den Tod, und manchmal auch ,mit dem Tod' – er steht ebenso zu einem Interview bereit.

Vom Beginn unserer Zeitrechnung bis hin zum Tod werden zu diesem Thema bedeutende Charaktere in mehreren fiktiven Interviews befragt, mit dem Ziel, Interesse zu zeigen und durch Fragen Informationen oder Meinungen über ihr Leben, den Einfluss der Rhetorik und Gedanken zum Tod zu erfahren.

Die Gespräche entstammen lediglich der Vorstellungskraft des Autors, also meiner eigenen.

In jeder Epoche gibt es genügend berühmte und bedeutende Persönlichkeiten. Die Wahl fiel auf 50 Persönlichkeiten', die sich durch verschiedene Eigenschaften als Individuum auszeichnen. Die Auswahl der Gesprächspartner ist natürlich willkürlich und auch als subjektiv zu betrachten.

Wie sind die Gedanken der Befragten? Lesen Sie, was Genies, Künstler, Erfinder, Angeber, Selbstverliebte, Größenwahnsinnige, erfundene Wesen und andere denken.

Hierzu gestellte Fragen werden von Berühmtheiten wie Ludwig van Beethoven, Leonardo da Vinci, Christoph Kolumbus, Sokrates, Schinderhannes, Kaspar Hauser, Johannes Gutenberg, Jeanne d'Arc beantwortet, aber auch von Menschen, die mit Berühmtheiten zu tun hatten, wie Mona Lisa oder Michelangelos Skulptur, David.

Freuen Sie sich auf den Austausch mit Charon, dem Fährmann der Unterwelt, auf Lady Liberty aus New York und auf William, den Henker von Maria Stuart oder auf Inspektor Abberline, der (vergeblich) Jack the Ripper jagt(e).

Manchmal wird getrickst, wenn beispielsweise mit dem verschollenen Seefahrer Hoces auf einer einsamen Insel gesprochen wird. Er hätte nach dem Interview theoretisch gerettet werden können – dann wäre er aber nicht verschollen. Bitte sehen Sie diesen kleinen Kunstgriff nach.

Hin und wieder werden echte Zitate eingestreut oder solche von Personen, die im sozialen Umfeld lebten. Diese Zitate finden Sie bei den Antworten der Interviewten; sie sind dann in Anführungszeichen gesetzt.

Die Interviews werden meist zu ,Lebzeiten' der Interviewten geführt. In die Interviews werden echte Begebenheiten beziehungsweise Tatsachen eingeflochten.

Lassen Sie sich auf dieses ,Spiel' ein, erhalten Sie einen kleinen Einblick in die große Gedankenwelt der imaginären Gesprächspartner. Es zeigt sich, wie Rhetorik für das Leben dieser Persönlichkeit wichtig, bedeutend und ausschlaggebend ist.

Erkennen Sie, wie weitgehend eine emotionale Rhetorik das Leben beeinflusst.

Jeder Interviewte gibt der Leserschaft einen Lebenstipp.

Übrigens: Gelingt es Ihnen, aus den Gesprächen eine Erkenntnis zu ziehen oder wiederzubeleben, dann war es wert, die Interviews zu lesen. Schließlich ist ein Ziel, Erfahrungen und Gedanken auszutauschen, die Ihnen eine gewisse Kurzweil vermitteln und – hoffentlich – hin und wieder ein Lächeln auf Ihre Lippen zaubern.

Liebe Leserin, lieber Leser, viel Vergnügen beim Lesen dieses Buches. Ich danke Ihnen, dass Sie sich auf das Thema einlassen. Lehnen Sie sich zurück und freuen sich über das spannende Thema.

Den Leserinnen und Lesern dieses Buches wünsche ich gute Ergänzungen zu ihrem Wissen.

Horst Hanisch

Kommunikative Rhetorik

Evolutionäre Rhetorik

Interview Lucy Dinknesh – Der erste Mensch

Als Treffpunkt wurde eine Holzbank-Gruppe in einem Park gewählt. Das Wetter ist angenehm; die Sonne scheint.

Die Interviewpartnerin Lucy wartet schon.

Offensichtlich genießt sie die Wärme der Sonnenstrahlen. Sie selbst strahlt auch und freut sich sichtbar des Lebens. Zwischen den Zähnen klemmt ein Pflanzenstil, auf dem sie anfangs kaut.

Ein ganz großer Teil des Austauschs verläuft durch den gezielten Einsatz von Körpersprache. Viele aussagekräftige Gebärden und der Einsatz beeindruckender Mimik lassen das Gesagte von Lucy gut verstehen.

Der Einfachheit halber wird der hier abgedruckte Test dargestellt, als wäre er 100-prozentig verbal erfolgt.

„Es gibt nichts Schöneres, als miteinander zu lachen.“

Frage: Liebe Lucy. Ihr korrekter Name lautet Dinknesh. Was bedeutet dieser Name?

Lucy: Dinknesh ist eine der Amtssprachen, Amhara, die in Äthiopien gesprochen wird. Übersetzt heißt Dinknesh „die Wunderbare" (Lucy strahlt uns an).

Frage: Weshalb Wunderbare?

Lucy: Weil mit mir viele Erkenntnisse für die Wissenschaft offenbart wurden (lacht laut). Das war mir selbst gar nicht so bewusst.

Frage: Der Name Lucy wurde Ihnen in Anlehnung an einen Beatle-Song „Lucy in the Sky with Diamonds" gegeben, und zwar schon einen Abend nach Ihrer Entdeckung. Der Grund: Dieser Song ertönte immer aus dem Kassettenrekorder der Forscher.

Lucy: Sehr schmeichelhaft (Lucy streicht sich selbstgefällig durchs Haar).

Frage: Zumindest besser als die wissenschaftliche Bezeichnung beziehungsweise Arbeitsnummer AL 288-1.

Aber nun zu unseren Fragen. Sie gelten immerhin als erster Mensch der Welt. Sie sollen vor über 3,2 Millionen Jahren gelebt haben. Das ist schon lange her, oder?

Lucy: So ist es. In der Tat. Kaum vorzustellen. Ich bin schon ganz schön alt, nicht wahr (lacht aus vollem Hals)? Für solch ein Alter geht es mir ausgezeichnet.

Frage: Wie war das Leben damals?

Lucy: Es war wunderbar. Das Zwischenmenschliche war fantastisch. Ich kann mich überhaupt nicht beschweren.

Mir und meiner Familie ging es gut. Wir hatten genügend zu essen. Wir verbrachten viel Zeit miteinander, konnten uns gut austauschen und lachten viel.

Lachen und kommunizieren ist das Beste im Leben.

Frage: Was ist so Besonderes an Ihnen?

Lucy: Na ja, als etwas Besonderes kann ich das gar nicht bezeichnen. Jeder war so, wie er war. Da machten wir uns auch keine großen Gedanken.

Wir waren auf Leben und Tod aufeinander angewiesen, um uns gegenseitig zu helfen. Das ist mit ein Grund, weshalb wir unmissverständlich miteinander kommunizieren wollten und mussten; ich will sagen: Das war überlebenswichtig.

Was war nun so besonders? Wir kamen einfach eines Tages auf die Idee, nur noch auf den Hinterbeinen zu gehen und zu laufen. Damit konnten wir viel weiter sehen als unsere Eltern oder Großeltern.

Ich weiß auch gar nicht mehr so genau, ob diese Entscheidung bewusst getroffen wurde. Ich denke eher, es kam einfach so, wie es kommen muss. Das Ganze brachte uns den Vorteil, dass wir früher entscheiden konnten, in welche Richtung wir gehen sollten, um Nahrungsmittel zu finden.

Frage: Sie hatten demnach eine größere Auswahl an Lebensmittel?

Lucy: Ja, so lässt sich das sagen. Zumindest hatten wir mehr Essen als die Generationen vor uns. Da wir uns gut ernähren konnten, hatten wir auch etwas mehr Zeit für andere Dinge. Es lebten immerhin eine ganze Menge Menschen in unserer Gegend. So mussten wir nicht mehr den ganzen Tag mit Essensbesorgung verbringen, sondern konnten auch mal zusammensitzen und uns austauschen.

Frage: Wie sah es mit der Kommunikation aus?

Lucy: Die Kommunikation miteinander wurde intensiver. Die Sprache entwickelte sich weiter. Ja. Fast täglich. Es tat der Gemeinschaft gut – und der Entwicklung des Gehirns ebenso. Wir lernten Neues und neue Wörter dazu.

Frage: Sie sind nur etwa 1 m groß. Aus heutiger Sicht betrachtet eher klein.

Lucy: (lacht) Für die damalige Zeit war das groß genug. Umso wichtiger war es ja, aufrecht zu gehen.

Frage: Waren Sie eher alleine unterwegs oder in Gruppen?

Lucy: Wir waren immer zusammen unterwegs. Wir waren ja auch eine große Familie. Neben meinen Kindern und Eltern und Verwandten zählten wir immerhin ungefähr 13 Personen, die zusammenlebten. Mal starb jemand, mal wurde jemand geboren. Das ist der Lauf des Lebens.

Frage: Was machten Sie den ganzen Tag?

Lucy: (lacht) Wir versorgten unsere Kinder. Aber wir gingen auch durch die Savanne, um Essbares zu finden. Was immer genießbar war, wurde verzehrt.

Wir lebten in einer wunderbaren Gegend mit hellen Wäldern und einigen Flüssen. Wir konnten dort leckere Fische fangen (Lucy unterstreicht mit einer ausladenden und in die Weite deutenden Geste das scheinbar unendliche Grasland).

Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Geht eine Gruppe, meistens dominiert von Männern, auf die Jagd, hatte sie weite Wege – teilweise in flachem Gelände – zurückzulegen.

Frage: Weshalb überwiegend Männer?

Lucy: Weil unsere Männer viel größer und kräftiger waren als wir Frauen. Nun: begann die Jagd, verteilten sich die Jäger. Sie gingen auf Abstand zueinander, um ihr Einzugsgebiet zu vergrößern. Trotzdem mussten sie miteinander kommunizieren – und zwar eindeutig, ohne Missverständnisse.

Hier kamen ruhige, Tiere nicht aufschreckende, Gesten zum Einsatz. Diese mussten über Distanz erkannt und richtig gedeutet werden können. Fehldeutungen riskierten die stundenlange Vorbereitung des Jagdeinsatzes zunichtezumachen.

Unsere Jäger hatten gelernt, aussagekräftig nonverbal miteinander zu kommunizieren und einander zu verstehen. Lautlos sprachen sie sich ab und erhöhen damit ihre Chance, eine Beute zu erlegen.

Frage: Ging es beim Sammeln von Früchten, Kräutern und Beeren genauso geräuschlos zu?

Lucy: In dieser Gruppe kann es schon mal etwas lauter gewesen sein. Da die Hände gebraucht wurden, um Nahrhaftes zu pflücken oder zu transportieren, war der Einsatz von Gesten bedingt eingeschränkt. So kamen häufiger Laute dazu. Es wurde viel geschnattert und gelacht.

Aber: Jeder in dieser Gruppe war ausgesprochen aufmerksam und behielt die unmittelbare Umgebung ständig unter Beobachtung. Gefahren konnten überall lauern.

Erkannte Gefahren mussten den anderen der Gruppe sofort und auch wieder unmissverständlich mitgeteilt werden. Hier passte nicht zwangsläufig ein lautes Schreien, sondern auch bestimmte körpersprachliche Verhaltensmuster.

Hielt beispielsweise jemand mit seinen Bewegungen schlagartig inne, war das für die anderen ein untrügliches Zeichen, dass etwas Ungewohntes beobachtet wurde. Jeder in der Gruppe erkannte sofort die mögliche Gefahr und verhielt sich entsprechend.

Wir waren darauf angewiesen, uns so wenig wie möglich zu verletzen oder gar in einen – eventuell sogar tödlich verlaufenden – Kampf verwickelt zu werden.

Frage: Das ist nachvollziehbar. Eine andere Frage: Ist es richtig, dass Sie sich dank kräftiger Oberarme problemlos durch die Bäume hangeln konnten? Vielleicht zum Schutz vor wilden Tieren?

Lucy: Ja, das ist sicher ein Grund. Andererseits: Wie hätten wir sonst an die schönen und vitaminreichen Früchte in den Bäumen gelangen sollen? Wir konnten uns auf zwei Beinen oder auf allen Vieren fortbewegen, aber uns auch problemlos im Geäst bewegen.

Frage: Nach getaner Arbeit saßen sie abends am Feuer zusammen ...

Lucy: ... Nein, wir hatten keine Feuerstellen. Es war warm genug, um nicht frieren zu müssen. Wir benötigten kein Feuer.

Frage: Lucy, Sie wurden etwas über 20 Jahre alt?

Lucy: Ja, das ist richtig. Ich war eine richtig alte Dame (kichert). Das Leben war anstrengend, aber erfüllend.

Frage: Hat Ihnen das Leben damals Freude bereitet?

Lucy: Natürlich! Wir lebten glücklich zusammen, hatten viel Spaß miteinander und standen auch im guten Verhältnis mit unseren weit entfernt lebenden Nachbarn.

Frage: Liebe Lucy, würden Sie uns – immerhin als erster Mensch dieses Planeten – eine Lebensweisheit, einen Tipp geben?

Lucy: Genießt das Zusammensein mit euren Freunden. Es gibt nichts Schöneres, als miteinander zu reden und zu lachen. Wir lernten täglich dazu und hin und wieder fiel uns auch ein neuer Begriff ein, um die Kommunikation zu erweitern .

Frage: Liebe Lucy, vielen Dank für den Austausch.

Lucy: Na klar doch. Ich bin dann mal weg ...

Lucy gilt als erster Mensch, manchmal auch Vormensch genannt, der Welt.

Teile des Skeletts wurden von Donald Carl Johanson (*1943), einem US-amerikanischen Paläoanthropologen im Jahre 1974 bei Ausgrabungen in Hadar im Afar-Dreieck im heutigen Äthiopien gefunden.

Die Wissenschaftler sind sich einig, dass dieser aufrecht gehende Vormensch (Australopithecus afarensis) vor 3,2 Millionen Jahren gelebt haben soll. Lucy starb etwa im Alter von 25 Jahren.

Nachdem die Originalknochen lange Zeit in den USA zu Forschungszwecken aufbewahrt wurden, sind sie seit 2013 im äthiopischen Nationalmuseum in Addis Abeba aufbewahrt.

Lucy ist sozusagen an ihren Geburtsort zurückgekehrt.

Logische Rhetorik

Interview Sokrates – Die Logik erklärt alles

Die Gefängniszelle ist gar nicht so klein. Sie ist notdürftig eingerichtet. Sokrates empfängt uns trotz des nahen Todes gut gelaunt.

Wir durften einige Getränke mitbringen, die wir nun zusammen während des Interviews genießen.

„Ein Leben, das nicht kritisch untersucht wird, ist es nicht wert, gelebt zu werden.“

Frage: Lieber Sokrates, am morgigen Montag sollen Sie Ihr Leben beenden.

Es sind nur noch wenige Stunden.

Sokrates: Ja, das Gericht hat entschieden, dass ich mich umbringen soll.

Frage: Lassen Sie uns auf Ihr bisheriges Leben anstoßen.

Sokrates: (prostet uns zu) Auf die Zukunft (lächelt ironisch).

Frage: Morgen sollen Sie den sogenannten Schierlingsbecher trinken. Haben Sie Angst vor dem Tod?

Sokrates: Nein, ich habe absolut keine Angst. Wie soll ich mich vor etwas fürchten, von dem ich nicht weiß, was es ist. Niemand kennt den Tod. Vielleicht ist er das größte Geschenk für den Menschen.

Ich weiß nichts über den Tod und habe ihn aus diesem Grund nicht zu fürchten. Das Gift wird mich in kürzester Zeit aus dem Leben scheiden lassen.

Frage: Sind Sie mit dem Urteil des Gerichts einverstanden?

Sokrates: Natürlich nicht. Aber ich werde es befolgen, um nicht andere Personen in Schwierigkeiten zu bringen. Immerhin hielten mich 281 von 501 Geschworenen für schuldig. 361 der Geschworenen verurteilten mich anschließend zum Tode.

Eine Geldstrafe wäre auch in Ordnung gewesen (die Stimme wirkt trotzig).

Frage: Auf eine Geldstrafe haben sich die Geschworenen aber nicht eingelassen?

Sokrates: Nein, sie fühlten sich beleidigt und persönlich angegriffen. Das widerspricht aller Logik (haut mit der Faust auf den Tisch).

Frage: Unter anderem wurden Sie wegen Missachtung der Götter angeklagt.

Sokrates: Das ist immer die einfachste Lösung, einen anderen anzuklagen.

Frage: Wieso?

Sokrates: Weil sich eine angebliche Lästerung schwer widerlegen lässt. Sobald eine Behauptung ausgesprochen ist, sind Sie ihr gnadenlos ausgeliefert. Jeder kann etwas behaupten.

Diese Behauptung steht nun im Raum. Die Menschen können darüber diskutieren. Die Behauptung kann gar nicht mehr aus der Welt geschafft werden. Behaupte ich beispielsweise, Sie hätten auf dem Markt eine Zitrone gestohlen, können Sie so oft Sie wollen betonen, es wäre nicht wahr.

Die Leute kämen in Zweifel, Diskussionen würden entstehen. Einige würden mir glauben, andere Ihnen. Wie wollen Sie das Gegenteil beweisen?

Frage: Ich müsste ein Alibi haben.

Sokrates: Richtig. Ohne ein hieb- und stichfestes Alibi hätten Sie schlechte Karten. Sie brauchen glaubwürdige Zeugen.

Frage: Na gut. Es wurde Ihnen auch vorgeworfen, dass Sie unzählige Jugendliche in verwerfliche Situationen brachten. Dass Sie sie gewissermaßen verführten.

Sokrates: Was soll damit gemeint sein? Nicht Verführung der sexuellen, sondern der rhetorischen Art.

In meiner Aufgabe als Sophist, also als Lehrer der Weisheit und als Rhetor, also als Redner, war es meine Pflicht, jungen Menschen die Kunst der Rhetorik beizubringen.

Was hat das mit Verführung zu tun? Alles Quatsch. Zur unterrichteten Rhetorik gehört zum Beispiel das elenktische Verfahren.

Frage: Würden Sie uns das Vorgehen kurz erklären?

Sokrates: Ja, natürlich.

Mir ist immer wieder aufgefallen, wie unklar sich Menschen ausdrücken. Ich rede hier von einem Scheinwissen. Das Scheinwissen hält der Logik bei weiterer Befragung nicht stand.

Ich entwickelte deshalb eine Methode, genannt das elenktische Verfahren, um dem Gesprächspartner zu zeigen, dass sein Wissen kein echtes Wissen, sondern lediglich ein Scheinwissen ist.

Frage: Was heißt elenktisch?

Sokrates: ,Elenktikos' steht für ,fähig zu überführen'. Elenktik ist die Kunst des Beweisens, Widerlegens und Überführens.

Frage: Geben Sie uns bitte ein Beispiel?

Sokrates: Na klar. Auf meine Frage „Wie gefällt dir der Tempel?" erhielt ich als Antwort „Der Tempel ist hübsch." Aber was bedeutet das? Was ist ,hübsch'?

Deshalb fragte ich nach, zum Beispiel so: „Hübsch im Vergleich wozu?"

Hierbei beobachtete ich immer wieder, dass mein Gesprächspartner merkte, in einer Ausweglosigkeit zu sein. Er konnte nicht vernünftig antworten.

Zum Beispiel: Mein Gegenüber sagt „Der Tempel ist schön". Das ist ein sogenanntes Scheinwissen, bestenfalls eine Behauptung.

So hinterfrage, prüfe ich und kann in Bezug auf Relation, Quantität, Qualität und so weiter widerlegen. Ich frage nach: „Hübsch im Vergleich wozu?"

Frage: Jetzt könnte der Gesprächspartner nachlegen?

Sokrates: Richtig. Einen Augenblick lang beendet er sich in einer Art ,aporía', also einer Ausweglosigkeit, einer Ratlosigkeit. Die Aporie wird als Umschlagpunkt' bezeichnet, die den Gesprächspartner nun präziser antworten lässt. Zum Beispiel: „Der Tempel ist schöner als der in der Nachbargasse."

Wenn er sich Gedanken machte, hat er einen Vergleich gezogen. Solange mein Gesprächspartner bereit wäre, rhetorisch argumentieren zu lernen, könnte er durch diese Nachfrage trainieren, sich präziser auszudrücken.

Frage: Das klingt alles sehr logisch.

Sokrates: Ist es ja auch. Durch ständiges Nachfragen wird der ursprünglich gemachte Gedanke immer präziser.

Frage: Ist Sprache logisch?

Sokrates: Nun, zumindest die Argumentationen.

Frage: Ein anderer Punkt. Sie wollen ja auch nachgewiesen haben, dass es den Tod geben muss. Woher wissen Sie das?

Sokrates: Auch das ist logisch. Es kann nur ein Klein geben, wenn es auch ein Groß gibt. Schnell benötigt das Gegenstück Langsam, und so weiter. Oder?

Demnach muss es Leben und Tod geben. Deshalb sehe ich den Tod lediglich als Gegensatz zum Leben an, so wie Klein im Gegensatz zu Groß zu sehen ist.

Es kann kein Leben ohne den Tod geben. Das ist alles. Leicht nachzuvollziehen, oder?

Vieles auf der Welt ist logisch; es muss nur nachgedacht werden, um dieses zu erkennen.

Wie kann jemand behaupten, das Essen schmecke gut, wenn er keinen schlechten Geschmack kennt?

Lebten wir immer im Dunkeln, vermissten wir die Helligkeit nicht. Logisch, oder (grinst)?

Ohne Zukunft gäbe es keine Vergangenheit.

Alles kann, ja genauer gesagt muss, hinterfragt werden. Es gibt viel zu entdecken. Viele Vorgänge lassen sich durch logische Argumentationen leicht erklären.

Frage: Nun gut. Das scheint nachvollziehbar. Zurück zu Ihrer Zukunft. Das Urteil ist gefällt, Sie werden es befolgen. Wie stellen Sie sich den morgigen Tag vor? Den letzten Ihres Lebens?

Sokrates: Wie Sie sehen, bin ich bereits in einer Gefängniszelle untergebracht, damit ich nicht fliehen kann. Zuerst werde ich mich mit meiner Frau Xanthippe treffen und mich von ihr verabschieden.

Ich weiß, dass sie unglaublich jammern, weinen und schreien wird. Das will ich nicht. Deshalb werde ich sie aus der Gefängniszelle schicken.

Frage: Wollen Sie allein sein, wenn Sie das Gift nehmen?

Sokrates: Nein, nein. Einige meine Lieblingsschüler werden bei mir sein, mit denen ich die letzten Stunden meines Lebens zusammen verbringen will.

Dabei ist auch mein bester Freund und Schüler namens Kriton. Jede Sekunde mit meinen Schülern ist kostbar und wertvoll.

Frage: Wollen Sie feiern?

Sokrates: (weist den Gedanken durch eine wegwerfende Geste von sich) Es geht mir nicht darum, eine Abschiedsfeier zu geben. Ich werde mit meinen Schülern diskutieren und sie auf die Notwendigkeit des Todes hinweisen, ohne den es ja kein Leben geben kann.

Wenn es dann soweit ist, werde ich den Schierlingsbecher nehmen. Das Getränk enthält einen Pflanzenextrakt des ,Gefleckten Schierlings'.

Frage: Sie sind überraschend gut informiert.

Sokrates: (lacht gezwungen) Nun ja, schließlich geht es um meinen eigenen Tod. Da ein Mensch nur ein Leben leben kann, gibt es auch nur einen Tod.

Zum Vorgehen morgen: Damit das Gift schneller wirkt, werde ich in der Gefängniszelle hin und her gehen, solange mich meine Beine tragen. Dann werde ich mich hinlegen.

Das Gift beginnt mit einer Lähmung der Füße und setzt sich dann über die Beine bis zu den Armen fort, sodass ich wahrscheinlich bis zum Schluss klar denken kann.

Ich bin sehr gespannt, wie das Gefühl sein wird, in den Tod überzugehen. Zu dumm, dass ich es nach meinem Ableben nicht mehr erzählen kann.

Frage: Der Ablauf ist Ihrerseits sehr präzise geplant. Allerdings: Mit Ihrem Tod wird ein immenses Wissen verloren gehen. Für immer.

Sokrates: Das ist grundsätzlich so, wenn jemand aus dem Leben in den Tod übergeht.

Was immer dort geschieht – es kommt nichts ins Leben zurück. Alles Gedachte, Erfahrene, Erlebte, alles Wissen, alle Fähigkeiten verschwinden unwiderruflich aus dem Leben.

Frage: Lieber Sokrates, es wäre ganz toll, wenn Sie unseren Leserinnen und Lesern einen Lebensspruch mitgeben wollten.

Sokrates: (überlegt kurz) Ja, nehmen wir Folgendes: „Ein Leben, das nicht kritisch untersucht wird, ist es nicht wert, gelebt zu werden." Also, nehmt das eigentliche Leben wichtiger als das Drumherum. „Ängstigt euch nicht vor dem Tod, denn seine Bitterkeit liegt in der Furcht vor ihm."

Betrachtet und hinterfragt eure Vorgehensweise immer und ständig kritisch. So kann es immer wieder zu neuen, wertvollen Erkenntnissen kommen.

Frage: Lieber Sokrates. Vielen Dank für das Gespräch und – tja wie soll das gesagt werden – noch einige wertvolle Stunden in Ihrem Leben.

Sokrates: Danke auch Ihnen. Vergessen Sie nicht: Wo ein Oben ist, ist auch ein Unten (zwinkert uns zu und winkt zum Abschied). „Jedoch, es ist nun Zeit, dass wir gehen. Ich, um zu sterben, und ihr, um zu leben."

Der in Athen lebende griechische Philosoph Sokrates (469 – 399 v. Chr.) gilt als einer der größten Rhetoriker seiner Zeit.

Er galt und gilt als großartiger Denker, der hervorragend logisch argumentieren konnte. Er schaffte es in seinen Gesprächsrunden, seine Schüler rhetorisch zu schulen und auf Unstimmigkeiten in ihren Aussagen hinzuweisen.

Eines seiner Ziele war es, seine Schüler durch geschickte Fragestellung vom Scheinwissen zu befreien, um durch vernünftiges Denken zur Selbsterkenntnis zu gelangen.

Interessanterweise wurden Sokrates Lehren und Berichte über ihn und seine Gedanken von anderen überliefert, zum Beispiel von seinem Schüler Plato(n). Es selbst hat der Nachwelt keine Schriften überlassen.

Sokrates erkannte bei den Gesprächen mit seinen Mitmenschen, dass diese glauben, viel Wissen zu haben, das sich aber oft als Scheinwissen herausstellt.

Das Scheinwissen hält der Logik bei weiterer Befragung nicht stand.

Diese Erkenntnis muss Sokrates fast ,wahnsinnig' gemacht haben. Auch heute ist in einfachen Dialogen immer wieder zu hören, dass Menschen irgendeine Aussage in den Raum werfen, die unkommentiert stehenbleibt.

Im Alter von 70 Jahren wurde er verurteilt, da ihm einmal die Missachtung von Göttern vorgehalten wurde, andererseits die Verführung der Jugend. Hier sind seine Diskussionen und aufwieglerischen Gedanken gemeint.

Sokrates hatte nach langem Hin und Her die Zahlung einer Geldstrafe angeboten, was sein Stolz gerade noch zuließ. Allerdings wurde er verurteilt, den sogenannten Schierlingsbecher auszutrinken, was den Tod zur Folge hatte.

Im Handbuch ,Platon Hauptwerke' vom Alfred Kröner Verlag Stuttgart, 1973, bearbeitet von Wilhelm Nestle (Kapitel Phaidon Seiten 110/111) wird Sokrates letzter Satz zitiert: „O Kriton, wir sind dem Asklepios einen Hahn schuldig, entrichtet ihm den und versäumt es ja nicht." Einen Hahn schuldig sein bedeutete, ein Opfer nach der Genesung einer Krankheit zu entrichten. Und zwar an Asklepios, den Gott der Heilkunst in der griechischen Mythologie. Kriton (465 – 395 v. Chr.) war ein anwesender Freund und Schüler Sokrates.

Sokrates hinterließ neben drei Söhnen seine ,zänkische' Frau Xanthippe.

Ästhetische Rhetorik

Interview David – Kunst und Schönheit

Wir haben uns mit Cesare - David – in einer Bar mit Außenterrasse gegenüber dem alten Rathaus in Florenz verabredet. Die Sonne brennt heiß, wird aber von breit aufgestellten Sonnenschirmen zurückgehalten.

Unser Gesprächspartner trifft fast eine halbe Stunde zu spät ein. Er ist in kostbare und farbenprächtige Kleidung gehüllt.

Nachdem uns ein Glas leichter Rotwein aus der Toskana sowie einige Oliven serviert wurden, startet das Interview.

„Sei stolz auf dich!“

Frage: Lieber Cesare. Wie dürfen wir Sie ansprechen?

David: (lächelt) Am besten mit David. Unter diesem Namen bin ich weltweit bekannt.

Frage: Ja, vor allem schon deshalb, weil Sie millionenfach kopiert werden?

David: Das ist richtig (lässt seine makellos weißen Zähne aufblitzen).

Frage: Wann wurden Sie geboren?

David: Wenn ich mich richtig erinnere, muss es das Jahr 1483 gewesen sein.

Frage: Ihr Ebenbild wurde als David mehrfach gegossen und in Stein gehauen.

David: Aus einem einzigen kostbaren Marmorblock gehauen! Das muss ich klarstellen. Die Figur des Davids, der gegen Goliath kämpfte, wurde bereits mehrfach vor meiner Zeit dargestellt.

Selbst in Florenz gibt es einige Statuen des Davids, der triumphierend den abgeschlagenen Kopf des Goliaths in der Hand hält.

Hierbei war ich kein Vorbild. Abgesehen davon verurteile ich Grausamkeit. Niemand muss einem anderen gegenüber Gewalt ausüben. Solch eine Darstellung öffentlich auszustellen ... unglaublich (schüttelt den Kopf).

Frage: Allerdings wurden Sie selbst dargestellt, bevor Sie in den Kampf ziehen?

David: Ja, das ist richtig. Ich halte mit meiner linken Hand die Steinschleuder auf der Schulter angelegt. Ganz locker – so als ginge es zu einem Spaziergang.

Frage: Bei den vielen Abbildern des Davids sind Sie ja nun mal der Berühmteste. Ihre Skulptur ist eines der bekanntesten Kunstwerke der Welt.

David: Na ja. O. k. Das stimmt. Ich habe Michele als Modell gestanden. Damals war ich 18 Jahre alt.

Frage: Michele?

David: Das ist ein Kosename. Tatsächlich ist natürlich Michelangelo gemeint.

Frage: Michelangelo hatte Sie gezielt als Modell ausgesucht?

David: Ja, wir kannten uns vorher schon. Eines Tages kam Michele dann auf mich zu, mit der Idee, den David nach mir zu formen. Er hatte wohl von Gonfaloniere Piero Soderini einen riesigen Marmor-Block bekommen.

Übrigens wurde derselbe Marmorblock zur künstlerischen Bearbeitung drei Jahre vorher Leonardo da Vinci angeboten. Der hatte, überheblich wie er mal war, abgelehnt. Pech gehabt.

Michele hatte sich in den Kopf gesetzt, den David aus nur einem einzigen Marmorstück herauszuschlagen. Eine unfassbare Idee. Aber so war er nun mal ... Stellen Sie sich vor: aus einem Block! Einmal falsch gehauen, schon wäre das komplette Ergebnis infrage gestellt.

Frage: Das musste bestimmt eine Herausforderung gewesen sein?

David: Na klar. Ein Stück zu viel aus dem Marmor gehauen – und schon wäre alles umsonst gewesen. Außerdem muss die geplante Figur in den Block passen.

Frage: Weshalb hat nun Michelangelo ausgerechnet Sie ausgesucht?

David: Wie eben schon gesagt – wir kannten uns schon länger. Er mochte mich, das kann ich wohl so sagen (schaut verträumt in die Ferne).

Frage: Abgesehen davon haben Sie eine beneidenswerte Figur.

David: Danke für das Kompliment. Ich habe schon immer regelmäßig trainiert um meinen Körper in Form zu halten.

Frage: Sind Sie stolz auf Ihren Körper?

David: Natürlich. „In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist." Diesen Ausspruch des Dichters Juvenal habe ich mir immer wieder vor Augen geführt. Ich habe einen gesunden Körper und demnach einen gesunden Geist. Was will ich mehr?

Frage: Wie ging Michelangelo vor?

David: Zunächst hat er mich zigmal von oben bis unten und von vorn bis hinten vermessen. Alle Daten hat er akribisch auf seine Unterlagen übertragen.

Dann stellte er unendlich viele Überlegungen an, wie er den Marmorblock vernünftig bearbeiten müsste.

Frage: Hat er die Details mit Ihnen besprochen?

David: Nein, nicht im Geringsten. Michele war in dieser Beziehung sehr eigen. Er hatte seine Ideen – und die setzte er dann um. In der Regel hörte er nicht auf Vorschläge anderer Personen.

Er hatte seine eigenen Ideen, was Ästhetik und Schönheit betraf. Außerdem musste sein Ergebnis realitätsnah wirken.

Frage: Sie, David, was mussten Sie tun?

David: Nun, ich musste immer wieder als Modell stehen. Das ist ziemlich ermüdend.

Frage: Immer ohne Kleidung?

David: Ja. Anfangs war das schon unangenehm, die ganze Zeit nackt dazustehen. Die Leute haben mich ja nackt gesehen. Manche haben gefeixt oder dumme Bemerkungen gemacht. Andererseits – weshalb sollte ich meinen wohlgeformten Körper verbergen?

Frage: Musste der David denn unbedingt nackt dargestellt werden?

David: Michele wollte das auf alle Fälle so. Ich sollte dem Ideal antiker Statuen entsprechen. Die als Statuen dargestellten Figuren waren in der Regel nackt.

Frage: Ihr Körperbau ist athletisch. Bei Ihrer Abbildung können Sie tatsächlich jeden Muskel und sogar feinste Adern auf dem Handrücken deutlich erkennen.

David: Für Michele war das ausgesprochen wichtig. Zigmal hat er meinen Körper genau begutachtet, bis ins Detail, um die Marmorfigur absolut naturgetreu hinzubekommen. Jede Ader stimmt.

Frage: An der Darstellung welchen Details hat Michelangelo geschummelt?

David: An gar keiner. Jeder Fußnagel stimmt, die Frisur war genauso. Ein perfektes Abbild meiner Person.

Frage: Sie sind mit dem Ergebnis zufrieden?

David: Mehr als zufrieden. Ein absolutes Meisterwerk wurde geschaffen – in voller Schönheit. Immerhin arbeitete Michele über drei Jahre an dieser überlebensgroßen Skulptur. Über drei Jahre! Stellen Sie sich das einmal vor! Wir kamen unendlich oft zusammen.

Frage: Sind Sie sich auch privat nähergekommen?

David: Was meinen Sie denn? Ja natürlich. Wir mochten uns beide sehr. Wir teilten sozusagen nicht nur die Arbeit und die Essenspausen, sondern haben auch endlos viele Nächte miteinander verbracht.

Frage: Liebten Sie einander?

David: Sie wissen, dass es verschiedene Arten von Liebe gibt. Deshalb kann ich mit „ja" antworten.

Frage: Hat die Arbeit als Model Ihr Leben verändert?

David: Das hat sie. Allerdings wurde mir das erst bewusst, als ich beziehungsweise die Skulptur öffentlich vor dem Palazzo Vecchio in Florenz aufgestellt war. Vom ersten Tag an strömten die Besucher zur Statue, um den meisterhaften David zu bestaunen.

Stellen Sie sich vor, ausgerechnet der eifersüchtige Leonardo da Vinci war in

der Jury, die entscheiden sollte, wo die Statue aufgebaut werden sollte. Er versuchte die Jury zu beeinflussen, die ausdrucksstarke Skulptur irgendwo an der Seite zwischen irgendwelchen anderen, nichtssagenden Statuen zu verstecken. Ha! Das ist nicht gelungen!

Michele freute sich diebisch, als ich, ich meine die Marmorstatue, direkt vor dem Rathaus, auf der Piazza della Signoria vor dem Palazzo Vecchio, aufgestellt wurde. Dort, wo wir sie augenblicklich betrachten. An bester Stelle!

Abertausende Menschen haben mich bewundert. Viele davon waren überrascht, über die ästhetische Botschaft, die von der Figur ausgeht.

Frage: Nämlich?

David: Die Detailtreue, die Genauigkeit, die Schönheit. Alles ist bis ins Feinste, im wahrsten Sinne des Wortes, in Stein gemeißelt.

Mein steinernes Abbild spricht mit den Betrachtern. Schaut mich an! Begutachtet mich! Bewundert Micheles meisterhafte Leistung! Achtet auf meine Selbstbeherrschung!

Frage: Wurden Sie berühmt, David?

David: In einem gewissen Rahmen ja. Ich wurde oft eingeladen und als David vorgestellt. Die Menschen bestaunten mich.

Einige wollten meinen Körper berühren. Die Berühmtheit ließ aber nach einigen Jahren nach.

Frage: Standen Sie für andere Künstler auch Modell?

David: Nein, ich bin nur ein kleiner Mann. Michele hatte mich gut entlohnt - ich hatte keine finanziellen Sorgen. Ich hatte für den Rest meines Lebens ausgesorgt.

Frage: Haben Sie keine Nachfahren?

David: Ich war nie verheiratet.

Frage: Haben Die Angst vor dem Tod?

David: Nein – manchmal fühle ich mich unsterblich. Ich bin noch jung – der Tod ist noch weit weg. Abgesehen davon werde ich immer in dieser wunderbaren Statue weiterleben.

Frage: Welchen Tipp geben Sie unseren Leserinnen und Lesern?

David: Das ist ganz einfach. Seid stolz auf Euch! Jeder hat oder ist etwas Besonderes. In meinem Fall ist das mein durchtrainierter Körper. Andere haben andere Besonderheiten. Versteckt Euch nicht – traut Euch was zu! In jedem steckt eine individuelle Schönheit. Steht auf und steht für Eure Ideale!

Frage: Lieber David beziehungsweise lieber Cesare, wir danken für den Austausch.

David: Sehr gerne – und vielleicht sehen wir uns in Florenz einmal wieder?

Die 5 Meter und 17 Zentimeter hohe Marmorstatue Davids aus wertvollem Carrara Marmor gilt als eine der berühmtesten Skulpturen der Welt und eine der meistfotografierten Sehenswürdigkeiten in Florenz. Sie steht für Kraft und menschliche Schönheit.

Hergestellt wurde sie von dem Allround-Genie Michelangelo di Lodovico Buonarroti Simoni, kurz Michelangelo (1475 – 1564), in den Jahren von 1501 bis 1504.

Sie zeigt den selbstbeherrschten und muskulösen David kurz vor seinem Kampfeinsatz gegen Goliath.

Die Statue galt als Sinnbild des freien, unabhängigen Florenz. Sie bezieht sich auf den Aufstand der Wollweber im Jahre 1378 gegen den Adel. Noch heute steht sinnbildlich der,kleine Mann' gegen die ,große, uneinnehmbare Macht' als Kampf Davids gegen Goliath.

Vor Michelangelo sollten bereits zwei andere Künstler aus dem Marmorblock David hauen, was ihnen aber nicht gelungen war. So startete Michelangelo seine Arbeit an einem bereits teilbearbeiteten Block, weshalb er die Darstellung Davids entsprechend anpassen musste.

Die Original-Kolossalstatue hat drei Anschläge überstanden und steht nun gesichert in der Galleria dell'Accademia (Akademie für Malerei) in Florenz.

Perfekte Rhetorik

Interview Leonardo da Vinci – Das Genie der Menschheit

Wir haben uns mit Leonardo da Vinci in seinem Maleratelier in Florenz verabredet.

Riesige, halbbemalte Gemälde stehen an fast jeder freien Stelle. Unüberschaubar viele Skizzen liegen überall herum. Unzählige Holzmodelle stapeln sich in Regalen, auf Gestellen oder auf Tischen.

Viele Gehilfen sind hier und dort aktiv – in aller Ruhe und Stille. Ein durchdringender Geruch nach Farben liegt in der Luft.

Fast hätten wir Leonardo da Vinci gar nicht erkannt, ist sein dunkler Arbeitskittel doch mit Farbklecksen übersät. Er trägt einen imponierenden Bart.

„Riskieren, gegen den Strom zu schwimmen.“

Frage: Danke für die Einladung in Ihr Atelier. Wir sehen großartige Gemälde um uns herum. Signor Leonardo da Vinci, Sie haben in Ihrem Leben unglaublich viel geleistet. Sind Sie stolz auf Ihren beruflichen Erfolg?

Da Vinci: Natürlich! Was soll ich sagen? Ich hatte Tage, da wurde ich fast verrückt, weil eine Kleinigkeit nicht so stimmte, wie ich es wollte. Alles muss perfekt sein! Alles ist perfekt!

Andere bezeichnen mich als Perfektionisten. Ich gebe ein Werk erst frei, wenn der letzte, feinste Pinselstrich aufgetragen ist.

Großformatiges kann jeder. Aber auf die kleinen Feinheiten kommt es an. Details sind wichtig für das, was ich aussagen will.

Frage: Wie meinen Sie das?

Da Vinci: Nehmen wir folgendes Beispiel. Eine gemalte Figur trägt seinem Stand entsprechende Kleidung. Aus welchem Material ist diese? Ist sie neu, gepflegt oder zeigt sie Spuren des Gebrauchs?

Ist sie verschmutzt oder lässt sie andere Rückschlüsse auf den Träger zu? All das muss deutlich erkannt werden auf einem Gemälde, damit es aussagekräftig und echt wirkt.

Frage: Die Details verraten etwas über den Abgebildeten?

Da Vinci: Ja klar. Jeder Faltenwurf muss stimmen; Feinheiten können verräterisch sein,

Frage: Die Details kommunizieren mit den Betrachtern?

Da Vinci: Nicht nur die Details – aber auch. Der aufmerksame Betrachter findet viele Kleinigkeiten in den Gemälden.

Bei jedem erneuten Betrachten fällt Neues auf. Deshalb ist perfektes Arbeiten so unglaublich wichtig.

Frage: Einige Werke haben Sie begonnen, aber nie vollendet.

Da Vinci: Wie sollte ich auch! Zu viele Ideen jagten und jagen mir durch den Kopf. Manchmal habe ich monate- ja jahrelang etwas liegengelassen, da ich gleichzeitig mit anderen Dingen beschäftigt war.

Ich versuche, eines nach dem anderen zu erledigen. Aber das geht nicht. Letztlich kommen mir wieder Ideen in den Kopf, was ich noch ergänzen könnte.

Ständig gibt es neue Erkenntnisse oder Gedanken, die zu neuen Ergebnissen führen. Die Welt ist so interessant. Wer genau beobachtet, findet endlos Neues.

Außerdem halte ich alle Ideen schriftlich fest, damit ich immer wieder nachschauen – und schließlich verbessern kann.

Frage: Sie sind bekannt dafür, dass Sie mit der linken Hand schreiben. Sie sind Linkshänder?

Da Vinci: Ich kann mit der linken und der rechten Hand schreiben und arbeiten.

Frage: Weshalb notieren Sie überwiegend in Spiegelschrift?

Da Vinci: Erstens bereitet es Spaß – zweitens muss nicht jeder sofort alle meine Gedanken lesen können.

Schauen Sie sich um (beschreibt mit einer halbrunden Drehung des Arms einen Bogen im Raum). Überall liegen meine Unterlagen offen. Jeder Unbefugte könnte sie stehlen.

Alles muss genauestens festgehalten werden. Schauen Sie (zeigt uns die Zeichnung einer Maschine) ... Meine Zeichnungen von Maschinen zeigen Details. So kann der Betrachter schnell erkennen, wie eine Maschine funktioniert.

Alles muss stimmen, damit die Funktion erkennbar wird. Das ist außerordentlich wichtig für die Kommunikation. Meine Auftraggeber wollen schnell verstehen, wie etwas technisch abläuft. Dazu helfen diese Zeichnungen.

Versuchen Sie einmal, nur mit Worten eine Flugmaschine zu beschreiben. Kaum möglich.

Frage: Im Jahre 1503 erhielten Sie zusammen mit Michelangelo den Auftrag, den großen Ratssaal des Palazzo della Signoria in Florenz mit Fresken auszumalen. Diese wurden nie fertig.

Da Vinci: Das ist ja kein Wunder! Ich erhielt den Auftrag, ein gigantisches Wandgemälde zu erstellen. Bald hatte ich alle Pläne im Kopf. Ich wusste genau, was gemalt werden sollte.

Und dann kam Michelangelo dazu. Er hatte ebenso den Auftrag erhalten, dieser junge Schnösel! Ha! Da dachte wohl der Auftraggeber, zwei Künstler würden sich gegenseitig anspornen. So ein Quatsch!

Wie will der grobschlächtige Bildhauer mit seinen riesigen Pranken ein sinnliches, ausdrucksstarkes Gemälde anfertigen? Der hat weder Ahnung noch Manieren!

Michelangelo sieht doch aus wie ein Bäcker, von oben bis unten vollgestaubt mit dem Puder seiner Steinbrocken, die er behaut. Ein Flegel!

Aber zurück zu Ihrer Frage. Meine Arbeiten wurden nicht fertig.

Der Handwerker Michelangelo vollendete seine Darstellung der Schlacht. Ich konnte nicht weiterarbeiten, da ich immer neue Techniken suchte, um meine Werke zu verbessern und zu vervollständigen.

Sehen Sie, es gibt immer wieder neue Techniken in der Malerei. Weshalb soll ich eine alte Technik verwenden, wenn es schon längst eine bessere, eine haltbarere gibt? Immer mal was Neues, was Besseres, was Perfekteres probieren. Das braucht Zeit.

Außerdem hat mich die Arbeit nach einer Weile gelangweilt.

Frage: Dafür ist Ihnen die Mona Lisa hervorragend gelungen.

Da Vinci: (antwortet nicht sofort). Ja, da haben Sie Recht. Das war eine Auftragsarbeit, die ich nebenbei erledigen konnte. Aber es hat eine ganze Weile bis zur Fertigstellung gedauert. Trotzdem: Ein Meisterwerk! So bezaubernd, so vielsagend! Einfach hervorragend!

In diesem Gemälde ist etwas Zauberhaftes gefangen. Wie wird das geheimnisvolle Lächeln je enträtselt werden?

Frage: Ihre Werke sind an vielen Orten zu bewundern.

Da Vinci: Ja. Hätte ich mehr Zeit – ich würde mit meinen Werken noch mehr Entzücken erzielen.

Frage: Signor da Vinci, es gab auch andere Zeiten für Sie. So wurden Sie der Sodomie angeklagt.

Da Vinci: So ein Unfug! Irgendein Schmierfink hatte mich anonym angezeigt. Natürlich anonym! Bestimmt ein Neider! Meine Sexualität geht niemanden etwas an! Ich habe mir nichts vorzuwerfen.

Frage: Ihr Diener Salai ....

Da Vinci: