enttarnen - Aron Olin - E-Book

enttarnen E-Book

Aron Olin

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Beschreibung

Seinem Gegner gegenüberzutreten erfordert Mut und einen guten Plan. Leider ist Geraldines Gegner ihr und ihrer Gruppe zumindest bei letzterem weit voraus. Was sie zunächst entmutigt. Bis sie sich gewahr werden, dass auf ihrer Seite noch einer steht. Der immer den besten Plan von allen hat. Auch wenn sich dieser manchmal erst während der Umsetzung richtig erschließt.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66

Kapitel 67

Kapitel 68

Kapitel 69

Kapitel 70

Kapitel 71

Kapitel 72

Kapitel 73

Kapitel 74

Kapitel 75

Kapitel 76

Kapitel 77

Kapitel 78

Kapitel 79

Kapitel 80

Kapitel 81

Kapitel 82

Kapitel 83

Kapitel 84

Kapitel 85

Kapitel 86

Kapitel 87

Kapitel 88

Kapitel 89

Kapitel 90

Kapitel 91

Kapitel 92

Kapitel 93

Kapitel 94

Kapitel 95

Kapitel 96

Kapitel 97

Kapitel 98

Kapitel 99

Kapitel 100

Kapitel 101

Kapitel 102

Kapitel 103

Kapitel 104

Kapitel 105

Kapitel 106

Kapitel 107

Kapitel 108

Kapitel 109

Kapitel 110

Kapitel 111

Kapitel 112

Kapitel 113

Kapitel 114

Kapitel 115

Kapitel 116

Kapitel 117

Kapitel 118

Kapitel 119

Kapitel 120

Kapitel 121

Kapitel 122

Kapitel 123

Kapitel 124

Kapitel 125

Kapitel 126

Kapitel 127

Kapitel 128

Kapitel 129

Kapitel 130

Kapitel 131

Kapitel 132

Kapitel 133

Kapitel 134

Kapitel 135

Kapitel 136

Kapitel 137

Kapitel 138

Kapitel 139

Kapitel 140

Kapitel 141

Kapitel 142

Kapitel 143

Kapitel 144

Kapitel 145

Kapitel 146

Kapitel 147

Kapitel 148

Kapitel 149

Kapitel 150

Kapitel 151

Kapitel 152

Kapitel 153

Kapitel 154

Kapitel 155

Kapitel 156

Kapitel 157

Kapitel 158

Kapitel 159

Kapitel 160

Kapitel 161

Kapitel 162

Kapitel 163

Kapitel 164

Kapitel 165

Kapitel 166

Kapitel 167

Kapitel 168

Kapitel 169

Kapitel 170

Kapitel 171

Kapitel 172

Kapitel 173

Kapitel 174

Kapitel 175

Kapitel 176

Kapitel 177

Kapitel 178

Kapitel 179

Kapitel 180

Kapitel 181

Kapitel 182

Kapitel 183

Kapitel 184

Kapitel 185

Kapitel 186

Kapitel 187

Kapitel 188

Kapitel 189

Kapitel 190

1

„...Annegret.“

„Annegret?“ Geraldine zog die Augenbrauen zusammen, „was ist das denn für ein Quatsch?“

Auch Z blickte leicht konsterniert drein: „Wieso sollte sie Annegret heißen?“

Annies Mutter rollte mit den Augen: „Wir doof seid ihr eigentlich? Annie – Annegret. Annegret – Annie. Merkt ihr was? Gleiche Buchstaben und so?“

„Ja – wegen mir mögte es eine Koseform sein.“ entgegnete Geraldine, „aber Annie kommt aus Amerika. Da nennt niemand sein Kind Annegret.“

Der Dämon kicherte spöttisch: „Das halte ich für ein Gerücht.“

„Die nennen ihre Kinder dort Annegret?“

„Ja, das auch. Aber das meinte ich nicht. Ich meinte das andere.“

Geraldine runzelte die Stirn: „Das andere?“

Christopher ebenfalls: „Dass Annie aus den USA kommt?“

„Ganz genau.“ Annies Mutter klatschte laut in die Hände – und Annie löste sich aus ihrer Erstarrung:

„Du bist ein Lügner.“ flüsterte sie.

„Hm... ja.“ gab der Dämon zurück, „da hast du Recht. Das bin ich. Ein Lügner. Immer wieder. Und immer wieder gerne. Und weißt du, was meine größte Lüge ist?“

„Will ich das wissen?“

Annies Mutter strahlte sie an: „Du.“

„Ich?“ schnaubte Annie, „ich bin ein Mensch. Ich kann keine Lüge sein.“

„Du bist sowohl das eine als auch das andere...“ Der Dämon brach ab – und Annies Mutter starrte an Annie vorbei zu Christopher und Michelle, die leise miteinander tuschelten: „Was macht ihr da?“

„Reden.“ antwortete Christopher unschuldig, während Michelle sich umdrehte und den Raum verließ.

„Reden.“ wiederholte der Dämon, „mit dem Ziel, dass sie weggeht. Wenn ihr irgendwas versucht...“

Christopher hob die Hände: „Ich habe Michelle gebeten, zu Annies Vater zu fahren. So wie es aussieht, wirst du uns ja eine ganze Weile volltexten. Und er sollte nicht alleine sein, wenn er aufwacht.“

„Oh...“ schnaubte der Dämon, „wie fürsorglich.“

„So sind wir. Wir lassen niemanden im Stich, der zur Familie gehört.

Deswegen bleiben wir auch alle hier. Bei Annie.“

„Jaja – Familie.“ Annies Mutter gab einen Seufzer von sich, „was für ein interessantes Stichwort in diesem Zusammenhang. Deine Mutter. Dein Vater. Auf einmal sagst du das. Wie kommt das bloß?“

„Was meinst du damit – auf einmal sage ich das?“ zischte Annie zurück.

„Och... ich habe ab und zu mal nach dir geschaut, in der letzten Zeit. Habe nichts mehr zu tun, seit ihr all meine Pläne durchkreuzt habt und ich abgesetzt wurde. Von meinem rechtmäßigen Platz.“

Geraldine lachte sarkastisch: „Das tut uns sowas von leid.“

„Ja – du warst so erfolgreich vorher.“ schloss sich Z spöttisch an, „als Diener des anderen Chefs.“

„Gut.“ Geraldine legte den Kopf schief, „der war auch nicht viel erfolgreicher.“

Z nickte: „Und irgendwie scheinen die anderen ja ohne dich auch ganz gut klarzukommen.“

„Freut euch das?“ fragte der Dämon unschuldig.

„Nun...“

„Dachte ich mir. Und ja – meine Erfolgsquote ist bitterlich. Da lüge ich nicht.

Was ihr aber alle nicht zu schnallen scheint ist, dass jeder Plan, der misslingt, auch immer Türen für einen neuen Plan öffnet. So wie sie hier, als sie ihren Mann die Kellertreppe runtergestoßen hat.“ Annies Mutter klopfte sich auf die Oberschenkel – und Annie stieß einen leisen Schrei aus:

„Hat sie nicht.“

„Leider doch.“

„Niemals. Du lügst schon wieder.“

Annies Mutter schüttelte den Kopf: „Das war es, was mich angelockt hat.

Wollte eigentlich gerade zu dir. War wohl gedanklich schon auf der richtigen Wellenlänge. Na – und da saß sie. Neben ihm. Und hat geweint. Und ich dachte: So weit offen war selten jemand. Tja – und nun...“ Ihr Zeigefinger schnellte in Zs Richtung: „Er macht den Mund nicht auf.“

„Vielleicht braucht er das ja gar nicht mehr.“ entgegnete Geraldine bissig.

„Ich spüre sofort, wenn er etwas macht. Dann heißt es hier...“ Annies Mutter griff sich selbst an den Hals – doch Geraldine winkte ab:

„Was genau willst du tun?“

„Was hättet ihr denn gerne? Gehirnschäden durch Atemnot? Krebs? Schön langfristig.“

„Du schwätzt nur.“ fauchte Annie ihn an, zitterte dabei jedoch so stark, dass er ihre Mutter breit grinsen ließ:

„Tue ich das?“

„Du kannst nichts von alledem.“

„Habt ihr das nicht schon gesehen?“

Geraldine legte Annie die Hand auf die Schulter: „Wir haben Krebs gesehen. Aber dafür müsstest du in ihr bleiben. Für lange Zeit.“

„Tja...“ Annies Mutter tippte sich an die Lippen, „oder auch nicht. Ich bin auf einer höheren Stufe. Ich kann mehr.“

„Jaja – blabla.“ winkte Geraldine ab.

„Wollt ihr dieses Risiko wirklich eingehen?“

„Was soll das Ganze überhaupt? Was willst du hier? Was willst du von Annie?“

Annies Mutter richtete sich auf: „Annegret gehört mir. Ich habe sie zu dem gemacht, was sie ist. Sie verdankt mir ihr komplettes Leben. Fast zumindest. Einen sehr großen Teil – sagen wir es so. Und ich hatte nie wirklich Interesse daran, die Welt zu beherrschen. Ich war nie begeistert von dem riesengroßen Plan, der da draußen im Moment läuft. Ich habe mitgemacht, weil es sein musste. Wenn es sein musste. Aber im Grunde bin ich einer, der die kleinen Dinge liebt. Den einzelnen Menschen, sozusagen. Ich habe immer wieder Menschen durch ihr Leben begleitet. Aber niemanden so intensiv wie dich. Und es hat sehr wehgetan, als ich gehen musste. Gefühlsmäßig, meine ich. Jetzt fordere ich dich zurück. Ich bin der Liebhaber, der auf sein Recht pocht.“

„Du kannst pochen, so viel du willst.“ Annie verschränkte die Arme.

„Wenn du dich für mich öffnest, lasse ich deine Mutter gehen. Oh – ihr könnt versuchen, mich auszutreiben. Aber ihr werdet mich nur vertreiben.

Ich verschwinde. Und komme wieder. Zu ihr. Immer und immer wieder.“ Geraldine drückte Annie noch fester an sich: „Wir können ihr helfen, die Tür zu schließen.“

„Tja – wisst ihr... großer Nachteil: Das braucht Zeit. Mehr Zeit, als sie zu öffnen. Und schwupp, bin ich wieder da.“

„Wir sind bereit für dich.“ Geraldine funkelte Annies Mutter an, doch diese wandte sich Z zu:

„Du bekommst Hausverbot. Heute darfst du noch bleiben. Weil die Geschichte bestimmt spannend für dich ist. Aber danach...“ Sie sah wieder Annie an, „wie gesagt – das ist mein Deal: sie gegen dich.“

Annie kniff die Lippen zusammen: „Wofür brauchst du mich? Was denkst du, dass ich für dich tun könnte?“

„Du scheinst immer noch nicht zu verstehen: Es geht nicht um deine Gabe.

Oder irgendetwas anderes, das du kannst. Es geht um das, was ich in dir aufgebaut habe. Da möchte ich dran weiterbauen. Du warst so wunderbar empfänglich. Und ich gehe davon aus, dass du das immer noch bist.“

„Er ist verrückt.“ Annie tippte sich an die Stirn – und Geraldine neben ihr verzog spöttisch das Gesicht:

„Nach 5.000 Jahren...“

„Weitaus mehr.“ entgegnete der Dämon, „und nein – ich bin nicht verrückt.“

„Ich denke, wir sollten das Risiko eingehen.“ Geraldine warf Z einen auffordernden Blick zu, doch bevor dieser sich rühren konnte, war Annies Mutter aufgesprungen: „Habt ihr euch nie gefragt, wie es kommt, dass Annegrets Geschichte von 12 bis 22 klingt wie eine Mischung aus Geraldines Leben und den Filmen, die Li… Z als Teenager geschaut hat?“

Die drei Freunde erstarrten allesamt. „Bitte was?“ flüsterte Christopher von hinter ihnen.

Annies Mutter ließ sich wieder in den Sessel fallen: „Sie erfüllt jedes nur erdenkliche Klischee. Die Sex-Orgien, die schwarzen Messen mit der Jungfrauen-Opferung. Sie hat sich betrunken, sie ist fremdgegangen. Ach...

ihr habt doch Aufnahmen davon – ihr wisst das doch alles.“

„Ja.“ Annie schluckte, „und ich bin nicht stolz darauf.“

„Ich schon.“

„Weil du es warst. Weil du mich dazu getrieben hast.“

„Hm... ja... so ähnlich.“ Der Dämon kicherte in sich hinein – während Geraldine Annie kritisch musterte:

„Annie? Wovon redet er? Wovon redest du?“

„Ja – ich denke, es ist Zeit.“ erklärte der Dämon mit gespielter Ernsthaftigkeit, „Geheimnis Nummer 1: Ich... wobei... eigentlich könntet ihr inzwischen selbst drauf kommen, oder nicht? Bei den ganzen Hinweisen allein in den letzten Minuten.“

„Annie war besessen. Von dir.“ ließ sich Christopher vernehmen und Annies Mutter warf beide Arme in die Luft: „Und die Duschhaube geht an den Ex-Pfarrer. Erinner‘ mich dran, dass ich sie dir zuschicke.“

„Bestimmt.“

„Du...? Er...?“ Geraldine blinzelte verstört, doch Annie beachtete sie gar nicht:

„Aber sie haben dich ausgetrieben. Im Krankenhaus.“

„Ja. Das war eine sehr dumme Geschichte.“ Der Dämon brummte leise, „im ersten Moment hatte ich ja gar kein Problem damit, dass du meinen kleinen Schubser in Richtung ‚Ich bringe mich um‘ so ernst genommen hast. Es hat mich immer schon interessiert, ob es wohl möglich ist, die Grenzen ein wenig aufzuweichen. Es ist so schade, dass wir euch nicht wirklich etwas antun können, was mit dem Tod endet. Außer so extrem langwierigen Geschichten, bei denen immer die Gefahr besteht, dass es doch nicht klappt. Aber euch dazu bringen, es selber zu tun... das hat mich einfach gekitzelt, gereizt. Bei aller Faszination von dir… ich konnte es nicht lassen. Was für ein blöder, blöder Zufall, dass du überlebt hast. Und in dem Auto ausgerechnet jemand saß, der jemand kennt, der jemand kennt, der etwas kann...“

„Annie?“ Geraldine rüttelte leicht an ihrer Schulter, „ist das wahr?“

Diese hielt den Blick starr auf ihre Mutter gerichtet: „Ja.“

„Warum hast du das nie gesagt?“

„Wollte ich nicht. Habe es doch selbst erst von Maximilian erfahren.

Irgendwann – viel später. Da meinte er, dass ich besessen gewesen war. Und dass deswegen ständig einer von seinen Gemeindeleuten bei mir war. Die konnten das halt nicht so gut wie w... Z. Hat gedauert.“

„Und nicht mal geklappt.“ spottete der Dämon.

Geraldine wippte mit dem Kopf: „Ich würde sagen, schon.“

„Aber ich bin noch hier. Sie wollten mich komplett loswerden. Haben sie nicht.“

„Das können wir nachholen.“ Wieder nickte Geraldine in Zs Richtung und wieder sprang Annies Mutter auf:

„Äbäbäbäbä... Vorsicht.“

„Und das soll das große Geheimnis sein?“ fuhr Geraldine den Dämon an, „dass du Annie mal eine Zeitlang heimgesucht hast? Big Deal! Das geht so vielen Menschen so. Christopher hier musste deinen Chef ertragen. Und hat es auch überlebt.“

„Er ist sogar fast wieder ganz normal.“ fügte Annie hinzu, was bei Christopher leichte Irritationen hervorrief:

„Was heißt denn da fast?“ Er wurde jedoch nicht weiter beachtet, denn im selben Moment lachte der Dämon laut auf:

„Ihr scheint euch der Tragweite des Ganzen nach wie vor nicht bewusst zu sein. Zum einen: Mein Zugang war auch danach immer da. Oder was glaubt ihr, warum ihr mitansehen musstet, wie diese drogenabhängige Schlampe die gute Seele das Frankfurter Bahnhofsviertels umgebracht hat? Das war meine Vision, der ihr da gefolgt seid. Und es war nicht die einzige.“

„Applaus, Applaus.“ Geraldine klatschte höhnisch in die Hände, „Annie ist also anfällig, wenn sie etwas Schlechtes tut. Wer ist das nicht?“

„Genau.“ stimmte Annie ihr zu, „ich war als Teenie halt ziemlich doof. Ist doch klar, dass du da Platz hattest.“

Wieder begann der Dämon zu kichern: „Das ist das, was unter ‚zum anderen‘ kommt: Ich bin nicht durch eine von Annegrets Eskapaden auf sie aufmerksam geworden und habe mir gedacht, ich erlaube mir ein wenig Spaß. Ich war derjenige, der sich all diese Eskapaden ausgedacht hat.“

„Wie gesagt: Du hast mich dazu gebracht.“

„Hm... auch wie gesagt: so ähnlich.“

Z trat einen Schritt vor: „Du redest um den heißen Brei. Ich glaube, du willst nur Zeit schinden.“

„Und wofür sollte das gut sein?“ erkundigte sich der Dämon.

„Keine Ahnung. Ist mir aber auch egal.“

„Du machst was, ich mache was.“

Z atmete tief ein: „Aber dein Gerede will ich auch nicht länger ertragen.“

„Schade.“ Annies Mutter ließ den Kopf hängen, „ich höre mich sehr gerne reden. Vor allem mit einer neuen Stimme. Naja – was soll‘s.“ Sie sah wieder auf – und Annie direkt an, „mein Angebot steht. Überleg es dir. Jetzt sofort.“

„Ich gegen sie.“ erwiderte Annie tonlos.

„Ja.“

„Wie soll das gehen? Soll ich auch jemanden die Treppe runterschubsen?“

„Wäre witzig. Aber... nein. Du kannst auch einfach sagen: ‚Ich will‘. Wolltest du doch eh immer mal tun. Und wirst es nie. Das ist deine Gelegenheit.“

Annie schwieg – für Geraldine ein schlechtes Zeichen:

„Annie... du denkst nicht wirklich darüber nach?“

Annie wandte sich zu ihr um: „Das ist meine Mutter.“

„Sie würde es nicht wollen.“ sagte Geraldine bestimmt.

„Sie hat nicht wirklich die Möglichkeit, sich dazu zu äußern, oder?“

„Und was soll dann geschehen?“

Annie zuckte mit den Schultern: „Ich werde ihn schon irgendwie los.“

„Annie... das...“

Doch Annie wandte sich wieder ihrer Mutter zu: „Ich will.“

„Fantastisch.“ Annies Mutter sprang auf – und kippte nur einen Augenblick später vorne über, wobei sie sich den Kopf an der Tischkante anschlug. Mit zwei Sätzen war Christopher bei ihr und versuchte, ihr wieder auf die Füße zu helfen. Doch sie war zu schwach, um von alleine zu stehen. Er sah hilfesuchend auf: „Sie muss zu einem Arzt.“

„Dann soll er gehen. Ihn will ich hier sowieso nicht mehr haben.“ Annie nickte in Zs Richtung. Der blickte sie bestürzt an und rührte sich nicht. Geraldine jedoch nickte:

„Okay. Z bringt sie zum Arzt. Oder besser noch: ins Krankenhaus.“

Z bewegte sich immer noch nicht. Geraldine sah ihn ernst an: „Z, bitte.“

Er nickte stumm. Dann half er Christopher, Annies Mutter hochzuziehen.

Gemeinsam brachten sie sie nach draußen. Nur Geraldine und Annie blieben zurück. Letztere setzte sich in den Sessel, in dem zuvor ihre Mutter gesessen hatte. Erstere tat es ihr nach einigem Zögern gleich – im Sessel gegenüber.

„Was hast du jetzt mit ihr vor?“ fragte Geraldine heiser – und auf Annies Gesicht breitete sich ein Lächeln aus:

„Du bist sauer auf sie.“

„Sollte ich nicht?“

„Oh doch. Ich freue mich drüber.“

Geraldine rümpfte die Nase: „Das glaube ich dir sogar.“

„Ich werde mich mit ihr zurückziehen.“ beantwortete der Dämon ihre Frage, „in ihr altes Zimmer. Dann wird es sein wie früher. Mehr brauche ich nicht.“

„Und ich soll so lange warten?“

„Du verstehst mich nicht. Ich rede nicht von Stunden. Ich rede von Jahren.“

„Jahren.“ wiederholte Geraldine konsterniert.

Christopher kam wieder herein: „Wir haben jetzt kein Auto mehr hier. Wir sollten also dafür sorgen, dass Annie hinterher nicht ins Krankenhaus muss.“

„Dann rufen wir den Notarzt.“ erwiderte Geraldine abwesend.

„Oder so.“ Christopher setzte sich zwischen die beiden Frauen auf die Couch. Annie zwinkerte ihm zu: „Es gibt kein hinterher. Ihr scheint es nicht kapieren zu wollen. Ich verlasse sie nicht mehr. Ich begleite sie für den Rest ihres Lebens. Den wir zusammen in ihrem Zimmer verbringen. So wie früher.“

„Und dann geht ihr wieder auf Partys.“ vermutete Geraldine, „zu Orgien.

Und Messen. So wie früher.“

„Hihihi...“ Annie wackelte amüsiert mit dem Kopf, „Annegret? Hörst du zu? Sie hört alles, was wir sagen. Wie schön. Ich habe mich immer auf den Moment gefreut, wo es sich ihr eröffnet. Und immer gehofft, dass ich derjenige sein würde, der das tut. Eigentlich wollte ich es machen, wenn sie alt und grau ist und kurz vor dem Sterben. Dass sie dann erfährt, dass es alles nicht stimmt. Aber so geht es auch. Das macht ihr Angst vor der Zukunft. Damit kann ich auch gut arbeiten. Weil sie sich nicht wehren kann.

Superdupergut.“

Geraldine rollte die Augen: „Du hörst dich wirklich gerne reden. Leider sagst du nichts dabei.“

„Unflätige Worte.“ rügte der Dämon, „in dieser Situation?“

„Wir können sowieso nichts mehr für sie tun.“

„Da hast du Recht.“

„Dann erzähl uns doch deine tolle Geschichte.“ forderte Geraldine ihn auf, „wir sind ganz gespannt. Und Annie bestimmt auch.“

„Hm...“ machte Annie, „ja...“

„Worauf wartest du?“ hakte Geraldine nach, „musst du sie dir erst ausdenken?“

„Nein. Aber ‚ausdenken‘ ist das Stichwort. Und... die Geschichte geht zwar lang, aber die Pointe ist nur ein Satz. Habe ich ihn gesagt, ist er rum.“

Geraldine stand auf: „Komm, Christopher. Wir gehen.“

„Es ist alles erfunden.“ stieß Annie hervor, „der Sex, die Gewalt, der Okkultismus. Nichts davon stimmt. Nichts davon ist passiert.“

„Haha.“ Geraldine steuerte auf die Wohnzimmertür zu – und schlagartig wurde der Dämon gesprächig: „Ich sagte doch schon, dass es eine Mischung ist aus deinem Leben und Zs Hobby. Gut – streng genommen war Z nicht die Inspiration damals. Es klang einfach besser, es so zu sagen. Weil er halt hier war. Und das Ding, von dem wir es uns eigentlich abgeschaut haben, nicht. Dürftet ihr nicht mal kennen. Praktischerweise kommt es trotzdem ziemlich gut hin. Und wir kommen zurück zu Annegret. Sie war mein. Richtig fest. Und ihr anderen beiden wurdet zumindest beobachtet. Nicht von mir – schließlich konnte ich sie schlecht lange alleine lassen. Daher habe ich Nachrichten bekommen.

Was ihr so treibt. Die andere war immer langweilig. Fast so langweilig wie Annegret. Von ihr konnten wir nichts holen. Bis eben auf die Filme, die sie geschaut hat. Da waren lustige Sachen dabei. Die ich mit eingeflochten habe.

Du dagegen... hätte ich gewusst, was für ein Flittchen du werden würdest, hätte ich mir dich ausgesucht. Auf der anderen Seite... bei dir hätte ich nur zuschauen können. Nichts selbst machen. Das war bei Annegret anders.“

Geraldine – die inzwischen wieder zu ihrem Sessel zurückgekehrt war – musterte Annie skeptisch: „Du willst sagen, das sind alles Hirngespinste?“

„Es ist schon faszinierend – das menschliche Gehirn. Sie hat so oft im Dunkeln gesessen ab dem Moment, wo sie das erste Mal die Rollläden runtergemacht hat. Der Moment mit dem Bild. Vorher dachte ich einfach nur, ich sorge dafür, dass sie nie ihren Zweck erfüllt. Aber da hat sich mir so viel mehr eröffnet. Ihr ganzer Geist lag offen vor mir. Und das habe ich genutzt.“

„Und ihren Kopf mit Quatsch gefüllt.“

Annie grinste breit: „Einen Menschen körperlich zu zerstören, ist relativ einfach. Aber die Medizin kann heute Wunder wirken und außerdem ist es so auffällig. Selbst wenn man nicht von sich aus in eine Entzugsklinik geht, sorgen andere dafür, dass man da hinkommt. Geistige Zerstörung ist viel besser. Annegret hat ihr Zimmer praktisch nie verlassen in all den Jahren.

Ihre Eltern waren betroffen und überfordert, dachten aber: ‚Zumindest streunt sie nicht draußen rum‘. Dabei hat sie genau das getan. In ihrem Kopf.“

„Und du willst, dass wir glauben, dass sie das geglaubt hat.“ Geraldines Blick wurde noch eine Spur skeptischer – und Annies noch eine Spur fröhlicher: „Siehst du doch. Sie hat euch ihre Geschichte erzählt. Lauter Sachen, die nicht stimmen. Die so nie stattgefunden haben. Nicht in der Realität. Nur in ihrem Geist. Und all die Sachen, die wirklich passiert sind – die hat sie nicht erzählt. Teilweise, weil sie nicht wollte. Teilweise aber auch, weil sie nicht daran glaubt, dass sie wahr sind. Ist das nicht genial? Dass sie inzwischen so verquer ist, dass sie von echten Erlebnissen glaubt, es wären Träume oder Visionen? Und von meinen Visionen, sie wären ihr Leben? Ich finde das den absoluten Wahnsinn. Eigentlich müsste ich sie ein Buch darüber schreiben lassen. Eine Art Autobiographie. Das wäre bestimmt der Renner.“

Geraldine tippte sich an die Stirn: „Das ist absoluter Blödsinn.“

„Ist es? Dann Beispiele: Liebe Annegret – hattest du vor dem Tod deiner ‚echten‘ Eltern Visionen, dass sie sterben würden? Ihre Antwort: ‚Ja – hatte ich.‘ Meine darauf: ‚Nein. Das – ist Blödsinn.‘ Kein zweijähriges Kind hat Visionen. Wieso sollte es? Es kann ja nicht mal richtig sprechen, zu dem Zeitpunkt. Das habe ich ihr eingeimpft. Mit... lass es acht gewesen sein. Und sie glaubt es bis heute. Was total gestört ist, wenn man die Zusammenhänge mal genauer betrachtet. Mindestens mal das müsste ihr eigentlich auffallen.

Aber gut – nächstes: Liebe Annegret – hattest du in der Schule Freunde, die nachts mit dir um die Häuser gezogen sind? Ihre Antwort – erneut: ‚Ja – hatte ich.‘ Und meine – erneut: ‚Nein. Auch das – ist Blödsinn.‘ Überlegt doch mal, alle: Wie sollte das denn gehen? Kinder im Teenageralter – also...

Teenager – die tagsüber ganz normal drauf sind, nachts aber nicht schlafen, sondern ihre Zeit komplett wach draußen verbringen? Jede Nacht die ganze Nacht? Ohne, dass es auffällt? Ohne, dass sie irgendwelche Mangelerscheinungen davontragen? Übermüdung, Konzentrationsschwäche, irgend-so-was-weiß-denn-ich? In einer Lebensphase, in der Schlaf so wichtig ist wie kaum jemals davor oder danach? Ein Dutzend hormon- und gruppenzwanggesteuerte Jugendliche, die das allesamt auf sich nehmen, nur damit eine einzige andere dabei sein kann? Wenn normalerweise jeder, der nicht mitzieht, nur mit einem Schulterzucken ausgeschlossen wird? Was glaubst du, was du warst, liebe Annegret? Ihre Königin?“

Annie zuckte leicht zusammen und Geraldines Hand schnellte vor. Doch der Dämon beachtete weder das eine noch das andere: „Weiter: Sie war dabei, wie eine Jungfrau geopfert wurde. Hallo?

Menschenopfer? Mord? Kam die Polizei? Wurde jemand verhört oder festgenommen? Nein. Fehlanzeige. Ihr mögt ihre Geschichte nur gehört haben – aber ernsthaft: Nie drüber gewundert? Sie hatte einen Freund, der sie geschlagen hat. Hallo? Häusliche Gewalt? Kam da die Polizei? Hatte sie Wunden? Hat sie jetzt Narben? Ich sehe keine. Und wo ist der Kerl hin? Hat jemals jemand nach ihm gesucht? Klar – sie war froh, dass er ‚weg war‘, aber wirklich, ehrlich, ernst... das hatten wir schon. Ihr schluckt wirklich alles – kann das sein? Genauso wie das mit den...“

„Es reicht.“ ging Geraldine entschlossen dazwischen.

Annie lehnte sich genüsslich zurück: „Wenn ihr meint.“

Geraldine dagegen lehnte sich vor: „Und damit willst du jetzt weitermachen.“

„Will ich nicht, werde ich.“

„Wirst du nicht.“

„Und wer soll mich hindern?“

Geraldine zog die Brauen hoch: „Du sagtest, du hättest uns beobachtet?“

„Ja.“

„Oft?“

„Manchmal. Ist nicht viel passiert bei euch.“

„Tja...“ Geraldine rieb die Handflächen aneinander, „wir mussten vorsichtig sein. Wegen eurem Jesus.“

„Gut so.“

„Und das waren wir. Und du hast dir anscheinend immer genau die falschen Momente angeschaut.“

Eine kritische Falte erschien auf Annies Stirn: „Soll heißen?“

Geraldine streckte die Hände aus: „Z ist nicht mehr der Einzige, der Dämonen austreiben kann.“

Annie sprang auf. „Du etwa auch?“ zischte der Dämon dabei.

„Ja.“ Geraldine erhob sich ebenfalls, „ich...“

„Komm nicht auf die Idee...“

„...und...“

„...etwas zu...“

„...Annie.“

„...machen.“

„Raus!“

Einen wirren Moment lang fühlten sich Geraldine und Christopher beide angesprochen von Annies Aufschrei. Und dachten schon, sie hätten sie für immer verloren. Doch dann sackte Annie auf dem Boden zusammen und blickte vorwurfsvoll zu ihnen auf: „Ihr hättet mich ruhig auffangen können.“

„Puh.“ Geraldine plumpste nach hinten, „Annie. Ich dachte, er spräche noch. Und meinte uns.“

„Aber wir können dir hochhelfen.“ Christopher streckte Annie beide Hände entgegen und sie ergriff sie: „Wenigstens etwas. Und nein – er ist weg. Für immer hoffentlich.“ Annie ließ sich auf die Couch fallen. Dann lachte sie erleichtert auf: „Der hat ganz schönen Müll erzählt, hm?“

Geraldine lachte nicht. Sondern blickte nachdenklich ins Leere: „Ja...

schon...“

„Glaubst du ihm etwa?“

„Naja, also... ich...“

„War das eigentlich von Anfang an euer Plan?“ ging Christopher dazwischen, der der Meinung war, dass weiterer Stress in dieser Situation nicht angebracht war.

Annie fuhr sich durch die Haare: „Irgendwie schon. Ich dachte, wenn er sich in Sicherheit wiegt... in erster Linie wollte ich meine Mutter in Sicherheit bringen. Und ich wusste ja, dass ich ihn auch aus mir selbst heraus loswerden kann. Hatte ich natürlich noch nie probiert. Wusste auch nicht, ob ich stark genug dafür bin. Aber Geraldine war ja auch noch da. Er wusste nur von Z und nachdem Z weg war... ich dachte, es könnte klappen. Es war ein Risiko, aber auch nicht so groß.“

„Und du wusstest das auch?“ wandte sich Christopher an Geraldine, die den Kopf hin und her wiegte: „Ich... habe es mir gedacht. Gewusst habe ich es nicht. Aber in dem Moment, wo Annie auf ihn eingegangen ist... es kam mir einfach, was sie im Schilde führen könnte.“

„Tja – wir kennen uns halt, nicht wahr?“ Annie lachte erneut – und Geraldine erneut nicht:

„Das ist die Frage. Tun wir das?“

Annie schnappte nach Luft: „Du willst jetzt wirklich sagen, dass du diesen Schrott glaubst? Er ist ein Dämon. Er lügt. Das haben wir doch schon geklärt.“

„Aber er lügt nicht immer.“ gab Geraldine zu bedenken, „und das, was er sagt – es klingt unglaublich. Aber unglaublich gehört bei uns inzwischen zum Alltag. Und von daher muss ich sagen, bin ich für sehr vieles sehr viel offener.“

Wieder wollte Christopher dazwischen, aber diesmal fuhr Annie ihm über den Mund: „Du bist einfach mal offen? Nur weil er irgendwelchen Kram erzählt?“

„Du hast selbst zugegeben, dass er in dir war und Maximilians Freunde ihn aus dir rausgeholt haben.“ entgegnete Geraldine.

„Ja, das war am Ende. Da war er da. Aber davor? Die ganze Zeit? Mein ganzes Leben?“

Geraldine schloss für einen Moment die Augen. Als sie sie wieder öffnete, waren sie mit Tränen gefüllt: „Er hat das Bild erwähnt.“

„Was denn für ein Bild?“ gab Annie verwirrt zurück.

„Das passt auch zu dem anderen, was er gesagt hat: dass es Sachen in deinem Leben gibt, die echt waren und die du für Visionen hältst.“

„Worauf willst du hinaus?“

„Die Sache im Kindergarten...“ Geraldine griff nach ihrer Handtasche, öffnete sie und holte die beiden Papierstücke heraus. Sie drehte sie um, sodass Annie und auch Christopher die bemalten Seiten sehen konnten: „Die eine Hälfte ist meine. Die, die ich damals ‚retten‘ konnte. Die andere habe ich gefunden. In der Kiste bei dir im Auto auf dem Rücksitz. Ich habe sie aus reiner Langeweile aufgemacht. Und da war ein Malbuch drin. Das Malbuch, das ich in meinen Visionen gesehen habe. Bei dem Dämon und bei dem Engel. Und als ich es mir angeschaut habe, da ist das hier herausgefallen. Die andere Hälfte von meinem Bild. Im ersten Moment habe ich gedacht: ‚Warum hat Annie das Malbuch von dem Mädchen? Warum hat sie das Bild von dem Mädchen?‘. Aber dann – dann ist es mir aufgegangen: Du hast das Malbuch, weil es dein eigenes Malbuch ist. Du bist das Mädchen. Ich hatte Visionen von einer Szene aus meinem Leben, die ich vergessen hatte. Durch den Engel. Durch den Dämon. Aber woher du die Vision hattest, war nie wirklich geklärt. Jetzt weiß ich es: Es gab nie eine.

Alles, was du hattest, war eine Erinnerung. An eine Begegnung. Zwischen dir und mir.“

Annie saß regungslos da. Eine ganze Weile. Dann schüttelte sie sich: „Aber dann hättest du mich doch wiedererkannt.“

„Wir waren drei. Alle beide. Ich habe am Anfang ja nicht mal mich selbst wiedererkannt. Und dich kenne ich erst, seit du Mitte 20 bist.“

„Ich kann das nicht glauben.“

Geraldine legte die beiden Bildhälften auf den Tisch: „Es ist die einzige logische Erklärung für das hier.“

„Weißt du denn, was du da sagst?“ hauchte Annie, „weißt du, was das heißt?“

„Ja. Es heißt, dass du das Mädchen bist, das sie damals im Visier hatten.

Und das wiederum heißt, dass es durchaus stimmen kann, dass er die ganze Zeit in dir war. Wie er reingekommen ist? Das kannst eigentlich nur du wissen. Ob er wirklich alles erfunden hat und du wirklich die ganze Zeit nur in deinem Zimmer gesessen hast – kann ich dir nicht sagen. Deine Eltern könnten das bestimmt. Wenn wir sie fragen könnten.“

Annies Miene zog sich zusammen: „Wir sollten hören, wie es meiner Mutter geht.“

„Ich mache das.“ Christopher zog sein Handy aus der Tasche und entfernte sich ein paar Schritte. Geraldine griff nach Annies Hand: „Du glaubst es nicht.“

„Ich will es nicht glauben.“ erwiderte diese.

„Das glaube ich dir. Aber... mir fällt da noch etwas ein: Erinnerst du dich an den Mann? Von dem du der Meinung warst, er wäre einer der Teufelsanbeter gewesen?“

„Dunkel... hell.“ Annie riss die Augen auf, „Hilfe! Du meinst... wie kam der in meinen Kopf?“

„Vielleicht hat er Leute aus der Nachbarschaft benutzt.“ vermutete Geraldine, „wenn er sagt, er hätte mein Leben als Vorbild genommen... und Zs Filme – oder wessen auch immer.“

„Das ist alles viel zu abgefahren. Er wollte mir bestimmt nur Angst einjagen.“

„Nein. Wollte er nicht.“

Annie runzelte die Stirn: „Weißt du das so sicher?“

Geraldine ebenfalls: „Ich habe gar nichts gesagt.“

„Oh. Hä?“

„Annie.“ sagte eine Stimme, woraufhin sie ein genervtes Brummen von sich gab:

„Meine Güte. Du schon wieder. Erschreck mich nicht immer so.“

„Wie sollte ich mich denn sonst bemerkbar machen?“

„An der Tür klingeln. Oder anrufen. Wie normale Menschen.“

„Menschen.“ wiederholte die Stimme und Annie winkte ab:

„Okay. Verstanden.“

„Bist du hier, um uns aufzuklären?“ erkundigte sich Geraldine vorsichtig.

Annie blickte sie verwundert an: „Du hörst ihn auch?“

„Ja. Nur sehen...“

„Er ist unsichtbar.“

Die Stimme räusperte sich: „Wenn ihr gerne einen Fixpunkt hättet...“

„Das wäre sowas von nett.“

Eine weiße Gestalt erschien direkt vor ihnen und Christopher, der sich gerade wieder zu ihnen umwandte, schrak zusammen:

„Huch – ein Engel.“

„Ja.“ nickte Geraldine, „Yannik.“

„Nein.“ widersprach der Engel, „nicht Yannik.“

„Ich nenne dich so.“

„Bitte nicht. Yannik war eine Rolle. Jetzt bin ich wieder ich.“

„Und wie nenne ich dich dann?“

„Engel.“

Geraldine zog eine Schnute: „Na toll.“

„Wie geht es meiner Mutter?“ fiel Annie ihr ins Wort.

Christopher seufzte: „Nicht gut. Sie hat das Bewusstsein verloren. Sie vermuten den Schlag auf den Kopf. Es ist fast wie eine Art Koma.“

„Was?“ Annie war mit drei Sätzen an der Tür, „wir müssen...“

„...Z sagen, dass er wieder herkommen soll.“ hielt der Engel sie auf und sie fuhr herum:

„Bitte? Nein.“

„Michelle kann im Krankenhaus bleiben. Dein Vater wird noch lange bewusstlos sein von der Narkose. Sie sind beide in guten Händen. Und du kannst für keinen von ihnen etwas tun. Aber du kannst etwas für dich tun.

Du kannst in dir aufräumen. Und dieser Moment hier ist der Richtige dafür.“

„Keine Wiederrede, hm?“ Annie trottete auf ihren Platz zurück, während der Engel sich schon an Geraldine wandte:

„Ruf bitte Z an.“

„Ich schreib ihm.“ erwiderte diese, „das geht schneller.“

„Auch gut.“

„Was genau machst du denn hier?“ erkundigte sie sich, während sie tippte, „ich dachte, du wärst weg und kämst nicht wieder.“

„In meiner Rolle nicht.“ korrigierte der Engel.

„Aha. Und jetzt dachtest du, du klinkst dich mal in unser Gespräch ein.

Einfach so aus Spaß.“

„Gerade ist nichts Spaß. Und ich bin auch nicht per Zufall hier.“

„Nein.“ schaltete sich Annie ein, „er ist mein neuer äußerer Engel.“

Geraldine sah verwundert auf: „Was ist mit dem alten?“

„Warum fragen das alle?“ stöhnte der Engel auf.

„Weil es legitim ist.“

„Gut. Mag sein. Nichts ist mit ihm. Er wusste, als er den Job angetreten hat, dass ich ihn irgendwann ablösen würde. Er macht jetzt was anderes.“

Geraldines Blick wurde noch verwunderter: „Als er ihn angetreten hat? Du wusstest bei ihrer Geburt schon, dass...?“

„Vor ihrer Geburt.“

Christopher lächelte den Engel an: „Ich glaube, du trägst nicht wirklich zur Aufklärung bei, gerade.“

Dieser machte eine bedauernde Geste: „Entschuldigung. Dann von Anfang: Du hast bei deinen Ausführungen eben einen Punkt vergessen, Geraldine.

Etwas, das du gesehen hast – aber gerade übersiehst. Die Frau, die du gesehen hast. Von der du dachtest, sie sei deine Oma.“

„Die du umgebracht hast.“ brummte Geraldine.

„Die geopfert wurde.“

„Andere Worte – gleicher Inhalt.“

„Wegen mir. Sie war nicht deine Oma. Sondern die Oma...“

„..des Mäd...“ Geraldine schlug sich auf den Mund und starrte Annie an, „deine...“

Annie wurde erst blass und dann rot: „Meine Oma?“ fauchte sie den Engel an, „du hast meine Oma umgebracht?“

„Es war Teil des Plans.“ entgegnete dieser mit deutlichem Bedauern in der Stimme, „meine schlimmste Tat. Meine schwerste Tat.“

„Aber Hallo!“

„Ich habe mir meine Vergebung dafür abgeholt.“

„Nicht von mir.“ ging Annie vehement dagegen und der Engel wich ein wenig zurück: „Kriege ich sie denn?“

Annie funkelte ihn an: „Darüber denke ich noch nach.“

„Ich wollte dich beschützen.“ fuhr er fort, „als Wiedergutmachung dafür.

Aber ich durfte nicht. Weil da eben der Plan war. Und weil der Herr wusste, dass ich nicht in der Lage sein würde, Böses an dich heranzulassen. Und dann wärst du jetzt nicht hier.“

„Ich wäre gestorben, wenn nichts Böses...?“

„Nein. Du wärst einfach nur nicht hier. In diesem Haus. Zu dieser Zeit.“

„Wo denn dann?“ hakte Annie irritiert nach.

„Keine Ahnung.“ antwortete der Engel, „irgendwo. Ohne Gabe. Ohne Gott.

Unter Umständen. Aber jetzt ist nicht die Zeit für Spekulationen. Jetzt ist die Zeit für Fakten. Und ich glaube, wir warten damit auf Z...“

Zum Glück mussten sie nicht lange warten und Geraldine überbrückte die Zeit, indem sie eine Frage aussprach, die ihr schon seit längerem auf der Zunge lag:

„Wie heißen deine Eltern eigentlich?“

„Hm?“ Annie fuhr aus ihren Gedanken hoch.

„Deine Eltern. Früher durften wir nie über sie reden. Und seit wir es dürfen, war nie Gelegenheit dazu. Aber jetzt...“

Annie schnaubte leise: „Ja – jetzt ist die beste Gelegenheit, wo gibt.“

„Ach Annie, ich...“

„Ellengard. Und Ernst.“

„Ernst?“ Für einen kurzen Moment huschte ein Lächeln über Geraldines Gesicht, „da...“

„..könntest du jetzt dutzende Witze drüber machen.“ knurrte Annie verstimmt und Geraldine wiegelte sofort ab:

„Werde ich nicht.“

„Vielen Dank.“

Dann traf Z ein und wollte zunächst berichten. Doch Annie würgte ihn direkt wieder ab:

„Wir wissen schon alles Wesentliche. Setz dich und hör zu.“

„Ja, Chef.“ Z musterte sie abschätzend, was Geraldine nicht entging:

„Sie ist angespannt. Sie kriegt gerade ihr Leben erzählt.“

Zs Ausdruck wandelte sich zu verwirrt: „Kennt sie es denn nicht?“

„Anscheinend nicht.“ Geraldine zuckte die Achseln – und Z tat es ihr gleich: „Na dann...“

„Das ist übrigens Yan... der Engel, der mal Yannik war.“ Geraldine deutete auf selbigen, „er beschützt jetzt Annie.“

„Hat er bisher ja nicht sonderlich gut hingekriegt.“ stellte Z trocken fest und der Engel fuhr auf: „He. Wir haben keine Befugnis, in die Entscheidungen der Menschen einzugreifen. Und außerdem war es der einzige Weg, ihn wegzukriegen.“

Annie nickte zufrieden: „Sag ich doch.“

„Dann bin ich still.“ erklärte Z, setzte sich und verschränkte die Arme vor der Brust. Annie wandte sich währenddessen wieder dem Engel zu:

„Und du redest hoffentlich endlich.“

„Es war einmal...“ begann dieser, brach aber sofort wieder ab – „Nein – nicht in doof.“ – und setzte neu an: „Genau wie die Gegenseite sehr früh gewusst hat, wen sie für die Rolle des Gottessohnes haben will, haben wir auch schon sehr früh gewusst, wer ihm entgegentreten soll. Bei ihnen fiel die Entscheidung kurz nach seiner Geburt. Bei uns schon… vor eurer Geburt.“

Geraldine kniff die Augen zusammen: „Äh...“

„Wir wussten, dass ihr diejenigen sein würdet, die diese besondere Form der Geistesgaben bekommen würden. Zumindest bei... ach... mehr sage ich dazu lieber nicht. Und noch zu etwas anderem sage ich nur kurz etwas und dann nichts mehr: Euch steht ein Kampf mit ihm bevor. Nicht mit Kung-Fu und Schnick-Schnack. Aber es wird eure Aufgabe sein, die Welt von ihm zu befreien. So viel zur Zukunft. Zurück zur Vergangenheit. Ich musste etwas Schreckliches tun für meinen Part in diesem Spiel. Einen Part, den ich nicht wollte. Aber trotzdem ausgeführt habe. Ich wäre viel lieber bei der Enkeltochter meines letzten Schützlings geblieben. Aber das ging nicht. Trotzdem konnte ich ab und zu nach dir sehen. Und dabei ist uns bewusst geworden, dass die Gegenseite auch schon von euch wusste. Sie sagen: Sie haben es rausgefunden. Wir wissen: Der Herr hat es sie rausfinden lassen.“

„Natürlich hat er das.“ murmelte Z.

„Wir haben daraufhin eigenmächtig versucht, euch zusammenzubringen.“

„Wir?“ fragte Annie dazwischen, doch es war Geraldine, die antwortete:

„Du meinst meinen äußeren Engel.“

„Den meine ich.“ stimmte der Engel ihr zu.

„Kann er nicht auch dazukommen? Reunion, quasi?“

„Wenn er will...“ Der Engel verschwand für einen Moment – dann tauchte er wieder auf, „...er will wohl nicht.“

„Vielleicht soll er nicht.“ sinnierte Geraldine.

„Vielleicht bringt uns das auch zu sehr vom Thema weg. Wir wollten damals, dass ihr euch trefft. Und anfreundet. Und dann von Anfang an euren Weg miteinander geht. Weil wir dachten, dass es so sicherer ist. Wir hatten es in Gang. Aber der Herr hat uns zurückgepfiffen. Weil er etwas wusste, was wir nicht wussten: Ihr wärt keine Freundinnen geworden. Weder als Kinder noch als Teenager. Wir waren ein wenig uneinsichtig und haben es später noch ein paarmal probiert. Immer mit dem Gedanken: ‚Jetzt muss es doch aber klappen‘. Ging nie gut.“

„Wann denn?“ unterbrach Geraldine ihn erneut, „ich kann mich nicht erinnern...“

„Oh. Es ist zu keiner weiteren Begegnung gekommen. Aber wir wollten dich nach Wiesbaden kriegen. Da ist es schon dran gescheitert.“

„Hm...“ Geraldine kratzte sich nachdenklich am Kinn, „meine Mutter hat mir vor einiger Zeit... oder war es mein Vater...?“

„Sie wollten umziehen – ganz genau.“ führte der Engel ihren Gedankengang aus, als ihre Stimme versackte, „unsere Idee. Für sie.“

Christopher legte den Kopf schief: „Ihr seid an sie rangegangen?“

„Hat ganz schön Ärger gegeben. Gut – ein bisschen. Aber ist ja auch nichts draus geworden.“

„Und stattdessen habt ihr es dann bei Z und mir probiert.“ bemerkte Geraldine und erntete dafür von Seiten des Engels einen überraschten Blick: „Was? Z und du? Nein. Wie…?“

„Na – wir sind uns begegnet. Als Kinder.“

„Echt?“ Einen Moment lang blickte Z ebenfalls verdutzt drein. Dann erhellte sich sein Gesicht – um sich direkt wieder zu verdüstern: „Richtig.

Die Sache mit der Flöte. Das war…“

„…Zufall.“ unterbrach ihn der Engel, „reiner Zufall.“

„Okay…“ Geraldine klang nicht überzeugt. Weswegen er es nochmal wiederholte: „Wirklich. Zufall. Wirklich. Wir haben es nur bei euch beiden versucht.

Annie und dir.“

Geraldine wippte langsam mit dem Kopf. Und verzog dann verärgert das Gesicht: „Und bei dieser einen einzigen Begegnung habt ihr zugeschaut, wie sie sich Annie geschnappt haben.“

„Wir durften nicht eingreifen.“ verteidigte sich der Engel, „genau deswegen habe ich ja den Job bei dir nicht gekriegt.“ Er sah Annie eindringlich an, „ich hätte eingegriffen. War nicht drin. Musste so sein.“

Aber auch Annie blickte ärgerlich drein: „Vielen Dank auch.“

„Ihr habt beide eine harte Schule hinter euch. Du in echt. Und du in deinem Geist.“

Der Ärger wich Bestürzung – sowohl bei Annie als auch bei Geraldine:

„Also stimmt es wirklich? Sie hat all das nie erlebt?“

„Sie hat all das nie erlebt.“ bestätigte der Engel, „was auch immer ‚all das‘ ist. Denn ich war nicht dabei. Und schon gar nicht in dir drin. Ich kenne die Inhalte nicht. Ich weiß nur, dass du ein sehr einsames Mädchen warst. Ohne Freunde. Ohne den Drang, vor die Tür zu gehen. Du hast so viel Zeit im Dunkeln verbracht, dass ich schon Angst hatte, es könnte dir körperlichen Schaden zufügen.“

„Also warst du doch da.“ folgerte Annie.

„Sehr selten. Ich habe das meiste nur erzählt bekommen. Von meinem Vorgänger. Das war schwer für mich, glaub mir.“

„Ist mir egal.“ gab Annie zurück, „für mich war es schwerer.“

„Aber die Visionen...?“ setzte Christopher an und der Engel griff das dankbar auf: „Die Visionen kamen nicht von Gott. Sie kamen vom Dämon. Und die dazugehörigen Situationen auch. Er hat das Mädchen nicht besessen, das sich mit dem Stift gestochen hat. Er hat sich ihr nur kurz gezeigt. Sie erschreckt. Das hat gereicht. Den Vater, der seinen Sohn verprügelt hat, hat er dagegen besessen. Nur für diesen Zeitraum. Er war davor schon jähzornig und hat den Jungen oft angebrüllt und in sein Zimmer gesperrt.

Die Hand gegen ihn erhoben hatte er nie. Über diese Schwelle hat der Dämon ihn geschubst. Nur dieses eine Mal. Aber auch das hat gereicht. Für dich.“

„Aber was soll das bringen?“ Z rieb sich die Wangen, „Annie das zu geben, was sie sowieso kriegen soll?“

„Es kommt auf den Zeitpunkt an.“ klärte der Engel ihn auf, „es hat einen Sinn, dass der Herr euch Gaben nicht von Anfang an gibt. Weil ihr sie auch verkraften können müsst. Als Kinder könnt ihr das noch nicht. Ihr Plan war also eigentlich sehr clever: Sie haben Annie vorbelastet. Sodass sie in dem Moment, wo der Herr normalerweise damit angefangen hätte, schon gar nicht mehr in der Lage war, unbefangen damit umzugehen.“

„Danke fürs zuschauen.“ motzte Annie laut und der Engel wandte sich langsam zu ihr um: „Der Herr hat nicht nur zugeschaut. Er hat Sachen in dir angestoßen. Als die Zeit dafür richtig war. Du hast mit dem Pfarrer geredet.“

„Was ja wunderbar gelaufen ist.“

„Es hat dich nach draußen getrieben. Das war wichtig. Dass du von der Welt in dir drin in die Welt um dich herum kommst.“

„Aber wenn ich gleich in der Welt da draußen gewesen wäre…“ „…hätte der Dämon wahrscheinlich versucht, dich dazu zu bringen, all die Sachen in echt zu machen, die er dir so nur vorgaukeln konnte. So schräg das jetzt auch klingen mag: Das war die bessere Version – für dich. Denn in deinem Unterbewusstsein hast du natürlich immer gewusst, dass es nicht wahr ist. Deshalb konntest du es auch so gut verkraften, als du angefangen hast, dich damit auseinanderzusetzen. Und der Herr wusste nun mal, dass zwei Momente für dich kommen würden: Der, in dem du den Dämon loswirst, und der, in dem du die Wahrheit erkennst. So ist es doch einfacher, Frieden zu haben, oder nicht? Nur mit schlimmen Gedanken anstelle von schlimmen Geschehnissen.“

Eine Weile versank Annie in Schweigen – dann sah sie wieder auf: „Und was war mit meiner besten Freundin? Deren Tod ich gesehen habe?“

„Du hast ihren Tod gesehen.“ erwiderte der Engel, „und du hast sie tot gesehen. Aber sie war nicht deine beste Freundin. Du warst auf dieser Party.

Aber du warst nicht eingeladen. Sie wollten dich rauswerfen. Dann haben sie sie gefunden. Und du warst unwichtig.“

„Ich kann es immer noch nicht glauben.“ Annies Stimme war fest – entschlossen. Was den Engel seufzen ließ:

„Dann... da drüben – die Fotos.“ Er deutete an die gegenüberliegende Wand, „erkennst du sie?“

„Natürlich. Das bin ich. In verschiedensten Stufen des Heranwachsens.“

„Hol eins davon.“

„Okay...“ Annie stand auf und nahm eines der gerahmten Fotos von der gegenüberliegenden Wand. Dann setzte sie sich wieder: „Und nun?“

„Geraldine. Wen siehst du?“

Annie hielt Geraldine das Foto hin – und diese stieß laut hörbar die Luft aus:

„Sie.“

„Sie?“ wiederholte Z unsicher.

„Das Mädchen. Aus dem Kindergarten.“

Annie ließ das Foto fallen und es klirrte leise, als es auf dem Boden aufschlug. Doch sie achtete nicht darauf: „Ich war besessen. Schon als Kind.“ Ihr Blick war starr – ihre Stimme tonlos.

„Es tut mir leid.“ flüsterte der Engel – und dann noch einmal: „Es tut mir leid.“

Annie begann zu zittern und Geraldine legte ihr rasch den Arm um die Schultern. Dann blickte sie den Engel herausfordernd an:

„Aber warum sie und wir nicht?“

„Normalerweise können Dämonen nicht an Kinder.“ erklärte dieser langsam, „das kennt ihr. Von eurer Arbeit. Bei der ihr aber auch schon die Erfahrung gemacht habt, dass es ab und zu Ausnahmen gibt. Bedingt zum einen durch besondere Situationen. Und zum anderen durch den Herrn, der es erlaubt. Was im Normalfall entweder mit genau dieser besonderen Situation zu tun hat – oder mit etwas, was noch kommt. Wofür es wichtig ist – so seltsam das auch klingen mag. Die Dämonen wissen das natürlich auch. Sowohl, dass es eigentlich nicht geht, als auch, dass manchmal eben doch. Weshalb sie es immer wieder versuchen. Bei denen, wo sie die Notwendigkeit sehen. Bei euch haben sie das. Und Geraldine war halt die Regel. Da ist nichts passiert. Und sie hat es nicht mal gemerkt. Annie dagegen war die Ausnahme.“

„Und Z?“

„Ja, Z…“ Er zögerte, „du warst lange Zeit überhaupt kein Kandidat für eine Gabe. Bis du drum gebeten hast. Dich hatte niemand auf der Rechnung. Der Herr natürlich – im Geheimen. Aber wir nicht – und sie auch nicht. Und das war auch gut so. Denn: Jemand mit seiner Gabe ist immer Anlaufpunkt Nummer eins für einen Angriff. Und so war es auch. Denn sie hatten jemand anders auf der Rechnung. So wie wir.“

Z nickte bedächtig: „Meinen Ersatz.“

„Z?“ Geraldine blinzelte verwirrt, doch er antwortete nicht, sondern murmelte traurig: „Die Arme.“

„Z?“ wiederholte Geraldine.

„Das ist inhaltlich falsch.“ sagte der Engel, „du bist der Ersatz.“

Z hob die Hände: „Das meine ich.“

„Z?“ wiederholte Geraldine ein weiteres Mal und schnippte mit den Fingern dazu, was zumindest den Engel darauf reagieren ließ: „Z hat Recht. Wir hatten eigentlich jemand anders in den Startlöchern.“

„Krass. Wen denn?“

„Eine junge Dame.“

„Wie aussagekräftig.“ Annies Miene zog sich zusammen – Geraldines dagegen hellte sich auf:

„Du meinst die, die der Dämon vorhin... das hat er also damit... die, die auch gruselige Filme geschaut hat.“

„Genau die meine ich.“ bestätigte der Engel, „Z kennt die ganze Geschichte.

Und kann sie euch erzählen, wenn Raum dafür ist. Jetzt nur so viel: Auch sie hatten die Dämonen im Visier. Doch an sie direkt konnten sie nicht ran. Also sind sie jemanden angegangen, die ihr nahesteht. Dämonen sind einfallsreich. Leider. Es hat nicht dafür gesorgt, dass sie ihre Gabe komplett aufgegeben hat, aber es hat sie den Fokus verlieren lassen. Sie hat ihre Prioritäten weg von ihrem Auftrag auf diese Person gelegt. Und in dieser Rolle hat der Herr sie gelassen. Weil er wusste, dass Z noch um die Ecke kommt – spontan und überraschend. Für alle anderen zumindest. Für uns war das verwirrend, für unsere Gegner ärgerlich. Denn sie hatten sich schon als Sieger gesehen, bei dieser Rolle. Dem war nicht so. Der Herr hat sie ausgetrickst. So wie er es… ziemlich häufig tut.“

„Stellt sich weiterhin die Frage...“ schaltete sich Christopher ein, „warum konnten sie an Annie ran? Damals schon?“

„Das ist eine gute Frage.“ entgegnete der Engel und Christopher runzelte die Stirn:

„Du weißt es nicht?“

„Doch. Ich weiß es. Aber Annie weiß es auch. Und ich denke, es ist besser, wenn sie es selbst erzählt. Ich habe euch den Rest von dem erzählt, was sie selbst nicht wusste. Das, womit der Dämon schon angefangen hatte. Aber alles andere kennt sie.“ Er senkte die Stimme, „lass es raus, Annie.“

„Ich will nicht.“ stieß diese hervor.

„Du hast es doch schon getan.“

„Aber das sollte das letzte Mal sein.“

„Es war doch klar, oder? Dass du es auch deinen besten Freunden noch würdest beichten müssen.“

Annie blieb hart: „Maximilian ist auch mein bester Freund.“

„Sie muss nicht, wenn sie nicht...“ versuchte Geraldine, dazwischen zu kommen, aber auch der Engel gab nicht nach:

„Doch. Sie muss. Die Tür muss zu. Ihr müsst wissen, wer sie ist. Anders geht es nicht. Und anders gehe auch ich nicht. Oder ihr. Ihr wollt ins Krankenhaus? Dann wird vorher aufgeräumt.“

„Warum auf einmal?“ fuhr Annie auf, „all die Jahre war das auch kein Problem.“

„Es kommt etwas auf euch zu – ohne, dass ihr darauf Einfluss nehmen könntet. Ich hatte es schon erwähnt: der Kampf. Bei dem es sehr wichtig ist, dass ihr euch zu 100% gegenseitig vertrauen könnt. Und die Ereignisse des heutigen Tages haben nun mal dich als Person in Frage gestellt. Wenn du es jetzt nicht aussprichst, wirst du Zweifel sähen. An dir, deiner Integrität, deiner Vertrauenswürdigkeit. Dann geratet ihr in Gefahr, nicht zu bestehen.

Und dann ist da noch etwas: Das, was da kommt, wird euch nicht schadlos lassen. Es werden Wunden gerissen – zwangsläufig – in euch. Diese Wunden könnt ihr nur richtig schließen, wenn zuvor alle anderen schon geschlossen sind. Sonst überfordert es euch. Und das – möchte ich anmerken – gilt für jeden von euch.“

Die Betonung dieser letzten Worte ließ Christopher aufhorchen: „Öh... wer sollte sich jetzt noch angesprochen fühlen?“

„Die betreffende Person weiß das.“ erwiderte der Engel vage.

Verständnislos sahen Geraldine, Z und Christopher sich an. Annie dagegen lächelte düster: „Ich bin es schonmal nicht. Denn um mich geht es hier ja gerade.“

„Willst du sie raten lassen?“ nahm der Engel den Faden wieder auf, „wenn sie ein bisschen überlegen... der Dämon hat ihnen schon einiges geliefert.“

„Nun gut.“ Mit einem tiefen Seufzer stand Annie von der Couch auf und setzte sich in den freien Sessel, sodass sie alle anderen anschauen konnte, „es hat ja keinen Zweck mehr. Und eigentlich ist es auch gar nicht mehr schlimm. Ich dachte einfach, ich wäre es los. Und könnte mit euch umgehen, ohne mich outen zu müssen.“

„Outen?“ wiederholte Z verständnislos.

Annie rollte mit den Augen: „Nicht so. Ich habe euch angelogen. Ganz einfach.“

„Angelogen?“ war es nun Geraldine, die ihre Worte aufgriff.

„Nicht nur euch. Im Grunde so gut wie alle. Wenn ich es recht überlege, ist Maximilian der Einzige, der die Wahrheit kennt. Und meine Eltern natürlich.“

Jetzt war Christopher an der Reihe: „Die Wahrheit?“

Annie zögerte und der Engel nickte ihr ermutigend zu. So gab sie sich einen Ruck: „Mein Name ist Annegret Schneider. Ich hasse diesen Namen. Weshalb ich auch angefangen habe, mich selbst Annie zu nennen. Das war das Beste, was daraus machbar war. Ich habe mich sogar ganz offiziell so genannt, als ich mit 16 endlich einen Personalausweis beantragen konnte. Ein paar Euro mehr – aber das war es wert. Der dumme Name war endlich weg. Den habe ich im Übrigen von meiner Oma – jener Frau, über die wir schon so viel geredet haben. Sie starb – danke nochmal dafür – relativ kurz vor meiner Geburt und meine Eltern fanden die Idee nett, sie zu ehren. Was ich ihnen nicht absprechen will. Ich wünschte nur, sie hätten sich dafür...“

„Halt.“ unterbrach Geraldine sie irritiert, „Moment mal. Deine Eltern?

Aber... die Oma, die da gestorben... das war doch die Mutter von deiner Mutter. Also... der Frau, die Z vorhin ins Krankenhaus gebracht hat. Aber die ist doch gar nicht deine leibliche Mutter. Wie konnte sie dir dann diesen Namen geben?“

„Es macht ‚Klick‘.“ murmelte Christopher – einen Ausdruck plötzlicher Erkenntnis auf dem Gesicht. Und Annie bestätigte ihn im nächsten Moment: „Sie ist meine leibliche Mutter. Und mein Vater mein leiblicher Vater. Ich komme nicht aus Amerika. Ich hatte nie andere Eltern, die ums Leben gekommen sind. All das ist erfunden.“

Bei Z hatte es noch nicht ‚Klick‘ gemacht: „Er...funden?“

„Meine Eltern und ich... wir waren von Anfang an nicht auf derselben Wellenlänge. Ich kam mit ihnen nicht klar. Und dachte mir aus, andere Eltern zu haben. Am Anfang war es nur der Traum eines kleinen Kindes.

Gekoppelt an meinen anderen Namen. Doch sobald ich die Gelegenheit dazu bekam, begann ich, es anderen zu erzählen. Immer nur den Kindern, nie den Erwachsenen – Eltern, Kindergarten...gärtnern...innen – und so. So dauerte es sehr lange, bis meine Eltern es mitbekamen. Und versuchen konnten, es richtig zu stellen. Was ihnen durchaus auch gelang bei manchen Leuten. Doch unser Verhältnis wurde nicht besser – ironischerweise zu einem Großteil genau dadurch. Und so behielt ich meine Geschichte aufrecht. Die Sache ist ja: Eltern und Kinder haben kaum gemeinsame... also – die Schnittmenge von... ach – ich meine einfach: Ich hatte meine Leute und sie hatten ihre Leute. Da gab es kaum Überschneidungen. Insofern bekamen viele, die mit ihnen eben nichts zu schaffen hatten, nie eine andere Geschichte zu hören. Bis heute nicht. Wie gesagt: Maximilian ist... war...

selbst Konstantin oder Jonathan wussten es nicht anders.“

Geraldine schüttelte konsterniert den Kopf: „Du bist echt krass.“

„Aber inzwischen verstehst du dich doch so gut mit ihnen.“ warf Z ein.

„Inzwischen, ja. Und zwischen ihnen und mir ist das – jetzt – auch geklärt.

Wir haben nicht groß darüber gesprochen. Aber ich habe... das ist privat.“

„Natürlich.“

„In den letzten Jahren – also... seitdem ich mit ihnen wieder klarkomme – habe ich auch niemandem meine Vergangenheit erzählen müssen. Jonathan war der letzte, der...“ Annie zuckte mit den Schultern, „naja.“

„Das war es also? Eine einfache Lüge?“ Geraldine sah den Engel dabei an, der ihr direkt widersprach: „Das war nicht nur eine einfache Lüge. Sie hat ihre komplette Existenz verleugnet.“

„Ich bin mir sicher, dass viele Kinder sowas mal tun.“

„Schon. Aber das meinte ich nicht. Die Identität eines Menschen ist das Wahrste, was er hat. Wenn er die abstreitet, als unwahr hinstellt, kann er das nie tun, ohne zu wissen, dass es falsch ist. Ganz egal, in welchem Alter.

Da greift die Regelung nicht, dass die Sünde nicht erkannt oder verstanden wird. Annie hat es bewusst und absichtlich getan. Ihre Eltern für nichtig erklärt. Und sich selbst zu jemand anders gemacht. Das war der Angriffspunkt. Und es kommt ja noch hinzu: Bei anderen Kindern wäre das gar nicht schlimm, weil kein Dämon Interesse an ihnen hätte. An Annie hatten sie Interesse.“

„Aber…“ Z kratzte sich am Kopf, „nur weil sie das einmal gesagt hat, kann doch nicht gleich...“

„Sie hat es nicht nur einmal gesagt.“ entgegnete der Engel, „sie hat es immer und immer wieder gesagt. Auch davor schon. Das lief schon eine ganze Weile, bevor ihr beide euch getroffen habt. Das war nur der Tag, an dem sie ernst gemacht haben. Sie hatten bereits bemerkt, wie sich die Tür immer weiter öffnete. Und warteten nur auf eine günstige Gelegenheit.“

„Die zufällig kam, als ich auch da war.“ schnaubte Geraldine.

„Nein – ganz und gar nicht zufällig.“ Der Engel blickte bedrückt drein, „das war unser Fehler. Ich hatte ja schon erzählt, dass wir euch zusammenpacken wollten. Wir fanden das sinnvoll. Sowohl für euch als auch für uns. Wir dachten, wir könnten euch dann einfacher begleiten und beschützen. Leider hatten die Dämonen in diesem Moment genau die gleiche Idee. Nur eben für ihre Ziele. Ihnen bot sich schlagartig ebenfalls die Chance, euch beide zugleich zu kriegen. Haben sie ja auch versucht. Den Zugang zu Annie sowohl für sie selbst benutzt als auch für dich. Indem sie dafür gesorgt haben, dass Annie dir Schaden zufügt. Was durchaus Gegenschaden von deiner Seite zur Folge hätte haben können. Sicher – dass sich dadurch auch in dir eine Tür öffnen würde, war sehr unwahrscheinlich. Aber die Hoffnung war da, bei ihnen. Und sie können halt auch von außen an euch arbeiten. Wenn die Wut und der Hass erstmal gepflanzt sind... ein paar geflüsterte Worte vor dem Einschlafen... ach – führe ich nicht weiter aus.

Aber – verstehst du? Wir haben euch ihnen geliefert. Auf dem Silbertablett.

Wir wollten etwas Gutes – und haben etwas Schlechtes erreicht. Und hätten beinahe viel mehr Schlechtes erreicht. Wenn es anders ausgegangen wäre.

Der Herr war sowas von sauer auf uns... und zurecht.“

Annie biss sich auf die Lippen: „Warum hat mir keiner geholfen? All die Jahre?“

„Das könnte Geraldine genauso fragen.“ entgegnete der Engel, was diese sofort auf den Plan brachte: „Tut sie auch.“

Der Engel seufzte leise: „Du hattest Hilfe. Viele Menschen um dich herum haben dir geholfen. Oder es zumindest versucht. Deine Eltern – praktisch durchgehend, während du bei ihnen gewohnt hast. Was du leider nie annehmen konntest. Maximilian hat dich immer wieder angestoßen. In ihre Richtung, in Richtung Wahrheit. Und das sogar mit Erfolg.“

„Ja, das...“ Annie sprach nicht weiter – der Engel schon: „Auch Geraldine hat solche Menschen. Ihre Eltern – von Anfang an. Bis sie die Entscheidung getroffen hat, sich von ihnen fernzuhalten. Nils – dem sie sich öffnen konnte. Und der sie trotzdem über alles liebt. Und auch sie hätte dir helfen können. Genauso wie Z und Christopher und alle anderen, die bei euch dazugehören. Wenn du es ihnen einfach gesagt hättest. Wofür wir dir durchaus Anstöße geliefert haben. Dieses Teenager-Mädchen zum Beispiel, um das ihr euch gekümmert habt. Das…“ Geraldine runzelte die Stirn: „Die immer nur in ihrem Zimmer saß?“

„Ganz genau die. Und Annie hat etwas bekommen, dabei.“

„Ach du liebes Bisschen.“ schlug sich diese gegen die Stirn, „darum ging es? Um mich? Um die Ähnlichkeit zwischen ihr und mir?“

„Ich würde das als ziemlich offensichtlich betrachten.“ gab der Engel zurück, „für dich zumindest.“

„War es nicht. Für mich zumindest.“

„Wegen mir. Aber auch ohne deine Beichte hätte es euch anderen durchaus auffallen können, dass Annies Geschichte einige Ungereimtheiten enthält.

Und dass es sich lohnt, sich damit zu beschäftigen. Dann hättet ihr sie auch zur Wahrheit gebracht.“

Z schürzte die Lippen: „Aufgefallen ist es mir durchaus. Mal hat sie gesagt, sie hätte nie geraucht. Dann hat sie gesagt, sie hätte. Aber ganz ehrlich: Ich dachte einfach, es sei ihr peinlich und sie hätte sich beim einen Mal nur verplappert. Daher habe ich nicht gefragt. Und auch nicht weiter drüber nachgedacht. Einen Anstoß, sich damit auseinanderzusetzen, habe ich auf jeden Fall nicht gesehen.“

„Ging mir genauso.“ schloss Geraldine sich ihm an.

„Und auf die Ähnlichkeiten in den Geschichten haben wir diverse Male hingewiesen. Nur… wie hätten wir darauf kommen sollen, wo das herkommt? So abwegig, wie das ist. Und wo Annie es nicht mal selbst wusste.“

„Ja, okay – abwegig ist es. Das gebe ich zu. Für euch. Für Annie dagegen…“ Der Engel sah sie durchdringend an, „die Möglichkeiten waren da. Die Menschen waren da. Was willst du mehr?“

„Hilfe von euch.“ erklärte Annie vehement, „von denen, die wirklich richtig helfen können.“

„Diese Hilfe... war nicht möglich.“

„Dann wiederhole ich meine Frage: Warum?“

Ein weiteres Seufzen: „Ihr seid, wer ihr seid, durch das, was ihr erlebt habt.

Erstmal egal, ob es da drin oder da draußen stattgefunden hat.“ Er deutete erst auf Annies Brust und dann aus dem Fenster, „ihr brauchtet eure Erfahrungen. Dann ist da der freie Wille. Niemand hat Geraldine gezwungen, sich zu betrinken oder mit fremden Jungs ins Bett zu steigen.

Niemand hat dich gezwungen, den ganzen Tag in deinem Zimmer zu sitzen.“

Annie blinzelte irritiert: „Der Dämon?“