Flame: Kostenlose Bonusgeschichte inklusive XXL-Leseprobe zu "Flame 3: Flammengold und Silberblut" - Henriette Dzeik - kostenlos E-Book

Flame: Kostenlose Bonusgeschichte inklusive XXL-Leseprobe zu "Flame 3: Flammengold und Silberblut" E-Book

Henriette Dzeik

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Beschreibung

**Götter, Liebe und Intrigen – Sexy Romantasy voller magischer Momente**
Dieses gratis E-Book ist für alle Fans der Bestseller-Serie »Flame«, die es kaum erwarten können, dass die prickelnde wie spannende Reise rund um die Auserwählte Flame und Dark, den Gott der Angst und der Finsternis, weitergeht. Neben einer exklusiven Bonusgeschichte zu Ava, einer brandneuen Figur, enthält es außerdem eine lange Leseprobe zum heiß ersehnten dritten Band der magischen Fantasy-Liebesgeschichte »Flame: Flammengold und Silberblut«.

Über die »Flame«-Serie:
Unsägliche Hitze, erbarmungslose Armut und eine aussichtslose Zukunft: Flame will diesem Elend entfliehen, um endlich mutig, stark und frei zu sein. Ihre Chance sieht sie gekommen, als die neuen Götter ein Turnier zur Jahrtausendwende veranstalten – der Siegerin winkt Unsterblichkeit. Doch was auf den ersten Blick verlockend erscheint, birgt höllische Gefahren. Denn ihre Teilnahme bringt Steine ins Rollen, die nicht mehr aufzuhalten sind und das Schicksal – sowohl der Menschen als auch aller Götter – unwiderruflich verändert.


//Alle Bände der göttlichen Liebesgeschichte im Loomlight-Verlag:
-- Band 1: Feuermond und Aschenacht
-- Band 2: Dunkelherz und Schattenlicht
-- Band 3: Flammengold und Silberblut (Mai 2022)
-- Band 4: Nebelsturm und Racheglut (vss. Oktober 2022)//

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Das Buch

Götter, Liebe und Intrigen – Sexy Romantasy voller magischer Momente

Dieses gratis E-Book ist für alle Fans der Bestseller-Serie „Flame“, die es kaum erwarten können, dass die prickelnde wie spannende Reise rund um die Auserwählte Flame und Dark, den Gott der Angst und der Finsternis, weitergeht. Neben einer exklusiven Bonusgeschichte zu Ava, einer brandneuen Figur, enthält es außerdem eine lange Leseprobe zum heiß ersehnten dritten Band der magischen Fantasy-Liebesgeschichte „Flame: Flammengold und Silberblut“.

Über die „Flame“-Serie:

Alle Bände der göttlichen Liebesgeschichte im Loomlight-Verlag:

- Band 1: Feuermond und Aschenacht

- Band 2: Dunkelherz und Schattenlicht

- Band 3: Flammengold und Silberblut (Mai 2022)

- Band 4: Nebelsturm und Racheglut (Oktober 2022)

Die Autorin

© privat

Man erzählt sich, dass Henriette Dzeik auf einem Floß treibend von Nixen gefunden, von Hexen entführt und in einem Schloss, das an goldenen Ketten hing, von Feen aufgezogen wurde. Sie kämpfte gegen den Drachen, der diesen schönen Käfig bewachte, und erlangte schließlich durch einen Deal mit einem verrückten Flaschengeist die Freiheit. Heute lebt sie mit ihrem dunklen Prinzen und einem furchterregenden Wächterhund in ihrem minimalistischen Palast, wo sie auf Papier all ihre Träumereien wahr werden lässt.

Mehr über die Autorin auf https://www.instagram.com/henriettedzeik

Der Verlag

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Loomlight auf Instagram: www.instagram.com/loomlight_books/

Viel Spaß beim Lesen!

Henriette Dzeik

Seelenfrost und TränenglanzEine „Flame“-Kurzgeschichte

**Diese Geschichte spielt vor den Ereignissen in „Flame: Flammengold und Silberblut“ und enthält Spoiler.**

„Please – consider me a dream.“

– Franz Kafka

Prolog – Was es kostet

Wie würdest du leben, wenn der Tag, an dem du sterben musst, nicht im Dunkeln läge? Wenn du wüsstest, dass Angst eine Waffe ist und man mit Wissen töten kann? Wenn du am eigenen Leib erfahren hättest, dass Kälte die Macht hat, unerbittlicher als Hitze zu brennen? Wenn du dazu in der Lage wärst, deinen letzten Atemzug nachzuempfinden? Wenn du in der Gegenwart – jetzt, in diesem Moment – gestochen scharf spüren könntest, dass irgendwann nicht mehr als Staub und Vergessen auf dieser Erde verbleiben wird? Wenn dich die Erkenntnis durchströmen würde, dass keine Erinnerung sich jemals mit der Kraft der Vergänglichkeit messen kann?

Die Wahrheit ist, dass du nichts ändern würdest – denn nur ich bin mit diesem Fluch belegt, den ich vor meinen Priesterinnen als Gabe bezeichne, als einen Segen. Bilder und Empfindungen, die mich bei Sonnenaufgang trügerisch schmeicheln und mein Innerstes bei Nacht zerreißen. Doch ich bin noch mehr als dieser Fluch, diese körperlose Gabe oder der gepriesene Segen.

Mein Name ist Ava von Delphi, und ich bin einer von unendlich vielen verborgenen Teilen dieser Reise, die wie die schwingenden Quanten der Lichtwellen durch die Lüfte dieser Atmosphäre schweifen.

Ich habe die Fähigkeit, alles zu sehen, obwohl ich selbst unsichtbar bin. Weil ich für die Zukunft existiere und mein Leben nicht mir, sondern den Göttern gehört. Nicht einmal meine Gedanken sind mein Eigentum. Jeder einzelne wird für sie festgehalten. Ich habe nichts für mich allein. Es gibt lediglich ein Geheimnis, eine Wahrheit, die ich in meinem Herzen eingeschlossen habe und die meine Schwestern nicht niederschreiben: Hätte ich eine Wahl, würde ich egoistisch sein. Hätte ich einen Wunsch frei, würde ich die Moiren um eine einzige Sache bitten – um etwas, jemanden, mit dem das Schicksal mich beschenkt. Ich würde alles geben, um herauszufinden, wie es ist, ein Leben statt einer Sehnsucht zu teilen.

Niemand weiß von meiner Einsamkeit. Niemand weiß, dass auch nach mir, einer Heiligen, die düsteren Daimonen in Hades' Palast aus schneeweißen Knochen greifen. Niemand weiß, was es bedeutet – und was es kostet –, ich zu sein.

Kapitel 1 – Grotte im Mondschein

AVA

7 Jahre

„Hast du schon einmal Glück geschmeckt?“ Das morsche Holz der mit Stroh bedeckten Pritsche gibt ein unheilverkündendes Knarzen von sich, als ich mich meinem Bruder zuwende und beide Hände unter meiner Wange falte. Für einige Sekunden halte ich die Luft an, weil ich Angst davor habe, dass Vater von dem Geräusch geweckt wird. Er hat ein gutes Gehör, weil er ein Jäger ist, aber der Nachtwind, der um unsere Hütte fegt, ist auf meiner Seite.

„Ich weiß, dass du nicht schlafen kannst.“ Fordernd tippe ich Amycus auf die Schulter, der mit seinem Rücken zu mir liegt. Mein Bruder stößt ein so abgrundtiefes Seufzen aus, dass man meinen könnte, auf ihm laste das gesamte Gewicht des Olymp, obwohl er nur vier Jahre älter ist als ich.

„Glück hat keinen Geschmack, Tausendschön“, antwortet er schließlich, woraufhin ich ein leises Grollen von mir gebe, welches ich von den Tieren im Wald übernommen habe. Denn ich hasse den Namen, den er mir verliehen hat. Tausendschön. Seit ich mich erinnern kann, sagt man mir, dass meine Haare an echtes Gold erinnern und meine Augen orangefarbenen Mohnblüten gleichen. Dass ich selbst eine exotische Blume sei. Aber das ist nicht, was ich will. Schöne Dinge sind zerbrechlich und haben keinen Bestand in dieser Welt.

Im einfallenden Licht der Sterne betrachte ich meine Hand, balle sie zu einer kleinen Faust, die überhaupt nichts ausrichten kann.

„Ich glaube sehr wohl, dass Glück ein ganz besonderes Aroma besitzt“, wispere ich mit Trotz in der Stimme.

„Vater sollte dich nicht so viel Zeit mit der alten Ionna verbringen lassen“, gibt Amycus zurück. „Sie verhext deinen Kopf.“

Aufgebracht beiße ich mir auf die Unterlippe. „Ionna ist keine Hexe, nur weil sie schlau ist und die besten Teekräuter und Düfte herstellen kann. Durch sie weiß ich, wie ein Garten voller Rosen, die Blätter des Herbstes und frisch gefallene Schneeflocken riechen. Alles auf dieser Erde hat einen Duft und einen Geschmack, wenn man die Fantasie besitzt, all die Eindrücke zuzulassen.“

Amycus brummt genervt, aber ich bin seine Schwester, der Mensch, der ihn am besten kennt. Für mich ist es kein Geheimnis, dass er den frühen Morgen fürchtet – dass er in den Nächten, bevor er Vater auf die Jagd begleiten muss, niemals zur Ruhe kommt. Deshalb verdränge ich meinen Ärger, ersetze ihn durch Sanftmut, wie man es von einer schönen Blume erwartet, und beginne, mit den Fingerspitzen beruhigende Muster auf seinen Rücken zu zeichnen.

„Ich stelle mir vor, dass Glück nach einer Grotte im Mondschein schmeckt“, sage ich nach einer Weile des Schweigens. „Nach den Mineralien der See. Vielleicht auch nach frischer Baumwolle. Und nach Regenbogen.“

Amycus schnaubt belustigt, doch es klingt bereits ein wenig schläfrig. „Du hast doch noch nie einen Regenbogen gesehen.“

„Die Hitze wird nicht für immer bleiben“, flüstere ich und ignoriere die Tatsache, dass es keine Hoffnung für uns gibt. Und manchmal denke ich, dass es grausam ist, auf eine Erde gebracht zu werden, die im Sterben liegt.

„Ich habe eure Wasserschläuche gefüllt und Proviant eingepackt.“ Stolz präsentiere ich Vater, was ich vorbereitet habe. Ich musste sogar auf einen Stuhl klettern, um überhaupt an die Arbeitsfläche zu gelangen. Meine Lider sind müde und schwer, weil ich die ganze Nacht über Amycus und seine dunklen Träume wachen musste. Geschwister passen immer aufeinander auf.

„Wir sind nur einen Tag unterwegs. Außer Wasser brauchen wir nichts. Wann wirst du lernen, dass du dich nicht an unseren Vorräten vergreifen darfst? Das ist nicht deine Aufgabe in diesem Haus.“ Ich mache einen Schritt zurück, um Vaters stillem Zorn zu entkommen. Er wird nie laut und würde niemals die Hand gegen mich erheben. Stattdessen spricht er so leise mit mir, dass es mir manchmal erscheint, als wäre ich ein Geist. Jemand, der eigentlich gar nicht hier sein soll. Ein lästiger und gleichzeitig schmerzvoller Schatten, von dem er sich nicht befreien kann. Denn ich habe ihm Mutter genommen, als ich diese Welt betreten habe. Ich denke, dass es Liebe war, die ihn gebrochen hat. Und ich … verstehe. Auch mich würde es zerstören, wenn das Schicksal mir Amycus entreißen würde.

„Verzeih mir, Vater.“ Ich zittere, als ich den Kopf hebe und seinen Blick suche. Doch ich bin nicht überrascht, dass er über mich hinwegstarrt. Ich kenne nicht einmal seine Augenfarbe. Aber ich glaube, dass sie der von Amycus ähnelt. Mein Herz schmerzt so sehr, weil Vater mein Antlitz nicht ertragen kann. Mein Fluch ist, dass ich offenbar das Ebenbild meiner Mutter bin. Ein Geist unter seinem Dach. Eine böse Erinnerung, die er nicht abschütteln kann. Als wäre er in der Hölle gefangen.

„Bis heute Abend“, flüstere ich, dränge mich an ihm vorbei und schlüpfe im Flur in meine zerschlissenen Stiefel, ehe ich ein Tuch um meinen Kopf binde, um mich vor den aggressiven Strahlen der Sonne zu schützen. An der Tür stelle ich mich auf die Zehenspitzen und küsse Amycus auf die Wange. „Gib gut auf dich acht“, murmele ich, bevor ich ins Freie trete und die Hitze mich verschlingt.

Auf dem Weg zu Ionna, bei der ich den Großteil meiner Tage verbringe und die sich meiner angenommen hat, grüße ich die Bauern und Jungen, die gerade zu ihren Weizenfeldern aufbrechen, von denen man kaum etwas ernten kann. Die Trockenheit lässt die Haut an meinen Armen und Beinen schuppig und spröde wirken, und es kostet mich die höchste Form der Selbstbeherrschung, dem Juckreiz nicht nachzugeben und sie aufzukratzen.

„Guten Morgen, Kind.“ Ich finde Ionna wie immer im Garten hinter ihrem Haus, der teilweise überdacht ist, ein wenig wie ein offener Schuppen, und uns vor der Sonne schützt.

„Guten Morgen, Ionna“, erwidere ich und schenke ihr ein strahlendes Lächeln. Es stimmt, was Amycus gesagt hat. Manche flüstern, dass sie eine Hexe sei, die sich in unserem Dorf vor den Göttern versteckt. Doch mir ist es egal. Ich glaube nicht daran, dass die Mehrheit recht hat. Ich bin gern mit Ionna zusammen. Und obwohl sie älter als die meisten Bewohner meines Heimatortes ist, geht sie nicht mit gebeugtem Rücken. Auch ihr Gesicht hat die Sonne nicht lederartig und faltig gemacht. Mehr als einmal hat sie mir verraten, dass man keine Magie beherrschen muss, um die richtigen Kräuter miteinander zu mischen und eine außergewöhnliche Wirkung zu erzielen.

„Hast du in der Mixtur gebadet, die ich dir mitgegeben habe?“ Ionna schnalzt mit ihrer Zunge, als ihr Blick auf die geröteten Stellen meiner Haut fällt.

„Noch nicht“, murmele ich. Wir besitzen keine Wanne und ich wasche mich nicht öfter als zweimal die Woche, was meist darin besteht, dass Amycus einen Eimer gefüllt mit Wasser über meinem Kopf auskippt.

Ionna seufzt ergeben. „Ich werde dir noch ein Gel mitgeben, das ich aus Pflanzen gewonnen habe. Vielleicht wirst du das benutzen.“ Dann deutet sie auf die Steinplatte, welche den Boden bedeckt. Auf ihr sind Blätter, Blüten und Sträucher ausgebreitet, die wir selbst gepflückt haben und die bereits gerollt, fermentiert und getrocknet sind. Aufregung durchfährt mich, weil Ionna mir vor einigen Tagen versprochen hat, dass ich bald zum ersten Mal meine eigene Teesorte zusammenstellen kann.

Ich fühle mich unendlich leicht, als ich begleitet von der Dämmerung und mit dem Glastiegel, den Ionna mir mitgegeben hat, den Pfad zu unserer Hütte entlanghüpfe. Meine Hände verströmen den Duft nach Zitrus, Minze und wilden Beeren. Ich kann es kaum erwarten, Amycus in meine Arme zu schließen und ihm von meinen heutigen Erlebnissen zu berichten. Ich rümpfe die Nase bei dem Gedanken daran, dass ich mich vermutlich wie immer ein wenig mehr auf ihn freue als er auf mich. Mein Bruder ist nicht so gut darin, Wärme zu zeigen. Aber ich habe genug davon für uns beide.

Ich stoße die Tür auf und rufe seinen Namen, doch da ist bloß Stille, die mir entgegenschlägt und wie ein Dieb die Luft aus meinen Lungenflügeln raubt. Eine ungute Vorahnung breitet sich in mir aus. Wobei ich nie Begeisterung empfinde, wenn Vater und Amycus zur Jagd aufbrechen. Es ist nicht richtig, dass die Tiere für uns sterben müssen. Und in mir ist diese Angst, dass die Natur sich zurücknimmt, was wir ihr tagtäglich stehlen. Alles ist aus dem Gleichgewicht geraten. Und Wiedergutmachung müssen wir nicht mit den Münzen der Händler, sondern vielleicht mit unserem Leben bezahlen.

Meine Stimme wird zunehmend dünner, während ich ein ums andere Mal nach Amycus und schließlich sogar nach Vater rufe. Eine Antwort erhalte ich nicht. Sie hätten längst zurück sein müssen. Panik schnürt meine Brust zusammen und ich laufe in das Zimmer, welches ich mir mit meinem Bruder teile, hebe eine der schwarz angelaufenen Dielen hoch und zerre die kleine Tasche hervor, die Ionna mir geschenkt hat. Darin befinden sich verschieden große Nadeln und Fäden sowie Lösungen und Salben zur Wunddesinfektion. Eilig hänge ich sie über meine Schulter, ehe ich nach draußen renne und den Weg in Richtung Wald entlangsprinte. Ich kenne die Route, die sie nehmen, weil ich ihnen vor einigen Monaten gefolgt bin und mir dafür sehr großen Ärger eingehandelt habe.

Mein Hals ist trocken und ich kann kaum schlucken, fast so, als befände sich ein riesiger Kloß in meiner Kehle. Meine Augen brennen vor Furcht, und es ist, als wollten meine Füße lieber umkehren, anstatt mir und meinem bröckelnden Willen zu gehorchen. Die Dunkelheit kriecht zwischen den Bäumen hervor, die ihre knorrigen Äste nach mir ausstrecken, versuchen, mich in ihre Arme zu schließen, sodass ich niemals fliehen kann. Meine Zähne beginnen aufeinanderzuschlagen, während ich den Kopf schüttele und versuche, Klarheit zu erlangen. In manchen Momenten kann Fantasie auch eine Strafe sein. Ich erschauere aufgrund der Kälte, die ich noch nie zuvor empfunden habe und die mit ihren langen Klauen nach meinem Herzen tastet.

Die Tiere sind bei Nacht aktiv, deshalb jagen Vater und Amycus am Tage, wenn sie wehrlos schlafen.

Aber nun bin ich hier.

Und sie erwachen.

Sie erwachen und verspüren denselben nagenden Hunger wie ich.

Vaters oberste Regel lautet, den Wald stets vor Einbruch der Dämmerung zu verlassen. Erst ein einziges Mal hat er sie gebrochen, als Amycus umgeknickt war und nicht mehr ohne Hilfe laufen konnte. Ich gebe mein Bestes, mich mit diesem Gedanken zu beruhigen. Vielleicht ist das wieder passiert. Er muss nur zwei Wochen den Fuß auf einem Kissen lagern und dann ist alles wieder gut. So wird es sein. So muss es sein.

Die Stämme und Sträucher sehen an jeder Stelle so vertrocknet, trostlos und gleich aus, dass es mir vorkommt, als würde ich mich kaum vorwärtsbewegen. In dieser Sekunde wünschte ich mir, ich hätte längere Beine. Ungeschickt springe ich über einen schlammigen Bachlauf, verliere den Halt und fange mich auf meinen Unterarmen ab. Ich unterdrücke einen Schmerzenslaut, als spitze Kieselsteine sich ungefragt in meine spröde Haut graben. Keuchend und stolpernd stehe ich wieder auf, dabei vernehme ich ein knirschendes Geräusch, das jeden meiner Knochen vibrieren lässt. Wie in Trance folge ich dem schauderhaften Laut, während mein Sichtfeld an den Rändern verschwimmt und ich heftig dagegen anblinzeln muss.

Amycus entdecke ich zuerst. Obwohl seine Lider geschlossen sind, erkenne ich, dass seine Schultern beben. Es bedeutet, dass er atmet – dass er lebt. Seine Lippen sind zu einem schmalen Strich zusammengepresst, als müsste er sich daran hindern, einen klagenden Schrei auszustoßen. Seinen Rücken hat er gegen einen Baum gepresst, in dem Versuch, mit der Rinde zu verschmelzen. Mein Blick wandert weiter und ich werde mit dem konfrontiert, was meinen Bruder erstarren ließ. In dieser Sekunde erscheint es, als hätte ich meinen Hörsinn verloren – so still ist es.

Keinen Ton gibt es mehr auf dieser Erde. Alles Leben – ausgesaugt.

Helle Punkte zucken wie Blitze vor meinen Iriden, und die Tasche, die ich bis hierher getragen habe, rutscht von meiner Schulter.

Ein See.

Ein See aus dunkelrotem Blut.

Vermischt mit dem Schwarz der nach Wasser lechzenden Erde.

Trotzdem realisiere ich erst in diesem Moment, dass die Kälte des Todes noch schlimmer als die Hitze der Sonne brennt.

Ende der Leseprobe